Leseprobe stahlmarkt 5.2019 (Mai)
Leseprobe stahlmarkt 5.2019 (Mai)
Leseprobe stahlmarkt 5.2019 (Mai)
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Maenken Kommunikation GmbH<br />
Von-der-Wettern-Straße 25, 51149 Köln<br />
PVSt, Deutsche Post AG<br />
Entgelt bezahlt, 3018 , ISSN 0178-6571<br />
Informationen aus Stahlindustrie,<br />
Stahlhandel und Stahlverarbeitung<br />
5<br />
<strong>Mai</strong> 2019<br />
Special Siegerland & südliches Westfalen (Seite 16)<br />
Oberflächen: Beschichtung mit viel Fingerspitzengefühl (Seite 32)<br />
Digitalisierung mit zwei Geschwindigkeiten (Seite 10)<br />
UNSER STAHL ERWECKT IHRE<br />
WELT ZUM LEBEN<br />
Holen Sie sich<br />
unsere App<br />
Marcegaglia deckt seit 60 Jahren die gesamte nachgelagerte Stahl-<br />
Wertschöpfungskette und den Vertrieb ab und nimmt dabei eine<br />
einzigartige strategische Position ein, die sich in 72 internationalen<br />
Fertigungsnormen für Kohlenstoff- und Edelstähle und 136 internen,<br />
ebenfalls maßgeschneiderten Spezifikationen ausdrückt.<br />
Mehr als 15.000 Kunden in Europa und weltweit bezeugen die<br />
breite Präsenz des Konzerns in zahlreichen Marktsegmenten: Handel,<br />
mechanische Industrie, Maschinenbau, Bauwesen und Konstruktion,<br />
Automobilindustrie, Geräte, Lebensmittelindustrie und viele andere.<br />
mex<br />
lu<br />
BESUCHEN SIE UNS<br />
auf der<br />
MADE in Steel<br />
14. - 16. <strong>Mai</strong> 2019<br />
<strong>Mai</strong>land, Italien<br />
HALLE 24<br />
STAND C7<br />
co<br />
www.marcegaglia.com
Editorial 3<br />
in unserem Schwerpunktthema blicken wir diesmal ins südliche<br />
Westfalen (S. 16): Das Siegerland zeigt sich erfreulich<br />
gut aufgestellt: Die Wirtschaft boomt, die Industrie ist ausgelastet,<br />
und auch die Konsumstimmung ist positiv. Insofern<br />
verwundert es nicht, dass der Konjunkturklimaindex<br />
der IHK Siegen eine »bemerkenswert gute Verfassung«<br />
attestiert.<br />
Neben dem Blick auf die wirtschaftliche Gesamtlage schauen<br />
wir auch, was sich in einigen Unternehmen in der Re gion<br />
tut. So geht das Neunkirchener Metallverarbeitungsunternehmen<br />
Schäfer Werke eine strategische Allianz mit der<br />
Online-Fertigungsplattform www.fabrikado.com ein (S. 21).<br />
Das Ziel der Kooperation ist die Vereinfachung, Verkürzung<br />
Chefredakteur Philipp Isenbart: »Die Südwestfalen<br />
sind aufgeweckt wie eh und je.«<br />
und Automatisierung der Versorgungskette für Kunden und Lieferanten. Ein klares Statement für eine nachhaltige<br />
Zukunft gibt der Metalloberflächenveredler The Coatinc Company, dessen Herzstück – der größte<br />
Verzinkungskessel des Unternehmens – nach wie vor inmitten des Siegerlandes steht (S. 22). Und der Siegener<br />
Richtmaschinenspezialist Schnutz gewährt Einblicke in sein Wissen über neue Werkstoffe im Automobilbau<br />
und die damit verbundenen Herausforderungen für die Richttechnik (S. 24).<br />
Das alles zeigt: Die Südwestfalen sind aufgeweckt wie eh und je, und wirtschaftlich erweist sich die Region<br />
als beachtlich gesund. Auch wenn der Optimismus aufgrund von Fachkräftemangel und volatiler Weltwirtschaftslage<br />
für die kommenden Monate ein wenig zu verebben droht.<br />
Das Thema »Oberflächen« bildet einen weiteren Themenschwerpunkt (S. 30). Besonders viel Fingerspitzengefühl<br />
erfordert die porenfreie chemischen Vernickelung von Blasfolienköpfen (S. 32). Da diese Bauteile<br />
äußerst komplex sind, ist Maßarbeit gefragt.<br />
Auch darüber hinaus warten wir wieder mit jeder Menge spannender Themen auf, wie etwa den stark<br />
unterschiedlichen Digitalisierungstempi von Wirtschaft und Kommunen (S. 10). Aber machen Sie sich am<br />
besten selbst ein Bild.<br />
Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen<br />
Philipp Isenbart<br />
Chefredakteur<br />
+49 2203 3584 121<br />
<strong>stahlmarkt</strong>@maenken.com<br />
<strong>stahlmarkt</strong> <strong>5.2019</strong>
16 36<br />
Foto: IHK Siegen<br />
Foto: Shutterstock<br />
SIEGERLAND & SÜDLICHES<br />
WESTFALEN<br />
»Die heimische Wirtschaft befindet sich weiterhin in bemerkenswert<br />
guter Verfassung«, kommentiert IHK-Präsident Felix G.<br />
Hensel die Ergebnisse des Konjunkturklimaindex der IHK Siegen.<br />
STAHLSTANDORT DEUTSCHLAND<br />
Mit der von der Unternehmensberatung maexpartners<br />
entwickelten RLTR-Methode sollen sich die Bauzeiten von<br />
Anlagen und Groß projekten um 40 bis 50 Prozent verkürzen<br />
lassen.<br />
INHALT <strong>5.2019</strong><br />
KURZ & KNAPP<br />
8 BDI zur Lage der Stahlindustrie im April 2019<br />
8 IWF warnt vor weltweiter Wachstumsbremse<br />
SEITENBLICK<br />
10 Digitalisierung mit zwei Geschwindigkeiten<br />
STEEL INTERNATIONAL<br />
12 Differenzen zwischen Stahlindustrie und<br />
Autosektor wachsen<br />
14 JSPL Angul und SMS group nehmen neue<br />
Kombi-Stranggießanlage in Betrieb<br />
15 Daye Special Steel bestellt hydraulische<br />
Freiformschmiedepresse<br />
SIEGERLAND & SÜDLICHES WESTFALEN<br />
16 Gute Wirtschaftslage, Optimismus lässt<br />
jedoch nach<br />
21 Schäfer Werke und fabrikado schließen<br />
strategische Allianz<br />
22 Industrielle Stärke & menschliche Werte<br />
24 Neue Werkstoffe im Automobilbau –<br />
Herausforderungen für die Richttechnik<br />
BRANCHENBERICHT<br />
26 Werkzeugmaschinenbau profitiert von Hightech<br />
GUT ZU WISSEN<br />
28 Unbezahlte Rechnungen: Kunde verstorben –<br />
Forderungen existieren weiter<br />
<strong>stahlmarkt</strong> <strong>5.2019</strong>
43 44<br />
Foto: Matthias Heck<br />
Foto: © WZV / Velux Deutschland GmbH<br />
AUS DEN UNTERNEHMEN<br />
EDELSTAHL IN DER BAUKULTUR<br />
Projekte aus dem künstlerischen Sektor sind für den gerade 45<br />
Jahre alt gewordenen Coatinc-Standort Würzburg eine<br />
Herzensangelegenheit. Das Bild zeigt eine Pferdeskulptur, für die<br />
500 Hufeisen zusammengeschweißt wurden.<br />
Bei der alpinen Gratwanderung zwischen Tradition und<br />
Innovation übernimmt Edelstahl eine Brückenfunktion. So erhielt<br />
etwa die am Mont Blanc neugebaute Refuge du Goûter eine<br />
glänzende Haut aus Edelstahl.<br />
OBERFLÄCHEN<br />
30 Neue Zulassung für feuerverzinkte Betonstähle<br />
31 Steeb_Metall: Filigrane Arbeit mit Edelstahl<br />
32 Beschichtung mit viel Fingerspitzengefühl<br />
STAHLSTANDORT DEUTSCHLAND<br />
36 RLTR soll Bauzeit von Großprojekten halbieren<br />
38 Schoeller Werk stellt Zukunftskonzept vor<br />
AUS DEN UNTERNEHMEN<br />
40 70 Jahre Fraunhofer – 70 Jahre Zukunft<br />
42 EWM eröffnet neuen Standort in Ibbenbüren<br />
EDELSTAHL IN DER BAUKULTUR<br />
44 Edelstahl auf der Alm glänzt nicht nur durchs<br />
robuste Material<br />
VORSCHAU EMO HANNOVER<br />
48 Aussagefähige Sensordaten sind wichtige<br />
Grundlage für Industrie 4.0<br />
AUS DER PRODUKTWELT<br />
54 Smarte Lösungen für den Acker<br />
RUBRIKEN<br />
6 Weltrohstahlproduktion<br />
56 Veranstaltungen/Inserentenverzeichnis<br />
57 Personalien<br />
58 StahlTermine<br />
59 Vorschau/Impressum<br />
<strong>stahlmarkt</strong> <strong>5.2019</strong>
6 Weltrohstahlproduktion<br />
Weltrohstahlproduktion 1) im März 2019<br />
März<br />
2019<br />
März<br />
2018<br />
% Veränd.<br />
Feb. 19/18<br />
3 Monate<br />
2019 2018<br />
Veränderung<br />
in %<br />
Belgien 570 e 761 -25,0 1.655 2.016 -17,9<br />
Bulgarien 51 e 55 -8,3 141 165 -14,5<br />
Deutschland 3.675 e 3.717 -1,1 10.449 10.835 -3,6<br />
Finnland 337 361 -6,7 904 1.059 -14,6<br />
Frankreich 1.383 1.352 2,3 3.869 3.975 -2,7<br />
Griechenland 135 e 144 -6,3 380 398 -4,5<br />
Großbritannien 735 e 711 3,4 2.004 1.863 7,5<br />
Italien 2.277 2.285 -0,3 6.284 6.420 -2,1<br />
Kroatien 15 e 10 44,1 43 20 115,7<br />
Luxemburg 222 e 209 6,0 589 584 -1,0<br />
Niederlande 612 611 0,2 1.801 1.752 2,8<br />
Österreich 715 713 0,2 2.032 2.003 1,5<br />
Polen 860 e 970 -5,2 2.479 2.675 -7,3<br />
Schweden 440 433 1,5 1.312 1.252 4,8<br />
Slowenien 57 67 -14,3 165 180 -8,8<br />
Spanien 1.371 1.295 5,9 3.686 3.516 4,8<br />
Tschechien 395 421 -6,0 1.232 1.254 -1,7<br />
Ungarn 176 176 -0,1 488 492 -0,9<br />
Weitere EU-Länder (28) (e) 970 e 955 -1,6 2.783 2.691 3,4<br />
Europäische Union (28) 14.994 15.182 -1,2 42.297 43.150 2,0<br />
Bosnien-Herzegowina 76 66 14,2 219 206 6,3<br />
Mazedonien 20 e 20 -1,6 56 68 -17,8<br />
Norwegen 52 47 6,6 161 149 7,6<br />
Serbien 184 137 34,0 501 467 7,1<br />
Türkei 2.986 3.382 -11,7 8.189 9.582 -14,5<br />
Europa außer EU 3.317 3.654 -9,2 9.125 10.472 -12,6<br />
Kasachstan 360 e 432 -16,7 1.045 1.168 -10,5<br />
Moldawien 40 e 60 -33,3 115 139 -17,3<br />
Russland 5.790 e 6.217 -6,9 16.810 17.756 -5,3<br />
Ukraine 1.968 1.711 15,0 5.507 5.264 4,6<br />
Usbekistan 60 e 53 13,2 175 155 12,9<br />
Weißrussland 220 e 115 91,3 640 484 32,2<br />
C.I.S. (6) 8.438 8.588 -1,7 24.292 24.966 -2,7<br />
El Salvador 10 e 8 29,4 27 24 11,4<br />
Guatemala 30 e 23 32,5 81 73 11,5<br />
Kanada 1.150 e 1.112 3,4 3.340 3.366 -0,8<br />
Kuba 20 e 16 22,5 56 52 8,4<br />
Mexiko 1.780 e 1.850 -3,8 4.978 5.208 -4,4<br />
USA 7.752 7.334 5,7 22.226 20.817 6,8<br />
Nordamerika 10.742 10.343 3,9 30.708 29.539 4,0<br />
Argentinien 328 474 -30,7 1.017 1.235 -17,6<br />
Brasilien 2.795 3.059 -8,6 8.390 8.628 -2,8<br />
Chile 120 e 106 12,9 315 298 5,8<br />
Ecuador 55 e 48 15,0 158 147 7,6<br />
Kolumbien 80 e 102 -21,7 170 190 -10,6<br />
Paraguay 2 e 1 220,5 5 4 40,1<br />
Peru 100 e 105 -5,0 291 297 -1,9<br />
Uruguay 5 e 4 20,4 15 13 8,9<br />
Venezuela 8 e 23 -65,2 19 50 -61,1<br />
Südamerika 3.518 3.905 -9,9 10.495 10.947 -4,1<br />
Ägypten 706 668 5,7 2.115 1.917 10,3<br />
Libyen 46 30 52,2 123 126 -2,1<br />
Südafrika 544 e 527 3,1 1.593 1.596 -0,1<br />
Afrika 1.296 1.226 5,7 3.831 3.638 5,3<br />
Iran 2.235 e 1.866 19,7 6.223 5.811 7,1<br />
Katar 235 239 -1,8 632 624 1,2<br />
Saudi-Arabien 2) 495 e 385 28,6 1.412 1.193 18,4<br />
Vereinigte Arabische Emirate 212 248 -14,7 805 732 10,0<br />
Mittlerer Osten 3.176 2.738 16,0 9.072 8.360 8,5<br />
China 80.326 e 73.047 10,0 231.069 210.210 9,9<br />
Indien 9.412 9.506 -1,0 27.333 27.405 -0,3<br />
Japan 9.084 9.085 0,0 24.971 26.406 -5,4<br />
Pakistan 290 e 435 -33,3 804 1.301 -38,2<br />
Südkorea 6.266 6.095 2,8 18.108 17.815 1,6<br />
Taiwan, China 2.2030 e 2.031 -0,1 5.817 5.334 9,1<br />
Thailand 250 e 410 -39,0 683 1.146 -40,4<br />
Vietnam 3) 1.395 e 937 48,9 4.075 2.812 44,9<br />
Asien 109.054 101.546 7,4 312.859 292.429 7,0<br />
Australien 424 482 -11,9 1.277 1.400 -8,7<br />
Neuseeland 50 47 5,4 159 158 0,4<br />
Ozeanien 474 529 -10,4 1.436 1.558 -7,8<br />
Gesamt (64 Länder) 155.009 147.712 4,9 444.116 425.060 4,5<br />
1)<br />
Die an worldsteel berichtenden Länder repräsentieren etwa 99 % der Weltrohstahlproduktion 2017 in 1.000 t.<br />
2)<br />
nur HADEED<br />
3)<br />
Teildaten, 75 % des Gesamtbetrages e – geschätzt<br />
<strong>stahlmarkt</strong> <strong>5.2019</strong>
<strong>stahlmarkt</strong> 4.2019
8 Kurz & knapp<br />
BDI ZUR LAGE DER STAHLINDUSTRIE IM APRIL 2019<br />
Die Stahlmengenkonjunktur in Deutschland hat 2018 den Rückwärtsgang<br />
eingelegt: Die Marktversorgung mit Walzstahl ging nach Informationen des<br />
Bundesverbandes der Deutschen Industrie im Jahresdurchschnitt um vier<br />
Prozent zurück, die Lieferungen sanken um fünf Prozent, für die Rohstahlproduktion<br />
ergab sich ein Minus von zwei Prozent. Zu dieser Entwicklung<br />
beigetragen haben dürften Sonderfaktoren wie insbesondere die Umstellung<br />
des Prüfverfahrens in der Automobilindustrie sowie das Niedrigwasser<br />
am Rhein im Schlussquartal des vergangenen Jahres, heißt es im Industriebericht<br />
des BDI-Industriepolitik-Dossiers 04/2019.<br />
Auch im ersten Quartal blieb die Stahlkonjunktur demnach verhalten:<br />
Dies zeige sich zum einen an der ifo-Geschäftsumfrage, nach der die Stahlunternehmen<br />
ihre Geschäftslage im März zum ersten Mal seit knapp<br />
anderthalb Jahren wieder mehrheitlich eingestuft haben. Zum anderen<br />
seien die Auftragseingänge Walzstahl – Angaben des Statistischen Bundesamtes<br />
zufolge – zu Jahresbeginn deutlich rückläufig. »Auf der Positivliste<br />
steht jedoch, dass sich die Erwartungen im ifo-Konjunkturtest zuletzt wieder<br />
stabilisiert haben. Allerdings bleiben die Unternehmen weiterhin skeptisch<br />
hinsichtlich ihrer Erwartungen für die nächsten sechs Monate«, teilt der BDI<br />
mit. Auch weltweit habe sich seit dem zweiten Halbjahr die konjunkturelle<br />
Grundtendenz in der Stahlindustrie abgeschwächt. Zudem sei der Konjunkturausblick<br />
mit erheblichen Abwärtsrisiken verbunden. »Schließlich bestehen<br />
der jüngsten Einschätzung der OECD zufolge die strukturellen Probleme<br />
in der globalen Stahlindustrie in Form von verfestigten Überkapazitäten,<br />
der Ausbreitung protektionistischer Tendenzen sowie Wettbewerbsverzerrungen<br />
als Folge staatlicher Subventionen weiter fort«, so der BDI.<br />
Vor dem Hintergrund der konjunkturellen Gesamtsituation sei es aus<br />
Sicht der Stahlindustrie ein notwendiger Schritt der EU gewesen, endgültige<br />
Schutzklauselmaßnahmen einzuführen, um Handelsumlenkungen im<br />
Zuge der US-amerikanischen Strafzölle in den EU-Markt zu begrenzen.<br />
»Kritisch ist aus Sicht der Stahlindustrie hingegen zu sehen, dass bereits im<br />
Juli trotz der bestehenden fragilen konjunkturellen Lage erste Schritte zur<br />
Lockerung der Zollkontingente eingeführt werden sollen und damit die<br />
Wirksamkeit der Maßnahmen spürbar eingeschränkt wird«, schließt der<br />
Bericht.<br />
IWF WARNT VOR WELTWEITER WACHSTUMSBREMSE<br />
Der internationale Währungsfond (IWF) hat in seiner Frühjahrstagung vor<br />
einem weltweit verringerten Wachstum durch Handelsbarrieren, Rekordverschuldungen<br />
und politische Unsicherheiten gewarnt. Das berichtete das<br />
Onlineportal »stahl-online.de« unter Verweis auf verschiedene Medien. Demnach<br />
stützte Jens Waidmann, Präsident der Deutschen Bundesbank, die Prognose<br />
des IWF. Für Deutschland gehe er von einem Wachstum des Bruttoninlandsprodukts<br />
von 0,8 Prozent aus, heißt es.<br />
IWF: ABSCHWÄCHUNG DES WACHSTUMS, PREKÄRE ERHOLUNG<br />
Für das laufende Jahr 2019 prognostiziert der Internationale Währungsfonds<br />
(IWF) ein weltweites Wirtschaftswachstum von lediglich 3,3 Prozent. Nach<br />
einem starken Wachstum im Jahr 2017 und Anfang 2018 habe sich die globale<br />
Wirtschaftsaktivität in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres merklich<br />
verlangsamt, was auf verschiedene Faktoren zurückzuführen sei. Unter<br />
anderem sei Chinas Wachstum infolge von Maßnahmen zur Eindämmung<br />
des Schattenbanksektors und der zunehmenden Handelsspannungen mit den<br />
Vereinigten Staaten zurückgegangen, so der IWF in seinem Weltwirtschaftsausblick<br />
für April 2019. Die Wirtschaft im Euroraum verlor demnach mehr als<br />
erwartet, als das Vertrauen der Verbraucher und Unternehmen nachgelassen<br />
habe und die Automobilproduktion in Deutschland durch die Einführung<br />
neuer Emissionsnormen gestört worden sei. »In Italien fielen die Investitionen,<br />
da sich die Spreads der Staatsanleihen ausweiteten, und die Auslandsnachfrage,<br />
insbesondere aus dem aufstrebenden Asien, schwächte sich ab«,<br />
heißt es im Weltwirtschaftsausblick. Die finanziellen Bedingungen für die<br />
anfälligen Schwellenländer seien im Frühjahr 2018 strenger geworden, später<br />
sei dies auch für die fortgeschrittenen Volkswirtschaften der Fall geworden,<br />
was die weltweite Nachfrage belastet habe. Allerdings hätten sich die<br />
Bedingungen im Jahr 2019 etwas entspannt, als die US-Notenbank eine<br />
lockerere Geldpolitik signalisiert habe und die Märkte hinsichtlich eines Handelsabkommens<br />
zwischen den USA und China optimistischer geworden seien,<br />
so der Weltwirtschaftsausblick.<br />
ALTMAIER SENKT WACHSTUMSPROGNOSE DEUTLICH<br />
Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters geht die Bundesregierung<br />
in diesem Jahr nur noch von einem geringen Wirtschaftswachstum aus,<br />
rechnet 2020 aber mit mehr Dynamik. Wirtschaftsminister Peter Altmaier<br />
habe kürzlich in Berlin mitgeteilt, 2019 nur noch von einem Wachstum von<br />
0,5 Prozent auszugehen. Die bisherige und bereits gesenkte Schätzung habe<br />
bei 1,0 Prozent gelegen. Belastend hätten unter anderem Handelsstreitigkeiten<br />
und die Unsicherheit rund um den Brexit gewirkt, der viele Unternehmen<br />
in Europa bei Investitionen zögern lasse. 2020 werde mit einem Plus von 1,5<br />
Prozent gerechnet.<br />
<strong>stahlmarkt</strong> <strong>5.2019</strong>
10<br />
SEITENBLICK<br />
Digitalisierung mit zwei Geschwindigkeiten<br />
Städte und Gemeinden agieren häufig noch in der alten, analogen Welt. Sie können das Tempo, das die Wirtschaft<br />
bei der Digitalisierung anschlägt, in vielen Fällen nicht mitgehen. Kommunen, die sich mit der Transformation zu<br />
viel Zeit lassen, laufen Gefahr abgehängt zu werden – als Standort für Unternehmen und als Wohnort.<br />
Von unserem Autor Stefan Weber<br />
Unternehmen digitalisieren ihre<br />
Geschäftsprozesse, tüfteln an »Industrial<br />
Cloud-Lösungen« und prüfen, inwieweit<br />
künstliche Intelligenz helfen kann, Wettbewerbsvorteile<br />
zu generieren. Und dann,<br />
beim Kontakt mit ihrer Kommune, erleben<br />
sie eine andere Welt: die analoge Wirklichkeit.<br />
Die Ausstattung mit Breitband verdient<br />
vielerorts nur das Prädikat »befriedigend«,<br />
die Mobilfunkanbindung ist lückenhaft.<br />
Und im Bürgerbüro lassen sich viele Dinge<br />
nach wie vor nur im persönlichen Kontakt<br />
mit einem Sachbearbeiter erledigen – innerhalb<br />
eng gesteckter Sprechzeiten, unter<br />
Einsatz von viel Papier. Das wirft die Frage<br />
auf, wie es eigentlich um die Digitalisierung<br />
von Städten und Gemeinden bestellt ist. Ist<br />
die Idee der »Smart City« eine realistische<br />
Option oder nur eine ferne Vision? Und<br />
inwieweit bremst oder fördert die digitale<br />
Ausstattung der Kommunen die ansässigen<br />
Unternehmen?<br />
Mehrere Studien legen den Schluss nahe:<br />
Städte und Gemeinden stehen erst am<br />
Anfang der digitalen Transformation. So<br />
ermittelte vor kurzem eine Umfrage des<br />
TÜV Rheinland und des Deutschen Städteund<br />
Gemeindebundes (DStGB) unter den<br />
500 größten Kommunen erheblichen Nachholbedarf<br />
beim Thema Digitalisierung. Und<br />
eine vom Forsa-Institut im Auftrag der Stiftung<br />
»Lebendige Stadt« durchgeführte<br />
Befragung von Bundesbürgern stellte eine<br />
Strommasten, die an das intelligente Stromnetz angeschlossen sind.<br />
»hohe Unzufriedenheit« mit den digitalen<br />
Angeboten der Verwaltungen fest.<br />
Zum Beispiel die Ausstattung mit leistungsstarken<br />
Breitbandnetzen zum schnellen<br />
Informations- und Wissensaustausch:<br />
Sie sind für Wirtschaft und Gesellschaft<br />
inzwischen ebenso wichtig wie gut ausgebaute<br />
Straßen- oder Schienennetze.<br />
Schließlich sind Breitbandnetze das Fundament,<br />
auf dem die Digitalisierung aufbaut.<br />
Gerade mit Blick auf den Umbauprozess<br />
werden Infrastrukturen in Gigabit-Geschwindigkeit<br />
notwendig sein. »Ohne ein<br />
leistungsfähiges flächendeckendes Breitbandnetz<br />
sind Zukunftstechnologien vom<br />
autonomen Fahren, über Telemedizin oder<br />
»<br />
Mehrere Studien legen den Schluss nahe: Städte und Gemeinden stehen erst<br />
»<br />
am Anfang der digitalen Transformation.<br />
digitale Verkehrsführung nicht umsetzbar«,<br />
betont der DStGB.<br />
Zwischen Anspruch und Wirklichkeit<br />
klafft jedoch eine große Lücke. In der Befragung<br />
von DStGB und TÜV Rheinland gab<br />
fast jede fünfte Stadt oder Gemeinde an,<br />
noch über keine flächendeckende Versorgung<br />
mit einer leistungsstarken Breitbandinfrastruktur<br />
zu verfügen. Immerhin wird in<br />
mehr als 80 Prozent der Kommunen bei<br />
Baumaßnahmen eine Leerrohrinfrastruktur<br />
mit aufgebaut. Etwa 70 Prozent der befragten<br />
Städte und Gemeinden planen derzeit<br />
neue Glasfaseranschlüsse bis ins Gebäude.<br />
Online-Verwaltungsleistungen sind für<br />
Bürger und Unternehmen von immer größerer<br />
Bedeutung. Doch damit tun sich Städte<br />
und Gemeinden derzeit noch schwer.<br />
Knapp ein Drittel der von TÜV Rheinland<br />
und DStGB befragten Kommunen gab an,<br />
wenig oder gar keine Bürger-Service-Dienstleistungen<br />
online anzubieten. Insbesondere<br />
Städte und Gemeinden mit weniger als<br />
50 000 Einwohnern gehen offensichtlich<br />
nur sehr eingeschränkt auf die digitalen<br />
Wünsche ihrer Bürger ein. Auch Gewerbetreibende<br />
erhalten nur selten den digitalen<br />
Service, den sie sich von der Verwaltung<br />
wünschen. Mehr als die Hälfte der kleineren<br />
Kommunen räumte in der Befragung ein,<br />
online nur wenig oder gar keinen gewerblichen<br />
Service anzubieten. Einen Gewerbeschein<br />
beispielsweise können Unternehmen<br />
erst in etwa 15 Prozent der kleineren Städte<br />
und Gemeinden online beantragen. Das<br />
Foto: Shutterstock.com<br />
<strong>stahlmarkt</strong> <strong>5.2019</strong>
11<br />
wirkt vor allem für Unternehmen befremdlich, deren Geschäftsmodell<br />
eine hohe digitale Affinität besitzt. Immerhin: Im Rahmen des<br />
Gesetzes zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsdienstleistungen<br />
(OZG) aus dem Jahr 2017 bekennen sich Städte<br />
und Gemeinden zu dem Ziel, bis 2022 alle onlinefähigen Verwaltungsleistungen<br />
auch auf diesem Weg anzubieten.<br />
Durch die Energiewende und den stetigen Umbau der Energieversorgung<br />
hin zu regenerativen Technologien wandeln sich auch<br />
die Anforderungen an die lokale Energiewirtschaft. Digitale Lösungen<br />
sind eine entscheidende Voraussetzung, um den Transformationsprozess<br />
im Energiebereich erfolgreich zu gestalten. Mithilfe<br />
digitaler Energienetze (»Smart Grids«) lassen sich Erzeugung, Speicherung<br />
und Verbrauch von Energie besser aufeinander abstimmen.<br />
Für den Aufbau dieser Smart Grids in Städten und Gemeinden<br />
müssen flächendeckend intelligente Stromzähler verfügbar sein,<br />
um den Energiefluss und den Verbrauch intelligenter steuern zu<br />
können. Zudem müssen die Stromnetze ertüchtigt und insbesondere<br />
die Verteilnetze ausgebaut werden, um sie für die neuen<br />
Anforderungen zu rüsten.<br />
Die Kommunen nutzen für die von ihnen selbst bewirtschafteten<br />
Gebäude bereits vergleichsweise häufig smarte Technologien. Auf<br />
diese Weise können sie schnell Geld sparen, etwa durch Reduzierung<br />
der Heizkosten oder der Stromkosten für die Straßenbeleuchtung.<br />
Nach Angaben der von TÜV Rheinland und DStGB befragten<br />
»<br />
Die<br />
»<br />
Befragungen belegen, dass die Kommunen bei der<br />
Digitalisierung dringend Fahrt aufnehmen müssen.<br />
Anderenfalls besteht die Gefahr, dass sie an Attraktivität<br />
sowohl als Wohn- als auch als Arbeitsort verlieren.<br />
FÜR EINE<br />
WELT IN<br />
ECHTZEIT.<br />
Machen Sie die Voss Online<br />
Tool Box zu Ihrer!<br />
Städte und Gemeinden sind bereits mehr als 30 Prozent der Gebäude<br />
mit Technologien wie Monitoring- und Steuerungseinheiten<br />
ausgestattet, um die Energieeffizienz zu verbessern. Etwa 20 Prozent<br />
der kommunalen Gebäude verfügen über intelligente Stromzähler.<br />
Zudem erfasst mehr als die Hälfte der Kommunen mit mehr<br />
als 50.000 Einwohnern, die an der Befragung teilgenommen<br />
haben, Gebäudedaten digital.<br />
Dennoch: Die Befragungen belegen, dass die Kommunen bei der<br />
Digitalisierung dringend Fahrt aufnehmen müssen. Anderenfalls<br />
besteht die Gefahr, dass sie an Attraktivität sowohl als Wohn- als<br />
auch als Arbeitsort verlieren. Unverständlich ist, dass Städte und<br />
Gemeinden nur zögerlich von den zahlreichen Förderprogrammen,<br />
beispielsweise zum Ausbau digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze,<br />
Gebrauch machen. Experten kritisieren, dass das Förderverfahren<br />
zu kompliziert ist. Gerade kleinere Kommunen scheiterten häufig<br />
an der Komplexität der Förderanträge. Hier ist der Bund gefordert,<br />
für Vereinfachung zu sorgen. Anderenfalls drohen viele Städte und<br />
Gemeinden abgehängt zu werden.<br />
DIE VORTEILE FÜR HÄNDLER MIT VOSS ONLINE:<br />
+ mehr Effizienz in Beschaffungsprozessen + Lagerverfügbarkeit<br />
in Echtzeit + Einbindung individueller Artikelnummern<br />
und Matchcodes Anfragen und Bestellungen<br />
direkt online: VOSS-EDELSTAHL.COM<br />
Abb.: Preise und Mengen sind beispielhaft und stellen kein verbindliches Angebot dar.<br />
<strong>stahlmarkt</strong> <strong>5.2019</strong>