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Der Aufsteiger der Schweizer Segelszene, der Genfer Alan<br />
Roura, verbrachte seine Kindheit und Jugend auf dem<br />
Genfersee und den Weltmeeren. Der junge Skipper, der heute<br />
seine Basis in Lorient (F) hat, wird seine frühen Jahre, in<br />
denen er sich in Freiheit entwickeln konnte, nie vergessen.<br />
Der italienische Schriftsteller Alessandro Baricco bewegte<br />
1994 die ganze Welt mit seiner Legende von<br />
Novecento, dem «Ozeanpianisten», den das Leben<br />
an Land erschreckte. Manchmal kommt die Realität<br />
der literarischen Fiktion erstaunlich nahe, wie die frühen<br />
Jahre des Genfer Skippers Alan Roura (26 Jahre), die er fast<br />
ausschliesslich auf dem Wasser verbrachte, zeigen.<br />
Das Wasser des Genfersees wiegte ihn in seinen ersten<br />
Jahren in den Schlaf. Als er zwei Jahre alt war,<br />
bezog seine ganze Familie ein Motorboot,<br />
das in Port-Noir in der Nähe von Genf lag.<br />
«Wir waren die erste Familie, die auf<br />
dem Genfersee wohnte.» Sein Vater<br />
Georges entschloss sich, für ein grosses<br />
Abenteuer zu sparen: die Welt mit<br />
einem Schiff zu umsegeln. Der Traum<br />
wurde mit dem Kauf der «Ludmilla»<br />
wenige Jahre später Wirklichkeit.<br />
«Ein tolles Boot, aus einer Werft von<br />
Grandson», erinnert sich Alan Roura.<br />
2001 erreicht es das Mittelmeer in<br />
Port-Camargue. An Bord sind die Eltern<br />
von Alan, er selbst (8 Jahre alt), sein Bruder<br />
und seine Schwester.<br />
Bis zur Stunde des Abschieds in Neukaledonien vergehen<br />
elf Jahre. Der Vater und Alan, der inzwischen volljährig<br />
ist, kümmern sich um den Verkauf. Nur sie beide haben diese<br />
abenteuerliche Odyssee bis zum Ende mitgemacht. Die übrigen<br />
Familienmitglieder sind jeweils vorher ausgestiegen.<br />
«Meine Mutter war zu erschöpft, um den Pazifik erneut zu<br />
überqueren», erinnert sich der Skipper.<br />
Zwischenstopps zum Broterwerb<br />
Mittelmeer, Atlantik, Pazifik, Karibik: die «Ludmilla» durchkreuzt<br />
diese Meere in verschiedenen Richtungen. «Meine<br />
erste Idee war, für die Weltumsegelung fünf Sabbatjahre zu<br />
nehmen», erklärt Georges Roura, der inzwischen im Kanton<br />
Genf wieder festen Boden unter den Füssen hat. Da<br />
sich das Abenteuer in die Länge zog, mussten<br />
wir Zwischenstopps von zwei bis 18 Monaten<br />
einlegen und arbeiten. Wir haben immer<br />
Jobs gefunden und Alan hat immer<br />
gern gearbeitet.» Der Schiffsjunge und<br />
künftige Skipper übernimmt im Laufe<br />
der Jahre verschiedene Gelegenheitsarbeiten:<br />
auf den Antillen, als er<br />
noch klein war, verkauft er Halsketten,<br />
die er an Bord aus Haifischzähnen<br />
herstellte; später wird er mit der<br />
Wartung einer Yacht in Neuseeland<br />
beauftragt, übernimmt die Leitung<br />
einer Marina in Grenada…<br />
Dazwischen liegt die harte Lehre des Seemannslebens.<br />
Über Langeweile, wie sie Kinder oft<br />
auf Reisen haben, kann Alan Roura nur lachen. Er war<br />
immer dankbar für dieses «andere Leben». «In Freiheit bringt<br />
jeder Tag etwas Neues.» Und er denkt dabei an die Freude<br />
beim Fischen, ans Kitesurfen oder Tauchen. «Verglichen mit<br />
anderen Kindern hatte ich nicht viele Freunde. Aber obwohl<br />
FOTOS ZVG, KEYSTONE<br />
Am Ruder Georges Roura<br />
konnte seine Leidenschaft<br />
für das Segeln an Sohn<br />
Alan weitergeben, der ihn<br />
auf ein langes Meeresabenteuer<br />
begleitete.<br />
Die «Ludmilla», ein in<br />
Grandson gebautes Segelboot,<br />
brachte die Familie<br />
Roura ans Ende der Welt.<br />
Noch heute segelt sie in<br />
Neukaledonien.<br />
Die Lehre des Seemannshandwerks<br />
beinhaltet das<br />
Klettern am Mast. Alan<br />
Roura praktizierte dies<br />
als Kind auf allen Meeren<br />
der Welt.<br />
Die Schweizer Fahne weht<br />
seit elf langen Jahren auf<br />
dem Genfersee, aber auch<br />
auf dem Atlantik und dem<br />
Pazifik.<br />
Die Schulbildung des jungen<br />
Alan Roura nahmen an Bord<br />
seine Eltern Myriam und<br />
Georges in die Hände. Das<br />
übermittelte Wissen ermöglichte<br />
ihm den Yachtmaster-<br />
Schifferschein, den er mit<br />
18 Jahren erhielt.<br />
16 touring | <strong>Juni</strong> <strong>2019</strong>