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Das Kirchenbuch für die Gemeinde

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D a s<br />

IKirchmbuch


D a s<br />

<strong>Kirchenbuch</strong><br />

<strong>für</strong> <strong>die</strong><br />

<strong>Gemeinde</strong><br />

Im Johannes Gtauda-Verlag zu Rassel


Alle Rechte vorbehalten<br />

Copyright by Johannes Stauba-Verlag, Raffel, 1940<br />

Druck von I . G. Gncken Nach,'., GmbH., Raffel


Inhaltsverzeichnis<br />

Die <strong>für</strong> eine a llgem ein e E rarb eitung geeigneten S on b er-A bhandlungen<br />

sind durch einen ' gekennzeichnet.<br />

Seit-<br />

Oas Wesen des Evangelischen G ottes<strong>die</strong>nstes................................................... ><br />

Die Adventszeit (Ihre liturgische G e s t a lt ) ....................................................<br />

Erster Son ntag im A d v e n t..................................................................................... H<br />

* W eissagung ............................................................................................. ?4<br />

Zweiter Son ntag im A d v e n t ............................................................................... rr<br />

Reich G o t t e s ............................................................................................................ 47<br />

Dritter Son ntag im A d v e n t .................................................................................. 5S<br />

Versuchung — A n fe c h tu n g .................................................................................. 3g<br />

vierter Son ntag im Advent . .............................................................................49<br />

<strong>Das</strong> weihnachtsfcst („<strong>Das</strong> ewig Licht geht da herein." Lit. Einfuhr.) SS<br />

Lhristvefper ..................................................................................................................... 59<br />

* <strong>Das</strong> Weihnachtslied in Haus und <strong>Gemeinde</strong> .........................................94<br />

Heiliges Christfest /Erster W eih n ach tstag........................................................ §7<br />

* Christus, der S o h n G o tte s ....................... ..... ............................................. 7 o<br />

Zweiter W e ih n a c h t s t a g ..............................................................................................75<br />

Tag des S te p h a n u s.................................................................................................. 76<br />

Tag des Evangelisten J o h a n n e s ....................................................<br />

* Johannes der Evangelist .................................................................................. 74<br />

Tag der Unschuldigen Lindlein ........................................................................... 4 l<br />

Sonntag nach W e ih n a c h te n ............................................................. 4<br />

S y l v e s t e r ...........................................................................................................................4g<br />

Jahresschluß .......................................................................................- - - da<br />

N eu ja h r........................................................................................................<br />

* Der Neujahrstag als Tag christlicher Verkündigung...............................gd<br />

Sonntag nach N e u ja h r ..............................................................................................94<br />

Gesetz und E v a n g e liu m .................................................................................<br />

Die Epiphaniaszeit (Ihr liturgischer Gang) .................................................... ' >><br />

<strong>Das</strong> Epiphaniasfest / Lrscheinungsfeft . . . . . . . . . . . >?4<br />

»D ie W eltmission ............................................................................................<br />

Erster Sonntag nach Epiphanias ...........................................................................?43<br />

* Der Name G o t t e s ............................................................................................?4b<br />

Zweiter Sonntag nach E p ip h a n ia s.....................................................................-53<br />

* «Offenbarung.............................................................................................- - )57<br />

Dritter Son ntag nach E p ip h anias...........................................................................>4"<br />

*V om W u n d e r ..........................................................................


VI<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

vierter Son ntag nach E p ip h anias.....................................................................<br />

Angst ...................................................................................................................<br />

8ünfter Sonntag nach E p ip h a n ia s...............................................................<br />

'D ie Heilige S c h r i f t ......................................................................................<br />

Letzter Sonntag nach E p ip h a n ia s.....................................................................<br />

w i e der Herr Iesus b etet« ...........................................................................<br />

Die Marientage:<br />

* M aria, <strong>die</strong> Mutter J e s u .................................................................................<br />

Marien V erkündigung............................................................................................<br />

Marien H eim suchung............................................................................................<br />

Marien Reinigung / Darstellung Jesu im T em pel.........................................<br />

Die drei Sonntage vor der Passionszeit (Ihre liturgische Stellung) .<br />

Scptuagesimä ........................................................................................................<br />

L o h n ........................................................................................................................<br />

Sexagesimä ............................................................................................<br />

D as W o r t ........................................................................................................<br />

Estomihi («O uinquagesim ä).................................................................................<br />

Die christliche L ieb e ............................................................................................<br />

Fastenzeit / Passionszeit (Ih r liturgischer G a n g ) ........................................<br />

Aschermittwoch (Liturgische E infü hrung)..........................................................<br />

I n v o c a v i t ....................................................................................................................<br />

*D«r T e u f e l ........................................................................................................<br />

R e m in is c e r e .......................................................... ..... .............................................<br />

Glaub« — G laubensgehorsam .....................................................................<br />

Gedenktag der <strong>für</strong> das Vaterland G efallen en..............................................<br />

O k u li...............................................................................................................................<br />

versprengte H errenw orte.................................................................................<br />

L ä t a r « ............................................................................................<br />

W ort und S a k ra m en t.......................................................................................<br />

I u d i k a ................................................................................................................... .....<br />

*D ie L o n firm a tio n ............................................................................................<br />

Die stille Woche (Ihr liturgischer G a n g ) ..............................................<br />

palm arum / Palmsonntag .................................................................................<br />

«Opfer . . . ........................................................................................................<br />

G rü n d onnerstag........................................................................................................<br />

D as Heilige Abendmahl.......................................................................................<br />

<strong>Das</strong> Rreu; auf G o lg a th a .......................................................................................<br />

Äarfreitag ...................................................................................................................<br />

V ersöhnung.................................................................................°..........................<br />

Rarsonnabend .................................................................................<br />

Der Rarsonnabend in der L itu rgie................................................................<br />

Seite<br />

,52<br />

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344<br />

345<br />

352<br />

35b<br />

352


Inhaltsverzeichnis __________ VH<br />

Seite<br />

<strong>Das</strong> Heilige Osterfest (Im Lichte -er Auferstehung Lhristi) . . . . 33g<br />

Erster V s t e r t a g ........................................................................................................3Sg<br />

A u fe r ste h u n g .............................................................................................................3bs<br />

Zweiter O s t e r t a g .......................................................................................................3bs<br />

Die österlich« Zreuöenzeit (Liturgische Einführung) .............................37 g<br />

Erster Sonntag nach Ostern / O uasim odogeniti.........................................37 g<br />

Wiedergeburt .............................................................................................................3SS<br />

Zweiter Son ntag nach Ostern / Misericordias D o m in i.............................3g3<br />

B e k e h r u n g .............................................. ...............................................................3gr<br />

Dritter Son ntag nach Ostern / I u b ila te ...............................................................40s<br />

v o n der Schöpfung ..................................................................................................log<br />

vierter Son ntag nach Ostern / K a n ta te ..........................................................4>s<br />

G ott loben, das ist unser A m t ................................................................................423<br />

* v a s Lied der K ir c h e ........................................................................................... 423<br />

Zünfter Sonntag nach Ostern / R o g a t « ...............................................................433<br />

* D a s (L ie b e t........................................................................... ..... 44s<br />

Lhristi Himmelfahrt (Der Antritt der Königsherrschast Lhristi) . . 447<br />

Der H im m elfah rtstag................................... ..... ................................................... 447<br />

D as dreifache Amt L h r is ti.................................................................................453<br />

Sechster Son ntag nach Ostern / E x a u d i .........................................................45g<br />

Der Heilige G e is t ....................................................................................................... 4Ü4<br />

<strong>Das</strong> Heilige pfingstfest (Komm, G ott Schöpfer, Heiliger Geist) . . 47)<br />

Erster p f i n g s t t a g .......................................................................................................472<br />

Die K ir c h e ...................................................................................................................472<br />

Zweiter p f in g s t t a g ....................................................................................................... 423<br />

w e r gehört zur K ir c h e ) .....................................................................................4??<br />

Die T r in it a t is z e it .................................................................................................. .......<br />

Tag der Heiligen Dreieinigkeit........................................................................... 4g5<br />

Die Heilig« D reiein ig k eit.................................................................................soo<br />

Erster Son ntag nach T r in it a t is ..................................................................... 3os<br />

von» geistlichen A m t ........................................................................................... 6)3<br />

Zweiter Son ntag nach T r in it a t is .......................................................................... 324<br />

*D cr S o n n ta g .............................................................................................................322<br />

Dritter Son ntag nach T r in it a t is .......................................................................... 337<br />

Seelsorg« ..............................................................................................................34)<br />

vierter Son ntag nach T r in it a t is .......................................................................... 350<br />

Die harrend« K r e a t u r .......................................................................................355<br />

Zünsler Son ntag nach T r in it a t is .......................................................................... sö3<br />

<strong>Das</strong> Bekenntnis der Kirche...........................................................................- 3br


VIII<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Seite<br />

Sechster Sonntag nach T r in ita tis ......................................................<br />

' Die heilig« T a u fe . . . ................................................................................ 323<br />

Siebenter Sonntag nach T r in it a t is .....................................................................5g4<br />

'E ltern- und patcnam t......................................................................................sgg<br />

dichter Sonntag nach T r in it a t is .......................................................................... V07<br />

Von der Freiheit und dem Gehorsam der Linder Gottes . . . . d ir<br />

Neunter Sonntag nach T r in ita tis ............................................................<br />

brz<br />

Beichte und Schlü sselam t......................................................................................Hrö<br />

Zehnter Sonntag nach Trinitatis ...........................................................................H34<br />

Über L ir c h e n z u c h t.....................................................................<br />

Elfter Sonntag nach T r in ita tis ................................................................................ 642<br />

Zwölfter Son ntag nach T r in it a t i s .....................................................................ö32<br />

Dreizehnter Sonntag nach T r in it a t is ....................... . ..................................dt>2<br />

Die christliche L iebestätigkeit................................................................................ b73<br />

vierzehnter Sonntag nach T r in it a t is .....................................................................S24<br />

Fünfzehnter Sonntag nach T r in it a t is .....................................................................hgs<br />

Zufall — S c h ic k sa l................................................................................................. 700<br />

Sechzehnter Sonntag nach T r in ita tis .....................................................................707<br />

Linder Gottes .......................................................................................................7-2<br />

Siebzehnter Son ntag nach T r in ita tis .................................................................... 7>g<br />

D as Werk der D ia k o n !« ......................................................................................724<br />

Die Anzahl der Trinikatissonntage (Zwei Zählungsweifen) . . . . 732<br />

Achtzehnter Sonntag nach T r in ita tis .....................................................................733<br />

Die Heiligung .............................................................................................................732<br />

Michaelistag oder M ich a elisso n n ta g .................................................................... 747<br />

v o n den E n g e ln ....................................................................................................... 732<br />

Neunzehnter S on ntag nach Trinitatis / ). Sonntag nach Michaelis 733<br />

Die S ü n d e ......................................................................................<br />

Erntedank ............................................................................................ 7Ü2<br />

Beruf und A rb eit...................................................................................<br />

Zwanzigster Son ntag nach Trinitatis / 2. Sonntag nach Michaelis . 723<br />

Die E h e ............................................................................................<br />

Einundzwanzigster Son ntag nach Trinitatis / 3. Sonntag nach Michaelis 7gö<br />

Die Stellung der Frau in der christlichen G em einde..................................20;<br />

Zweiundzwanzigster Son ntag n. Trinitatis / 4. Sonntag n. Michaelis 20g<br />

G e m e in d e ...................................................................................................................2)4<br />

Dreiundzwanzigster Sonntag n. Trinitatis / s. Sonntag n. Michaelis 22b<br />

Ehre .......................................................................... 230<br />

Reformationsfest (Liturgische Einführung) . ........................................ . 240<br />

R eform ationstag.............................................................................................................24;<br />

Rechtfertigung aus dem G la u b e n .................................................................... 246<br />

Die Einheit der L irch e.......................................................................... 2


Inhaltsverzeichnis<br />

IX<br />

Seite<br />

Die letzten Sonntag« im Kirchenjahr (Liturgischer Hinweis) . . . . Löo<br />

vierundzwanzigstec Sonntag nach T r in ita tis........................................ .....<br />

v o m christlichen G ew issen ......................................................................................rös<br />

Drittletzter Son ntag im Kirchenjahr.................................................................... »7-<br />

Tod und Auferstehung............................................................................................srz<br />

vorletzter Son ntag im K irch en ja h r...................................................<br />

Lhristi W iederkunft................................................................................................. rgg<br />

Landes- Büß- und - B e l t a g ......................................................................................904<br />

* B u ß e ........................................................................................................................ g ,o<br />

Letzter Sonntag im K irchenjahr.......................................................................... g)7<br />

Die zukünftige W e l t ................................................................................................. 943<br />

Kirchlich« G e d e n k t a g e ................................................................................935<br />

Der Vorläufer Johannes der Täufer (44. J u n i ) .........................................933<br />

Apostel und Evangelisten (Liturgische E in fü h ru n g )........................................g3S<br />

Der Apostel Andreas (30. N o v e m b e r)...............................................................94s<br />

* Aus des Apostels Andreas Leben und w ir k e n ...................................940<br />

Der Apostel Thomas (41. Dezem ber).................................................................... 94;<br />

* Aus des Apostels Thomas Leben und w ir k e n ...................................g4j<br />

Der Apostel und Evangelist Johannes (27. D ezem ber).............................944<br />

* Johannes der E v a n g e lis t.................................................................................. 7«<br />

Der Apostel M atthias (44. K b r u a r ).....................................................................944<br />

Der Evangelist Markus (4S. A p r i l ) .....................................................................944<br />

* Aus des Evangelisten Markus Leben und w ir k e n .............................943<br />

Die Apostel Philippus und Iakobus (1. M a i ) .............................................. 944<br />

Die Apostel Petrus und Paulus (49. I u n i ) ................................................... 945<br />

* Aus des Apostels Petrus Leben und W irk en ............................................. 94s<br />

*A u s des Apostels Paulus Leben und w i r k e n ...................................947<br />

Der Apostel Iakobus der Altere (43. J u l i ) ....................................................951<br />

* Aus des Apostels Iakobus des Alteren Leben und wirken . . . 95.1<br />

Der Apostel Bartholomäus (44. A u g u s t).........................................................934<br />

Der Apostel und Evangelist M atthäus (4;. S ep tem b er)............................... 934<br />

* Aus des Apostels M atthäus Leben und w i r k e n ..................................... 933<br />

Der Evangelist Lukas (>z. O ktober).................................................................... 954<br />

* Aus des Evangelisten Lukas Leben und w i r k e n .....................................954<br />

Die Apostel S im on und Judas (44. O ktober)............................................. 93H<br />

feiern aus besonderen A nlässen................................................................................957<br />

K ir c h w e ih ........................................................................................................................ 937<br />

Gebet um treue Prediger und S e e lso rg e r .........................................................937<br />

Märtyrertage ...................................................................................................................95«<br />

Vaterländische G e d e n k ta g e ............................ 954<br />

Geburtstag des S ta a tso b e r h a u p te s.................................................................... 939<br />

rgs


X<br />

Nationaler Feiertag . . . . . . .<br />

Gebete <strong>für</strong> den christlichen Hausstand<br />

Gebetsgesänge....................................<br />

Gottes<strong>die</strong>nstlichc Gebet.......................<br />

* Unsere Liturgien...........................<br />

' Unser Gotteshaus...........................<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Seite<br />

SSg<br />

göo<br />

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gSs<br />

S7r<br />

S»7<br />

Luthers Aleiner Ratechisinus<br />

ist an folgenden Stellen stückweise eingefügt:<br />

I. Hauptstück / Die Zehn Gebot«<br />

II.<br />

s. G e b o t ....................................................<br />

r. G e b o t ....................................................<br />

3. G e b o t ....................................................<br />

4. G e b o t ....................................................<br />

5. G e b o t ....................................................<br />

b. G e b o t ....................................................<br />

7. G e b o t ....................................................<br />

s. G e b o t ....................................................<br />

g. G e b o t ....................................................<br />

so. G e b o t ....................................................<br />

Beschluß ..............................................<br />

Hauptstück / Der Glaube<br />

- 740<br />

. -r?<br />

4, srg<br />

- 74r<br />

- sr?<br />

. 790<br />

- 4.is<br />

- r,g<br />

- r,7<br />

- s,7<br />

. 75s<br />

;. A r t i k e l .............................................................................................................4 ))<br />

r. A r t i k e l .............................................................................................................373<br />

I. A r t i k e l ........................................................................................................<br />

III. Hauptstück / <strong>Das</strong> Vaterunser<br />

A n r e d e .............................................................................................................7)4<br />

s- Bitt« .............................................................................................................örs<br />

r- Bitte .............................................................................................................gr3<br />

3. Bitte .............................................................................................................rbg<br />

4- Bitte .............................................................................................................7br<br />

s. Bitt« .............................................................................................................z)4<br />

b. Bitt« ...............................................................................................................43<br />

7- Bitt« .............................................................................................................gor<br />

Beschluß<br />

.......................................................................................................grs<br />

IV . Hauptstück / <strong>Das</strong> Sakrament der Heiligen Taufe<br />

V. H a u p t st ü ck / <strong>Das</strong> Sa kra men t des Alta r s ....................343<br />

VI.<br />

H auptstück/<strong>Das</strong> Amt der S c h lü sse l..........................drg<br />

srb


In h alt des ersten Teiles<br />

Seite<br />

Da» Wesen des Evangelischen Gottes<strong>die</strong>nstes . . . . . . . ;<br />

Die Advcntszcit (Liturgische E inführung)..........................................<br />

so<br />

Erster Sonntag im Advent . .. . . . . . - . . . . . ss<br />

» W eissa g u n g . . . . - - . . . - . . . . . 44<br />

Zweiter Son ntag im Advent . . . . . . . . . . . . rr<br />

Reich G o t t e s .......................................................................................... 27<br />

Dritter Son ntag im A d v e n t ........................................................................... ss<br />

Versuchung — A n fech tu n g .................................................................... . 3g<br />

Vierter Son ntag im Advent . . . . . . . . . . . . 4g<br />

D as weihnachtsfcst (Liturgische Einführung) . . . . . . . . 58<br />

L h ristv esp er........................................ . . . . . . . . . . 5g<br />

»D as wcihnachtslied in Haus und <strong>Gemeinde</strong> . 64<br />

Heiliges Christfest / Erster wcihnachtstag . . . . i . . . . ö7<br />

»Christus, der S o h n G o tte s.................................................................... . 70<br />

Zweiter w cih n a c h tsta g ...........................................................................<br />

7s<br />

Tag des S tep h a n ies..................................................................................<br />

7S<br />

Tag des Evangelisten J o h a n n e s ............................................................. . 77<br />

»Johannes der E v a n g e lis t ....................................................................................7s<br />

Tag der Unschuldige» Lindlcin . . . . r;<br />

Sonntag »ach W eihnachten...................................................... 84<br />

S y lv e ste r ..............................................................................................................................8g<br />

J a h ressch lu ß ................................................................................................................go<br />

N e u j a h r ................................................................................................<br />

gr<br />

»Der Ncujahrstag als Tag christlicher Verkündigung.................................... gö<br />

Sonntag nach N eu ja h r............................................................ ........ . g8<br />

Gesetz und E v a n g e liu m .......................................... ..... . . . . . sor<br />

Die Lpiphaniaszeit (Liturgische E inführung).......................................................sss<br />

<strong>Das</strong> Epiphaniasfest / E rsch ein u n gsfcst................................................ . ssr<br />

»Die W e lt m is s io n ............................................................. . . . ss5<br />

Erster Sonntag nach E p ip h a n ia s ........................................ . . . . ; rs<br />

»Der Name G o t t e s ................................................................................................;rb<br />

Zweiter Sonntag nach E piphanias...................................................... . . zss<br />

»Offenbarung .................................. ;37<br />

Dritter Sonntag nach E piphanias........................................ . . . 14s<br />

» v o m W u n d e r ...................................................................................................... s48<br />

vierter Sonntag nach E piphanias...........................................................................-58<br />

A n g s t ...........................................................................................................................stzj<br />

Fünfter Son ntag nach E piphanias...........................................................................sög<br />

»Die Heilige S c h r ift............................................................................................... s7r


Zum Geleit<br />

<strong>Das</strong> <strong>Kirchenbuch</strong> fü r <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> kommt dem großen und wachsenden<br />

verlangen entgegen, in täglichem Umgang immer mehr in <strong>die</strong><br />

Heilige Schrift und in das Leben unserer Kirche einzudringen. „levir<br />

können nur wünschen", — so schreibt eine Anzahl von Lirchenführcrn<br />

und Leitern großer kirchlicher verbände — „daß das Buch, an<br />

dem auch Glieder unserer Landeskirchen und Arbeitskreise maßgebend<br />

mitgearbeitet haben, mit seinem reichen Inhalt und seiner in der<br />

Sache begründeten Methode dem <strong>Gemeinde</strong>lcben in Gottes<strong>die</strong>nst,<br />

Hausandacht, Unterricht und Seelsorge <strong>die</strong>ne, und daß es sich als Ansatz<br />

<strong>für</strong> eine organisch wachsende Einheitlichkeit im gottes<strong>die</strong>nstlichen<br />

Leben unserer Kirchen erweise."<br />

<strong>Das</strong> Blieb will als G anzes der Gesamtheit der <strong>Gemeinde</strong>glieder <strong>die</strong>nen.<br />

<strong>Das</strong> stbließt nicht aus, daß auch weitergehende Fragen <strong>für</strong> Geförderte<br />

besprochen werden. Für eine allgemeine Benutzung sind vorgesehen<br />

und geeignet:<br />

<strong>die</strong> Auslegungen der Sonntags-Texte,<br />

<strong>die</strong> wochengebete,<br />

<strong>die</strong> Besprechungen der wochcnlieder,<br />

<strong>die</strong> liturgischen Einführungen in das Kirchenjahr<br />

und nach Möglichkeit <strong>die</strong> Auslegungen der wochentexte.<br />

Die Lvochenlesungen sind das Ergebnis längerer gemeinsamer<br />

vorarbeiten der Liturgischen Konferenzen und kirchlichen Verbände.<br />

Sie sind inzwischen zusammen mit den VIochensprüchen und den<br />

Mochenliedern Allgemeingut der kirchlichen Praxis geworden.<br />

Eine Anzahl von K ernfragen aus der G lau b en sleh re und dem<br />

kirchlichen Leben sind in besonderen Abhandlungen unter eigener<br />

Überschrift eingefügt, zumeist im Anschluß an <strong>die</strong> Sonntage und Festtage.<br />

Sie sind vom Kirchenjahr her geordnet, weil <strong>die</strong> Leser in der<br />

Regel von hier aus an <strong>die</strong> behandelten Fragen herantreten. Die Ab-


VI<br />

Zum Geleit<br />

schnitte weisen gegenüber den Perikopen-Auslegungen Selbständigkeit<br />

und Geschlossenheit auf. Dadurch geben sie zugleich ein Hilfsmittel <strong>für</strong><br />

Unterricht, Dibelarbeit und Volksmission in <strong>die</strong> Hand. Teilweise sind<br />

<strong>die</strong> biblischen Belegstellen eingefügt, teilweise nicht. Der Gebrauch<br />

wird erweisen, welcher w e g zu bevorzugen ist. .<br />

Die wochcnsprüche, wochengebete und wochenlieder sind rot gegcdruät.<br />

Die L u th erz ita te sind in der Regel nur durch Anführungsstriche gekennzeichnet.<br />

Den Mitarbeitern in Nord und Süd, Vst und West unseres Vaterlandes<br />

sei auch an <strong>die</strong>ser Stelle herzlich gedankt, w i r wünschen dem<br />

Buche weite Verbreitung; es sollte in jedem evangelischen Hause zu<br />

täglicher Benutzung bereit liegen.<br />

Iscnhagen, Pfingsten ?gsg.<br />

Liturgische Lonferenz<br />

Niedersachsens.


D SS. w es.e n AN seres- Go t.t,e s di e nstes<br />

3 . N . I .<br />

Der Gottes<strong>die</strong>nst ist das Herz des kirchlichen Gcmeindelebens. Vom<br />

Herzen aus geht das Blut durch den ganzen Äörpcr, bis hinein in seine<br />

äußersten Enden, und zum Herzen kehren alle Blutläuse zurück, um<br />

wiederum auszugehen und dem Äörpcr neue Äraft zu geben. S o<br />

strömt vom Gottes<strong>die</strong>nst aus in der Äraft des Heiligen Geistes das<br />

W ort Gottes durch den ganzen Äörpcr der Äirche, bis hinein in <strong>die</strong><br />

äußersten und äußerlichen Gebiete ihres Gemeinschaftslebens, wie sich<br />

denn im Gottes<strong>die</strong>nst <strong>die</strong> wahren Glieder der <strong>Gemeinde</strong> immer wieder<br />

sammeln, um <strong>die</strong> erneuernde Äraft Christi zu erfahren.<br />

z. D er G o ttesd ien st ist ein R uf G o tte s an uns<br />

w enn sich <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> zum Gottes<strong>die</strong>nst sammelt, dann wird wohl<br />

gesagt: E s ist Äirche. w a s ist denn Äirche) Die Augsburgische Lonfession<br />

lehrt dazu in ihrem 7. Artikel: „Die Heilige christliche Äirche ist<br />

<strong>die</strong> Versammlung aller Gläubigen, bei welcher das Evangelium rein<br />

gepredigt und <strong>die</strong> heiligen Sakramente laut des Evangeliums gereicht<br />

werden". Äirche ist also da, wo das Evangelium rein gelehrt, <strong>die</strong><br />

Sakramente recht verwaltet werden und <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> sich zum Hören<br />

<strong>die</strong>ses W ortes und zum Empfang der Sakramente versammelt, mag<br />

es im hohen Dome oder in der schlichten Dorfkirche oder daheim im<br />

Äreis der H am ilie geschehen.<br />

Der christliche Glaube bekennt, daß <strong>die</strong> Äirche mit ihren Gottes<strong>die</strong>nsten<br />

nicht von Menschen erdacht ist. Rechter Gottes<strong>die</strong>nst ist ein Werk<br />

des Heiligen Geistes, der im W ort Gottes liegt, das W ort lebendig<br />

macht und W ort und <strong>Gemeinde</strong> zusammenbringt, „gleichwie E r <strong>die</strong><br />

ganze Christenheit auf Erden berufet, sammelt, erleuchtet, heiliget und<br />

bei Iesus Christus erhält im rechten einigen Glauben". Gott ist damit<br />

unserm menschlichen Verlangen zuvorgekommen. Ehe w ir uns <strong>für</strong><br />

Christus entscheiden konnten, hat G o tt uns in Christus den Heiland<br />

und Retter bestimmt. Nicht du hast Gott erwählt, sondern E r hat<br />

dich samt deiner <strong>Gemeinde</strong> berufen durch Sein heiliges W ort und<br />

Sakrament. ^ ^<br />

2. w a s lst G o tte s W o r t 7<br />

Christus ist das „W ort Gottes". I n Ihm hat Gottes W ort menschliche<br />

Gestalt angenommen.<br />

) <strong>Das</strong> Ltrchenduch


<strong>Das</strong> Wesen unseres Gottes<strong>die</strong>nstes<br />

Und das W ort ward Hleisch und wohnetc unter uns.<br />

Io h a n n es;, ?4<br />

Lhristi Lehren und Taten sind Lebenskräfte Gottes. „W ort Gottes"<br />

ist beides in einem: es ist R unde von Gott und R ra ft aus G ott in<br />

Iesus Christus. E s ist, wie Luther sagt, alles, was „Christum predigt<br />

und treibt".<br />

Christus vollführt „Gottes-Dienst" an uns. w i r rühmen uns nicht<br />

unseres Tuns; w ir rühmen uns nur des Herrn Christus. I n Ihm ,<br />

unserem Erlöser und Seligmacher, erfassen wir Gott, unsern Vater,<br />

den Schöpfer Himmels und der Erde.<br />

Siehe, Ich bin bei euch alle Tage bis an der W elt Ende.<br />

Matthäus rs, ro<br />

Gegenwärtig ist E r mit Seinem Geist und Seinen Gaben, nicht nur<br />

in einzelnen W orten oder Lehren, sondern in dem geheimnisvollen<br />

Wunder Seiner menschlichen und göttlichen Person überhaupt: w ie<br />

Er lebt und lehrt, wie E r stirbt und auferweckt wird, wie E r als das<br />

W ort der Wahrheit <strong>die</strong> Lügengeister der W elt aus ihrem Hinterhalt<br />

holt und <strong>die</strong> dämonischen Mächte bannt, ob sie Ih n selber auch ans<br />

Lreuz bringen! <strong>Das</strong> alles geschieht täglich neu. Denn Gott hat Ih n<br />

„erhöht". E r ist Gottes rechte Hand; wie <strong>die</strong> Schrift sagt, „hat E r<br />

sich gesetzt zu der Rechten der Majestät in der Höhe" (Hebr. ), 3),<br />

„von danncn E r kommen wird, zu richten <strong>die</strong> Lebendigen und <strong>die</strong> Toten".<br />

Vergebung der Sünden (Luk. ?, 77), Wiedergeburt zu einem<br />

neuen Leben (Ioh. 3, ;—8) — das sind <strong>die</strong> Äennzeichen des lebendigen<br />

gegenwärtigen Heilandes. Hiervon zeugt der christliche Gottes<strong>die</strong>nst<br />

in allen seinen Stücken, im Danken und Bitten, im Lobpreis der Gnade<br />

und im Bekenntnis der Buße, in predigt und Liturgie.<br />

3 . D as S ak ra m e n t<br />

Neben Gottes W ort stehen, eng damit verbunden, <strong>die</strong> beiden Sakramente.<br />

Im Sakrament der Heiligen Taufe wurdest du zum Lind G ottes<br />

und zum Glied des Gottcsvolkes, der heiligen Lirche, berufen.<br />

Dieser Ruf erklang täglich neu. „Du bist auferzogen in den W orten<br />

des Glaubens und der guten Lehre" Tim. 4, d). Der Ruf geht weiter,<br />

verpflichtend <strong>für</strong> alle Getauften und <strong>für</strong> alle Tage ihres Lebens!<br />

„E s bedeutet, daß der alte Adam in uns durch tägliche Reue und Buße


<strong>Das</strong> Wesen unseres Gottes<strong>die</strong>nstes<br />

s<br />

soll ersäufet werden und sterben mit allen Sünden und bösen Lüsten;<br />

und wiederum täglich heraus kommen und auferstehen ein neuer<br />

Mensch, der in Gerechtigkeit und Reinigkeit vor Gott ewiglich lebe."<br />

Im Sakrament des Heiligen Abendmahls hat uns Gott erhalten und<br />

gestärkt in <strong>die</strong>ser Gemeinschaft des „Leibes Lhristi", der christlichen<br />

Äirche (Röm. ;r, 6; Äor. -o, -7; -r, 27), indem uns „im Sakrament<br />

Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit durch solche W orte<br />

gegeben wird; denn wo Vergebung der Sünden ist, da ist auch Leben<br />

und Seligkeit."<br />

Irdische Gemeinschaft besteht in wechselseitigem Nehmen und Geben.<br />

Anders <strong>die</strong> sakramentale Gemeinschaft Lhristi mit den Seinen. Hier<br />

gibt allein Christus. E r gibt Sich Selbst. Der Gläubige kann nur<br />

empfangen. E r empfängt: Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit<br />

und darin alles. Hier kann <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> nicht schweigen. Sie verkündet<br />

in ihren Gottes<strong>die</strong>nsten <strong>die</strong> großen Taten Gottes, <strong>die</strong> alle E r­<br />

kenntnis übersteigen.<br />

4. D er G o ttesd ien st a ls Zwiegespräch<br />

Gott hat Seine <strong>Gemeinde</strong> aufgerufen und das Werk des Gottes<strong>die</strong>nstes<br />

begonnen, w a s hast du nun dabei zu tun? Im Gehorsam des<br />

Glaubens und in der Bereitschaft gläubiger Liebe erfährst du, wie<br />

Gott durch Sein W ort dich immer wieder anredet. Du brauchst nur<br />

zu hören.<br />

Aus dem H ören wird G lau b en und Bekennen. Auf <strong>die</strong> Anrede<br />

Gottes erfolgt unsere Antwort.<br />

Denn so man von Herzen glaubt, so wird man gerecht;<br />

und so man mit dem Munde bekennt, so wird man selig.<br />

Römer -0, ;o.<br />

s) <strong>Das</strong> H ören. G ott offenbart Sich auf Seine weise. E s gilt, wachsam<br />

zu sein, daß uns Sein Lommen nicht überrasche. Rechtes Hören<br />

will gelernt und geübt sein. „Hörer" ist der, der das W ort Gottes<br />

aufnimmt, es mit sich weiter trägt, es in seinen Ginn und sein Gedächtnis<br />

einprägt. Ohne rechtes Hören gibt es keinen lebendigen Lhristenwandel<br />

(ps. z, r.).<br />

Damit wir inmitten des Geräusches der Tage Gott nicht überhören,<br />

halten w ir Sonntage und kirchliche 8"ertage, an denen wir nicht nur


4 DaS Wesen unseres Gottes<strong>die</strong>nstes<br />

<strong>für</strong> uns allein, sondern in Gemeinschaft mit einander Sein W ort<br />

hören und lernen können. S o lautet das dritte Gebot:<br />

D u sollst den F eiertag heiligen,<br />

w a s ist das?<br />

w i r sollen G o tt <strong>für</strong>chten und lieben,<br />

daß w ir <strong>die</strong> p re d ig t und S e in W o r t nicht verachten,<br />

sondern dasselbe heilig halten, gerne hören und lernen.<br />

w ie Gottes W ort einen jeden Lhristen, der da täglich liest und hört,<br />

anredet, so redet es am Sonntag und Festtag zur versammelten <strong>Gemeinde</strong><br />

derer, <strong>die</strong> dem Rufe Lhristi folgen, w e r Gottes W ort auch<br />

am Sonntag überhört, verlernt das Hören. Daß Lhristus bei dir ist<br />

„alle Tage bis an der W elt Ende" (Matth. rr, ro), erkennst du, wenn<br />

du in Glaubensbereitschast und in der Gemeinschaft des Lhristenvolkes<br />

täglich Sein W ort hörst. Nur wer recht hört, vermag recht zu glauben.<br />

Nur wer recht härt und glaubt, vermag recht zu leben.<br />

Selig sind,<br />

<strong>die</strong> das W ort Gottes hören und bewahren.<br />

Lukas ss, rs.<br />

b) Rechtes Hören ist schon der Anfang vom rechten G lau b en . Der<br />

glaubende Hörer hält sich gegenwärtig, was Gott ihm schon früher<br />

verkündigt und gegeben hatte. Der glaubende Hörer verknüpft <strong>die</strong> neuen<br />

Erkenntnisse mit den alten Erfahrungen. Schon mit dem gläubigen<br />

Hören setzt <strong>die</strong> Zwiesprache mit Gott ein. Gott gibt es uns, daß wir<br />

nicht immer wieder als Neulinge und Anfänger im Glauben vor Ih n<br />

treten, sondern als <strong>die</strong> Vertrauten, <strong>die</strong> sich von Ihm erkannt und geleitet<br />

wissen, als Seine Linder, <strong>die</strong> ja den Reichtum Seiner Güte,<br />

Geduld und Langmütigkcit oft erfahren haben, <strong>die</strong> im Dank da<strong>für</strong><br />

nicht müde werden und nun alles weitere Heil getrost und ohne Zweifel<br />

von Ihm erwarten.<br />

c) Lebendiger Glaube wirkt sich aus im Bekennen. <strong>Das</strong> Bekennen<br />

vollzieht sich in dreifachem S in n : Sich selber Gott restior anvertrauen,<br />

mit der ganzen Kreatur den Lobgesang anstimmen auf Gottes Gnade<br />

und sich mutig und tapfer vor den Menschen zu seinem Gottcsglauben<br />

bekennen. E s geschieht hier wie dort entweder in der stillen Selbstverständlichkeit<br />

eines gehorsamen Herzens, ohne viel Aufhebens, von


<strong>Das</strong> Wesen unseres Gottes<strong>die</strong>nstes<br />

Menschen kaum beachtet, aber von Gott, der ins Verborgene sieht, mit<br />

Wohlgefallen erkannt. Oder es geschieht in heiligem Trotz gegenüber<br />

den finsteren Mächten der W elt, <strong>die</strong> uns umgarnen und bedrohen,<br />

unter Abweisung der Vorteile, <strong>die</strong> <strong>die</strong> W elt den Verrätern Christi anbietet.<br />

Die Vielen, denen nichts wichtiger ist, als mit den: Böfen, dem<br />

„Hurst <strong>die</strong>ser W elt", in „gutem Frieden" zu leben, begreifen solch Bekennen<br />

nicht, verlachen es, machen es verächtlich. Gott aber krönt es.<br />

Luther selber hat den Gottes<strong>die</strong>nst ein Gespräch genannt, I n seiner<br />

predigt zur Einweihung der Schloßkirche in Torgau sagt er: „Meine<br />

lieben Freunde, w ir sollen jetzt <strong>die</strong>ses neue Haus einsegnen und weihen<br />

unserm Herrn Iesu Christo,. . . auf daß <strong>die</strong>s neue Haus dahin gerichtet<br />

werde, daß nichts anderes darin geschehe, denn daß unser lieber Herr<br />

Gelbst mit uns rede durch Sein heiliges W ort und wir wiederum mit<br />

Ihm reden durch Gebet und Lobgesang". Dieses Zwiegespräch zieht<br />

sich durch alle einzelnen Stücke des Gottes<strong>die</strong>nstes hindurch. Nicht, als<br />

ob in predigt oder Bibellesung Gott mit uns spräche, während in der<br />

übrigen Liturgie w ir mit Gott redeten — nein, ob predigt, ob Gebet,<br />

ob Lobgcsang: Gott und <strong>die</strong> Seinen reden miteinander. Gott verkündet<br />

Sein W ort, und <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> verkündet, indem sie härt, glaubt und<br />

bekennt, mit ihren Zungen <strong>die</strong> großen Taten Gottes.<br />

5. G ottes<strong>die</strong>nstlichc O rd n u n g<br />

s) Die Gottes<strong>die</strong>nste vollziehen sich in bestimmten Ordnungen. Ordnung<br />

muß sein. w o keine Ordnung ist, ist Unordnung. Da herrschen menschliche<br />

Willkür und Eigenmächtigkeit, da „läuft das W ort Gottes nicht<br />

um" in der <strong>Gemeinde</strong>, sondern Menschen vertreten ihm den w eg,<br />

stellen sich darüber und suchen sich heraus, was ihnen genehm ist. Iegliche<br />

Verkürzung des Gotteswortes aber ist Ungehorsam gegen Gottes<br />

W ort. Dieser Ungehorsam ist Sünde gegen Gott. Luther fordert in<br />

der Vorrede zu seiner „Deutschen Messe", daß in den Gottes<strong>die</strong>nsten<br />

Ordnung herrsche um der Sündhaftigkeit der Menschen willen. Dazu<br />

kommt ein zweiter Gesichtspunkt, w enn keine Ordnung besteht, ist<br />

eine Gemeinschaft im Loden und Danken, in Bitte und Fürbitte, im<br />

Hören und Bekennen erschwert, sowohl in der Einzelgemeinde als<br />

auch über <strong>die</strong> ganze Lirche hin. Hier ist Rücksicht aller gegen alle<br />

geboten. Rücksicht ist ein Erweis der Liebe. Deswegen fordert Luther<br />

Ordnung im gottcsdicnstlichcn Leben auch um der Liebe willen.


s<br />

<strong>Das</strong> Wesen unseres Gottes<strong>die</strong>nst««<br />

I n <strong>die</strong>sem Sinne pflegt <strong>die</strong> evangelische Äirche der Ordnung, nicht in<br />

Wahrnehmung einer äußeren Gesetzlichkeit, sondern um der Liebe zu<br />

Gott und zum Nächsten willen. <strong>Das</strong> ist Ordnung evangelischer Zreiheit.<br />

b) Solche Ordnung steht immer im Licht und im Urteil der Hcilsordnung<br />

Gottes. Nach Gottes Heilsratschluß gründet sich aller Gottes<strong>die</strong>nst<br />

auf W ort und Sakrament, Gesetz und Evangelium, Buße und<br />

Gnade, Verheißung und Erfüllung. <strong>Das</strong> nun braucht in den Liturgien<br />

nicht getrennt auseinander zu folgen, etwa: erst Gesetz, dann<br />

Evangelium, erst Buße dann Gnade. Gottes wirken umschließt beides<br />

>n enger Verbundenheit, wie E r ja auch durch Güte zur Buße leitet.<br />

E s geht um <strong>die</strong> innere Verbundenheit beider Wahrheiten miteinander.<br />

Ein solcher Gottes<strong>die</strong>nst, der sich im Gehorsam des Geistes vollzieht,<br />

ist Gottes<strong>die</strong>nst „im Geist und in der Wahrheit» (Ioh. 4, 24), ist auch<br />

in der 8orm seiner Ausprägung ein Geschenk des Heiligen Geistes, das<br />

der <strong>Gemeinde</strong> „zufällt» (Matth. ö, 3 3 ), sofern sie am ersten nach dem<br />

Reiche Gottes trachtet.<br />

r) Eine solche glicht des Heiligen Geistes ist auch <strong>die</strong> Ordnung -es Lirchenjahres.<br />

Menschliche Willkür und Gleichgiltigkeit haben mancherlei<br />

an ihr in Unordnung gebracht. Die christliche <strong>Gemeinde</strong> steht hier vor<br />

der Pflicht, sich dem liturgischen Wachstum, wie es aus W ort und<br />

Sakrament sprießt, nicht zu verschließen. E s wird ihr alsbald deutlich,<br />

wie sich im Äirchenjahr der volle Reichtum des Gotteswortes entfaltet,<br />

ja, wie ihr selber mit dem Äirchenjahr der Schlüssel zum Verständnis<br />

mancher Schriftstclle gegeben wird. Deshalb stellt sich das<br />

Lirchenbuch, das hiermit den <strong>Gemeinde</strong>n in <strong>die</strong> Hand gegeben wird,<br />

unter das Leitwort: Die V erkündigung der Äirche nach dem<br />

G a n g des Ä irchenjahres.<br />

6) Die geschichtliche Entwicklung hat es mit sich gebracht, daß bei gleicher<br />

grundsätzlicher Haltung doch <strong>die</strong> Gottes<strong>die</strong>nste selbst verwandter<br />

^ Lirchen in den äußeren 8ormcn stark voneinander abweichen. I n einer<br />

Zeit, da <strong>die</strong> Grenzen der Länder fallen und unser Deutsches Volk sich<br />

seiner neu geschenkten Einheit freut und sie pflegt, ist es ein berechtigter<br />

Wunsch, daß auch in den Ordnungen des gottes<strong>die</strong>nstlichcn Lebens sich<br />

eine Ungleichung vollzieht. Möchte sie unter der Zucht des Geistes<br />

wachsen. <strong>Das</strong> Lirchenbuch will helfen, den Boden da<strong>für</strong> zu bereiten.<br />

Die Ordnung des Äirchenjahres findet ihren Niederschlag zunächst in<br />

den sonntäglichen Gottes<strong>die</strong>nsten. Die Botschaft des Sonntags klingt


<strong>Das</strong> Wesen unseres Gottes<strong>die</strong>nstes 7<br />

dann weiter in den Lesungen der Wochentage, wochenspruch, w o -<br />

chenlicd und wochengcbet geleiten <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> durch <strong>die</strong> ganze<br />

Woche hindurch, w o Morgen- und Abendfeiern nicht nach einer festliegenden<br />

Horm jm Gotteshause gefeiert werden, ergibt sich daraus<br />

<strong>für</strong> <strong>die</strong> Hausandacht der folgende w e g :<br />

Morgen- oder Abendlied<br />

Der Spruch der Woche<br />

Die Lesung des Tages (mit Anleitung)<br />

wochcnlicd (oder Liedvers daraus)<br />

<strong>Das</strong> wochengcbet (mit Vaterunser)<br />

Segen.


Die Vcrkündung<br />

der Lirche<br />

nach dem Gang<br />

des Kirchenjahres


« Die Advents zeit<br />

Die Adventszeit<br />

Der Herr kommt! <strong>Das</strong> ist das letzte W ort -er Verkündigung gewesen<br />

im alten Äirchcnsahr. <strong>Das</strong> ist auch das erste W ort im neuen Jahre.<br />

Siehe, dein Lönig kommt zu dir!<br />

w ie verschieden <strong>die</strong>se Botschaft lautet, ob sie am Ende oder am Anfang<br />

verkündet wird! Dort weist sie mit ganzem Ernst auf <strong>die</strong> letzte<br />

Ankunft Lhristi, da E r erscheinen wird in großer Macht und Herrlichkeit,<br />

Gericht zu halten auf Erden. Laut klingt in unser «Ohr der erschütternde<br />

Weckruf: Seid bereit! Des Herrn großer Tag ist nahe!<br />

Der Herr kommt! Hier klingt sie als das vertraute, frohe Evangelium,<br />

das da beginnt mit dem Iubelruf: Gelobt sei, der da kommt in dem<br />

Namen des Herrn! und endet mit dem Freudenruf heg Apostels: Freuet<br />

euch in dem Herrn allewege! Der Herr ist nahe!— I n unser Fleisch und<br />

B lut ist E r gekommen, uns <strong>die</strong> Letten der Sünde und des Todes abzunehmen.<br />

Nun hören w ir wiederum: Der Herr klopft erneut an unsere<br />

Tür, noch nicht zum Gericht, noch einmal kommt Er, in Gnade Sein<br />

Volk zu besuchen.<br />

w i r fassen beide Botschaften vom kommenden Herrn in ihrer engen<br />

verschlungenhcit miteinander. Jedes neue Lirchenjahr ist ein Schritt<br />

weiter dem Ende zu. Jedes erneute Äommen des Herrn bringt uns<br />

Seinem letzten Lommcn näher. S o wird jene Botschaft vom Ende der<br />

Dinge mit innerem Recht hineingerückt in <strong>die</strong> heilige Adventszcit. Die<br />

eine empfängt ihr Licht von der anderen, vom Advents-Lvangelium,<br />

das im Lichtglanz der Freude über den einziehenden Lönig steht, soll<br />

ein S trahl auf <strong>die</strong>s dunkle, schwere Wcissagungswort vom Gericht<br />

und vom Ende der Dinge fallen, daß w ir es recht verstehen. Und umgekehrt:<br />

Von dem Lichte, das aus dem zuckenden Flammcnschein des<br />

Evangeliums vom Gericht herausleuchtet, soll ein Strahl auf <strong>die</strong><br />

freudenreiche Adventszeit fallen. Denn der Eintritt Jesu in <strong>die</strong> W elt<br />

w ar der Beginn Seines Leidens. Die Adventszeit hat ihren ernsten<br />

Unterton. E r gibt dem Ton der Freude erst seinen vollen Llang.<br />

Advent ist Rüstzeit. <strong>Das</strong> liegt auch in seinem Namen. E r bedeutet:<br />

Ankunft, w i r hören das Signal des Vorläufers Jesu, Johannes des<br />

Täufers, nicht von der Zinne der Lönigsburg, sondern aus der Einsamkeit<br />

der w üste: Bereitet dem Herrn den w eg ! Geht in euch, prüft<br />

euch, ändert euren S inn! Merkt es wohl! Derselbe Herr, der mit Sich


Sonntag im Advent<br />

den Himmel auf <strong>die</strong> W elt und in unser Leben bringt, ist zugleich der<br />

göttliche Richter. Diese Verbundenheit des frohen und ernsten Wesens<br />

der gesamten Adventsverkündigung klingt auch in den Gottes<strong>die</strong>nsten<br />

unserer Äirche deutlich wieder: I n Schriftwort und Gebet und Lied:<br />

„Macht hoch <strong>die</strong> Tür, <strong>die</strong> Tor macht weit, es kommt der Herr der<br />

Herrlichkeit!" „M it Ernst, o Menschenkinder, das Her; in euch bestellt".<br />

Dem entspricht auch <strong>die</strong> Äirchenfarbe zu Advent. Sie ist das<br />

ernste, gehaltene Violett, <strong>die</strong> Farbe der Besinnung und bußfertigen<br />

Bereitschaft.<br />

w i r sind gewohnt, zu Advent Häuser und Äirchen mit Äerzen, S ternen<br />

und Tannengrün zu schmücken und so <strong>die</strong> christliche Adventsbotschaft<br />

weithin zu verkündigen, w i r tun recht daran. Unser ganzes<br />

Erdcnlcbcn ist ja ein großer Advent.<br />

Erster Sonntag im Advent<br />

S ieh e, dein Äönig kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer.<br />

I- Da sie nun nahe an Jerusalem kamen,<br />

gen Bethphage, an den Olbcrg,<br />

sandte Iesus Seiner Iüngcr zwei.<br />

2. Und sprach zu ihnen: Gehet hin in<br />

den Flecken, der vor euch liegt; und<br />

alsbald werdet ihr eine Eselin finden<br />

angebunden und ein Füllen bei ihr; löset<br />

sie auf und führet sie zu M ir.<br />

3. Und so euch jemand etwas wird sagen,<br />

so sprechet: Der Herr bedarf ihrer;<br />

sobald wird er sie euch lassen.<br />

4. D as geschah aber alles, auf daß erfüllet<br />

würde, w a s gesagt ist durch den<br />

Propheten, der da spricht:<br />

s. „Saget der Tochter Zion: Siehe,<br />

dein Ä önig kommt zu dir sanftmütig<br />

D a s Evangelium<br />

n<br />

Sacharja g, g<br />

und reitet auf einem Esel und auf<br />

einem Füllen der lastbaren Eselin".<br />

S. Die Jünger gingen hin und taten,<br />

w ie ihnen Jesus befohlen hatt«,<br />

7. und brachten <strong>die</strong> Eselin und das<br />

Füllen und legten ihre Lleider darauf<br />

und setzten Ih n drauf,<br />

r. Aber viel Volks breitete <strong>die</strong> Äleider<br />

auf den w e g ; <strong>die</strong> andern hieben<br />

Zweige von den Bäumen und streuten<br />

sie auf den w e g .<br />

g. D as Volk aber, das vorging und<br />

nachfolgte, schrie und sprach: Hosianna<br />

dem S o h n D avids! Gelobt sei, der da<br />

kommt in dem Namen des Herrn!<br />

Hosianna in der Höhe!<br />

Match, r -, g<br />

Diese Geschichte will uns dreierlei sagen. Sie spricht zuerst von unseren<br />

menschlichen Hoffnungen, dann davon, wie Christus sie ganz<br />

anders erfüllt, als wir denken, und drittens vom Unterschied zwischen<br />

der falschen und der wahren Adventserwartung.


.,1Z.<br />

Woche im Advent<br />

w i r achten vorerst nicht auf Jesus, sondern darauf, was <strong>die</strong> anderen<br />

Menschen tun, von denen in <strong>die</strong>ser Geschichte <strong>die</strong> Rede ist. Da sind zunächst<br />

Seine Jünger. Sie hatten, wie w ir oftmals aus den Evangelien<br />

hören, weltliche Hoffnungen in ihren Herzen. Ais Icsus ihnen<br />

darum sagt: Nun geht hin und holt mir den Esel, da wissen sie:<br />

Jetzt ist der große Augenblick da, jetzt wird unser Herr als Messias<br />

einziehen! Darum beeilen sie sich, Seinen Befehl auszuführen. Es<br />

kommt ihnen gar nicht in den Sinn, zu fragen, was wohl daraus<br />

werde. W as soll denn anders daraus werden als ein großer Triumph ?<br />

Auch Judas w ar damals noch dabei.<br />

Dann ist da der Mann, dem <strong>die</strong> Eselin gehört. Ist der Befehl Jesu<br />

nicht seltsam? „Und wenn euch jemand etwas sagen wird, so sprecht:<br />

„Der Herr bedarf ihrer!" Sofort wird man sie euch lassen", w aru m<br />

war das selbstverständlich? w e il damals viele Gläubige auf Den<br />

warteten, der sie vom Joch der Römer erlösen sollte. Sie hätten gerne<br />

alle ihren Esel hergegeben, wenn es hieß: Der Messias braucht ihn<br />

zu Seinem Einzug!<br />

Schließlich ist da <strong>die</strong> Volksmenge. Sie kannten alle <strong>die</strong> Stelle aus<br />

dem Propheten Sacharja, in der von dem Messias <strong>die</strong> Rede ist, der<br />

auf einem Esel sitzt. Sie wußten: W enn einer auf solche Weise seinen<br />

Einzug hält, dann ist das ein Zeichen, daß der Hriedenskönig gekommen<br />

ist! Dann werden <strong>die</strong> Weissagungen der Propheten W irklichkeit,<br />

dann kommt das Reich Gottes, auf das <strong>die</strong> Gläubigen hoffen!<br />

Darum reißen sie sich fast <strong>die</strong> Äleidcr vom Leibe, um sie wie einen<br />

Teppich auszubreiten, darum brechen sie Zweige von den Bäumen,<br />

jubeln und schreien: Hosianna! <strong>Das</strong> heißt: G ott hilft! Sie meinen,<br />

jetzt sei <strong>die</strong> Erfüllung aller wünsche nahe.<br />

Und nun Jesus Selbst. E r reitet schweigend inmitten der erregten<br />

Menge über eine Straße, <strong>die</strong> mit Gewändern und grünen Zweigen<br />

wie mit einem Teppich geschmückt ist. E r allein weiß, wohin E r reitet.<br />

E r reitet dein Tode entgegen. Dieselben Menschen, <strong>die</strong> jetzt Hosianna<br />

rufen, werden bald Lreuzige schreien. Dann wird alle Begeisterung<br />

vergessen sein. Die Augen, <strong>die</strong> jetzt vor Erwartung aufleuchten,<br />

werden dann vor Enttäuschung und Haß glühen. Denn Jesus<br />

Christus erfüllt zwar <strong>die</strong> Verheißung vom kommenden Gottesreich,<br />

aber anders, als <strong>die</strong> Menschen es sich denken, <strong>die</strong> Ih n jetzt umjubcln. Er<br />

erfüllt sie durch G:inen Tod und Seine Auferstehung.


,»> Kok >r tag LM A d v e n t<br />

E s gibt zu allen Zeiten solche falschen Advcntghoffnungen unter den<br />

Menschen. E s ist Mcnschcnart, sich eine schöne w e it der Zukunft vor<br />

Augen zu malen, wenn <strong>die</strong> wirkliche W elt Leib und Seele drückt. w i r<br />

träumen alle zu gern von dem, was w ir wünschen, und je lebhafter<br />

wir träumen, um so ungeduldiger und unzufriedener werden wir.<br />

Aber das heißt aus einen falschen Advent hoffen. Denn <strong>die</strong> wahre E r­<br />

neuerung der W elt kommt allein aus dem Glauben an Icsus Christus.<br />

Sie fängt an mit der innere» Erneuerung der Menschen. Sie kommt<br />

aus der Stille und führt in <strong>die</strong> Stille, bis Gott ihre scgensvollcn<br />

Früchte auch vor den Augen der W elt offenbar werden läßt. S o hoffen<br />

auch wir auf eine Erneuerung der Äirche durch <strong>die</strong> Ankunft Christi<br />

im Geist.<br />

D ie Epistel<br />

11. Und weil w ir solches wissen, nämlich<br />

<strong>die</strong> Zeit, daß <strong>die</strong> Stunde da ist,<br />

aufzustehen vom Schlaf (sintemal unser<br />

Heil jetzt näher ist, denn da w ir<br />

gläubig wurden;<br />

>2. <strong>die</strong> Nacht ist vorgerückt, der Tag<br />

aber nahe herbeigekommen): so lasset<br />

uns ablegen <strong>die</strong> Werke der 8insternis<br />

und anlegen <strong>die</strong> W affen des Lichtes.<br />

Lasset uns ehrbarlich wandeln als<br />

am Tage; nicht in Fressen und Saufen,<br />

nicht in Lämmern und Unzucht, nicht<br />

in Hader und Neid;<br />

z4. sondern ziehet an den Herrn Jesus<br />

Christus und wartet des Leibes, doch<br />

also, daß er nicht geil werde.<br />

Röm. , 3 , - 4<br />

<strong>Das</strong> Licht, das vom Schmuck der Adventskerzen erstrahlt, ist Sinnbild<br />

der in Christus erschienenen Wahrheit. E s macht alle Unsaubcrkcit<br />

offenbar, <strong>die</strong> in uns und unter uns ist. w e r Christus liebt, liebt den<br />

Tag und haßt alles, was nur im Dunkel der Nacht gedeiht. E r kämpft<br />

nur init den Waffen des Lichts, d. i. <strong>die</strong> W affe der Wahrheit, w ie<br />

kann er <strong>die</strong> Ankunft seines Herrn erwarten und <strong>für</strong> Ih n und mit Ihm<br />

kämpfen, wenn sein Herz voll ist von unreinen Gedanken, Hader und<br />

Neid) Ic lebendiger wir an Christus glauben, je gewisser wir Sein<br />

Rommen erwarten, um so mehr macht E r uns äußerlich und innerlich<br />

zu Seinem Eigentum. <strong>Das</strong> ist schmerzlich <strong>für</strong> unser „Fleisch" und doch<br />

zugleich so tröstlich.<br />

D a s Lied der Woche<br />

Macht koch <strong>die</strong> Tür, <strong>die</strong> Tor macht weit<br />

Dies Lied klingt wie ein Heroldsruf. E s kündigt der wartenden <strong>Gemeinde</strong><br />

das Nahen des Heilandes an und fordert sie auf, Ih n als den<br />

königlichen Gesandten Gottes würdig zu empfangen. E s ist in Anlehnung<br />

an Psalm 24, 7 gedichtet: „Machet <strong>die</strong> Tore weit und <strong>die</strong>


?4 -. Woch« im Advent<br />

Türen in der W elt hoch, daß der Bönig der Ehren einziehe!" Daneben<br />

finden sich mancherlei andere biblische Beziehungen. Die ersten drei<br />

Strophen enden mit einem Lchrreim, in dem der Lobpreis des Dreieinigen<br />

Gottes erklingt: Vers , das Lob des Vaters, Vers r <strong>die</strong> Anbetung<br />

des Sohnes, Vers s der preis des Heiligen Geistes. M it Vers<br />

4 nimmt das Lied seinen Weckruf erneut auf und klingt im s. Ver^<br />

aus in <strong>die</strong> innige Bitte, daß Christus auch in unserem eigenen Herzen<br />

Einzug halten möge. Diese letzte Strophe ist ein rechtes Rüstgebet <strong>für</strong><br />

<strong>die</strong> Wochen der Adventszeit.<br />

Die hochgemute weise entspricht den Worten. Sie ist nur <strong>die</strong>sem<br />

Liede beigcgebcn.<br />

D a s Gebet der Woche<br />

Lieber Herr Gott, wecke uns auf, daß wir bereit sein, wenn D ein<br />

S oh n kommt, Ih n mit Freuden zu empfangen, und D ir mit reinem<br />

Herzen zu <strong>die</strong>nen, durch denselben Deinen Soh n , Icsum Christum,<br />

unsern Herrn. Amen.<br />

-»­<br />

W eissagung*<br />

!- I m Nicä,lischt» Glaubensbekenntnis heißt es im 3. Artikel: „Und (ich glaube)<br />

an den Herrn, den Heiligen Geist, der da lebendig macht,... der durch <strong>die</strong><br />

Propheten geredet hat". W eissagung, Propheten und Heiliger Geist gehören<br />

zueinander.<br />

Denn es ist noch nie eine W eissagung aus menschlichem w ille n hervorgebrachtsondern<br />

<strong>die</strong> heiligen Menschen G ottes haben geredet,<br />

getrieben von dem Heiligen Geist,<br />

r. Petrus ), r ;.<br />

w o Menschen sich in eigenem M rwitz an G ottes Geheimnisse und Ratschlüsse<br />

heranmachen, da ist ihre Rede keine W eissagung, sondern wahrsagcrci. Im m er<br />

wieder geht das ursprüngliche verlangen der Menschen nach G ott solche falschen<br />

W ege; immer wieder laufen Menschen, törichte, kluge und klügste, zu<br />

Wahrsagern, <strong>die</strong>, weil Zeichen und Enthüllungen G ottes fehlen, selber eine<br />

Offenbarung G ottes zu erzeugen oder vorzutäuschen suchen. Da verbindet sich<br />

das w ahrsagen mit Zauberei und wird, um mit der Bibel zu reden, zu einem<br />

Greuel vor G ott. Die Bibel verurteilt solches Gebühren auf das Strengste<br />

(r. Mos. rr, )7 ; s. M os. )S, g— 14) und kennzeichnet es als heidnisches Unwesen.<br />

W eissagung hat mit solcher wahrsagcrei nicht das mindeste zu tun.


Weissagung<br />

r. W eissagung ist eine Stim m e des Heiligen Geistes. L s wird berichtet, daß<br />

der Heilige Geist plötzlich Menschen „überfällt" und sie zu Äußerungen und<br />

Reden veranlaßt, <strong>die</strong> ihnen selber bislang fremd waren und <strong>für</strong> <strong>die</strong> Hörer nicht<br />

zu deuten sind. Daneben stehen deutliche Reden, <strong>die</strong> bestimmte Ratschlüsse<br />

Gottes klar verkündigen.<br />

S o hat das W o rt W eissagung eine doppelte Bedeutung.<br />

a) L s bezeichnet ein Reden in göttlicher Begeisterung und Verzückung,<br />

ähnlich wie im Neuen Testament das „Zungenreden" (i. Ror. -4). L in solches<br />

Reden w ill nicht auf andere einwirken. L s w ill auch nicht <strong>die</strong> Zukunft deuten.<br />

L s w ill nichts anderes, als <strong>die</strong> überschwenglichen Empfindungen äußern, <strong>die</strong><br />

der von G ott Ergriffene in solchen Augenblicken spürt. L s ist ein M ittel, dem<br />

Drängen des Geistes Genüge zu tun. I m Neuen Testament wird <strong>die</strong>se Art<br />

begeisterten Redens der eigentlichen W eissagung gegenübergestellt.<br />

W er aber weissaget,<br />

der redet den Menschen zur Besserung und zur Ermahnung und zur Tröstung,<br />

w e r mit Zungen redet, der bessert sich selbst;<br />

w e r aber weissaget, der bessert <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong>.<br />

;. Rorinthcr -4, s. 4.<br />

b) Häufiger als <strong>die</strong> erste ist <strong>die</strong>se zweite Bedeutung des W ortes, an <strong>die</strong> w ir meist<br />

zuerst denken, wenn w ir von W eissagung hären: <strong>die</strong> vorweg geschehende<br />

Verkündigung göttlichen w ille n s und göttlichen Heilsratschlusscs, zum S e ­<br />

gen des Einzelnen oder des Volkes, meist Mitteilungen, <strong>die</strong> <strong>für</strong> das Verständnis<br />

des Reiches Gottes, der göttlichen Erziehung und der Erlösung entscheidend<br />

sind. Alle echte W eissagung geschieht in unerbittlicher Wahrhaftigkeit und<br />

strengem Gehorsam durch ausgesuchte Männer G ottes, <strong>die</strong> Propheten. S ie<br />

wird verkündet, gleichviel, ob ihr« Botschaft von Zeitgenossen anerkannt oder<br />

verstanden wird, ob sie Zustimmung oder Widerspruch, offene oder versteckte<br />

Feindschaft findet.<br />

3. B ei Deutung der W eissagung muß man zwischen ihrer Form und ihrem<br />

Inhalt unterscheiden.<br />

a) Der Form nach be<strong>die</strong>nt sie sich menschlicher Gleichnisse und Vorstellungen,<br />

w ie sie der Zeit, dem volkstum und dem Verständnis der ersten Hörer entsprechen.<br />

Die W eissagung redet vielfach in Bildern; nicht so, daß sie ein<br />

Gesamtbild zeichnete, sondern vielmehr einzelne Züge verkörpert. S o spricht<br />

'<br />

Unser w eissagen ist Stückwerk<br />

Lorinther z s, g.<br />

S ie läßt gewisse Antworten offen, <strong>die</strong> erst durch <strong>die</strong> Erfüllung geklärt werden.<br />

B ei aller Mannigfaltigkeit und vcrschiedenartigkeit zieht sich doch eine einheitliche<br />

Linie hindurch. Der Blick des Propheten ist w ie der eines Wanderers,


z. Woche im Advent<br />

redet<br />

von einer Höhe aus in weite Fernen sieht: mit einem Blick erschaut er<br />

Nahes und Fernes, aber von dem Fernliegenden nur Hervorragendes, nicht<br />

jedoch <strong>die</strong> dazwischenliegenden Flächen und Tiefen. S o überschaut der Prophet<br />

mit dem Blick des Geistes zeitlich Nahes und Fernes, er sieht Höhepunkte einer<br />

weitgespannten Entwicklung, ohne <strong>die</strong> Zwischcnräume zu schätzen oder auch<br />

nur zu bedenken. Für seine Anschauung kann daher nahe zusammenrücken, w a s<br />

in der Erfüllung durch weite Zeiträume getrennt ist. Deshalb finden sich bei<br />

W eissagungen selten genaue Zeitangaben. Selbst Jesus kennzeichnet Sein«<br />

eigene wcissagungsgabc in <strong>die</strong>sem S in n e :<br />

s<br />

Von dem Tage aber und der Stunde weiß niemand,<br />

auch <strong>die</strong> Engel nicht im Himmel,<br />

auch der Soh n nicht,<br />

sondern allein der Vater.<br />

Markus zs, ,?r.<br />

S o tragen denn auch Seine W eissagungen über das Lndgeschchcn <strong>die</strong>sen in<br />

<strong>die</strong> W eite schauenden Charakter, besonders wenn Er vom „Tag des Mcnschensohncs"<br />

spricht (Luk. -7, 24— rö).<br />

b) Inhaltlich steht alle echte W eissagung im Dienste der Nönigshcrrschaft<br />

Gottes. Dadurch unterscheidet sie sich, abgesehen von ihrem göttlichen Ursprung,<br />

von jeglicher Art des w ahrsagcns. S ie enthüllt <strong>die</strong> Aufgaben und<br />

Ziele und deutet <strong>die</strong> Mittel Gottes zur Aufrichtung Seines Reiches an. Gott<br />

Selber sagt das den Propheten, <strong>die</strong> unmittelbar von Ih m — auch gegen ihren<br />

w ille n — beauftragt werden (Amos 3, 7). Den falschen Propheten aber wird<br />

es abgesprochen, daß sie im Rat G ottes gestanden hätten (Icr. r3, zr>.<br />

4. Jegliche W eissagung findet, je nach ihrer Art, ihre unbedingte oder b e­<br />

dingte Erfüllung. Unbedingt erfüllt sie sich, sofern sie <strong>die</strong> großen Ziele<br />

der Rcichsordnung und weltrcgicrung G ottes verkündet, <strong>die</strong> kein Mensch und<br />

kein Volk durchkreuzen kann; bedingt ist ihre Erfüllung, sofern sie W a r ­<br />

nungen ausspricht und Gerichte ankündigt, denen <strong>die</strong> Menschen durch Buße und<br />

Glaube noch aus dem W ege gehen können. Im m er aber gilt es, in der Frage<br />

der Erfüllung zu unterscheiden zwischen dem Gewand und der Wahrheit.<br />

Nicht auf <strong>die</strong> buchstäbliche, sondern auf <strong>die</strong> geistliche Erfüllung kommt es an.<br />

Bei der Deutung sind jene zwei Gefahren zu vermeiden: <strong>die</strong> Gefahr cines<br />

ungcistlichcn Buchstab englaubens, wie ihn ;. B . <strong>die</strong> Iud«,n bekundeten,<br />

<strong>die</strong> in willkürlicher Beschränkung auf Äußerlichkeiten im Messias nur den weltlichen<br />

B önig anerkennen wollten (Sach. g, g in Verbindung mit Match. rz,g),<br />

und <strong>die</strong> Gefahr einer v o m wirklichen Leben abgelösten sog. Gcistigkeit,<br />

<strong>die</strong> in das Schattendasein menschlicher Träume führt, als ob es sich bei<br />

Gottes W eissagung nicht um Wirklichkeiten im Angesichte des lebendigen<br />

Gottes handelte!<br />

" - ''.........' * - - - .............- - - ^-


z. woch« im Advent >7<br />

M ontag nach dem<br />

!. Hier stehe ich auf meiner Hut und<br />

trete auf meine Hefte und schaue und<br />

sehe zu, w a s mir gesagt werde und<br />

w a s meine Antwort sein solle auf<br />

mein Rechten.<br />

2. Der Herr aber antwortet mir und<br />

spricht: Schreib das Gesicht und male<br />

es auf eine Tafel, daß es lesen könne,<br />

wer vorübcrläuft.<br />

Advent<br />

z. Die W eissagung wird ja noch erfüllt<br />

werden zu seiner Zeit und wird<br />

endlich frei a» den Tag kommen und<br />

nicht ausbleiben! Ob sie aber verzieht,<br />

so harre ihrer: sie wird gewiß kommen<br />

und nicht verziehen.<br />

4. Sich^ wer halsstarrig ist, der wird<br />

keine Ruhe in seinem Herzen haben;<br />

der Gerechte aber wird seines Glaubens<br />

leben. Hab. 2, 1— 4<br />

Die Advcntsbotschaft von dem kommenden Äönig und Helfer<br />

hat sich je und je nicht an satte und beruhigte, sondern an geängstigte<br />

Menschen gewandt. Unter den Propheten des Alten Bundes hat besonders<br />

Habakuk darunter gelitten, daß Gott zu dem Unrecht in der<br />

W elt schweigt. Der Prophet muß zusehen, wie Macht vor Recht geht<br />

und Macht an Gottes Stelle gesetzt wird. Gott läßt es geschehen, und<br />

es sieht aus, als sei E r nicht da. Da wird dem Propheten von Gott <strong>die</strong><br />

Offenbarung zuteil, daß zuletzt Gott dennoch alles zurechtbringen<br />

wird. E r hat schon Zeit und Stunde festgesetzt, wann der Helfer kommen<br />

soll. Die Weltgeschichte und das Leben des Einzelnen sind in Seiner<br />

Hand. <strong>Das</strong> Neue Testament hat <strong>die</strong> Erfüllung <strong>die</strong>ser Weissagung<br />

in Christus verkündigt. Auf Ih n gilt es, zu hoffen und zu warten.<br />

Die andere Lesung: r. Lorinther 1, s§— 24.<br />

D ienstag nach dem<br />

g. Dcrhalben auch w ir von dem Tage<br />

an, da w ir's gehört haben, hören w ir<br />

nicht auf, <strong>für</strong> euch zu beten und zu<br />

bitten, daß ihr erfüllt werdet mit E r­<br />

kenntnis Seines w ille n s in allerlei<br />

geistlicher W eisheit und Verständnis,<br />

10. daß ihr wandelt würdig dem Herrn<br />

zu allem Gefallen und fruchtbar seid<br />

in allen gute» Werken<br />

i ; . und wachset in der Erkenntnis<br />

Gottes und gestärkt werdet mit aller<br />

Lraft nach Seiner herrlichen Macht zu<br />

Advent<br />

aller Geduld und Langmütigkcil mit<br />

Freuden,<br />

12. und danksaget dem Vater, der uns<br />

tüchtig gemacht hat zu dem Erbteil der<br />

Heiligen im Licht;<br />

13. welcher uns errettet hat von der<br />

Obrigkeit der Finsternis und hat uns<br />

versetzt in das Reich Seines lieben<br />

Sohnes,<br />

14. an welchem w ir haben <strong>die</strong> E r­<br />

lösung durch S ein B lut, <strong>die</strong> Vergebung<br />

der Sünden. Lol.), g— 14<br />

Advcntszcit ist Rüstzeit. Man kann nicht auf den kommenden Äönig<br />

warten, wenn man Ihm Schande macht, statt „würdig dem Herrn"<br />

zu leben. Darum werden wir in <strong>die</strong>ser Zeit gefragt, ob unser Lhriftcn-


1» ). Woche im Advent<br />

tum lebendiges und tä tig e s C hristentum ist. Ls hilft freilich<br />

nichts, daß w ir irgend etwas praktisch tun, wozu wir gerade Neigung<br />

haben. N ur w as Gott getan haben will, dürfen wir tun. Darum<br />

brauchen w ir Erkenntnis Seines w illens und finden sie in der Schrift<br />

und in der predigt der Lirche. Lebendig und tätig ist unser Christentum<br />

nur, wenn w ir Gottes w illen wirklich tun und ehrlich mit uns<br />

sind. w e r ganz ehrlich ist, der wird bange werden über seinem praktischen<br />

Leben. Um so mehr wird er danken, daß Christus Vergebung<br />

bringt und uns losmachen kann von allen finsteren Mächten. Darum<br />

soll <strong>die</strong>ses Gebet des Apostels Paulus, das w ir in unserem Schriftabschnitt<br />

lesen, auch unser Gebet sein.<br />

Die andere Lesung: Micha r, r. g— -3.<br />

Mittwoch nach dem i. Advent<br />

4. Des Nachts aber kam das W o rt<br />

des Herrn zu Nathan und sprach:<br />

s. Gehe hin und sage zu Meinem<br />

Lncchte David: S o spricht der Herr:<br />

Solltest du M ir ein Haus bauen, daß<br />

Ich darin wohne?<br />

d. Habe Ich doch in keinem Hause gewohnt<br />

seit dem Tage, da Ich <strong>die</strong> L in ­<br />

der Israel aus Ägypten führte, bis auf<br />

<strong>die</strong>sen Tag, sondern Ich habe gewandelt<br />

in der Hütte und W ohnung,<br />

r. S o sollst du nun so sagen Meinem<br />

Lnechte David: S o spricht der Herr<br />

Zcbaoth: Ich habe dich genommen<br />

von den Schafhürden, daß du sein solltest<br />

ein Fürst über M ein Volk Israel,<br />

y. Und bin mit dir gewesen, w o du<br />

hingegangen bist, und habe alle deine<br />

Feinde vor dir ausgerottet und hab«<br />

dir einen großen Namen gemacht wie<br />

der Name der Großen auf Erden.<br />

>0. Und Ich w ill Meinem Volk Israel<br />

einen «Ort setzen und w ill es pflanzen,<br />

daß es daselbst wohne und nicht mehr<br />

in der Irre gehe und es <strong>die</strong> Linder der<br />

B osheit nicht mehr drängen wie vormals<br />

und seit der Zeit, daß Ich Richter<br />

über M ein Volk Israel verordnet<br />

habe.<br />

? >. Und w ill dir Ruhe geben von allen<br />

deinen Feinden. Und der Herr verkündigt<br />

dir, daß der Herr dir ein Haus<br />

machen w ill.<br />

?r. w e n n nun deine Zeit hin ist, daß<br />

du mit deinen Vatern schlafen liegst,<br />

w ill Ich deinen Sam en nach dir erwecken,<br />

der von deinem Leibe kommen<br />

soll; dem w ill Ich sein Reich bestätitigen.<br />

?3. Der soll Meinem Namen ein Haus<br />

bauen, und Ich w ill den Stu h l seines<br />

Äönigrcichs bestätigen ewiglich.<br />

>4- Ich w ill sein Vater sein, und er<br />

soll M ein S o h n sein.<br />

r .S a m . 7 ,4 — tz. r— )4


Woche im Advent<br />

E r sendet einen L ö n ig zu u n s, von gleicher Macht und gleicher<br />

Ehre wie E r selber. Und doch ein Mensch wie wir. <strong>Das</strong> ist Sein<br />

Sohn. Sein Thron ist Gottes Thron. Niemand kann ihn umstoßen.<br />

E r bleibt in alle Ewigkeit. Darum freut sich <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong>. Der L ö­<br />

nig kommt zu ihr, wie E r auch von Anbeginn bei ihr war. E r schafft<br />

uns den wahren Frieden vor allen Feinden. Und w ir sollen bleiben<br />

in S ein em H ause. Nicht G ott ist es, der uns Seine Hilfe versagt.<br />

W ir sind es, <strong>die</strong> Seine Rettung unter uns nicht sehen und nicht daran<br />

glauben wollen.<br />

Vi« andere Lesung: Lolosscr s, -r—-7.<br />

-4. Jauchze, du Tochter Zion! Rufe,<br />

Israel! Freue dich und sei fröhlich von<br />

ganzem Herzen, du Tochter Jerusalem!<br />

;k. Denn der Herr hat deine Strafe<br />

weggenommen und deine Feinde abgewendet.<br />

Der Herr, der L önig Israels,<br />

ist bei dir, daß du dich vor keinem Unglück<br />

mehr <strong>für</strong>chten darfst.<br />

;ö. Zur selben Zeit wird man sprechen<br />

zu Jerusalem: Fürchte dich nicht! und<br />

zu Zion: Laß deine Hände nicht laß<br />

werden!<br />

-7. Denn der Herr, dein G ott, ist bei<br />

dir, ein starker Heiland; er wird sich<br />

über dich freuen und dir freundlich sein<br />

und vergeben und wird über dir mit<br />

Schall fröhlich sein.<br />

Donnerstag nach dem ). Advent<br />

rs<br />

;r. Die Geängsteten, so auf kein Fest<br />

kommen, w ill Ich zusammenbringen;<br />

denn sie gehören D ir zu und müssen<br />

Schmach tragen.<br />

zg. Siehe, Ich w ills mit allen denen<br />

ausmachen zur selben Zeit, <strong>die</strong> dich bedrängen;<br />

und w ill den Hinkenden helfen<br />

und <strong>die</strong> verstoßenen sammeln; und<br />

w ill sie zu Lob und Ehren machen in<br />

allen Landen, darin man sie verachtet,<br />

ro. Zu der Zeit w ill Ich euch hereinbringen<br />

und euch zu der Zeit versammeln.<br />

Denn Ich w ill euch zu Lob und<br />

Ehren machen unter allen Völkern auf<br />

Erden, wenn Ich euer Gefängnis<br />

wenden werde vor euren Augen,<br />

spricht der Herr. Zeph. s, -4— ro<br />

Die Adventszcit erinnert uns daran, daß Christus zu uns auf Erden<br />

gekommen ist und daß E r auch heute immer wieder kommt zu Seiner<br />

<strong>Gemeinde</strong>. Daß E r kommt und da ist, darin liegt aller Trost. M ag<br />

unsere Not sich nicht mit einem Male wenden, so ist es doch Hilfe genug,<br />

wie der Prophet dreimal sagt: „Der Herr, dein Gott, ist bei dir".<br />

Ist G ott bei Seiner Lirche, gegenwärtig im Gottes<strong>die</strong>nst und Sakrament,<br />

ist E r bei uns auf unseren wegen, so macht das froh und bewahrt<br />

vor Furcht und Verzagtheit, w e n n der H elfer da ist, muß<br />

alles zurechtkom m en. Darum geht durch <strong>die</strong> Lieder der Adventszeit<br />

ein froher Ton, und <strong>die</strong> Adventsgemeinde wird aufgerufen:<br />

Jauchze! Freue dich und sei fröhlich von ganzem Herzen!<br />

Die ander« Lesung: Jesaia ds, zs; d4, z— s.


d<br />

Freitag nach dem ?. Advent<br />

j. Woche im Advent<br />

lg. S o w ir denn nun haben, liebe rs. und lasset uns halten an dem B e­<br />

kenntnis der Hoffnung und nicht w anken:<br />

denn E r ist treu, der sie verheißen<br />

hat;<br />

24. und lasset uns untereinander unser<br />

selbst wahrnehmen mit Reizen zur<br />

Liebe und guten Werken<br />

rs. und nicht verlassen unsere Versammlung,<br />

wie etliche pflegen, sondern<br />

einander ermähnen; und das so<br />

Bruder, <strong>die</strong> Freudigkeit zum Eingang<br />

in das Heilige durch das B lut Jesu,<br />

?,0. welchen E r uns bereitet hat zum<br />

icucn und lebendigen W ege durch den<br />

Vorhang, das ist durch S ein Fleisch,<br />

r>. und haben einen Hohenpriester<br />

über das Haus G ottes:<br />

rr. so lasset uns hinzugehen mit wahrhaftigem<br />

Herzen in völligem Glauben,<br />

besprengt in unsern Herzen und los<br />

von dem bösen Gewissen und gew a­<br />

schen am Leibe mit reinem Wasser;<br />

viel mehr, soviel ihr sehet, daß sich der<br />

Tag naht.<br />

Hcbr. z 0, z g— rs<br />

Advent ist <strong>die</strong> offene Tür zu Gott. E s ist ein Irrtum zu meinen,<br />

daß <strong>die</strong> Tür zu Gott <strong>für</strong> entheilige Menschen, wie wir sind, offen<br />

stünde. Sie ist verschlossen. Erst Christus hat sie wieder aufgctan.<br />

w ie im Alten Bund der Hohepriester mit dem Vpfcrblute durch den<br />

Vorhang zum Allerhciligsten des Tempels eingehen durfte, so hat<br />

auch Christus durch Sein ippfcrblut <strong>die</strong> verschlossene Pforte gesprengt<br />

und uns den w e g zu Gott eröffnet. M it Seinem B lut besprengt und<br />

in der Taufe gereinigt finden w ir <strong>die</strong> Tür zu Gott offen. Nun gilt es,<br />

auch hineinzugehen und besonders in der Advcntszcit Gottes Angesicht<br />

zu suchen und ganz in Seine Nähe zu kommen. <strong>Das</strong> bewirkt der Heilige<br />

Geist durch das verkündigte W ort in der zum Gottes<strong>die</strong>nst versammelten<br />

<strong>Gemeinde</strong>, w i r bedürfen der Gemeinschaft unter dem<br />

W ort, wodurch uns geholfen wird, und wodurch allein w ir befähigt<br />

werden, den anderen zu <strong>die</strong>nen.<br />

Die andere Lesung: Johannes i§, s s — 37.<br />

;r. Siebe, Ich komme bald und M ein<br />

Lohn mit M ir, zu geben einem jeglichen,<br />

wie seine Werke sein werden.<br />

?Z. Ich bin das A und das G , der<br />

Anfang und das Ende, der Erste und<br />

der Letzte.<br />

l 4- S e lig sind, <strong>die</strong> Seine Gebote halten,<br />

auf daß sie Macht haben an dein<br />

Holz des Lebens und zu den Toren<br />

eingehen in <strong>die</strong> Stad t.<br />

?d. Ich Icsus habe gesandt Meinen<br />

Engel, solches euch zu bezeugen an <strong>die</strong><br />

Sonnabend nach dem 1. Advent<br />

<strong>Gemeinde</strong>n. Ich bin <strong>die</strong> W urzel des Geschlechts<br />

D avids, der helle Morgenstern.<br />

-7- Und der Geist und <strong>die</strong> Braut sprechen:<br />

Lom m ! Und wen dürstet, der<br />

komme; und wer da w ill, der nehme<br />

das Wasser des Lebens umsonst,<br />

ro. L s spricht, der solches bezeugt: Ia ,<br />

ich komme bald. Amen, ja komm, Herr<br />

Icsu!<br />

r i. Die Gnade unseres Herrn Iesu<br />

Christi sei mit euch allen! Amen.<br />

Offbg. rr, ,4 . ,d—,7. ro—r;


l. Mache im Advent r><br />

Christus ist nicht nur in vergangenen Tagen auf <strong>die</strong> Erde gekommen<br />

und kommt nicht nur heute zu uns, sondern L r wird auch dereinst kommen,<br />

um <strong>die</strong> W elt zu richten. Er ist der H err der Geschichte. Die<br />

Geschichte der Volker wie auch Leben und Schicksal des einzelnen Menschen<br />

sind in Seiner Hand. E r ist das A und das O, der Anfang und<br />

das Ende. Nicht Menschen, sondern E r allein wird das letzte W ort<br />

haben und das estdgültigtz unwiderrufliche Urteil sprechen. Da predigt<br />

<strong>die</strong> Lirche <strong>die</strong> ernste Mahnung, jederzeit zur Verantwortung bereit zu<br />

sein. Die Wiederkunft Christi ist aber auch eine tröstende Botschaft.<br />

Der kommende Herr ist der Morgenstern, der den neuen Tag bringt.<br />

Darum soll Seine <strong>Gemeinde</strong> nicht müde werden, sehnsüchtig zu bitten:<br />

Lomm, Herr Iesu l<br />

Die andere Lesung: Matthäus rs, 37—Sg.


2L<br />

r. Woche im Advent<br />

Zweite Woche im Advent<br />

Die 8eier des Advent weist uns nicht nur zurück, sondern zugleich nach<br />

vorwärts auf Jesu W ied erk u n ft am Ende der T age. Darauf<br />

lenkt der zweite Sonntag im Advent unsern Blick. I n der Lirche hat<br />

Gottes Reich durch den Heiligen Geist zwar schon jetzt seinen Anfang<br />

genommen, aber noch treiben <strong>die</strong> dunklen Gewalten des Bösen ihr Unwesen<br />

auf <strong>die</strong>ser W elt. Deshalb steht <strong>die</strong> Lirche im w arten auf den<br />

Endsieg Christi. Denn das endgültige Äommen des Reiches Gottes ist<br />

nicht in ihrer, sondern in Gottes Hand. Noch ist Christus ein „Zeichen,<br />

dem widersprochen wird", noch „verzieht" Er, läßt auf Sich warten.<br />

Seme LNacht rst vor den Augen der W elt verborgen. Aber dereinst<br />

wird E r Sem Richter- und Retteramt zum siegreichen Ende führen.<br />

Dann wird Ihm niemand mehr ausweichen und entrinnen können.<br />

L r wird wiederkommen, zu richten <strong>die</strong> Lebendigen und <strong>die</strong> Toten.<br />

— w a n n wird das sein? — <strong>Das</strong> wissen w ir nicht und brauchen es<br />

nicht zu wessen. G ott hat Zeit und Stunde des Endes Seiner Machtentscheidung<br />

vorbehalten. Der Glaube hat daran genug, daß er weiß:<br />

Die Erlösung ist verheißen und zugesagt. Christus wird kommen!<br />

Seine Stunde rückt näher und näher, w e r das glaubt, dessen Auge<br />

schaut tief hinein in das erhabene Geheimnis der göttlichen w eltrcglcrung.<br />

Darum läßt er sich nicht übermannen durch <strong>die</strong> Sorgen<br />

und Note <strong>die</strong>ser W elt. Mögen sie ihn auch drücken und plagen, sie<br />

machen ,hn nicht irre an Gott. Denn E r hat verheißen: „Siehe, Ich<br />

mache alles neu" (Offbg. 2), s).<br />

Zweiter Sonntag im Advent<br />

Erhebet eure Häupter, darum, daß sich eure Erlösung naht.<br />

D a s Evangelium<br />

Lukas rz, rr<br />

rs. Und es werden Zeichen geschehen<br />

an Sonne und Mond und Sternen -<br />

und auf Erden wird den Leuten bange<br />

sein, und sie werden zagen; und das<br />

Meer und <strong>die</strong> Wasserwogen werden<br />

brausen;<br />

rd. und <strong>die</strong> Menschen werden verschmachten<br />

vor Furcht und vor w a r­<br />

ten der Dinge, <strong>die</strong> kommen sollen auf<br />

Erden; denn auch der Himmel Lräfte<br />

werden sich bewegen.<br />

27. Und alsdann werden sie sehen des<br />

Menschen Sohn kommen i» der Wolke<br />

mit großer Lraft und Herrlichkeit.


. Sonntag im Advent r»<br />

rr. wenn aber <strong>die</strong>ses anfängt zu geschehen,<br />

so sehet auf und erhebet eure<br />

Häupter, darum daß sich eure Erlösung<br />

naht.<br />

rg. Und Er sagt« ihnen «in Gleichnis:<br />

Sehet an den Feigenbaum und alle<br />

Bäume:<br />

so. wenn sie jetzt ausschlagen, so sehet<br />

ihrs an ihnen und merket, daß jetzt<br />

d«r Sommer nahe ist.<br />

si. Also auch ihr, w«nn ihr <strong>die</strong>s alles<br />

sehet angehen, so wisset, daß das Reich<br />

Gottes nahe ist.<br />

sr. Wahrlich Ich sage euch: Dies Geschlecht<br />

wird nicht vergehen, bis daß<br />

es alles geschehe.<br />

ss. Himmel und Erde werden vergehen;<br />

aber Meine Worte vergehen<br />

nicht.<br />

S4. Hütet euch aber, daß eure Herzen<br />

nicht beschwert werden mit Fressen<br />

und Saufen und mit Sorgen der<br />

Nahrung und komme <strong>die</strong>ser Tag schnell<br />

über euch;<br />

ss. denn wie ein Fallstrick wird er<br />

kommen über all«, <strong>die</strong> auf Erden wohnen.<br />

sb. S o seid nun wach allezeit und betet,<br />

daß ihr würdig werden möget, zu<br />

entfliehen <strong>die</strong>sem allen, das geschehen<br />

soll, und zu stehen vor des Menschen<br />

Sohn.<br />

Luk. ri, rs—sö<br />

viele, <strong>die</strong> <strong>die</strong>sen Text hören, fragen: Ist denn <strong>die</strong> W elt nicht von<br />

Ewigkeit her und wird sie nicht in alle Ewigkeit sein? Und andere<br />

antworten: Die Lhristen haben schon oft das Ende der W elt erwartet,<br />

und doch sind w cltlauf und Geschichte der Menschen weitergegangen,<br />

w em es um wissen und Erkennen zu tun ist, wird gut tun, hierüber<br />

gar keine Entscheidung zu treffen. Denn w ir können über Anfang und<br />

Ende der W elt nichts w issen. Dazu ist unsere Vernunft selbst zu<br />

sehr an <strong>die</strong> Zeitmaße unserer irdischen W elt gebunden, w a s <strong>für</strong> eine<br />

Unendlichkeit sind <strong>für</strong> uns tausend Iahre! Aber vor Gott sind sie wie<br />

ein Tag oder wie eine Nachtwache.<br />

Unser Text redet aber auch nicht von einer 8rage des Wissens, sondern<br />

von einer Botschaft des Glaubens. Diese Botschaft lautet: Es<br />

wird nicht in alle Ewigkeit so bleiben, wie es jetzt auf <strong>die</strong>ser W elt<br />

in der Regel zugeht, daß das Böse mächtiger ist als das Gute, <strong>die</strong><br />

Lüge wirksamer als <strong>die</strong> Wahrheit. Nicht in alle Ewigkeit soll es Armut<br />

und Elend, Rrankheit und Tod, Rummer und Tränen des Leides<br />

geben, sondern einmal wird Christus wiederkommen und alle dem ein<br />

Ende machen. Dann wird Er einen neuen Himmel und eine neue Erde<br />

schaffen. „G ott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen. Und<br />

der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmer;<br />

wird mehr sein. Denn das Erste (<strong>die</strong> alte Welt) ist vergangen",<br />

w a n n wird das geschehen? Unser Textwort spricht von Zeichen, <strong>die</strong><br />

an den Gestirnen auftreten, von Störungen der natürlichen Ordnung<br />

aller Dinge auf der Erde und im Meer, vor allem von einer furcht-


L4<br />

r. Woche im Advent<br />

btticn Angst, <strong>die</strong> alle Menschen ersaßt. „Die Menschen werden verschmachten<br />

vor Furcht und vor w arten der Dinge, <strong>die</strong> da kommen<br />

sollen". Diese Angst ist das Hauptkennzeichen der Endzeit.<br />

Iesus hat <strong>die</strong>s Seinen Jüngern und durch sie uns vorausgesagt, damit<br />

w ir nicht erschrecken sollen, „w enn aber <strong>die</strong>s anfängt zu geschehen,<br />

so seht auf und erhebt eure Häupter, darum daß sich eure Er«<br />

losung naht". Denn Gottes Reich ist dann nahe.<br />

Die erste Christenheit hat mit dem baldigen Eintreten <strong>die</strong>ses Endes<br />

und der Wiederkunft Christi gerechnet. „Dieses Geschlecht (d. i. das<br />

Geschlecht der Zeitgenossen Jesu) — so meinte man — werde nicht<br />

vergehen, bis daß das alles geschehe". Darin hat man sich damals<br />

getäuscht, und auch später haben sich <strong>die</strong> Christen oft getäuscht, wenn<br />

sie meinten, nun sei das Ende der lVclt ganz gewiß vor der Tür,<br />

Aber sollen wir deshalb den Glauben an Christi Wiederkunft aufgeben?<br />

<strong>Das</strong> können w ir nicht. Dann müßten wir auch aufhören zu<br />

glauben, daß E r der Herr der W elt ist, der von Sich sagt: „Himmel<br />

und Erde werden vergehen, aber Meine W orte werden nicht vergehen".<br />

Dann müßten wir glauben, daß <strong>die</strong>se W elt mit all ihrer Ungerechtigkeit<br />

kein Ende hat, daß Sünde und Tod ewig sind.<br />

Dürfen wir aber n u r an <strong>die</strong> letzte Ankunft Christi denken, wenn wir<br />

<strong>die</strong>sen Text lesen, und nicht auch an jenes Rommcn im Geist, das sich<br />

m der Geschichte der Äirche von Zeit zu Zeit wiederholt, wenn sie<br />

durch Gottes Gnade erneuert wird? Alle Reformationszcitcn der<br />

Äirche sind Zeiten gewesen, in denen <strong>die</strong> W elt etwas vom Ende aller<br />

Dinge fühlte. Mag sich an den Ordnungen des Naturgeschehcns wenig<br />

oder nichts ändern, so sind doch dann <strong>die</strong> Ordnungen des menschlichen<br />

Lebens im Wanken. <strong>Das</strong> genügt durchaus, daß „<strong>die</strong> Menschen verschmachten<br />

vor 8urcht und warten der Dinge, <strong>die</strong> da kommen sollen".<br />

Da sollen es <strong>die</strong> Christen wissen, daß der Herr gerade dann durch<br />

Semen Heiligen Geist zu ihnen kommen und Seine <strong>Gemeinde</strong> erneuern<br />

will. Darum sollen w ir uns nicht anstecken lassen von der allgemeinen<br />

Angst, sondern fest und gewiß glauben: „W enn <strong>die</strong>s anfängt<br />

zu geschehen, so seht aus und erhebt eure Häupter, darum, daß<br />

sich eure Erlösung naht«.<br />

w e h ' dem, der in solchen Zeiten sagt: „Es ist ja alles gleich! Laßt<br />

uns essen und trinken. Denn morgen sind w ir tot". Dadurch entgeht<br />

niemand dem Gericht und wird auch seine Angst nicht los. W er an<br />

Christus glaubt, bleibt wachen Sinnes und tut das, was er jetzt allein


. Sonntag im Advent rr<br />

noch tun kann: E r betet, nicht nur <strong>für</strong> sich und nicht nur <strong>für</strong> <strong>die</strong> Lirche,<br />

sondern auch <strong>für</strong> <strong>die</strong> W elt und <strong>für</strong> alle, <strong>die</strong> davon leben, daß ihre (Ordnung<br />

gewahrt wird. „Denn Gott hat Seinen Sohn nicht gesandt in<br />

<strong>die</strong> W elt, daß E r <strong>die</strong> W elt richte, sondern daß sie durch Ih n errettet<br />

werde". S o freut sich auch <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> Iesu Christi, wenn sie durch<br />

den Heiligen Gottes unter Leid und Not erneuert wird, nicht der Zerstörung<br />

und Auflösung aller weltlichen Ordnung, sondern sie betet,<br />

hofft und leidet <strong>für</strong> deren Erneuerung.<br />

>. w ir aber, <strong>die</strong> wir stark sind, sollen<br />

der Schwachen Gebrechlichkeit tragen<br />

und nicht Gefallen an uns selber haben,<br />

r. Ls stelle sich ein jeglicher unter uns<br />

also, daß er seinem Nächsten gefalle<br />

zum Guten, zur Besserung.<br />

8. Denn auch Christus hatte nicht an<br />

Sich Selber Gefallen, sondern wie geschrieben<br />

steht: „Die Schmähungen derer,<br />

<strong>die</strong> dich schmähen, sind auf mich<br />

gefallen".<br />

4. w a s aber zuvor geschrieben ist,<br />

das ist uns zur Lehre geschrieben, aus<br />

daß wir durch Geduld und Trost der<br />

Schrift Hoffnung haben.<br />

5. Der Gott aber der Geduld und des<br />

Trostes gebe euch, daß ihr einerlei gesinnt<br />

seid untereinander nach Jesu<br />

Christo,<br />

b. auf daß ihr einmütig mit einem<br />

Munde lobet Gott und den Vater unseres<br />

Herrn Jesu Christi.<br />

7. Darum nehmet euch untereinander<br />

auf, gleichwie euch Christus hat aufgenommen<br />

zu Gottes Lobe.<br />

D ie Epistel<br />

z. Ich sage aber, daß Iesus Christus<br />

sei ein Diener gewesen der Iuden um<br />

der Wahrhaftigkeit willen Gottes, zu<br />

bestätigen <strong>die</strong> Verheißungen, den Vätern<br />

geschehen;<br />

g. daß <strong>die</strong> Heiden aber Gott loben um<br />

der Barmherzigkeit willen, wie geschrieben<br />

steht: „Darum wi.l ich Dich<br />

loben unter den Heiden und Deinem<br />

Namen singen".<br />

10. Und abermals spricht er: „8r«uet<br />

euch, ihr Heiden, mit Seinem Volk!"<br />

11. Und abermals: „Lobet den Herrn,<br />

alle Heiden, und preiset Ihn, alle<br />

Völker!"<br />

zr. Und abermals spricht Iesaja: „Ls<br />

wird stin <strong>die</strong> Wurzel Iesses, und der<br />

auferstehen wird, zu herrschen über<br />

<strong>die</strong> Heiden; auf den werden <strong>die</strong> Heiden<br />

hoffen".<br />

)3. Der Gott aber der Hoffnung erfülle<br />

euch mit aller Freude und 8ricden<br />

im Glauben, daß ihr völlige Hoffnung<br />

habet durch <strong>die</strong> Lraft des Heiligen<br />

Geistes. Röm.- 5, f— -3<br />

W oran ist es zu sehen, daß wir als wache Iünger Christi der W iederkunft<br />

Christi entgegen gehen) E s wird offenbar an drei Lcnnzeichen.<br />

<strong>Das</strong> erste ist <strong>die</strong> Liebe, <strong>die</strong> wir zu unseren schwachen Brüdcrn<br />

haben, das zweite <strong>die</strong> L r a f t, mit der w ir uns selbst zu vergessen und<br />

dem anderen zu helfen imstande sind, das dritte <strong>die</strong> E in ig k eit, <strong>die</strong> wir<br />

im Glauben an Christels miteinander haben. Vor den Augen des ewi­


d<br />

r. Woche im Advent<br />

gen Richters gilt kein Ansehen der Person. Da gilt nur das, was wir<br />

aus der Lraft des Heiligen Geistes und -er Liebe Christi an unseren<br />

Mitmenschen und zum Aufbau der christlichen <strong>Gemeinde</strong> getan haben.<br />

Der Apostel stellt uns dabei Christus Selbst vor Augen, vor dessen<br />

Hoheit und Liebe alle von Menschen aufgerichteten Schranken niedrig<br />

werden und mehr und mehr hinfallen, bis sie dereinst beseitigt werden.<br />

Allein <strong>die</strong> christliche Liebe wird nicht vergehen, wenn der jüngste Tag<br />

kommt.<br />

D a s Lied der Woche<br />

Nun komm, der Heiden Heiland<br />

Line lateinische Weihnachtshymne des Lirchenvaters Ambrosius aus<br />

dem 5. Iahrhundert. Der berühmte Gesang wurde mehrfach ins<br />

Deutsche übersetzt, schon vor Luther, dann von Zeitgenossen Luthers<br />

und nach Luther. I n der Fassung Luthers ist es das Lied gläubiger,<br />

keuscher Anbetung des Wunders, das sich mit der Flcischwerdung G ottes<br />

in der heiligen Geburt vollzog.<br />

Ein anderes Adventslied ist<br />

w ie soll ich Dich empfangen<br />

Dies Adventslied kommt aus dem glaubensstarken Herzen Paul Gerhardts.<br />

Aus dem Liede spricht eine innige Liebe zum Heiland, <strong>die</strong> der<br />

Herr Selber entzündet hat. Aus ihm spricht zugleich ein Glaube, der gehorsam<br />

ist, weil Christus Sich ihm schon oft als Helfer erwiesen hat.<br />

I n den ersten fünf Versen legt der Dichter ein dankbares Zeugnis vor<br />

aller W elt ab: Christus ist sein Herr und Lönig (; und r), der ihn<br />

mannigfach getröstet (s), sein Heiland, der ihn gerecht gesprochen hat (4).<br />

L r tat alles aus lauter Liebe, ohne all unser Ver<strong>die</strong>nst (6). Darum<br />

bleibt der Glaube treu und gehorsam, auch wenn sich -er Herr verbirgt<br />

oder als Richter naht. Deswegen <strong>die</strong> Mahnung, nun nicht wieder in<br />

verzagten Lleinglauben zu fallen (tz), nicht törichten Gedanken nachzuhängen,<br />

als könne man sich mit eigener Lraft erlösen (7), nicht zu verzweifeln,<br />

sei es bei noch so großer eigener Schuld (r), nicht zu weichen<br />

vor dem S pott und der Gewalt der Feinde Christi (g). M it einem<br />

klaren Bekenntnis zu Christus als dem Richter und Retter und einem<br />

innigen Gebet schließt das Lied.<br />

Immer wieder erklingt das W ort vom Lommen des Herrn in seinem<br />

dreifachen S in n : wie Christus d am als kam, wie L r heute kommt,


Reich Gottes 17<br />

wie E r einst kommen wird, zu richten <strong>die</strong> Lebendigen und <strong>die</strong> Toten.<br />

Schon in Vers 4 heißt es: Du kommst und machst mich los. I n Vers<br />

7— ;o ist das W ort von dem Lommen des Herrn zu Beginn der zweiten<br />

Vershälfte kehrreimartig verwendet.<br />

w e il das Lied auf <strong>die</strong> ewige Herrlichkeit hinweist, wird es vielfach auf<br />

<strong>die</strong> Sterbe- und Auferstchungsmelo<strong>die</strong> gesungen: „valet will ich dir<br />

geben". Den Worten nicht minder angemessen ist <strong>die</strong> eigene weise, <strong>die</strong><br />

ihm Iohann Lrüger gegeben hat, der Lantor an Paul Gerhardts<br />

Lirche.<br />

D a s Gebet der Woche<br />

Herr Gott, der D u uns mit dem jährlichen Gedächtnis unsrer E r­<br />

lösung erfreuest, gib, daß wir D einen cingebornen S oh n , den wir<br />

nun fröhlich als einen Erlöser empfangen, auch bei S ein er Ankunft<br />

zum Gericht in sicherem Frieden schauen mögen, unsern Herrn<br />

Christum, der mit D ir und dem Heiligen Geiste lebet und regieret<br />

in Ewigkeit. Amen.<br />

-4-<br />

Reich Gottes<br />

Am Eingang des Neuen Testamentes erschallt laut und unüberhörbar <strong>die</strong><br />

Botschaft:<br />

Die Zeit ist erfüllt,<br />

und das Reich Gottes ist herbei gekommen.<br />

Tut Buße und glaubt an das Evangelium!<br />

Markus ;,<br />

Mit <strong>die</strong>ser Botschaft kündigt Iohanncs der Täufer das Lommcn des von Gott<br />

versprochenen weltheilandcs an. Mit der gleichen Runde tritt Er selbst, Jesus<br />

Christus, auf. Seine predigt ist im eigentlichen und umfassenden Sinne predigt<br />

vom „Reiche Gottes" (Mark. ), -4).<br />

<strong>Das</strong> Neue Testament benutzt <strong>für</strong> <strong>die</strong>selbe Wirklichkeit zwei verwandte Bezeichnungen.<br />

Einmal, und zwar vorwiegend, redet es vom „Reiche G ottes";<br />

zum andern vom „Himmelreich". Beide meinen aber dasselbe, da in der<br />

späteren Sprachentwicklung „Himmel" als Umschreibung <strong>für</strong> „Gott" bzw. <strong>für</strong><br />

den unausgesprochenen Namen Gottes gebraucht wurde. Am besten gibt man<br />

das im Urtext vorliegende Wort wieder mit „Himmelsherrschaft" oder<br />

„Lönigsherrschaft Gottes".<br />

I. „Lönigsherrschaft Gottes" bezeichnet <strong>die</strong> Herrschertätigkeit Gottes. „Gottes<br />

Reich" ist keine ruhende Größe, sondern in Bewegung befindliche Macht.


r. Woche im Advent<br />

Darum findet sich im Alten Testament der Ausdruck „Reich" als Dingwort<br />

verhältnismäßig selten, w o seine Wirklichkeit bezeugt oder verheißen wird,<br />

wird in Tätigkeitswörtern von Gottes gegenwärtigem oder zukünftigem<br />

Handeln geredet: „Der Herr kommt gewaltig, und Sein Arm wird herrschen"<br />

(Ics. 4H ?o). Nirgends tritt <strong>die</strong>ser Tatbestand deutlicher zutage, als in den<br />

zahlreichen Gleichnissen, <strong>die</strong> das Lcrnftück der Verkündigung Jesu bilden. In<br />

ihnen allen geschieht etwas: Der Dauer bestellt das Held, <strong>die</strong> Saat wächst<br />

oder verdirbt, das Senfkorn entfaltet sich, der Laufmann geht seinem Geschäft<br />

nach, <strong>die</strong> Äscher lesen ihren Hang aus (Mattb. -3). Oder: Der Hirt sucht<br />

nach dem verlorenen Schaf, <strong>die</strong> Hrau nach dem Groschen, der Vater bereitet<br />

dem mißratenen Sohn eine» merkwürdig herzlichen Empfang (Luk. zs). Der<br />

Weinbauer mietet Arbeiter und entlohnt sie (Match, ro, , ff.), er zieht seine<br />

Lnechte über den Mord seines Sohnes zur Rechenschaft (Match, ri, 3Sff.).<br />

Der Lönig hält <strong>die</strong> Abrechnung mit seinen Lncchten (Match. r;ff.), er<br />

rüstet seinem Sohn <strong>die</strong> Hochzeit zu und lädt <strong>die</strong> Gäste (Match, rr, f ff.). Der<br />

Bräutigam trifft ein (Match, rs, 1ff.). Nie wird <strong>die</strong> Herrschaft Gottes mit<br />

einem toten Gegenstand verglichen. Stets wird eine Geschichte, ein bewegtes<br />

Schicksal berichtet. So wie <strong>die</strong>se Menschen handeln, handelt Gott. w ie in<br />

<strong>die</strong>sen Geschichten etwas „passiert", so ähnlich geht es dort zu, wo Gottes<br />

Herrschaft anbricht. Gott handelt königlich.<br />

r. Die „Lönigsherrschaft Gottes" ist ausschließlich Gottes Angelegenheit. Der<br />

Anteil des Menschen an Gottes Herrschaft besteht darin, daß er unter Gottes<br />

Handeln gerät und so sich unter Seine Befehle und Seine Fürsorge gestellt<br />

sieht. Darum stiftet das „Reich Gottes" wohl Gemeinschaft: <strong>die</strong> Lirchc.<br />

Aber es selbst ist von Haus aus keine solche. Ls ist weder ein örtlicher Bereich,<br />

ein Bezirk, noch eine Art Staatswesen, das <strong>die</strong> Gemeinschaft seiner<br />

Bürger ausmacht. Ls besteht allein in Gottes königlichem willen. Gottes<br />

Reich kann nicht von Menschen gebaut werden. Gott selbst läßt es anbrechen.<br />

Menschen können seiner warten, es im Glauben hinnehmen, sich von<br />

ihm «fassen lassen. Die Lirche wird auferbaut — Gottes Herrschaft kommt!<br />

3. Gottes Herrschaft trifft den Menschen dadurch, daß Jesus Christus ihm<br />

<strong>die</strong> Sünden vergibt (Match. ,z, rzff.; Ioh. rz, ,sff.) und ihm damit<br />

<strong>die</strong> neue Lebendigkeit schenkt. „Denn wo Vergebung der Sünden ist, da<br />

ist auch Leben und Seligkeit". <strong>Das</strong> Markus-Lvangclium sagt: „In das Leben<br />

eingehen" (Mark. g, 47). Dadurch, daß Jesus <strong>die</strong> Sünden vergibt, erweist Lr<br />

Seine göttliche Vollmacht: Lr tut, was nur Gott kann (Mark. r, zr).<br />

In Seiner Verkündigung gewinnt Gottes Herrschaft Gewalt. Sie ist keine<br />

Idee, keine Lehre im Sinne eines Systems, keine fromme Weltanschauung,<br />

sondern: wirkliches Geschehen, das sich, gleich anderen Geschehnisse», innerhalb<br />

der öffentlichen Welt ereignet, w ie in der alt«, Welt der Regierungsantritt<br />

eines Herrschers durch Herolde ausgerufen wurde, so wird Gottes<br />

Herrschaft durch den Heroldsruf der Apostel und Evangelisten proklamiert.


Reich Gottes<br />

rg<br />

Iesus Christus gab ihnen selbst dazu <strong>die</strong> Vollmacht, <strong>die</strong> Lr von Gott empfing<br />

(Match, rr, >§ ff.; Joh. 20, 2)—23). Darum tritt mit ihrer Verkündigung<br />

Gottes Herrschaft in Lraft. Im Zeugnis ihrer Boten bricht sie an.<br />

4. Gottes Herrschaft ist in <strong>die</strong>ser Welt gegenwärtig — nämlich überall<br />

dort, wo Iesus Christus gegenwärtig ist. In Seinen wunderbaren Machterweisen<br />

setzt sie sich durch. Besonders in den Dämonenaustreibungen feiert<br />

sie ihre Siege. In ihnen „stürzt" Gott den Teufel (Match. ,2, r§). Jesus stößt<br />

den Satan als den Urempörer gegen Gott aus seiner angemaßte» Herrlichkeit;<br />

Gott ergreift durch Ihn das Regiment (Luk. 10, ch). Gottes Herrschaft ist<br />

„mitten unter" den Pharisäern (Luther übersetzte mißverständlich: „inwendig<br />

in euch") — in Jesu Person (Luk. - 7, 2;)! Darum konnte <strong>die</strong> alte Rirche Jesus<br />

das „Reich Gottes in Person" (Auto-Basilcia) nennen. Denn in Ihm tritt<br />

Gott auf den Plan, um zu herrschen, vgl. hier besonders <strong>die</strong> Berichte über<br />

den messianischen Einzug in Jerusalem: Luk. )g, 3r („Lönig") mit Mark. 11, g<br />

(der „Lammende" ist Ti:cl <strong>für</strong> Christus) und Vers zo (das „Reich"!).<br />

5. Dennoch „hört Gottes Herrschaft nicht auf, zukünftig zu sein"! In „<strong>die</strong>ser<br />

weltzcit", mit der sie im Lampfe liegt, ist sie noch nicht am Ziel. So wahr<br />

Gottes endgültige Offenbarung noch aussteht, so wahr Christus wiederkommen<br />

wird, wird Gottes Herrschaft in Majestät erst am Ende der Tage in volle<br />

Erscheinung treten. Dann kommt sie „in Lraft" (Mark. g, l). llbcrall, wo<br />

<strong>die</strong> Schrift von der Zukunft Christi, vom jüngsten Gericht und von der neuen<br />

Welt redet, ist vom endgültigen Lommcn der Lönigsherrschaft <strong>die</strong> Rede.<br />

Dann wird Gott „alles in allen" sein (j. Lor. ;s, 2S).<br />

Die Christenheit ist damit in <strong>die</strong> Spannung zwischen dem „Schon" (vgl.<br />

oben 4) und dem „Noch" (vgl. oben S) hineingestellt. Zwischen den Offenbarungszciten<br />

Gott«, stehend richtet sie ihren Auftrag aus: Gottes „Reich" zu<br />

verkündigen, das in der Niedrigkeit Christi verhüllt „mitten unter uns" trat<br />

(Luk. ?7, 2z), überall da „ist", wo Sein Name angerufen wird (Match, ir, 20),<br />

und das in Majestät hereinbrechen wird Zu der Zeit und Stunde, „welche der<br />

Vater Seiner Macht vorbehalten hat" (Ap. Gcsch. j, 7). Indessen benutzt Gott<br />

<strong>die</strong> predigt Seiner Lirche, „in, mit und unter" dem Wort und den Sakramenten<br />

Sein Regiment auszuüben. Lirchenzeit ist Zwischenzeit: in ihr betet<br />

<strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> mit Martin Luther: „Ls komm Dein Reich zu <strong>die</strong>ser Zeit uns<br />

dort hernach in Ewigkeit!" Oder mit Jesu eigenen Worten:<br />

Dein Reich komme!<br />

Matthäus ö, )o.


so<br />

?. Dem Engel der <strong>Gemeinde</strong> zu Lphcsus<br />

schreibe: <strong>Das</strong> sagt, der da hält <strong>die</strong><br />

sieben Sterne in Seiner Rechten, der<br />

da wandelt mitten unter den sieben<br />

goldenen Leuchtern:<br />

r. Ich weiß deine Werke und deine<br />

Arbeit und dein« Geduld, und daß du<br />

<strong>die</strong> Bösen nicht tragen kannst und hast<br />

versucht <strong>die</strong>, so da sagen, sie seien Apostel,<br />

und sinds nicht, und hast sie als<br />

Lügner erfunden;<br />

s. und verträgst und hast Geduld, und<br />

um Meines Namens willen arbeitest<br />

du und bist nicht müde geworden.<br />

4- Aber Ich habe wider dich, daß du<br />

<strong>die</strong> erste Liebe verlässest.<br />

M ontag nach dem r. Advent<br />

r. Woche tm Advent<br />

s. Gedenke, wovon du gefallen bist,<br />

und tue Buße und tue <strong>die</strong> ersten Werke.<br />

w o aber nicht, werde Ich dir bald<br />

kommen und deinen Leuchter wegstoßen<br />

von seiner Stätte, wo du nicht<br />

Buße tust.<br />

b. Aber das hast du, daß du <strong>die</strong> Werke<br />

der Nikolaiten hassest, welche Ich auch<br />

hasse.<br />

7. w er Ohren hat, der höre, was der<br />

Geist den <strong>Gemeinde</strong>n sagt: w er überwindet,<br />

dem will Ich zu essen geben<br />

von dem Holz des Lebens, das im<br />

Para<strong>die</strong>s Gottes ist.<br />

Offbg. r, ,—7<br />

Vor dem wiederkommenden Christus wird auch das innere Leben der<br />

<strong>Gemeinde</strong> offenbar. Ls gibt <strong>Gemeinde</strong>n, <strong>die</strong> ein reges christliches Leben<br />

haben: L s wird dort recht gepredigt, es gibt dort blühende Liebeswerke<br />

und christliche Gemeinschaftsarbeiten, auch wird <strong>die</strong> Irrlehre standhaft<br />

abgewehrt und zugleich geduldig um <strong>die</strong> Irrenden geworben — und<br />

doch ich auch solche <strong>Gemeinde</strong> gefragt, ob sie gehört hat, was der Herr<br />

Christus der <strong>Gemeinde</strong> zu Lphesus sagt: Sie hat <strong>die</strong> erste Liebe nicht<br />

mehr und hat nicht <strong>die</strong> ersten Werke. Die erste Liebe: Da freut man<br />

sich nicht der geleisteten Werke und rühmt man nicht <strong>die</strong> Nützlichkeit<br />

der Lirchc — sondern da freut man sich der Gegenwart Christi, und<br />

aus <strong>die</strong>ser 8reude kommen <strong>die</strong> ersten Werke: <strong>die</strong> ungefärbte Bruderliebe,<br />

<strong>die</strong> Hingabe an den Nächsten. Lebendige <strong>Gemeinde</strong> Christi sollen<br />

wir sein — das ist etwas anderes und ist mehr als ein korrektes und<br />

gut arbeitendes Gcmeindewcsen.<br />

Die andere Lesung: Lukas ;r, ss—40.<br />

g. Darum ist das Recht fern von uns,<br />

und wir erlangen <strong>die</strong> Gerechtigkeit<br />

nicht, w ir harren aufs Licht, siehe,<br />

so wird's finster, — auf den Schein,<br />

siehe, so wandeln wir im Dunkeln.<br />

;o. w ir tappen nach der wand wie<br />

<strong>die</strong> Blinden und tappen, wie <strong>die</strong> keine<br />

D ienstag nach dem 2. Advent<br />

Augen haben, w ir stoßen uns im<br />

Mittage wie in der Dämmerung; wir<br />

sind im Düstern wie <strong>die</strong> Toten.<br />

I l . w ir brummen alle wie <strong>die</strong> Bären<br />

und ächzen wie <strong>die</strong> Tauben; denn wir<br />

harren aufs Recht, so ift's nicht da, —<br />

aufs Heil, so ist's ferne von uns.


. Woche im Advent »1<br />

;r. Denn unsrer Übertretungen vor<br />

Dir sind zu viel, und unsre Sünden<br />

antworten wider uns. Denn unsre<br />

Übertretungen sind bei uns, und wir<br />

fühlen unsre Sünden:<br />

zs. mit Übertreten und Lügen wider<br />

den Herrn und Zurückkehren von unserm<br />

Gott und mit Reden zum Frevel<br />

und Ungehorsam, mit Trachten und<br />

Dichten falscher Worte aus dem Herzen.<br />

14. Und das Recht ist zurückgewichen<br />

und Gerechtigkeit fern getreten; denn<br />

<strong>die</strong> Wahrheit fällt auf der Gasse, und<br />

Recht kann nicht einhergehen,<br />

15. und <strong>die</strong> Wahrheit ist dahin; und<br />

wer vom Bösen weicht, der muß<br />

jedermanns Raub sein. Solches sieht<br />

der Herr, und es gefällt Ihm übel,<br />

daß kein Recht ist.<br />

?b. Und Lr sieht, daß niemand da<br />

ist, und verwundert Sich, daß niemand<br />

ins Mittel tritt. Darum hilft<br />

Lr Sich Selbst mit Seinem Arm, und<br />

Seine Gerechtigkeit steht Ihm bei.<br />

Ies. sg, g -;b<br />

L s ist das Lied der Gefangenen und Gottes Antwort, was der P ro ­<br />

phet uns überliefert. Die Führungen des Volkes Gottes in der G e fa n ­<br />

genschaft in Babel und <strong>die</strong> wunderbare B e freiu n g durch Gott<br />

sind eine Hindeutung auf das, was <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> Gottes je und je erlebt.<br />

G ott verstößt <strong>die</strong> abgefallene und treulose <strong>Gemeinde</strong> in <strong>die</strong> Gefangenschaft.<br />

Auch <strong>die</strong> Rirche Christi ist oft genug in Bedrängnis und<br />

Gefangenschaft, so daß sie in Gefahr steht, ungeduldig und ungläubig<br />

zu werden. Dann soll sie G ott vorhalten, wie oft L r schon geholfen<br />

hat, und auf Seine Hilfe trauen. G o tt w ill helfen, aber wie einst,<br />

so prüft L r auch heute <strong>die</strong> Seinen, ob sie sich losmachen von der Furcht<br />

vor den Menschen, w e r sich auf G ott verläßt, <strong>für</strong>chtet sich nicht.<br />

Die andere Lesung: r. Petrus s—-f.<br />

4r. Der Herr aber sprach: w ie ein<br />

großes Ding ist's um einen treuen und<br />

klugen Haushaltcr, welchen der Herr<br />

setzt über sein Gesinde, daß er ihnen<br />

zu rechter Zeit ihre Gebühr gebe!<br />

4S. Selig ist der Lnccht, welchen sein<br />

Herr findet also tun, wenn er kommt.<br />

44. Wahrlich, ich sage euch: Lr wird<br />

ihn über alle seine Güter setzen.<br />

45. S o aber der Lnecht in seinem Herzen<br />

sagen wird: Mein Herr verzieht<br />

zu kommen, — und fängt an zu schlagen<br />

Lnechte und Mägde, auch zu essen<br />

und zu trinken und sich vollzusaufen:<br />

4b. so wird des Lnechtes Herr kommen<br />

an dem Tage, da er sich's nicht<br />

Mittwoch nach dem 2. Advent<br />

versieht, und zu der Stunde, <strong>die</strong> er<br />

nicht weiß, und wird ihn zerschcitern<br />

und wird ihm seinen Lohn geben mit<br />

den Ungläubigen.<br />

47. Der Rnecht aber, der seines Herrn<br />

willen weiß, und hat sich nicht bereitet,<br />

auch nicht nach seinem Willen<br />

getan, der wird viel Streiche leiden<br />

müssen.<br />

4z. Der es aber nicht weiß, hat aber<br />

getan, was der Streiche wert ist, wird<br />

wenig Streiche leiden. Denn welchem<br />

viel gegeben ist, bei dem wird man<br />

viel suchen; und welchem viel befohlen<br />

ist, von dem wird man viel fordern.<br />

Luk. rr, 42—4«


sr<br />

r. Woche im Advent<br />

Der Hcrr wird kommen zum Gericht. Aber wie, wenn E r verzieht und<br />

E r länger, als w ir es denken, ausbleibt) Iahrhunderte schon sind vergangen,<br />

und noch wartet Seine Äirchc auf den Tag, der <strong>für</strong> alle W elt<br />

<strong>die</strong> Entscheidung bringt. S o muß es sich zeigen, ob das w a r te n der<br />

From m en treu ist. <strong>Das</strong> lange w arten birgt <strong>die</strong> Gefahr in sich, zwar<br />

nicht bewußt, aber doch in der Praxis den kommenden Christus zu<br />

verleugnen und sich einzurichten, als gäbe es kein künftiges Gericht.<br />

Aber auch wenn wir es leichtfertig leugnen wollten, der Richter kommt<br />

doch. S o wird Treue verlangt im Ausharren und im täglichen Tunw<br />

i r haben auch keine Entschuldigung, denn von Reinem wird mehr<br />

verlangt, als er nach seinen Gaben leisten kann; Treue aber wird von<br />

jedem gefordert.<br />

Die andere Lesung: Offenbarung r, ;—5. 7. ,<br />

Donnerstag nach dem 2. Advent<br />

7. w ie lieblich sind auf den Bergen g. Laßt fröhlich sein und miteinander<br />

dre Fuße der Boten, <strong>die</strong> da Frieden rühmen das wüste zu Jerusalem<br />

verkündigen, Gutes predigen, H.i! vcr- denn der Herr hat Sein Volk getröstet<br />

kündigen, <strong>die</strong> da sagen zu Zion: Dein und Jerusalem gelöst.<br />

^ Bönig!<br />

10. Der Herr hat offenbart Seinen heis.<br />

Ocme Wächter rufen laut mit ligen Arm vor den Augen aller Heiihrer<br />

Stimme und rühmen mitein- den, daß aller Welt Enden sehen das<br />

ander; denn man wird's mit Augen Heil unsers Gottes. Jes. sr, 7—10<br />

sehen, wenn der Herr Zion bekehrt.<br />

Die Zurückführung des Volkes aus der Gefangenschaft ist eine Heilstat<br />

Gottes, durch <strong>die</strong> E r uns zeigt, daß E r nicht nur im Verborgenen das<br />

Gericht und <strong>die</strong> Hilfe vorbereitet, sondern frei und öffentlich Sich vor<br />

den Augen der W elt zu Seiner <strong>Gemeinde</strong> bekennt, so oft E r ihr eine<br />

H eilszeit schenken will. Mitten in den Gerichten, <strong>die</strong> über <strong>die</strong> Völker<br />

gehen, löst E r <strong>die</strong> Seinen aus aller Gebundenheit, durch <strong>die</strong> sie nicht<br />

hindurchbrcchcn konnten. Dann sieht staunend <strong>die</strong> W elt, daß Gott<br />

Röntg ist. w ie viel Gründe <strong>für</strong> <strong>die</strong> adventliche <strong>Gemeinde</strong>, sich zu<br />

freuen, wenn <strong>die</strong> Boten Gottes ihr Frieden verkündigen und den Trost<br />

Gottes sagen.<br />

Die andere Lesung: r. Thessalonicher r, ?3—-7; s, z—s.


2 . Woche im Advent ss<br />

20. Da Lr aber gefragt ward von den<br />

Pharisäern: Wann kommt das Reich<br />

Gottes? antwortete Lr ihnen und<br />

sprach: <strong>Das</strong> Reich Gottes kommt nicht<br />

mit äußerlichen Gebärden;<br />

rz. man wird auch nicht sagen: Siehe,<br />

hier! oder: da ist es! Denn sehet, das<br />

Reich Gottes ist inwendig in euch.<br />

22. Lr sprach aber zu den Jüngern:<br />

Ls wird <strong>die</strong> Zeit kommen, daß ihr<br />

werdet begehren zu sehen einen Tag<br />

des Mcnschcnsohns, und werdet ihn<br />

nicht sehen.<br />

rs. Und sie werden zu euch sagen:<br />

Siehe hier! siehe da! Gehet nicht hin<br />

und folget auch nicht.<br />

24. Denn wie der Blitz oben vom<br />

Himmel blitzt und leuchtet über alles,<br />

das unter dem Himmel ist, also wird<br />

des Menschen Sohn an Seinem Tage<br />

sein.<br />

Freitag nach dem 2. Advent<br />

2s. Zuvor aber muß Lr viel leiden<br />

und verworfen werden von <strong>die</strong>sem<br />

Geschlecht.<br />

2d. Und wie es geschah zu den Zeiten<br />

Noahs, so wird's auch geschehen in<br />

den Tagen des Mcnschensohns:<br />

27. sie aßen, sie tranken, sie freiten, sie<br />

ließen sich freien bis auf den Tag, da<br />

Noah in <strong>die</strong> Arche ging und <strong>die</strong> Sintflut<br />

kam und brachte sie alle um.<br />

22. Desgleichen wie es geschah zu den<br />

Zeiten Lots: sie aßen, sie tranken, sie<br />

kauften, sie verkauften, sie pflanzten,<br />

sie bauten;<br />

2g. an dem Tage aber, da Lot aus Sodom<br />

ging; da regnete es Feuer und<br />

Schwefel vom Himmel und brachte<br />

sie alle um.<br />

so. Auf <strong>die</strong>se weise wird's auch gehen<br />

an dem Tage, wenn des Menschen<br />

Sohn soll offenbart werden.<br />

Luk. -7, 20—30<br />

Alles w arten, wenn es echtes w arten voll Verlangen ist, ist schwer,<br />

w a n n wird der Tag Christi anbrechen? w enn wenigstens schon ein<br />

erster Anbruch der künftigen Herrlichkeit zu sehen wäre! Aber wie<br />

Christus bei Seinem ersten Lommen leiden mußte, so ist auch jetzt<br />

Seine Herrlichkeit verborgen. Die W elt geht ihren Gang, sie läßt sich<br />

nicht stören, so als wäre <strong>die</strong> Hoffnung der Christen eine fromme<br />

Selbsttäuschung. Iesus sagt dem einen, <strong>die</strong> wie <strong>die</strong> Pharisäer das<br />

kommende G ottesreich jetzt und sichtbar erleben möchten: S o<br />

kommt es nicht; es ist inwendig. S c h o n h e u te is te s d a . Iesus steht<br />

vor uns und will Sich uns schenken. Ls gilt, Seine gegenwärtige<br />

Gnade nicht zu verpassen. Den anderen, <strong>die</strong> in Gefahr sind, in ihrem<br />

w arten müde zu werden, sagt L r: es kommt plötzlich über <strong>die</strong> ahnungslose<br />

W elt. L s g ilt, bereit zu sein!<br />

Die andere Lesung: Sacharja 2, ö—g, -4—-7.<br />

Sonnabend nach dem r. Advent<br />

Zu derselben Zeit wirst du sagen: bist gewesen über mich und Dein Zorn<br />

Ich danke Dir, Herr, daß Du zornig sich gewendet hat und tröstet mich.<br />

r <strong>Das</strong> <strong>Kirchenbuch</strong>


24<br />

r. Woche im Advent<br />

r. Siehe, Gott ist mein Heil, ich bin<br />

sicher und <strong>für</strong>chte mich nicht; denn<br />

Gott der Herr ist meine Stärke und<br />

mein Psalm und ist mein Heil.<br />

3. Ihr werdet mit 8reuden Wasser<br />

schöpfe» aus den Hcilsbrunncn<br />

4- und werdet sagen zu derselben Zeit:<br />

Danket dem Herrn; prediget Seinen<br />

Namen; machet kund unter den Völkern<br />

Sein Tun; verkündiget, wie Sein<br />

Name so hoch ist.<br />

s. Lobsingct dem Herrn, denn Lr hat<br />

Sich herrlich bewiesen; solches sei kund<br />

in allen Landen.<br />

ö. Jauchze und rühme, du Einwohnerin<br />

zu Zion; denn der Heilige Israels<br />

ist groß bei dir.<br />

J« s-rr,,-S<br />

Muß der Ausblick auf das jüngste Gericht nicht alle Lebensfreude zunichte<br />

machen) Der Mensch, wie er von Natur ist, denkt freilich so;<br />

darum leugnet er, daß Gott zürnt. W er aber <strong>die</strong> Gnade Gottes erfahren<br />

hat, der kann G ott auch da<strong>für</strong> danken, daß L r zürnt. Denn ohne<br />

<strong>die</strong> G erichte G o tte s kämen wir selbst nicht zurecht noch würden <strong>die</strong><br />

Gott feindlichen Mächte in der W elt überwunden. Darum kann auch<br />

<strong>die</strong> adventlichc <strong>Gemeinde</strong> da<strong>für</strong> danken, daß der Herr, auf den sie w artet,<br />

ein Richter ist. L r wendet <strong>für</strong> <strong>die</strong> Seinen zuletzt alles Gericht in<br />

Heil. <strong>Das</strong> gilt freilich nur <strong>für</strong> <strong>die</strong>, denen unter dem Gericht und der<br />

Gnade ihr eigenes Leben klein und Gott groß geworden ist. w o Gott<br />

groß geworden ist, da hört das Danken nicht auf.<br />

Die andere Lesung: Offenbarung 3, ?4—rr.


3. Sonntag im Advent s«<br />

Dritte Woche im Advent<br />

Der dritte und vierte Sonntag im Advent sagen uns, wie wir uns<br />

bereiten sollen, den Herrn würdig zu empfangen. <strong>Das</strong> soll geschehen in<br />

der Buße und im Glauben. Beide Sonntage stellen uns im Evangelium<br />

<strong>die</strong> Gestalt Johannes des Täufers vor <strong>die</strong> Augen.<br />

Johannes ist zunächst der B u ß p red ig er. Sowohl seine W orte wie<br />

sein Geschick mahnen uns, zu bedenken, was den Nachfolger Lhristi<br />

unter Umständen erwartet. Buße verlangt von uns den rückhaltlosen<br />

M ut zur Wahrheit. Der wahrhaftige aber ist einsam in der Welt.<br />

Denn <strong>die</strong> W elt will betrogen sein. Sie haßt den, der aus der Wahrheit<br />

Gottes ist. Sie zerbricht seine Ehre, ächtet, ja, tötet ihn. <strong>Das</strong> war das<br />

Schicksal des Johannes.<br />

Johannes ist zugleich der V o rlä u fe r des Herrn. Sein Auftreten gibt<br />

<strong>die</strong> Gewißheit, daß das Heil wirklich kommt. Denn wenn erst der<br />

Herold und Vorläufer da ist, dann kommt auch der Rönig.<br />

Dritter Sonntag im Advent<br />

Bereitet dem Herrn den w e g , denn siehe, der Herr kommt gewaltig.<br />

r. Va aber Johannes im Gefängnis<br />

<strong>die</strong> Werke Lhristi hörte, sandte er seiner<br />

Jünger zwei<br />

3. und ließ Ihm sagen: Bist Du, der<br />

da kommen soll, oder sollen wir eines<br />

andern warten)<br />

4. Jesus antwortete und sprach zu<br />

ihnen: Gehet hin und saget Johannes<br />

wieder, was ihr sehet und höret:<br />

5. <strong>die</strong> Blinden sehen und <strong>die</strong> Lahmen<br />

gehen, <strong>die</strong> Aussätzigen werden rein<br />

und <strong>die</strong> Tauben hören, <strong>die</strong> Toten stehen<br />

auf und den Armen wird das<br />

Evangelium gepredigt;<br />

b. und selig ist, der sich nicht an mir<br />

ärgert.<br />

7. Da <strong>die</strong> hingingen, fing Jesus an,<br />

zu reden zu dem Volk von Johannes:<br />

D a s Evangelium<br />

Icsaja 4s, s. ;o<br />

w a s seid ihr hinausgegangen in <strong>die</strong><br />

wüste zu sehen) wolltet ihr ein Rohr<br />

sehen, das der Wind hin und her bewegt)<br />

r. Öder was seid ihr hinausgegangen<br />

zu sehen) wolltet ihr einen Menschen<br />

in weichen Rleidern sehen) Siehe, <strong>die</strong><br />

da weiche Llcidcr tragen, sind in der<br />

Röntge Häusern.<br />

g. Oder was seid ihr hinausgegangen<br />

zu sehen) wolltet ihr einen Propheten<br />

sehen) Ja, Ich sage euch, der auch<br />

mehr ist denn ein Prophet,<br />

zo. Denn <strong>die</strong>ser ist's, von dem geschrieben<br />

steht: „Siehe, Ich sende Meinen<br />

Engel vor Dir her, der Deinen<br />

w eg vor Dir bereiten soll."<br />

Match.


sv<br />

s. Möcht im Advent<br />

Zwei Arten von „Gläubigen" treten uns in <strong>die</strong>sem Evangelium entgegen.<br />

Der eine glaubt und hofft wirklich; das ist Johannes der Täufer.<br />

Die andern meinen auch, sie seien Gläubige und Hoffende, und sind<br />

doch nur Schaulustige, <strong>die</strong> begierig jeglichem Neuen nachlaufen. Beide<br />

mahnen zur Buße, doch jeder in anderer weise,<br />

w a s hat <strong>die</strong> Seele des Jo h a n n e s in der Einsamkeit des Gefängnisses<br />

bewegt? L r hört viel von Jesus, aber er vermag sich selbst kein<br />

Urteil zu bilden. Daher <strong>die</strong> Anfrage: Bist Du, der da kommen soll,<br />

oder sollen w ir auf einen andern warten? S o fra g t der Mensch,<br />

der m it ganzer S eele h o fft, w a s <strong>für</strong> eine Antwort wird ihm zuteil?<br />

Jesus sagt nicht: Ja, Ich bin es. E r gibt den Jüngern des J o ­<br />

hannes auch keine Gcheimbotschaft mit. L r antwortet öffentlich, jedoch<br />

so, daß es dem Fragenden nicht abgenommen wird, selbst den<br />

Schluß zu ziehen: „Geht hin und meldet, was ihr hört und seht*.<br />

Dann folgt der Hinweis auf Jesu Taten. Am Schluß fügt der Herr<br />

mahnend hinzu: „W ohl dem, der sich nicht an M ir ärgert",<br />

w i r sehen, was <strong>für</strong> Prüfungen Gott gerade denen auferlegt, <strong>die</strong> am<br />

inbrünstigsten auf Seine Hilfe hoffen, und <strong>die</strong> auch <strong>für</strong> ihren Glauben<br />

zu leiden bereit sind. E s ist zu allen Zeiten so gewesen, daß<br />

Lhristen lernen mußten, zu glauben, was sie nicht sahen. Deshalb bleiben<br />

Prüfungen des Glaubens nicht aus. w i r leben in <strong>die</strong>ser W elt wie<br />

Gefangene. Als solche müssen w ir lernen, auch da zu hoffen, wo es<br />

scheinbar keine Hoffnung gibt. Darum macht Jesus nickt viel Aufhebens<br />

davon, daß Johannes zu Unrecht im Gefängnis sitzt. E r klagt<br />

den Herodes nicht an. Nicht, als ob E r dessen Unrecht billigte! In<br />

Seinem Schweigen liegt ein viel härteres Urteil als in jeder lauten Anklage.<br />

Der Trost, den Iesus den Boten des Täufers mitgibt, ist auch<br />

nicht menschliche Entrüstung über sein Geschick. Denn <strong>die</strong>se tröstet<br />

nicht wirklich. E s ist der Hinweis auf Gottes W ort: E s geschieht,<br />

was geschrieben steht! „Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden<br />

rein, Taube hören, Tote stehen auf, den Armen wird Evangelium gepredigt."<br />

<strong>Das</strong> mag dir genügen. S o wird ein G lä u b ig e r in der Not<br />

seiner Verlassenheit getröstet. Hörst du's?<br />

Iesus hat es zu Seinen Lebzeiten immer vermieden, Sich öffentlich<br />

als mcssianischen Lönig zu bezeichnen oder ausrufen zu lassen. Sonst<br />

wäre wohl schnell eine politische Aufstandsbewegung entfacht worden.<br />

Da L r das nicht wollte (vergl. <strong>die</strong> dritte Versuchung in der wüste),<br />

verbot E r zu wiederholten Malen Seinen Jüngern und anderen, vor


s. Sonntag im Advent «7<br />

S e in e r A uferstehung öffentlich von Seinem messianischen Amte zu<br />

reden (Mcssrasgeheimnis). Aus demselben Grunde antwortet Er auch<br />

hier nicht unmittelbar auf <strong>die</strong> Frage des Täufers, sondern so, daß Er<br />

auf <strong>die</strong> Kennzeichen des Messias hinweist. Ais solche Kennzeichen<br />

nennt der Prophet Iesaja (35, sff.; ö-, ;) <strong>die</strong> Wunder, <strong>die</strong> hier aufgezählt<br />

sind.<br />

während <strong>die</strong> Iünger des Iohannes noch im Fortgehen waren, fing<br />

Iesus an, zum Volk der Neugierigen und Schaulustigen über Iohannes<br />

zu reden, w arum , während sie noch im Fortgehen waren? Doch<br />

wohl, weil sie hören sollten, wie Iesus über ihren Meister dachte,<br />

w a s hören sie? Iesus straft mit harten W orten <strong>die</strong> nichtsnutzige<br />

Ncugierde der Volksmenge, <strong>die</strong> sich um Ih n gesammelt hat. E s waren<br />

wohl zum Teil <strong>die</strong>selben Leute, <strong>die</strong> auch zu Iohannes in <strong>die</strong> w üste<br />

gelaufen waren. Jesus kennt <strong>die</strong>se Art von Gläubigen, w ie waren sie<br />

damals am Iordan von den Worten des Täufers betroffen! Und wie<br />

schnell vergaßen sie ihn! w ie bald verließen sie ihn bis auf ein paar<br />

Getreue, als er im Gefängnis saß! w aru m denn auch an dem Täufer<br />

festhalten? Es ist ja bereits ein neuer Prophet da! Propheten gibt es<br />

immer! — S o sind Menschen. Sie haben ein sehr kurzes Gedächtnis<br />

<strong>für</strong> Gottes Ftrafw ort und wenig Dankbarkeit <strong>für</strong> Gottes Hilfe,<br />

w e il aber <strong>die</strong> Menschen den alten Propheten schnell über dem neuen<br />

vergessen, darum bekennt sich Iesus öffentlich zu Seinem Vorläufer.<br />

L r war, so sagt der Herr, nicht bloß ein beliebiger Prophet; er war der<br />

Herold des Messias. Als solcher gehört er mit hinein in <strong>die</strong> neue Zeit.<br />

Darum steht <strong>die</strong> Gestalt des Täufers im Evangelium. E r war ein<br />

w irklich Glaubender. An ihm kann jedermann sehen, was es heißt,<br />

wirklich auf <strong>die</strong> Ankunft Christi hoffen, w a s aber sind <strong>die</strong> anderen?<br />

Rohr in der w üste, das der w in d hin und her treibt! — Zu welcher<br />

Art von Glaubenden und Hoffenden gehören w ir? Diese Frage ist<br />

eine Bußfrage. Die Epistel stellt sie noch einmal.<br />

;. Da<strong>für</strong> halte uns jedermann: <strong>für</strong><br />

Christi Diener und Haushalier über<br />

Gottes Geheimnisse.<br />

r. Nun sucht man nicht mehr an den<br />

Haushaltern, denn daß sie treu erfunden<br />

werden.<br />

s. Mir aber ist's ein Geringes, daß<br />

D ie Epistel<br />

ich von euch gerichtet werde oder von<br />

einem menschlichen Tage; auch richte<br />

ich mich selbst nicht.<br />

4. Denn ich bin mir nichts bewußt;<br />

aber darin bin ich nicht gerechtfertigt;<br />

der Herr ist's aber, der mich richtet.<br />

5. Darum richtet nicht vor der Zeit,


sr<br />

3. Woche im Advent<br />

bis der Herr komme, welcher auch Herzen offenbaren; alsdann wird ciwird<br />

ans Licht bringen, was im Hin- nem jeglichen von Gott Lob widcrftern<br />

verborgen ist, und den Rat der fahren. z.Lor. 4, ;—s<br />

Echter Glaube birgt Treue in sich. w a s das Evangelium uns aus dem<br />

Bilde Iohannes des Täufers zeigt, lehrt uns <strong>die</strong> Epistel in anderer<br />

weise. Christus verlangt von uns keine besonderen Taten, <strong>die</strong> über<br />

unsere Lraft gehen. Aber treu sollen wir sein, treu im Glauben. Nicht<br />

alle werden verstehen, warum wir Christus im Glauben treu sind.<br />

w i r können es ihnen auch nicht klar machen, was w ir an Ihm haben.<br />

Denn das ist ein Geheimnis, unser Geheimnis. Ieder hat es<br />

mit Ihm allein, weil Iesus ihm seine Sünde offenbar gemacht und<br />

vergeben hat. Dies Geheimnis sollen wir hüten und uns nicht um das<br />

kümmern, was <strong>die</strong> Leute sagen.<br />

Echter Glaube macht sich nicht vom Urteil der Menschen abhängig.<br />

Menschen halten uns <strong>für</strong> töricht; sie fallen über uns her und schieben<br />

uns falsche Beweggründe unter, weil w ir ihnen nicht begreiflich<br />

machen können, warum w ir Christus im Glauben treu sind. Mögen<br />

sie reden. Sie sollen uns nicht an unserm Glauben irre machen, w a s<br />

uns vergeben ist, das ist uns vergeben, w i r wollen uns auch nicht<br />

falsche Sclbstvorwürfe machen. Nicht wir, Christus ist unser Richter!<br />

E r weiß auch, w as es mit den anderen ist. Zu Seiner Feit wird<br />

alles offenbar werden, w i r haben Sein W ort. Daran sollen wir uns<br />

halten, nicht an das Gerede der Leute und auch nicht an <strong>die</strong> selbstquälerischen<br />

Launen unseres eigenen Herzens. Die rechte Buße ist nicht<br />

Sorge und Schwermut, sondern klare Erkenntnis, <strong>die</strong> aus dem Worte<br />

Gottes kommt, w e r glaubt, dem wird auch geholfen, w e r noch nicht<br />

glauben kann, der bete: Ich glaube, Herr, hilf meinem Unglauben!<br />

D a s Lied der Woche<br />

M it Ernst, 0 Menschenkinder, das Herz in eucb bestellt<br />

Bibelfester Glaube redet aus <strong>die</strong>sem ernsten Adventslied. Seine besondere<br />

Botschaft ist im r. Vers ausgesprochen: „Bereitet doch fein tüchtig<br />

den w e g dem großen Gast." Die rechte Zurüstung auf Weihnachten<br />

verlangt Sinnesänderung: S ta tt Hochmut Demut! Denn Hochmut<br />

entfernt von Gott. Demut heißt Diene-mut. Dem höchsten Herrn<br />

<strong>die</strong>nen zu dürfen, das ist <strong>die</strong> höchste Ehre! Nur wer dazu den M ut<br />

aufbringt, erkennt und erfaßt in Seinem Sohne Iesus Christus den<br />

lebendigen Gott. Diese grundlegende Änderung des Sinnes ist <strong>die</strong>


Versuchung — Anfechtung<br />

sy<br />

Vorbedingung, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Glieder des Reiches Gottes zu erfüllen haben.<br />

Iohannes der Täufer legt durch W ort, Gebärde und Zeichen darauf<br />

den entscheidenden Ton. Sein Ruf: Tut Buße! heißt so viel wie:<br />

Ändert euren Ginn! Der Geist Iohannes des Täufers spricht deutlich<br />

aus <strong>die</strong>sem Liede. Sein heiliger Bußruf hat <strong>die</strong>se Begründung: <strong>Das</strong><br />

Himmelreich ist nahe herbei gekommen. E s ist, als ob <strong>die</strong> Gestalt des<br />

„Predigers in der w üste" vor uns träte. Deshalb hat der Dichter ursprünglich<br />

auch mit dem Hinweis auf Iohannes den Täufer <strong>die</strong>s Lied<br />

beschlossen. <strong>Das</strong> w ar Iohannis Stimme,<br />

das w ar Iohannis Lehr:<br />

Gott strafet den mit Grimme,<br />

der Ihm nicht gibt Gehör.<br />

L) Herr Gott, mach auch mich<br />

zu Deines Lindes Lrippen,<br />

so sollen meine Lippen<br />

mit Ruhm erheben Dich.<br />

Die herbe, zuversichtliche weise ist dem Liede „von Gott will ich nicht<br />

lassen" entnommen. Aber sie ist mit dem Text <strong>die</strong>ses Adventsliedes so<br />

verwachsen, daß <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> sie vielfach als eigentliche Adventsweise<br />

ansieht.<br />

D a s Gebet der Woche<br />

W ir bitten Dich, lieber Herr Gott, D u wollest unsere Herzen durch<br />

Deiner Gnaden Heimsuchung reinigen, daß D ein S oh n , wenn Er<br />

zu uns kommt, eine bereite Wohnung finde, der mit D ir lebet und<br />

regieret in Ewigkeit. Amen.<br />

Versuchung — Anfechtung *<br />

Ls ist das gleiche Wort im Urtext der Heiligen Schrift, das Luther bald mit<br />

Versuchung, bald mit Anfechtung übersetzt. Anfechtung heißt: Angriff auf <strong>die</strong><br />

Treu« und den Glauben; Versuchung bedeutet beides: Auf <strong>die</strong> probe stellen<br />

und zum Bösen reizen.<br />

;. Mehrfach wird in der Heiligen Schrift der schwere vorwurf gegen M enschen<br />

erhoben, daß sie G ott versuchen, das heißt, daß sie Gottes Geduld<br />

und Macht auf <strong>die</strong> probe stellen, wo doch geschrieben steht:<br />

Ihr sollt den Herrn, euren Gott, nicht versuchen.<br />

». Mose ö, ;ö.


40 3. Woche im Advent<br />

So klagt der Psalmdichter: „Sie versuchten Gott immer wieder und meisterten<br />

den Heiligen" (ps. /r, 4;), und <strong>die</strong> Apostel warnen ihre <strong>Gemeinde</strong>n vor<br />

solcher vermessenheit (z. Lor. ?o, g; Ap. Gesch. S, g). w er in Hochmut und<br />

Prahlerei Gott trotzt, oder wer vorgibt fromm zu sein und dabei doch seinen<br />

alten sündhaften Gewohnheiten nachgeht, der versucht Gott und Seinen<br />

Heiligen Geist. Er übertritt damit das und das r. Gebot,<br />

r. Ganz anders liegt es, wenn gesagt wird, daß G ott uns Menschen<br />

versucht. Gott hat es Seiner Macht vorbehalten, Seine Menschenkinder<br />

auf <strong>die</strong> probe zu stellen, um sie in ihrem Glauben zu prüfen und sie zur<br />

Bewährung zu führen. Damit hilft Gott dem Menschen, wenn Er ihn<br />

versucht: Er weckt den Schlafenden, Er löst den, der in schlechten Gewohnheiten<br />

erstarrt, Er reißt aus Selbsttäuschung und Selbsthcrrlichkeit alle <strong>die</strong>jenigen,<br />

<strong>die</strong> nicht mehr unterscheiden, ob Gottes Heiliger Geist sie treibt,<br />

oder ob es der eigene Geist ist, der sie lenkt. Gott will, daß der Glaube allzeit<br />

als echt und bewährt erfunden werde.<br />

Der Herr, euer Gott, versucht euch,<br />

daß Er erfahre,<br />

ob ihr Ihn von ganzem Herzen lieb habt.<br />

8. Mose -3, 4.<br />

Da singt der dankbare Psalmist: „Du hast uns versucht und geläutert, wie<br />

das Silber" (ps. bS, ;o). Da bezeugt der Apostel: Gott versucht <strong>die</strong> Mennicht<br />

über ihr Vermögen (). Lor. zo, -3). Gott versucht nicht zum Bösen.<br />

Seine Versuchung ist wie <strong>die</strong> Erziehung des gütigen Vaters, in der der<br />

Gläubige nur Weisheit und Liebe erkennt.<br />

3. S o ist es zu verstehen, wenn fromme Menschen G o t t bitten, Er m öge<br />

sie p r ü fe n , daß sie „erfunden werden, wie das Gold" (Hiob r3, >0). S ie<br />

wissen: G ott allein durchschaut alle Dinge, auch <strong>die</strong> Tiefen des Menschenherzens.<br />

w i r aber kennen unser I n n e r e s nicht. Da betet ein Lönig, der auf<br />

den Grund seines Herzens kommen will, zu G ott, tiefer und inniger als ein<br />

gutes Lind seinen Vater bittet, herzandringend, wie der Beichtende zu seinem<br />

vertrauten Beichtvater:<br />

Erforsche mich, Gott, und erfahre mein Herz;<br />

prüfe mich und erfahre, wie ich's meine.<br />

Psalm j3g, L3.<br />

Gott allein kann den Glauben auf seine Echtheit und <strong>die</strong> Treue auf ihre<br />

Lauterkeit prüfen. Die Zeiten solcher göttlichen Prüfung sind nicht <strong>die</strong> guten<br />

Tage, sondern <strong>die</strong> Tage der Trübsal (Röm. 8, 3 ; r. Lor. 4, -7). Sie sollen<br />

nach Gottes Willen zu Tagen besonderen Segens werden.


Versuchung — Anfechtung 4)<br />

4. Am häufigsten werden <strong>die</strong> W orte Versuchung und Anfechtung da gebraucht,<br />

w o Menschen verführt und zur Übertretung gereizt werden, w o<br />

M enschen versucht werden zum B ö s e n . Solche Versuchung kommt nicht<br />

von G ott (Iak. ;, 13), sondern vom Teufel, von der W elt und von unserm<br />

Fleisch. D as sind W orte von bewährter Klarheit und Kraft. w i r kennen<br />

sie aus Luthers Katechismus.<br />

a) D er T e u fe l hat schon den ersten Menschen in seinem Glauben verwirrt<br />

durch <strong>die</strong> listige Frage:<br />

S o llte G ott gesagt haben?<br />

;. Mose 3, z.<br />

Er macht sich sogar an Icsus heran (Mark. 1, 1.3), heuchelt Freundschaft, reizt<br />

zu Profitgier und Machtgelüsten, weckt Augenlust und Hoffart, benennt das<br />

alles mit falschen Namen, täuscht Bibelkenntnis vor (Match. 4, 1 ff.), tarnt<br />

sich hier, als gäbe es keinen S atan , stellt sich dort als Engel des Lichtes dar<br />

(r. Lor. zz, z4), mischt Unwahres mit dem Schein des w a h ren oder Halbw<br />

ahren— nicht nur ein Lügner, sondern der Vater der Lüge (Ioh .S ,44). Jesus<br />

warnt Petrus vor ihm (Luk. rr, 3z). Paulus ruft <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong>n mit starken<br />

W orten zum Lam pf auf gegen den S atan (;. Lor. 7, S; z. Thess. 3, S).<br />

b) D ie W e lt bedeutet hier nicht das W eltall der Schöpfung, nicht <strong>die</strong> Gesamtheit<br />

der Menschen, sondern <strong>die</strong> Zusammenfassung des gottlosen und gottfeindlichen<br />

W esens:<br />

Alles, w a s in der W elt ist,<br />

des Fleisches Lust, der Augen Lust und hoffärtiges Leben,<br />

ist nicht vom Vater, sondern von der W elt.<br />

z. Iohannes r, zb.<br />

S ie lockt durch ihre bösen Buben (Spr. I, zo); sie zieht hinein in törichte<br />

Geschwätze, <strong>die</strong> da verderben gute Sitten (1. Lor. iö, 33), sie verstrickt den<br />

Menschen in Genußsucht und Sorge, daß er sich zuletzt nicht mehr lösen<br />

kann aus Unzufriedenheit und Selbstsucht, aus Lüsternheit und vermcssenheit.<br />

c) Unser Fleisch ist nicht der S to ff, aus dem unser irdischer Leib — auch<br />

der Leib des Herrn Iesu — gebildet ist, sondern <strong>die</strong> Seite unserer Mcnschcnnatur,<br />

<strong>die</strong> von der Sünde in Besitz genommen ist und von der Paulus sagt:<br />

D as Fleisch gelüstet wider den Geist.<br />

Galalcr 5, -7.<br />

D as sündige Fleisch ist der Sitz der heimlichen bösen Lust, <strong>die</strong> dem Menschen<br />

angeboren und <strong>die</strong> eine nie versiegende Giftquelle der Versuchung zum Bösen<br />

ist (Jak. z, ,4).


41<br />

2. Woche tm Advent<br />

S. w er seine Bibel kennt, der weiß, daß Gott dem Glaubenden Hilfe <strong>für</strong><br />

<strong>die</strong> Stunden der Versuchung angeboten und zugesagt hat. Ich w ill dich<br />

bewahren vor der Stunde der Versuchung, spricht der Heiland<br />

(Vffbg. s, ,o).<br />

Denn darinnen Er gelitten hat und versucht ist,<br />

kann Lr helfen denen, <strong>die</strong> versucht werden.<br />

Hebräer 2, z r.<br />

Die Bibel ist voll von Zeugnissen solcher erfahrenen Hilfe. Könige und Propheten,<br />

Gelehrte und Handwerker, Männer und Frauen, Jünglinge und Greise<br />

bekunden, daß Gott es den Aufrichtigen gelingen läßt (Spr. 2, 7).<br />

S o mag uns auch Johannes der Täufer und seine Frage, <strong>die</strong> er aus dem Gefängnis<br />

an Jesus richtete, zum Trost gereichen. Lr läßt sich nicht von der<br />

Angst, in <strong>die</strong> er in seiner Einsamkeit gerät, übermannen. Lr verliert sich<br />

nicht in selbstquälerische Grübeleien und Anklagen. Lr bricht durch sie hindurch<br />

und bittet den Herren Jesus um ein Wort. Dies Wort wurde ihm<br />

zuteil (Matth. ; ff.). Solch« Erfahrung (vgl. Hcbr. )2, ; 1) trägt Freude<br />

ein, stille und jubelnde Freude. „Achtet es <strong>für</strong> eitel Freude, wenn ihr in mancherlei<br />

Anfechtung fallet" (Jak. I, 2) und sie erduldet, d. h. bestanden habt. Seid<br />

dankbar, denn „Anfechtung lehrt aufs Wort merken" (Jes. rr, jg).<br />

Selig der Mann, der <strong>die</strong> Anfechtung erduldet;<br />

denn nachdem er bewährt ist,<br />

wird er <strong>die</strong> Krone des Lebens empfangen.<br />

Jakobus zr.<br />

d. w ir fragen in unserm Gebet, wie w ir uns <strong>die</strong>se Hilfe aneignen? —<br />

„wachet und betet", so ruft Jesus Seine Jünger auf (Matth. 2d, 41), und<br />

der Apostel schreibt: „widerstehet dem Teufel, so flieht er von euch" (Jak. 4, 7).<br />

Zwar können es auch <strong>die</strong> Frommen nicht verhindern, daß <strong>die</strong> bösen Gedanken<br />

gleich vögeln über ihrem Haupte hin und her flattern, aber sie können darüber<br />

wachen, daß <strong>die</strong> vögcl ihre Nester nicht über ihrem Haupte bauen. Mit<br />

Worten starker Verantwortung ruft Paulus seine <strong>Gemeinde</strong> in Lphcsus zur<br />

steten Kampfbereitschaft auf: vor allen Dingen ergreifet den Schild des<br />

Glaubens<br />

Und nehmet den Helm des Heils<br />

und das Schwert des Geistes,<br />

welches ist das Wort Gottes.<br />

Lphescr b, ,7.<br />

7. Der Gottlose und verstockte weiß nichts von Anfechtung. Anfechtungen<br />

gehören zum christlichen Stande. <strong>Das</strong> bezeugt vor anderen Büchern<br />

der Bibel der Psalter, der ja als ein rechtes Trostbuch vielfach mit dem Neuen


Versuchung — Anfechtung 4«<br />

Jeder, der glaubt, wird angefochten, w er angefochten ist, muß Gott anrufen.<br />

w er Ihn anruft, wird gehört und getröstet", so schreibt Luther, der<br />

Testament zusammengefügt wird. Es ist „<strong>die</strong> Summe des ganzen Psalters:<br />

einst einem seiner freunde <strong>für</strong> Stunden der Anfechtung den selbstcrprobten<br />

Ratschlag gab: „Ich bin getauft, ich habe <strong>die</strong> Absolution und das Hcrrenmahl,<br />

ich bete täglich den Latechismus; das sind <strong>die</strong> vier Bollwerke gegen Sünde<br />

und Satan."<br />

_____<br />

Die ö. B itte<br />

Und führe uns nicht in V ersuchung,<br />

w a s ist d a s ?<br />

Gott versucht zwar niemand;<br />

aber wir bitten in <strong>die</strong>sem Gebet,<br />

daß uns Gott wolle behüten und erhalten,<br />

auf daß uns der Teufel, <strong>die</strong> W elt und unser Fleisch<br />

nicht betrüge und verführe<br />

in Mißglauben, Verzweiflung und andere große Schande und Laster;<br />

und ob w ir damit angefochten würden,<br />

daß wir doch endlich gewinnen und den Sieg behalten.<br />

S. Zu der Zeit des Herodes, des Lönigs<br />

in Judäa, war ein Priester von<br />

der Ordnung Abia, mit Namen Zacharias,<br />

und sein Weib war von den<br />

Töchtern Aarons, welche hieß Elisabeth.<br />

d. Sie waren aber alle beide fromm vor<br />

Gott und wandelten in allen Geboten<br />

und Satzungen des Herrn untadelig.<br />

7. Und sie hatten kein Lind: denn Elisabeth<br />

war unfruchtbar, und waren<br />

beide wohl betagt.<br />

5. Und es begab sich, da er des Priesteramts<br />

pflegt« vor Gott zur Zeit seiner<br />

Ordnung,<br />

g. nach Gewohnheit des pricstertums,<br />

und an ihm war, daß er räuchern<br />

sollte, ging er in den Tempel des<br />

Herrn.<br />

-i-<br />

M ontag nach dem 3 .Advent<br />

?o. Und <strong>die</strong> ganze Menge des Volks<br />

war draußen und betete unter der<br />

Stunde des Räuchcrns.<br />

11. Es erschien ihm aber der Engel<br />

des Herrn und stand zur rechten Hand<br />

am Räuchcraltar.<br />

?r. Und als Zacharias ihn sah, erschrak<br />

er, und es kam ihn «ine Furcht<br />

an.<br />

13. Aber der Engel sprach zu ihm:<br />

Fürchte dich nicht, Zacharias! denn<br />

dein Gebet ist erhört, und dein Weib<br />

Elisabeth wird dir einen Sohn gebären,<br />

des Namen sollst du Johannes<br />

heißen.<br />

14. Und du wirst des Freud« und<br />

Wonne haben, und viele werden sich<br />

seiner Geburt freuen.<br />

1«. Denn er wird groß sein vor dem


44 s. Mache im Advent<br />

Herrn; wein und starkes Getränk<br />

wird er nicht trinken und wird noch<br />

in Mutterlcibe erfüllt werden mit dem<br />

Heiligen Geist.<br />

;d. Und er wird der Linder von Israel<br />

viele zu Gott, ihrem Herrn, bekehren.<br />

-7- Und er wird vor Ihm her gehen<br />

im Geist und Lraft Llia's zu bekehren<br />

<strong>die</strong> Herzen der Vater zu den Lindern<br />

und <strong>die</strong> Ungläubigen zu der<br />

Llugheit der Gerechten, zuzurichten<br />

dem Herrn ein bereitet Volk.<br />

Und Zacharias sprach zu dem<br />

Engel: wobei soll ich das erkennen?<br />

Denn ich bin alt, und mein Weib ist<br />

betagt.<br />

zg. Der Engel antwortete und sprach<br />

zu ihm: Ich bin Gabriel, der vor<br />

Gott steht, und bin gesandt, mit dir<br />

zu reden, daß ich dir solches verkündigte.<br />

ro. Und siehe, du wirst verstummen<br />

und nicht reden können bis auf den<br />

Tag, da <strong>die</strong>s geschehen wird, darum<br />

daß du meinen Worten nicht geglaubt<br />

hast, welche sollen erfüllt werden zu<br />

ihrer Zeit.<br />

ri. Und das Volk wartete auf Zacharias<br />

und verwunderte sich, daß er<br />

so lange im Tempel verzog.<br />

rr. Und da er herausging, konnte er<br />

nicht mit ihnen reden; und sie merkten,<br />

daß er ein Gesicht gesehen hatte im<br />

Tempel. Und er winkte ihnen und<br />

blieb stumm.<br />

rs. Und es begab sich, da <strong>die</strong> Zeit seines<br />

Amtes aus war, ging er heim in<br />

sein Haus.<br />

24. Und nach den Tagen ward sein<br />

Weib Elisabeth schwanger und verbarg<br />

sich fünf Monate und sprach:<br />

rs. Also hat mir der Herr getan in<br />

den Tagen, da er mich angesehen hat,<br />

daß er meine Schmach unter den Menschen<br />

von mir nähme. Luk. z, s—rs<br />

w enn G ott kommt, so ist Seine Gegenwart so erschreckend und beseligend,<br />

daß das irdische und sündige Menschenherz sie nicht aushält.<br />

Darum hat G ott einst Iohannes den Täufer geboren werden lassen,<br />

damit er als ein Gottgeweihter sein Volk zubereite. S o stellt in der<br />

Adventszcit <strong>die</strong> Lirche uns Iohannes den Täufer vor Augen, damit<br />

w ir recht zubereitet werden. Gott selbst schafft Sich so ein bereites<br />

V olk. w ie <strong>die</strong> wunderbare Geburt des Täufers eine Gnade und ein<br />

Geschenk an Sein Volk war, so steht auch bei uns Gottes Geben und<br />

Schenken an erster Stelle. Die Gnadenzeit ist aber wie damals ein<br />

Ruf, sich zu bekehren, w enn der Sohn Gottes einziehen will, ist es<br />

nicht mit bloß religiösem Verlangen oder Gottsuchertum oder mit dem<br />

Bedürfnis nach Andacht getan, sondern mit aufrichtiger Umkehr.<br />

Die andere Lesung: Lukas S7—70.<br />

D ienstag nach dem s. Advent<br />

11. wahrlich, Ich sage euch: Unter<br />

allen, <strong>die</strong> von Weibern geboren sind,<br />

der Llcinste ist im Himmelreich, ist<br />

größer denn er.<br />

ist nicht aufgekommen, der größer sei<br />

denn Johannes der Täufer; der aber<br />

>r. Aber von den Tagen Johannes<br />

des Täufers bis hieher leidet das Him-


3. Woche im Advent 4S<br />

mclrcich Gewalt, und <strong>die</strong> Gewalt tun, 14. Und (so ihr's wollt annehmen) er<br />

<strong>die</strong> reißen es an sich.<br />

ist Llia, der da soll zukünftig sein.<br />

- 3. Denn alle Propheten und das Ge- ; s. Wer Ohren hat, zu hören, der höre l<br />

setz haben gewcissagt bis auf Io-<br />

Matth.zj—zs<br />

Harmes.<br />

<strong>Das</strong> Auftreten Iohannes des Täufers w ar nicht ein kleines Stück<br />

Zeitgeschichte, sondern eine Zeitenwende. Iohannes ist der, von dem der<br />

Prophet gewcissagt hat, daß L r als ein „neuer Llias" auftreten werde,<br />

bevor das Ende kommt, v o n Iohannes an bricht das Himmelreich —<br />

so ist der Ausdruck wohl zu deuten — mit Macht herein, und viele<br />

drängen mit Gewalt hinein. Iohannes gehört noch nicht zu der neuen<br />

Zeit, aber er steht auf der wende. Damit ist er mehr als ein Prophet,<br />

er ist der Anbruch der E rfü llu n g , w a s w ir in dem Lommen<br />

Christi erleben, ist <strong>die</strong> Erfüllung alles dessen, was je erhofft und ersehnt<br />

worden ist, und ist zugleich unendlich höher als alles, was<br />

zuvor war. w o Christus kommt, ist Heilszeit — wie ernst ist es,<br />

Heilszeit zu versäumen!<br />

Die ander« Lesung: Matthäus 3,<br />

r. Bekehre dich, Israel, zu dem Herrn,<br />

deinem Gott; denn du bist gefallen<br />

um deiner Missetat willen.<br />

3. Nehmet <strong>die</strong>se Worte mit euch und<br />

bekehret euch zum Herrn und sprecht<br />

zu Ihm: vergib uns alle Sünde und<br />

tue uns wohl; so wollen wir opfern<br />

<strong>die</strong> 8arrcn unsrer Lippen.<br />

4. Assur soll uns nicht helfen; wir<br />

wollen nicht mehr auf Rossen reiten,<br />

auch nicht mehr sagen zu den Werken<br />

unsrer Hände: „Ihr seid unser Gott";<br />

sondern laß <strong>die</strong> Waisen bei Dir Gnade<br />

finden.<br />

s. S o will ich ihr Abtreten wieder<br />

heilen; gerne will ich sie lieben; denn<br />

mein Zorn soll sich von ihnen wenden,<br />

d. Ich will Israel wie ein Tau sein,<br />

Mittwoch nach dem 3. Advent<br />

daß er soll blühen wie eine Rose, und<br />

seine wurzeln sollen ausschlagcn wie<br />

der Libanon<br />

7. und seine Zweige sich ausbreiten,<br />

daß er sei so schön wie ein Olbaum,<br />

und soll so guten Geruch geben wie<br />

der Libanon.<br />

s. Und sie sollen wieder unter seinem<br />

Schatte» sitzen; von Rorn sollen sie<br />

sich nähren und blühen wie ein Weinstock;<br />

sein Gedächtnis soll sein wie der<br />

Wein am Libanon,<br />

g. Ephraim, was sollen mir weiter<br />

<strong>die</strong> Götzen? Ich will Ihn erhören und<br />

führen; ich will sein wie eine grünende<br />

Tanne: an mir soll man Deine<br />

8rucht finden. Hos. -4, r—g<br />

Adventszeit ist 8reudenzeit, aber von alters her hat <strong>die</strong> Lirche <strong>die</strong>se<br />

Wochen vor Weihnachten auch als <strong>die</strong> Zeit der Buße und der inneren<br />

Einkehr angesehen, w a s ist rechte Buße? Gott hat es durch <strong>die</strong> pro-


4b<br />

s. Woche im Advent<br />

phetcn Iahrhundcrte hindurch bis zum Äommen Icsu gelehrt. Buße<br />

ist Umkehr. „Bekehre dich", so hat schon der Prophet Hosea seinem<br />

Volk zugerufen. Umkehr, indem <strong>die</strong> Sünde nicht mehr entschuldigt,<br />

sondern zugegeben und Gott mit der Bitte um Vergebung bekannt<br />

wird. Umkehr, indem der Sünde im Leben und in der Tat der Abschied<br />

gegeben wird. Umkehr, indem der Mensch nicht mehr sich selbst und<br />

sein Bonnen vergottet oder sich auf Menschen verläßt, sondern allein<br />

auf Gott sich in gehorsamem Glauben verläßt, w o aber V ergebung<br />

der S ü n d en ist, da ist auch Leben und Seligkeit. Da wird Gott wie<br />

ein Tau, der alles Dürre und welke aufblühen läßt.<br />

Die andere Lesung: Jes. 57, ?4—r;.<br />

! 0. Und das Volk fragte ihn und<br />

sprach: w a s sollen wir denn tun)<br />

ll- Lr antwortete und sprach zu<br />

ihnen: w er zwei Röcke hat, der gebe<br />

dem, der keinen hat; und wer Speise<br />

hat, tue auch also.<br />

zr. Ls kamen auch <strong>die</strong> Zöllner, daß<br />

sie sich taufen ließen, und sprachen<br />

zu ihm: Meister, was sollen denn wir<br />

tun)<br />

-s. Lr sprach zu ihnen: 8ordert nicht<br />

mehr, denn gesetzt ist.<br />

?4- Da fragten ihn auch <strong>die</strong> Rriegsseute<br />

und sprachen: Was sollen denn<br />

wir tun) Und er sprach zu ihnen:<br />

Tut niemand Gewalt noch Unrecht<br />

und lasset euch genügen an eurem<br />

Solde.<br />

;s. Als aber das Volk im Wahn war<br />

und dachten alle in ihren Herzen von<br />

Iohannes, ob er vielleicht Christus<br />

wäre,<br />

Donnerstag nach dem 3. Advent<br />

zö. antwortete Iohannes und sprach<br />

zu allen: Ich taufe euch mit Wasser:<br />

es kommt aber ein Stärkerer nach mir,<br />

dem ich nicht genugsam bin, daß ich<br />

<strong>die</strong> Ricnicn Seiner Schuhe auflöse; der<br />

wird euch mit dem Heiligen Geist und<br />

mit Fcuer taufen.<br />

l7- In Seiner Hand ist <strong>die</strong> Wurfschaufel,<br />

und Lr wird Seine Tenne<br />

scgen und wird den Weizen in seine<br />

Scheuer sammeln, und <strong>die</strong> Spreu wird<br />

Lr mit ewigem 8eucr verbrennen.<br />

Und viel anderes mehr ermähnte<br />

er das Volk und verkündigte ihnen<br />

das Heil.<br />

Herodes aber, der Vier<strong>für</strong>st, da<br />

er von ihm gestraft ward um der Hcrodias<br />

willen, seines Bruders Weib,<br />

und um alles Übels willen, das Hcrodes<br />

tat,<br />

ro. legte er über das alles Iohannes<br />

gefangen.<br />

Luk. s, - 0—ro<br />

Iohannes verkündigt das Kommen des Herrn und ruft zur Umkehr.<br />

Hier wird uns deutlich gesagt, daß <strong>die</strong> Vorbereitung auf das Rammen<br />

Iesu nicht bedeutet, daß wir unseren irdischen Beruf aufgeben<br />

und voll schwärmerischer Verzückung auf das Reich Gottes warten<br />

sollen. B leibe in deiner A rbeit und tue in ihr das, w a s G o tte s<br />

G ebot dir gebietet. Übervorteile nicht, betrüge nicht, sei barmherzig


s. Woche im Advent 47<br />

gegenüber den Bedürftigen. <strong>Das</strong> ist dein Werk, das du zu tun hast.<br />

Und in <strong>die</strong>s dein Leben, das ein redliches Leben sein soll, will Jesus<br />

Christus treten und dir Sein Reich und Seine Herrlichkeit offenbaren<br />

und dein Her; auftun <strong>für</strong> den Tag Seiner Wiederkunft. Redlichkeit<br />

und Treue in irdischen Dingen ist not. Aber eben <strong>die</strong> Erfüllung des irdischen<br />

Auftrages ist nicht alles, was ein Menschenleben erfüllt. „E r­<br />

füllt" wird es erst, wo das W ort Gottes unter uns Gestalt gewinnt<br />

als Samenkorn eines neuen Lebens, das nicht von <strong>die</strong>ser Erde ist.<br />

Die andere Lesung: Johannes ;, S—g. zs—rr.<br />

8). S o Ich von Mir Selbst zeuge, so<br />

ist Mein Zeugnis nicht wahr.<br />

3r. Ein anderer ist's, der von Mir<br />

zeugt; und Ich weiß, daß das Zeugnis<br />

wahr ist, das er von Mir zeugt.<br />

38. Ihr schicktet zu Johannes, und er<br />

zeugte von der Wahrheit.<br />

84. Ich aber nehme nicht Zeugnis<br />

von Menschen; sondern solches sage<br />

Ich, auf daß ihr selig werdet,<br />

ss. Lr war ein brennend und scheinend<br />

Licht; ihr aber wolltet eine kleine<br />

weile fröhlich sein in seinem Lichte.<br />

3d. Ich aber habe ein größeres Zeugnis<br />

denn des Iohannes Zeugnis; denn<br />

Freitag nach dem 3. Advent<br />

<strong>die</strong> Werke, <strong>die</strong> Mir der Vater gegeben<br />

hat, daß Ich sie vollende, eben<strong>die</strong>se<br />

Werke, <strong>die</strong> Ich tue, zeugen von Mir,<br />

daß Mich der Vater gesandt habe.<br />

37. Und der Vater, der Mich gesandt<br />

hat, derselbe hat von Mir gezeugt.<br />

Ihr habt nie weder Seine Stimme gehört<br />

noch Seine Gestalt gesehen,<br />

3S. und Sein Wort habt ihr nicht in<br />

euch wohnend: denn ihr glaubet dem<br />

nicht, den Lr gesandt hat.<br />

3g. Suchet in der Schrift; denn ihr<br />

meinet, ihr habet das ewige Leben<br />

darin: und sie ist's, <strong>die</strong> von Mir<br />

zeuget.<br />

Joh. s, 3f—3g<br />

w ie kommt es zum rechten Glauben an den Herrn des Advents 7 Zunächst<br />

durch das W ort von Menschen, w ie damals Iohannes der<br />

Täufer <strong>für</strong> Ih n ein Zeugnis ablegte, so haben auch w ir das Z eu g n is<br />

S e in e r B o ten , wehe, wenn w ir <strong>die</strong> predigt und das Zeugnis Seiner<br />

Boten nur interessant und anregend fänden und es nicht ernst<br />

nähmen, wenn Gott durch Menschen redet! Aber wie Gott damals<br />

bei der Heilung des Äranken am Teich Bcthesda und durch andere<br />

Werke Jesu ein Zeugnis ablegte und bekräftigte, daß L r der Heiland<br />

der W elt ist, so kommen auch wir heute nur zum Glauben, wenn wir<br />

eine eigene Erfahrung von dem machen, w a s C hristus an uns tu t.<br />

L r läßt uns auch in Seinem täglichen Leben Seine Wunder sehen,<br />

w e r darauf achtet, wird stark werden im Glauben.<br />

Die andere Lesung: r. Timothcus 4, s—r.


4» s. Woche im Advent<br />

?. Um Zions willen will ich nicht<br />

schweigen, und um Jerusalems willen<br />

will ich nicht innehalten, bis daß ihre<br />

Gerechtigkeit aufgehe wie ein Glanz<br />

und ihr Heil entbrenne wie eine Fackel,<br />

2. daß <strong>die</strong> Heiden sehen deine Gerechtigkeit<br />

und alle Lönigc deine Herrlichkeit;<br />

und du sollst mit einem neuen<br />

Namen genannt werden, welchen des<br />

Herrn Mund nennen wird.<br />

s. Und du wirst sein eine schöne Lrone<br />

in der Hand des Herrn und ein königlicher<br />

Hut in der Hand deines<br />

Gottes.<br />

4- Man soll dich nicht mehr <strong>die</strong> Verlassene<br />

noch dein Land eine Wüstung<br />

heißen; sondern du sollst „Meine Luft<br />

an ihr" und dein Land „Liebes Weib"<br />

heißen; denn der Herr hat Lust an dir,<br />

und dein Land hat einen lieben Mann.<br />

Sonnabend nach dem 3. Advent<br />

s. Denn wie ein Mann ein Weib liebhat,<br />

so werden dich deine Linder liebhaben;<br />

und wie sich ein Bräutigam<br />

freut über <strong>die</strong> Braut, so wird sich dein<br />

Gott über dich freuen.<br />

-0. Gehet hin, gehet hin durch <strong>die</strong><br />

Tore! bereitet dem Volk den weg!<br />

machet Bahn, machet Bahn! räumet<br />

<strong>die</strong> Steine hinweg! werft ein panier<br />

auf über <strong>die</strong> Völker!<br />

Siehe, der Herr läßt sich hören bis<br />

an der Welt Ende: Saget der Tochter<br />

Zion: Siehe, dein Heil kommt! siehe,<br />

sein Lohn ist bei ihm, und seine Vergeltung<br />

ist vor ihm!<br />

zr. Man wird sie nennen das heilige<br />

Volk, <strong>die</strong> Erlösten des Herrn, und dich<br />

wird man heißen <strong>die</strong> besuchte und unverlassenc<br />

Stadt.<br />

Ies. ö r,s, ,o—Z2<br />

Immer wieder ist in -er <strong>Gemeinde</strong> des Alten Bundes der Gegensatz<br />

schmerzlich empfunden worden, Volk Gottes zu sein und doch unter<br />

der Bedrängung und der Verachtung der Heiden zu stehen. Darum hat<br />

der Prophet voll Ungeduld Gott gedrängt, daß S tadt und Tempel<br />

wieder gebaut und ihre zerstörten Mauern wieder aufgerichtet würden,<br />

und hat in Gottes Auftrag sein Volk getröstet mit herrlicher Verheißung.<br />

Auch wir tragen schwer unter der H ilflo sig k eit der L irche;<br />

verachtet, von vielen verlassen, verstört steht sie, menschlich gesehen,<br />

ohnmächtig da. Aber G o tte s V erheißung gilt ihr: L r hat dennoch<br />

Seine Lust an ihr, sie ist von Ihm geliebt, wie ein geliebtes Weib von<br />

ihrem Mann. L s muß der Lirche Iesu wieder ein v)eg geebnet werden,<br />

und sie wird immer wieder vor der W elt als <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> des<br />

Heils dastehen, bis ihr Herr sie einst einführt in <strong>die</strong> volle Herrlichkeit.<br />

Die andere Lesung: Lukas 7, rg—ss.<br />

-1-<br />

Ocr r;. Dezember ist der Gedenktag <strong>für</strong> den<br />

Apostel Thomas.<br />

Ein Hinweis auf <strong>die</strong>sen Apostel findet sich am Schluß der Woche des Sonntage«<br />

Trinitatis.


4 . Sonntag im Advent 4S<br />

Vierte Woche im Advent<br />

Am dritten Adventssonntag vernahmen w ir den Bußruf, der nach der<br />

Echtheit unseres Glaubens fragt. Am vierten Advent hören wir den<br />

8reudenruf derer, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Ankunft des Herrn verkünden: Johannes, des<br />

Heroldes, und Maria, der M utter des Heilandes. 2 m Spruch der<br />

Woche erklingen <strong>die</strong> ersten W orte des großen Lobgesanges der M a­<br />

ria. Sie sang ihn, als ihre Freundin Elisabeth, <strong>die</strong> M utter Johannes<br />

des Täufers, sie als <strong>die</strong> begrüßte, <strong>die</strong> dem Sohne Gottes das Leben<br />

schenken sollte. Viele Tausende haben durch <strong>die</strong> Jahrhunderte <strong>die</strong>sen<br />

Lobgesang der M aria in Dankbarkeit und Freude betend nachgesungen.<br />

I n <strong>die</strong> Freude der Hoffenden und wartenden klingt hinein <strong>die</strong> Freude<br />

eines Mannes, der Christus als seinen Heiland bereits gefunden hat.<br />

E s ist der Apostel Paulus, dessen Brief an <strong>die</strong> Philipper <strong>die</strong> Epistel des<br />

4. Adventssonntages entnommen ist.<br />

l > ! . ' ^<br />

Vierter Sonntag im Advent<br />

M eine S eele erhebet den Herrn, und mein Geist freuet sich G ottes,<br />

meines Heilandes. Lukas 4S. 47<br />

jg. Und <strong>die</strong>s ist das Zeugnis des Johannes,<br />

da <strong>die</strong> Juden sandten von<br />

Jerusalem Priester und Leviten, daß<br />

sie ihn fragten: wer bist du?<br />

20. Und er bekannte und leugnete nicht;<br />

und er bekannte: Ich bin nicht Christus,<br />

rz. Und sie fragten ihn: w a s denn?<br />

Bist du Llia? Lr sprach: Ich bin's<br />

nicht. — Bist du der Prophet? Und<br />

er antwortete: Nein!<br />

22. Da sprachen sie zu ihm: Was bist<br />

du denn? daß wir Antwort geben<br />

denen, <strong>die</strong> uns gesandt haben. Was<br />

sagst du von dir selbst?<br />

23. Lr sprach: Ich bin eine Stimme<br />

eines Predigers in der wüste: Richtet<br />

den Weg des Herrnl wie der<br />

Prophet Jesaja gesagt hat.<br />

D a s Evangelium<br />

24. Und <strong>die</strong> gesandt waren, <strong>die</strong> waren<br />

von den Pharisäern.<br />

25. Und sie fragten ihn und sprachen<br />

zu ihm: warum taufst du denn, so<br />

du nicht Christus bist noch Llia noch<br />

der Prophet?<br />

2b. Iohannes antwortete ihnen und<br />

sprach: Ich taufe mit Wasser; aber<br />

Lr ist mitten unter euch getreten, den<br />

ihr nicht kennet.<br />

27. Der ist's, der nach mir kommen<br />

wird, welcher vor mir gewesen ist,<br />

des ich nicht wert bin, daß ich Seine<br />

Schuhricmcn auflöse.<br />

22. Dies geschah zu Bcthabara jenseit<br />

des Jordans, da Johannes taufte.<br />

Joh. ,,jg —22


U<br />

so<br />

4- Woche im Advent<br />

8eicrlich beginnt der Evangelist: „Dies ist das Zeugnis des Iohannes<br />

', und wiederholt betont er: „Johannes bekannte und verhehlte es<br />

nicht", w aru m redet der Evangelist so feierlich) w e il er hinweisen<br />

will auf <strong>die</strong> große Glaubensgewißhcit, <strong>die</strong> <strong>die</strong>sem Zeugnis des I o ­<br />

hannes innewohnt.<br />

Die Frage der Zeitgenossen an Iohannes ist nicht <strong>die</strong> Frage irgendwelcher<br />

Privatleute; sie erfolgt durch <strong>die</strong> priestcrschaft. Iohannes nimmt<br />

in seiner Antwort <strong>die</strong> unausgesprochene Hauptfrage vorweg: Christus<br />

bin ich nicht! Also dann bist du Llias, von dem man sagt, daß er kurz<br />

vor der Ankunft des Messias wiederkommen werde? Oder wenn nicht<br />

der, so doch der große Prophet, der das Volk vorbereiten soll, damit es<br />

durch <strong>die</strong> Ankunft des Messias nicht überrascht w ird?<br />

Also erwarteten sie von Iohannes aufgrund seiner predigt etwas<br />

Großes. Aber der Täufer will nichts aus sich selber sein. Als sie ihn<br />

drängen, antwortet er: Auf mich kommt es nicht an. Ich habe keinen<br />

großen Namen. Ich bin jene namenlose Stimme in der wüste, welche<br />

ruft: Bereitet dem Herrn den w eg ! Icsasas hat von ihr geredet. S o<br />

bescheiden war <strong>die</strong>ser Vorläufer Christi. S o bescheiden sind alle echten<br />

Zeugen und Sendboten des Herrn!<br />

Die Pharisäer sind mit der Antwort des Täufers nicht zufrieden. Sie<br />

forschen weiter: w oher nimmst du denn das Recht, uns zur Buße und<br />

zum Bekenntnis unserer Sünden aufzurufen? w a s ermächtigt dich<br />

zu taufen? Da meldet sich in aller Bescheidenheit <strong>die</strong> große Glaubcnsgewißheit<br />

des Iohannes. Ich taufe nur mit Wasser; aber es ist schon<br />

ein anderer da, der wird euch mit dem Heiligen Geiste taufen. Im<br />

vergleich zu Ihm bin ich nichts, nicht einmal wert, Ihm Lncchts<strong>die</strong>nste<br />

zu tun; von Ihm stammt alle meine Vollmacht. Denn ich<br />

taufe mit W a sser, weil L r kommen wird, euch mit dem H eiligen<br />

Geist und m it F e u e r zu taufen.<br />

Der Unterschied zwischen der Taufe des Iohannes und der christlichen<br />

Taufe besteht darin, daß <strong>die</strong> erstere Reinigungs-, <strong>die</strong> letztere aber w ie -<br />

dergcburtstaufe ist (vgl. Apg. ,, s; Matth. 3, )p . Die Reinigungstaufe<br />

ist ein S in n b ild der Buße; in ihr werden <strong>die</strong> vergangenen<br />

Sünden abgewaschcn. Die Wiedergeburtstaufe aber ist ein<br />

S a k ra m e n t, das zugleich mit der Vergebung der Sünden auch <strong>die</strong><br />

Rraft zum neuen Leben schenkt. Denn durch sie wird der Mensch in<br />

<strong>die</strong> Gem einde Ie su C hristi aufgenommen, auf der Gottes H eilig<br />

er G eist ruht. Line solche <strong>Gemeinde</strong> gab es zur Zeit Iohannes des


4. Sonntag im Advent<br />

Täufers noch nicht (vgl. Ioh. 3, s; Räm. 6, 3—6; Gal. 3, L7; Lol.<br />

r, ;r). Deshalb heißt Iohannes der T äu fer, Christus aber der E r ­<br />

löser, und deshalb sagt Iohannes von seiner Taufe, daß sie noch<br />

nicht das Letzte sei. E r unterscheidet Taufe mit W asser und Taufe mit<br />

dem H eiligen G eist.<br />

Iohannes gibt uns ein Vorbild, wie sich wahre Bescheidenheit mit<br />

göttlicher Glaubcnsgcwißheit verbindet. Die Iüngcr Christi sind das,<br />

was sie sind, nicht aus sich selbst, sondern durch Christus. Alle Gewißheit<br />

unseres Glaubens kommt von Christus und hat nichts zu tun mit<br />

vorgetäuschter menschlicher Sclbstsichcrheit. S o beruht auch alle<br />

Stärke der Lirchc nicht auf der äußeren Macht ihrer Glieder und Diener,<br />

nicht auf deren Klugheit oder der Festigkeit ihrer äußeren Organisation,<br />

sondern auf der unsichtbaren Gegenwart ihres Herrn, w ie der<br />

Täufer auf Christus hinweist, so weisen alle echten Apostel und Prediger<br />

der Lirchc auf Christus zurück.<br />

Ie lebendiger der Glaube an <strong>die</strong> ewige Herrlichkeit Christi, um so geringer<br />

der Sclbstruhm, und umgekehrt, je größer der Selbstruhm,<br />

umso ferner ist man der Herrlichkeit Christi.<br />

D ie Epistel<br />

4. Freuet euch in dem Herrn allewege! und Flehen mit Danksagung vor Gott<br />

Und «dermal sage ich: Freuet euch! kund werden.<br />

s. Eure Lindigkeit lasset kund sein allen 7. Und der Friede Gottes, welcher<br />

Menschen! Der Herr ist nahe! höher ist denn alle Vernunft, bewahre<br />

5. Sorget nichts! sondern in allen eure Herzen und Sinne in Christo<br />

Dingen lasset eure Bitten im Gebet Jesu! Phil. 4, 4 7<br />

Alles w arten und Hoffen der Menschenherzen findet seine Erfüllung<br />

in Christus, von Ihm fällt ein Glanz auf unser Leben, der da leuchtet<br />

in den stillen Tugenden unzerstörbarer Freude, von Herzen kommender<br />

Gütigkeit und unbekümmerter Glaubensgewißheit. Die stete Bereitschaft<br />

zum Dank, zu Gebet und Fürbitte fließt aus der sicheren Geborgenheit<br />

des Herzens, das in Frieden mit Gott lebt. Diesen Frieden kann<br />

<strong>die</strong> W elt nicht geben, sie kann ihn weder mit Geld erkaufen, noch<br />

durch Vernunft erringen. S o leuchtet aus den W orten des Apostels<br />

<strong>die</strong> frohe Botschaft des Evangeliums in unsere Herzen, in unser<br />

Haus und Heim, in <strong>die</strong> W elt, <strong>die</strong> uns umgibt, in unsere <strong>Gemeinde</strong>n<br />

und in unser Volk. Ein Herz, das Christus liebt, strahlt allezeit Frieden<br />

aus, es ist bereit zum Frieden mit jedermann, es sucht und bewahrt


sr<br />

4 . Woche im Advent<br />

alles, was gut und edel ist. Ie mehr Christus unser Wesen wandelt,<br />

umso freier werden wir gegenüber den Nöten des Lebens, <strong>die</strong> sa nie<br />

ganz verschwinden. Denn leuchtender, wärmer und tröstlicher als alle<br />

irdische Not ist das Licht, das von Christus ausgeht und durch Ih n<br />

in unser Leben leuchtet.<br />

Auch der Kleinste im Himmelreich, der davon etwas weiß, ist noch<br />

reicher als Iohannes der Täufer, obwohl <strong>die</strong>ser doch der Größte des<br />

Alten Bundes genannt wird. Denn Iohannes wußte wohl von der<br />

Gewißheit des kommenden, aber nicht von der Freude des gekommenen<br />

Christus. Seine Bußpredigt führt bis an <strong>die</strong> Schwelle der Verkündigung<br />

des Evangeliums, das mit Christus hereinbricht in das Dunkel<br />

<strong>die</strong>ser Welt.<br />

D a s Lied der Woche<br />

Nun jauchzet all. ihr Frommen, in <strong>die</strong>ser Gnadenzeit<br />

Ein Lied vom Lönigtum Christi! Zweierlei spricht aus ihm: Gläubige<br />

Erkenntnis der verborgenen königlichen Herrlichkeit Christi<br />

und gläubige Freude darüber, daß Christus immer wieder zu uns<br />

kommt. <strong>Das</strong> bezeugt der Dichter allen Menschen. E r redet sie in zwei<br />

Gruppen an und umfaßt sie damit doch alle: Ih r Mächtigen auf E r­<br />

den — ihr Armen und Elenden!<br />

Die Melo<strong>die</strong> ist keine eigentliche Adventsweise, sondern <strong>die</strong> weise eines<br />

Morgenlicdes. Aber an <strong>die</strong>ser Stelle fügt sie sich doch in <strong>die</strong> Adventsliturgie<br />

gut ein.<br />

D a s Gebet der Woche<br />

w i r bitten Dich, lieber Herr G ott, bereite in <strong>die</strong>ser Gnadenzeit unsere<br />

Herzen durch Deinen Frieden zu einer Wohnung D eines S o h ­<br />

nes, auf daß wir in S ein er seligen Gemeinschaft Dich allezeit mit<br />

fröhlichem Munde rühmen und preisen, durch Iesum Christum, unsern<br />

Herrn. Amen.<br />

3g. Maria aber stand auf in den Tagen<br />

und ging auf das Gebirge eilends<br />

zu der Stadt Iudas<br />

40. und kam in das Haus des Zacharias<br />

und grüßte Elisabeth.<br />

4). Und es begab sich, als Elisabeth<br />

den Gruß Marias hörte, hüpfte das<br />

M ontag nach dem 4. Advent<br />

Kind in ihrem Leibe. Und Elisabeth<br />

ward des Heiligen Geistes voll<br />

4r. und rief laut und sprach: „Gebenedeit<br />

bist du unter den Weibern, und<br />

gebcncdcict ist <strong>die</strong> Frucht deines Leibes.<br />

43. Und woher kommt mir das, daß <strong>die</strong><br />

Mutter meines Herrn zu mir kommt)


4. Woche im Advent 55<br />

44. Siehe, da ich <strong>die</strong> Stimme deines<br />

Grußes hörte, hüpfte mit Freuden das<br />

Lind in meinem Leibe.<br />

45. Und 0 selig bist du, <strong>die</strong> du geglaubt<br />

hast! denn es wird vollendet werden,<br />

was dir gesagt ist von dem Herrn.<br />

4S. Und Maria sprach: Meine Seele<br />

erhebet den Herrn,<br />

47. Und mein Geist freuet sich Gottes,<br />

meines Heilands.<br />

4§. Denn Lr hat <strong>die</strong> Niedrigkeit Seiner<br />

Magd angesehen. Siehe, von nun<br />

an werden mich selig preisen alle<br />

Lindcskindcr;<br />

4g. denn Lr hat große Dinge an mir<br />

getan, der da mächtig ist, und des<br />

Name heilig ist;<br />

50. Und Seine Barmherzigkeit währet<br />

immer <strong>für</strong> und <strong>für</strong> bei denen, <strong>die</strong><br />

Ihn <strong>für</strong>chten.<br />

5s. Er übet Gewalt mit Seinem Arm<br />

und zerstreuet, <strong>die</strong> hoffärtig sind in<br />

ihres Herzens Sinn.<br />

5r. Er stößet <strong>die</strong> Gewaltigen vom<br />

Stuhl und erhebt <strong>die</strong> Niedrigen.<br />

55. Die Hungrigen füllet Lr mit Gütern<br />

und läßt drc Reichen leer.<br />

54. Lr denket der Barmherzigkeit und<br />

hilft Seinem Diener Israel auf,<br />

55. wie Lr geredet hat unsern Vätern,<br />

Abraham und seinem Samen »wiglich.<br />

5b. Und Maria blieb bei ihr bei drei<br />

Monaten; danach kehrte sie wiederum<br />

heim.<br />

Luk. r,3g—5ö<br />

Im Advent und zu Weihnachten gedenkt <strong>die</strong> Rirche Christi auch an<br />

Maria, <strong>die</strong> Mutter Iesu. Gott hat <strong>die</strong> Schlichte und Geringe erwählt<br />

zu der heiligsten Mutterschaft auf Erden. Lr hat ihr den Glauben ins<br />

Herz geschenkt, Seiner hohen Verheißung zu trauen. L r hat ihren Leib<br />

gesegnet wie keinen andern Mutterleib auf Erden, w i r ehren und lieben<br />

sie als des Herrn erwählte Magd. Aber das hieße sie schlecht ehren,<br />

wenn wir sie zur Himmelskönigin und zur Mittlerin <strong>für</strong> uns machen<br />

wollten. Ihre Ehre und w ürde ist, daß sie den Heiland gebären darf,<br />

den einigen Heiland und Mittler, bei dem und neben dem wir keiner<br />

Fürsprache bedürfen, w i r ehren Maria recht, wenn w ir einen Lobgesang<br />

anstimmen nicht auf sie, sondern mit ihr, das „Magnifikat",<br />

den „Lobgesang der M aria" von G o tte s großem , gnädigem<br />

Tun, das mit der Geburt des Jesuskindes anhebt und sich in Ewigkeit<br />

vollendet.<br />

Die andere Lesung: Römer z - 7.<br />

tz. wovon wir aber reden, das ist<br />

dennoch Weisheit bei den vollkommenen;<br />

nicht eine Weisheit <strong>die</strong>ser Welt,<br />

auch nicht der Obersten <strong>die</strong>ser Welt,<br />

welche vergehen.<br />

7. Sondern wir reden von der heimlichen,<br />

verborgenen Weisheit Gottes,<br />

D ien stag nach dem 4. Advent<br />

welche Gott verordnet hat vor der<br />

Welt zu unsrer Herrlichkeit,<br />

4. welche keiner von den Obersten<br />

<strong>die</strong>ser Welt erkannt hat; denn wo sie<br />

<strong>die</strong> erkannt hätten, hätten sie den<br />

Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt,<br />

g. Sondern wie geschrieben steht:


54 4 - Woche im Advent<br />

„w as kern Auge gesehen hat und kein 10. Uns aber hat es Gott offenbart<br />

Ohr gehört hat und in keines Men- durch Seinen Geist.- denn der Geist<br />

schen Herz gekommen ist, was Gott erforscht alle Dinge, auch <strong>die</strong> Tiefen<br />

bereitet hat denen, <strong>die</strong> Ihn lieben." der Gottheit. ,. Lor. r, S—, o<br />

Neben den Weltanschauungen der Völker erscheint das W ort von Icsus<br />

Christus als sehr gering und arm. Aber wer es im Glauben annimmt,<br />

dem erschließt es den Tiefblick und Durchblick in das wahre<br />

Geheimnis der Weltgeschichte. Der ewige Plan der Liebe Gottes, das<br />

w oher und w ohin der Geschichte, <strong>die</strong> wende der Zeiten durch Christus,<br />

der Anbruch der neuen W elt leuchtet vor dem Blicke auf. <strong>Das</strong> ist<br />

<strong>die</strong> tiefste, <strong>die</strong> weiteste E rk e n n tn is, <strong>die</strong> Menschen gegeben w e r­<br />

den kann. Sie wird nur denen zuteil, denen Gott durch den Glauben<br />

<strong>die</strong> Liebe zu Ihm ins Herz geschenkt hat. Es gibt viel hohe Erkenntnis<br />

in der Welt. Aber sie reicht nicht an <strong>die</strong> Geheimnisse, <strong>die</strong> in Iesus<br />

Christus beschlossen sind. Denn alle unsere menschlichen Anschauungen<br />

haben es mit <strong>die</strong>ser vergehenden W elt zu tun. Christus aber ist der Anbruch<br />

der neuen W elt. Die alte W elt und ihre Gcistesmächte müssen<br />

Sein Geheimnis notwendig verkennen. Gott muß unser Herz erst über<br />

<strong>die</strong>se W elt hinausheben, E r muß erst <strong>die</strong> Enge unseres <strong>die</strong>sseitigen<br />

Denkens sprengen, L r muß uns erst an Seinem Geiste Anteil geben.<br />

Dann haben w ir den S inn <strong>für</strong> <strong>die</strong> neue W elt, dann erkennen w ir das<br />

Geheimnis Christi nach seiner ganzen Tiefe und Hülle.<br />

Die andere Lesung: LIlicka s, i —4 a.<br />

10. Und der Herr redete abermals zu<br />

Ahas und sprach:<br />

11> Fordere dir ein Zeichen vom Herrn,<br />

deinem Gott, es sei unten in der<br />

Hölle oder droben in der Höhe!<br />

12. Aber Ahas sprach: Ich will's nicht<br />

fordern, daß ich den Herrn nicht versuche.<br />

13. Da sprach er: Wohlan, so höret,<br />

ihr vom Hause David: Ist's euch zu<br />

wenig, daß ihr <strong>die</strong> Leute beleidigt, ihr<br />

müßt auch meinen Gott beleidigen?<br />

Mittwoch nach dem 4. Advent<br />

14. Darum so wird euch der Herr<br />

selbst ein Zeichen geben: Siehe, eine<br />

Iungfrau ist schwanger und wird einen<br />

Sohn gebären, den wird sie heißen<br />

Immanuel.<br />

15. Butter und Honig wird er essen,<br />

wann er weiß, Böses zu verwerfen<br />

und Gutes zu erwählen.<br />

id. Denn ehe der Lnabe lernt Böses<br />

verwerfen und Gutes erwählen, wird<br />

das Land verödet sein, vor dessen zwei<br />

Lönigen dir graut. Ies. 7,10—<br />

Die Evangelisten Matthäus und Lukas bezeugen das hohe Wunder der<br />

Geburt Christi: geboren von der Jungfrau Maria. M atthäus (t,rs )


4. Woche tm Advent S»<br />

erkennt darin <strong>die</strong> E rfü llu n g jener g eh eim n isv o llen W e is ­<br />

sag u n g , <strong>die</strong> siebenhundert Iahrc zuvor durch den Propheten Icsaja<br />

an den trotzigen König Ahas geschah, in einer Stunde schwerer Gefahr<br />

seines Landes: Gott gibt ein Zeichen da<strong>für</strong>, daß E r der Herr ist,<br />

dem man allein trauen soll: Von einer Iungfrau wird ein Sohn geboren,<br />

der verheißene Bönig, dem seine Mutter nur den Namen „Im -<br />

manuel", d. h. „M it uns ist Gott", geben kann, weil Gottes Hilfe<br />

schon hereinbricht und <strong>die</strong> drohenden Mächte in Kürze erledigt sind.<br />

W as der Prophet als unmittelbar bevorstehend schaute, das ist erst in<br />

Christi Geburt geschehen. Hier ist Immanuel, in dem Gott mit uns ist,<br />

hier ist <strong>die</strong> große Notwende, nicht mehr nur <strong>für</strong> das eine Volk, sondern<br />

<strong>für</strong> Gottes Volk in aller Menschheit. „All unsre Not zum End Er<br />

dringt!"<br />

Die andere Lesung: Markus 3, s;—ss.<br />

Donnerstag nach dem 4. Advent<br />

!. So spricht der Herr zu Seinem Gesalbten,<br />

dem Bores, den ich bei seiner<br />

rechten Hand ergreife, daß ich <strong>die</strong> Heiden<br />

vor ihm unterwerfe und den Lönigen<br />

das Schwert abgürte, auf daß<br />

vor ihm <strong>die</strong> Türen geöffnet werden<br />

und <strong>die</strong> Tore nicht verschlossen bleiben:<br />

r. Ich will vor dir her gehen und <strong>die</strong><br />

Höcker eben machen; ich will <strong>die</strong> ehernen<br />

Türen zerschlagen und <strong>die</strong> eisernen<br />

Riegel zerbrechen<br />

3. und will dir geben <strong>die</strong> heimlichen<br />

Schätze und <strong>die</strong> verborgenen Kleinode,<br />

auf daß du erkennest, daß Ich, der<br />

Herr, der Gott Israels, dich bei deinem<br />

Namen genannt habe,<br />

4. um Iakobs, Meines Knechtes, willen<br />

und um Israels, Meines Auserwählten,<br />

willen. I«, ich rief dich bei<br />

deinem Namen und nannte dich, da du<br />

Mich noch nicht kanntest,<br />

s. Ich bin der Herr, und sonst keiner<br />

mehr; kein Gott ist außer Mir. Ich<br />

habe dich gerüstet, da du Mich noch<br />

nicht kanntest,<br />

d. auf daß man erfahre, beide, von der<br />

Sonne Aufgang und der Sonn« Niedergang,<br />

daß außer Mir keiner sei. Ich<br />

bin der Herr, und keiner mehr!<br />

7. der Ich das Licht mache und schaffe<br />

<strong>die</strong> Finsternis, der Ich 8ricden gebe<br />

und schaffe das Übel. Ich bin der Herr,<br />

der solches alles tut.<br />

r. Träufelt, ihr Himmel, von oben,<br />

und <strong>die</strong> Wolken regnen Gerechtigkeit.<br />

Die Erde tue sich auf und bringe Heil,<br />

und Gerechtigkeit wachse mit zu. Ich,<br />

der Herr, schaffe es. Ics. 4s, ? - r<br />

„Ich bin der Herr und sonst keiner mehr." „Ich will vor dir hergehen<br />

und <strong>die</strong> Höcker eben machen." Koresch (Lyrus) ist ein weltlicher Herrscher,<br />

aber auch seine Macht und sein Vermögen hängt davon ab, ob<br />

Gott vor ihm hergeht und ihm <strong>die</strong> Wege freigibt. Auch <strong>die</strong> 8instcrnis<br />

ist von Gott und auch das Übel (Vers 7): über alles ist E r der


5»<br />

4- Woche im Advent<br />

Herr. <strong>Das</strong> sollen wir wissen, wenn wir des kommenden Sohnes gedenken:<br />

das Lind in der Lrippc ist der Lönig, der von Sich sagen'<br />

wird: „Ohne Mich könnt ihr nichts tun". <strong>Das</strong> „ihr" bezicht sich auf<br />

alle, <strong>die</strong> auf E rden w ohnen. „Auf daß man erfahre, von der<br />

Sonne Aufgang und der Sonne Niedergang, daß außer M ir keiner<br />

sei." (v. b)<br />

Die andere Lesung: Ies. ss, 10.<br />

- ! ! l l ' ' i ' ' l<br />

Freitag nach dem 4. Advent<br />

?3. Siehe, mein Unecht wird weislich<br />

tun und wird erhöht und sehr hoch<br />

erhaben sein.<br />

-4- Gleichwie sich viele an Dir ärgern<br />

werden, weil Seine Gestalt häßlicher<br />

ist denn anderer Leute und Sein Ansehen<br />

denn der Menschenkinder,<br />

>5. also wird Lr viele Heiden besprengen,<br />

daß auch Lönige werden<br />

ihren Mund vor Ihm zuhalten. Denn<br />

welchen nichts davon verkündigt ist,<br />

<strong>die</strong> wcrdcn's mit Lust sehen: und <strong>die</strong><br />

nichts davon gehört haben, <strong>die</strong> werdend<br />

merken.<br />

l- Aber wer glaubt unsrer predigt,<br />

und wem wird der Arm des Herrn<br />

offenbart?<br />

r. Den» Lr schoß auf vor Ihm wie<br />

ein Reis und wie eine Wurzel aus<br />

dürrem Erdreich. Lr hatte keine Gestalt<br />

noch Schöne; wir sahen Ihn,<br />

aber da war keine Gestalt, <strong>die</strong> uns gefallen<br />

hätte.<br />

5. Lr war der Allcrverachtetste und<br />

Unwerteste, voller Schmerzen und<br />

Krankheit. Lr war so verachtet, daß<br />

man das Angesicht vor Ihm verbarg;<br />

darum haben wir Ihn nichts geachtet.<br />

4- Fürwahr, Lr trug unsre Krankheit<br />

und lud auf Sich unsre Schmerzen,<br />

w ir aber hielten Ihn <strong>für</strong> Den, der<br />

geplagt und von Gott geschlagen und<br />

gemartert wäre.<br />

s. Aber Lr ist um unsrer Missetat willen<br />

verwundet und um unsrer Sünde<br />

willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf<br />

Ihm, auf daß wir Frieden hätten, und<br />

durch Seine Wunden sind wir geheilt,<br />

d. w ir gingen alle in der Irre wie<br />

Schafe, ein jeglicher sah auf seinen<br />

w eg: aber der Herr warf unser aller<br />

Sünde auf Ihn. Ies. 5r ,; 3—53, b<br />

W w jubeln im Advent unserm Lönige zu. Und daran ist auch gar kein<br />

Zweifel: E r ist unser Lönig, der da kommen wird in unaussprechlicher<br />

Hoheit und Schöne, des Reich kein Ende haben wird. Aber das will<br />

geglaubt sein. Zu sehen ist an Ihm ganz anderes: Niedrigkeit, Ohnmacht,<br />

Leiden, mit einem W o rt: das Lreuz. Es gibt Seinem ganzen<br />

Leben <strong>die</strong> Gestalt — auch dem Leben Seiner Lirche. Auch da: keine<br />

Gestalt noch Schöne, auch da: Wunden und Entstellung. Daß man<br />

Anstoß nimmt an Jesus und an Seiner Lirche, begreiflich genug!<br />

w aru m ist unser Lönig so niedrig in <strong>die</strong> W elt gekommen? w i r kennen<br />

den Grund und darum nehmen wir keinen Anstoß an Seiner Niedrigkeit.<br />

Lr wollte unsere Lrankheit teilen und tragen, um uns dadurch


4. Woche im Advent S7<br />

zu heilen. Auch im A dvent m uß m an des L a r fre ita g s gedenken.<br />

Unser Lönig ist der <strong>für</strong> uns Gekreuzigte.<br />

Die andere Lesung: Johannes ;g, rs—47.<br />

;r. Die Geburt Christi war aber also<br />

getan. Als Maria, Seine Mutter, dem<br />

Joseph vertrauet war, fand sich's, ehe<br />

er sie heimholte, daß sie schwanger<br />

war von dem Heiligen Geist.<br />

?g. Joseph aber, ihr Mann, war<br />

fromm und wollte sie nicht in Schande<br />

bringen, gedachte aber, sie heimlich zu<br />

verlassen.<br />

ro. Indem er aber also gedachte, siehe,<br />

da erschien ihm ein Engel des Herrn<br />

im Traum und sprach: Joseph, du<br />

Sohn Davids, <strong>für</strong>chte dich nicht, Maria,<br />

dein Gemahl, zu dir zu nehmen;<br />

denn das in ihr geboren ist, das ist<br />

von dem Heiligen Geist,<br />

ri. Und sie wird einen Sohn gebären,<br />

des Namen sollst du Jesus heißen;<br />

24. Dezember<br />

denn Lr wird Sein Volk selig machen<br />

von ihren Sünden.<br />

rr. <strong>Das</strong> ist aber alles geschehen, auf<br />

daß erfüllet würde, was der Herr<br />

durch den Propheten gesagt hat, der<br />

da spricht:<br />

rs. „Siehe, eine Jungfrau wird<br />

schwanger sein und einen Sohn gebären,<br />

und sie werden Seinen Namen<br />

Jmmanucl heißen", das ist verdolmetscht:<br />

Gott mit uns.<br />

24. Da nun Joseph vom Schlaf erwachte,<br />

tat er, wie ihm des Herrn<br />

Engel befohlen hatte, und nahm sein<br />

Gemahl zu sich.<br />

rs. Und er erkannte sie nicht, bis sie<br />

ihren ersten Sohn gebar; und hieß<br />

seinen Namen Jesu. Match.-, zr—rs<br />

<strong>Das</strong> ist das selige Wunder der Weihnacht: in unsere mit Gott entzweite<br />

Menschheit hinein wird der geboren, der ganz und allein durch<br />

Gottes Geist bestimmt ist. Ein wirkliches Menschenkind wie wir,<br />

aber der ganz neue Mensch: in Ihm wird der Bann gebrochen, der<br />

von Adam her uns alle gefangen hält; in Ihm endet der Ungehorsam,<br />

dem w ir alle verfallen sind; der Mensch Gottes, der Gehorsame, ist<br />

geboren, von Ihm geht Gerechtigkeit aus auf uns alle. I n Ihm<br />

kommt Gott Selber zu uns, ist <strong>für</strong> uns da: „Immanuel". Darum ist<br />

das Lind, das zu Weihnachten geboren wird, „ J e s u s " , Helfer, Heiland,<br />

Seligmacher. Jesus hilft uns aus unserer Sünde. Sie ist Grund<br />

und Tiefe aller unserer Not. Sie trennt von Gott, sie schließt von<br />

Seinem Leben aus. Von ihr kommt der Tod, der furchtbar über alle<br />

Menschheit herrscht. Jesus bringt uns vom Vater <strong>die</strong> Vergebung unserer<br />

Sünden. Damit hilft L r aus aller Not. „Denn wo Vergebung<br />

der Sünden ist, da ist auch Leben und Seligkeit." Freue, freue dich,<br />

0 Christenheit!<br />

Dir andere Lesung: Römer s, zr. -bb. 17— rz.


5» <strong>Das</strong> Heilige Christfest<br />

<strong>Das</strong> weihnachtsfeft<br />

„Mitten in, kalten Winter, wohl zu der halben Nacht" feiert <strong>die</strong> christliche<br />

<strong>Gemeinde</strong> das Ast der Geburt des Heilandes. „<strong>Das</strong> ewig Licht<br />

geht da herein, gibt der W elt ein' neuen Schein."<br />

Die W elt lag im Dunkel. Der Gottessohn trat ein, um <strong>die</strong> Schlafenden<br />

zu wecken, <strong>die</strong> Schuldverhafteten zu befreien, <strong>die</strong> dem Tode verfallenen<br />

durch <strong>die</strong> Auferstehung ins Reich ewiger Freude und Herrlichkeit zu<br />

führen. Die W elt verschließt Ihm ihre Türen. „Sie hatten keinen<br />

Raum in der Herberge." L r aber nimmt Seinen w e g in Herzen und<br />

Häuser, <strong>die</strong> Schlüssel der Hölle und des Todes, den Schlüssel zum<br />

vaterhcrzen Gottes in Seiner Hand haltend.<br />

W ohl wünscht <strong>die</strong> W elt den Gottgesandten — aber sie wünscht Ih n<br />

um ihrer eigenen Ehre willen im königlichen Gewand und auf königlichem<br />

Thron zu sehen. Christus aber kommt in Lnechtsgestalt.<br />

Die wcihnachtsbotschaft erklingt durchs ganze Rirchcnjahr. An jedem<br />

Sonntag hören wir sie im Gottes<strong>die</strong>nst:<br />

Lhre sei Gott in der Höhe<br />

und Friede auf Erden<br />

und den Menschen ein Wohlgefallen!<br />

Am heiligen Weihnachtsfeste gehen wir ihr in allen ihren Linzelzügen<br />

nach. w i r sammeln uns um <strong>die</strong> wcihnachtsgeschichte, wie Lukas sie<br />

erzählt (Luk. r, ;— -4): <strong>Das</strong> Fest der Menschwerdung Gottes, w ir<br />

beten das Wunder an, daß der Sohn Gottes eingeht in unser Fleisch<br />

und B lut (Ioh. ;). w i r schauen das Unbegreifliche, daß Christus,<br />

das Urbild der Wahrheit und der Liebe, in eine W elt trat, <strong>die</strong> Ihm<br />

mit ihrer Lüge und Lieblosigkeit den Tod bereiten sollte, w i r sehen im<br />

Geiste hinter der Lrippe das Äreuz. <strong>Das</strong> hat auch im Kirchenjahr seinen<br />

sinnvollen Ausdruck gefunden in den zwei Märtyrertagen, <strong>die</strong> nach<br />

alter Überlieferung in der Weihnachtswochc gehalten werden: dem<br />

„Tag des Stephanus" und den, „Tag der Unschuldigen Lindlein".<br />

Die Botschaft <strong>die</strong>ser Tage (Ap.-Gesch. ö, «— ,0; 7, 54—59. Matth. r,<br />

)§) dämpft nicht unsere wcihnachtsfreude, wenn anders <strong>die</strong>se<br />

Freude im Glauben gegründet ist; sie hilft uns vielmehr, <strong>die</strong> Wirklichkeit<br />

der Weihnachtsbotschaft erst recht zu erkennen: W elt war verloren<br />

— Christ ward geboren. Sie vertieft unsere Erkenntnis von der<br />

Hoheit und Gewalt der Liebe Gottes in Christus Iesus.


Der Heiligt Abend »9<br />

Dennoch erfüllt tiefe Freude unser Herz. W ir freuen uns mit den Hirten<br />

auf dem Felde, <strong>die</strong> als erste <strong>die</strong> Heiistat Gottes erkennen dürfen<br />

(Luk. r, 8— -7), mit der greisen W itw e Hanna und dem gottes<strong>für</strong>chtigen<br />

Simcon, der den Tod nicht sehen sollte, ehe denn er den Heiland<br />

geschaut hätte (Luk. r, rs—sr).<br />

<strong>Das</strong> Geburtsdatum Jesu war der Christenheit nie bekannt. Aber der Wunsch,<br />

den Eintritt Jesu in <strong>die</strong> Welt zu feiern, ließ sich nicht bannen. Es entstand im<br />

zweiten Jahrhundert das Epiphaniasfest, an dem <strong>die</strong> Geburt Jesu mitgefeiert<br />

wurde. In der Mitte des 4. Jahrhunderts aber schuf sich <strong>die</strong> abendländische<br />

Christenheit ihr selbständiges wcihnachtsfest. Sie tat es in Anknüpfung an feste<br />

8cicrtcrmine Roms: sie tat es, wie eine Reihe alter predigten ausweist, unter<br />

Verwendung von Zormeln, <strong>die</strong> mit dem römischen Sonnenfest verknüpft<br />

waren. Dabei bezog sie den Hinweis des Propheten Maleachi auf Christus<br />

(Mal. s, ro: „Euch soll aufgehen <strong>die</strong> Sonne der Gerechtigkeit") in <strong>die</strong> Gestaltung<br />

<strong>die</strong>ses neuen festes ein. Sie goß in ein heidnisch-religiöses 8cst den vcrkündigungsinhalt<br />

des christlichen Evangeliums. Diese Gedanken fanden schnell<br />

bei allen christlichen Völkern der Welt Eingang. In wenigen Jahrzehnten war<br />

das eigene wcihnachtsfest wie in Europa so in Asien und in Nordafrika<br />

heimisch geworden.<br />

Am weihnachtsfcst erschloß sich <strong>die</strong> christliche 8reude in volkstümlicher Tiefe<br />

tind Breite, wie sonst bei keinem der anderen christlichen 8cste. vom s. Jahrhundert<br />

an kamen <strong>die</strong> Krippen- und Weihnachtsspiele in Übung und Brauch.<br />

Besonders tief hat sich nach dem Urteil auch anderer Völker das Gemüt der<br />

Deutschen mit dem weihnachtsfcste verbunden.<br />

Dichter und Musiker, Maler und Bildhauer haben von der wcihnachtsbotschaft<br />

<strong>die</strong> stärksten Antriebe <strong>für</strong> ihr Schaffen erhalten. Ihre Kunstwerke zeigen,<br />

wie unser Volk durch <strong>die</strong> Weihnachtsbotschaft in den Tiefen seines Wesens<br />

ergriffen worden ist.<br />

während der Weihnachtszeit tragen Kirchen und Häuser lieblichen Schmuck.<br />

Vor allem ist es der grüne Christbaum, der wie <strong>die</strong> Bäume des Para<strong>die</strong>ses<br />

Blüten und Süchte zugleich tragen darf. Durch Christi Geburt kündet sich ja<br />

an, daß das Para<strong>die</strong>s nicht mehr verschlossen ist. Der Stern des Epiphaniasfestes<br />

krönt den Baum, unter dem vielfach nach guter christlicher Sitte <strong>die</strong><br />

Gestalten der heiligen Hamilie ausgestellt sind, Maria und Joseph, das Lind<br />

in der Krippe, dazu der Engel Gottes, <strong>die</strong> Hirten und Herden von dem 8clde,<br />

<strong>die</strong> weisen aus dem Morgcnlande. Altar und Kanzel erstrahlen in weiß, der<br />

liturgischen 8arbe der Lhristusfcstc.<br />

Der Vorabend des F e s t e s :<br />

Der Heilige Abend<br />

Schon am Vorabend des Festes möchte <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> den Glanz weihnachtlicher<br />

Herrlichkeit schauen. Die Lhristmette, d. h. Morgenandacht,<br />

ursprünglich in nächtlicher Frühe des ersten Festtages gehalten, ist viel­


tzs<br />

<strong>Das</strong> Heilige Christfest<br />

fach vorverlegt und zur C hristvcsper am letzten Adventstage geworden.<br />

w ie das Licht des Festes vorweg leuchtet, so scheint es noch<br />

lange nach in der Lpiphaniaszeit, <strong>die</strong> der Weihnachtszeit folgt.<br />

Chriswesper am Heiligen Abend<br />

Die Geburt Christi war aber also<br />

getan. Als Maria, Seine Mutter, dem<br />

Joseph vertrauet war, fand sich's, ehe<br />

er sie heimholte, daß sie schwanger<br />

war von dem Heiligen Geist,<br />

lg- Joseph aber, ihr Mann, war<br />

fromm und wollte sie nicht in Schande<br />

bringen, gedachte aber, sie heimlich zu<br />

verlassen.<br />

ro. Indem er aber also gedachte, siehe<br />

da erschien ihm ein Engel des Herrn<br />

im Traum und sprach: Joseph, du<br />

Sohn Davids, <strong>für</strong>chte dich nicht, Maria,<br />

dein Gemahl, zu dir zu nehmen;<br />

denn das in ihr geboren ist, das ist<br />

von dem Heiligen Geist,<br />

rz. Und sie wird einen Sohn gebären,<br />

des Namen sollst du Jesus heißen;<br />

D a s Evangelium<br />

denn Lr wird Sein Volk selig machen<br />

von ihren Sünden.<br />

rr. <strong>Das</strong> ist aber alles geschehen, auf<br />

daß erfüllet würde, was der Herr<br />

durch den Propheten gesagt hat, der<br />

da spricht:<br />

rA. „Siehe, eine Jungfrau wird<br />

schwanger sein und einen Sohn gebären,<br />

und sie werden Seinen Namen<br />

Jmmanucl heißen", das ist verdolmetscht:<br />

Gott mit uns.<br />

24. Da nun Joseph vom Schlaf erwachte,<br />

tat er, wie ihm des Herrn<br />

Engel befohlen hatte, und nahm sein<br />

Gemahl zu sich.<br />

rs. Und er erkannte sie nicht, bis sie<br />

ihren ersten Sohn gebar; und hieß<br />

seinen Namen Jesus.<br />

M a tth .;r —rs<br />

Die Stunde der Geburt des Sohnes Gottes! w ie wenig entspricht sie<br />

unsern menschlichen Erwartungen! w arum kommt L r nicht in der<br />

Fülle all Seiner göttlichen Herrlichkeit? w aru m muß L r als ein Lind<br />

geboren werden, hinein in Elend und Not, Armut und Niedrigkeit <strong>die</strong>ser<br />

W elt? Seine Mutter ist wie andere Mütter; L r wird geboren wie<br />

andere Linder. Aber das ist nicht alles. Menschcnaugen sehen auch<br />

Schmach und Schande. Ioseph, M arias Verlobter, will seine Braut<br />

verlassen, weil er meint, sie sei ihm untreu geworden. Aber was seinen<br />

menschlichen Augen verborgen ist, zeigt ihm der Engel im Traum. Da<br />

wird vor dem glaubenden Herzen zu nichts, was Vernunft und Vorsicht<br />

raten. S o sehr verbirgt sich das wirken des Heiligen Geistes. Auf <strong>die</strong><br />

Erde und in unser menschliches Wesen ward Christus gestellt; und doch<br />

ist L r vom Heiligen Geist geboren. Sein Leben ist Geschichte und doch<br />

weit erhaben über allem menschlichen Tun und Treiben. Darum ist das


Lhristvesper am Heiligen Abend 0)<br />

Wunder Seiner Geburt ein Geheimnis, vor dem wir uns anbetend<br />

beugen. L r war ein Mensch von Fkisch und Blut, wie wir, von<br />

Freude und Leid erfüllt, wie wir, und hatte doch keinen Anteil an unserer<br />

Bosheit. Denn Seine Heimat ist <strong>die</strong> ewige W elt Gottes.<br />

S o ist L r zum Heiland unserer irdischen W elt geworden. <strong>Das</strong> deutet<br />

auch Sein Name an. „Du sollst Ih n Ie s u s heißen", sagt der<br />

Lngcl, „denn L r wird Sein Volk selig machen von ihren Sünden".<br />

Also erfüllt sich <strong>die</strong> Verheißung des Propheten Iesaja von der Iungfrau,<br />

<strong>die</strong> einen Sohn gebären wird, zwar nicht wörtlich, wohl aber<br />

dem Sinne nach. Der Prophet sagt: L r wird Im m an u e l heißen, das<br />

ist verdolmetscht: Gott mit uns. Joseph nennt den Sohn der M aria<br />

Jesus, das ist: Gott hilft, w ie hilft G ott uns durch den, der einst<br />

unter so viel Llcnd geboren wurde! Über alle Maßen hat sich in der<br />

Weihnachtsstunde erfüllt, was der Prophet einst voll Sehnsucht erwartete.<br />

D ie Epistel<br />

?r. Dcrhalben, wie durch einen Menschen<br />

<strong>die</strong> Sünde ist gekommen in <strong>die</strong><br />

Welt und der Tod durch <strong>die</strong> Sünde,<br />

und ist also der Tod zu allen Menschen<br />

durchgerungen, <strong>die</strong>weil sie alle gesündigt<br />

haben; —<br />

zs. denn <strong>die</strong> Sünde war wohl in der<br />

Welt bis auf das Gesetz; aber wo kein<br />

Gesetz ist, da achtet man der Sünde<br />

nicht.<br />

?4. Doch herrschte der Tod von Adam<br />

an bis auf Mose auch über <strong>die</strong>, <strong>die</strong><br />

nicht gesündigt haben mit gleicher<br />

Übertretung wie Adam, welcher ist<br />

ein Bild des, der zukünftig war.<br />

;s. Aber nicht verhält sich's mit der<br />

Gabe wie mit der Sünde. Denn so an<br />

eines Sünde viele gestorben sind, so<br />

ist viel mehr Gottes Gnade und Gabe<br />

vielen reichlich widerfahren durch <strong>die</strong><br />

Gnade des einen Menschen Jesus<br />

Christus.<br />

ib. Und nicht ist <strong>die</strong> Gabe allein über<br />

eine Sünde, wie durch des einen<br />

Sünders eine Sünde alles Verderbe».<br />

Denn das Urteil ist gekommen aus<br />

einer Sünde zur Verdammnis; <strong>die</strong><br />

Gabe aber hilft auch aus vielen Sünden<br />

zur Gerechtigkeit.<br />

Denn so um des einen Sünde<br />

willen der Tod geherrscht hat durch<br />

den einen, viel mehr werden <strong>die</strong>, so<br />

da empfangen <strong>die</strong> Wie der Gnade und<br />

der Gabe zur Gerechtigkeit, herrschen im<br />

Leben durch einen, Jesum Christum,<br />

zs. w ie nun durch eines Sünde <strong>die</strong><br />

Verdammnis über alle Menschen gekommen<br />

ist, also ist auch durch eines<br />

Gerechtigkeit <strong>die</strong> Rechtfertigung des<br />

Lebens über alle Menschen gekommen.<br />

;g. Denn gleichwie durch eines Menschen<br />

Ungehorsam viele Sünder geworden<br />

sind, also auch durch eines<br />

Gehorsam werden viele Gerechte,<br />

ro. <strong>Das</strong> Gesetz aber ist neben eingekommen,<br />

auf daß <strong>die</strong> Sünde mächtiger<br />

würde, w o aber <strong>die</strong> Sünde<br />

mächtig geworden ist, da ist doch <strong>die</strong><br />

Gnade mel mächtiger geworden,<br />

r;. auf daß, gleichwie <strong>die</strong> Sünde geherrscht<br />

hat zum Tode, also auch herrsche<br />

<strong>die</strong> Gnade durch <strong>die</strong> Gerechtigkeit<br />

zum ewigen Leben durch Jesum Christum,<br />

unsern Herrn. Röm. b, jr—r-


di<br />

Da« Heilig« Lhristfest<br />

Diese Epistel lenkt unsern Blick auf den S inn des weihnachtsgeschehens.<br />

w e r ist der, der da geboren werden soll, und weshalb mußte<br />

Christus, der Sohn des lebendigen Gottes, auf <strong>die</strong>se Erde kommen)<br />

Der Apostel antwortet: L r ist der zweite Adam, der zum Guten wendet,<br />

was der erste zum Bösen gewendet und verschuldet hat. Der eine<br />

ist das Urbild des unerlösten Menschen, der andere der Lrlöser.<br />

Als Gott den Menschen erschuf, erschuf L r ihn Sich Selbst zum<br />

Bilde. S o lebte der Mensch im Anfang jenseits von Gut und Böse,<br />

im Frieden mit sich selbst und allen anderen Geschöpfen. <strong>Das</strong> war das<br />

P a ra d ie s der Unschuld.<br />

Einmal aber geschah es — niemand kann sagen, wann das war, niemand<br />

kann erklären, wie es möglich war — aber einmal geschah es,<br />

daß der Mensch der Stimme des Versuchers nachgab. L r übertrat Gottes<br />

Gebot und folgte seinem eigenen w illen, w a s lockte ihn) Lr<br />

wollte sein, wie Gott, und wissen, was gut und böse ist. Als aber <strong>die</strong><br />

Sünde geschehen war, da wußte er zwar, was gut und böse ist, doch<br />

nicht so, wie G o tt darum weiß. L r wußte darum als ein schuldig<br />

Gewordener. S o gingen ihm <strong>die</strong> Augen auf. Ihm wurde klar, daß er<br />

betrogen war, und er begann sich zum ersten Male zu schämen.<br />

Dem Verlust der Unschuld folgt der V erlust des ew igen Lebens im<br />

Para<strong>die</strong>se auf dem Fuße nach. Denn wie kann der Mensch ewig leben<br />

niit einem schuldbeladenen Gewissen und mit Schani im Herzen) Der<br />

Tod ist nun <strong>für</strong> ihn Strafe, wenngleich oft eine gnädige Strafe. Denn<br />

auf seinem Leben lastet der Fluch der Sünde. „Dornen und Disteln soll<br />

dir der Acker tragen; unter Schmerzen sollst du Linder gebären". <strong>Das</strong><br />

war der erste Adam. <strong>Das</strong> sind w ir alle, weil w ir alle uns in <strong>die</strong>sem<br />

Bilde des ersten Adam wiedererkennen.<br />

Aber nun steht heute vor uns das Bild der Mutter Maria mit dem<br />

Äindlein in der Lrippe, und wir fragen: w e r ist der, der dort in<br />

Bethlehem geboren wurde) Der Apostel antwortet: L r ist der zweite<br />

Adam, der das zum Guten gewendet hat, was der erste verschuldete.<br />

Denn <strong>die</strong>ser Jesus, der hier als Lind vor uns liegt, war der einzigö<br />

Mensch, der Gott in allem gehorsam war. L r lehrte <strong>die</strong> Menschen<br />

Gottes w illen so klar wie kein anderer, L r heilte <strong>die</strong> Äranken, Lr tröstete<br />

<strong>die</strong> Betrübten, L r w ar der Freund derer, <strong>die</strong> <strong>die</strong> W elt verachtet.<br />

Lr gab Sein Leben hin <strong>für</strong> uns und trug den Fluch der Sünde, der<br />

auf uns lastete, an Sein Lreuz.


Christvcspcr am Heiligen Abend<br />

bs<br />

S o stellt L r uns den Menschen vor Augen, den Gott im Sinne hatte,<br />

als L r ihn schuf. Gott schuf den Menschen Sich Selbst zum Bilde.<br />

Christus ist der zweite Adam, weil an Ihm der Mensch sichtbar wird,<br />

der Gottes Lbenbild ist. Aber durch Ih n hilft Gott uns auch. Denn<br />

Gott ist Liebe und Christus ist Gottes Lbenbild, weil L r uns über alle<br />

Maßen geliebt hat. Darum stammen von Ihm alle Gnadengabcn des<br />

lebendigen Gottes. Durch Ih n allein erkennen wir Gott, um Seinetwillen<br />

vergibt Gott Sünde, von Ihm kommt aller Segen des Glaubens,<br />

der Liebe und der Hoffnung. S o kann man also den ersten und den<br />

zweiten Adam wohl äußerlich miteinander vergleichen, aber in ihrem<br />

Wesen sind sie ganz und gar verschieden. Im Bilde des einen stehen <strong>die</strong><br />

Zeichen des Ungehorsams, der Gottesfeindschaft und des Todes, auf dem<br />

Angesicht des anderen <strong>die</strong> Zeichen des Gehorsams, der Versöhnung und<br />

des ewigen Lebens. Darum singen w ir zu Weihnachten: <strong>Das</strong> ewig<br />

Licht geht da herein, gibt der W elt ein' neuen Schein. L s leucht't wohl<br />

mitten in der Nacht und uns des Lichtes Linder macht. Lyrieleis.—<br />

Der 24. Dezember trägt sinnvoll im Lalender den Namen „Adam und<br />

Lva".<br />

D a s Lied des Heiligen Abend<br />

vom Himmel hoch, da komm ich her.<br />

Luther schenkte unserer Lirche im zehnten Iahre seiner Lhe, nachdem<br />

sein Haus ein kinderreiches geworden war, <strong>die</strong>ses Lied innigster unmittelbarster<br />

Weihnachtsverkündigung. Seine kindlichen Strophen<br />

sind keinem gläubigen Gemüt zu kindlich, steht doch hier der Lämpfer<br />

Luther selber als Lind seines Gottes unter uns, ein leuchtendes Vorbild<br />

mannhafter und zugleich kindlicher Gläubigkeit.<br />

Ursprünglich trat das Lied mit einer anderen Melo<strong>die</strong> hervor; bald erhielt<br />

es <strong>die</strong>se weise eines deutschen Volksliedes, <strong>die</strong> ihm so sehr eignet,<br />

als ob sie eigens <strong>für</strong> den Text geschaffen wäre. Ihre fünfzehnfache<br />

Wiederholung wird keiner wcihnachtsgemeindc zu viel.<br />

w ie <strong>die</strong> Verse im Gottes<strong>die</strong>nst verteilt werden, ist in der folgenden<br />

Besprechung der wcihnachtslicdcr gesagt, w ie sie daheim im Linderzimmer<br />

unter <strong>die</strong> Handelnden verteilt werden, finden Linder eines<br />

christlichen Hauses selber, wenn sie mit <strong>die</strong>sem Liede ihr „Lrippenspiel"<br />

gestalten.<br />

<strong>Das</strong> Schlußwort vom neuen Ia h r erinnert uns daran, daß Luther<br />

mit dem rs. Dezember <strong>die</strong> neue Jahreszahl zu setzen pflegte; ihm fiel<br />

Weihnachten und Neujahr zusammen.


-4 <strong>Das</strong> Heilige Christfest<br />

Ls ist etwas wundersames um <strong>die</strong> volle gläubige Hingabe eines Dichters<br />

an <strong>die</strong>ses innigste Stück biblischer Geschichte.<br />

D a s Gebet des Tages<br />

D G ott, der D u <strong>die</strong>se geweihte Nacht im Glänze des wahren Lichtes<br />

hast scheinen lassen, verleihe, daß wir dort im Himmel der Freuden<br />

jenes Lichtes inne werden, dessen Geheimnisse D u uns hier auf<br />

Erden offenbart hast, durch unsern Herrn Jesum Christum, der da<br />

ist das wahrhaftige Licht, und mit D ir und dem Heiligen Geiste<br />

lebt und herrscht, wahrer G ott immer und ewiglich. Amen.<br />

D a s Weihnachtslied in H aus und <strong>Gemeinde</strong>*<br />

Au keiner Zeit des Jahres wird so viel gesungen, wie zu der Weihnachtszeit.<br />

Zu keiner Zeit klingen <strong>die</strong> Lieder so fröhlich, wie zu Weihnachten. Ls ist, als<br />

weckte das Lind in der Lrippc den Lindcssinn wieder auf, den uns das Leben<br />

so oft raubt. Unsere deutsche evangelische Lirche hat einen Schatz von weihnachtslicdcrn,<br />

wie keine Lirche und kein Volk der Welt. Lr kündet zugleich,<br />

wie tief <strong>die</strong> Botschaft von Christus in Herz und Gemüt des Deutschen gedrungen<br />

ist.<br />

w ir singen Luthers großes wcihnachtszcugnis aus seinem ersten Gesangbuch<br />

von -624:<br />

Gelobet seist Du, Jesu Christ,<br />

das unter dem ersten Feiertag besprochen ist. w ir denken an <strong>die</strong> Lieder, <strong>die</strong><br />

Luther als Lnabe mit der Lurrende sang. vor uns steht der „Duempas", <strong>die</strong><br />

volkstümliche Abkürzung des Hirtcnliedcs: Ctuem pastores laudavere oder in<br />

der deutschen Form:<br />

Den <strong>die</strong> Hirten lobten sehre<br />

Im Geiste hören wir es singen:<br />

In dulci subilo<br />

Nun singet und seid froh<br />

oder jenen altkirchlichen lateinischen und dann verdeutschten Sang:<br />

Der Tag, der ist so freudenreich.<br />

w ir gehen weiter mit dem Reformator, treten ein in seine Familie und hören<br />

ihn mit seiner Lindcrschar sein „Linderlied auf <strong>die</strong> Weihnacht -6Sg" singen:<br />

Vom Himmel hoch, da komm ich her,<br />

dessen einzelne Verse wir möglichst, je ob sie <strong>die</strong> Stimmen der Engel oder der<br />

anbetenden Hirten darstellen, unter <strong>die</strong> Sänger sinngemäß verteilen. Daneben


<strong>Das</strong> Weihnachtslied<br />

SS<br />

steht jenes ernstere Lied, das Spuren des Lhristenkampfes verrät, wie ihn der<br />

Reformator führen mußte:<br />

Vom Himmel kam der Engel Schar,<br />

das aber vielfach nach der frohen Weise des vorigen Liedes gesungen wird.<br />

Luthers Lied gesellt sich ebenbürtig zur Seite manch anderer Weihnachtssang<br />

des Reformationsjahrhunderts. Da steht in vorderster Reihe das aus strahlender<br />

Freude heraus gesungene wcihnachtslied des Lantors von Ioachimsthal,<br />

Nikolaus Hermann, jenes gottbegnadetcn Erziehers, den sein christlicher Frohsinn<br />

bis ins Alter hinein geleitete:<br />

Lobt Gott, ihr Christen allzugleich.<br />

Diesem hat der Dichter ein Gegenstück <strong>für</strong> Ostern an <strong>die</strong> Seite gestellt, das<br />

Lied starker, wenn auch gehaltener Freude: Erschienen ist der herrlich Tag.<br />

Man spürt beiden den starken Hauch lutherischen Geistes an, der dem Gymnasium<br />

im sudctendeutschcn Ioachimsthal durch den Rektor Johann Matthesius<br />

mitgeteilt war, der oft zu Luther nach wittenberg reiste. Ähnliches gilt <strong>für</strong><br />

Johann Spangenbergs, des Reformators von Nordhausen und Mansfeld,<br />

fröhliches Weihnachtslied:<br />

Alle Welt springe und lobsinge,<br />

in das unsere Rinder schnell mit ganzer Hingabe einstimmen. Aus demselben<br />

Jahrhundert sind uns übermittelt eines Dresdener Theologen Lied:<br />

Wir Lhristenleut han jetzund Freud<br />

und des Magdeburger Lantors Leonhard Schröters<br />

Freuet euch, ihr lieben Christen.<br />

w ir schreiten ins nächste Jahrhundert und singen mit Paul Gerhardts Worten<br />

nach der weise des Ouempas:<br />

Lommt und laßt uns Christum ehren<br />

oder — etwa am r. heiligen Festtage — jene beiden Lieder, <strong>die</strong> kindlichen<br />

Frohsinn mit tiefsten Gedanken vereinen:<br />

Ich steh an Deiner Lrippe hier<br />

und<br />

Fröhlich soll mein Herz« springen,<br />

das letzte nach der Melo<strong>die</strong> Johann Lrügers, des Lantors der Nikolaikirche in<br />

Berlin, auf deren Lanzel Paul Gerhardt stand. Ein Zeitgenosse Gerhardts<br />

war Christian Leymann, der uns das wcihnächtlich frohe Lied schenkte:<br />

Freuet euch, ihr Christen alle<br />

mit dem vielfachen Halleluja zu Beginn und am Schluß, wieder ein anderer<br />

Zeitgenosse, der gelehrte und fromme Dichter und Licdforscher Johann Olearius,<br />

sang in Anlehnung an <strong>die</strong> Weissagung Jesaias g ein Lied auf das königlich«<br />

Weihnachtsrind: ^ .<br />

wunderbarer Gnadcnthron.<br />

3 <strong>Das</strong> Lirchenbuch


Stz<br />

<strong>Das</strong> Heilige Christfest<br />

<strong>Das</strong> alles sind klare biblische Zeugnisse in lauteren weisen, deren keines unseren<br />

<strong>Gemeinde</strong>n, jung und alt, fremd bleiben darf.<br />

Dazu kommen <strong>die</strong> vielen wcihnachtslicder der Lindcrstubc, alte und neue, <strong>die</strong><br />

sich nicht genug darin tun können, dem Linde in der Lrippe den Jubel der<br />

Menschen und der ganzen Schöpfung darzubringen, in immer neuen weise»,<br />

in der fröhlich gläubigen Phantasie des Lindes, dem Gott es geschenkt hat,<br />

Himmel und Erde in eins zu sehen:<br />

Auf, auf! Ihr Buben steht alle gschrvind auf<br />

Der Heiland ist geboren<br />

Ein Lind geborn zu Bethlehem<br />

Ls ist ein Ros entsprungen<br />

Ioseph, lieber Joseph mein<br />

Lommet, ihr Hirten, ihr Männer und Frauen<br />

Laßt uns das Äindlcin wiegen<br />

Nun freut euch, lieben Linderlein<br />

L> Jcsulcin zart<br />

Singet frisch und wohlgemut<br />

vom Himmel hoch, o Lnglein, kommt<br />

Wach, Nachtigall, wach auf<br />

w a s ist <strong>für</strong> neue Freud<br />

w a s soll das bedeuten? Ls taget ja schon.<br />

-4-<br />

Die zwei Weihnachtsfesttage<br />

I n der Weihnachtsbotschaft steht das tiefste Geheimnis und größte<br />

Wunder der christlichen Lirche vor uns. Der lebendige Gott, der <strong>die</strong><br />

W elt aus dein Nichts rief, den <strong>die</strong> Werke der Schöpfung loben, den<br />

<strong>die</strong> Linder des Lichtes preisen, Gott, dessen Herrlichkeit dem sterblichen<br />

Menschen verborgen ist, den kein Auge je gesehen hat, — Gott<br />

ward Fleisch. E r begegnet uns als ein Mensch von Fleisch und B lut<br />

und ist fortan durch Sein W ort und Sakrament Seiner <strong>Gemeinde</strong><br />

gegenwärtig bis zum Ende aller Tage.<br />

S o geht es Weihnachten nicht um <strong>die</strong> Verkündigung hoher G e d a n ­<br />

ken. Gedanken können berauschen, aber sie allein können noch nicht helfen.<br />

L s geht um <strong>die</strong> Verkündigung des göttlichen Geheimnisses, daß<br />

der allmächtige, ewige Gott in dem Menschen Icsus Christus zu<br />

uns gekommen ist und unter uns wohnt. Gott selbst, Sein Wesen,<br />

Wille und Werk sind in dem Lind in der Lrippe und in dem Mann


1. wcihnachtstag<br />

n<br />

E Lrcuz. „ In unser armes Zleisch und B lut verkleidet sich das ew'ge<br />

Daran ärgern sich alle Stolzen und Selbstgerechten, w i r aber beten<br />

<strong>die</strong>s Geheimnis der Menschwerdung Gottes an und bitten zur W eihnacht<br />

um <strong>die</strong> rechten Augen, Seine Herrlichkeit zu sehen, Seiner Güte<br />

und Gründlichkeit froh zu werden.<br />

An, ersten M tag e hört <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> <strong>die</strong> Weihnachtsbotschaft selber,<br />

am zweiten Festtag von den ersten, <strong>die</strong> sie im Glauben erfassen und<br />

weiter verkündigen.<br />

Erster Weihnachtstag<br />

D a s W ort ward Fleisch und wohnete unter uns.<br />

I. Ls begab sich aber zu der Zeit, daß<br />

ein Gebot von dem Laiser Augustus<br />

ausging, daß alle Welt geschätzt<br />

würde.<br />

r. Und <strong>die</strong>se Schätzung war <strong>die</strong> allererste<br />

und geschah zu der Zeit, da Lyrenius<br />

Landpfleger in Syrien war.<br />

s. Und jedermann ging, daß er sich<br />

schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt.<br />

4. Da machte sich auf auch Joseph aus<br />

Galiläa, aus der Stadt Nazarcth, in<br />

das jüdische Land zur Stadt Davids,<br />

<strong>die</strong> da heißt Bethlehem, darum daß er<br />

von dem Hause und Geschlechte Davids<br />

war,<br />

5. auf daß er sich schätzen ließe mit<br />

Maria, seinem vertrauten Weibe, <strong>die</strong><br />

war schwanger.<br />

d. Und als sie daselbst waren, kam <strong>die</strong><br />

Zeit, daß sie gebären sollte.<br />

7. Und sie gebar ihren ersten Sohn<br />

und wickelte lhn in windeln und legt«<br />

ihn in eine Lrippe; denn sie hatten<br />

sonst keinen Raum in der Herberge.<br />

D a s Evangelium<br />

Johannes -4<br />

S. Und es waren Hirten in derselbigen<br />

Gegend auf dem Felde bei den Hürden,<br />

<strong>die</strong> hüteten des Nachts ihrer Herde,<br />

g. Und siehe, des Herrn Engel trat zu<br />

ihnen, und <strong>die</strong> Llarhcit des Herrn<br />

leuchtete um sie; und sie <strong>für</strong>chteten sich<br />

sehr.<br />

?o. Und der Engel sprach zu ihnen:<br />

Fürchtet euch nicht! siehe, ich verkündige<br />

euch große Freude, <strong>die</strong> allem Volk<br />

widerfahren wird;<br />

>1- denn euch ist heute der Heiland<br />

geboren, welcher ist Christus, der Herr,<br />

»n der Stadt Davids.<br />

-r. Und das habt zum Zeichen: ihr<br />

werdet finden das Lind in windeln<br />

gewickelt und in einer Lrippe liege».<br />

-3. Und alsbald war da bei dem<br />

Engel <strong>die</strong> Menge der himmlischen<br />

Heerscharen, <strong>die</strong> lobten Gott und<br />

sprachen:<br />

-4. Ehre sei Gott in der Höhe und<br />

Friede auf Erden und den Menschen<br />

«in Wohlgefallen! Luk. r, 1—; 4<br />

Weihnachten ist das Fest der Menschwerdung Gottes. Menschwerdung<br />

heißt, daß der ewige allmächtige Gott, den niemand von Angesicht<br />

zu Angesicht schauen kann, <strong>die</strong> Gestalt eines Menschen angenom-


<strong>Das</strong> Heilige Christfest<br />

mcn und so, von der W elt unerkannt, über <strong>die</strong>se Erde gegangen ist. Es<br />

hat unter allen Völkern und zu allen Zeiten weise gegeben, <strong>die</strong> über<br />

Gott und göttliche Dinge viel Schönes und Hohes geredet haben;<br />

aber keiner von ihnen kannte Gott, wie E r in Wahrheit ist. Jesus<br />

Christus gehört nicht in <strong>die</strong> Zahl <strong>die</strong>ser Weisheitslehrer. E r Selbst ist<br />

<strong>die</strong> Wahrheit. E s hat im Alten Bunde viele Propheten gegeben, denen<br />

Gott Sein W ort in den Mund gelegt hat; aber in keinem von ihnen<br />

offenbarte E r Sich als Person in Person. Jesus Christus war mehr<br />

als ein Prophet. E r ist der „Sohn". Von Ihm allein gilt: „w e r<br />

Mich sieht, der sieht den Vater".<br />

Dieses Geheimnis der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus können<br />

wir nicht begreifen, sondern sollen es anbeten, w enn w ir uns<br />

mit den Mitteln unserer Vernunft auszudenken versuchen, wer und<br />

wie Gott ist, so erscheint E r uns ganz anders, als E r uns in Jesus<br />

Christus erscheint. Dann erzittern w ir vor der Grenzenlosigkeit S einer<br />

Allmacht, staunen über <strong>die</strong> unermeßliche Tiefe Seiner Allwcisheit<br />

und erschrecken vor Seiner Allgcgcnwart. Der Atem geht uns<br />

darüber aus.<br />

Hier aber offenbart Gott Sich von Person zu Person. E r kam als<br />

ein Mensch in <strong>die</strong>se W elt. Dieser Mensch wurde nicht in dem Palast<br />

einer Lönigsstadt geboren, sondern in einem kleinen Winkel der große»<br />

Erde, in Bethlehem. Die W elt kümmerte sich wenig darum. Die<br />

hohe Politik hatte nichts damit zu tun. Sie wurde nur zum äußeren<br />

Anlaß <strong>für</strong> <strong>die</strong> Geburtsstätte des Weltheilandes.<br />

Und unter was <strong>für</strong> Umständen hat sich Seine Geburt vollzogen! Zur<br />

ungelegensten Zeit mußten <strong>die</strong> irdischen Eltern des Gottessohnes eine<br />

Reise unternehmen. I n einem S tall brachte M aria ihr Lind zur W elt.<br />

Um sie herum lauter Unruhe! W ohl hat sie ein paar w indeln zür<br />

Hand, aber eine w iege hat sie nicht. Sie muß <strong>die</strong> Lrippe da<strong>für</strong> nehmen.<br />

S o also geht Gott in <strong>die</strong>se W elt ein, um den Menschen zu offenbaren,<br />

wer E r ist; als ein Lind, fast auf der Straße geboren, von Airfang<br />

an unstet und verfolgt, w aru m hat Gott das so gewollt? w a r ­<br />

um sucht E r Sich ein Schicksal aus, das, menschlich betrachtet, so elend<br />

ist, um in ihm Seine Herrlichkeit zu offenbaren) w e il Seine Liebe mit<br />

allen Menschen Gemeinschaft sucht! Sie geht zuerst zu denen, <strong>die</strong> im<br />

Schatten der W elt leben. I n der Hülle der Nicderigkeit menschlichen<br />

Elends offenbart Gott denen Seine Herrlichkeit, denen E r Sein<br />

Wohlgefallen erweisen und Seine Güte kundtun will.


-. wcihnachtstag tzg<br />

Der große Strom der Menschen, <strong>die</strong> zu <strong>die</strong>ser Zeit in Bethlehem w a­<br />

ren, geht achtlos an dem S tall vorüber, in dem Maria und das Jesuskind<br />

nächtigen. Sie denken nicht an den wcltheiland, sie haben andere<br />

Dinge im Lopf und streben eiligst nach Hause.<br />

Aber draußen auf deni H eide, ^ einsame Menschen auf ihren Erlöser<br />

hoffen, da geschieht etwas anderes. Ein Helles Licht durchbricht das<br />

Dunkel der Nacht. Ein Engel erscheint und verkündigt <strong>die</strong> frohe B o t­<br />

schaft: Euch ist heute der Heiland geboren! Heute! E r ist ein kleines<br />

Lind, liegt noch in den w indeln in einer Lrippe. Geht und sucht Ih n !<br />

Diese Hirten aus dem Heide sind <strong>die</strong> ersten, an denen Gott Sein<br />

Wohlgefallen hat, und denen E r deshalb vor allen anderen offenbart,<br />

daß E r in Christus Seine Vcrcißungcn wahrmachen wird.<br />

L s sind nach ihnen noch viele zur Lrippe gekommen bis auf den heutigen<br />

Tag, und es werden, so lange <strong>die</strong>se W elt steht, noch viele nach<br />

ihnen und nach uns <strong>die</strong>sen w e g gehen. Immer aber ist es das W ohlgefallen<br />

Gottes, das <strong>die</strong>se Menschen auswählt und ruft. Sie allein<br />

erkennen in Lhristus den Sohn Gottes und in dem Lind den wcltenheiland.<br />

Die anderen aber, an denen Gott kein Wohlgefallen hat, sehen<br />

in der Lrippe nichts als menschliches Elend und laufen anderen G öttern<br />

nach, in deren erdichtetem Glanz sie selber leuchten wollen.<br />

D ie Epistel<br />

! z. Denn es ist erschienen <strong>die</strong> heilsame<br />

Gnade Gottes allen Menschen<br />

;r. und züchtigt uns, daß wir sollen<br />

verleugnen das »»göttliche Wesen und<br />

<strong>die</strong> weltlichen Lüste, und züchtig, gerecht<br />

und gottselig leben in <strong>die</strong>ser<br />

Welt<br />

,13. und warten auf <strong>die</strong> selige Hoffnung<br />

und Erscheinung der Herrlichkeit<br />

des großen Gottes und unsers<br />

Heilandes, Jesu Christi,<br />

?4. der Sich Selbst <strong>für</strong> uns gegeben<br />

hat, auf daß Er uns erlösete von aller<br />

Ungerechtigkeit und reinigte Sich<br />

Selbst ein Volk zum Eigentum, das<br />

fleißig wäre zu guten Werken.<br />

Tit. r, r, - ? 4<br />

W ir hören, was das Wunder der Weihnacht <strong>für</strong> uns bedeutet, <strong>die</strong> wir<br />

in dem Menschen Jesus Lhristus Gottes Sohn erkennen. Gott wurde<br />

Mensch, damit wir im Glauben an Ih n mit Gott Gemeinschaft haben.<br />

Seine Offenbarung in Lhristus ist <strong>die</strong> Hand, mit der E r uns aus dem<br />

ungättlichen Wesen <strong>die</strong>ser W elt herausholt und zu Sich zieht. D arum<br />

ist lebendiger Glaube verbunden mit der inneren Abkehr von <strong>die</strong>ser<br />

W elt und der Hinwendung auf <strong>die</strong> kommende, w ie lebt der Christ,<br />

der <strong>die</strong> Weihnachtsbotschaft im Herzen hat, in <strong>die</strong>ser W elt des Un-


7- <strong>Das</strong> Heilige Christfest<br />

fricdens, der Ungerechtigkeit und der Gottlosigkeit) Der Apostel sagt:<br />

Besonnen, gerecht und gottselig. Sein Denken ist nach vorn gerichtet,<br />

auf <strong>die</strong> Wiederkunft Christi und auf den Tag, an dem Gott dereinst<br />

das Volk Seiner Gläubigen von aller Ungerechtigkeit <strong>die</strong>ser W elt<br />

erlöst.<br />

D a s Lied des 8estes<br />

Gelobet seist Du, Jesu Christ.<br />

Dies Lied ist eine rechte Weihnachtspredigt. Seine erste Strophe sang<br />

man im Norden Deutschlands schon vor Luthers Zeiten. Der Reformator<br />

griff sie auf und dichtete <strong>die</strong>s Lied, das <strong>die</strong> weihnachtsbotschast<br />

verkündigt. Jede Strophe kennzeichnet das Wunder der Geburt Christi<br />

in immer neuer weise: Die himmlische H errlichkeit kleidet sich in<br />

das Gewand irdischer A rm u t; das unfaßbare Geheimnis göttlicher<br />

Liebe und Weisheit wird Menschen herzen offenbart; lauter Gegensätze<br />

in den einzelnen Strophen! S o wird das Wunder der Geburt<br />

Christi nach allen Seiten hin umschrieben. Die Schlußstrophe steigt an<br />

zum Iubelchor aller Instrumente und Zungen: Des freu sich alle Christenheit<br />

und dank Ihm des in Ewigkeit! Lyrieleis.<br />

Die weise ist <strong>die</strong> eines deutschen Volksliedes aus jener Zeit, in der <strong>die</strong><br />

erste Strophe gedichtet wurde. Sie gibt zusammen mit den übrigen<br />

vorrcformatorischen und reformatorischcn wcihnachtsliedern den festlichen<br />

Gottes<strong>die</strong>nsten <strong>die</strong>ser Tage ihren vollen Iubel.<br />

D a s Gebet des Tages<br />

Herr G ott, himmlischer Vater, wir danken D ir <strong>für</strong> D eine große<br />

G üte und Barmherzigkeit, daß D u Deinen S oh n uns zugute hast<br />

Mensch werden lassen, und bitten Dich: erleuchte unsere Herzen<br />

durch Deinen Heiligen Geist, daß wir <strong>für</strong> solche D eine Gnade D ir<br />

dankbar seien und uns ihrer in allen Nöten und Anfechtungen trösten,<br />

durch Deinen S o h n , unsern Herrn Jesum Christum, der mit<br />

D ir und dem Heiligen Geiste lebet und regieret von Ewigkeit zu<br />

Ewigkeit. Amen.<br />

^<br />

Lhristus, der S oh n Gottes*<br />

?- »Ich glaube an Jesus Lhristus, Gottes cingebornen Sohn, unsern Herrn,<br />

der empfangen ist vom Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria,..."


Christus, der Sohn Gottes 7?<br />

so beginnt -er r. Artikel unseres Apostolischen Glaubensbekenntnisses. Ausführlicher<br />

wird im Nicänischcn Glaubensbekenntnis bezeugt: „Ich glaube an<br />

einen einigen Herrn, Jesum Christum, Gottes einigen Sohn, -er vom Vater<br />

geboren ist vor der ganzen Welt, Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrhaftiger<br />

Gott vom wahrhaftigen Gott, geboren, nicht geschaffen, mit dem<br />

Vater in einerlei Wesen, durch welchen alles geschaffen ist;..<br />

Dies Bekenntnis der Lirche zu Jesus als dem „Sohne Gottes" geht auf Iesu<br />

eigenes Zeugnis zurück, der das einzigartige Verhältnis, in dem Er zu Gott<br />

stand, Selber mit <strong>die</strong>sem Worte kennzeichnet.<br />

r. Jesus spricht in der Sprache Seiner Bibel. Er knüpft an den alttestamentlichen<br />

Messiasnamen „Sohn Gottes" (Matth. ib, -ö; rö, ös) an, wie Er<br />

zugleich den Seinen sagt, daß sie „Gottessöhne" (Matth. s, g. 4s) werden<br />

sollen. <strong>Das</strong> ist eine äußere Anknüpfung <strong>für</strong> eine neue Offenbarung:<br />

Alle Dinge sind Mir übergeben von Meinem Vater.<br />

Und niemand kennet den Sohn, denn nur der Vater;<br />

Und niemand kennet den Vater, denn nur der Sohn,<br />

und wem es der Sohn will offenbaren.<br />

Matthäus f), 47.<br />

Was bedeutet das Wort „Sohn Gottes", und was schließt es in sich?<br />

Ls weist zunächst auf <strong>die</strong> gegenseitige Liebe zwischen Gott und Christus,<br />

<strong>die</strong> uns ständig entgegentritt, beim Zwölfjährigen im Tempel wie bei dem<br />

Todgeweihten in Gcthscmanc. Besonders innig und ausführlich wird im Iohannesevangelium<br />

von <strong>die</strong>ser Liebe gesprochen (Ioh. 6, ro; r, rg. 54; zo, -7;<br />

.'S, g. ,0).<br />

Im Zusammenhang damit zeigt das Wort vom „Sohn Gottes", daß Icsus<br />

von G ott eingeweiht ist in <strong>die</strong> göttlichen Ratschlüsse. <strong>Das</strong> ist <strong>die</strong> Grundlage<br />

all Seines Wirkens; das gibt Ihm <strong>die</strong> Sicherheit Seines Anspruches,<br />

der alleinige Heiland aller Menschen zu sein. Als der von Gott Eingeweiht«<br />

kann Er sagen: „Die Zeit ist erfüllet" (Mark. 1, ;s), „<strong>die</strong> Stunde ist gekommen"<br />

(Ioh. ?r, rZ; -7, ,; auch r, 4). Da kann Er <strong>die</strong> Geheimnisse des<br />

Gottcsrcichcs offenbaren (Matth. 27; zs, Da können w ir, wie der<br />

Evangelist Johannes so tiefblickend bezeugt, durch den Sohn dem Vater ins<br />

Herz sehen:<br />

Und wir sahen Seine Herrlichkeit,<br />

eine Herrlichkeit als des cingeborncn Sohnes vom Vater,<br />

voller Gnade und Wahrheit.<br />

Johannes -4.<br />

„wer mich siehet, der siehet den Vater" (Ioh. ,4, g): <strong>Das</strong> ganze Lcbenswerk<br />

Christi ist <strong>die</strong> Offenbarung und Verklärung des Namens Gottes (Ioh. j7,<br />

d; -s, 3r).


7r<br />

<strong>Das</strong> Heilige Christfest<br />

Christus offenbart Gottes Ratschluß; mehr noch: Er führt ihn auch aus<br />

zum Heil der Welt und der Menschheit. Der „Sohn" ist vom Vater als Sein<br />

Stellvertreter auf <strong>die</strong> Erde gesandt, um dort zu wirken. Au wirken durch Seine<br />

Worte, <strong>die</strong> nicht nur Lchrworte, sondern Gotteskräfte sind; durch Seine Zeichen<br />

und Wunder, <strong>die</strong> da Not lindern und Glauben wecken und bezeugen; durch den<br />

machtvollen Zuspruch der göttlichen Verzeihung und Vergebung (Luk. 15, r),<br />

<strong>die</strong> da gilt im Himmel wie auf Erden (Mark. r, 10).<br />

Alles wirken Christi ist ein Abbild des Wirkens Gottes (Ioh. s, ,7. sg),<br />

dessen Abschluß auf Erden Gott ganz dem Sohne übertragen hat (Ioh- 5,<br />

rz. rr). Die von Lhristus berufenen Jünger sind Eigentum des Vaters wie<br />

des Sohnes (Ioh. !7, -0; zo, rr—so).<br />

Ich und der Vater sind eins.<br />

Iohanncs ;o, 30.<br />

3. Der Glaube an <strong>die</strong>se einzigartige Einheit Christi mit Seinem himmlischen<br />

Vater war in den Jüngern zur unumstößlichen Gewißheit geworden<br />

durch <strong>die</strong> Auferstehung und Himmelfahrt Christi und durch <strong>die</strong> Ausgicßung<br />

des Heiligen Geistes.<br />

von <strong>die</strong>sem „erhöhten" Herrn Lhristus legt der Apostel Paulus ein machtvolles<br />

Zeugnis ab. Aus Christi Angesicht als dem Ebenbild Gottes (r. Lor. 4, 4) ist<br />

ihm <strong>die</strong> Klarheit Gottes entgegen geleuchtet (v. t>). So nennt er Gott den<br />

„Vater unseres Herrn Iesu Christi" (Röm. i s, d; 2. Lor. 1, 3 ; Eph. 1, 3 u. a.),<br />

d. h.: Gottes Wesen ist erst durch den Sohn Jesus Lhristus geoffenbart.<br />

„In Lhristus" oder „durch Lhristus" fließen uns alle wohltaten Gottes zu:<br />

Gnade (1. Lor. s, 4), Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung<br />

(1. Lor, 1, 50), allerlei geistlicher Segen (Eph. l, 3), <strong>die</strong> alles beherrschende<br />

und umfassende Liebe: „Ich bin gewiß, daß nichts uns zu scheiden vermag<br />

„von der Liebe Gottes, <strong>die</strong> in Christo Iesu ist, unserm Herrn" (Röm. r, 3g).<br />

Aus gleicher Glaubenshaltung heraus schreibt Johannes: „wer den Sohn<br />

leugnet, der hat auch den Vater nicht; wer den Sohn bekennet, der hat auch<br />

den Vater" (;. Ioh. r, 25). w er an Ihn glaubt, ist selber aus Gott geboren.<br />

Sein Glaube vollendet sich zum Sieg über <strong>die</strong> Welt.<br />

Denn alles, was von Gott geboren ist,<br />

überwindet <strong>die</strong> Welt.<br />

Und unser Glaube ist der Sieg,<br />

der <strong>die</strong> Welt überwunden hat.<br />

w er ist aber, der <strong>die</strong> weltj überwindet,<br />

wenn nicht, der da glaubet, daß Jesus Gottes Sohn ist)<br />

z. Johannes 5, 4. 5.


. Weihnachtstag 7»<br />

Zweiter Weihnachtstag<br />

D a s W ort ward Fleisch und rvohnete unter uns.<br />

ss. Und da <strong>die</strong> Engel von ihnen gen<br />

Himmel fuhren, sprachen <strong>die</strong> Hirten<br />

untereinander: Laßt uns nun gehen<br />

gen Bethlehem und <strong>die</strong> Geschichte sehen,<br />

<strong>die</strong> da geschehen ist, <strong>die</strong> uns der<br />

Herr kundgctan hat.<br />

>tz. Und sie kamen eilend und fanden<br />

beide, Maria und Joseph, dazu das<br />

Lind in der Lrippe liegen.<br />

-7. Da sie es aber gesehen hatten,<br />

breiteten sie das Wort aus, welches<br />

zu ihnen von <strong>die</strong>sem Linde gesagt war.<br />

D a s Evangelium<br />

Johannes -, -4<br />

>r. Und alle, vor <strong>die</strong> es kam, wunderten<br />

sich der Rede, <strong>die</strong> ihnen <strong>die</strong> Hirten<br />

gesagt hatten.<br />

ig. Maria aber behielt alle <strong>die</strong>se<br />

Worte und bewegte sie in ihrem<br />

Herzen.<br />

ro. Und <strong>die</strong> Hirten kehrten wieder<br />

um, prciseten und lobten Gott um alles,<br />

was sie gehört und gesehen hatten,<br />

wie denn zu ihnen gesagt war.<br />

Luk. r, ?5—ro<br />

Dies Evangelium berichtet uns von der ersten Anbetung Christi. Seine<br />

ersten Anbeter waren <strong>die</strong> Hirten und Jesu eigene Mutter Maria, w i r<br />

wollen auf d reierlei merken. Zuerst, daß <strong>die</strong> Hirten das Lind in<br />

der Lrippe mit den Augen des G lau b en s angeschaut haben. Sodann,<br />

daß <strong>die</strong> ersten A nbeter Christi sogleich zu B ekennern Christi werden.<br />

Drittens aus M aria, Jesu Mutter.<br />

Als <strong>die</strong> Engel den Hirten erschienen waren, berieten sie sich einen Augenblick,<br />

dann gingen sie sofort nach Bethlehem, um „<strong>die</strong> Geschichte<br />

zu sehen, <strong>die</strong> da geschehen ist". Aber was war da zu sehen? Ein junges<br />

Elternpaar mit einem neugeborenen Linde, w a s ist daran Besonderes?<br />

W ohl grüßen w ir in jedem Menschenkind ein Wunder der<br />

Schöpfung Gottes. Aber Linder werden alle Tage geboren, wie auch<br />

alle Tage Menschen sterben. Die einen kommen, <strong>die</strong> andern gehen, was<br />

ändert das an der W elt?<br />

Aber so sehen <strong>die</strong> Hirten das Lind in der Lrippe nicht. Sie sehen<br />

es mit den Augen des Glaubens. Für den Glaubenden aber ist <strong>die</strong> Geburt<br />

des weltheilandcs nicht wie eine andere Geburt. W ohl war auch<br />

Er ein Mensch wie w ir, und doch wohnt in Ihm <strong>die</strong> ganze Fülle der<br />

Gottheit. W ohl kam auch E r in <strong>die</strong> W elt auf <strong>die</strong>selbe weise, wie<br />

wir in sie hineingekommen sind, und doch ist E r ihr Herr. Denn nicht<br />

sie regiert über Ih n mit ihrem werden und Vergehen, sondern E r<br />

war, ehe denn <strong>die</strong> W elt war, und E r wird sein, wenn <strong>die</strong> W elt in


74 <strong>Das</strong> Heilige Christfest<br />

S taub vergeht. Nur wer Augen des Glaubens hat, kann solches erkennen<br />

an „der Geschichte, <strong>die</strong> da in Bethlehem geschehen ist".<br />

Laum haben <strong>die</strong> Hirten das Lind in der Lrippe gefunden und Ihm<br />

ihre Anbetung dargebracht, da gehen sie hin „und breiten das W ort<br />

aus, das ihnen von <strong>die</strong>sem Linde gesagt war". Aus den ersten Anbetern<br />

Christi werden sofort Zeugen Christi. <strong>Das</strong> ist immer so, wo<br />

ein lebendiger Glaube ist. w e r da glaubt, kann nicht schweigen von<br />

dem, was er glaubt, w e r da schweigt, der glaubt auch noch nicht<br />

wirklich. Nun steht es aber mit allem christlichen Bekennen so: Sein<br />

Zeugnis geht gegen alle Vernunft und allen Augenschein. <strong>Das</strong> war<br />

mit dem Zeugnis der Hirten von dem Linde in der Lrippe nicht anders.<br />

w e r sollte ihnen glauben, was sie behaupteten gehört und gesehen<br />

zu haben 7 Ein Lind, das zu Bethlehem in einem S tall geboren<br />

wurde und in einer Lrippe liegt, soll der Weltheiland sein 7 I n ihm<br />

sollen sich alle Verheißungen der Propheten erfüllen 7 Merkwürdige<br />

Geschichte! „Alle, vor <strong>die</strong> es kam, verwunderten sich der Rede, <strong>die</strong><br />

ihnen von den Hirten gesagt war".<br />

Ist das zu anderen Zeiten anders 7 verwundern sich nicht immer wieder<br />

alle Menschen, <strong>die</strong> nur ihrer Vernunft glauben, daß wir von<br />

Lhristus so hohe Dinge sagen? „Lhristus, der Herr der ganzen<br />

W elt"? w ieso? Und sind nicht auch wir selber immer in Versuchung,<br />

den Einwendungen des sogenannten gesunden Menschenverstandes<br />

Raum und Gehör zu geben? Nur zu oft! Aber <strong>die</strong> H irte n fanden des<br />

Lodens und Dankens kein Ende!<br />

w eiter lenkt <strong>die</strong> Geschichte unsern Blick auf Maria. Als <strong>die</strong> Hirten<br />

zu ihr kamen, da war sie eben eine junge Mutter geworden und freute<br />

sich gewiß des Glücks einer jungen Mutter. Die Beschwerlichkeiten<br />

der Reise, <strong>die</strong> Schmerzen der Geburt waren vergessen. I n seliger<br />

Freude schaute sie auf ihren ersten Sohn.<br />

Aber Gott ließ ihr nicht lange Zeit dazu. Bald traten <strong>die</strong> Hirten über<br />

<strong>die</strong> Schwelle. Sie erzählten in ehr<strong>für</strong>chtiger Andacht, was ihnen von<br />

<strong>die</strong>sem Linde gesagt war. M aria hörte schweigend zu. Sie nahm jedes<br />

W ort lauschend in sich auf und bewegte es in ihrem Herzen. W as<br />

mag sie in <strong>die</strong>sem Augenblick gefühlt haben? Spürte sie, daß sie nur<br />

Gottes Werkzeug war, als sie ihren Sohn gebar? Dazu ausersehen,<br />

Dem das Licht der W elt zu geben, der größer ist als <strong>die</strong> W elt? Ahnte<br />

sie, daß sie ihren Sohn nicht behalten dürfte, daß E r Wege gehen<br />

würde, <strong>die</strong> sie nicht wollte? Ging damals schon ein Schmerz durch


. w e ihnachtstag 76<br />

ihre Seele, ein Vorgefühl des Schmerzes, den sie hatte, als sie unter<br />

dem Rreuze stand?


7b<br />

<strong>Das</strong> Heilige Christfest<br />

<strong>Das</strong> Heft der G e b u rt des Heilandes ist <strong>für</strong> den Glaubenden zugleich<br />

das Freudenfest seiner eigenen W ied e rg eb u rt aus dem Wasser der<br />

Taufe und aus dem Geist.<br />

D a s Gebet des Tages<br />

Allmächtiger, gütiger G ott, barmherziger Vater, erleuchte über uns<br />

D ein väterliches Angesicht und stärke in uns <strong>die</strong> Erkenntnis D e i­<br />

ner Barmherzigkeit, <strong>die</strong> D u uns in Deinem heben Sohne bewiesen<br />

hast, auf daß wir, zu Deinem Lobe entzündet, mit allem himmlischen<br />

Heer in allen unsern Worten und Werken Dich rühmen und<br />

preisen, durch Iesum Christum, unsern Herrn. Amen.<br />

Der r. W eihnachtstag wird in einzelnen Lirchen auch als der<br />

Tag des Stephanus<br />

begangen. Auf den Tag der Geburt Christi folgt der Tag, der dem Gedächtnis<br />

des ersten Blutzeugen Christi, des Diakonen (Armenpflegers) Stephanus, gewidmet<br />

ist. Ap. Gesch. ö, r—10. 7, 54—sg. Ehe er starb, sah er <strong>die</strong> Herrlichkeit<br />

Christi. — Line ernste Mahnung: „Und wer <strong>die</strong>s Lind mit Freuden, küssen,<br />

umfangen will, der muß vor mit Ihm leiden groß Pein und Marter viel."<br />

Man sagte in der alten Lirche: Gestern war der irdische Geburtstag des Herrn,<br />

heute feiern wir den himmlischen Geburtstag Seines Dieners. — <strong>Das</strong> Evangelium<br />

des Tages ist Matthäus rs, S4—3g-<br />

Stephanus*<br />

Stephanus (der Name bedeutet „Lrone") ist ein griechisch redender Christ zu<br />

Ierusalem, der als einer der sieben Diakonen zur Versorgung der Armen von der<br />

<strong>Gemeinde</strong> gewählt wird. Lr ist ein Mann voll Heiligen Geistes und Weisheit,<br />

voll Glaubens und voller Lräftc (Ap. Gesch. S, 3. 5. S.). Er tat Wunder und<br />

Zeichen unter dem Volk. Lr erwies damit <strong>die</strong> Wirklichkeit des Herrn Lhristus.<br />

viele griechisch redend« Iuden mußten seiner Weisheit und Geisteskraft, in der<br />

er redete, sich beugen und wurden Christen. <strong>Das</strong> erregte den Haß der verstockten<br />

Judenschaft. Falsche Zeugen klagten ihn wegen Lästerung des Gesetzes und des<br />

Tempels an. In seiner Verteidigungsrede vor dem Gericht, das unter dem<br />

Vorsitz des Saulus stattfindet, weift er auf den ständigen Ungehorsam der<br />

Iuden gegen <strong>die</strong> Worte der Propheten hin und hält ihnen ihre Schuld am<br />

Tode Iesu vor. Er tut das in heiligem Eifer mit so deutlichen Worten, daß<br />

sie rasend werden vor Zorn über ihn.<br />

Aber er sieht nicht den tödlichen Haß seiner Feinde, sondern sieht den Himmel<br />

offen und Lhristus zur Rechten Gottes stehen. So gibt ihm der Herr, den er


Tag des Evangelisten Johannes 77<br />

bezeugt, eine letzte Lrquickung und Ermutigung. Als er von <strong>die</strong>sem Gesicht<br />

Zeugnis gibt, da halten sich <strong>die</strong> ungläubigen Juden <strong>die</strong> «Ohren zu, weil sie <strong>die</strong><br />

Verherrlichung des Namens Jesu nicht hören können, sie stürmen einmütig<br />

auf ihn ein und steinigen ihn. Er aber zeigt, daß er es herzlich gut mit ihnen<br />

meint und daß seine eifernden Worte aus lauter Liebe gesprochen sind. Er<br />

kniet nieder, betet <strong>für</strong> seine feinde und schreit laut: «Herr, behalte ihnen <strong>die</strong>se<br />

Sünde nicht!" Sein Zeugnis und sein Beten tragen große 8rucht. Dadurch<br />

empfängt Paulus den Stachel ins Herz, gegen den er sich nicht wehren kann.<br />

Luther schreibt: „<strong>Das</strong> ist hier ein feiner Trost, daß Sankt Stephan <strong>die</strong> Himmel<br />

sieht offen stehen und daß er entschlafen ist. Dabei wir merken sollen, daß unser<br />

Herr Gott bei uns stehe, so wir glauben, und daß der Tod nicht ein Tod ist<br />

denen, <strong>die</strong> da glauben. Also habt ihr hier in <strong>die</strong>ser Historie das ganze Evangelium<br />

abgemalt: Glaube, Liebe, Lrcuz, Tod und Leben."<br />

Stephanus ist der erste Blutzeuge, und <strong>die</strong> Lirche gedenkt seines Todestages,<br />

an dem er zum ewigen Leben geboren ist, unmittelbar nach dem Geburtstage<br />

Iesu.<br />

27. Dezember<br />

T ag des E v an g elisten Jo h a n n e s<br />

;. Gehet, welch eine Liebe hat uns der<br />

Vater erzeiget, daß wir Gottes Linder<br />

sollen heißen! Darum kennet euch <strong>die</strong><br />

Welt nicht ; denn sie kennet Ihn nicht.<br />

r. Meine Lieben, wir sind nun Gottes<br />

Linder; und ist noch nicht erschienen,<br />

was wir sein werden, w ir wissen<br />

aber, wenn es erscheinen wird, daß<br />

wir Ihm gleich sein werden; denn<br />

wir werden Ihn sehen, wie Lr ist.<br />

s. Und ein jeglicher, der solche Hoffnung<br />

hat zu Ihm, der reiniget sich,<br />

gleichwie Er auch rein ist.<br />

4. w er Sünde tut, der tut auch Unrecht,<br />

und <strong>die</strong> Sünde ist das Unrecht.<br />

5. Und ihr wisset, daß Er ist erschienen,<br />

auf daß Er unsere Sünden wegnehme,<br />

und ist keine Sünde in Ihm.<br />

tz. w er in Ihm bleibet, der sündiget<br />

nicht; wer da sündiget, der hat Ihn<br />

nicht gesehen noch erkannt.<br />

;. Ioh. s, ö<br />

<strong>Das</strong> ist <strong>die</strong> unaussprechliche Größe der Liebe Gottes: sie hat uns den<br />

Sohn Gottes zum Bruder gegeben und damit uns alle zu Lindern<br />

Gottes gemacht! Dadurch werden wir freilich einsam und fremd unter<br />

den Menschen. Aber gerade daran dürfen w ir merken, daß Gott<br />

uns wirklich als Seine Linder zu Sich gezogen hat. Denn auch von<br />

Ihm wollen <strong>die</strong> Menschen nichts wissen. Gottes Linder — was <strong>die</strong>se<br />

w ürde einschließt, wird erst der kommende T ag Jesu ganz verwirklichen.<br />

w i r dürfen Ih n schauen in der ganzen Herrlichkeit, welche<br />

<strong>die</strong> Liebe des Vaters Ihm gegeben hat; dadurch werden w ir ganz in<br />

Sein Wesen verklärt. Diese gewisse Hoffnung gibt unserm Leben<br />

schon heute <strong>die</strong> Richtung: An Ih n sich angleichen, den Reinen, in


7r<br />

<strong>Das</strong> Heilig« Christfest<br />

täglicher Reinigung! w en n man an Iesus glaubt und auf Ih n hofft,<br />

ist es unmöglich, sich gehen zu lassen und das Döse leicht zu nehmen.<br />

L r ist ohne Sünde, und Sein Lommcn in unserer Menschheit wollte<br />

uns freimachen von der Sünde. I n der Gemeinschaft mit Ihm ist<br />

keine andere Haltung möglich als das entschlossene Nein zur Sünde.<br />

Die andere Lesung: Johannes r-, zr—24.<br />

-l-<br />

Iohannes, der Evangelist*<br />

Der Evangelist Johannes ist nach einem Wort Luthers „billig <strong>für</strong> den höchste»<br />

und vornehmsten Evangelisten geachtet. Er ist ein treuer, wahrhaftiger Zeuge<br />

von Lhristus gewesen". Er hat vor allen Evangelisten <strong>die</strong> Gottheit Christi,<br />

des Herrn, bezeugt. „Lr treibt den Artikel gewaltiger als alle Apostel, daß<br />

Lhristus wahrer Gott und Mensch ist, und zieht uns durch sein ganzes Evangelium<br />

vom vertrauen auf unsere Werke auf <strong>die</strong> Gnade und Liebe Gottes. Er<br />

tut in seinem ganzen Evangelium nichts anderes, als daß er uns unterweist,<br />

wie man auf den Herrn Lhristus vertrauen soll. Ja, er möchte wohl allein ein<br />

Evangelist genannt werden".<br />

Johannes ist der Sohn des Zebedäus und der Salome (vgl. Matth. 27, so<br />

mit Mark. -5, 40). Lr hat eine M utter, <strong>die</strong> von der mcssianischcn Hoffnung<br />

tief bewegt ist und <strong>die</strong>se Erwartung in <strong>die</strong> Herzen ihrer Linder gepflanzt hat.<br />

Sie erstrebt <strong>für</strong> ihre Söhne das Höchste: daß sie teilhaben am messianischen<br />

Reich (Matth. 20, 20). w ie verbunden Johannes mit seiner Mutter war,<br />

sehen wir daran, daß der Herr am Lreuze ihm Seine Mutter anvertraut,<br />

w ir finden <strong>die</strong> Mutter des Johannes in der Gefolgschaft Jesu.<br />

Johannes wird von der Täufcrbcwcgung ergriffen. Die Taufe der Buße<br />

zur Vergebung der Sünden macht ihn verlangend nach Dem, der <strong>die</strong> Sünde<br />

ihm wegnimmt. Als Johannes der Täufer mit ausgestrecktem 8mger auf das<br />

„Lamm Gottes" hinweist, das „<strong>die</strong> Sünde der Welt trägt", macht er sich auf,<br />

um Jesus zu suchen (Ioh. 1, 25). Unvergeßlich ist ihm das erste Wort des<br />

Herrn Jesu an ihn und <strong>die</strong> Stunde, da er Ihn findet. „Ls war um <strong>die</strong> zehnte<br />

Stunde" (Ioh. ), 3g).<br />

Die nüchterne Art des Vaters Zebedäus zwingt ihn wieder in den 8>schcrberuf<br />

zurück. Vater und Sohn erleben den wunderbaren 8isthzug mit, und den<br />

jungen Johannes trifft der Ruf des Herrn zur Nachfolge. Der Vater, der auf<br />

seinem Berufsgebiet <strong>die</strong> Vollmacht Jesu erfahren hat, macht keine Einwendungen.<br />

Doch begegnen wir ihm nicht in der Gefolgschaft Jesu.<br />

Johannes ist ein 8«uergeist. Daher bekommt er von dem Herrn (Mark. 3,17)<br />

mit seinem Bruder den Namen „Donnerskinder". Lr brennt im Eifer um<br />

Gottes Ehre und bittet den Herrn angesichts der samaritischen Stadt, <strong>die</strong> <strong>die</strong>


Johannes, der Evangelist 79<br />

Gastfreundschaft <strong>für</strong> Jesus verweigert, Feuer y§m Himmel fallen zu lassen,<br />

wie Llias tat. Llias, der einsame Prophet mit dem lodernden Lifcrgcist, hat es<br />

ihm angetan. Der Herr aber erzieht ihn und verklärt seine natürliche Art<br />

durch Sein Wort und Seine Liebe, „wisset ihr nicht, welches Geistes Linder<br />

ihr seid)" (Luk. g, S4f). S o zeigt ihm auch der Herr, daß es keinen Anteil an<br />

Seiner Herrlichkeit gibt ohne Anteil an Seinem Leiden (Mark. i o, ssff.).<br />

Johannes darf in der nächsten Umgebung Jesu sein. Lr wird mit<br />

Jakobus und Petrus zusammen Zeuge der Aufcrwcckung von dem Töchterlcin<br />

des Iairus (Luk. 8, s;). Lr schaut <strong>die</strong> Herrlichkeit Jesu auf dem vcrklärungsberg<br />

(Matth. -7, ; ff.). Lhristus wird der Mittelpunkt seines Lebens. Lr wird<br />

der Jünger, „den der Herr lieb hatte". Lr sitzt neben Jesus beim Abendmahl<br />

(Ioh. -8, r3). Lr empfängt <strong>die</strong> Liebe des Herrn. In <strong>die</strong>ser Liebe leuchtet ihm<br />

<strong>die</strong> Sonne der Liebe Gottes strahlend auf, und er sah <strong>die</strong> „Herrlichkeit des eingeborenen<br />

Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit" (Ioh. ), )4).<br />

Lr erlebt das innerste Wesen Jesu als Liebe (Ioh. >3, I) und erkennt, daß das<br />

Wesen Gottes Liebe ist (1. Ioh. 4, Ib), und daß Gott nur eines will: Liebe.<br />

„Lin neu Gebot gebe ich euch, daß ihr euch untereinander liebet" (Ioh.)3,34).<br />

Johannes antwortet der Liebe des Herrn mit Liebe. Lr ist der einzige der<br />

Jünger, der dem Herrn nahe bleibt im Palast des Hohenpriesters. Lr steht<br />

unter dem Lrcuze. Lr erkennt auf dem See Tiberias als erster den Auferstandenen<br />

(Ioh. r;, 7).<br />

Johannes hat eine innige Gemeinschaft mit Petrus. Miteinander stehen<br />

sie im Mittelpunkt des letzten Gespräches, das der Auferstandene führt (Ioh.<br />

r?, rz). Miteinander heilen sie den Lahmen (Ap. Gesch. 3), miteinander werden<br />

sie vor den Hohen Rat gestellt (Ap. Gesch. 4), miteinander besuchen sie das<br />

weiße Lrntefcld in Samarien (Ap. Gesch. r, -4). Miteinander werden sie als<br />

Säulen angesehen (Gal. r, g).<br />

Den Auftrag, Bote Jesu zu sein, führt er seinen Gaben gemäß aus.<br />

Der Feucrgcist schreibt <strong>die</strong> «Offenbarung und schildert den Lampf des Lichtes<br />

mit der Finsternis. Der Sinn der Weltgeschichte ist der Lampf des Lhristus<br />

mit dem Antichrist. In <strong>die</strong>sem Lampf siegt der wiederkommende Lhristus. So<br />

leitet er <strong>die</strong> Hoffnung der <strong>Gemeinde</strong> in <strong>die</strong> rechte Bahn.<br />

Der Apostel der Liebe schreibt seine Briefe, um <strong>die</strong> Liebe aus dem Glauben<br />

an Lhristus zu begründen. Lr ist der Sohn Gottes, der in das Fleisch gekommen<br />

ist. Lr hat uns zuerst geliebt. Seine Liebe bewegt uns zur Gegenliebe.<br />

Johannes bekämpft in den Briefen <strong>die</strong> ersten sektenhaften Richtungen (der<br />

Gnostiker), <strong>die</strong> ihren selbstgemachten Gedankensystemen zulieb <strong>die</strong> Menschheit<br />

Christi leugnen. Lin jeglicher Geist, der nicht bekennt, daß Jesus Lhristus in<br />

das Fleisch gekommen ist, ist nicht von Gott: I- Ioh. 4, rf.<br />

Der Jünger, den der Herr lieb hatte, schreibt das „rechte, zarte Hauptevangelium".<br />

Lr begründet den Glauben an Lhristus, den wahren Gott und<br />

wahren Menschen, und erweckt Vertrauen auf Seine Gnade. Nach <strong>die</strong>sem Ge­


o<br />

<strong>Das</strong> Heilige Lhristfest<br />

sichtspunkt wählt er <strong>die</strong> Geschichten und Reden Jesu aus. „Diese aber sind<br />

geschrieben, daß ihr glaubet, Jesus sei der Lhristus, der Sohn Gottes, und<br />

durch den Glauben das Leben habet in Seinem Namen" (Ioh. ro, s;).<br />

In seiner Schilderung der Reden und Taten Jesu stellt er <strong>die</strong> Einheit zwischen<br />

Wirken und Leiden Iesu dar. <strong>Das</strong> Lreuzesleiden ist Iesu Siegestat. Darum<br />

kann der Herr am Lreuze rufen: Ls ist vollbracht!<br />

Johannes sieht in der Niedrigkeit Iesu immer wieder <strong>die</strong> Herrlichkeit des eingeborenen<br />

Sohnes voller Gnade und Wahrheit hindurchlcuchten (Ioh. 14).<br />

Johannes lebt in der Erinnerung der Lirche als der jugendlichste Jünger des<br />

Herrn, der nach dem willen des Meisters alle anderen Apostel überlebte und<br />

hochbetagt fast hundertjährig wahrscheinlich in Lphesus eines natürlichen<br />

Todes gestorben sein soll. Die letzte Mahnung des ehrwürdigen Greises an <strong>die</strong><br />

<strong>Gemeinde</strong> sei gewesen: Lindlein, liebet euch untereinander!<br />

Sein kirchliches Symbol ist der Adler.


Tag der unschuldigen LindIci»<br />

r s . Dezember<br />

Tag der unschuldigen Äindlein<br />

Auch nach dem Lhristtage, nach Iesu Geburt, bleibt <strong>die</strong>se W elt, wie<br />

sie ist, ja sie wird es erst recht. Die Eltern müssen mit dem Jesuskind<br />

fliehen vor dem Tyrannen, der seinen Thron bedroht wähnt. Seinem<br />

Mordbefehl fallen <strong>die</strong> kleinen Linder Bethlehems zum Opfer — <strong>die</strong><br />

ersten, <strong>die</strong> um Iesu willen ihr Leben lassen müssen. S o ist <strong>die</strong> W elt,<br />

in <strong>die</strong> Iesus geboren wird. I n ihr kann S e in und der S ein en w e g<br />

kein anderer als der des L reuzes sein. <strong>Das</strong> zeigte uns auch der<br />

Stephanus-Tag. — Aber Gott bewahrt Seinen Sohn durch <strong>die</strong> Führung<br />

nach Ägypten. Jesu Heilandswerk soll nicht vereitelt werden,<br />

sondern zum Ziele kommen. Sein Tod und Auferstehen ist dann auch<br />

Trost <strong>für</strong> <strong>die</strong> bittere Llage um <strong>die</strong> Linder, <strong>die</strong> Jesu wegen hingemordet<br />

sind.<br />

D a s Evangelium<br />

>s. Da sie aber hinwcggezogcn waren,<br />

siehe, da erschien der Engel des Herrn<br />

dem Joseph im Traum und sprach:<br />

Stehe auf und nimm das Lindlein<br />

und Seine Mutter zu dir und flieh<br />

nach Ägyptcnland und bleib allda, bis<br />

ich dir sage; denn es ist vorhanden,<br />

daß Hcrodes das Lindlcin suche, dasselbe<br />

umzubringen.<br />

>4» Und er stand auf und nahm das<br />

Lindlein und Seine Mutter zu sich bei<br />

der Nacht und entwich nach Ägyptcnland.<br />

l S. Und blieb allda bis nach dem Tod<br />

des Hcrodes, auf daß erfüllet würde,<br />

was der Herr durch den Propheten<br />

gesagt hat, der da spricht: „Aus Ägypten<br />

habe Ich Meinen Sohn gerufen."<br />

z ö. Da Herodes nun sah, daß er von<br />

den weisen betrogen war, ward er<br />

sehr zornig und schickte aus und ließ<br />

alle Linder zu Bethlehem töten und<br />

an seinen ganzen Grenzen, <strong>die</strong> da zweijährig<br />

und darunter waren, nach der<br />

Zeit, <strong>die</strong> er mit Fleiß von den Weisen<br />

erlernt hatte.<br />

zy. Da ist erfüllt, was gesagt ist von<br />

dem Propheten Jercmia, der da<br />

spricht:<br />

zs. „Auf dem Gebirge hat man ein<br />

Geschrei gehört, viel Llagens, Weinens<br />

und Heulens; Rahcl beweinte<br />

ihre Linder und wollte sich nicht trölassen,<br />

denn es war aus mit ihnen."<br />

Matth. r, ?s—z r<br />

„ In unser armes Fleisch und Blut verkleidet sich das ew'gc Gut".<br />

Gott ist Mensch geworden, und <strong>die</strong>ser Mensch war einmal Lind. w e l­<br />

chen Gefahren ist das Leben eines Lindes ausgesetzt! Jeder Vater und<br />

jede Mutter weiß es. E s waren aber nicht nur <strong>die</strong> gewöhnlichen Gefahren,<br />

<strong>die</strong> fast alle Linder durchmachen müssen, so sagt der Text, sondern<br />

ganz besondere. Gottes Sohn ist von Anfang an verfolgt w or­


<strong>Das</strong> Heilige Christfest<br />

den, und Seine Eltern haben mit Ihm fliehen müssen, w e it weg, bis<br />

nach Ägypten. Von da holte Gott Ih n zurück in das Land und Volk,<br />

in dem E r Seine Aufgabe erfüllen sollte.<br />

Db das wohl wirklich alles so geschehen ist, wie es hier erzählt w ird?<br />

<strong>Das</strong> können wir nicht wissen; aber es kommt auch nicht so viel darauf<br />

an. Denn was der Text sagen will, ist <strong>die</strong>s: Der Fürst <strong>die</strong>ser W elt<br />

hat von Anfang an verhindern wollen, daß Gottes Wahrheit ans<br />

Licht kam. E r haßt <strong>die</strong>se Wahrheit. Herodes ist nur eins seiner Werkzeuge.<br />

Aber Gott hat Seine Hand gehalten über Seinem Sohne.<br />

S o ist es oft in der menschlichen Geschichte. Ihre Großen kämpfen<br />

und ringen miteinander um <strong>die</strong> Fragen, -jx ^ <strong>für</strong> wichtig und entscheidend<br />

halten. Aber während sie alle Aufmerksamkeit der Mensche»<br />

auf sich lenken, wächst irgendwo in der Stille der heran, durch den<br />

alles ganz anders wird. w a s war <strong>für</strong> den Äönig Herodes wichtig?<br />

Daß <strong>die</strong> Römer ihm seine Schcinherrschaft ließen, w ie unwichtig ist<br />

das im vergleich zu dem, w as jenes Lind der W elt bescheren sollte,<br />

das jetzt vor ihm nach Ägypten floh! w ie unwesentlich ist es <strong>für</strong> uns<br />

heute!<br />

Noch etwas anderes sagt uns der Text. E r erzählt von dem sinnlosen<br />

Hinmorden zahlloser unschuldiger Linder. E s ist schrecklich, sich da<br />

hincinzudcnkcn. wieviel Iammer, wieviel Elend! w a s können <strong>die</strong>se<br />

armen Linder da<strong>für</strong>; was haben ihre Eltern verschuldet, daß sie solch<br />

ein Schicksal trifft? Aber ist es in der Geschichte nicht immer wieder<br />

so zugegangen? wieviel unschuldiges B lut ist über <strong>die</strong> Menschen gekommen,<br />

ohne daß sie wußten, warum und wozu! „viel Llagens,<br />

Weinens und Heulens", das steht über ih r wie eine große mit Blut<br />

geschriebene Inschrift, w i r haben Mitleid mit denen, <strong>die</strong> es trifft.<br />

Aber was nützt das? E s kommt ja doch zu spät. w i r sprechen von<br />

Gerechtigkeit. Aber <strong>die</strong> Geschichte spottet ihrer. Ih r Fuß hat einen harten<br />

Tritt; es ist wenig Raum in ihr <strong>für</strong> menschliches Mitleid und<br />

menschliche Gerechtigkeit, w e r's recht bedenkt, mag darüber zum Gottesleugner<br />

werden. Aber damit ist auch nichts gebessert; es ist nur ein<br />

Freibrief der Gewissenlosigkeit.<br />

Der Text lehrt uns das alles anders ansehen. Die unschuldigen Linder<br />

werden dahingcmordet; aber über dem Iammer, der dadurch ausgelöst<br />

wird, erhebt sich <strong>die</strong> Weihnachtsbotschaft vom Frieden Gottes<br />

auf Erden, w ürden <strong>die</strong> Menschen <strong>die</strong>se Botschaft verstehen, wenn<br />

nicht so viel Llagens, Weinens und Heulens auf <strong>die</strong>ser W elt wäre?


Tag der unschuldigen Lindlein »3<br />

<strong>Das</strong> rechtfertigt <strong>die</strong> nicht, <strong>die</strong> daran schuldig sind. Herodes starb,<br />

als er sein blutbeflecktes Leben erfüllt hatte, einen schrecklichen Tod.<br />

Aber es gibt uns doch <strong>die</strong> Gewißheit, -aß <strong>die</strong> Geschichte nicht nur<br />

Menschenwcrk ist, sondern das Handeln Gottes mit und an den Menschen.<br />

w i r verstehen nicht alles, was E r tut. Vieles, ja das meiste,<br />

bleibt uns dunkel in seinem göttlichen Sinn. Aber zuletzt steht doch<br />

nicht jene schreckliche Inschrift über der menschlichen Geschichte, <strong>die</strong><br />

von Llagcn, weinen und Heulen redet, sondern der Regenbogen der<br />

göttlichen Verheißung, welche sagt: „Und Ich will abwischen alle<br />

Tränen von ihren Augen".<br />

D ie Epistel<br />

i. Und ich sah das Lamm stehen auf<br />

dem Berg Zion und mit ihm hundertundvicrundvirrzigtauscnd,<br />

<strong>die</strong> hatten<br />

Seinen Namen und den Namen Seines<br />

Vaters geschrieben an ihrer Stirn,<br />

r. Und ich hörte eine Stimme vom<br />

Himmel wie eines großen Wassers<br />

und wie eine Stimme eines großen<br />

Donners: und <strong>die</strong> Stimme, <strong>die</strong> ich<br />

hörte, war wie von Harfenspielern,<br />

<strong>die</strong> auf ihren Harfen spielen.<br />

3. Und sie sangen wie ein neues Lied<br />

vor dem Stuhl und vor den vier Tieren<br />

und den Ältesten; und niemand<br />

konnte das Lied lernen denn <strong>die</strong> hundcrtundvicrundvürzigtausend,<br />

<strong>die</strong> erkauft<br />

sind von der Erde.<br />

4. Diese sind's, <strong>die</strong> mit Weibern nicht<br />

befleckt sind — denn sie sind Jungfrauen<br />

— und folgen dem Lamme<br />

nach, wo es hin geht. Diese sind erkauft<br />

aus den Menschen zu Erstlingen<br />

Gott und dem Lamm;<br />

5. und in ihrem Munde ist kein Falsch<br />

gefunden: denn sie sind unsträflich vor<br />

dem Stuhl Gottes. Dffbg. ;4, j—3<br />

Die Epistel lenkt unseren Blick fort von dem schrecklichen Geschehen<br />

auf <strong>die</strong>ser W elt hin zu den Erlösten, „<strong>die</strong> erkauft sind von der Erde".<br />

Sie sind an ihrer S tirn gezeichnet als <strong>die</strong> von Gott Erwählten und<br />

Seinem Sohne Augchörcnden. Sie singen ein neues Lied, nicht das<br />

des Llagens, Weinens und Heulens, sondern das des Dankes. Nur<br />

sie allein können es singen; niemand kann es von ihnen erlernen.<br />

Denn es muß aus einem reinen Herzen kommen. E s ist das Lied des<br />

Glaubens, der gegenüber allen Irrungen der W elt recht behalten hat<br />

und über alle ihre Versuchungen siegreich triumphiert.<br />

„ w o ist der Hreudenort - Nirgends sonst als dort,<br />

Da <strong>die</strong> Engel singen mit den Heil'gen all,<br />

Und <strong>die</strong> Psalmen klingen im hohen Himmelssaal.<br />

Eia, w är'n w ir da! Eia, wär'n w ir da!"<br />

Die andere Lesung: 1. Johannes 3, 7—z r


§4<br />

Sonntag nach Weihnachten<br />

Sonntag nach Weihnachten<br />

Herr, nun lässest D u D einen D iener in Frieden fahren, wie D u<br />

gesagt hast; denn meine Augen haben D einen Heiland gesehen.<br />

Lukas r, rg. so<br />

D a s Evangelium<br />

SS. Und Sein Vater und Seine Mutter<br />

wunderten sich des, das von Ihm<br />

geredet ward.<br />

34. Und Simeon segnete sie und sprach<br />

zu Maria, Seiner Mutter: Siehe, <strong>die</strong>ser<br />

wird gesetzt zu einem Hall und Auferstehen<br />

vieler in Israel und zu einem<br />

Zeichen, dem widersprochen wird<br />

SS. (und es wird ein Schwert durch<br />

deine Seele dringen), auf daß vieler<br />

Herzen Gedanken offenbar werden,<br />

sb. Und es war eine Prophetin,<br />

Hanna, eine Tochter phanuels, vom<br />

Geschlecht Ässer; <strong>die</strong> war wohl betagt<br />

und hatte gelebt sieben Iahre mit ihrem<br />

Manne nach ihrer Iungfrauschaft<br />

37. und war nun eine Witwe bei<br />

vicrundachtzig Iahren; <strong>die</strong> kam nimmer<br />

vom Tempel, <strong>die</strong>nte Gott mit<br />

Fasten und Beten Tag und Nacht,<br />

sr. Die trat auch hinzu zu derselben<br />

Stunde und pries den Herrn und redete<br />

von Ihm zu allen, <strong>die</strong> da auf <strong>die</strong><br />

Erlösung zu Ierusalem warteten.<br />

Sg. Und da sie es alles vollendet hatten<br />

nach dem Gesetz des Herrn, kehrten<br />

sie wieder nach Galiläa zu ihrer Stadt<br />

Nazareth.<br />

40. Aber das Lind wuchs und ward<br />

stark im Geist, voller Weisheit, und<br />

Gottes Gnade war bei Ihm.<br />

Luk. r, ss—40<br />

Diese Geschichte zeigt uns, daß <strong>die</strong> Eltern Iesu fromme Leute gewesen<br />

sind. Sie taten, was alle frommen Eltern taten, wenn ihnen ihr erstes<br />

Lind geboren wurde. <strong>Das</strong> Gesetz schrieb vor: „Alle Erstgeburt gehört<br />

dem Herrn". <strong>Das</strong> sollte ein sichtbares Zeichen da<strong>für</strong> sein, daß das<br />

ganze Volk Gott gehörte. Iedes Elternpaar erkannte <strong>die</strong>sen Anspruch<br />

Gottes an. Sie opferten miteinander ein Taubenpaar, wenn sie ihr<br />

Erstgeborenes im Tempel darstellten. Dadurch „heiligten" sie es, d. i.<br />

sie gaben es Gott zu Seinem Eigentum. S o wurde auch das Jesuskind<br />

in Erfüllung des Gesetzes G ott als Sein heiliges Eigentum dargebracht.<br />

Dennoch wußten Joseph und M aria nicht, was sie taten, als sie ihr<br />

Rind in den Tempel brachten. Sie wollten nichts weiter, als ihre<br />

Pflicht erfüllen. Aber es gab zwei Menschen in Ierusalem, <strong>die</strong> mehr<br />

wußten als sie. Der eine w ar Simeon, von dem es heißt, daß er mit<br />

einem heißen Herzen auf den Trost Seines Volkes, d. i. auf den Messias<br />

und Heiland der W elt, wartete; <strong>die</strong> andere Hanna, eine vierundachtzigsährige<br />

Prophetin. Sie w ar schon zu gebrechlich, um täglich


Gonnta g nach Weihnachten<br />

SS<br />

in den Tempel zu kommen; an <strong>die</strong>sem Tage aber trieb sie eine innere<br />

Stimme dorthin.<br />

Nun geschah das Unerwartete. Simeon trat herzu, nahm den Iesusknaben<br />

auf seine Arme, pries Ih n als den Heiland der W elt und<br />

dankte Gott, daß er gewürdigt worden sei, Ih n noch vor seinem Tode<br />

zu sehen. Ähnliches tat nachher <strong>die</strong> alte Hanna vor allen Menschen,<br />

<strong>die</strong> im Tempel waren.<br />

viel hatte M aria seit der Geburt Iesu schon um ihres Lindes willen<br />

erlebt: Erst <strong>die</strong> Hirten, dann <strong>die</strong> Weisen, dann <strong>die</strong> Darstellung im<br />

Tempel, w ie soll sie es verstehen) Line Weissagung wird ihr und<br />

ihrem Manne gegeben. L s ist ein Prophetensegen. L r lautet: „Dieser<br />

rst gesetzt zum 8«ll und zum Aufersteh», vieler in Israel und zu einem<br />

Zeichen, dem widersprochen wird", und zu M aria besonders: „Dir<br />

wird ein Schwert durch deine Seele dringen".<br />

W as <strong>für</strong> ein merkwürdiger Segen! L r klingt nicht so, wie Menschen,<br />

<strong>die</strong> zum ersten Male Litern geworden sind, sich ihn wünschen, w enn<br />

uns das jemand bei der Taufe unseres Lindes sagte: L r wird einen<br />

Zwiespalt in sein Volk bringen, den einen aufhelfen, <strong>die</strong> andern zu<br />

Hall bringen; man wird ihm widersprechen, und dir, seiner Mutter,<br />

wird ein Schwert durch <strong>die</strong> Seele dringen!<br />

Und doch w ar <strong>die</strong>s ein rechter Segen Gottes, wie L r nur den Litern<br />

des Heilandes gegeben werden konnte. W arum wird ->hm widersprochen<br />

werden) w e il L r <strong>die</strong> geheimsten Gedanken Gottes offenbar<br />

machen wird. „Ich bin dazu geboren und in <strong>die</strong> kVelt gekommen,<br />

daß Ich <strong>die</strong> Wahrheit zeugen soll; wer aus der Wahrheit ist, der<br />

höret Meine Stimme" (Ioh. ,8, 37). S o hat Icsus später Selber<br />

Seine Aufgabe gekennzeichnet, als L r vor pilatus stand. Darin bestand<br />

das Lönigtum Iesu Christi und besteht es bis auf <strong>die</strong>sen Tag,<br />

daß L r <strong>die</strong> Wahrheit ans Licht bringt. W ohl dem, der sich nicht an<br />

Ihm ärgert!<br />

Nach der Darstellung im Tempel kehren M aria und Ioseph in ihre<br />

Heimat zurück. Tage kommen und vergehen, das Lind wächst heran<br />

und wird stark. 8rüh zeigt sich an Ihm eine übermenschliche Weisheit.<br />

W ohl inögcn Ioseph und Maria sich Gedanken darüber gemacht haben,<br />

was einmal aus ihrem Linde werden würde, wie das menschliche<br />

Litern tun. Vielleicht hat Maria darüber manchmal das W ort von<br />

dein Schwert, das durch ihre Seele gehen sollte, vergessen. Sie war<br />

gewiß, wie andere Mütter, stolz.auf ihren Sohn, und sah in ^hm ihr


t><br />

Sonntag nach w eihnachte »<br />

mütterliches Eigentum. Aber Gottes Geist hatte Ih n längst in Seine<br />

Hand genommen, und Seine Gnade führte Ih n andere Wege.<br />

D ie Epistel<br />

!- Ich sage aber: Solange der Erbe<br />

unmündig ist, so ist zwischen ihm und<br />

einen, Lxcchtc kein Unterschied, ob er<br />

wohl ein Herr ist aller Güter;<br />

r. sondern er ist unter den Vormündern<br />

und Pflegern bis auf <strong>die</strong> Zeit,<br />

<strong>die</strong> der Vater bestimmt hat.<br />

3. Also auch wir, da wir unmündig<br />

waren, waren wir gefangen unter den<br />

äußerlichen Satzungen.<br />

4-Da aber <strong>die</strong> Zeit erfüllet ward, sandte<br />

Gott Seinen Sohn, geboren von einem<br />

Weibe und unter das Gesetz getan,<br />

S. auf daß Lr <strong>die</strong>, so unter dem Gesetz<br />

waren, erlöste, daß wir <strong>die</strong> Lindschaft<br />

empfingen.<br />

ö. w eil ihr denn Linder seid, hat<br />

Gott gesandt den Geist Seines Sohnes<br />

in eure Herzen, der schreiet: Abba,<br />

lieber Vater!<br />

7. Also ist nun hier kein Lnecht mehr,<br />

sondern eitel Linder; sind's aber Linder,<br />

so sind's auch Lrbcn Gottes durch<br />

Christum. Gal. 4,1—7<br />

Iesus Selber stand unter dem Gesetz, solange L r noch unmündig war.<br />

Davon berichtet uns das Evangelium. Nicht nur, als Er in den<br />

Tempel getragen wurde, sondern auch später, als E r heranwuchs, bis<br />

zu dem Augenblick, als E r zu Iohannes ging, um Sich taufen zu<br />

lassen, damit „alle Gerechtigkeit erfüllt würde". Aber L r blieb nicht<br />

„unter dem Gesetz". Denn L r ist Herr und Meister des Gesetzes, weil<br />

E r der einzige ist, der es wirklich erfüllte, nicht nur in Worten, sondern<br />

auch durch <strong>die</strong> Tat.<br />

w i r andern alle sind, wie Paulus sagt, unter den Satzungen <strong>die</strong>ser<br />

W elt, d. i. unter ihren Idealen, Gesetzen, Vorschriften und Regeln,<br />

welche <strong>die</strong> Menschen teils sich selbst, teils anderen geben, indeni sie<br />

meinen, darin <strong>die</strong> ewige Wahrheit gefunden zu haben, w o man aber<br />

nichts anderes vor Augen hat als menschliche Gesetze und irdische<br />

^ 8aHungen, da wird das Ecben zu einer Sklaverei. Denn sie sind ebenso<br />

schwankend wie hart, ebenso trügerisch wie gewaltsam. Davon hat<br />

uns Gott durch Iesus Lhristus erlöst. Durch Ih n zeigt und bringt<br />

E r uns <strong>die</strong> ewige Wahrheit. Denn Lhristus ist <strong>die</strong> W ahrheit. Durch<br />

Ih n tröstet Gott uns. Denn durch Sein Opfer auf Golgatha hat<br />

Lhristus uns losgekauft von Sünde und Tod. Iesus Lhristus war<br />

kein Lnecht des Gesetzes, L r war der Sohn; L r macht alle, <strong>die</strong> an<br />

Ih n glauben, frei, so daß auch sie Söhne Gottes und Erben Seiner<br />

Verheißung sind. w o rin besteht <strong>die</strong>se Freiheit 7 Darin, daß der Lhrist<br />

weiß, wozu <strong>die</strong> „Satzungen <strong>die</strong>ser W elt" da sind, was sie können und


g. Dezember »7<br />

was sie nicht können, daß er auf Den vertraut, der <strong>die</strong> W elt überwunden<br />

hat. <strong>Das</strong> wissen alle, <strong>die</strong> nur an <strong>die</strong> „Satzungen <strong>die</strong>ser W elt"<br />

glauben, nicht. Sie sind keine freien Söhne Gottes, sondern gebunden<br />

an <strong>die</strong> Traumgebilde ihrer eigenen Vernunft: Nicht Söhne Gottes,<br />

sondern Lnechtc der W elt!<br />

D a s Lied der Woche<br />

M it Fried und Freud ick fahr dahin / in G ott's Wille<br />

M it <strong>die</strong>sem Liede nimmt Luther den Gesang des gottes<strong>für</strong>chtigen S i ­<br />

meon auf. E s ist ein tröstendes Sterbclied und ein strahlendes Epiphaniaslied.<br />

weihnachtsklängc ziehen hindurch; missionarische E r­<br />

kenntnis und Verantwortung klingen mit.<br />

<strong>Das</strong> Lied geleitet uns (z) an das christliche Sterbelager, über das sich<br />

Friede und Freude und getroste Zuversicht ausbreiten. Solch ein Trost<br />

wird dem zuteil, der Thristus gesehen hat und den Blick nicht mehr<br />

von Ihm wendet (r), Lhristus, dem von Gott gesandten Weltheiland<br />

(s), der Menschen aller Völker zu Lindern des Lichtes macht (4).<br />

Den reichen, so freudig und zuversichtlich ausgesprochenen Worten<br />

entspricht <strong>die</strong> weise. Die beiden ersten Töne sind das Signal, mit dem<br />

der Dstcrmorgcn eingeleitet wurde. Später geht sie frohlockend über in<br />

<strong>die</strong> Zuversicht des christlichen Glaubens. Ihm ist der Tod nicht ein<br />

bitteres und sinnloses Ende, sondern der Schlaf, aus dem Gott S elber<br />

uns wecken wird, wie E r Seinen Sohn Jesus Lhristus von den<br />

Toten auferwcckte. Die weise gibt in gleichem Maße <strong>die</strong> zarten wie<br />

<strong>die</strong> starken Gedanken der Dichtung weiter.<br />

D a s Gebet der Woche<br />

Allmächtiger, ewiger Gott, wir bitten Dich, verleih uns, <strong>die</strong> wir<br />

mit dem gnadenreichen Lichte D ein es neugeborenen S oh n es Iesu<br />

Christi begnadigt sind, daß wir auch mit der Tat vollbringen, w as<br />

wir im Herzen glauben und mit dem Munde bekennen, durch denselben<br />

D einen lieben S oh n , Iesum Christum, unsern Herrn. Amen.<br />

rg. Dezember<br />

ss. Da sprach Jesus zu ihnen: Ls ist daß euch <strong>die</strong> Finsternis nicht überfalle,<br />

das Licht noch eine kleine Zeit bei euch.<br />

Wandelt, <strong>die</strong>weil ihr das Licht habt,<br />

w er in der Finsternis wandelt, der<br />

weiß nicht, wo er hin geht.


88<br />

3b. Glaubet an das Licht, <strong>die</strong>weil ihr's<br />

habt, auf daß ihr des Lichtes Linder<br />

seid.<br />

37. Solches redete Jesus und ging weg<br />

Und verbarg Sich vor ihnen. Und ob<br />

Lr wohl solche Zeichen vor ihnen getan<br />

hatte, glaubten sie doch nicht an<br />

Ihn,<br />

38. auf daß erfüllet würde der Spruch<br />

des Propheten Iesaja, den er sagte:<br />

„Herr, wer glaubt unserm predigen?<br />

Und wem ist der Arm des Herrn<br />

offenbart?"<br />

rg. und so. Dezember<br />

3g. Darum konnten sie nicht glauben,<br />

denn Iesaja sagte abermals:<br />

40. ,,Lr hat ihre Augen verblendet<br />

und ihr Her; verstockt, daß sie mit den<br />

Augen nicht sehen noch mit den Herzen<br />

vernehmen und sich bekehren und<br />

Ich ihnen hülfe."<br />

4 ?. Solches sagte Iesaja, da er Seine<br />

Herrlichkeit sah, und redete von Ihm.<br />

4 t- Doch auch der «Obersten glaubten<br />

viele an Ihn; aber um der Pharisäer<br />

willen bekannten sie es nicht, daß sie<br />

nicht in den Bann getan würden.<br />

Ioh. zr, 3S—4r<br />

Aesus ist da, das Licht ist bei uns. Daß w ir <strong>die</strong>se Gnadenzeit nur<br />

nützen! Ictzt gilt es, sich dem Lichte im Glauben zu öffnen, im Lichtc<br />

seinen Wandel zu führen, versäumen w ir <strong>die</strong> Z eit des Lichtes, so<br />

kann sie <strong>für</strong> uns zu Ende gehen, wie sie einst <strong>für</strong> Israel ein Ende<br />

nahm. Dann bricht <strong>die</strong> Finsternis über uns herein, wir verlieren <strong>die</strong><br />

Richtung und kommen nicht ans Ziel. Furchtbar, das Licht gehabt und<br />

sich ihn^doch entzogen zu haben! S o ist es mit jenem Volk gegangen:<br />

es hat Iesu große Heilandstatcn erlebt und doch nicht geglaubt. <strong>Das</strong><br />

ist <strong>die</strong> ungeheure Schuld, <strong>die</strong> es zum Volke des Fluches gemacht hat.<br />

Aber auch darin geschieht Gottes unbegreiflicher Rat, wie Iesaja gewaltig<br />

bezeugt hat: Die Schuld der Menschen ist zugleich Gottes Gericht<br />

über sie. Gott sei uns gnädig und erwecke uns, <strong>die</strong> Zeit des Lichtes<br />

zu erkennen und auszukaufen!<br />

Die andere Lesung: Icsaia b3, 7—;v<br />

so. Dezember<br />

4 4- Iesus aber rief und sprach: w er<br />

an Mich glaubt, der glaubt nicht an<br />

Mich, sondern an den, der Mich gesandt<br />

hat.<br />

45. Und wer Mich sieht, der sieht den,<br />

der Mich gesandt hat.<br />

4b. Ich bin gekommen in <strong>die</strong> Welt ein<br />

Licht, auf daß, wer an Mich glaubt,<br />

nicht in der Finsternis bleibe. '<br />

47. Und wer Meine Worte hört, und<br />

glaubt nicht, den werde Ich nicht richten;<br />

denn Ich bin nicht gekommen,<br />

daß Ich <strong>die</strong> Welt richte, sondern daß<br />

Ich <strong>die</strong> Welt selig mache.<br />

48. w er Mich verachtet und nimmt<br />

Meine Worte nicht auf, der hat schon<br />

seinen Richter; das Wort, welches<br />

Ich geredet habe, das wird ihn richten<br />

am Jüngsten Tage.<br />

4g. Denn Ich habe nicht von Mir Selber<br />

geredet, sondern der Vater, der<br />

Mich gesandt hat, der hat Mir ein


30. und 3). Dezember<br />

Gebot gegeben, was Ich tun und re- das ewige Leben. Darum, was Ich<br />

den soll.<br />

rede, das rede Ich also, wie Mir der<br />

so. Und Ich weiß, daß Sein Gebot ist Vater gesagt hat. Ioh. i r, 4 4—so<br />

wodurch ist Icsus das Licht der W elt) w e il Gott Selber Ih n gesandt<br />

hat. Gott Selber ist in Ihm <strong>für</strong> uns da. Daher entscheidet sich<br />

an Ic s u s das ew ige Geschick der M enschen, w o Sein W ort<br />

im Glauben aufgenommen wird, da bringt es Erlösung aus der Finsternis,<br />

ewiges Leben. W o es aber nicht ernst genommen und abgelehnt<br />

wird, da kehrt es sich rächend wider den Verächter, da wird es<br />

dem Menschen zum Gericht. Nicht Iesus Selber richtet; E r ist nie<br />

etwas anderes als der Heiland, E r hat nie etwas anderes als das<br />

W ort der Gnade, das ewiges Leben bringt. Aber eben <strong>die</strong>ses W ort<br />

voll ewigen Lebens wird dem Verächter zur Anklage vor Gott, zum<br />

Gericht, zum Tode. Denn Iesu W ort ist Gottes eigenes W ort. w e r<br />

es Ihm nicht abnimmt, der hat sich wider Gott Selbst entschieden.<br />

Die andere Lesung: r. Lorinther s, ;—j o<br />

s;. w a s wollen wir nun hiezu sagen)<br />

Ist Gott <strong>für</strong> uns, wer mag wider<br />

uns sein)<br />

sr. welcher auch Seines eignen Sohnes<br />

nicht hat verschonet, sondern hat<br />

Ihn <strong>für</strong> uns alle dahingegcben; wie<br />

sollte Er uns mit Ihm nicht alles<br />

schenken)<br />

33. w er will <strong>die</strong> Auserwählten Gottes<br />

beschuldigen) Gott ist hie, der da<br />

gerecht machet.<br />

34. w er will verdammen) Lhristus<br />

ist hie, der gestorben ist, ja vielmehr,<br />

der auch auferwcckct ist, welcher ist<br />

zur Rechten Gottes und vertritt uns.<br />

35. w er will uns scheiden von der<br />

Liebe Gottes) Trübsal oder Angst oder<br />

s ;. Dezember<br />

Sylvester<br />

Verfolgung oder Hunger oder Blöße<br />

oder Ehrlichkeit oder Schwert)<br />

3b. wie geschrieben steht: „Um deinetwillen<br />

werden wir getötet den ganzen<br />

Tag; wir sind geachtet wie<br />

Schlachtschafe."<br />

37. Aber in dem allem überwinden<br />

wir weit um des willen, der uns gelicbet<br />

hat.<br />

3S. Denn ich bin gewiß, daß weder<br />

Tod noch Leben, weder Engel noch<br />

Fürstentümer noch Gewalten, weder<br />

Gegenwärtiges noch Zukünftiges,<br />

3g. weder Hohes noch Tiefes noch<br />

keine andere Lrcatur mag uns scheiden<br />

von der Liebe Gottes, <strong>die</strong> in<br />

Christo Iesu ist, unserm Herrn.<br />

Röm. r, 3j—3g<br />

Auf der Grenze zweier Iahre wird uns das Herz schwer von der Last<br />

des Lebens, w i r spüren Bruchstück und Armut, Versäumnis und<br />

Schuld von gestern, <strong>die</strong> Unsicherheit und vielleicht Bedrohlichkeit von


So<br />

Sylvester<br />

morgen. Aber wir kommen von der Lrippe Iesu her. I n ihrem Lichte<br />

können w ir trotz allem getrost aus dem alten Iahre und in das neue<br />

gehen. Gott hat uns Seinen geliebten Sohn geschenkt — E r bringt<br />

allen Reichtum Gottes mit Sich und füllt jeden Mangel aus. Iesu<br />

Sterben, Auferstehen und Erhöhtwerden durch Gott heißt: Gott ist<br />

<strong>für</strong> uns, Sein Vergeben bedeckt unsere Schuld und bringt den Verklaget<br />

zum Schweigen. Iesus bei uns, das heißt: G o tte s Liebe hat<br />

uns fü r im m er e rg riffe n . Nun können w ir auch drohender Bedrängnis<br />

mit der Gewißheit des Sieges entgegengehen, w a s auch<br />

über uns kommen mag —, kein Schicksal, keine menschliche oder dämonische<br />

Gewalt kann uns aus den ewigen Armen der Liebe Gottes<br />

reißen.<br />

Die andere Lesung: Iesaia s;, -—b<br />

D a s Gebet des Sylvestectages<br />

Allmächtiger Gott, himmlischer Vater, wir danken D ir, daß D u<br />

uns <strong>die</strong>ses Iah r vor allem Übel gnädig behütet hast, und bitten<br />

Dich, gedenke nicht mehr unserer alten Sünden, sondern hilf, daß<br />

wir mit dem alten Ia h r den alten Menschen ablegen, den neuen<br />

aber anziehen, durch Jesum Christum, Deinen Soh n , unsern<br />

Herrn. Amen.<br />

Jahresschluß<br />

D er go. Psalm<br />

Herr Gott!<br />

Du bist unsere Zuflucht <strong>für</strong> und <strong>für</strong>.<br />

Ehe denn <strong>die</strong> Berge wurden und <strong>die</strong> Erde und <strong>die</strong> W elt geschaffen<br />

bist Du, Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit.<br />

swurden,<br />

Der Du <strong>die</strong> Menschen lässest sterben und sprichst:<br />

Rommt wieder, Menschenkinder!<br />

Denn tausend Iahre sind vor Dir wie der Tag, der gestern vergangen ist,<br />

und wie eine Nachtwache.<br />

Du lässest sie dahinfahren wie einen Strom ; sie sind wie ein Schlaf,<br />

gleichwie ein Gras, das doch bald welk wird,<br />

<strong>Das</strong> da frühe blühet und bald welk unrund<br />

des Abends abgehauen wird und verdorret.<br />

<strong>Das</strong> machet Dein Zorn, daß w ir so vergehen,<br />

und Dein Grimm, daß wir so plötzlich dahin müssen.


Jahresschluß<br />

Denn unsere Missetaten stellest Du vor Dich,<br />

unsre unerkannte Sünde ins Licht vor Deinem Angesicht.<br />

Darum fahren alle unsre Tage dahin durch Deinen Zorn;<br />

wir bringen unsre Iahre zu wie ein Geschwätz.<br />

Unser Leben währet sicbcnzig Iahre,<br />

und wenn es hoch kommt, so sind es achtzig Iahre,<br />

und wenn es köstlich gewesen ist, so ist es Mühe und Arbeit gewesen,<br />

denn es fähret schnell dahin, als flögen w ir davon.<br />

w e r glaubt's aber, daß Du so sehr zürnest,<br />

und wer <strong>für</strong>chtet sich vor solchem Deinem Grimm?<br />

Lehre uns bedenken, -aß wir sterben müssen,<br />

auf -aß w ir klug werden.<br />

Herr, kehre Dich doch wieder zu uns<br />

und sei Deinen Knechten gnädig!<br />

Hülle uns frühe mit Deiner Gnade,<br />

so wollen w ir rühmen und fröhlich sein unser Leben lang.<br />

Erfreue uns nun wieder, nachdem Du uns so lange plagest,<br />

nachdem wir so lange Unglück leiden.<br />

Zeige Deinen Knechten Deine Werke<br />

und Deine Ehre ihren Kindern.<br />

Und der Herr, unser Gott, sei uns freundlich und fördere das Werk<br />

unsrer Hände bei uns;<br />

ja, das Werk unsrer Hände wolle E r fördern!


Neujahr<br />

Neujahr<br />

A lles, w as ihr tut mit W orten oder mit Werken, das tut alles in<br />

dem Nam en des Herrn Ie su und danket G ott und dem Vater durch<br />

Ih n . « , ,,<br />

Lolosser 3, -7<br />

D a s Evangelium<br />

2;. Und da acht Tage um waren, daß genannt war von dem Engel, ehe denn<br />

das Lind beschnitten würde, da ward Er im Mutterlcibe empfangen ward.<br />

Sein Name genannt Jesus, welcher Luk. r, r;<br />

Acht Tage nach Seiner Geburt wurde Iesus nach altem Brauch beschnitten<br />

und erhielt damit das Siegel Seiner Zugehörigkeit zum erwählten<br />

Volke. E r hat Sich stets zu Seinem Volke bekannt. Aber Er<br />

erblickte in der Beschncidung kein Vorrecht vor anderen Völkern. Er<br />

verachtete keinen Heiden und keinen Samariter. Denn Erwählung ist<br />

Gnade, nicht menschliches Ver<strong>die</strong>nst. Darum ist Gottes Heil nicht an<br />

ein Volk gebunden, w e il das Volk der Iuden Christus ans Lrcuz gebracht<br />

hat, hat es den Ehrennamen des „auserwählten Volkes" verloren.<br />

Seitdem ist <strong>die</strong> christliche <strong>Gemeinde</strong> das von Gott auserwähltc<br />

Volk.<br />

M it der Beschncidung zugleich erhält Iesus Seinen N am en. „Iesus"<br />

ist <strong>die</strong> griechische 8orm von „Iosua" und heißt soviel wie „Gotthilf".<br />

Der Text sagt: Lange bevor M aria und Ioseph auch nur den geringsten<br />

Grund hatten, sich darüber Gedanken zu machen, wie ihr Sohn<br />

heißen solle, habe der Engel bereits <strong>die</strong>sen Namen genannt. G ott<br />

wußte, durch wen E r der W elt helfen wollte.<br />

Die Lirche freut sich <strong>die</strong>ses Textes gerade am Neujahrstage. Am Ansang<br />

jedes Iahres fragen w ir: w a s wird es uns bringen, wird es ein<br />

gutes oder ein böses Ia h r werden - viele gehen jedem neuen Iahr mit<br />

großen Erwartungen entgegen, um an seinem Ende zu erleben, daß es<br />

nicht viel anders war als <strong>die</strong> vergangenen. <strong>Das</strong> kommt daher, weil sie<br />

nicht wissen, worin das Heil der W elt liegt, das <strong>für</strong> alle Zeiten gilt.<br />

Sie glauben an den Zufall und erwarten von ihm das Heil. Aber der<br />

Zufall ist ein Götzenbild.<br />

Die Lirche weist uns am Ncujahrstage auf Den hin, durch den Gott<br />

hilft, d. i. auf Christus. I n Ihm allein liegt das Heil <strong>für</strong> alle Zeiten<br />

und alle Iahre, <strong>die</strong> vergangenen und <strong>die</strong> noch kommenden. Reine Zeit,


Der Neujahrstag<br />

gs<br />

<strong>die</strong> vor Ihm war, brachte einen Größeren als Ih n , und keine Zeit, <strong>die</strong><br />

nach Ihm kommt, wird <strong>die</strong> Menschen je über Ih n hinausführen. In<br />

Ihm ist das A und das L).<br />

<strong>Das</strong> ist ja auch der Grund, w e sh a lb w ir <strong>die</strong> Ia h re nach der Geburt<br />

Christi zählen. D a rin lieg t ein B ek en n tn is. Denn in dem Iahre,<br />

von dem ab man <strong>die</strong> Zeit zählt, erblickt man ihren Höhepunkt und <strong>die</strong><br />

Erfüllung ihres Sinnes, w enn wir Christen <strong>die</strong> Zeit von der Geburt<br />

Christi, nicht aber von anderen geschichtlichen Ereignissen ab zählen,<br />

liegt darin das Bekenntnis der christlichen <strong>Gemeinde</strong>, daß in Ihm das<br />

Heil <strong>für</strong> alle W elt und <strong>für</strong> alle Zeiten erschienen ist. Ob w ir an I h n<br />

glauben oder nicht glauben, davon hängt es deshalb auch ab, ob das<br />

kommende Iahr <strong>für</strong> dich und <strong>für</strong> mich zu einem Iahre des Heils oder<br />

des Unheils wird. Im Glauben an Ih n werden seine guten Tage uns<br />

nicht in <strong>die</strong> Versuchung bringen, Gott zu vergessen und Sein W ort in<br />

den w in d zu schlagen; seine bösen Tage aber werden <strong>für</strong> uns zum<br />

Segen werden, uns frei zu machen von eitlen Hoffnungen und zu bewahren<br />

vor ebenso eitlen Enttäuschungen. Denn <strong>die</strong> Gestalt <strong>die</strong>ser<br />

W elt vergeht, C hristi N am e aber bleibt in Ewigkeit.<br />

D ie Epistel<br />

rs. Ehe denn aber der Glaube kam, durch den Glauben an Christum Iesum.<br />

wurden wir unter dem Gesetz ver- 27. Denn wieviel euer auf Christum<br />

wahrt und verschlossen auf den Glau- getauft sind, <strong>die</strong> haben Christum anben,<br />

der da sollte offenbart werden. gezogen.<br />

24. Also ist das Gesetz unser Zucht- rs. Hie ist kein Jude noch Grieche,<br />

mcistcr gewesen auf Christum, daß hie ist kein Lnccht noch 8rcicr, hie ist<br />

wir durch den Glauben gerecht werden, kein Mann noch Weib: denn ihr seid<br />

rs. Nun aber der Glaube gekommen allzumal einer in Christo,<br />

ist, sind wir nicht mehr unter dem<br />

Zuchtmcister.<br />

rg. Seid ihr aber Christi, so seid ihr<br />

ja Abrahams Same und nach der verrb.<br />

Denn ihr seid alle Gottes Linder heißung Erben. Gal. s, rs—rg<br />

Der Apostel redet hier zu einer <strong>Gemeinde</strong> von getauften Iuden. E r<br />

ruft ihnen ins Gedächtnis zurück, wie es war, als sie noch unter dem<br />

Gesetz lebten. Da kamen sie sich vor wie Gefangene, <strong>die</strong> auf Schritt und<br />

Tritt bewacht wurde». Überall standen W arnungstafeln; was war<br />

alles verboten! W ohl wurde ihnen immer wieder gesagt: Ih r seid<br />

Nachkommen der Lrzväter, also Glieder des auserwählten Volkes und<br />

als solche weit mehr als alle anderen! Aber was nützt das dem, der in<br />

einem Gefängnis sitzt?


44<br />

Neujahr<br />

Dies mußte sein, so sagt der Apostel weiter zu den Galatern, damit<br />

ihr in der richtigen weise auf Christus hin erzogen würdet, w e r sieht<br />

denn in Ihm das Heil, der nicht zuvor gefühlt hat, wie <strong>die</strong> Angst, man<br />

könnte <strong>die</strong>s und das versehen haben, quält, der nicht darunter leidet,<br />

daß er <strong>die</strong> heiligen ;o Gebote nicht erfüllen kann und mit leeren Händen<br />

und schuldbeladenem Rücken vor Gott treten muß!<br />

Da kommt <strong>die</strong> Botschaft von Christus. Sie sagt: Durch werkerci<br />

willst du selig werden? Du meinst, es gäbe keine Hoffnung mehr <strong>für</strong><br />

-ich, wenn du nicht alles tust, was verlangt w ird? Du <strong>für</strong>chtest dich<br />

vor den 8olgcn? w a ru m ? Glaubst du, daß dein Herr dich im Stich<br />

lassen wird, wenn du dich zu Ihm bekennst? Hat E r Seine Iünger<br />

im Stich gelassen, als sie von den Iuden verfolgt wurden? Haben sie<br />

nicht selber, als E r sie fragte, ob sie je Mangel gelitten hätten, bekannt:<br />

Herr, nie keinen? Alle unsere werkerci stammt aus Rleinglauben.<br />

<strong>Das</strong> Heil liegt in Christus und nicht in Werken, auch den größten<br />

nicht. Es ist Geschenk und nicht Ver<strong>die</strong>nst. Diese Botschaft macht frei.<br />

Sie lehrt uns, daß w ir <strong>die</strong> W elt zwar nicht erlösen können — das<br />

hat Christus <strong>für</strong> uns getan — ; wohl aber, wie w ir unseren M itmenschen<br />

zu helfen vermögen. Christliche 8reiheit ist Dienst am Nächsten.<br />

I n <strong>die</strong>ser seihest sind wir Christen erhaben über alle, <strong>die</strong> ihr<br />

Heil darin suchen, nur Menschen zu Gefallen zu sein. w i r Christen<br />

sind frei, wo immer w ir stehen, selbst noch im Leiden. Da fallen auch<br />

jene Schranken hin, <strong>die</strong> <strong>die</strong> W elt aufrichtet. C)b aus <strong>die</strong>sem oder jenem<br />

Stamme, ob als Mann oder als Weib, ob als 8reier »der als Sklave<br />

gekoren, sie alle sind zum Reich Gottes berufen. Rann nicht ein<br />

Mensch von niedriger Geburt, der wirklich an Christus glaubt, einen<br />

andern Menschen von hoher Geburt beschämen, der nur dem Namen<br />

nach Christ ist? Hat nicht manche alte und schwache 8rau mehr Bekenncrmut,<br />

als mancher starke Mann? w e r ist in Wirklichkeit ein<br />

Skalve, der, welcher nur in äußeren Dingen abhängig ist, oder der,<br />

welcher sein gutes Gewissen um des Vorteils oder der Macht willen<br />

verkauft hat?<br />

D a s Lied der Woche<br />

Iesu, nun sei gepreiset<br />

Ein Neujahrslied, aus der zweiten Hälfte des Reformationsjahrhunderts.<br />

E s beginnt mit dem Anruf und preise Iesu, wie er sich <strong>für</strong> den


Der Neujahrstag<br />

SS<br />

Christen am Ncujahrstagc geziemt. Lnapp in seiner Sprache, lenkt es<br />

um so nachdrücklicher den S inn der <strong>Gemeinde</strong> auf das, was in Lobpreis<br />

und Bitte an solchem Tage zu sagen ist.<br />

Strophe z ist aus der Erfahrung des lebendigen Glaubens gesprochen:<br />

Nach einem Iahr stillen Glaubensgchorsams durfte <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> aufs<br />

neue das Christfest feiern, das ihr allzeit M ut zu fröhlichem Neubeginn<br />

auch im irdischen Leben gibt. Recht und schlecht folgen in<br />

Strophe r <strong>die</strong> wünsche <strong>für</strong> das neue Ia h r: dankbar stehen im Lobe<br />

Christi mit der <strong>Gemeinde</strong>, beten <strong>für</strong> Lirche und Vaterland, um Frieden<br />

nach außen und um <strong>die</strong> Sauberkeit reiner Christenlehre im Innern, unter<br />

Abweisung des Teufels und seiner Mächte. Strophe 3 nimmt Anlaß,<br />

über <strong>die</strong> irdischen Zeiten hinübcrzublickcn ins verheißene Reich des<br />

Vaters voll unzerstörbaren Friedens und heiliger Freude,<br />

w o <strong>die</strong>s Lied unbekannt ist, singt man<br />

Nun laßt uns gehn und treten<br />

Nur wenige Lieder unseres Gesangbuches bringen so vollständig und<br />

bestimmt <strong>die</strong> Anliegen zum Ausdruck, <strong>die</strong> <strong>die</strong> christliche <strong>Gemeinde</strong> am<br />

Ende des alten und zu Beginn des neuen Iahrcs bewegen, wie <strong>die</strong>ses.<br />

M an merkt es dem Dichter Paul Gerhardt an, daß er selbst durch viel<br />

Leid und Not geführt worden ist. Die Schrecknisse des dreißigjährigen<br />

Lrieges, während dessen das Lied wohl entstanden ist, klingen an. Der<br />

Dichter ist der Wirklichkeit des Lebens begegnet, aber als Sieger aus<br />

allen Nöten hervorgegangen, weil er alles, was ihn traf, Großes und<br />

Rleines, Freud und Leid, im Lichte des W ortes Gottes schaute. Alles<br />

Leid, das ihm widerfuhr, war ihm <strong>die</strong> gewaltige Hand Gottes, unter<br />

<strong>die</strong> er sich gläubig beugte (z. petr. s, ö). Deswegen -rängt es ihn bei<br />

der Betrachtung des vergangenen Iahres, Gott zu loben <strong>für</strong> all Seine<br />

Treue und Güte (v . 7). M it Vers r beginnt <strong>die</strong> zweite Hälfte des<br />

Liedes: Bitten <strong>für</strong> das kommende Iahr. Die Verse --— >4 sind ein<br />

Vorbild echter gemeindlicher Fürbitte. — <strong>Das</strong> Lied sollte nicht gekürzt,<br />

sondern in den Gottes<strong>die</strong>nsten der Jahreswende von Anfang bis zu<br />

Ende gesungen werden.<br />

Die schlichte Melo<strong>die</strong> Nicolaus Sclncckers, eines treuen und unentwegten<br />

reformatorischcn Rämpfers, ist dem Helmboldtschcn Liede: „Nun<br />

laßt uns Gott dem Herrn Dank sagen und Ih n ehren" entnommen.<br />

Bei der Verwandtschaft <strong>die</strong>ser Texte ist ein Austausch der Melo<strong>die</strong>n<br />

sehr wohl möglich.


Neujahr<br />

D a s Gebet der Woche<br />

Herr G ott, himmlischer Vater, wir danken D ir, daß D u uns D e i­<br />

nen lieben Soh n gegeben hast, daß Er S e in Volk selig machen<br />

wird ron allen Sünden, w ir bine» Dich, D u wollest D eine Gnade<br />

geben, daß wir in <strong>die</strong>sem neuen Iah re alles, w as wir tun mit W orten<br />

und Werken, im Namen Iesu beginnen und Dich, unsern V a ­<br />

ter, durch Ih n preisen, darin auch alle Tage unseres Lebens beharren<br />

und zunehmen, bis wir zuletzt nach <strong>die</strong>ser Zeit Dich in E w ig ­<br />

keit loben und anbeten, durch denselben, unseren Herrn Iesum Christum.<br />

Amen.<br />

D er Neujahrstag<br />

als Tag christlicher Verkündigung'<br />

Neujahrstag war im Abendland ursprünglich der 1. März. Darauf deutet noch<br />

heute der verkürzte Februar, <strong>für</strong> den nicht genug Tage mehr geblieben waren.<br />

Line Veränderung trat im zweiten Jahrhundert ein. Da wurde der Amtsantritt<br />

der jährlich wechselnden römischen Beamten und damit zugleich der<br />

Jahresanfang auf den j. Januar festgelegt.<br />

Der j. Januar fiel in eine von Festen überfüllte Zeit. Lr übernahm viele von<br />

deren Bräuchen und Sitten und fügte selbst neue hinzu, wie z. B. das Orakel,<br />

d. h. das Befragen der Mächte nach der Zukunft, dessen Reste sich noch in der<br />

hie und da geübten Spielerei des Blcigicßcns erhalten habe».<br />

Die Lirche hatte also mit dem j. Januar als Ncujahrstag zu rechnen, ehe sie<br />

ihr weihnachtsfcst auf dem rs. Dezember festgelegt hatte. Sie war mit wechselndem<br />

Lrfolge bemüht, <strong>die</strong> abergläubischen und oft sehr üblen Festbräuche zu<br />

bekämpfen und den Tag als Tag ernster Besinnung, ja zeitweise als Bußtag<br />

auszugestalten. Inzwischen hatte im vierten Jahrhundert auch das christliche<br />

weihnachtsfcst seinen festen Termin gefunden. (Darüber ist in der Einführung<br />

zum ,. wcihnachtstag näheres gesagt.) Die Festlegung des Weihnachtsfestes<br />

war nach Gesichtspunkten erfolgt, <strong>die</strong> mit dem Neujahrstage nichts zu tun<br />

hatten. Nun aber war nach kirchlicher Gepflogenheit nicht nur das Weihnachtsfest<br />

selber festgelegt, sondern auch seine Oktav, d. h. der auf das Fest folgend«<br />

achte Tag, an dem <strong>die</strong> Fcstgedanken noch einmal aufleuchteten. Diese Oktav<br />

zum weihnachtsfcst fiel also auf den ,. Januar, und damit war <strong>die</strong>sem Tage<br />

ein biblischer Text zugefallen, der ihm erst seinen vollen Sinn und seine tiefe<br />

Bedeutung gab. <strong>Das</strong> Lvangelium der Weihnachtsoktav, also zugleich des Neujahrstages,<br />

ist aber <strong>die</strong> Geschichte von Jesu Namensgebung. Im Namen Jrsul<br />

<strong>Das</strong> ist seitdem <strong>die</strong> Losung der christlichen <strong>Gemeinde</strong> bei ihrem Eintritt ins


Der Neujahrstag<br />

neue Jahr. Im Namen Iesu geht sie in eine unbekannte Zeit, <strong>die</strong> sie aus<br />

Gottes Hand hinnimmt.<br />

Meine Zeit steht in Deinen Händen.<br />

Psalm 3;, ;tz.<br />

Er ist der Herr der Zeiten! Im Namen Iesu will Er angerufen sein. Die Zeitwende<br />

ist ins Licht der Botschaft von Iesus Christus gerückt, an dessen Lrippe<br />

wir soeben sangen:<br />

<strong>Das</strong> ewig Licht geht da herein,<br />

gibt der Welt ein'n neuen Schein;<br />

es leucht wohl mitten in der Nacht<br />

und uns des Lichtes Linder macht.<br />

Lyriclcis.<br />

Iesus Christus, gestern und heute<br />

und Derselbe auch in Ewigkeit.<br />

Hebräer ) 3, r.<br />

So wurde durch Gottes unerforschliches walten <strong>die</strong>sem Tage, der nach weltlichen<br />

Überlegungen festgelegt war, <strong>die</strong> rechte christliche Botschaft geschenkt: ein<br />

Signal gläubigen Aufbruchs und unverdrossenen Marsches ins neue Iahr<br />

hinein.<br />

I. N. I-<br />

steht seitdem über vielen Büchern, alten und neueren, handgeschriebenen und<br />

gedruckten. Im Namen Iesu fing ein jeder sein Werk an. „Im Namen Iesu"<br />

schrieb Luther über den ersten Glaubensartikel, als er uns den Latcchismus<br />

schenkte. Im Namen Iesu hub ein Sebastian Bach an, niederzuschreiben, was er<br />

gesungen und musiziert, zur Ehre Gottes und zur Erbauung Seiner <strong>Gemeinde</strong>.<br />

Im Namen Iesu betraten größte Männer der Lunst und der Gelehrsamkeit<br />

ihre Arbeitsstätten. Im Namen Iesu gingen ungezählte treue Arbeiter ihrer<br />

Berufspflicht, wie immer sie sich gestaltete, mit Zuversicht und unverrückbarer<br />

Treue nach. In Iesu Namen, so sprachen viele, <strong>die</strong>, obwohl zum Tode gezeichnet,<br />

dennoch nach Gottes willen wiederum ein neues Iahr des Leidens antreten<br />

mußten. A. D-, d. h. Anno Domini, so steht über den Türen und auf den Balken<br />

zahlloser deutscher Häuser in Dorf und Stadt: „Im Iahre des Herr Christus".<br />

Er ist <strong>die</strong> Mitte der Geschichte. Denn Er kam, als „<strong>die</strong> Zeit erfüllet war".<br />

Darum zählt <strong>die</strong> christliche <strong>Gemeinde</strong> <strong>die</strong> Iahre von der Geburt Christi an.<br />

In <strong>die</strong>se Zeitenwende haben sie sich eingefügt, <strong>die</strong> Monate und <strong>die</strong> Tage und<br />

<strong>die</strong> Iahre. So schreiben wir über jedes neue Iahr:<br />

I m N am en I e s u .<br />

S7<br />

4 <strong>Das</strong> <strong>Kirchenbuch</strong><br />

4-


->r<br />

Sonntag nach Neujahr<br />

Sonntag nach Neujahr<br />

E r hat S ein en Engeln befohlen über dir, daß sie dich behüten aus<br />

allen deinen W egen.<br />

Psalm g; , i r<br />

D a s Evangelium<br />

IA. Da sie aber htnwcggczogen waren,<br />

siehe, da erschien der Engel des Herrn<br />

dem Joseph im Traun, und sprach:<br />

Stehe auf und nimm das Lindlcin<br />

und Seine Mutter zu dir und flieh<br />

nach Ägyptcnland und bleib allda, bis<br />

ich dir sage; denn es ist vorhanden,<br />

daß Herodes das Lindlein suche, dasselbe<br />

umzubringen.<br />

)4. Und er stand auf und nahm das<br />

Lindlein und Seine Mutter zu sich<br />

bei der Nacht und entwich nach Ägyptenland.<br />

z s. Und blieb allda bis nach dem Tod<br />

des Herodes, auf daß erfüllet würde,<br />

was der Herr durch den Propheten<br />

gesagt hat, der da spricht: „Aus Ägypten<br />

habe Ich Meinen Sohn gerufen."<br />

ztz. Da Herodes nun sah, daß er von<br />

den weisen betrogen war, ward er<br />

sehr zornig und schickte aus und ließ<br />

alle Linder zu Bethlehem töten und<br />

an seinen ganzen Grenzen, <strong>die</strong> da<br />

zweijährig und darunter waren, nach<br />

der Zeit, <strong>die</strong> er mit Fkiß von den<br />

weisen erlernt hatte,<br />

zy. Da ist erfüllt, was gesagt ist<br />

von dem Propheten Jeremia, der da<br />

spricht:<br />

„Auf dem Gebirge hat man ein<br />

Geschrei gehört, viel Llagens, Weinens<br />

und Heulens; Rahe! beweinte<br />

ihre Linder und wollte sich nicht trösten<br />

lassen, denn es war aus mit<br />

ihnen."<br />

zg. Da aber Herodes gestorben war,<br />

siehe, da erschien der Engel des Herrn<br />

dem Joseph im Traum in Ägyptenland<br />

20. und sprach: Stehe auf und nimm<br />

das Lindlein und Seine Mutter zu<br />

dir und zieh hin in das Land Israel;<br />

sie sind gestorben, <strong>die</strong> dem Linde nach<br />

dem Leben standen.<br />

2;. Und er stand auf und »ahm das<br />

Lindlcin und Seine Mutter zu sich<br />

und kam in das Land Israel.<br />

22. Da er aber Hörte, daß Archelaus<br />

im jüdischen Lande Lönig war anstatt<br />

seines Vaters Herodes, <strong>für</strong>chtete er<br />

sich, dahin zu kommen. Und im Traum<br />

empfing er Befehl von Gott und zog<br />

in <strong>die</strong> Örter des galiläischen Landes<br />

2 3. und kam und wohnte in der<br />

Stadt, <strong>die</strong> da heißt Nazareth; auf<br />

daß erfüllet würde, was da gesagt ist<br />

durch <strong>die</strong> Propheten: Er soll Nazarcnus<br />

heißen. Matth. 2, 13—23<br />

w a s hier über <strong>die</strong> Flucht des Jesuskindes nach Ägypten berichtet wird,<br />

ist sinnbildlich <strong>für</strong> das ganze spätere Leben Iesu. Unser Herr war,<br />

während E r auf <strong>die</strong>ser Erde wandelte, keinen Augenblick sicher vor<br />

Nachstellungen. Der erste Seiner Feinde war Herodes der Ältere. Der<br />

w ar ein Mensch, dem jedes Mittel recht ist, wenn es um <strong>die</strong> Macht<br />

geht. M an w ar Blut an Seinem Hofe gewöhnt. E r hatte viele seiner


S o n n ta g nach N cujahr<br />

eigenen verwandten umgebracht, weil er <strong>für</strong>chtete, sie könnten als<br />

seine Nebenbuhler auftreten. S o ist ihm auch der Mord an den unschuldigen<br />

Lindern zuzutrauen, wenn er hoffte, auf <strong>die</strong>se Weise den<br />

messianischcn Hoffnungen des Volkes ihre Nahrung zu nehmen.<br />

Später war es Herodes der Iüngere, der Iesus nachstellte. E r hätte<br />

Ih n gern in Haft genommen, wie er es vorher mit Iohannes dem<br />

Täufer getan hatte. Aber Iesus wich ihm aus. Dann gesellten sich zu<br />

den Feinden Jesu <strong>die</strong> Pharisäer und Schriftgelchrten, schließlich <strong>die</strong><br />

Priesterkaste und zuletzt noch der römische Statthalter. Sie waren<br />

zwar alle miteinander verfeindet, aber im Haß gegen <strong>die</strong> Wahrheit<br />

waren sie einig. S o ist Iesus von vielen verfolgt gewesen, sein ganzes<br />

Leben lang. <strong>Das</strong> hat E r Selbst ausgesprochen mit den W orten:<br />

„Die Füchse haben Gruben und <strong>die</strong> vögel unter dem Himmel haben<br />

Nester, aber des Menschen Sohn hat nicht, da E r Sein Haupt hinlege".<br />

w aru m war das so? w aru m wird Der, in dem Gott leibhaftig auf<br />

<strong>die</strong>ser Erde erscheint, um uns zu helfen, von den Menschen verfolgt?<br />

Die Antwort darauf geben <strong>die</strong>se Menschen uns selber; man braucht sie<br />

nur zu fragen. Herodes sagt: Ich kann keinen Nebenbuhler brauchen,<br />

der im Volk den alten Messiasglauben weckt, w e r weiß, was daraus<br />

wird? Ich kenne <strong>die</strong> Menge! Die Pharisäer sagen: E r untergräbt unser<br />

Ansehen. Härt man nicht schon, wie <strong>die</strong> Leute sich zuflüstern: „Der<br />

redet gewaltig und nicht wie <strong>die</strong> Schriftgelehrten?" Die Priester sagen:<br />

„Lassen wir Ih n , so werden alle an Ih n glauben". Aber es geht<br />

um den Tem pel, da darf man nicht weichherzig und nachsichtig sein.<br />

pilatus sagt: „Ich weiß wohl, daß E r unschuldig ist. Ich habe auch<br />

alles versucht, Ih n zu retten. Aber wenn sie es durchaus wollen! w a s<br />

kommt es mir auf einen Menschen mehr oder weniger an!" S o war<br />

<strong>die</strong> W elt damals. Ist sie seitdem anders geworden? M an könnte darüber<br />

verzagen, wenn Gott nicht doch Seine Hand über <strong>die</strong> Seinen<br />

hielte. <strong>Das</strong> tat E r auch mit Ioseph, Maria und dem Lhristuskinde. Sie<br />

fliehen vor der Macht des Herodes nach Ägypten, wo seine Macht zu<br />

Ende ist. Alle irdische Macht hat irgendwo ihr Ende. Darum ist das<br />

Bild von der Flucht <strong>die</strong>ser drei ein Bild des Trostes <strong>für</strong> alle, <strong>die</strong> in Gefahr<br />

sind. Sie mögen noch staunen darüber, wo überall jenes Land<br />

Ägypten zu finden ist, in dem sie sicher und geborgen wohnen, bis <strong>die</strong><br />

Gefahr vorüber geht.<br />

SS


-so<br />

D ie Epistel<br />

Sonntag nach Neujahr<br />

ir. Ihr Lieben, lasset euch <strong>die</strong> Hitze,<br />

so euch begegnet, nicht befremden (<strong>die</strong><br />

euch widerfährt, daß ihr versucht<br />

werdet), als widerführe euch etwas<br />

Seltsames;<br />

)3. sondern freuet euch, daß ihr mit<br />

Christo leidet, auf daß ihr auch zur<br />

Zeit der Offenbarung Seiner Herrlichkeit<br />

Freude und W onne haben möget.<br />

>4. S elig seid ihr, wenn ihr geschmäht<br />

werdet über dem Namen Christi; denn<br />

der Geist, der ein Geist der Herrlichkeit<br />

und G ottes ist, ruht auf euch. B ei<br />

ihnen ist E r verlästert, aber bei euch<br />

ist Er gepriesen.<br />

;s. Niemand aber unter euch leide<br />

als ein Mörder oder Dieb oder Übeltäter<br />

oder der in ein fremdes Amt<br />

greift.<br />

ib. Leidet er aber als ein Christ, so<br />

schäme er sich nicht; er ehre aber Gott<br />

in solchem 8all.<br />

-7. Denn es ist Zeit, daß anfange das<br />

Gericht an dem Hause Gottes. So<br />

aber zuerst an uns, was will's <strong>für</strong><br />

ein Ende werden mit denen, <strong>die</strong> dem<br />

Evangelium Gottes nicht glauben?<br />

Und so der Gerechte kaum erhalten<br />

wird, wo will der Gottlose und<br />

Sünder erscheinen?<br />

ig. Darum, welche da leiden »ach<br />

Gottes willen, <strong>die</strong> sollen Ihm ihre<br />

Seelen befehlen als dem treuen Schöpfer<br />

in guten Werken.<br />

,.p etr.4, jg<br />

w a s der Apostel hier schreibt, ist <strong>für</strong> uns alle sehr schwer zu begreifen.<br />

Daß Iesus Christus um der Sünde willen leiden und schließlich sogar<br />

sterben mußte, das wissen wir. Daß E r Selbst gesagt hat, „der Iünger<br />

sei darin nicht über seinen Meister", das wissen w ir auch. Aber<br />

wenn es dann wirklich so kommt, wie E r gesagt hat, dann sind wir<br />

erschrocken.<br />

Darum tröstet uns der Apostel: w e r als Christ leidet, der leidet nicht<br />

<strong>für</strong> sich allein, sondern gemeinsam mit Christus. W er aber mit Ihm<br />

leidet, hat auch Anteil an Seiner H errlichkeit. S o ist unser Leiden<br />

ein Zeichen unserer Erwählung. Deshalb darf sich ein Christ seines<br />

christlichen Leidens freuen!<br />

Nicht jedes Leiden ist ein Leiden um Christi willen, w e r um eines<br />

selbstgewählten Zieles willen einen Menschen tötet, beraubt oder verleumdet,<br />

wer sich in Dinge mischt, <strong>die</strong> ihn nichts angehen, und dann<br />

da<strong>für</strong> Schaden oder Tod leidet, der leidet nicht um Christi willen und<br />

ist kein Märtyrer.<br />

W er wirklich um des Namens Christi willen leidet, soll getrost sein.<br />

E r verherrlicht Gott vor den Augen der Menschen. Zugleich aber ist<br />

sein Leiden ein Zeichen da<strong>für</strong>, daß Gottes Gericht begonnen hat. Denn<br />

Gottes Gericht beginnt in Gottes Haus. Danach kommt es auch über<br />

<strong>die</strong> andern und zwar so, daß man fragen möchte: „w en n der Gerechte<br />

kaum gerettet wird, wo will dann der Gottlose und Sünder bleiben?"


S o n n ta g nachNe ujahr 10?<br />

Hat nicht Icsus, als E r Sein Kreuz nach Golgatha trug, ebenso zu<br />

den Weibern, <strong>die</strong> Ih n beweinten, gesprochen: „w einet nicht über<br />

Mich, sondern weinet über euch selbst und über eure Linder — denn<br />

wenn man das tut am grünen Holz, was will am dürren werden?"<br />

lind hat -ihm nicht das Schicksal Seines Volkes wenige Iahre danach<br />

Recht gegeben? E s ist immer das Vorzeichen eines kommenden S tra f­<br />

gerichts, wenn Christen wirklich um des Namens Christi willen leiden<br />

müssen.<br />

D a s Lied der Woche<br />

Da Christus geboren war<br />

Nachdem Doktor M artin Luther den deutschen Gesang in deutschen<br />

Gottes<strong>die</strong>nsten eingeführt und zum Dichten und Singen deutscher<br />

Lieder aufgefordert hatte, entstand auch <strong>die</strong>ses Weihnachtslied als Verdeutschung<br />

eines viclgcsungcnen alten lateinischen Kirchenliedes durch<br />

o--. v itu s w olffrum , einen treuen Diener des Herrn Christus. Der<br />

Aufbau des Liedes ist klar und durchsichtig. I n Vers ; erklingt noch<br />

einmal <strong>die</strong> Engclsbotschast aus der Heiligen Nacht. An sie schließt sich<br />

<strong>die</strong> kurze Mahnung: „O Mensch, mach dich Ihm bekannt!" S o taten<br />

es <strong>die</strong> weisen aus dem Morgenland. Sie folgten dem Sterne und<br />

„gaben sich in Seine Huld" (Vers r). <strong>Das</strong>selbe wollen auch w ir tun:<br />

„Geben w ir uns unter Ih n " (Vers 3).<br />

In <strong>die</strong>ser Zeit des Kirchenjahres singen wir auch Paul Gerhardts<br />

wcihnachtslied „ fröhlich soll mein Herze springen.<br />

Dies Lied besteht aus drei Teilen: Die beiden Eingangsstrophen stellen<br />

<strong>die</strong> weihnachtstatsachc an den Anfang. Dann sucht uns der Sänger<br />

alle menschlichen Sorgen und Zweifel an Gottes Liebe in Christus<br />

fortzunehmen (,—s). E r selber schaut gläubig das Lind in der Krippe<br />

an und lockt alle Leidenden und Schuldbeladenen, Armen und Elenden<br />

zur Krippe hin (ö—g in der verkürzten Fassung). Der Schluß ist Anbetung<br />

Christi, des Sünderhcilandes (;o.<br />

Des Dichters Kantor Iohann Lrüger gab auch <strong>die</strong>sem Liede seines<br />

Freundes <strong>die</strong> rechte weise, <strong>die</strong> Fröhlichkeit mit tiefer Innigkeit vereinigt.<br />

D a s Gebet der Woche<br />

Gnädiger G ott und Vater! I n Dem ut preisen wir <strong>die</strong> W eisheit<br />

D einer W ege und ergeben uns Deiner väterlichen Führung mit


,02<br />

Sonntag nach Neujahr<br />

kindlichem vertrauen; wir bitten Dich, halte uns an D einer rechten<br />

Hand, leite uns nach Deinem Rat und nimm uns endlich mit<br />

Ehren an, durch Iesum Christum, D einen lieben S oh n , unsern<br />

Herrn. Amen.<br />

-4-<br />

Gesetz und Evangelium<br />

,.a ) Die Heilige Schrift enthält den tröstenden Zuspruch des Herrn Jesus:<br />

Deine Sünden sind dir vergeben.<br />

Matthäus g, 2.<br />

Sie enthält zugleich den kräftigen Anspruch:<br />

Erneuert euch aber im Geist eures Geniütes<br />

und ziehet den neuen Menschen an<br />

Lpheser 4, 28. 24.<br />

Die Kirche betont mit großem Ernst den unlösbaren Zusammenhang zwischen<br />

der Gabe, <strong>die</strong> Gott uns mit der Sendung des Herrn Christus schenkt, und der<br />

Aufgabe, <strong>die</strong> uns als Jüngern des Herrn Christus gestellt ist.<br />

b) Von dem Zuspruch und dem Anspruch Gottes redet <strong>die</strong> Bibel auf jeder Seite.<br />

Deshalb teilt <strong>die</strong> Kirche ihren kostbarsten Besitz, das Wort Gottes, nicht nur<br />

nach der äußeren Reihenfolge ihrer biblischen Bücher ab, sondern teilt ihn auch<br />

bei jedem einzelnen Buch nach dem doppelten, inneren Lehrinhalt ein: dem Anspruch<br />

Gottes an uns -- Gesetz, dem Zuspruch Gottes an uns — E vangelium.<br />

Nehmen wir als Beispiel zwei Worte aus dem Psalmbuch: „Der Herr<br />

ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln" — das ist eine „8 rohe B o t­<br />

schaft" (griechisch: Evangelium), <strong>die</strong> uns in dem neutcstamentlichen Gleichnis<br />

von Iesus als dem guten Hirten (Joh. ,0) noch einmal voll ausgerichtet<br />

wird. Daneben Worte des ,,g. Psalmes: „Wie wird ein Jüngling seinen<br />

w eg unsträflich gehen) Wenn er sich hält nach Deinen Worten". Mit <strong>die</strong>sen<br />

Worten ist das „Gesetz des Herrn" gemeint (Psalm ,;g, ,)> nach dessen<br />

Bestimmungen wir in unserem Leben wandeln sollen.<br />

Dieselbe Erscheinung finden wir im Neuen Testament. Gesetz spricht aus den<br />

Worten Iesu an den Schriftgelchrten: „Tue das, so wirst du leben" (Luk.<br />

,0, 28). Damit bestätigt unser Herr Christus ausdrücklich <strong>die</strong> von Ihm angeführten<br />

Zehn Gebote des Alten Testamentes. Unmittelbar vorher aber ruft<br />

Er <strong>die</strong> 8 rohe Botschaft aus: „Selig sind <strong>die</strong> Augen, <strong>die</strong> da sehen, was ihr<br />

sehet" (Luk. ;o, 23).<br />

S o gehört jede 8ordcrung Gottes — ob sie nun im Listen oder im Neuen<br />

Testament steht — zur Lehre vom Gesetz; jede Gabe Gottes aber, ob sie nun


Gcsetz und Evangelium -03<br />

im Alten oder im Neuen Testament verheißen oder ausgeteilt wird, gehört zur<br />

Lehre vom Evangelium, dessen »»begreifbarer Reichtum in der Person unseres<br />

Heilandes seine Verkörperung und sein Ziel hat. Deshalb ist auch naturgemäß<br />

im Neuen Testament mehr vom Evangelium und im Alten Testament mehr<br />

vom Gesetz <strong>die</strong> Rede.<br />

r. Der Unterschied zwischen Gesetz und Evangelium hilft uns nicht nur, den<br />

inneren Gehalt der Bibel im klareren Lichte zu sehen; sondern er hilft zugleich,<br />

den Stand des Menschen vor Gott überhaupt zu begreifen.<br />

a) Im Stande des Gesetzes befinden sich alle Menschen der gesamten christlichen<br />

und nichtchristlichen Welt, sofern sie etlichcrmaßcn eine Erkenntnis des<br />

göttlichen Willens besitzen. Ihnen allen gelten <strong>die</strong> Zehn Gebote, weil <strong>die</strong><br />

Zehn Gebote von Anbeginn, vor allen Patriarchen, auch über <strong>die</strong> ganze Welt<br />

gegangen sind. „Denn wenn gleich nimmermehr ein Mose gekommen. . . wäre,<br />

hätten doch <strong>die</strong> Zehn Gebote von Anfang an in allen Menschen regieren müssen,<br />

wie sie denn getan und noch tun". Indem <strong>die</strong> Menschen sich selbst und andere<br />

ständig nach einem höheren Maßstabe beurteilen, sind sie „sich selbst ein<br />

Gesetz" (Röm. r, -4). Indem <strong>die</strong> Menschen dauernd damit beschäftigt sind,<br />

auf <strong>die</strong>ser Erde durch ihre gesetzgebende Arbeit Ordnung zu schaffen und so in<br />

„Zucht" leben, fragen sie damit notwendigerweise nach der höchsten »Ordnung<br />

und nach dem letzten Wert, — „Gott ist nicht ein Gott der Unordnung"<br />

(l- Lor. -4, 5 3). Diese grundsätzliche und praktische Bindung an »Ordnung,<br />

<strong>die</strong> da sein muß, nennen <strong>die</strong> lutherischen Bekenntnisschriften den „ersten<br />

Gebrauch des Gesetzes".<br />

b) Dabei liegt es leider klar zutage, daß <strong>die</strong> Menschen, und zwar jeweils ein<br />

bestimmter Mensch oder ein Teil der Menschheit, <strong>die</strong>se 8ragc, welches denn das<br />

letzte und höchste Gesetz sei, falsch beantworten. <strong>Das</strong> hat seinen Grund in der<br />

menschlichen Sclbstherrlichkeit: man möchte selbst den Thron des obersten Gesetzgebers<br />

und wcltenrichters einnehmen. Ähnlich steht es mit der umgekehrten<br />

Behauptung anderer, daß es überhaupt kein <strong>für</strong> alle gültiges Gcsetz gebe, sondern<br />

daß jedes Gcsetz der Wille einer bestimmten Rasse sei. wäre dem nämlich<br />

so, dann hätte eine schlechte Rasse das Recht, nach dem ihr entsprechenden<br />

„Gcsetz" beliebig zu verfahren, ohne da<strong>für</strong> von anderen Rassen getadelt und<br />

zur Rechenschaft gezogen werden zu können. Auch hier wird Gott, der Gesetzgeber<br />

<strong>für</strong> Alle, geleugnet. Paulus hat im ersten Lapitel des Römcrbriefes mit<br />

gewaltigen Worten dargestellt, wie auf <strong>die</strong>se selbstherrliche, heidnische weise<br />

das Wesen des Gesetzes in sein Gegenteil verkehrt wird.<br />

Sie haben Gottes Wahrheit verwandelt in <strong>die</strong> Lüge<br />

und haben geehrt und ge<strong>die</strong>nt dem Geschöpfe mehr, denn dem Schöpfer,<br />

der da gelobt ist in Ewigkeit.<br />

Römer ;, rs.<br />

(Lies weiter aus <strong>die</strong>sem Lapitel, von Vers is ab bis zum Schluß).


,04 Sonntag nach Neujahr<br />

c) Weil also im Heidentum <strong>die</strong> Erkenntnis des göttlichen Gesetzes verfinstert ist,<br />

gefiel es Gott, durch eine besondere Offenbarung Seinen Willen noch einmal<br />

hell vor aller Augen zu stellen. Deshalb erscheint Gott dem Patriarchen mitmacht<br />

Sich ihm mit den Worten erkennbar: „Ich bin der allmächtige Gott,<br />

wandle vor Mir und sei fromm" (,. Mose ,7, ,). Deshalb übergibt Gott<br />

mündlich und schriftlich dem Mose <strong>die</strong> schon immer gültigen Zehn Gebote<br />

mit ihrem majestätischen Anfang: „Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst nicht<br />

andere Götter haben neben Mir!" (r. Mose ro, r). Deshalb bezeugt <strong>die</strong> ganze<br />

Heilige Schrift, daß der Line lebendige Gott allein der Grund und <strong>die</strong> Kraft<br />

alles Gesetzes sei.<br />

5. Dieses nunmehr in der Bibel geoffenbarte Gesetz der Zehn Gebote trifft uns<br />

mit der ganzen Schärfe eines Schwertes (Hcbr. 4, ir) und scheidet das Gore<br />

wohlgefällige vom Gott nicht gefälligem Tun. Dabei zeigt es sich, daß wir<br />

gerade dann, wenn wir Gottes Willen wirklich genau nehmen, vor Ihm nicht<br />

bestehen können, so wie es Paulus im siebenten Kapitel seines Römcrbriefes<br />

beschreibt. Dies gibt der Pharisäer in uns nicht zu, er hofft heuchlerisch, daß<br />

er seine Übertretungen bestimmter Gebote durch Mehrleistungen bei anderen<br />

Geboten wieder ausgleichen könne. Aber gerade der Pharisäer schlägt den Herrn<br />

Jesus ans Kreuz. Am Kreuz des Herrn Christus wird offenbar, daß <strong>die</strong> scheinbar<br />

peinlichste Beobachtung des göttlichen Gesetzes zu einer furchtbaren Tat des<br />

Gotteshasscs führen kann. S o enthüllen <strong>die</strong> Zehn Gebote unsere Feindschaft<br />

gegen Gott und lassen uns als Wurzel aller Sünden den Unglauben erkenne»,<br />

der darin besteht, daß wir in unausrottbarer Ablehnung gegenüber dem eingeteilten<br />

Herrschaftsanspruch Gottes verharren. In dem gegenwärtigen Weltzustand,<br />

wie er durch <strong>die</strong> Sünde und den Tod gekennzeichnet ist, stellt uns das<br />

geoffenbarte Gcsetz der neu verkündeten Zehn Gebote vor den lebendigen Gotr,<br />

der da „dräuet zu strafen alle, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se Gebote übertreten." Helfen kann uns<br />

das Gcsetz nicht, es wird vielmehr unser Ankläger, weil wir es unerfüllt gelassen<br />

haben. Es gereicht uns unter <strong>die</strong>sen Umständen zum Tod. „Der Buchstabe<br />

tötet" (r. Äor. s, b b).<br />

E s befand sich, daß das Gebot mir zum Tode gereichte,<br />

das mir doch zum Leben gegeben war.<br />

Römer 7, , 0.<br />

Diese scharfe Beleuchtung der Sünde, deren wir allein durch <strong>die</strong> zo Gebot«<br />

überführt werden, nennen <strong>die</strong> lutherischen Bekenntnisschriften den „zweiten<br />

Gebrauch des Gesetzes".<br />

4. Aber mit <strong>die</strong>ser Überführung unserer Sünde durch <strong>die</strong> Zehn Gebote hat Gott<br />

uns Menschen nicht verwerfen und aufgeben wollen. Er will den durch das<br />

Gesetz gleichsam zum Tode verurteilten und innerlich schon getöteten Mensche«<br />

nicht verdammen, sondern erteilt ihm den Zuspruch durch Iesus Christus, <strong>für</strong>


Gesetz und Evangelium 105<br />

den der Urteilsspruch des Gesetzes ihn erst empfänglich gemacht hat. Dieser Zuspruch<br />

ist das Evangelium , <strong>die</strong> Lraft Gottes, <strong>die</strong> da selig macht alle, <strong>die</strong><br />

daran glauben (Röm. ;, ;ö). w a s uns Menschen nachhängt, weil wir es<br />

nicht erfüllt haben, das hat Icsus Christus an unserer Stelle erfüllt, durch<br />

Sein sündloscs Leben und Sein Sterben. Im Lichte <strong>die</strong>ser 8rohcn Botschaft<br />

bat nun <strong>für</strong> den Christen das Gcsetz seinen Schrecken verloren: Es ist nicht<br />

mehr gleichsam das Tor, durch das wir in den ewigen Tod eingehen, sondern<br />

ein Tor, durch das wir auf den w eg zu Jesus Christus gekommen sind.<br />

Indem Christus <strong>für</strong> uns <strong>die</strong> von uns unerfüllt gelassenen Gesetzcsvorschriften<br />

Gottes erfüllte, hat Er uns auch <strong>die</strong> Strafe abgenommen. Er hat uns befreit<br />

von der Verzweiflung, <strong>die</strong> das Gesetz bei uns übrig ließ. Damit ist<br />

Christus des Gesetzes Ende, jedoch in dem Sinne, daß Er Selbst das Ziel<br />

des Gesetzes ist:<br />

Christus ist des Gesetzes Ende;<br />

wer an Den glaubet, der ist gerecht.<br />

Römer ;o, 4.<br />

Diese geistliche Erkenntnis des Gesetzes bewirkt einen so vollständigen Wandel,<br />

daß das Gcsetz in den Händen des Herrn Christus geradezu <strong>die</strong> Art des Evangeliums<br />

annimmt. Dieselben Worte, <strong>die</strong> zunächst mit der ganzen Wucht des<br />

Gesetzes aus uns einstürmen und alle Selbstvergötzung bei uns Menschen zertrümmern,<br />

gewinnen nun durch <strong>die</strong> Sendung des Heilandes <strong>die</strong> Bedeutung<br />

einer gnädigen persönlichen Zusage: „Ich bin der Herr, dein Gott". Wie „der<br />

Tod verschlungen ist in den Sieg" (;. Lor. ?5, 8 5), so wird hier das Gesetz<br />

in gewisser Beziehung aufgehoben durch das Evangelium. Aus dem schrecklichen:<br />

„Du sollst!" wird das selige: „Du darfst (unter Christi Leiten)!"<br />

s. a) Es ist verständlich, daß infolgedessen seit den Zeiten, da der Apostel Paulus<br />

den Römerbricf geschrieben hat, immer wieder <strong>die</strong> 8rage erhoben worden<br />

ist, ob denn <strong>für</strong> einen Christen im Stande des Evangeliums das Gesetz überhaupt<br />

noch nötig sei) Die Lirche hat <strong>die</strong>se 8rage bejahend beantwortet. Die<br />

Lirche weiß wohl, daß im Neuen Testament gelegentlich <strong>die</strong> ganze Lehre des<br />

Herrn Christus mit dem Wort „Evangelium" bezeichnet wird (Mark. 1, -).<br />

Aber sie liest wenige Verse weiter als Inhalt der ersten predigt des Herrn<br />

Iesu: „Tut Buße und glaubt an das Evangelium" (Mark. ), -5). In der<br />

ewigen Seligkeit wird es zwar keine Buße, d. i. Sinnesänderung, mehr zu geben<br />

brauchen; damit wird auch der Unterschied zwischen Gesetz und Evangelium<br />

aufgehört haben. Aber auf <strong>die</strong>ser Welt ist <strong>die</strong> Unterscheidung schon deshalb unaufhcbbar,<br />

weil ja auch <strong>die</strong> Christen an all dem menschlichen Wesen Anteil<br />

haben, dem der erste und der zweite Gebrauch des Gesetzes gilt. Der Apostel<br />

Paulus bekennt es ja von sich selbst:<br />

Nicht, daß ich's schon ergriffen habe<br />

oder schon vollkonimen sei;


;oö<br />

Sonntag nach Neujahr<br />

ich jage ihm aber nach,<br />

ob ich's auch ergreifen möchte,<br />

nachdem ich von Christo Jesu ergriffen bin.<br />

Philipper 3,<br />

Auch <strong>die</strong> Christen sind Menschen, <strong>die</strong> in der Zucht und Ordnung der Zehn Gebote<br />

mit allen anderen Bewohnern <strong>die</strong>ser Erde leben müssen und so nach der<br />

ersten weise Gottes das Gesetz gebrauchen. Auch bei den Christen muß „der<br />

alte Adam in uns durch tägliche Reue und Buße" sterben, wie es Gottes Gesetz<br />

nach der zweiten Weise bewirken soll.<br />

b) würden <strong>die</strong> Christen gegenüber <strong>die</strong>sen Notwendigkeiten ihr Auge verschließen<br />

und sich so dem Gesetz Gottes entziehen, dann träte <strong>die</strong> reine Willkür an seine<br />

Stelle. <strong>Das</strong> ist aber niemals <strong>die</strong> Meinung der Schrift. Die Christen sind<br />

„nicht ohne Gesetz vor Gott", sondern sie stehen unter „dem Gesetz des Christus"<br />

(z. Lor. g, rz). Iesus Christus ist ja ihr Herr, dem alle Bereiche des<br />

christlichen Lebens unterstehen. In <strong>die</strong>sem besonderen Sinne wird das Gcsetz<br />

Gottes gerade unter den Christen wieder aufgerichtet, nachdem ihnen beides<br />

genommen ist: <strong>die</strong> Trümmcrhaftigkeit nach der ersten weise und der Zornesfluch<br />

nach der zweiten weise (Röm. 3, 5 j).<br />

Denn das Gesetz des Geistes,<br />

der da lebendig macht in Christo Iesu,<br />

hat mich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes.<br />

Römer s, r.<br />

In <strong>die</strong>sem Sinne spricht <strong>die</strong> Lirche von dem „dritten Gebrauch des Gesetzes."<br />

Nun ist das Gesetz ein Lhristusgesetz, ein Gesetz des Geistes und des<br />

Lebens. Nun hören wir fröhlich auf <strong>die</strong> Mahnung des Apostel Johannes:<br />

„Lasset uns Ihn lieben, denn Er hat uns zuerst gelicbet" (z. Ioh. 4, )g). In der<br />

Liebe zu Christus sind zugleich alle Werke der Nächstenliebe eingeschlossen, <strong>die</strong><br />

wir uns aus herzlicher Dankbarkeit gegen Gott, der uns nach dem Evangelium<br />

Seinen Sohn gab (Ioh. s, z. Ioh. 4, g), verrichten dürfen.<br />

Die Liebe ist des Gesetzes Erfüllung.<br />

Römer z3, zo.<br />

Nun dürfen wir auch getrost in unseren Häusern und <strong>Gemeinde</strong>n auf feste und<br />

gute Ordnungen dringen, ohne damit zu be<strong>für</strong>chten, daß wir wieder in kleinliches<br />

„gesetzliches" Wesen verfallen. Nun üben wir uns, getrieben vom Heiligen<br />

Geist, darin, dem Herrn Icsus Christus wohlzugefallen und Ihm getreulich<br />

nachzufolgen. Denn „Iesus Christus ist uns gemacht von Gott zur Weisheit<br />

und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung" (z. Lor.<br />

j, 3 0). Und nun werden uns <strong>die</strong> guten Gebote Gottes zu Wegweisern in <strong>die</strong>


. Januar l-7<br />

Liebe. Der Gehorsam unter sie wird erkannt als wahrer Gottes<strong>die</strong>nst, als<br />

w eg und weise wahrer Liebe. Und sie sind alle zusammengefaßt in dem Rufe<br />

Iesu zur Gottes- und Nächstenliebe, wie <strong>die</strong> Strahlen des Lichtes gesammelt<br />

werden in einer Lins«. <strong>Das</strong> hat ja der Apostel Paulus am Schluß des<br />

;s. Römerkapitcls einzigartig klar gemacht.<br />

c) von <strong>die</strong>sem dritten Gebrauch des Gesetzes her werden uns noch <strong>die</strong> Augen<br />

<strong>für</strong> eine große befreiende Erkenntnis ausgetan. Die Heilige Schrift nennt ja<br />

nicht nur <strong>die</strong> Zehn Gebote „<strong>Das</strong> Gesetz", sondern sie versteht vielfach unter<br />

„Gesetz" und „Satzungen" auch alle jene anderen Vorschriften und Anordnungen<br />

Gottes, <strong>die</strong> dem Volk als Ausführungsbcstimmungcn der Zehn Gebote<br />

<strong>für</strong> seine damalige Lage gegeben wurden, also <strong>für</strong> <strong>die</strong> Wüstcnwanderung, <strong>die</strong><br />

Bildung einer neuen Zucht usw. Da sind <strong>die</strong> Rcinigungsvorschriftcn, <strong>die</strong> Bestimmungen<br />

über den cvpferkultus und <strong>die</strong> Beschncidung und vieles ander«, das<br />

uns vor allem im dritten und fünften Buch Mose berichtet wird.<br />

Nun erkennen wir, überwunden von der Liebe Christi, verpflichtet zu Seinem<br />

Dienst und frei geworden durch Seinen Geist, daß wir durch das Evangelium<br />

frei, los und ledig geworden sind von allen jenen gesetzlichen Anordnungen,<br />

jenen „Gesetzen", <strong>die</strong> einst dem Volke über <strong>die</strong> Zehn Gebote hinaus gegeben<br />

wurden. Luther sagt: Sie sind Gottes Wort, aber nicht G ottes W ort an<br />

uns und <strong>für</strong> uns. Sie zeigen uns den w eg, den Gott damals in Seiner<br />

Barmherzigkeit durch <strong>die</strong> Niederungen der irdischen Landstraße gegangen ist,<br />

um Sein Volk zu retten und zu bändigen. Aber nun sind sie <strong>für</strong> uns abgetan.<br />

Der Apostel Paulus hat im Anschluß an Jesus <strong>die</strong>se „Freiheit vom Gesetz" <strong>für</strong><br />

<strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> Christi erkämpft und aller Welt kundgetan. Darum denkt in der<br />

Christenheit niemand daran, Brandopfcr und Rauchopfer darzubringen, kurz,<br />

nach jenen Anordnungen zu leben, <strong>die</strong> damals über <strong>die</strong> Zehn Gebote hinaus gegeben<br />

wurden, w ir erkennen, daß jenes „Gesetz" nur der Schatten von den zukünftigen<br />

Gütern gewesen ist. Diese zukünftigen Güter aber sind in Christus<br />

Ereignis geworden und kommen uns zugute (Vergl. Hcbr. Lap. j—;o). So ist<br />

der <strong>Gemeinde</strong> Iesu im Evangelium zugleich der Schlüssel gegeben zum rechten<br />

Verständnis alles dessen, was „Gesetz" heißt.<br />

;b. Und Er kam gen Nazareth, da Er<br />

erzogen war, und ging in <strong>die</strong> Schule<br />

nach Seiner Gewohnheit am Sabbattage<br />

und stand auf und wollte lesen.<br />

- 7- Da ward Ihm das Buch des<br />

Propheten Iesaja gereicht. Und da Er<br />

2. Ian u ar<br />

das Buch auftat, fand Er den L>rt,<br />

da geschrieben steht:<br />

>s. „Der Geist des Herrn ist bei mir,<br />

darum daß er mich gesalbet hat; er<br />

hat mich gesandt, zu verkündigen das<br />

Evangelium den Armen, zu heilen <strong>die</strong>


zerstoßenen Herzen, zu predigen den<br />

Gefangenen, daß sie los sein sollen,<br />

und den Blinden das Gesicht und den<br />

Zerschlagenen, daß sie frei und ledig<br />

sein sollen,<br />

Ig. und zu verkündigen das angenehme<br />

Jahr des Herrn."<br />

r. und 3. Ianuar<br />

ro. Und als Er das Buch zutat, gab<br />

Er's dem Diener und setzte Sich. Und<br />

aller Augen, <strong>die</strong> in der Schule waren,<br />

sahen auf Ihn.<br />

rz. Und E r fing an, zu sagen zu ihnen:<br />

Heute ist <strong>die</strong>se Schrift erfüllet<br />

vor euren Ohren. Luk. 4, id— ri<br />

A. D., Anno Domini, „ I m Ia h re des H e rrn ", schrieben unsere<br />

Vater, aber auch „ I m Ia h re des H eils". E s hat tiefen Sinn, daß<br />

wir <strong>die</strong> Iahre seit Icsus zählen. Iesus ist Zeitenwende. M it Ihm ist<br />

<strong>die</strong> neue Zeit angebrochen, <strong>die</strong> Zeit des Heils, von aller Völker Hoffen<br />

ersehnt, durch <strong>die</strong> Propheten des Alten Bundes klar angekündigt. Es<br />

ist das Ia h r der Huld Gottes, Seines Heils; das neue Iahr, das nicht<br />

wie ein Ia h r der menschlichen Zeitrechnung, voll irdischen Glückes und<br />

Heiles, bald vergeht, sondern in Ewigkeit währt, w e il <strong>die</strong>ses ewige<br />

Iah r des Heils durch Christus angebrochen ist, sind alle unsere Iahre<br />

„Iah r des Heils". S o beginnen wir auch <strong>die</strong>ses Ia h r mit froher Zuversicht.<br />

Icsus ist bei uns. E s ist ein Ia h r Seiner Gegenwart und<br />

Seiner Gnade.<br />

Die andere Lesung: s. Mose 33, rt>—rg<br />

>S. S o spricht der Herr, der im Meer<br />

w eg und in starken Wassern Bahn<br />

macht,<br />

)7. der ausziehen läßt wagen und<br />

Roß, Heer und Macht, daß sie auf<br />

einem Haufen daliegen und nicht aufstehen,<br />

daß sie verlöschen, wie ein<br />

Docht verlischt:<br />

s. Ia n u a r<br />

l§. Gedenket nicht an das Alte, und<br />

achtel nicht auf das vorige!<br />

ig. Denn siehe, Ich will ein Neues<br />

machen; jetzt soll es aufwachsen, und<br />

ihr werdet's erfahren, daß Ich w eg<br />

in der wüste mache und Wasserströme<br />

in der Einöde.<br />

Ies.4S, ,g<br />

Gott, der Lebendige, führt uns in das neue Jahr. Daher haben wir<br />

eine Zukunft, eine neue Zeit vor uns. „Es kann ja doch nicht mehr anders<br />

mit mir werden", klagt unser Herz. Es kann <strong>die</strong> Dunkelheiten und<br />

Schmerzen von gestern nicht vergessen. Als ob Gott der Herr nicht da<br />

wäre! w i r wollen nicht auf das schwere Gestern starren, sondern <strong>die</strong><br />

Augen erheben zu Gott, unserm Vater. Unser Heute und Morgen steht<br />

nicht im Banne unseres Gestern, sondern w ir haben einen lebendigen<br />

G o tt, der N eues schaffen kann und w ill in unserem Leben<br />

E r will Seine Wunder an uns tun. Davon zeugt doch wahrlich


I. und 4 - Ianuar zsg<br />

<strong>die</strong> Geschichte hinter uns, wenn nicht schon unsere eigene, dann jedenfalls<br />

<strong>die</strong> der Lirche und unseres Volkes, w ie manches M al hat Gott<br />

da, wo kein Ausweg war, dennoch den w e g gebrochen und aus hoffnungsloser<br />

Bedrängnis gerettet! Dieses Gestern Gottes wollen wir<br />

ja nicht vergessen!<br />

Die andere Lesung: Römer «4, 7—g.<br />

4. Ian u ar<br />

s. Als es nun kam auf den Morgen,<br />

versammelten sich ihre «Obersten und<br />

Ältesten und Schriftgelehrten gen Jerusalem,<br />

S. Hannas, der Hohepriester, und Laiphas<br />

und Johannes und Alexander<br />

und wie viel ihrer waren vom Hohenpricstcrgeschlecht;<br />

7. und stellten sie vor sich und fragten<br />

sie: Aus welcher Gewalt oder m<br />

welchem Namen habt ihr das getan?<br />

r. Petrus, voll des Heiligen Geistes,<br />

sprach zu ihnen: Ihr «Obersten des<br />

Volks und ihr Ältesten von Israel,<br />

g. so wir heute werden gerichtet über<br />

<strong>die</strong>ser wohltat an dem kranken Menschen,<br />

durch welche er ist gesund worden,<br />

z s. so sei euch und allem Volk von<br />

Israel kundgctan, daß in dem Namen<br />

Jesu Christi von Nazarcth, welchen<br />

ihr gekreuzigt habt, Den Gott von den<br />

Toten auferwcckt hat, steht <strong>die</strong>ser allhier<br />

vor euch gesund.<br />

N- <strong>Das</strong> ist der Stein, von euch Bauleuten<br />

verworfen, der zum Eckstein<br />

geworden ist.<br />

«r. Und ist in kcincin Andern — Heil,<br />

ist auch kein anderer Name unter dem<br />

Himmel den Menschen gegeben, darin<br />

wir sollen selig werden.<br />

Ap. Gesch. 4, s—i r<br />

Indem Gott Iesus Christus hat Mensch werden lassen, hat E r uns<br />

S ein en N am en geschenkt und S e in W esen g eo ffen b a rt. Sein<br />

Name aber ist nicht Schall und Rauch, sondern darin gegenwärtig ist<br />

Gottes Gewalt, <strong>die</strong> Wunder wirken kann. w enn Christus es den S einen<br />

verliehen hat, in Seinem Namen zu reden und zu handeln, hat Er<br />

ihnen Seine Vollmacht verliehen. S o haben <strong>die</strong> Seinen eine Macht,<br />

<strong>die</strong> in aller W elt Wunder wirken kann und soll, obwohl <strong>die</strong> Seinen<br />

um <strong>die</strong>ser Macht willen scheinbar als «Ohnmächtige verfolgt und vor<br />

Gericht gestellt werden. Darum wird <strong>die</strong> Gewalt des Namens Iesu<br />

nicht unwirksam; der von den Bauleuten verworfene Stein ist zum<br />

Eckstein geworden. Die eigentliche Gewalt des Namens Iesu ist, S ü n ­<br />

der selig zu machen. Allem Unglauben zum Trotz ist <strong>die</strong>se Gewalt nirgends<br />

sonst als allein im Namen Iesu Christi zu finden.<br />

Die andere Lesung: Iosua j, s—y.


o<br />

s. Ianuar<br />

-3. w o h la n nun, <strong>die</strong> ihr saget: Heute<br />

oder morgen wollen w ir gehen in<br />

<strong>die</strong> oder <strong>die</strong> S ta d t und wollen ein<br />

Iah r da liegen und Handel treiben<br />

und gewinnen;<br />

14. <strong>die</strong> ihr nicht wisset, was morgen<br />

sein wird! Denn was ist euer Leben?<br />

Ein Dampf ist's, der eine kleine Zeit<br />

währt, darnach aber verschwindet er.<br />

s. Ian u ar<br />

>s. Da<strong>für</strong> ihr sagen solltet: S o der<br />

Herr will und wir leben, wollen wir<br />

<strong>die</strong>s oder das tun.<br />

ch. Nun aber rühmet ihr euch in eurem<br />

Hochmut. Aller solcher Ruhm ist böse.<br />

-7- Denn wer da weiß Gutes zu tun,<br />

und tut's nicht, dem ist's Sünde.<br />

Iak. 4, -s- ? 7<br />

w i r können und sollen in das neue Ia h r nicht anders gehen als so, daß<br />

wir Pläne machen, Entschlüsse fassen, <strong>die</strong> Zeit ausnützen. Aber es<br />

kommt daraus an, w ie w ir das tun. E s liegt uns Menschen immer<br />

wieder nahe, uns übermütig als <strong>die</strong> Herren unserer Zeit zu fühlen, <strong>die</strong><br />

über das Morgen und Übermorgen verfügen können. <strong>Das</strong> heißt aber:<br />

Vergessen, daß Gott es ist, der uns das Morgen gibt, und daß E r es<br />

uns jeden Augenblick nehmen kann. w i r w o llen unsere Z eit im<br />

E rnste au s G o tte s H änden nehm en. Dann planen und handeln<br />

wir auch entschlossen, aber nicht mit selbstherrlichem Übermut, sondern<br />

mit dem M ut der Demut, <strong>die</strong> alles von Gottes w illen abhängig<br />

weiß. Dann verstehen wir auch das Ausnützen der Zeit anders, als der<br />

gottlose Arbeitseifer, w i r werden nicht mehr beherrscht von der Frage,<br />

wie aus unserm Leben ein möglichst gutes Geschäft zu machen ist, sondern<br />

von der Sorge, daß <strong>die</strong> Aufgabe, zu der Gottes W ille uns jeweils<br />

ruft, ja nicht versäumt werde.<br />

Die andere Lesung: Mich« 7, 7—<br />

zg.


Die Lpiphaniaszeit<br />

Die Epiphania^zeit<br />

Ein erster Strahl der Herrlichkeit des Gottessohnes hat aus der Lrippe<br />

zu Bethlehem <strong>die</strong> W elt getroffen. Dieses heimliche Licht bleibt nicht<br />

verborgen, sondern leuchtet Heller und Heller in <strong>die</strong> W elt hinein. In<br />

seinem Glanz begehen w ir am ö. Ianuar den E p ip h a n ia s ta g und<br />

<strong>die</strong> daran sich anschließende, zwei bis sechs Wochen dauernde Epiphaniaszeit.<br />

Ihre Länge wird jeweils durch den tpstertermin bestimmt<br />

Epiphanie ist ein griechisches W ort und heißt auf deutsch Erscheinung.<br />

Gemeint ist: Erscheinung der Herrlichkeit des Herrn. Ein Licht, das<br />

brennt, leuchtet auch; eine lebendige Lirche ist Missionskirche. Der<br />

Epiphaniastag w ar ursprünglich das Weihnachtsfest der Heidenchristen.<br />

Seine liturgische Farbe ist dst der Lhristusfcstc: Weiß. Die<br />

Epiphaniaszeit ist <strong>die</strong> Zeit, in der wir immer deutlicher dessen innewerden<br />

dürfen, was es <strong>für</strong> <strong>die</strong> Wirklichkeiten des Lebens bedeutet, daß<br />

das W ort „Fleisch" wurde und daß <strong>die</strong> Herrlichkeit des lebendigen<br />

Gottes in dem Menschen Icsus Christus erschienen ist. Nicht weniger,<br />

als daß allein w ir Christen wissen, w er Gott ist und w ie G ott ist!<br />

Nicht weniger, als daß wir <strong>die</strong> Lraft Gottes an unserem Leib und<br />

Leben selber erfahren! Dadurch unterscheidet sich unser Glaube von<br />

allen Religionen der W elt. Die Einen haben wohl Gottes Gesetze und<br />

Verheißungen, wissen aber nicht, wie beide sich erfüllen. Die Anderen<br />

ahnen wohl etwas von Gott, aber ihr Ahnen artet stets in<br />

Götzen<strong>die</strong>nst aus, wenn sie Christus nicht kennen, in dem sich alles<br />

menschliche Ahnen von Gott erfüllt. Christus allein durfte von Sich<br />

sagen: „ w e r Mich siehet, der siehet den Vater", w e r Ih n nicht sehen<br />

will, sieht auch den Vater nicht. Denn aus eigener Lraft kann niemand<br />

Gott von Angesicht zu Angesicht schauen und selig werden.<br />

Die Epiphaniaszeit stellt uns in den einzelnen Sonntagen <strong>die</strong>se Herrlichkeit<br />

Gottes in Iesus Christus vor Augen. <strong>Das</strong> Epiphaniasfest<br />

selbst redet von den Christus-Ahnungen der weisen unter den Heiden<br />

und von den C hristus-W eissagungen der Propheten des Alten<br />

Bundes. Der erste Sonntag nach Epiphanias spricht von der göttlichen<br />

W e ish e it des Icsuskindes, <strong>die</strong> höher ist als alle menschliche<br />

Vernunft der Schriftgclehrten, der zweite bis vierte Sonntag von


Nr<br />

Woche des Epiphaniasfestes<br />

Seiner göttlichen w undcrm acht, der fünfte vom L am p f zwischen<br />

der Macht Christi und der Macht des Teufels und der letzte Sonntag<br />

nach Epiphanias stellt uns das Bild des v erk lärten Gottessohnes<br />

vor Augen.<br />

<strong>Das</strong> Lpiphaniasfest<br />

D ie 8insternis vergehet, und das wahre Licht scheinet jetzt.<br />

i. Johannes r,<br />

D a s Evangelium<br />

!- Da Jesus geboren war zu Bethlehem<br />

im jüdischen Lande, zur Zeit des<br />

Lönigs Herodes, siehe, da kamen <strong>die</strong><br />

Weisen vom Morgenland gen Jerusalem<br />

und sprachen:<br />

r. w o ist der neugeborne Lönig der<br />

Juden) w ir haben Seinen Stern gesehen<br />

im Morgenland und sind gekommen,<br />

Ihn anzubeten.<br />

3. Da das der Lönig Herodes härte,<br />

erschrak er und mit ihm das ganze<br />

Jerusalem.<br />

4. Und ließ versammeln alle Hohepriester<br />

und Schriftgclehrten unter<br />

dem Volk und erforschte von ihnen,<br />

wo Christus sollte geboren werden.<br />

s. Und sie sagten ihm: Zu Bethlehem<br />

im jüdischen Lande; denn also stehet<br />

geschrieben durch den Propheten:<br />

ö. „Und du Bethlehem im jüdischen<br />

Lande bist mit Nichten <strong>die</strong> kleinst« unter<br />

den 8ürsten Judas; denn aus dir soll<br />

mir kommen der Herzog, der über<br />

Mein Volk Israel «in Herr sei."<br />

7. Da berief Herodes <strong>die</strong> weisen heimlich<br />

und erlernte mit Aciß von ihnen,<br />

wann der Stern erschienen wäre,<br />

r. und wies sie gen Bethlehem und<br />

sprach: Ziehet hin und forschet fleißig<br />

nach dem Lindlcin; und wenn ihr's<br />

findet, so saget mir's wieder, daß ich<br />

auch komme und es anbete,<br />

g. Als sie nun den Lönig gehört hatten,<br />

zogen sie hin. Und siehe, der<br />

Stern, den sie im Morgenland gesehen<br />

hatten, ging vor ihnen hin, bis<br />

daß er kam und stund oben über, da<br />

das Lindlcin war.<br />

10. Da sie den Stern sahen, wurden<br />

sie hoch erfreut<br />

und gingen in das Haus und fanden<br />

das Lindlcin mit Maria, Seiner<br />

Mutter, und fielen nieder und beteten<br />

Es an und taten ihre Schätze auf und<br />

schenkten Ihm Gold, Weihrauch und<br />

Myrrhe.<br />

-r. Und Gott befahl ihnen im Traum,<br />

daß sie sich nicht sollten wieder zu Hcrodcs<br />

lenken; und zogen durch einen<br />

andern w eg wieder m ihr Land.<br />

Match, r, ;r<br />

Auch <strong>die</strong> Heiden wissen um Gott, so sagt der Apostel Paulus im ersten<br />

Lapitel des Römerbriefes (s, ;g. ro). An den Werken der Schöpfung<br />

erkennen w ir Seine ewige Lraft und Gottheit. Unser Evangelium sagt<br />

noch mehr. E s sagt, daß es schon unter den Heiden weise gab, <strong>die</strong> eine<br />

Ahnung von dem kommenden Weltheiland gehabt hatten. Ein solcher


<strong>Das</strong> Lpiphaniasfest<br />

Weiser war der römische Dichter Virgil, der nicht lange vor Christi<br />

Geburt von einem Linde geredet hat, das der W elt den Frieden bringen<br />

werde. Von gleichen Ahnungen waren <strong>die</strong> weisen aus dem Morgcnlande<br />

erfüllt. Sie waren Sterndeuter (Astrologen). Als solche haben<br />

sie einen neuen hellen Stern erblickt. Daraus schließen sie, daß ein<br />

neuer Lönig geboren ist. Nicht irgendein Lönig, sondern der Lönig,<br />

der alle Menschen erlösen und der W elt den Frieden bringen wird. Sie<br />

suchen ihn am Hofe des Herodes. Hohe Ahnungen, gewaltige E rw artungen<br />

und eine große Gewißheit begleiten sie auf ihrem Wege. Und<br />

was finden sie? Einen kleinen Menschen mit kleinlichen ängstlichen Gedanken<br />

und dazu einem bösen Gewissen. E r tut so, als sei er auch ein<br />

Weiser oder gar ein Gläubiger. Aber kaum haben seine hohen Gäste<br />

den Rücken gewandt, da beginnt er das Ränkespiel seiner menschlichen<br />

Klugheit, <strong>die</strong> doch so ohnmächtig ist gegen <strong>die</strong> Pläne des Allmächtigen<br />

Gottes. Die weisen lassen sich durch nichts beirren. Sie folgen ihrem<br />

Stern und finden den, den sie suchen.<br />

Darin liegt ein Zeichen, daß sie wirklich weise gewesen sein müssen.<br />

Denn eine solch große Gewißheit, wie sie sie hatten, gibt Wissenschaft<br />

allein nicht, w ir , auch <strong>die</strong> Gelehrtesten unter uns, sind meistens nicht<br />

so weise wie <strong>die</strong>se weisen aus dem Morgenlande. Die Vernunft erkennt<br />

viel wunderbare Dinge, nur eins nicht, daß es eine Macht gibt,<br />

<strong>die</strong> keine Gewalt braucht, um zu siegen, und daß einer Lönig der W elt<br />

sein kann, der durch den Frieden über sie herrscht. Darin aber besteht<br />

das Geheimnis der Erscheinung Christi auf Erden, daß E r solch ein<br />

Lönig des Friedens ist. Dies Geheimnis müssen <strong>die</strong> drei weisen erfaßt<br />

und verstanden haben, als sie den, den sie suchten, in einer Lrippe<br />

fanden. Sie beten Ih n an und bringen das Dankopfcr ihrer Geschenke<br />

dar. Damit bekunden sie zugleich, wo der Anfang und wo das Ende<br />

aller wahren menschlichen Erkenntnis und Wahrheit liegt. Sie geht<br />

aus von dem ehr<strong>für</strong>chtigen Staunen vor den Geheimnissen der Allmacht<br />

Gottes; sie endet in der Anbetung Iesu Christi, v o r Ihm wird<br />

auch der weiseste wieder einfältig wie ein Lind, voller Andacht und<br />

Dankbarkeit. E r wird auch feinfühlig <strong>für</strong> <strong>die</strong> leisen Fingerzeige Gottes.<br />

Die drei weisen übersehen und überhören Gottes Warnungen nicht.<br />

Sie kehren nicht zu Herodes zurück, sondern ziehen auf einem andern<br />

Wege geradeswegs in ihr Land. w e r Christus gesehen hat, hat alles<br />

gesehen Denn er hat Gott gesehen.


??4 Woche des Epiphaniasfestes<br />

). Mache dich auf, werde licht! denn<br />

dein Licht kommt, und <strong>die</strong> Herrlichkeit<br />

des Herrn geht auf über dir.<br />

r. Denn siehe, Finsternis bedeckt das<br />

Erdreich und Dunkel <strong>die</strong> Völker; aber<br />

über dir geht auf der Herr, und Seine<br />

Herrlichkeit erscheint über dir.<br />

3. Und <strong>die</strong> Heiden werden in deinem<br />

Lichte wandeln und <strong>die</strong> Könige im<br />

Glanz, der über dir aufgeht.<br />

4. Hebe deine Augen auf und siehe umher:<br />

<strong>die</strong>se alle versammelt kommen zu<br />

dir. Deine Söhne werden von ferne<br />

D ie Epistel<br />

kommen und deine Töchter auf dem<br />

Arme hcrgctragcn werden.<br />

5. Dann wirst du deine Lust sehen und<br />

ausbrechen, und dein Her; wird sich<br />

wundern und ausbreiten, wenn sich <strong>die</strong><br />

Menge am Meer zu dir bekehrt und <strong>die</strong><br />

Macht der Heiden zu dir kommt,<br />

ö. Denn <strong>die</strong> Menge der Kamele wird<br />

dich bedecken, <strong>die</strong> jungen Kamele aus<br />

Midian und Epha. Sie werden aus<br />

Saba alle kommen, Gold und Weihrauch<br />

bringen und des Herrn Lob<br />

verkündigen. Ies. So, S<br />

Der Mann, der <strong>die</strong>se W orte zuerst gesprochen hat, wußte noch nicht,<br />

wie sie sich erfüllen würden. Er erschaute das Zukünftige mit den<br />

Augen des Glaubens, w ie klar hat er alles erschaut!<br />

w enn Gottes Herrlichkeit auf <strong>die</strong>ser Erde erscheint, wie wird das<br />

denn sein) Dann kommt Gott nicht wie ein Gewaltherrscher, Furcht<br />

und Schrecken um Sich verbreitend, sondern E r kommt wie ein Licht,<br />

das plötzlich durch das Dunkel bricht. Auf allen Völkern und Menschen<br />

lastet Finsternis. Sie wissen nicht, was gut und was böse ist, sie klagen<br />

sich an und hassen sich. Der Fluch unvergebener Schuld steigt empor<br />

über ihnen wie eine schwarze, unheildrohcnde Gewitterwolke. — Dahinein<br />

bricht das Licht dessen, der <strong>die</strong> Sünde der W elt getragen hat.<br />

An Ahm erscheint <strong>die</strong> Herrlichkeit, <strong>die</strong> Güte des allmächtigen Gottes.<br />

Nun kommt eine neue Bewegung in <strong>die</strong> W elt. <strong>Das</strong> ist'<strong>die</strong> Bewegung<br />

zu Christus hin. Auch Könige schämen sich nicht, in Seinem Glanz<br />

zu wandeln. Menschen aus allen Völkern suchen Seine Gemeinschaft.<br />

„Sie kommen alle versammelt zu Dir!" Hat der Prophet, als er das<br />

sagte, wirklich nur an sein Volk gedacht, hat er nicht über sein Volk<br />

hinaus <strong>die</strong> Kirche erschaut - w i r glauben es und wollen darum Gott<br />

lobpreisen und Ih m danken <strong>für</strong> <strong>die</strong> Offenbarung Seines Heils, das<br />

uns und allen Völkern in Jesus Christus geschenkt ist.<br />

D a s Lied des Tages<br />

w ie schön leuchtet der Morgenstern<br />

Die geistige Macht <strong>die</strong>ses Liedes ist groß. Die <strong>Gemeinde</strong>n singen es<br />

gern, wenngleich einzelne Ausdrücke und Verse sie fremd anmuten.


Die W eltm issio n _____________________________________<br />

??ö<br />

Man muß das -o., r?. und rr. Rapitel der Offenbarung S t. Iohannis<br />

kennen, in denen geschrieben wird, wie <strong>die</strong> Airche als Christi Braut<br />

ihren Herrn begrüßt und in hoher Festfreude Seine gnadenreiche Gegenwart<br />

preist.<br />

Als Ganzes ist das Lied nach W ort und Weise ein leuchtendes Zeugnis<br />

der Lpiphanie. E s darf nur zu <strong>die</strong>ser Zeit gesungen werden.<br />

D a s Gebet des Tages<br />

Herr Gott^ himmlischer Vater, der D u an <strong>die</strong>sem Tage Deinen<br />

eingebornen S oh n Iesum Christum den Heiden durch Leitung des<br />

S tern es offenbart hast, verleihe uns gnädiglich, daß wir dem seligen<br />

Lichte der Heiden immerdar nachwandeln und endlich alle zur A n ­<br />

schauung D einer göttlichen Majestät und Herrlichkeit gelangen, durch<br />

denselben Deinen S oh n , Iesum Christum, unsern Herrn. Amen.<br />

D ie Weltmission*<br />

Dic Airche verdankt ihre Entstehung der Mission, w o Airche ist, ist sie eine<br />

Frucht der Mission. So kann sie auch nur durch stete Fortsetzung des Missionswerkes<br />

erhalten werden. Die Mission ist das eigentliche Lebcnsanlicgen<br />

der Airche, und alle ihre Glieder sollen und dürfen daran Anteil nehmen.<br />

Der Missionswille der Airche stammt aus dem Herzen und willen ihres<br />

erhöhten Herrn Jesus Christus. In den vier Evangelien tritt uns der<br />

Wille des Herrn zur Weltmission überall entgegen, nicht nur in dem ausdrücklichen<br />

Missionsbefch! des Auferstandenen (Match, rr, ,8—ro). vielmehr erfüllt<br />

<strong>die</strong>ser Wille <strong>die</strong> gesamte Erscheinung des Herrn, Sein Wirken und Reden,<br />

Sein Leiden und Sterben und Sein prophetisches Wort. „Des Menschen<br />

Sohn" weiß Sich <strong>für</strong> alle gesandt. Alles an Ihm trägt den Stempel des w eltumspannenden.<br />

Er steht vor dem Antlitz der Welt. Sein Areuz ist aufgerichtet über<br />

aller Welt, das Denkmal menschlicher Sünde und rettender Liebeserbarmung.<br />

S o ist das Neue Testament aus dem weltmissionarischen w o lle n<br />

und Tun des Herrn geboren. Die Apostelgeschichte ist das große Missionsbuch<br />

der Airche, aus dem zu lernen und zu dem zurückzukehren sie nie aufhören<br />

wird. Die Briefe des großen Weltmissionars Paulus, wie der andern Apostel<br />

und apostolischen Männer, sind ebenfalls Früchte der missionarischen Arbeit,<br />

<strong>die</strong>nen ihr und befruchten sie mit ihrem unerschöpflich reichen Zeugnis. — w ir<br />

sehen das Neue Testament nach dem Vorgang des Herrn untrennbar verbunden<br />

mit der Gottesoffenbarung im Alten Testament, <strong>die</strong>sem in der Menschheitsgeschichte<br />

einzigartigen Buch. Auch das Alte Testament ist ganz und gar


1?S<br />

Woche des Lpiph aniasfestes<br />

M r s sio n sb u c h ; denn es ist das Zeugnis von dem Einen, wahrhaftigen Gott,<br />

dem Schöpfer und Herrn und Richter der W elt. Hier entfalten sich <strong>die</strong> Grundelemente<br />

aller Gotteserkcnntnis und jeglichen Verständnisses der W elt, des<br />

Menschen, der Wirklichkeit seines Abfalls, seiner Sünde und seines tödlichen Verderbens<br />

von G ott her. Hier lernen w ir, wie G ott als der Herr der Geschichte<br />

in Gnade und Gericht handelt, wie Er <strong>die</strong> Sünder trägt, w ie E r einen w e g<br />

des Heils eröffnet und den Tag voller Gnadenoffenbarung vorbereitet.<br />

E s liegt alles daran, daß <strong>die</strong> Glieder unserer Airche der M is s io n s k r a f t und<br />

M is s io n s v e r p f lic h t u n g inne werden, <strong>die</strong> a u s der B ib e l str ö m t. Darin<br />

gilt es, heimisch zu werden; denn allein an <strong>die</strong>ser w e h r und W affen zergehen<br />

alle menschlichen Einreden, <strong>die</strong> sich der W eltmission immer neu entgegenstellen.<br />

Der W ahrheit G ottes kann niemand Schranken setzen, w o der Herr der W elt<br />

befiehlt, weiß der Glaube nur zu gehorchen. Alle Feindschaft S a ta n s mit seinem<br />

dämonischen Blendwerk und aller Trotz des sündigen Menschcnherzens, das<br />

<strong>die</strong> Finsternis lieber hat als das Ächt und sich an den Dienst seiner Götzen<br />

hängt, der ihm <strong>die</strong> Umkehr der Buße und des Glaubens erspart, können den<br />

Lauf des Evangeliums nicht aufhalten. I m Areuz Jesu Christi liegt aller W elt<br />

Heil, ob es gleich das Zeichen ist, dem widersprochen wird. I n <strong>die</strong>ser Spannunc,<br />

vollzieht sich das Werk der Mission.<br />

I n der Geschichte der Airche w ech seln fruch tb are M is s io n s z c it e n m it<br />

m issio n s a r m c n Z e ite n . Auf große Missionserfolge über weite Länder und<br />

große völkermasscn folgen schwere Rückschläge bis hin zur Vernichtung ganzer<br />

Lirchcngcbicte. w o <strong>die</strong> missionarische L raft der Airche versiegt, w o sie in<br />

fleischliche Sicherheit, wclttrunkene Trägheit, ungeistliche Streitereien versinkt,<br />

wachen <strong>die</strong> Gerichte Gottes wider sie auf. Dagegen erleben w ir, wie G ott <strong>die</strong><br />

Opfer segnet, <strong>die</strong> aus Dank <strong>für</strong> Seine Liebesoffenbarung in Iefu s Christus<br />

dargebracht werden, und w ie der Herr, der <strong>für</strong> uns von den Toten auferstand,<br />

über den Gräbern und den Blutopfcrn Seiner treuen Zeugen Seine Airche erbaut.<br />

S o bietet der Gang der Missionsgcschichtc ein schier atemraubendes<br />

wahrnehm en der W eltregierung Gottes.<br />

w e r sich näher mir ihr befaßt, wird gewahr, wie m a n n ig f a lt ig <strong>die</strong> W e g e<br />

m issio n a risch er P r a x is , wie verschiedenartig <strong>die</strong> Methoden der missionarischen<br />

Arbeit sind. w i r sehen sie stetig im Fluß. Iede Zeit und jede der vielen<br />

Linzelkirchen liefern ihre besonderen Beiträge. Hier kommt es zur Christianisierung<br />

ganzer Völker; dort müht man sich um Linzelbekchrung. Hier denkt man<br />

an <strong>die</strong> Aufrichtung selbständiger volkskirchcn; dort wieder sind es kleine Häuflein<br />

hin und her. Hier erstrebt man Ausbreitung einer christlichen Lultur; dort<br />

w ill man nichts als Airche Iesu Christi aus W o rt und Sakrament. Hier sind<br />

offene Türen; dort ist steiniges Land. — Aus dem Fortgang des Werkes erheben<br />

sich immer neue Fragen. Nicht nur <strong>die</strong> jeweilige äußere und innere Lage<br />

der sendenden Airche oder <strong>die</strong> Besonderheiten der verschiedenen Lirchcngcmrinschaften<br />

in Lehre, Verfassung und Führung ergeben große Unterschiede in der


D ie W eltm issio n<br />

Ausrichtung des Missionswcrkcs, sondern ebenso <strong>die</strong> Abhängigkeit der Lirchc<br />

von den allgemeinen geistigen Strömungen, von den politischen Einflüssen und<br />

wirtschaftlichen Verhältnissen. Dazu kommen <strong>die</strong> oft vulkanischen Wandlungen<br />

innerhalb der völkerwclt in Lrieg und Hrieden und <strong>die</strong> Vorgänge und Erfahrungen<br />

auf den Missionsfeldern selbst.<br />

Die großen Hragen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> W elt bewegen: Rasse und volkstum,<br />

Volkssitte und Gottcsordnung, einheimische Religion und Christentum, das<br />

Gegeneinander der großen Weltreligionen, das Nebeneinander der vielen verschiedenen<br />

christlichen Lirchen und Bekenntnisse, der Lampf der Weltanschauungen<br />

— und vieles mehr! — erfassen jeden, der sich an der Weltmission<br />

beteiligt. Darum strömt auch «in unmeßbarer Segen auf <strong>die</strong> missionierenden<br />

Lirchen, ihre <strong>Gemeinde</strong>n und Glieder zurück.<br />

Die deutschen Landeskirchen sind erst spät und zögernd in <strong>die</strong> weltmissionarische<br />

Arbeit eingetreten. Aus der geschichtlichen Lage unserer Äirche ist das verständlich;<br />

aber es beugt uns vor dem Herrn.<br />

Den Anfang machte <strong>die</strong> Dänisch-Hallische Mission seit -70S. weiter<br />

hinaus stürmten <strong>die</strong> Pioniere der Herrnhuter Brüdergemeinde seit ; 7 3r.<br />

<strong>Das</strong> vorige Jahrhundert brachte einen stärkeren Einsatz lutherischen M issionsw<br />

illens durch Gründung einer Reihe deutscher MissionsgeseUschaften<br />

mit ihren Anstalten in der Heimat und ihren Missionsfeldern draußen in der<br />

Welt. Der eigentlichen Missionsvcrkündigung und Gemcindcgründung zur<br />

Seite tritt <strong>die</strong> Schularbeit in ihren verschiedenen Stufen, und immer stärker<br />

der ärztliche und pflegerischc Dienst. Den männlichen Sendboten reihen<br />

sich in steigender Zahl weibliche Lräft« an.<br />

wcltmission! Christen am Werk? Nein! G ott, der Herr, am Werk!<br />

Wohl tut Gott alles durch Menschen, nie aber ist Er auf uns Menschen angewiesen.<br />

Er ist größer als wir. Die Erscheinung Jesu Christi in der Welt<br />

erhebt sich über all unser menschliches Rönnen und Vollbringen. Nie können<br />

wir das Wirken des Heiligen Geistes fassen und berechnen, w o Menschen versagen,<br />

triuinphicrt der Herr. Irdische Rückschläge werden zum vorwärts <strong>für</strong><br />

Sein Reich. Unsere Heister und Versäumnisse wiegt Er mit Seiner Gnade<br />

reichlich auf. An <strong>die</strong> Mission lassen sich keine irdischen Hoffnungen und Erwartungen<br />

knüpfen, denn G ott hat Sich w e g und Ziel mit den V ölkern<br />

und der W elt gesetzt. Mit Zahlen und Berechnungen der Mssionsftatistik<br />

ist wenig gesagt, denn nicht eine vcrchristlichte Welt zeigt uns <strong>die</strong><br />

Bibel als <strong>die</strong> letzte Hrucht, sondern <strong>die</strong> aus allen Völkern gesammelte Lirchc,<br />

<strong>die</strong> in inniger Liebe ihrem Herrn „verlobt" ist (Offbg. ri, r).<br />

Die Ernte ist groß, der Arbeiter aber sind wenige.<br />

Bittet den Herrn der Ernte,<br />

daß Er Arbeiter aussende<br />

in Seine Ernte! Lukas so, r.<br />

N7


s. Ihr seid allzumal Linder des Lichtes<br />

und Linder des Tages; wir sind<br />

nicht von der Nacht noch von der<br />

Finsternis.<br />

d. So lasset uns nun nicht schlafen<br />

wie <strong>die</strong> andern, sondern lasset uns<br />

wachen und nüchtern sein.<br />

7. Denn <strong>die</strong> da schlafen, <strong>die</strong> schlaft»<br />

des Nachts, und <strong>die</strong> da trunken sind,<br />

<strong>die</strong> sind des Nachts trunken;<br />

s. wir aber, <strong>die</strong> wir des Tages sind,<br />

sollen nüchtern sein, angetan mit dem<br />

Panzer des Glaubens und der Liebe<br />

M ontag nach Epiphanias<br />

Woche des Lpiphaniasfestes<br />

und mit dem Helm der Hoffnung zur<br />

Seligkeit.<br />

9. Denn Gott hat uns nicht gesetzt<br />

zum Zorn, sondern <strong>die</strong> Seligkeit zu<br />

besitzen durch unsern Herrn Jesus<br />

Christus,<br />

-0. Der <strong>für</strong> uns gestorben ist, auf daß,<br />

wir wachen oder schlafen, wir zugleich<br />

mit Ihm leben sollen.<br />

Darum ermähnet euch untereinander<br />

und bauet einer den andern,<br />

wie ihr denn tut.<br />

Thcss. s, s—,,<br />

L h ristu s ist der helle T ag . E r hat <strong>die</strong> Seinen aus der Nacht in den<br />

Tag versetzt. E r hat ihnen <strong>die</strong> Augen aufgetan <strong>für</strong> das Reich, ihnen<br />

damit Ziel und w e g gezeigt. S o sind <strong>die</strong> Tagesmenschcn. Aber dazu<br />

müssen sie sich nun auch in ihrer Haltung bekennen. Sie dürfen nicht<br />

zurückfallen in <strong>die</strong> Haltung der anderen, <strong>die</strong> nicht erweckt sind, <strong>die</strong><br />

weiterschlafen, sich abfinden und zufrieden geben mit <strong>die</strong>ser W elt,<br />

stumpf dahin leben ohne frohes Harren auf das völlige Heil. Den<br />

Lhristen als den durch Icsus Erweckten geziemt W achsein, d. h.:<br />

sie müssen das Leben und <strong>die</strong> W elt sehen im Lichte des hereinbrechenden<br />

Reiches; sie müssen bereit sein zum Lampfe, gerüstet mit Glaube,<br />

Liebe, Hoffnung. Sie ergreifen täglich mit Freuden ihre selige Bestimmung<br />

zum Heile. Icsus, der <strong>für</strong> uns Gekreuzigte, verbürgt sie den<br />

Seinen: Sie sollen Sein Leben teilen, allem Zorn und Tod entrückt.<br />

Die andere Lesung: Johannes I, ;b—rz.<br />

s. Denn ihr wäret weiland Finsternis:<br />

nun aber seid ihr ein Licht in dem<br />

Herrn.<br />

g. wandelt wie <strong>die</strong> Linder des Lichts<br />

— <strong>die</strong> Feucht Geistes ist allerlei<br />

Gütigkeit und Gerechtigkeit und<br />

Wahrheit —,<br />

Dienstag nach Epiphanias<br />

is. und prüfet, was da sei wohlgefällig<br />

dem Herrn.<br />

)j. Und habt nicht Gemeinschaft mit<br />

den unfruchtbaren Wecken der Finstcrnis,<br />

strafet sie aber vielmehr.<br />

Lph. s, r—,,<br />

w e n n Ic s u s , das Licht, in unser Leben t r i t t, so macht E r es<br />

licht und hell. <strong>Das</strong> Leben ohne Ih n erkennen w ir dann als lauter<br />

Finsternis. Dazwischen gibt es keine Übergänge, kein „mehr oder we-


Woche des Epiphanias festes<br />

niger". E s ist ein klarer Gegensatz, ein ausschließendes Entweder-<br />

Oder. w i r können dem Lichte, in das E r uns gesetzt hat, treu sein nur,<br />

wenn wir immer aufs neue gründlich dem absagen, was unser alter<br />

Mensch will. <strong>Das</strong> Leben ohne Iesus hat viel zu verbergen. E s bedarf<br />

der Heimlichkeit und der Lüge. Erst bei Iesus wird unser Leben<br />

offen und wahr. E s liegt im Lichte. Dadurch hat es <strong>die</strong> Vollmacht,<br />

auch <strong>die</strong> Sünde um sich herum kundzumachen als das, was sie ist.<br />

<strong>Das</strong> Böse muß aus dem Dunkel ans Licht treten; es verliert sein Lebenselcment.<br />

w o Heimlichkeit und Lüge aufhört, wo <strong>die</strong> Wahrheit<br />

einzieht, da gewinnt Lhristus, das Licht, <strong>die</strong> volle Herrschaft über<br />

das Leben.<br />

Die andere Lesung: Kolosscr >, zr.—20.<br />

Mittwoch nach Epiphanias<br />

;r. Über dem, da ich auch gen Damaskus<br />

reiste mit Macht und Befehl von<br />

den Hohenpriestern,<br />

;Z. sah ich mitten am Tage, o Lönig,<br />

auf dem Wege ein Licht vom Himmel,<br />

Heller denn der Sonne Glanz,<br />

das mich und <strong>die</strong> mit mir reiseten,<br />

umleuchtete.<br />

14. Da wir aber alle zur Erde niederfielen,<br />

hörte ich eine Stimme reden zu<br />

mir, <strong>die</strong> sprach auf Ebräisch: Saul,<br />

Saul, was verfolgst du Mich) Es<br />

wird dir schwer sein, wider den Stachel<br />

zu locken.<br />

15. Ich aber sprach: Herr, wer bist<br />

du) Er sprach: Ich bin Jesus, den<br />

du verfolgst; aber stehe auf und tritt<br />

auf deine Füße.<br />

id. Denn dazu bin Ich dir erschienen,<br />

daß Ich dich ordne zum Diener und<br />

Zeugen des, das du gesehen haft und<br />

das Ich dir noch will erscheinen lassen;<br />

und will dich erretten von dem<br />

Volk und von den Heiden, unter welche<br />

Ich dich jetzt sende,<br />

;r. aufzutun ihre Augen, daß sie sich<br />

bekehren von der Finsternis zu dem<br />

US<br />

Licht und von der Gewalt des Satans<br />

zu Gott, zu empfangen Vergebung<br />

der Sünden und das Erbe<br />

samt denen, <strong>die</strong> geheiligt werden durch<br />

den Glauben an Mich.<br />

Daher, Rönig Agrippa, war ich<br />

der himmlischen Erscheinung nicht ungläubig,<br />

ro. sondern verkündigte zuerst denen<br />

zu Damaskus und zu Jerusalem und<br />

in alle Gegend des jüdischen Landes<br />

und auch den Heiden, daß sie Buße<br />

täten und sich bekehrten zu Gott und<br />

täten rechtschaffne Werke der Buße.<br />

rz. Um deswillen haben mich <strong>die</strong><br />

Iudcn im Tempel gegriffen und versuchten,<br />

mich zu töten,<br />

rr. Aber durch Hilfe Gottes ist es mir<br />

gelungen und stehe ich bis auf <strong>die</strong>sen<br />

Tag und zeuge beiden, dem Kleinen<br />

und Großen, und sage nichts außer<br />

dem, das <strong>die</strong> Propheten gesagt haben,<br />

daß es geschehen sollt«, und Moses:<br />

r,5. daß Lhristus sollte leiden und der<br />

Erste sein aus der Auferstehung von<br />

den Toten und verkündigen ein Licht<br />

dem Volk und den Heiden.<br />

Ap. Gesch. 2d, 12— 23


120<br />

Woche dcs LpLp haniasfestcs<br />

w a s Iesus Lhristus der W elt bedeutet, drückt das Neue Testament<br />

immer wieder in dem Gleichnis -es Lichtes aus. O hne I h n sind w ir<br />

in der F in s te r n is , w e r in sternenloser Nacht durch unbekannte Gegenden<br />

wandern muß, kann seinen w e g als Gleichnis da<strong>für</strong> nehmen,<br />

was das Leben ohne Icsus in <strong>die</strong>ser W elt heißt: Im Finstern wandeln,<br />

irregehen, ohne Gewißheit des Zieles, ohne <strong>die</strong> H o ffn u n g , recht<br />

heim zukom m en. — I n <strong>die</strong>ser Finsternis lebt ohne Lhristus <strong>die</strong><br />

ganze Menschheit, trotz aller ihrer Gaben und Güter, trotz allen<br />

Glanzes ihrer Äultur. Aber Icsus Christus beruft Sich Menschen<br />

mitten aus den Verächtern und Empörern, wie Paulus, zeigt Sich<br />

ihnen im strahlenden Glänze Seines Lichtes und sendet sie als Zeugen<br />

Seines Lichtes in alle W elt, daß Menschen und Völker sich von der<br />

F insternis zum Lichte wenden und selig werden.<br />

Die andere Lesung: Johannes r, und Matthäus s, -d.<br />

>. <strong>Das</strong> da von Anfang war, das wir<br />

gehört haben, das wir gesehen haben<br />

mit unsern Augen, das wir beschaut<br />

haben und unsre Hände betastet haben,<br />

vom Wort des Lebens —<br />

r. und das Leben ist erschienen, und<br />

wir haben gesehen und bezeugen und<br />

verkündigen euch das Leben, das ewig<br />

ist, welches war bei dem Vater und ist<br />

uns erschienen —:<br />

Donnerstag nach Epiphanias<br />

3. was wir gesehen und gehört haben,<br />

das verkündigen wir euch, auf daß<br />

auch ihr mit uns Gemeinschaft habt;<br />

und unsre Gemeinschaft ist mit dem<br />

Vater und mit Seinem Sohn Iesus<br />

Lhristus.<br />

4. Und solches schreiben wir euch, auf<br />

daß eure Freude völlig sei.<br />

,. Ioh. ,, , —4<br />

Iesus Christus — das heißt nichts anderes als: <strong>Das</strong> Leben ist in <strong>die</strong><br />

W elt gekommen, das ewige Leben, vom Uranfang her bei Gott verborgen.<br />

Ist es wirklich auch uns erschienen? Iesu Leben liegt fast<br />

zwei Jahrtausend zurück, w i r sehen Ih n nicht und haben Seine leibliche<br />

Stimme nicht gehört. Aber es sind Zeugen da, <strong>die</strong> Ih n leibhaftig<br />

mit ihren Sinnen erlebt haben. Sie zeugen uns von Ihm . w i r haben<br />

ihr Zeugnis in dem Neuen Testament. Durch ihr W ort ziehen sie<br />

uns hinein in <strong>die</strong> selige Erfahrung, <strong>die</strong> ihnen vor uns geschenkt ist, von<br />

der gnädigen Gegenwart Gottes <strong>für</strong> uns in Seinem Sohne. S o<br />

stehen w ir nicht zurück hinter den ersten Zeugen. <strong>Das</strong> Leben, das erschienen<br />

ist, bietet sich uns durch ihr Zeugnis auch heute an.<br />

Die andere Lesung: I. Johannes s—-0.


Woche des Epiphanias festes<br />

7. Brüder, ich schreibe euch nicht ein<br />

»cu Gebot, sondern das alte Gebot,<br />

das ihr habt von Anfang gehabt. <strong>Das</strong><br />

alte Gebot ist das Wort, das ihr von<br />

Anfang gehört habt.<br />

;. Wiederum ein neu Gebot schreibe<br />

ich euch, das da wahrhaftig ist bei<br />

Ihm und bei euch; denn <strong>die</strong> Finsternis<br />

vergehet, und das wahre Licht scheinet<br />

jetzt.<br />

g. Wer da sagt, er sei im Licht, und<br />

Freitag nach Epiphanias<br />

hasset seinen Bruder, der ist noch in<br />

der Finsternis.<br />

zo. Wer seinen Bruder liebet, der<br />

bleibet im Licht, und ist kein Ärgernis<br />

bei ihm.<br />

Iwer aber seinen Bruder hasset,<br />

der ist in der Finsternis und wandelt<br />

in der Finsternis und weiß nicht, wo<br />

er hin geht; denn <strong>die</strong> Finsternis hat<br />

seine Augen verblendet.<br />

z. Ioh. r, 7—<br />

Gott ist Licht, weil E r Liebe ist. w e n Gottes Licht in Iesus trifft,<br />

der kann nicht anders, als seinen Bruder lieben. Lieblosigkeit ist ein<br />

sicheres Zeichen da<strong>für</strong>, daß unser Leben nicht von Gottes Licht bestimmt,<br />

sondern der Finsternis verfallen ist. Der R u f zur B r u d e r ­<br />

liebe ist das „alte Gebot", der Christenheit und jedem Christen von<br />

jeher vertraut, und doch zugleich das ganz „neue Gebot". Denn Ie ­<br />

sus gibt es uns, und in Seinem Munde bedeutet es nichts geringeres<br />

als: unsere alte W e lt ohne Liebe v erg eh t, <strong>die</strong> neue W elt kommt<br />

herauf. Iesu Macht ist dabei, unsere Nacht der Lieblosigkeit zu vertreiben.<br />

Ictzt wird es wahrhaft Morgen <strong>für</strong> <strong>die</strong> Menschheit. Lhristus<br />

ist <strong>die</strong> Sonne, <strong>die</strong> den Tag bringt.<br />

Die andere Lesung: ;. Johannes r, I—b.<br />

g. Und es kam zu mir einer von den<br />

sieben Engeln, welche <strong>die</strong> sieben Schalen<br />

voll der letzten sieben Plagen hatten,<br />

und redete mit mir.<br />

;o. Und führte mich hin im Geist auf<br />

einen großen und hohen Berg und<br />

zeigte mir <strong>die</strong> große Stadt, das heilige<br />

Jerusalem, herniederfahren aus dem<br />

Himmel von Gott,<br />

>1. <strong>die</strong> hatte <strong>die</strong> Herrlichkeit Gottes.<br />

Und ihr Licht war gleich dem allercdelstcn<br />

Stein, einem hellen Jaspis,<br />

z r. Und sie hakte eine große und hohe<br />

Mauer und hatte zwölf Tore und auf<br />

den Toren zwölf Engel, und Namen<br />

Sonnabend nach Epiphanias<br />

darauf geschrieben, nämlich der zwölf<br />

Geschlechter der Linder Israel,<br />

r i. Und <strong>die</strong> zwölf Tore waren zwölf<br />

perlen, und ein jcglich Tor war von<br />

einer perle; und <strong>die</strong> Gassen der<br />

Stadt waren lauteres Gold wie ein<br />

durchscheinend Glas.<br />

rr. Und ich sah keinen Tempel darin:<br />

denn der Herr, der allmächtige Gott,<br />

ist ihr Tempel, und das Lamm.<br />

rs. Und <strong>die</strong> Stadt bedarf keiner<br />

Sonne noch des Mondes, daß sie ihr<br />

scheinen: denn <strong>die</strong> Herrlichkeit Gottes<br />

erleuchtet sie, und ihre Leuchte ist das<br />

Lamm.


,22<br />

2 4. Und <strong>die</strong> Heiden, <strong>die</strong> da selig werden,<br />

wandeln in ihrem Licht; und <strong>die</strong><br />

Äöuigc auf Erden werde» ihre Herrlichkeit<br />

in sie bringen.<br />

25. Und ihre Tore werden nicht verschlossen<br />

des Tages; denn da wird<br />

keine Nacht sein.<br />

Woche des Epiphaniasfestes<br />

2d. Und man wird <strong>die</strong> Herrlichkeit und<br />

<strong>die</strong> Ehre der Heiden in sie bringen.<br />

27. Und es wird nicht hineingehen<br />

irgend ein Gemeines und das da<br />

Greuel tut und Lüge, sondern <strong>die</strong> geschrieben<br />

sind in dem Lcbcnsbuch des<br />

Lammes.<br />

Offbg. 2), ga. ,0—,2a. 2 ,-2 7<br />

von Gott kommt das natürliche Licht, der Glanz der Sonne, der unsere<br />

Tage hell macht. Von Gott kommt das erlösende Licht der<br />

W e lt, Iesus Lhristus. Heute ist es <strong>für</strong> uns noch zweierlei: Die<br />

Sonne, <strong>die</strong> auch denen scheint, <strong>die</strong> von Iesus Lhristus nichts wissen<br />

oder wissen wollen — und Gottes Lhristus-Licht. Aber am Ende,<br />

in der ewigen Gottcsstadt, »st alles eins geworden. Da gibt es nicht<br />

mehr unseren Unterschied zwischen „natürlichem" und „geistlichem"<br />

Licht: das unendliche strahlende Leuchten der Gottesstadt, ihr Glühen<br />

in allen Farben, geht nicht mehr von natürlichen, geschaffenen Lichtquellen<br />

aus, sondern unmittelbar von Gott Selbst; es ist der unaussprechliche<br />

Glanz Seiner Herrlichkeit in Icsus Christus. Da ist nicht<br />

mehr der Unterschied von Gotteshäusern und weltlichen Bauten: Gott<br />

Selber in Lhristus ist in der neuen W elt überall lebendig, unmittelbar<br />

gegenwärtig. Alles, w as auf Erden echter Glanz, Herrlichkeit, Ehre<br />

war, strömt hier zusammen, wird erfüllt und verklärt, verschlossen<br />

ist Gottes S tadt nur <strong>für</strong> das Gemeine.<br />

Die andere Lesung: ,. Johannes 2, ,2—,7.


Sonntag nach Lpip hanias<br />

Erster Sonntag nach Epiphanias<br />

w ir sahen S ein e Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingebornen<br />

S oh n es vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.<br />

J o h a n n e s 14<br />

D a s Evangelium<br />

4;. Und Seine Eltern gingen alle Iahre<br />

gen Jerusalem auf das Osterfest.<br />

wunderten sich Seines Verstandes und<br />

Seiner Antworten.<br />

42. Und da Er zwölf Iahre alt war, 4 §. Und da sie Ihn sahen, entsetzten<br />

gingen sie hinauf gen Jerusalem nach sie sich. Und Seine Mutter sprach zu<br />

Gewohnheit des Astes.<br />

Ihm: Mein Sohn, warum hast Du<br />

43. Und da <strong>die</strong> Tage vollendet waren<br />

und sie wieder nach Hause gingen,<br />

uns das getan? Siehe, Dein Vater<br />

und ich haben Dich mit Schmerzen<br />

blieb das Lind Iesus zu Jerusalem,<br />

und Seine Eltern wußten's nicht.<br />

gesucht.<br />

4g. Und Er sprach zu ihnen: w a s<br />

44. Sie meinten aber, Er wäre unter ist's, daß ihr Mich gesucht habt)<br />

den Gefährten, und kamen eine Tage- wisset ihr nicht, daß Ich sein muß in<br />

reise weit und suchten Ihn unter den dem, das Meines Vaters ist)<br />

Gefrcundten und Bekannten. so. Und sie verstanden das Wort<br />

45. Und da sie Ihn nicht fanden, nicht, das Er mit ihnen redete,<br />

gingen sie wiederum gen Jerusalem<br />

und suchten Ihn.<br />

sz. Und Er ging mit ihnen hinab und<br />

kam gen Nazareth und war ihnen<br />

4b. Und es begab sich, nach dreien Tagen<br />

fanden sie Ihn im Tempel sitzen<br />

Untertan. Und Seine Mutter behielt<br />

alle <strong>die</strong>se Worte in ihrem Herzen,<br />

mitten unter den Lehrern, wie Er<br />

ihnen zuhörte und sie fragte.<br />

52. Und Jesus nahm zu an Weisheit,<br />

Alter und Gnade bei Gott und den<br />

47. Und alle, <strong>die</strong> Ihm zuhörten, ver- Menschen. Luk. r, 4;—52<br />

Die Evangelien erzählen uns wenig über <strong>die</strong> Jugendzeit unseres,<br />

Herrn. Auch <strong>die</strong>se Begebenheit wäre vielleicht vergessen worden, wenn<br />

Icsu M utter nicht später den S inn der W orte verstanden hätte, <strong>die</strong><br />

ihr zwölfjähriger Sohn hier gesprochen hatte. Da wurde ihr klar,<br />

daß schon damals in dem L inde <strong>die</strong> göttliche W e ish e it aufleuchtete,<br />

aus deren W ort und Wahrheit wir bis heute lernen und leben.<br />

<strong>Das</strong> ist wunderbar. Der Icsusknabe wurde erzogen wie andere Binder,<br />

E r hat Gottes W ort gehört, wie w ir auch, E r war Seinen E l­<br />

tern gehorsam, wie ein rechtes Lind gehorsam ist. Aber in den Rinnsalen<br />

<strong>die</strong>ser menschlichen Entwicklung und Erziehung floß der Strom<br />

göttlicher Weisheit und göttlichen Lebens.<br />

w ie haben <strong>die</strong> Eltern Icsu ihren Sohn erzogen) Sie gaben Ihm keine<br />

Vorschriften, an <strong>die</strong> sie sich selber nicht gebunden hielten, w ie sie selber


,24 Woche -es Sonntags nach Epiphanias<br />

alljährlich am hohen Feste nach Ierusalcm reisten, so sorgten sie da<strong>für</strong>,<br />

daß <strong>die</strong>s auch <strong>für</strong> ihre Linder zu einer festen und fröhlichen Gewohnheit<br />

wurde. Als Icsus -2 Iahre alt geworden war, durfte E r zum<br />

ersten Male mit. jr Iahre, das ist im Morgenland <strong>die</strong> Zeit der ersten<br />

Reife.<br />

Der junge Icsus wird in Seinem Fühlen nicht anders gewesen sein als<br />

andere junge Menschen. E r wird <strong>die</strong>se Seine erste größere Reise mit<br />

starker Freude erwartet und mitgemacht haben. Und doch war E r anders<br />

als <strong>die</strong> andern. E r wurde nicht satt vom Anschauen dessen, was<br />

es zu sehen gab; es zog Ih n zum Tempel, es verlangte Ihn, den Ort<br />

zu sehen, wo Gott wohnte. E r fand, was E r suchte. Bald saß E r im<br />

Lreise der Schriftgelchrten und vergaß darüber alles andere. Auch <strong>die</strong><br />

Schriftgelchrten mögen anderes vergessen haben, als sie Ihn fragen<br />

und antworten hörten.<br />

S o hat -iesus von Menschen gelernt. I n Seinem Herzen schlummerte<br />

<strong>die</strong> ganze Fülle der göttlichen Weisheit, aber auch E r lernte, sie in<br />

menschlichen Begriffen zu durchdenkcn und in menschlichen Worten<br />

auszusprcchen.<br />

Als Icsu Eltern wieder nach Hause wollten, war ihr Sohn nicht da.<br />

<strong>Das</strong> beunruhigte sie zunächst nicht sehr. E r war groß genug und<br />

konnte fragen. Vielleicht war E r mit einigen verwandten schon auf<br />

der Rückreise. M an kannte <strong>die</strong> gewohnten Reisestationcn und hoffte,<br />

Ahn dort zu finden. Aber als man Ih n eine Tagereise weit vergeblich<br />

gesucht hatte, kam <strong>die</strong> Angst. Die Eltern kehrten zurück und fanden<br />

Ih n schließlich im Tempel. Da saß Er, mitten zwischen den Schriftgelehrten.<br />

Icsu Eltern waren einfache Leute vom Lande, <strong>die</strong> vor Schriftgelehrten<br />

einen hohen Respekt hatten. Aber in <strong>die</strong>sem Augenblick, als <strong>die</strong><br />

Angst um das vermißte Lind plötzlich weicht, vergißt Iesu Mutter<br />

alle Scheu. Sie sagt: „Mein Sohn, wie konntest Du uns das antun?<br />

w i r sind fast verzweifelt. S o haben wir Dich gesucht!" Der Icsusknabe<br />

aber antwortet mit unschuldigen Augen: „Gesucht? w ußtet ihr<br />

denn nicht, daß Ich sein muß in dem, das Meines Vaters ist?" I n <strong>die</strong>sen<br />

kindlichen W orten liegt <strong>die</strong> tiefe Einfalt dessen, der wirklich Gottes<br />

Sohn ist und darum alles ernst nimmt, was Ihm von Gott gesagt ist.<br />

Icsu Eltern verstehen zuerst gar nicht, was ihr Sohn meint; es liegt<br />

kein widerstand in Seiner Antwort. Iesus erhebt Sich sogleich und<br />

folgt Seinen Eltern auf dem Wege nach Nazarcth.


). Sonntag nach Epiphanias -rs<br />

Es kommt uns seltsam vor, daß der, den w ir als den Herrn der W elt<br />

anbeten, einmal ein Rind war. Aber wenn dem nicht so gewesen wäre,<br />

wie sollten w ir dann glauben, daß Gott wirklich Mensch gewesen<br />

ist) Icsus Lhristus w ar einmal ein Rind und hat in Erinnerung<br />

daran zu Seinen Iüngcrn gesagt: „w en n ihr nicht umkehrt und<br />

werdet wie <strong>die</strong> Rinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen".<br />

>. Ich ermähne euch nun, lieben Brüder,<br />

durch <strong>die</strong> Barmherzigkeit Gottes,<br />

daß ihr eure Leiber begebet zum Opfer,<br />

das da lebendig, heilig und Gott<br />

wohlgefällig sei, welches sei euer vernünftiger<br />

Gottes<strong>die</strong>nst,<br />

r. Und stellet euch nicht <strong>die</strong>ser Welt<br />

gleich, sondern verändert euch durch<br />

Erneuerung eures Sinnes, auf daß<br />

ihr prüfen möget, welches da sei der<br />

gute, wohlgefällige und vollkommene<br />

Gottcswille.<br />

3. Denn ich sage durch <strong>die</strong> Gnade, <strong>die</strong><br />

mir gegeben ist, jedermann unter euch,<br />

Die Epistel<br />

daß niemand weiter von sich halte,<br />

denn sich's gebührt zu halten, sondern<br />

daß er von sich mäßig halte, ein jeglicher,<br />

nach dem Gott ausgeteilt hat<br />

das Maß des Glaubens.<br />

4. Denn gleicherweise als wir in einem<br />

Leibe viele Glieder haben, aber<br />

alle Glieder nicht einerlei Geschäft<br />

haben,<br />

5. also sind wir viele ein Leib in<br />

Christo, aber untereinander ist einer<br />

des andern Glied,<br />

d. und haben mancherlei Gaben nach<br />

der Gnade, <strong>die</strong> uns gegeben ist.<br />

Röm. -r, d<br />

w i r gehören zwar im Glauben an Lhristus der ewigen W elt des<br />

Reiches Gottes an. Aber wir kommen aus <strong>die</strong>ser W elt her, und <strong>die</strong><br />

Bedürfnisse unseres leiblichen Lebens binden uns an ihre Güter. Deshalb<br />

ermähnt uns der Apostel, daß w ir nicht in das alte W esen<br />

zurückfallen, das hinter uns liegt. „Stellt euch nicht <strong>die</strong>ser W elt<br />

gleich." Ohne ständiges Opfer unseres Leibes, das ist ohne verzicht<br />

auf vielerlei, das anderen unbedenklich erscheint, ist das nicht möglich.<br />

Unser Sinn muß sich wandeln, damit w ir in den vielen täglichen Linzelfragen<br />

des Lebens das rechte Urteil haben und <strong>die</strong> rechte Entscheidung<br />

treffen. E s ist nicht immer leicht zu wissen, was in <strong>die</strong>sem oder<br />

jenem Halle das Gute, das wohlanständige und das Vollkommene ist,<br />

das Gott von uns verlangt, w e n nicht der Geist Lhristi berät, wie<br />

soll der nicht irren) Versucherisch ist <strong>die</strong>se W elt.<br />

Es soll auch niemand sich etwas auf sich selbst zugute tun. Gerade<br />

dann, wenn er einige proben bestanden hat, drohen ihm andere Gefahren.<br />

E r will dann leicht zu hoch hinaus und verliert den Blick <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />

Grenzen, <strong>die</strong> ihm gesetzt sind. Dadurch verletzt er <strong>die</strong> anderen und tritt


Woche des<br />

Sonntags nach Epiphanias<br />

Gott zu nahe. Deshalb mahnt der Apostel, zu bedenken, daß G o tt es<br />

ist, der alle Gaben gibt. E r gibt sie nicht, wie w ir wollen, sondern<br />

wie E r will, und alle Seine Gaben sind dazu da, daß <strong>die</strong>, denen sie gegeben<br />

werden, sich wie <strong>die</strong> Glieder ein und desselben Leibes gegenseitig<br />

ergänzen und helfen. E s ist eine große Weisheit und ein großes G ottesgeschenk,<br />

wenn einer weiß, was er kann und was er nicht kann. Die<br />

Bescheidenheit, <strong>die</strong> daraus folgt, ist ein echtes Zeichen der Lrwählung,<br />

und <strong>die</strong> Gemeinschaft, welche <strong>die</strong> Christen im Glauben an ihren Herrn<br />

miteinander haben, macht den Leib des auferstandenen Christus hier<br />

auf Erden sichtbar.<br />

D a s Lied der Woche<br />

w ie schön leuchtet der Morgenstern<br />

<strong>Das</strong> Lied ist am Epiphaniastage besprochen.<br />

D a s Gebet der Woche<br />

Allmächtiger, ewiger Gott, D u hast Dich durch unsern Herrn<br />

Iesum Christum, Deinen Sohn, verherrlicht von Seiner Jugend<br />

an. w ir bitten Dich, schenke uns Deinen Geist, daß auch wir als<br />

Deine Linder wandeln vor Deinem Angesicht, und Früchte der<br />

Gerechtigkeit bringen, durch unsern Herrn Iesum Christum. Amen.<br />

-1-<br />

D er Name Gottes*<br />

Der Name ist das erste Geschenk eines Menschen an seine Mitmenschen. Denn<br />

wessen Name bekannt ist, der kann gerufen werden, angeredet, gelockt, getröstet,<br />

aber auch gescholten und verantwortlich gemacht werden. Mit dem Namen<br />

gibt jeder Mensch ein Stück seiner selbst preis. Den Namen zu kennen, ist der<br />

Anfang allen Vertrauens und aller Vertraulichkeit zwischen Menschen,<br />

w er <strong>für</strong> <strong>die</strong> anderen Menschen ohne Namen ist, ist einsam unter ihnen.<br />

W er Gott nicht mit Namen kennt, der kennt Ihn garnicht. Er<br />

kann Ihn nicht anrufen, nicht anbeten, kann von Ihm nichts erzählen und<br />

anderen weitersagen; er kann Ihn höchstens ahnen. Aber wer will den Namen<br />

Gottes wissen? w er möchte es wagen, Ihm gar einen Namen beizulegen?!<br />

Wenn Gott mit Namen genannt sein soll, dann muß Er selber sagen, auf<br />

welchen Namen Er hören will. Darum hat Moses ganz recht getan, daß er<br />

Gott nach Seinem Namen gefragt hat, als <strong>die</strong>ser ihn zum Dienst berief. Erst


Der Name Gottes<br />

!r?<br />

als er Gottes Namen wußte, hat er sich stark genug gefühlt, den Dienst auszurichten,<br />

zu dem Gott ihn sandte.<br />

<strong>Das</strong> Neue Testament weiß davon zu berichten, daß Gottes Sohn Seinen<br />

Namen von Menschen bekam. „Da acht Tage um waren, daß das Lind beschnitten<br />

würde, da ward Sein Name genannt Jesus, welcher genannt war<br />

von dem Engel, ehe denn Er im Mutterleibe empfangen ward" (Luk. r, ri).<br />

Der Name wird dem Sohne Gottes von Menschen gegeben. Aber <strong>die</strong> Menschen<br />

haben <strong>die</strong>sen Namen G ottes von G ott Selbst erfahren. <strong>Das</strong> ist<br />

von tiefster Bedeutung! Es zeigt, daß Gott in Lhristus sich den Menschen in<br />

<strong>die</strong> Hand gibt, so daß sie Ihm einen Namen geben können; aber was Gott den<br />

Menschen preisgibt, soll der Menschen eigenste Erfahrung geworden sein, so daß<br />

sie es als ihre tiefste Erkenntnis selbst aussprechen können. Denn Gott will, daß<br />

Seine Linder Ihn erkennen, Ihm ins Her; schauen, Ihn bei Seinem Wesen<br />

fassen. Aber was sie von Ihm erfahren, das hat Er selbst ihnen gegeben.<br />

So ist es seither in der Christenheit geblieben. Der Name Jesus ist <strong>für</strong><br />

alle wahren Lhristen der Zugang zum Namen G ottes, w a s sie von<br />

Gott wissen, was sie anderen von Ihm weitersagen können, das ist in <strong>die</strong>sem<br />

Namen beschlossen. Aber auch alles, was sie zu Gott sagen können, alles, was<br />

sie bei Ihm einklagen, erbitten und erflehen, umfaßt den Namen Jesus. Denn<br />

in <strong>die</strong>sem Namen ist G ottes Offenbarung begriffen, w a s immer Gott<br />

von Sich Gelbst zu erkennen gibt, liegt in <strong>die</strong>sem Namen. Was Gott den<br />

Menschen an Gutem getan hat, tut und tun wird, das drückt <strong>die</strong>ser Name<br />

aus. Denn wo Er genannt wird, da wird zugleich erinnert an Sein liebcrciches<br />

Herz, an Sein Lrcuz, Seine Auferstehung und Himmelfahrt. Mit<br />

<strong>die</strong>sem allen bezeichnet und benennt Sich Gott, wenn Er uns sagen läßt, wir<br />

sollten Ihn beim Namen Jesus suchen und finden. Aber nun will Er auch, daß<br />

wir Ihm aus eigenster Erfahrung und im Bekenntnis des von Ihm erfahrenen<br />

Heils <strong>die</strong>sen Namen zurückgeben. Er will, daß wir Ihn ansprechen<br />

als den Vater unseres Herrn Jesus Lhristus, der uns in Seinem Sohne frei<br />

und selig gemacht hat. Er will, daß wir es den Menschen weitersagen: Gott<br />

ist in Jesus der Heiland aller unsrer Nöte und Sünden!<br />

<strong>Das</strong> ist <strong>die</strong> Art, wie man den Namen Gottes nützlich führt: Ihn als Heiland<br />

anrufen, Ihm als Heiland danken, Ihn als Hnland loben und preisen<br />

vor den Menschen, w o das nicht geschieht, da wird Gottes Name mißbraucht,<br />

da folgen Seine Strafen: Verblendung, Lüge, Mißtrauen untereinander,<br />

Blindheit der Erkenntnis, Verzweiflung und verlorenheit. w er aber das<br />

zweite Gebot erfüllt, Gott als Heiland anruft und bekennt, soll auch unter<br />

Gottes Segen sich <strong>die</strong>ses und jenes Lebens freuen dürfen.<br />

<strong>Das</strong> zweite Gebot<br />

Du sollst den Namen des Herrn deines G ottes nicht »»nützlich führen,<br />

denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen,<br />

der Seinen Namen mißbraucht.


irs<br />

Woche des ). Sonntags nach Epiphanias<br />

Was ist das?<br />

w ir sollen G ott <strong>für</strong>chten und lieben, daß w ir bei Seinem Namen<br />

nicht fluchen, schwören, zaubern, lüge» oder trügen, sondern denselben<br />

in allen Nöten anrufen, beten, loben und danken.<br />

-ch<br />

M ontag nach dem ersten Sonntag nach Epiphanias<br />

l. Dies ist der Anfang des Evangeliums<br />

von Jesus Lhristus, dem Sohn<br />

Gottes,<br />

r. wie geschrieben steht in den Propheten:<br />

„Siehe, Ich sende Meinen<br />

Engel vor Dir her, der da bereite Deinen<br />

w eg vor dir."<br />

3. „Es ist eine Stimme eines Predigers<br />

in der wüste: Bereitet den<br />

w eg des Herrn, machet Seine Steige<br />

richtig!"<br />

4- Iohannes, der war in der Wüste,<br />

taufte und predigte von der Taufe der<br />

Buße zur Vergebung der Sünden.<br />

S. Und es ging zu ihm hinaus das<br />

ganze jüdische Land und <strong>die</strong> von Jerusalem<br />

und ließen sich alle von ihm<br />

taufen im Jordan und bekannten ihre<br />

Sünden.<br />

S. Johannes aber war bekleidet mit<br />

Kamelhaaren und mit einem ledernen<br />

Gürtel um seine Lenden, und aß Heuschrecken<br />

und wilden Honig;<br />

7- und predigte und sprach: Es<br />

kommt einer nach mir, der ist stärker<br />

denn ich, dem ich nicht genugsam bin,<br />

daß ich mich vor Ihm bücke und <strong>die</strong><br />

Riemen Seiner Schuhe auflöse,<br />

r. Ich taufe euch mit Wasser; aber Er<br />

wird euch mit dem Heiligen Geist taufen,<br />

g. Und es begab sich zu derselbigen<br />

Zeit, daß Jesus aus Galiläa von Nazarcth<br />

kam, und ließ Sich taufen von<br />

Johannes im Jordan.<br />

?o. Und alsbald stieg Er aus dem<br />

Wasser und sah, daß sich der Himmel<br />

auftat, und den Geist gleich wie eine<br />

Taube Herabkommen auf Ihn.<br />

i ;. Und da geschah eine Stimme vom<br />

Himmel: Du bist Mein lieber Sohn,<br />

an dem Ich Wohlgefallen habe.<br />

Mark. ,, j?<br />

Die Epiphaniaszelt redet zu uns von der Herrlichkeit Gottes, <strong>die</strong> sich<br />

unter uns verklären will. Diese Herrlichkeit Gottes aber ist <strong>für</strong> uns<br />

gottentfrcmdete Menschen allein anschaubar in der Herrlichkeit Lhristi,<br />

in den Gott <strong>die</strong> ganze Fülle Seines Wesens gelegt hat. Bei jener Taufe<br />

Jesu im Iordanfluß hat Iesus <strong>die</strong> Bestätigung vom Vater empfangen,<br />

daß auf Ihm G o tte s W o h lg efallen und Vollmacht ruht. Die<br />

Taufe Iesu ist aber zugleich auch tiefste E rn ie d rig u n g . Nun wird<br />

der reine Gottessohn ganz eins mit der sündigen Menschheit und bekommt<br />

ihre Last zu tragen. Aber gerade als der Demütige ist E r stärker<br />

als alle Seine prophetischen Vorläufer. <strong>Das</strong> Wunder der Vergebung,<br />

auf das Johannes der Täufer mit heiligem Ernst hinweist, hat in<br />

Lhristus <strong>für</strong> jedes bußfertige Menschenherz seine Erfüllung gefunden.<br />

Die andere Lesung: Johannes ;, rg—34.


Woche des Sonntags »ach Epiphanias Ng<br />

D ienstag nach dem ersten Sonntag nach Epiphanias<br />

;r. Und alsbald trieb Ihn der Geist wortet war, kam Iesus nach Galiläa<br />

in <strong>die</strong> wüste;<br />

und predigte das Evangelium vom<br />

?3. und Er war allda in der Wüste Reich Gottes<br />

vierzig Tage und ward versucht von ;s. und sprach: Die Zeit ist erfüllet,<br />

dem Satan und war bei den Tieren, und das Reich Gottes ist herbeigekommen.<br />

Tut Buße und glaubt an das<br />

und <strong>die</strong> Engel <strong>die</strong>nten Ihm.<br />

14. Nachdem aber Johannes überant­<br />

Evangelium! Mark. -, ) r—, 5<br />

Nach dem Zeugnis der Heiligen Schrift herrscht in <strong>die</strong>ser W elt eine<br />

widergöttliche Macht, <strong>die</strong> Gottes Reich und Herrschaft nicht zum<br />

Sieg kommen lassen will. Auch Iesus wird von <strong>die</strong>ser satanischen<br />

Macht versucht, aber sie gewinnt keinen Raum in Seinem Herzen.<br />

Darum ehren Gottes starke Engel den Sieger über den Teufel, lind<br />

auch <strong>die</strong> stumme Lreatur erkennt dankbar in Iesus ihren Heiland. Nun,<br />

nachdem <strong>die</strong>se erste Schlacht geschlagen und gewonnen ist, soll alles<br />

Volk erfahren, daß eine neue G o tte s stunde angebrochen ist. Gottes<br />

Reich und Herrschaft ist mitten unter uns herrliche Gegenwart geworden.<br />

Da gilt es, sich abzuwenden von allem alten Wesen, von allem<br />

verkehrten Sinnen und Trachten und der Freudenbotschaft des W eltheilandes<br />

ein gläubiges Vertrauen zu schenken.<br />

Die andere Lesung: Matthäus 4, —-7.<br />

Mittwoch nach dem ersten Sonntag nach Epiphanias<br />

35. Des andern Tages stand abermals blieben dcnselligen Tag bei Ihm. Es<br />

Johannes und zwren seiner Jünger, war aber um dir zehnte Stunde.<br />

sö. Und als er sah Jesum wandeln, 40. Einer aus den zween, <strong>die</strong> von Johannes<br />

hörten und Jesu nachfolgten,<br />

sprach er: Siehe, das ist Gottes<br />

Lamm!<br />

war Andreas, der Bruder des Simon<br />

37. Und <strong>die</strong> zween Jünger hörten ihn Petrus.<br />

reden und folgten Jesu nach.<br />

4 i - Der findet am ersten seinen Bruder<br />

3 8. Jesus aber wandte Sich um und Simon und spricht zu ihm: w ir haben<br />

den Messias gefunden (welches ist<br />

sah sie nachfolgen und sprach zu ihnen:<br />

w a s suchet ihr? Sie aber sprachen zu verdolmetscht: der Gesalbte),<br />

ihm: Rabbi (das ist verdolmetscht: 42. und führte ihn zu Jesu. Da ihn<br />

Meister), wo bist Du zur Herberge? Iesus sah, sprach Er: Du bist Simon,<br />

3 g. Er sprach zu ihnen: Lommt und Jonas' Sshn; du sollst Lephas heißen<br />

(das wird verdolmetscht: ein F:ls>.<br />

sehet's! Sie kamen und sahen's und<br />

Joh. ,, ss—42<br />

Icsus will Seine Herrlichkeit nicht <strong>für</strong> Sich allein haben. E r nimmt<br />

<strong>die</strong> auf in Seine Gemeinschaft, <strong>die</strong> nach Ihm fragen und zu Ihm kom-<br />

» Oas Lirchenbuch


-so<br />

Woche des<br />

Sonntags nach Epiphanias<br />

men. E r hat <strong>für</strong> jeden ein persönliches W o rt und einen persö n ­<br />

lichen A u ftra g , w en n Menschen den w e g zu Lhristus wirklich<br />

gefunden haben, dann treibt es sie, auch andere Menschen in ihrer Umgebung<br />

auf den Gesandten Gottes hinzuweisen und zu Ihm hinzuführen.<br />

8rciilich das W ort des Täufers darf bei der Werbung <strong>für</strong> Lhristus<br />

niemals unterschlagen werden: Der, der alle Herrlichkeit Gottes<br />

bei Sich hat, ist gleichzeitig der von der W elt verachtete und v erworfene.<br />

E r ist der gekreuzigte Heiland, der <strong>die</strong> Last der Weltschuld<br />

getragen hat und uns in Seine Lrcuzesgcmeinschaft hineinzieht.<br />

Die andere Lesung: j. Johannes 4, tz—zö a.<br />

Donnerstag nach dem ersten Sonntag nach Epiphanias<br />

z s. Einen Propheten wie mich wird ren wird, <strong>die</strong> er in Meinem Namen reden<br />

wird, von dem will Ick>'s fordern,<br />

der Herr, dein Gott, dir erwecken aus<br />

dir und aus deinen Brudern; dem ro. Doch wenn ein Prophet vermessen<br />

ist, zu reden in Meinem Namen,<br />

sollt ihr gehorchen.<br />

z tz. Wie du denn von dem Herrn, deinem<br />

Gott, gebeten hast am Horeb am reden, und wenn einer redet in dem<br />

was Ich ihn, nicht geboten habe zu<br />

Tage der Versammlung und sprachst: Namen anderer Götter, derselbe Prophet<br />

soll sterben.<br />

Ich will hinfort nicht mehr hören <strong>die</strong><br />

Stimme des Herrn, meines Gottes, r;. Gb du aber in deinem Herzen sagen<br />

würdest: w ie kann ich merken,<br />

und das große 8eucr nicht mehr sehen,<br />

daß ich nicht sterbe.<br />

welches Wort der Herr nicht geredet<br />

17. Und der Herr sprach zu mir: Sie hat)<br />

haben wohl geredet,<br />

rr. wenn der Prophet redet i» dem<br />

zz. Ich will ihnen einen Propheten, Namen des Herrn, und es wird nichts<br />

wie du bist, erwecken aus ihren Brü- daraus und es kommt nicht, das ist<br />

dern und Meine Worte in seinen das Wort, das der Herr nicht geredet<br />

Mund geben; der soll zu ihnen reden hat; der Prophet hat's aus vcrmcsscnalles,<br />

was Ich ihm gebieten werde, hcit geredet, darum scheue dich nicht<br />

i g. Und wer Meine Worte nicht hö­<br />

vor ihm. s. Mos. —rr<br />

Hier wird dem Volk der große Prophet verheißen, w ie Mosc im<br />

Namen Gottes geredet hat, als Gott durch ihn Sein Gesetz verkünden<br />

ließ, soll auch E r im Namen Gottes ein neues W ort reden. E r<br />

soll in menschlicher Gestalt als ein Bruder vor uns stehen. Und doch<br />

will Gott Selber aus Ihm zu uns reden und Gehorsam von uns fordern.<br />

w i r Menschen können nicht im Namen Gottes zueinander reden,<br />

w o es geschieht, kann es nur unter B e ru fu n g au f G o tte s geo<br />

ffen b artes W o r t geschehen, w e r es sich anmaßt, ohne solche Berufung<br />

auf Gottes W ort im Namen Gottes zu reden oder im Namen


Woche des<br />

Sonntags nach Epiphanias<br />

anderer Götter Gehorsam zu fordern, wird von Gott Selbst zunichte<br />

gemacht. Solches W ort hat keine Gewalt. <strong>Das</strong> Äennzeichcn des w o r ­<br />

tes Gottes aber ist <strong>die</strong> von ihm ausgehende Gewalt. E s erfüllt, was<br />

es verspricht.<br />

Die andere Lesung: Matthäus 4, —rs.<br />

8 reitag nach dem ersten<br />

43. Des andern Tages wollte Iesus<br />

wieder nach Galiläa ziehen und findet<br />

Philippus und spricht zu ihm: Folge<br />

Mir nach!<br />

4 4- Philippus aber war von Bcthsaida,<br />

aus der Stadt des Andreas und Petrus.<br />

4S. Philippus findet Nathanacl und<br />

spricht zu ihm: w ir haben Den gefunden,<br />

von welchem Mosc im Gesetz<br />

und <strong>die</strong> Propheten geschrieben haben,<br />

Iesum, Ioscphs Sohn von Nazarcth.<br />

4S. Und Nathanacl sprach zu ihm:<br />

w a s kann von Nazarcth Gutes kommen?<br />

Philippus spricht zu ihm: Lomm<br />

und sich es!<br />

4 7- Iesus sah Nathanacl zu Sich kommen<br />

und spricht von ihm: Stehe, ein<br />

rechter Isracliter, in welchem kein<br />

Falsch ist.<br />

Sonntag nach Epiphanias<br />

4b. Nathanacl spricht zu Ihm: w o ­<br />

her kennst Du mich? Iesus antwortete<br />

und sprach zu ihm: Ehe denn dir<br />

Philippus rief, da du unter dem Feigenbaum<br />

warst, sah Ich dich.<br />

4g. Nathanacl antwortete und spricht<br />

zu Ihm: Rabbi, Du bist Gottes Sohn,<br />

Du bist der Lönig von Israel l<br />

so. Iesus antwortete und sprach zu<br />

ihm: Du glaubst, weil Ich dir gesagt<br />

habe, daß Ich dich gesehen habe unter<br />

dem Feigenbaum; du wirst noch Größeres<br />

denn das sehen.<br />

5). Und spricht zu ihm: wahrlich,<br />

wahrlich Ich sage euch: von nun an<br />

werdet ihr den Himmel offen sehen,<br />

und <strong>die</strong> Engel Gottes hinauf und<br />

herab fahren auf des Menschen Sohn.<br />

Ioh. ,, 4 2—s?<br />

Im heutigen Schriftabschnitt haben w ir ein lebendiges Beispiel da<strong>für</strong>,<br />

wie es zugeht, daß ein Mensch den w e g zu C hristus findet. Auch in<br />

unserm Leben fü h rt <strong>die</strong>ser w e g oft durch das H in d ern isfeld des<br />

Z w e ifels, w a s kann aus Nazarcth Gutes kommen? Aus einer<br />

S tadt im sogenannten Heidcngau, so hieß es damals bei Nathanacl.<br />

Zu anderen Zeiten heißt es ähnlich. Aber dann kann es geschehen, daß<br />

es auch uns wie jenem Gottsucher geht. Iesus hat ihn damals still<br />

beobachtet in einer heimlichen Stunde seines Lebens, seines Rämpfens<br />

und Sehnens. Diese tiefste Not des Herzens rührt Icsus an, und der<br />

Mensch, der Ahn richten und beurteilen wollte, sieht sich mit einem<br />

M al von Ihm gerichtet und beurteilt. Zuletzt ist nicht entscheidend,<br />

was w ir über Icsus denken, sondern was Iesus über uns denkt.<br />

Die andere Lesung: Hebräer r, -4—is.


;sr Woche des Sonntags nach Epiphanias<br />

Sonnabend nach dem ersten Sonntag nach Epiphanias<br />

rz. Und sie gingen gen Lapcrnaum; rs. Und Iesus bedrohte ihn und<br />

und alsbald am Sabbat ging Er in sprach: verstumme und fahre aus von<br />

<strong>die</strong> Schule und lehrte,<br />

ihm!<br />

rr. Und sie entsetzten sich über Seiner rb. Und der unsaubere Geist riß ihn<br />

Lehre; denn Er lehrte gewaltiglich und schrie laut und fuhr aus von ihm.<br />

und nicht wie <strong>die</strong> Schriftgelchrten. 27. Und sie entsetzten sich alle, also<br />

L3. Und es war in ihrer Schule ein daß sie untereinander sich befragten<br />

Mensch, besessen mit einem unsauber» und sprachen: Was ist das) w a s ist<br />

Geist; der schrie<br />

das <strong>für</strong> eine neue Lehre) Er gebietet<br />

!4. und sprach: Halt, was haben wir mit Gewalt den unsaubern Geistern,<br />

mit Dir ;u schaffen, Iesus von Nazarcth)<br />

Du bist gekommen, uns zu ver­<br />

rr. Und Sein Gerücht erscholl als­<br />

und sie gehorchen Ihm.<br />

derben. Ich weiß, wer Du bist: der bald umher in das galiläische Land.<br />

Heilige Gottes.<br />

Mark. ;, rz—r»<br />

Iesus geht mit Seinen Iüngern in eine kleine S tadt am See Genezareth,<br />

nach Aapcrnaum. w a s hier geschieht, ist zunächst nichts Ungewöhnliches.<br />

E s ist Sabbat. Icsus geht in <strong>die</strong> Schule und lehrt. <strong>Das</strong><br />

taten <strong>die</strong> Schriftgelchrten ebenso, und dergleichen fiel niemand auf.<br />

Aber hier heißt es: „Sie entsetzten sich über Seine Lehre". Die Menschen<br />

geraten außer sich. w a ru m ) w eil <strong>die</strong>se Lehre „Gewalt" hat,<br />

anders als das Reden der Menschen. Hier wird im Namen Gottes geredet!<br />

D as ist <strong>die</strong> Gewalt der Lehre Icsu. w o so geredet wird, da ist<br />

das W ort ein scharfes, zweischneidiges Schwert, das in <strong>die</strong> Seele<br />

dringt. Aber zugleich zeigt sich <strong>die</strong> Gewalt <strong>die</strong>ses W ortes darin, daß<br />

es Rrankc heilen, Tote aufcrwccken und Sünder erlösen kann. Diese<br />

G e w a lt lieg t im E v an g e liu m beschlossen. Die bösen Geister<br />

erkennen <strong>die</strong>se Gewalt und müssen ihr weichen.<br />

Die andere Lesung: Lukas z o, rz—24.<br />

-r-<br />

D ie Länge der Epiphaniaszeit<br />

ist in jedem Iahre verschieden, je nach dem, ob das Osterfest auf einen frühen<br />

oder späten Termin fällt. Ostern ist ein bewegliches Ast- Die Christenheit feiert<br />

es seit dem r. Iahrhundert einheitlich am >. Sonntag nach dem j. Vollmond<br />

nach 8rühlingsanfang.<br />

Ie nach der Lage des Osterfestes fallen nun ein bis vier Lpiphaniassonntage aus.<br />

Beim Ausfall nur eines Sonntagcs fällt zuerst der s. Sonntag nach Epiphanias<br />

fort, beim Ausfall zweier Sonntage fallen der s. und der 4. Sonntag nach<br />

Epiphanias fort, beim Ausfall dreier Sonntage zu dem s. und 4. der s. Sonntag<br />

nach Lpihanias, beim Ausfall von vier Sonntagen auch der r. Sonntag.<br />

Der 1. und der letzte Sonntag nach Epiphanias werden imnier gefeiert.


. Sonntag nach Epiphanias >33<br />

Zweiter Sonntag nach Epiphanias<br />

D a s Gesetz ist durch M ose gegeben, <strong>die</strong> Gnade und W ahrheit ist<br />

durch Ic su s Lhristus geworden. Johannes >, ,7<br />

>. Und am dritten Tage ward eine<br />

Hochzeit zu Lana in Galiläa; und <strong>die</strong><br />

Mutter Jesu war da.<br />

r. Jesus aber und Seine Jünger wurden<br />

auch auf <strong>die</strong> Hochzeit geladen.<br />

3. Und da es an wein gebrach, spricht<br />

<strong>die</strong> Mutter Jesu zu Ihm: Sie haben<br />

nicht wein.<br />

4. Jesus spricht zu ihr: Weib, was<br />

habe Ich mit dir zu schaffen? Meine<br />

Stunde ist noch nicht gekommen.<br />

5. Seine Mutter spricht zu den Dienern:<br />

w a s Er euch sagt, das tut.<br />

b. Es waren aber allda sechs steinerne<br />

Wasferkrüge gesetzt nach der weise<br />

der jüdischen Reinigung, und ging in<br />

je einen zwei oder drei Maß.<br />

7. Jesus spricht zu ihnen: Füllet <strong>die</strong><br />

wasferkrüge mit Wasser! Und sie<br />

füllten sie bis obenan.<br />

D a s Evangelium<br />

S. Und Er spricht zu ihnen: Schöpfet<br />

nun und bringet'« dem Speisemeister!<br />

Und sie brachten's.<br />

g. Als aber der Speisemcister kostete<br />

den wein, der Wasser gewesen war,<br />

und wußte nicht, von wannen er kam<br />

(<strong>die</strong> Diener aber wußten'«, <strong>die</strong> das<br />

Wasser geschöpft hatten), ruft der<br />

Spcisemeister den Bräutigam<br />

;o. und spricht zu ihm: Jedermann<br />

gibt zum ersten guten wein, und<br />

wen» sie trunken geworden sind, alsdann<br />

den geringeren; du hast den guten<br />

wein bisher behalten.<br />

<strong>Das</strong> ist das erste Zeichen, das Jesus<br />

tat, geschehen zu Lana in Galiläa,<br />

und offenbarte Seine Herrlichkeit.<br />

Und Seine Jünger glaubten an Ihn.<br />

Ioh. r,<br />

<strong>Das</strong> Erste, was der Evangelist Johannes von der Tätigkeit Jesu erzählt,<br />

ist <strong>die</strong>s Hochzeitswunder von Lana. E r sagt, damit habe <strong>die</strong><br />

Wundertätigkeit Jesu begonnen, und das sei der Grund da<strong>für</strong> gewesen,<br />

daß Seine Jünger an Ih n glaubten. Daß sie an Ih n glaubten,<br />

heißt, daß sie in Ahm <strong>die</strong> Herrlichkeit des Sohnes Gottes erkannten.<br />

Denn alle liVundcr, <strong>die</strong> Acsus getan hat, sind Zeichen. Sie geschehen<br />

nie um ihrer selbst willen, sie geschehen auch nicht nur, um den Menschen<br />

zu helfen — dann hätte Icsus wohl noch viel mehr Wunder tun<br />

müssen, als E r getan hat —, sondern sie geschehen, um wie mit einem<br />

Singer darauf hinzuweisen, daß der, der sie tut, Gottes Sohn ist. In<br />

ihnen strahlt <strong>die</strong> Herrlichkeit des allmächtigen Gottes auf, so wie ein<br />

Sonnenstrahl durch den dichten Nebel leuchtet.<br />

Einige sagen, <strong>die</strong> Zeitgenossen Icsu hätten es leichter gehabt, an Icsus<br />

zu glauben, als wir, weil sie Seine Wunder sahen und Ih n Selber<br />

hörten. Aber das trifft nicht zu, sie hatten nur andere Schwierigkeiten.


,34 Woche des r. Sonntags nach Epiphanias<br />

Erscheint uns der Herr zu fern, so war E r ihnen zu nah. Sie kannten<br />

Seine Mutter, Seine Verwandten und Bekannten. Sie waren mit<br />

Ih m auf einer Hochzeit, und bei <strong>die</strong>ser Hochzeit ging es zu, wie bei andern<br />

Hochzeiten auch. Iesus ist fröhlich gewesen mit den Fröhlichen,<br />

scheinbar ein Mensch wie alle andern. Aber dann geschieht das w u n ­<br />

der. Inwiefern ist es ein Zeichen, das auf <strong>die</strong> Herrlichkeit des Gottessohnes<br />

hinweist)<br />

w i r befinden uns auf einer Hochzeit. E s ist zunächst eine Hochzeit wie<br />

alle andern auch. Aber als das Wunder geschieht, da ist Icsus der<br />

Gastgeber, der den Gästen den w ein spendet. Ist E r dann nicht auch<br />

der Bräutigam, der zur Hochzeit eingeladen hat, und ist <strong>die</strong> Hochzeit,<br />

<strong>die</strong> hier gefeiert wird, nicht ein Sinnbild der Hochzeit, <strong>die</strong> Iesus meint,<br />

wenn E r an anderer Stelle sagt: „ w ie können <strong>die</strong> Hochzcitleute Leid<br />

tragen, solange der Bräutigam bei ihnen ist) E s wird aber <strong>die</strong> Zeit<br />

kommen, daß der Bräutigam von ihnen genommen wird, dann werden<br />

sie fasten". S o verstanden wird das Wunder auf der Hochzeit zu<br />

Lana ein messianisches Zeichen. „<strong>Das</strong> Himmelreich ist gleich einem<br />

Äönige, der seinem Sohne Hochzeit machte" —>.<br />

Nachdem das Wunder geschehen ist, erzählt der Evangelist nur von<br />

den Iüngcrn Icsu, daß sie an Ih n glaubten. Haben sie allein begriffen,<br />

daß es nicht eine irdische Hochzeit war, auf <strong>die</strong> sie geladen waren)<br />

w urden sie allein berufen, mit Lhristus das B rot und den w ein<br />

des Neuen Bundes zu essen und zu trinken) Nein! Auch das Abendmahl<br />

ist ein Freuden- und Hochzcitsmahl.<br />

7. Hat jemand Weissagung, so sei sie<br />

dem Glauben gemäß. Hat jemand ein<br />

Amt, so warte er des Amts. Lehret<br />

jemand, so warte er der Lehre,<br />

r. Ermähnet jemand, so warte er des<br />

Ermahncns. Gibt jemand, so gebe er<br />

einfältig. Regieret jemand, so sei er<br />

sorgfältig. Übet jemand Barmherzigkeit,<br />

so tue cr's mit Luft.<br />

g. Die Liebe sei nicht falsch. Hasset das<br />

Arge, hanget dem Guten an.<br />

z o. Die brüderliche Liebe untereinander<br />

sei herzlich. Einer komme dem andern<br />

mit Ehrerbietung zuvor.<br />

1j. Seid nicht träge in dem, was ihr<br />

D ie Epistel<br />

tun sollt. Seid brünstig im Geiste.<br />

Schicket euch in <strong>die</strong> Zeit.<br />

jr. Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig<br />

in Trübsal, haltet an am<br />

Gebet.<br />

-z. Nehmet euch der Heiligen Notdurft<br />

an. Hcrbcrgct gerne.<br />

14. Segnet, <strong>die</strong> euch verfolgen; segnet,<br />

und fluchet nicht,<br />

zs. Freuet euch mit den Fröhlichen,<br />

und weinet mit den weinenden.<br />

;S. Habt einerlei Sinn untereinander.<br />

Trachtet nicht nach hohen Dingen,<br />

sondern haltet euch herunter zu den<br />

Niedrigen. Röm. ;r, 7—sb


. Sonntag nach Epiphanias ?ss<br />

Lhristus heiligt unser Leben. E r tut es dadurch, daß E r sowohl dem<br />

Einzelnen wie der <strong>Gemeinde</strong> besondere Gaben gibt.<br />

Unter den Gaben, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Einzelnen erhalten, wird an erster Stelle genannt<br />

<strong>die</strong> Verkündigung des W ortes Gottes. <strong>Das</strong> ist gemeint, wenn<br />

im Neuen Testament, wie auch an <strong>die</strong>ser Stelle, von Weissagung, d. l.<br />

Prophctie, <strong>die</strong> Rede ist. Alle .echte Prophetie ist Sinndeutung des<br />

menschlichen Lebens auf Grund des W ortes Gottes, Ankündigung der<br />

Strafe Gottes <strong>für</strong> <strong>die</strong> Sünde und Verheißung der Güte Gottes <strong>für</strong><br />

alle, <strong>die</strong> ihre Sünde erkennen und bereuen, w e r <strong>die</strong>se Gabe hat, dem<br />

sage der Apostel, er solle sie in Übereinstimmung mit dem Glauben<br />

ausüben, also nicht seine eigenen Gedanken vortragen, sondern sich an<br />

Gottes W ort hallen. Davon wird unterschieden das Amt der Lehre,<br />

wie es etwa <strong>die</strong> Professoren der Theologie — Professor heißt zu<br />

deutsch: Bckcnncr (des Glaubens) — an den Studenten oder <strong>die</strong> Lehrer<br />

an ihren Schülern ausüben. Auch <strong>die</strong>s ist eine besondere Gnadcngabe.<br />

Danach spricht der Apostel vom Am t der S eelso rg e. <strong>Das</strong> ist eine<br />

eigene Gnadcngabe, <strong>die</strong> nicht allen gegeben ist. Denn nicht alle verstehen<br />

es, ihren Brudern und Schwestern ermahnend und tröstend „zuzusprechen".<br />

w e r <strong>die</strong>s Amt recht ausüben will, muß viel Geduld,<br />

Liebe und Zeit haben, wieder ein anderes Amt ist das der Liebes<strong>die</strong>nste,<br />

vom Griechischen her D iakonie genannt. I n <strong>die</strong>sem Amt<br />

sind alle. <strong>die</strong> in Arankenhäusern oder als Gemeindchclfer pflegerisch<br />

tätig sind, bis zu denen, <strong>die</strong> nur mithelfen, christliche Schriften weiterzureichen,<br />

Liebesgaben zu sammeln, Alten und Aranken vorzulesen oder<br />

was es sonst sein mag. <strong>Das</strong> alles ist auch wichtig. Schließlich wird<br />

das Amt der Ä irchcnleitung genannt. Davon wird gesagt, daß es<br />

mir Eifer zu geschehen habe. <strong>Das</strong> heißt nicht, daß man <strong>die</strong>ses Amt besonders<br />

eifrig begehren solle. Im Gegenteil: E s ist eine Gnadcngabe<br />

genau so wie <strong>die</strong> andern, und nicht alle sind dazu geschickt. Die es aber<br />

haben, sollen sorgfältig und eifrig achtgeben, daß in der Airche G ottes<br />

W ort recht gelehrt und <strong>die</strong> Sakramente recht verwaltet werden.<br />

Dann kommen <strong>die</strong> Gaben, <strong>die</strong> allen Gemeindcgliedern gegeben werden.<br />

Voran <strong>die</strong> christliche B arm h erzig k eit, w enn jemand etwas verschenkt,<br />

so soll er dabei keine Hintergedanken haben, nicht viel darüber<br />

reden, keinen Dank erwarten, nicht rechnen, wie viel es gewesen ist,<br />

sonderri an den denken, der es braucht und an nichts weiter. Auch soll er's<br />

gern tun in aufrichtiger Hreude darüber, daß er helfen kann und darf.<br />

Dann kommt <strong>die</strong> brüderliche und schwesterliche Liebe untereinander.


,3S<br />

Woche des r. Sonntags nach Epiphanias<br />

Sie soll herzlich sein. w ie der Mund spricht, soll das Herz empfinden<br />

und denken, w i r sollen einander auch nicht fühlen lassen, daß w ir uns<br />

mehr dünken als <strong>die</strong> andern, wie das Menschen sonst zu tun pflegen.<br />

Ein jeder s oll dem andern <strong>die</strong> Ehre antun, <strong>die</strong> ihm gebührt, der Iunge<br />

dem Alten, der Reiche dem, der sich mühselig plagen muß, der Gebildete<br />

dem einfachen Mann und der einfachen Frau. Der Apostel<br />

warnt uns vor Verdrießlichkeit und fordert zu dankbarer Fröhlichkeit<br />

auf. E r ermähnt uns, dahin zu gehen, wo der Geist Gottes wehr,<br />

eifrig und regelmäßig (ohne Unterlaß) zu beten, <strong>die</strong> Hoffnung auf das<br />

ewige Leben immer vor Augen und im Herzen zu haben, Lhristus gehorsam<br />

zu sein und Geduld zu üben, wenn schlimme Tage kommen.<br />

S o wird unser Leben durch Lhristus geheiligt. E r lenkt unsere Gedanken<br />

in <strong>die</strong> rechte Richtung. <strong>Das</strong> Denken der Gottfernen geht andere<br />

Wege.<br />

D a s Lied der Woche<br />

Gottes Sohn ist kommen, uns allen zu Frommen<br />

<strong>Das</strong> Lied der Woche ist dem reichen Schatz des Gesangbuches der<br />

„Böhmischen Brüder" aus der Mitte des Reformationsjahrhunderts<br />

entnommen. E s ist eine gerade in ihrer Schlichtheit besonders eindringliche<br />

predigt vom Kommen des Erlösers, einst und immerdar (z). Er<br />

wird denen, <strong>die</strong> sich Seiner nicht schämen, ihre Sünden vergeben (r. s),<br />

sie durch Sein W ort und Sakrament aufrichten (4), echten Glauben<br />

mit Freude krönen (s. S), den Unglauben aber strafen (7), wenn Er<br />

kommt, zu richten <strong>die</strong> Lebendigen und <strong>die</strong> Toten (§). M it einem kindlich<br />

vertrauensvollen Gebet, daß der Herr Lhristus unserm Herzen das<br />

Rechte zuschicken möge (g), schließt das Lied.<br />

Sein: Melo<strong>die</strong> geht, wie <strong>die</strong> mancher anderer Lieder der Böhmischen<br />

Brüder, auf eine alte Vorlage eines mittelalterlichen lateinischen Liedes<br />

zurück. Die Herbheit solcher alten weisen pflegten <strong>die</strong> Böhmischen<br />

Brüder gern in sinnige Lieblichkeit abzuwandeln. S o ist es auch bei<br />

<strong>die</strong>sem Liede geschehen.<br />

D a s Gebet der Woche<br />

Barmherziger G ott, liebreicher Vater, der D u Deinen Sohn zu<br />

uns gesandt hast, daß E r uns Deine Liebe offenbare, wandle, wir<br />

bitte» Dich, unser sündhaftes Wesen und erfülle uns, <strong>die</strong> wir


Offenbarung<br />

,'3 7<br />

Äncchte des Gcsrtzcs waren, mit dem Geiste der Lindschaft, durch<br />

Deinen Sohn Jesum Christum, unsern Herrn. Amen.<br />

-4-<br />

Offenbarung*<br />

Denken wir uns einen Mann, der sich in den Äreuz- und Lluergängen eines<br />

Schachtes verirrt hat. Er weiß genau: Irgendwo ist «in Ausgang; irgendwo<br />

weicht <strong>die</strong> ihn umdrohcnde Dunkelheit dem strahlenden Lichte des Tages, das<br />

wie eine ganz ferne Dämmerung schon fetzt hier und da durch einen schmalen<br />

Spalt im Felsen fällt. Er sucht und sucht, den» er muß hier heraus, wenn er<br />

nicht verderben soll, das weiß er. Im Grunde seines Herzens weiß er aber auch<br />

das andere: Mit all seinem Suchen ist es eine sehr fragliche Sache; wenn freilich<br />

auf irgend eine weise das Licht zu ihm fände, wenn der Fels über ihm oder<br />

vor ihm durch irgendeine Gewalt zerschlagen würde, dann wäre er gerettet.<br />

Mit uns allen ist es so, wie mit <strong>die</strong>sem Manne, w ir suchen und suchen zwischen<br />

Himmel und Erde, zwischen wiege und Grab. Denn ein Ahnen ist in<br />

uns, das sagt: Es muß doch Einer sein, der Himmel und Erde Zusammenhalt<br />

und über Himmel und Erde ist; und es gibt auch <strong>für</strong> uns ein Schicksal, das<br />

sich erst jenseits des Grabes vollendet. Aber wo finden w ir <strong>die</strong>sen Einen?<br />

Und wie sieht <strong>die</strong>ses Schicksal aus? w ir suchen und suchen. Aber im Grunde<br />

unseres Herzens wissen auch wir, was <strong>die</strong> Heilige Schrift mit den Worten sagt:<br />

„wer von der Erde ist, der ist von der Erde und redet von der Erde"<br />


M<br />

W oche des r. S o n n ta g s nach E p ip h a n ia s<br />

Erkenntnis mag uns da wohl kommen. Aber wer Er ist, wie Er ist, wessen<br />

wir uns von Ihm zu versehen haben — das fragen wir vergeblich. Ist es<br />

nicht zuletzt eine unheimliche Macht, <strong>die</strong> alles Schöne und alles Gewaltige<br />

dem Untergänge preisgibt — <strong>die</strong> Blumen des Sommers so gut wie <strong>die</strong><br />

Sterne am Himmel, von denen schon mehr als einer erloschen) Ist <strong>die</strong>se<br />

unheimliche Macht im Grunde etwas anderes als der immer wiederkehrende<br />

Wechsel alles vergänglichen)<br />

Auf den Vorhang blicken alle, <strong>die</strong> da sagen: vertiefe dich in das Erbe, das mit<br />

dem Dlutstrom von deinen Ahnen z» dir kam, und sich hinein in den Lauf der<br />

Geschichte. Aus deines eigenen Wesens Tiefe und aus dem Schicksal der Völker<br />

hörst du das Reden Gottes, wiederum: daß ein Gott sei, das sagt niein<br />

Herz; das läßt auch der Völker Auf und Ab mich ahnen. Aber in wessen Herz<br />

redet Er recht) «Oder redet Er in jedem Herzen anders) Oder bei welchem<br />

Volke ist Er so, daß aus seinem Schicksal Ihn alle Völker erkennen können)<br />

Denn es ist doch nur ein Gott. Oder gibt es so viele Götter, wie es Götterbilder<br />

unter den Völkern gibt)<br />

Auf den Vorhang blicken — das führt nicht zum Ziel. vor der unergründlichen<br />

Majestät und Weisheit einer ewigen Macht erschauern — das heißt noch<br />

nicht: Gott erkennen; das heißt noch nicht: Ihn gefunden haben. <strong>Das</strong> heißt<br />

erst recht noch nicht: von Ihm gefunden sein. Wir mögen noch so andächtig,<br />

noch so überwältigt, noch so ehr<strong>für</strong>chtig vor dem Vorhang stehen, gar vor ihm<br />

anbetend niedersinken — was „dahinter" ist, bleibt uns dennoch verborgen;<br />

und alle solche Andacht ist nur Selbstbetrug; denn ihre Gebete nehmen Gott<br />

<strong>die</strong> Ehre, der nicht verwechselt werden will mit einem Seiner Werke — und<br />

wäre es das größte.<br />

w er Gott ist und was Er mir zugedacht hat — das sagen mir nicht <strong>die</strong><br />

blühenden Blumen und nicht <strong>die</strong> wandernden Stern«. Denn sie sind stumm;<br />

und ihre Schönheit vergeht.<br />

w er Gott ist und was Er mir zugedacht hat, das sagt mir nicht <strong>die</strong> Stimme<br />

meines B lutes und nicht das Erbe meiner Ahnen, das in <strong>die</strong>sem Blute lebt.<br />

Es müßte sonst in Gott der Unterschied von Gut und Böse ausgelöscht sein.<br />

denn es ist keineswegs alles gut, was <strong>die</strong> Stimme meines Blutes von mir will.<br />

w er Gott ist und was Er mir zugedacht hat — das kann mir kein Mensch<br />

sagen. Denn ob ich Ihn noch so hoch rühmen und ehre» müßte — Er wäre<br />

zuletzt doch meinesgleichen und zu gleichem Tode bestimmt wie ich.<br />

w er Gott ist und was Er mir zugedacht hat — das kann ich nicht heraushören<br />

aus der Geschichte meines Volkes, ob ich mich gleich im tiefsten mit ihm<br />

verbunden weiß. Denn Gott ist mehr und ist größer als alle Völker — oder<br />

Er wäre nicht Gott.<br />

w er Gott ist und was Er mir zugedacht hat — das kann nur Gott selbst<br />

mir sagen. Und Er hat es gesagt. Er hat „vor Zeiten manchmal und mancherlciwcise<br />

geredet durch <strong>die</strong> Propheten" (Hebr. ), j). Ihr Zeugnis haben wir


«Offenbarung<br />

in unserer Bibel und lassen uns von <strong>die</strong>sem Zeugnis immer neu weisen zu<br />

Dem, durch Den Gott „am letzten zu uns geredet hat" — zu dem Sohn. In<br />

Ihm, in Jesus Christus, ist das W ort G ottes leibhaftig geworden<br />

unter den Menschen. Denn:<br />

Im Anfang war das Wort,<br />

und das Wort war bei Gott,<br />

und Gott war das Wort.<br />

Iohanncs j, ;.<br />

Und das Wort ward Heisch und wohnctc unter uns.<br />

Iohanncs f, -4.<br />

w er Gott ist und was Er mir zugedacht dat — dessen kann nur einer mich<br />

gewiß machen: Iesus Christus, der Selbst von Gott kam, der nicht vor<br />

dem Vorhang zu stehen brauchte gleich uns. Der in <strong>die</strong> Welt kam, auf daß wir<br />

zu Gott kommen könnten. Der durch <strong>die</strong> Hölle der Versuchung und der Gottverlassenheit<br />

ging, auf daß wir Frieden finden könnten an Seinem ewigen<br />

Leben und nicht mehr zu bangen brauchten im Gedanken an das Schicksal, das<br />

jenseits des Grabes unser wartet.<br />

Lins nur ist not: daß wir es wagen auf Sein W ort:<br />

w er Mich siehet, der siebet den Vater.<br />

Iohanncs -4, g.<br />

-l-<br />

M ontag nach dem zweiten Sonntag nach Epiphanias<br />

-8. Und <strong>die</strong> Iünger des Iohanncs<br />

und der Pharisäer fasteten viel; und<br />

es kamen etliche, <strong>die</strong> sprachen zu Ihm:<br />

warum fasten <strong>die</strong> Iünger des Io ­<br />

hanncs und der Pharisäer, und Deine<br />

Iünger fasten nicht)<br />

lg. Und Iesus sprach zu ihnen: w ie<br />

können <strong>die</strong> Hochzcitlcutc fasten, <strong>die</strong>weil<br />

der Bräutigam bei ihnen ist) Alsolange<br />

der Bräutigam bei ihnen ist,<br />

können sie nicht fasten,<br />

ro. Ls wird aber <strong>die</strong> Zeit kommen,<br />

daß der Bräutigam von ihnen genommen<br />

wird; dann werden sie fasten,<br />

rz. Niemand flickt einen Lappen von<br />

neuem Tuch an ein alt Lleid; denn<br />

der neue Lappen reißt doch vom alten,<br />

und der Riß wird ärger,<br />

rr. Und niemand faßt Most in alte<br />

Schläuche; anders zerreißt der Most<br />

<strong>die</strong> Schläuche, und der wein wird<br />

verschüttet, und kie Schläuche kommen<br />

um. Sondern man soll Most in neue<br />

Schläuche fassen. Mark. r, ;8—rr<br />

Iesus wird von den Pharisäern zur Rede gestellt, weil Seine Iünger<br />

nicht fasten. Iesus gibt darauf eine Antwort, <strong>die</strong> in einzigartiger


140 Woche des r. Sonntags nach Epiphanias<br />

weise S ein e h o h citsv o llc S o n d erstellu n g und Sendung deutlich<br />

macht. E r ist der „Bräutigam", der Träger und Bringer einer<br />

großen Freudenzeit. S o lange E r da ist, ist kein Anlaß zum Trauern<br />

und Sauersehen. Erst wenn w ir Ih n verlieren, wenn E r einem ganzen<br />

Volk verlorengeht, dann ist allerdings Grund und Anlaß vorhanden,<br />

zu saften und sich hart und streng auf <strong>die</strong> Größe <strong>die</strong>ses Verlustes<br />

zu besinnen, w e il E r der neue Anfang ist, darum darf man Ih n nicht<br />

mit anderen vergangenen Größen zusammenstellen. E r muß das, was<br />

E r ist, in erhabener Vollmacht <strong>für</strong> Sich bleiben. Sonst rauben wir<br />

Ihm <strong>die</strong> Ehre und uns den vollen Segen, der von Ihm ausgeht.<br />

Die andere Lesung: i. Iohannes s, s—Z3.<br />

D ienstag nach dem zweiten Sonntag nach Epiphanias<br />

>. Und Er ging abermals in <strong>die</strong><br />

Schule. Und es war da ein Mensch,<br />

der hatte eine verdorrte Hand.<br />

r. Und sie hielten auf Ihn, ob Er<br />

auch am Sabbat ihn heilen würde,<br />

auf daß sie eine Sache wider Ihn<br />

hätten.<br />

3. Und Er sprach zu dem Menschen<br />

mit der verdorrten Hand: Tritt hervor!<br />

4. Und Er sprach zu ihnen: Soll man<br />

am Sabbat Gutes tun oder Böses<br />

tun, das Leben erhalten oder töten?<br />

Sie aber schwiegen still.<br />

S. Und Er sah sie umher an mit Zorn<br />

und ward betrübt über ihrem verstocktem<br />

Herze» und sprach zu dem Menschen:<br />

Strecke deine Hand aus! Und er<br />

streckte sie aus, und <strong>die</strong> Hand ward<br />

ihm gesund wie <strong>die</strong> andere,<br />

d. Und <strong>die</strong> Pharisäer gingen hinaus<br />

und hielten alsbald einen Rat mit des<br />

Herodes Dienern über Ihn, wie sie<br />

Ihn umbrächten. Mark. 3, )—b<br />

Iesus heilt am Sabbat einen Äranken und wird deswegen von den<br />

Pharisäern gehaßt und mit dem Tode bedroht. Für Ih n steht an oberster<br />

Stelle <strong>die</strong> Liebe zu dem leidenden B ru d e r. Iesus hat Gottes<br />

Gesetz gewiß nicht verachtet. Aber wo E r sieht, daß das Gesetz <strong>die</strong><br />

Herzen der Menschen verengt und verhärtet, so daß statt Liebe zu Gott<br />

und den Brudern Sclbftherrlichkeit und Selbstsucht am Werk sind, da<br />

setzt E r Sich in königlicher Freiheit über alle menschlichen Ansprüche<br />

hinweg und schafft Tatsachen, durch <strong>die</strong> der Sinn der -0 Gebote wieder<br />

herausgestellt wird: Du sollst lieben Gott deinen Herrn und deinen<br />

Nächsten als dich selbst. I n <strong>die</strong>sen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz.<br />

S o bricht Iesus den gesetzesstarren S inn pharisäisch gearteter<br />

Geister und erfüllt damit in W ahrheit das Gesetz und damit den<br />

Liebcswillcn Seines Vaters im Himmel.<br />

Die andere Lesung: s. Mose 33, z— 4; 3 r, 4 s—47.


Woche des r. Sonntags nach Epiphanias<br />

»4!<br />

Mittwoch nach dem zweiten Sonntag nach Epiphanias<br />

zz. Denn ihr seid nicht gekommen zu<br />

dem Berge, den man anrühren konnte<br />

und der mit Feuer brannte, noch zu dem<br />

Dunkel und Finsternis und Ungewitter.<br />

-g. noch zu dem Hall der posaun« und<br />

zur Stimme der Worte, da sich weigerten,<br />

<strong>die</strong> sie hörten, daß ihnen das<br />

Wort ja nicht gesagt würde;<br />

ro. denn sie mochtcn's nicht ertragen,<br />

was da gesagt ward: „Und wenn ein<br />

Tier den Berg anrührt, soll es gesteinigt<br />

oder mit einem Geschoß erschossen<br />

werden";<br />

rz. und also erschrecklich war das Gesicht,<br />

daß Mose sprach: Ich bin erschrocken<br />

und zittere.<br />

rr. Sondern ihr seid gekommen zu<br />

dem Berge Zion und zu der Stadt des<br />

lebendigen Gottes, dem himmlischen<br />

Jerusalem, und zu der Menge vieler<br />

tausend Engel<br />

rs. und zu der <strong>Gemeinde</strong> der Erstgebornen,<br />

<strong>die</strong> im Himmel angeschrieben<br />

sind, und zu Gott, dem Richter<br />

über alle, und zu den Geistern der<br />

vollendeten Gerechten,<br />

r4. und zu dem Mittler des neuen<br />

Testaments, Iesus, und zu dem Blut<br />

der Besprengung, das da besser redet<br />

denn Abels.<br />

rs. Sehet zu, daß ihr euch des nicht<br />

weigert, der da redet. Den» so jene<br />

nicht entflohen sind, <strong>die</strong> sich weigerten,<br />

da Er auf Erden redete, viel weniger<br />

wir, so wir uns des weigern,<br />

der vom Himmel redet;<br />

rb. welches Stimme zu der Zeit <strong>die</strong><br />

Erde bewegte, nun aber verheißt Er<br />

und spricht: „Noch einmal will Ich<br />

bewegen nicht allein <strong>die</strong> Erde, sondern<br />

auch den Himmel."<br />

r?. Aber solches „Noch einmal" zeigt<br />

an, daß das Bewegliche soll verwandelt<br />

werden, als das gemacht ist, auf<br />

daß da bleibe das Unbewegliche,<br />

rr. Darum, <strong>die</strong>weil wir empfangen<br />

ein unbeweglich Reich, haben wir<br />

Gnade, durch welche wir sollen Gott<br />

<strong>die</strong>nen, Ihm zu gefallen, mit Zucht<br />

und 8urcht;<br />

rg. denn unser Gott ist ein verzehrend<br />

8euer. Hebr. ;r, —rg<br />

w äre in Christus Gottes Herrlichkeit nicht zu uns gekommen, könnte<br />

keiner zu Gott kommen, ohne um der Sünde willen zu erschrecken und<br />

zu vergehen. S o mußte einst sterben, wer den Sinai, den Berg des<br />

Gesetzes, anrührte. Christus aber ist durch Sein B lut der Mittler<br />

zwischen Gott und den Menschen geworden. Durch Sein von der<br />

W elt vergossenes B lut werden wir nicht nur angeklagt, sondern erlöst.<br />

Um C hristi w illen dürfen w ir lebendig zu dem C>rt der Herrlichkeit<br />

Gottes kommen, wo <strong>die</strong> Gemeine aller Heiligen mit den E n­<br />

geln Gott in Ewigkeit preist, w e r Christus, der nun zur Rechten<br />

Gottes sitzt, nicht annehmen will, wird dem Tode nicht entfliehen.<br />

Hier ist Gottes allgewaltiges W ort, das Himmel und Erde neu<br />

schaffen wird. Darum sollen w ir Gott <strong>die</strong>nen mit Leib und Seele, in<br />

Zucht und Furcht. Denn Gott ist ein verzehrendes Feuer, das alle unsere<br />

Äräfte will.<br />

Die andere Lesung: Römer zs, r—;o.


,4r<br />

Woche -es r. Sonntags nach Epiphanias<br />

Donnerstag nach dem zweiten Sonntag nach Epiphanias<br />

d. Und ich hörte als eine Stimme<br />

einer großen Schar und als eine<br />

Stimme großer Wasser und als eine<br />

Stimme starker Donner, <strong>die</strong> sprachen:<br />

Hallcluja! denn der allmächtige Gott<br />

hat das Reich eingenommen.<br />

7. Lasset uns freuen und fröhlich sein<br />

und Ihm <strong>die</strong> Ehre geben! denn <strong>die</strong><br />

Hochzeit des Lammes ist gekommen,<br />

und Sein Weib hat sich bereitet.<br />

§. Und es ward ihr gegeben, sich anzutun<br />

mit reiner und schöner Leinwand.<br />

(Die köstliche Leinwand aber<br />

ist <strong>die</strong> Gerechtigkeit der Heiligen.)<br />

g- Und Er sprach zu mir: Schreibe:<br />

Selig sind, <strong>die</strong> zum Abendmahl des<br />

Lammes berufen sind. Und Er sprach<br />

zu mir: Dies sind wahrhaftige Worte<br />

Gottes.<br />

lo. Und ich fiel vor Ihn zu Seinen<br />

Füßen, Ihn anzubeten. Und Er sprach<br />

zu mir: Siehe zu, tu es nicht! Ich bin<br />

dein Milknecht und deiner Bruder, <strong>die</strong><br />

das Zeugnis Iesu haben. Bete Gott<br />

an! (<strong>Das</strong> Zeugnis aber Iesu ist der<br />

Geist der Weissagung.)<br />

Dffbg. -g, b—jo<br />

Gott wird einmal alles, was wider Ih n ist, niederwerfen und Sein<br />

jetzt noch verborgenes Reich sichtbar machen. Dann wird allem bösen<br />

Wesen und aller Not ein Ende gesetzt sein. <strong>Das</strong> wird ein Tag der<br />

Freude und der Fröhlichkeit sein, denn <strong>die</strong> Schöpfung ist dann zu ihrem<br />

Ziel gekommen, das Gott ihr von Ewigkeit her gesetzt hat. Die volle<br />

Vereinigung des Gottgesandten mit Seiner <strong>Gemeinde</strong> ist gekommen.<br />

Christus und <strong>die</strong> Kirche sind eins. Den Seinen wird E r das hochzeitliche<br />

Kleid schenken, S ein e R ein h eit zur Bedeckung unserer Unreinheit.<br />

w i r alle sind zur Tischgcmeinschaft mit Ihm durch <strong>die</strong> heilige<br />

Taufe und durch Gottes W ort berufen und werden darüber selig gepriesen.<br />

Diesem W orte glauben wir — es hat sich als wahrhaftiges<br />

W ort erwiesen. S o geben w ir Gott <strong>die</strong> Ehre, Ihm , den allein wir<br />

anbeten!<br />

Die andere Lesung: r. Mose ro, ?—r;.<br />

Freitag nach dem zweiten Sonntag nach Epiphanias<br />

>ö. Iohanncs zeugt von Ihm, ruft<br />

und spricht: Dieser war es, von Dem<br />

ich gesagt habe: Nach mir wird kommen,<br />

der vor mir gewesen ist; denn<br />

Er war eher denn ich.<br />

?b. Und von Seiner Fülle haben wir<br />

alle genommen Gnade um Gnade.<br />

-7. Denn das Gesetz ist durch Mose<br />

gegeben: <strong>die</strong> Gnade und Wahrheit ist<br />

durch Iesum Christum worden.<br />

14. Niemand hat Gott je gesehen: der<br />

cingebornc Sohn, der in des Vaters<br />

Schoß ist, der hat es uns verkündigt.<br />

Ioh. -s—<br />

Durch Iesus Christus werden <strong>für</strong> uns nicht einzelne Gedanken G ottes<br />

offenbar, C hristus b rin g t u n s <strong>die</strong> Fülle G o tte s . <strong>Das</strong> Gesetz,


Woche des r. Sonntags nach Epiphanias ?4S<br />

das Gott gab, hat seine große sittlich-erzieherische Bedeutung <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />

Menschheit gehabt. Diese Bedeutung hat es bis zur Stunde und <strong>für</strong><br />

alle Zeiten, solange Menschen aus <strong>die</strong>ser Erde wohnen. Aber das Gesetz<br />

kann das Mcnschenher; nicht getrost und nicht lebendig machen. <strong>Das</strong><br />

kann allein der lebendige Iesus Christus, der Gottes Leben an uns<br />

heranträgt und es uns zu eigen schenkt. Diese Gnade, <strong>die</strong> Christus<br />

bringt, ist so reich und groß, daß sie allen zu genügen vermag. Schon<br />

das Lind kann etwas davon erfassen, und wir Großen lernen nicht<br />

daran aus. Im Hcereszug Iesu Christi findet man Menschen aller<br />

Völker und Erdteile, aller Bildung und Begabung. Sie alle sind von<br />

Seiner Hülle überwältigt worden.<br />

Die andere Lesung: Matthäus s, l—>r.<br />

Sonnabend nach dem zweiten Sonntag nach Epiphanias<br />

5. Siehe, ich habe euch gelehrt Gebote nem Herzen kommen all dein Leben<br />

und Rechte, wie mir der Herr, mein lang. Und sollst deinen Lindern und<br />

Gott, geboten hat, daß ihr also tun Lindcskindern kundtun<br />

sollt in dem Lande, darein ihr kommen<br />

werdet, daß ihr's einnehmet, deinem Gott, standest an dem Berge<br />

z o. den Tag, da du vor dem Herrn,<br />

ö. So bchaltet's nun und tut es. Denn Horeb, da der Herr zu mir sagte:<br />

das wird eure Weisheit und Verstand<br />

sein bei allen Völkern, wenn sie Meine Worte hören und lernen Mich<br />

versammle Mir das Volk, daß sie<br />

hören werden alle <strong>die</strong>se Gebote, daß <strong>für</strong>chten alle ihre Lebtage auf Erden<br />

sie müssen sagen: Ei, welch weise und und lehren ihre Linder.<br />

verständige Leute sind das und ein 1 Und ihr tratet herzu, und stundet<br />

herrlich Volk!<br />

unten an dem Berge; der Berg<br />

7. Denn wo ist so ein herrlich Volk, brannte aber bis mitten an den Himmel,<br />

und war da Finsternis, Wolken<br />

zu dem Götter also nahe sich tun als<br />

der Herr, unser Gott, so oft wir Ihn und Dunkel.<br />

anrufen?<br />

zr. Und der Herr redete mit euch<br />

r. Und wo ist so ein herrlich Volk, mitten aus dem Feuer. Die Stimme<br />

das so gerechte Sitten und Gebote Seiner Worte hörtet ihr; aber keine<br />

habe wie all <strong>die</strong>s Gesetz, das ich euch Gestalt sahet ihr außer der Stimme,<br />

hcutigestages vorgelegt?<br />

zz. Und Er verkündigte euch Seinen<br />

g. Hüte dich nur und bewahre deine Bund, den Er euch gebot zu tun,<br />

Seele wohl, daß du nicht vergessest nämlich <strong>die</strong> zehn Worte, und schrieb<br />

der Geschichten, <strong>die</strong> deine Augen gesehen<br />

haben, und daß sie nicht aus dei­<br />

s. Mos. 4, S—<br />

sie auf zwo steinerne Tafeln.<br />

13<br />

w i r müssen tagtäglich handeln und Entscheidungen treffen. Dieses<br />

tägliche H andeln aber bereitet uns oft g oßt Not. w i r wissen nicht,<br />

was wir tun sollen, ob wir zur Rechten oder zur Linken gehen sollen.


!44 Woche des r. Sonntags nach Epiphanias<br />

Angesichts <strong>die</strong>ser Unsicherheit im Blick auf das sittliche Handeln, das<br />

oft in Willkür ausartet, ist es eine freundliche Hilfe Gottes, daß Er<br />

uns in den ;o Geboten S ein en w ille n kundgetan hat. Durch das<br />

Gesetz nimmt uns Gott an der Hand und führt unser Leben auf der<br />

rechten Straße. Auch wir Christen sind an <strong>die</strong> heiligen ?o Gebote gebunden,<br />

<strong>die</strong> Gott damals kundtat. Sie zeigen uns, wie Gott zu uns<br />

und wie w ir zu Gott stehen. Sie bereiten in uns den Boden <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />

gläubige Erkenntnis Iesu Christi, unseres Erlösers, und bleiben uns<br />

auch dann heilig, wenn uns Christus zu einem neuen Leben geführt hat.<br />

Die andere Lesung: Matthäus -g, z—r.


3. Sonntag nach Epiphanias )4S<br />

Dritter Sonntag nach Epiphanias<br />

E s werden kommen vom Morgen und vom Abend, von Mitternacht<br />

und vom M ittage, <strong>die</strong> zu Tische sitzen werden im Reiche Gottes.<br />

Lukas is, ra<br />

D a s Evangelium<br />

;. Da Er aber vom Berge herabging,<br />

folgte Ihm viel Volks nach.<br />

r. Und siehe, ein Aussätziger kam und<br />

betete Ihn an und sprach: Herr, so<br />

Du willst, kannst Du mich wohl reinigen.<br />

3. Und Jesus streckt« Seine Hand aus,<br />

rührte ihn an und sprach: Ich will's<br />

tun; sei gereinigt! Und alsbald ward<br />

er von seinem Aussatz rein.<br />

4. Und Iesus sprach zu ihm: Siehe<br />

zu, sage es niemand; sondern gehe hin<br />

und zeige dich dem Priester und opfere<br />

<strong>die</strong> Gabe, <strong>die</strong> Mose befohlen hat, zu<br />

einem Zeugnis über sie.<br />

s. Da aber Iesus einging zu Lapernaum,<br />

trat ein Hauptmann zu Ihm,<br />

der bat Ihn<br />

v. und sprach: Herr, mein Unecht liegt<br />

zu Hause und ist gichtbrüchig und hat<br />

große Qual.<br />

7. Iesus sprach zu ihm: Ich will kommen<br />

und ihn gesund machen.<br />

4. Der Hauptmann antwortete und<br />

sprach: Herr, ich bin nicht wert, daß<br />

Du unter mein Dach gehest; sondern<br />

sprich nur ein Wort, so wird mein<br />

Unecht gesund.<br />

tz. Denn ich bin ein Mensch, der<br />

Vbrigkcit Untertan, und habe unter<br />

mir Lriegsknechtc; und wenn ich sage<br />

zu einem: Gehe hin! so geht er; und<br />

zum andern: Äomm her! so kommt<br />

er; und zu meinem Unecht: Tu das!<br />

so tut er's.<br />

10. Da das Iesus hörte, verwunderte<br />

Er Sich und sprach zu denen, <strong>die</strong> Ihm<br />

nachfolgten: wahrlich, Ich sage euch:<br />

Solchen Glauben habe Ich in Israel<br />

nicht gefunden!<br />

Aber Ich sage euch: viele werden<br />

kommen vom Morgen und vom Abend<br />

und mit Abraham und Isaak und Iakob<br />

im Himmelreich sitzen;<br />

; r. aber <strong>die</strong> Linder des Reichs werden<br />

ausgcstoßen in <strong>die</strong> Finsternis hinaus;<br />

da wird sein Heulen und Zähneklappen.<br />

-3. Und Jesus sprach zu dem Hauptmann:<br />

Gehe hin; dir geschehe, wie du<br />

geglaubt hast! Und sein Unecht ward<br />

gesund zu derselben Stunde.<br />

Match, r, z—-3<br />

In <strong>die</strong>sen beiden Geschichten offenbart sich <strong>die</strong> Herrlichkeit des Sohnes<br />

Gottes an kranken Menschen. Die Verheißung des Propheten erfüllt<br />

sich: „Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein". Die Heilungen<br />

sind also mcssianische Zeichen. Sünde und Lrankheit, Sünde<br />

und Übel stehen miteinander in dem engen Zusammenhang, wie Leib<br />

und Seele. Christus ist der Heiland <strong>für</strong> beides.<br />

<strong>Das</strong> Heil des Aussätzigen hing in <strong>die</strong>sem Augenblick ganz von Iesus ab.<br />

Er hatte getan, was er nicht durfte, und wäre wohl gesteinigt worden,<br />

wenn Iesus ihn abgewiesen hätte. Iesus wies ihn nicht von Sich.


,4b Woche des 3. Sonntags nach Epiphanias<br />

E r berührte ihn sogar mit Seiner Hand. Diese Berührung bedeutete<br />

in <strong>die</strong>sem Augenblick <strong>für</strong> den Kranken mehr, als W orte ihm jemals<br />

hätten sagen können. Dadurch nahm Iesus ihn an; E r sprach: Ich will<br />

es, sei rein! — Der Aussatz wich.<br />

Unser Glaube ist wie eine ausgestreckte Hand. bindet Christus irgendwo<br />

eine solche ausgestreckte Hand, dann schlägt E r ein, und es geschieht<br />

ein Wunder, w i r fragen oft: w a r denn eine derartige Heilung<br />

überhaupt möglich, und weshalb geschehen solche Wunder nicht<br />

auch heute noch? Darauf ist zu antworten: Ähnliches geschieht zu<br />

allen Zeiten, wo solch ein Glaube da ist. Aber w ir sind kleingläubig.<br />

Die andere Geschichte erzählt von cincin Hauptmann und seinem B u r­<br />

schen, den eine Lähmung befallen hatte. Nach dem Evangelium Lukas<br />

war <strong>die</strong>ser Hauptmann ein Heide, w a r er ein römischer Offizier, so<br />

bedeutete es viel, daß er kam, den Herrn zu bitten, dessen Volk er als<br />

Römer verachtete. Aber wenn <strong>die</strong> Not groß ist, fragt man nur: W er<br />

kann helfen? Iesus wundert Sich: „Ich soll kommen und ihn gesund<br />

machen?" Darauf erhält E r eine unerwartete Antwort. Sie ist sehr<br />

bescheiden: „Ich erwarte nicht, daß Du über meine Schwelle trittst.<br />

Dessen bin ich nicht würdig, und es ist auch nicht nötig. Sprich nur<br />

ein W ort, dann wird mein Bursche gesund", w ie kommt der Mann<br />

zu <strong>die</strong>sem Glauben, der fast kindlich zu nennen ist? E r sagt: „Sieh,<br />

ich bin ein Offizier und muß tun, was meine Vorschriften mir befehlen.<br />

Ebenso habe ich Soldaten unter mir, <strong>die</strong> müssen tun, was ich befehle.<br />

w e r <strong>die</strong> Befehlgewalt hat, der befiehlt, und der andere gehorcht.<br />

<strong>Das</strong> kannst D u auch mit den Krankheiten und bösen Geistern.<br />

Denn Du hast Befehlgewalt über sie."<br />

Iesus ist überrascht. Solchem Glauben ist E r unter Seinen eigenen<br />

Volksgenossen noch nie begegnet, w ie mißtrauisch waren <strong>die</strong> Pharisäer<br />

und Schriftgelehrten! Konnten sie <strong>die</strong> Tatsache, daß Wunder geschehen,<br />

nicht in Zweifel ziehen, so sagten sie: Nicht Gott, sondern der<br />

Teufel steckt dahinter!<br />

Iesus wundert sich nicht nur über das Glaubenszeugnis <strong>die</strong>ses heidnischen<br />

Hauptmanns; E r erblickt darin ein Zeichen ganz anderer Art.<br />

I n den Prophetenbüchern stand <strong>die</strong> Weissagung, daß, wenn Gottes<br />

Herrschaft anbreche, <strong>die</strong> Heiden vom Aufgang und vom Untergang der<br />

Sonne kommen würden, um Gott <strong>die</strong> Ehre zu geben. Darauf weist<br />

E r Seine Iünger hin und sagt ihnen: Seht, das erfüllt sich jetzt! Die<br />

Heiden kommen, und mit was <strong>für</strong> einem kindlichen Glauben kommen


3. Sonntag nach Epiphanias ?47<br />

sie! <strong>Das</strong> ist ein Zeichen. Für das Volk Gottes ist <strong>die</strong>s Zeichen das Gericht,<br />

denn es redet vom kommenden Messias, glaubt aber nicht wahrhaft<br />

an Ihn. <strong>Das</strong> haben <strong>die</strong> Iünger wohl erst später verstanden.<br />

Dem heidnischen Hauptmann geschah, wie er geglaubt hatte. Christus<br />

schenkt den Heidenvölkern Seinen Segen, <strong>die</strong> in kindlicher Weise an<br />

Ih n glauben. — w o stehen w i r )<br />

Die Epistel<br />

17. Haltet euch nicht selbst <strong>für</strong> klug.<br />

vergeltet niemand Böses mit Bösem.<br />

Acißigct euch der Ehrbarkeit gegen<br />

jedermann.<br />

;s. Ist es möglich, soviel an euch ist,<br />

so habt mit allen Menschen Frieden.<br />

-H. Rächet euch selber nicht, meine<br />

Liebsten, sondern gebet Raum dem<br />

Zorn (Gottes); denn es steht geschrieben:<br />

„Die Rache ist Mein; Ich will<br />

vergelten, spricht der Herr."<br />

ro. So nun deinen Feind hungert, so<br />

speise ihn; dürstet ihn, so tränke ihn.<br />

Wenn du das tust, so wirst du feurige<br />

Bohlen auf sein Haupt sammeln,<br />

rz. Laß dich nicht das Böse überwinden,<br />

sondern überwinde das Böse mit<br />

Gutem.<br />

Röm. ;r, ;7—r;<br />

Hier stellt der Apostel <strong>die</strong>selbe Forderung wie Iesus in der Bergpredigt.<br />

Beider Weisung läuft darauf hinaus, daß wir vollkommen<br />

sein sollen, wie Gott im Himmel vollkommen ist. w i r haben das oft<br />

gehört, aber wir wissen auch, wie schwer das ist. w oher soll man in<br />

all den widrigen Lebcnsumständen, in <strong>die</strong> man verwickelt ist, <strong>die</strong> Kraft<br />

da<strong>für</strong> nehmen) Da möchte jeder sein eigen Klagelied anstimmen von<br />

den Nöten und Schwierigkeiten seines Berufes, seiner Familie, von<br />

seinen Nachbarn, Freunden und Feinden. Feurige Kohlen auf ihr<br />

Haupt sammeln, um sie durch Liebe zu bekehren) Böses mit Gutem<br />

vergelten) Unmöglich! <strong>Das</strong> läßt sich im Leben nicht durchführen!<br />

E s ist besser, daß wir <strong>die</strong>ses Klagelied nicht anstimmen. Denn was<br />

der eine dem andern damit erzählen kann, ist zwar in jedem Falle etwas<br />

anderes, aber es ist in keinem Falle etwas Neues. E s bestätigt nur den<br />

Satz, daß <strong>die</strong> W elt von heute nicht anders ist als <strong>die</strong> W elt von damals.<br />

Sie wird auch bis zum Ende aller Tage nicht anders werden.<br />

S ta tt <strong>die</strong>ses Klageliedes halten w ir uns Den vor Augen, der nicht<br />

schalt, da E r gescholten wurde, der <strong>die</strong> Sünde der W elt auf Sich genommen<br />

und <strong>für</strong> uns alle getragen hat. Um Seinetwillen wird Gott<br />

dir deine Sünde vergeben, wenn sie dir leid ist. Die andern wird Christus<br />

zu Seiner Zeit richten. E r gibt dir auch Kraft, wirklich zu tun,<br />

was du aus dir allein nicht konntest. Du sagst: Feurige Kohlen —<br />

nein! <strong>Das</strong> hat keinen Sinn. Aber merke: Der Apostel meint nicht, du


-4S<br />

3. Sonntags nach Epiphanias<br />

solltest das Böse durch Gutes vergelten m it der Absicht, auf <strong>die</strong>se<br />

weise <strong>die</strong> andern zu bekehren. Tu's ohne Absicht, so wirst du sehen,<br />

daß er recht behält.<br />

D a s Lied der Woche<br />

Lobet den Herrn, ihr Heiden all<br />

Ein Missionslicd aus einer Zeit, da glanzvolle Missionsarbcit in der<br />

evangelischen Lirche nicht getrieben wurde. Die Dichter der beiden<br />

Strophen sind unbekannt. Sie wußten um den Heilsplan Gottes.<br />

Die frische und hcrzandringendc weise hat der Thüringer Äirchenmusiker<br />

Melchior Vulpius uns geschenkt, dem wir auch andere weisen<br />

verdanken. I n seinen beiden Gesangbüchern von zb04 und - Sog bringt<br />

Vulpius bereits <strong>die</strong> Melo<strong>die</strong> in der Oberstimme. Die Bücher <strong>die</strong>ses<br />

auch in seinem Zeitalter hochgeschätzten Äirchcnmusikers fanden reiche<br />

Anerkennung. Vulpius selber sagt mit Beziehung auf das Gleichnis<br />

Iesu (Matth. rs, 14—so): „Deshalb wollte ich das pfündlein, so<br />

mir von Lhristo vertrauet, nit verscharren oder im Schwcißtuch<br />

behalten".<br />

D a s Gebet der Woche<br />

Herr Gott, himmlischer Vater, der D u willst, daß allen Menschen<br />

geholfen werde, und daß sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen,<br />

wir bitten Deine milde Güte, sende <strong>die</strong> Boten Deiner Barmherzigkeit<br />

und laß sie verkündigen Dein Heil allem Volke, das im D u n ­<br />

keln wohnet, auf daß erfüllet werde das W ort Deiner gnädigen<br />

Verheißung, daß <strong>die</strong> Heiden wandeln in Deinem Lichte und <strong>die</strong><br />

Rönige im Glänze Deiner Herrlichkeit, durch Iesum Christum,<br />

unsern Herrn. Amen.<br />

Vom Wunder*<br />

Kann ich daran glauben? „Sprich nur ein Wort, so wird niein Unecht gesund!"<br />

(Matth. r, 4). Gab es jemals das Wunder eines solchen Wortes, das<br />

sich dem unerbittlich rollenden Rad der Natur cntgcgcnwarf — und das Rad<br />

stand — „und sein Unecht ward gesund zu derselben Stunde"? Lesen wir es<br />

anders als mit der Ehrfurcht und der verborgenen Sehnsucht, mit der ein Arzt<br />

einmal sagte: „Ich lese oft in <strong>die</strong>sen Geschichten als in den Märchen einer<br />

para<strong>die</strong>sisch schönen Welt. Und ich gestehe es: Uönnte ich glauben, daß <strong>die</strong>s<br />

Alles wahr sei, so würde mir sein, als schlüge ein Blitz neben mir ein und vcr-


Vom Wunder !4S<br />

änderte <strong>die</strong> Welt". Haben wir mehr als solch heimliches verlangen nach der<br />

Wahrheit . . . wenn wir nicht ganz einfach spotten?<br />

Ich lege <strong>die</strong> Bibel beiseite und greife zur Zeitung. Es geht mir seltsam dabei.<br />

Denn hier begegne ich allen Worten und Begriffen, <strong>die</strong> mir in der Bibel so<br />

fremd geworden sind, sie scheinen gleichsam ausgewandert zu sein und stehen<br />

vor mir — allen Problemen entladen — als ganz selbstverständliche werte<br />

des Alltags. „Ein Wunder der Technik", so lautet <strong>die</strong> Überschrift, und der<br />

Verfasser schreibt, daß nur der unbeirrbare Glaube an das Wunder zum Ziel<br />

führte. Oder ich lese vom Wunder in der Geschichte, das <strong>die</strong> Zeitgenossen mit<br />

gläubigem Herzen miterleben, w ie war es doch? Ich stieß mich am Wunder,<br />

um ohne Bedenken vom Wunder zu reden? Liegt hier ein Widerspruch vor<br />

oder ein innerer Zusammenhang? welches Wunder wird hier gepriesen?<br />

<strong>Das</strong> Wunder, das der Mensch tut, das <strong>die</strong> höchste Steigerung und Vollendung<br />

der im Menschen ruhenden Fähigkeiten jg- „Ich kann Alles und lasse mir<br />

nichts schenken" — das ist der selbstbewußte Ton des Menschenwunders.<br />

„Ich vermag nichts und muß mir Alles schenken lassen von Gott" — so rede<br />

ich von dem Wunder G ottes in Christus. „Herr, gehe hinaus von mir,<br />

ich bin ein sündiger Mensch" (Luk. S, 8). Darum ist hier ein notwendiger Zusammenhang<br />

zwischen Wunderscheu und W underpreis — wir füllen<br />

<strong>die</strong> wagschale des Menschen und seiner Möglichkeiten, und wir bemessen umso<br />

geringer <strong>die</strong> freie Tat Gottes.<br />

Gott ist der Herr, und Seinem Reich fallen <strong>die</strong> Erde und ihre Reiche einst<br />

zu; im Wunder aber bricht jenes Reich herein, w ie im Bannkreis eines<br />

Scheinwerfers sehe ich im Wunder in einem kleinen Ausschnitt: <strong>Das</strong> will<br />

Gott, und so, wie Er hier handelt, ist einst der neue Himmel und <strong>die</strong> neue<br />

Erde. <strong>Das</strong> Wunder ist ein heimliches Geschehen in der Welt, zu Iesu Zeiten<br />

und zu unserer Zeit; der Glaubende schaut es und hält daran fest, und er<br />

nährt daran <strong>die</strong> Flamme einer lebendigen Hoffnung auf Gottes Reich.<br />

Freilich scheint nun eben der Gegensatz Natur und Gottesreich unser Denken<br />

unerträglich zu belasten, denn wir leben im Bann der unverständlichen Gesetze<br />

der Natur. Aber wie? Ist es dir nie begegnet, daß du vor der Natur<br />

und ihrem Ablauf standest mit der geballten Faust und dem bitteren Ausruf<br />

„Unnatur"!? Da standen wir am Sarg eines ,4jährigen Iungen, der ertrunken<br />

war, und Tränen, nicht nur der Trauer, sondern der Empörung wurden<br />

geweint. Oder: vernichtete Ernte! Der Hagel war „Natur" und doch —<br />

ich möchte aufbegehren und sagen: Er war Zerstörung der Natur, Unnatur!<br />

Die Natur ist grausam — wie ertrüge ich ihre Macht, wenn ich nicht darüber<br />

ein Neues sähe, wenn ich nicht auch über der Natur das erbarmende Antlitz<br />

Iesu Lhristi sähe! Die Natur steht unter dem Zeichen der Sünde. Um des<br />

Menschen willen, der aus der Gottesgemeinschaft fiel, seufzt auch sie mit nach<br />

dem Tag der Erlösung.<br />

<strong>Das</strong> Wunder lehrt mich ein neues verstehen der Natur. Natur, wahre Ord-


-so<br />

Woche des Z. Sonntags nach Epiphanias<br />

nung und Harmonie sind nur da, wo <strong>die</strong> Gemeinschaft mit Gott wieder da<br />

ist, wo der verlorene Sohn wieder beim Vater ist. Noch weiß ich darum nur<br />

im Glauben, aber einst werde ich es schauen, wenn <strong>die</strong> erste Erde und der erste<br />

Himmel vergehen und der neue Himmel und <strong>die</strong> neue Erde da sind. <strong>Das</strong><br />

Wunder lehrt mich hoffen und Gottes Sieg verkünden auch da, wo mich das<br />

grausame Antlitz der Natur anstarrt. — Sie trugen den jungen Mann zu<br />

Grabe, der noch vor S Tagen den Maibaum mit richten half. w ir alle hatten<br />

gesungen: Freut euch des Lebens, w er hätte gedacht, daß <strong>die</strong>s Lied so bald auf<br />

unsern Lippen verstummte? Da wir uns aber nun um Gottes Wort sammelten,<br />

lernten wir von einer neuen Freude, <strong>die</strong> hier nicht schweigt, sondern redet,<br />

ja lauter redet als der Tod: Die Freude am Herrn ist unsere Stärke! G ott<br />

siegt, und ich glaube das Wunder in unserm Herrn Christus!<br />

4-<br />

M ontag nach dem dritten Sonntag nach Epiphanias<br />

s. Höret mir zu, ihr Inseln, und ihr<br />

Völker in der Ferne, merket auf! Der<br />

Herr hat mich gerufen von Mutterleib<br />

an; Er hat meines Namens gedacht,<br />

da ich noch im Schoß der Mutter<br />

war,<br />

r. und hat meinen Mund gemacht wie<br />

ein scharfes Schwert; mit dem Schatten<br />

Seiner Hand hat Er mich bedeckt;<br />

Er hat mich zum glatten Pfeil gemuht<br />

und mich in Seinen Löcher gc-<br />

Z. und spricht zu mir: Du bist Mein<br />

Lnecht, Israel, durch welchen Ich w ill<br />

gepriesen werden.<br />

4- Ich aber dachte, ich arbeitete vergeblich<br />

und brächte meine Lraft umsonst<br />

und unnütz zu, wiewohl meine<br />

Sache des Herrn und mein Amt meines<br />

Gottes ist.<br />

s. Und nun spricht der Herr, der mich<br />

von Mutterleib an zu seinem Knechte<br />

bereitet hat, daß ich soll Iakob zu ihm<br />

bekehren, auf daß Israel nicht w eggerafft<br />

werde (darum bin ich vor dem<br />

Herrn herrlich, und mein G ott ist<br />

meine Stärke),<br />

b. und spricht: E s ist ein Geringes,<br />

daß du Mein Lnecht bist, <strong>die</strong> Stämme<br />

Iakobs aufzurichten und <strong>die</strong> Bewahrten<br />

Israels wiederzubringen; sondern<br />

Ich habe dich auch zum Licht der Heiden<br />

gemacht, daß du seist Mein Heil<br />

bis an der Welt Ende.<br />

7. So spricht der Herr, der Erlöser<br />

Israels, Sein Heiliger, zu der verachteten<br />

Seele, zu dem Volk, das man<br />

verabscheut, zu dem Lnecht, der unter<br />

den Tyrannen ist: Lönige sollen sehen<br />

und aufstehen, und Fürsten sollen niederfallen<br />

um des Herrn willen, der<br />

treu ist, um des Heiligen in Israel<br />

willen, der dich erwählt hat.<br />

4. So spricht der Herr: Ich habe dich<br />

erhört zur gnädigen Zeit und habe dir<br />

am Tage des Heils geholfen und habe<br />

dich behütet und zum Bund unter das<br />

Volk gestellt, daß du das Land aufrichtest<br />

und <strong>die</strong> verstörten Erbe austeilest;<br />

g. zu sagen den Gefangenen: Geht<br />

heraus! und zu denen in der Finsternis:<br />

Lommt hervor! daß sie am<br />

Wege weiden und auf allen Hügeln<br />

ihre weide haben.<br />

)d. Sie werden weder hungern noch


Woche des 3. Sonntags nach Epiphanias >5,<br />

dürsten, sie wird keine Hitze noch<br />

Sonne stechen; denn ihr Erbarmer<br />

wird sie führen und wird sie an <strong>die</strong><br />

wasserqueilen leiten.<br />

Ich will alle meine Berge zum<br />

Wege machen, und meine Pfade sollen<br />

gebahnt sein.<br />

lr. Siehe, <strong>die</strong>se werden von ferne<br />

kommen, und siehe, jene von Mitternacht<br />

und <strong>die</strong>se vom Meer und jene<br />

vom Lande Sinim.<br />

;3. Jauchzet, ihr Himmel, freue dich,<br />

Erde, lobet, ihr Berge, mit Jauchzen!<br />

denn der Herr hat Sein Volk getröstet<br />

und erbarmt Sich Seiner Elenden.<br />

Ics. 4g,<br />

Diese Verheißung gilt allen, <strong>die</strong> auf Erlösung warten. Die Herrlichkeit<br />

des Herrn Iesu leuchtet auf: E r ist das Heil Seines Volkes und das<br />

Licht aller anderen Völker. „Ich habe Dich auch zum Licht der Heiden<br />

gemacht, daß Du seist Mein Heil bis an der VIelt Ende." Auch hier<br />

wird deutlich, daß das Alte Testament das Buch der Lirche und der<br />

Mission ist, dessen Zeugnis auf den Lrfüller der Verheißungen, Iesus<br />

Christus, hinweist. Dies ist nicht jüdische Volksgcschichte: <strong>die</strong>s ist l!)ffenbarung<br />

Gottes; daß E r H err aller V ölker ist und daß Sein<br />

Name gepriesen werden soll an aller VOclt Enden!<br />

Die andere Lesung: Iesajas rg, zr—rz.<br />

D ienstag nach dem dritten Sonntag nach Epiphanias<br />

;. Naeman, der Zeldhauptmann des<br />

Lönigs von Syrien, war ein trefflicher<br />

Mann vor seinem Herrn und<br />

hoch gehalten; denn durch ihn gab der<br />

Herr Heil in Syrien. Und er war ein<br />

gewaltiger Mann, und aussätzig,<br />

r. Die Lricgslcute aber in Syrien waren<br />

herausgefallen und hatten eine<br />

junge Dirne weggeführt aus dem<br />

Lande Israel; <strong>die</strong> war im Dienst des<br />

Weibes Nacmans.<br />

3. Die sprach zu ihrer Krau: Ach, daß<br />

mein Herr wäre bei dem Propheten<br />

zu Samaria! der würde ihn von seinem<br />

Aussatz losmachen.<br />

4. Da ging er hinein zu seinem Herrn<br />

und sagte es ihm an und sprach: So<br />

und so hat <strong>die</strong> Dirne aus dem Lande<br />

Israel geredet.<br />

5. Der Lönig von Syrien sprach: So<br />

zieh hin, ich will dem Lönig Israels<br />

einen Brief schreiben. Und er zog bin<br />

und nahm mit sich zehn Zentner S ilber<br />

und sechstausend Goldgulden und<br />

zehn 8ci:rk!cider<br />

d. und brachte den Brief dem Lönig<br />

Israels, der lautete also: wenn <strong>die</strong>ser<br />

Brief zu dir kommt, siehe, so wisse,<br />

ich habe meinen Lnecht Naeman zu<br />

dir gesandt, daß du ihn von seinem<br />

Aussatz losmachest.<br />

7. Und da der Lönig Israels den Brief<br />

las, zerriß er seine Lleider und sprach:<br />

Bin ich denn Gott, daß ich töten und<br />

lebendig machen könnte, daß er zu mir<br />

schickt, daß ich den Mann von seinem<br />

Aussatz losmache) Merket und sehet,<br />

wie sucht er Ursache wider mich!<br />

«. Da das Llisa, der Mann Gottes,<br />

hörte, daß der Lönig Israels seine<br />

Lleider zerrissen hatte, sandte er zu<br />

ihm und ließ ihm sagen: warum hast<br />

du deine Lleider zerrissen) Laß ihn zu<br />

mir kommen, daß er innewerde, daß<br />

em Prophet in Israel ist.<br />

g. Also kam Naeman mit Rossen und


ssr<br />

Wagen und hielt vor der Tür am<br />

Hause Llisas.<br />

-o. Da sandte Elisa einen Boten zu<br />

ihm und ließ ihm sagen: Gehe hin und<br />

wasche dich siebenmal im Jordan, so<br />

wird dir dein Fleisch wieder erstattet<br />

und rein werden.<br />

N- Da erzürnte Naeman und zog weg<br />

und sprach: Ich meinte, er sollte zu<br />

mir herauskommen und hcrtreten und<br />

den Namen des Herrn, seines Gottes,<br />

anrufen und mit seiner Hand über <strong>die</strong><br />

Statte fahren und den Aussatz also<br />

abtun.<br />

st. Sind nicht <strong>die</strong> Wasser Amana<br />

und Pharphar zu Damaskus besser<br />

denn alle Wasser in Israel, daß ick<br />

mich darin wüsche und rein würde?<br />

Und wandte sich und zog weg mit<br />

Zorn.<br />

s3. Da machten sich seine Lnechtc zu<br />

ihm, redeten mit ihm und sprachen:<br />

Lieber Vater, wenn dich der Prophet<br />

etwas Großes hätte geheißen, schlieft<br />

du es nicht tun? w ie viel mehr, so<br />

er zu dir sagt: wasche dich, so wirst<br />

du rein!<br />

!4- Da stieg er ab und taufte sich im<br />

Iordan siebenmal, wie der Mann<br />

VIoche des 3 . Sonntags nach Epiphanias<br />

Gottes geredet hatte; und sein Fleisch<br />

ward wieder erstattet wie das Fleisch<br />

eines jungen Lnaben, und er ward rein.<br />

s s. Und er kehrte wieder zu dem Mann<br />

Gottes samt seinem ganzen Heer. Und<br />

da er hineinkam, trat er vor ihn<br />

und sprach: Siehe, ich weiß, daß kein<br />

Gott ist in allen Landen, außer in<br />

Israel; so nimm nun den Segen von<br />

deinem Lnecht.<br />

s S. Er aber sprach: S o wahr der Herr<br />

lebt, vor dem ich stehe, ich nehme es<br />

nicht. Und er nötigte ihn, daß er's<br />

nähme; aber er wollte nicht.<br />

?7- Da sprach Naeman: Möchte denn<br />

deinem Lnecht nicht gegeben werden<br />

<strong>die</strong>ser Erde eine Last, soviel zwei<br />

Maultiere tragen? Denn dein Lnecht<br />

will nicht mehr andern Göttern opfern<br />

und Brandopfer tun, sondern dem<br />

Herrn.<br />

s§. Nur darin wolle der Herr deinem<br />

Lnecht gnädig sein; wo ich anbete im<br />

Hause Rimmons, wenn mein Herr ins<br />

Haus Rimmons geht, daselbst anzubeten,<br />

und er sich an meine Hand<br />

lehnt.<br />

jg. Er sprach zu ihm: Zieh hin mit<br />

Frieden! r. Lön. s, jga<br />

Nicht erst im Neuen Testament wird verheißen, daß das Licht Gottes<br />

auch den Heiden aufgehen soll. Hier wird berichtet, wie ein svrischer<br />

höherer Offizier aus der Zeit vor Christi Geburt beim Propheten Genesung<br />

und Frieden findet.<br />

Die Lunde von der Hilfe des Einigen, wahren Gottes war zu dem<br />

Heiden Naeman gelangt. Ei» mitfühlendes Menschenherz aus der Dienerschaft<br />

hatte davon erzählt. Naeman, von seiner Not getrieben, versuchte<br />

auch <strong>die</strong>sen letzten w eg , Hilfe zu finden. E r machte sich auf <strong>die</strong><br />

Reise, gestützt auf Empfehlungen seines Lönigs, um bei dem fremden<br />

Lönig <strong>die</strong> Hilfe Gottes zu erwirken. Gott aber wirkt durch M änner,<br />

<strong>die</strong> nicht immer zu den Einflußreichen und Mächtigen der W elt<br />

gehören. Naeman muß sich von dem Propheten <strong>die</strong> Hilfe erzeigen lassen.<br />

Vollends erscheint ihm <strong>die</strong> Weisung des Propheten zu gering,<br />

siebenmal in einem Flusse wie dem Iordan zu baden. S o kann Gottes


Woche des 3. Sonntags nach Epiphanias<br />

ISS<br />

Hilfe nicht aussehen! Vermag denn das Wasser <strong>die</strong> Kraft Gottes zu<br />

tragen und weiterzuleben) Aber er muß sich sagen lassen: Wenn Gott<br />

es befiehlt, so hat auch <strong>die</strong>ses Wasser göttliche Kraft, nicht aus sich<br />

selber, sondern aus der Hand dessen, der <strong>die</strong> W elt aus dem Nichts geschaffen<br />

hat. Ia , Naeman muß noch mehr lernen: E r erfährt, daß G ottes<br />

Liebe in geringer Gestalt an uns herantreten kann. S o erlangt er<br />

<strong>die</strong> erbetene Hilfe, anders als er sich gedacht, aber voll des Erweises<br />

göttlicher Kraft. <strong>Das</strong> S am en k o rn echten G lau b e n s und echter<br />

Glaubenscrkcnntnis b eg in n t bei ihm zu keimen und zu reifen. Als<br />

Frucht <strong>die</strong>ses Glaubens fällt ihm weit mehr zu, als er erbeten hatte:<br />

der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft.<br />

Die andere Lesung: Matthäus 17, 14—2>.<br />

Mittwoch nach dem dritten Sonntag nach Epiphanias<br />

)7- Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen<br />

bin, das Gesetz oder <strong>die</strong> Propheten<br />

aufzulösen; Ich bin nicht gekommen,<br />

aufzulösen, sondern zu erfüllen.<br />

Denn Ich sage euch wahrlich: Bis<br />

daß Himmel und Erde zergehe, wird<br />

nicht zergehe» der kleinste Buchstabe<br />

noch ein Tüttcl vom Gesetz, bis daß es<br />

alles geschehe.<br />

jg. Wer nun eines von <strong>die</strong>sen kleinsten<br />

Geboten auflöst und lehrt <strong>die</strong><br />

Leute also, der wird der Kleinste heißen<br />

im Himmelreich; wer es aber tut<br />

und lehrt, der wird groß heißen im<br />

Himmelreich.<br />

ro. Denn Ich sage euch: Es sei denn<br />

eure Gerechtigkeit besser denn der<br />

Schriftgclchrten und Pharisäer, so<br />

werdet ihr nicht in das Himmelreich<br />

kommen. Match, s, -7—ro<br />

Jesus nennt sich den Erfüllet' der ;o Gebote, w enn Iesus gekommen<br />

ist, das Gesetz zu erfüllen, dann hebt E r damit das Gesetz nicht auf,<br />

sondern ordnet es, klar und deutlich <strong>für</strong> jedermann, in den Heilsplan<br />

Gottes ein. Die Vergebung der Sünden, <strong>die</strong> Christus uns schenkt, hebt<br />

<strong>die</strong> göttliche Hoheit und <strong>die</strong> dauernde Heilsbedeutung des Gesetzes nicht<br />

auf. Die zo Gebote tun vielmehr ihren göttlichen Dienst weiter. Zunächst<br />

verkündigen sie <strong>die</strong> Herrlichkeit Gottes und <strong>die</strong> Majestät Seines<br />

heiligen w illens. Dabei zeigen sie uns genau den (Ort, an dem wir<br />

stehen: himmelweit von Gott entfernt! w i r sind Übertreter und kommen<br />

von uns aus nicht zu einer wahrhaft sittlichen Lebenshaltung, es<br />

müßte denn ein Wunder an uns geschehen. — Dies Wunder ist geschehen:<br />

Christus ist erschienen, erfüllt <strong>für</strong> uns <strong>die</strong> ;o Gebote, nimmt<br />

uns unsere große Restschuld ab und erklärt den, der sich's im Glauben<br />

gefallen läßt, <strong>für</strong> gerecht. — Dein Heil hängt davon ab, daß du Lhri-


,54 Woche des 3 . Sonntags nach Epiphanias<br />

stus bei Seiner Lrlösertätigkeit nicht in den Arm fällst, sondern Seine<br />

Hand im Glauben ergreifst. Dieser Glaube wächst und trägt ständig<br />

weiter <strong>die</strong> schönsten Früchte. I n Christus, dem E rfü lle r des G e­<br />

setzes, tritt uns der neue Mensch entgegen, w e r mit Ihm im Glauben<br />

verbunden bleibt, wird selber ein „neuer" Mensch, der in Gottes<br />

ewiger Ordnung lebt, in Wahrheit lebt!<br />

Die andere Lesung: Matthäus g, ;—s.<br />

Donnerstag nach dem dritten S onntag nach Epiphanias<br />

22. Und sie gaben alle Zeugnis von Monate, da eine große Teurung war<br />

Ihm und wunderten sich der holdseligen<br />

Worte, <strong>die</strong> aus Seinem Munde 2b. und zu deren keiner ward Elia ge­<br />

im ganzen Lande;<br />

gingen, und sprachen: Ist das nicht sandt denn allein gen Sarepta der<br />

Josephs Sehn)<br />

Sidonier zu einer Witwe.<br />

23. Und Er sprach zu ihnen: Ihr 27. Und viele Aussätzige waren in<br />

werdet freilich zu Mir sagen <strong>die</strong>s Israel zu des Propheten Llisa Zeiten;<br />

Sprichwort: Arzt, hilf dir selber! und deren keiner ward gereinigt denn<br />

Denn wie große Dinge haben wir gehört,<br />

zu Lapernaum geschehen! Tu rs. Und sie wurden voll Zorns al e, <strong>die</strong><br />

allein Naeman aus Syrien,<br />

auch also hie, in Deiner Vaterstadt. in der Schule waren, da si: das hörten,<br />

24. Er sprach aber: wahrlich, Ich 2g. und stunden auf und stießen Ihn<br />

sage euch: Lein Prophet ist angenehm zur Stadt hinaus und führten Ihn<br />

in seinem vatcrlande.<br />

auf einen Hügel des Berges, darauf<br />

25. Aber in der Wahrheit sage Ich ihre Stadt gebaut war, daß sie Ihn<br />

euch: Es waren viele Witwen in Israel<br />

zu Ellas' Z.ilen, da der Himmel so. Aber Er ging mitten durch sie<br />

hinabstürzten.<br />

verschlossen war dr.i Jahre und sechs hinweg. Luk. 4, 22—30<br />

Die Antwort des Glaubens auf <strong>die</strong> Botschaft von Christus heißt: Du<br />

bist mein Heiland. Die Antwort des Unglaubens heißt: Du kannst<br />

mein Heiland nicht sein. An Glauben oder Unglauben entscheidet sich<br />

<strong>die</strong> Zugehörigkeit zu Seinem Volk. E s gibt Beispiele in der heiligen<br />

Geschichte, daß <strong>die</strong> Gnade Gottes eher den Heiden gegeben wird als<br />

den Ungläubigen aus dem von Gott zunächst ausge useuen Volke. Ist<br />

solche Rede nicht ein neuer Stein des Anstoßes) Gott wird lieber zu<br />

anderen, zu den Gottscrnen, den Gottlosen, reden als zu u n s) — <strong>Das</strong><br />

ist zu viel. Sie stoßen Jesus aus, von dem sie meinen, daß E r Gott<br />

lästert. I n unseligem religiösem Fanatismus wollen sie Ih n steinigen.<br />

S ie werden aber mit ihren Anschläge» vor Ihm zunichte. — Gewiß,<br />

sie werden Ih n kreuzigen; aber auch im Tode können sie Ih n nicht ge-


Woche des 3 . Sonntags nach Epiphanias<br />

zss<br />

fangen halten. — Sie verwerfen den Erlöser, <strong>die</strong> Heiden nehmen<br />

I h n an.<br />

Die andere Lesung: Matthäus g, 47—3S.<br />

Freitag nach dem dritten Sonntag nach Epiphanias<br />

ro. Es waren aber etliche Griechen<br />

unter denen, <strong>die</strong> hinaufkommen waren,<br />

daß sie anbeteten auf das Fest.<br />

r>. Die traten zu Philippus, der von<br />

Bcthsaida aus Galiläa war, baten ihn<br />

und sprachen: Herr, wir wollten Jesum<br />

gerne sehen.<br />

rr. Philippus kommt und sagt es Andreas,<br />

und Philippus und Andreas<br />

sagten's weiter Jesu.<br />

rs. Jesus aber antwortete ihnen und<br />

sprach: Die Zeit ist kommen, daß des<br />

Menschen Sohn verkläret werde.<br />

44. wahrlich, wahrlich, Ich sage euch:<br />

Es sei denn, daß das Weizenkorn in<br />

<strong>die</strong> Erde falle und ersterbe, so bleibt'«<br />

allein; wo es aber erstirbt, so bringets<br />

viel Früchte.<br />

rs. w er sein Leben liebhat, der wird's<br />

verlieren; und wer sein Leben auf <strong>die</strong>ser<br />

Welt hasset, der wird's erhalten<br />

zum ewigen Leben,<br />

rd. w er Mir <strong>die</strong>nen will, der folge<br />

Mir nach; und wo Ich bin, da soll<br />

Mein Diener auch sein. Und wer Mir<br />

<strong>die</strong>nen wird, den wird Mein Pater<br />

ehren.<br />

r?. Jetzt ist Meine Seele betrübt. Und<br />

was soll Ich sagen) Vater, hilf Mir<br />

aus <strong>die</strong>ser Stunde! Doch darum bin<br />

Ich in <strong>die</strong>se Stunde kommen,<br />

rs. Vater, verkläre Deinen Namen!<br />

Da kam eine Stimme vom Himmel:<br />

Ick habe Ih» verklärt und will Ihn<br />

«dermal verklären.<br />

rg. Da sprach das Volk, das dabeistund<br />

und zuhörte: Es donnerte. Die<br />

andern sprachen: Es redete ein Engel<br />

mit Ihm.<br />

so. Iesus antwortete und sprach:<br />

Diese Stimme ist nicht um Meinetwillen<br />

geschehen, sondern um euretwillen.<br />

5;. Jetzt gehet das Gericht über <strong>die</strong><br />

Welt; nun wird der Fürst <strong>die</strong>ser Welt<br />

ausgcstoßcn werden,<br />

sr. Und Ich, wenn Ich erhöhet werde<br />

von der Erde, so will Ich sie alle zu<br />

Mir zichcn.<br />

33. Mas sagte Er aber, zu deuten,<br />

welches Todes Er sterben würde.)<br />

34. Da antwortete Ihm das Volk:<br />

w ir haben gehöret im Gesetz, daß<br />

Christus ewiglich bleibe; und wie sagst<br />

Du denn: „Des Menschen Sohn muß<br />

erhöhet werden") w er ist <strong>die</strong>ser<br />

Menschcnsohn)<br />

35. Da sprach Iesus zu ihnen: Es ist<br />

das Licht noch eine kleine Zeit bei<br />

euch. wandelt, <strong>die</strong>weil ihr das Licht<br />

habt, daß euch <strong>die</strong> Finsternis nicht<br />

überfalle. Wer in der Finsternis wandelt,<br />

der weiß nicht, wo er hin geht.<br />

3b. Glaubet an das Licht, <strong>die</strong>weil ihr's<br />

habt, auf daß ihr des Lichtes Linder<br />

seid.<br />

Ioh. ir, ro—3b<br />

E s kommen Heiden zu dem Herrn. Sie kommen stellvertretend <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />

Völker der W elt. Iesus hält nach ihrem Lommcn <strong>die</strong>se Rede, <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />

nahende Erfüllung des göttlichen Heilsplanes ankündigt. Ein Zeichen<br />

leuchtet auf, daß das Evangelium <strong>die</strong> ganze W elt erfüllen wird. Als<br />

„Verklärter" wird Iesus den Völkern nahen. <strong>Das</strong> heißt: Gottes volle


-so<br />

Woche des 3. Sonntags nach Epiphanias<br />

Herrlichkeit wird Ih n erfüllen. Sie wird über Ih n kommen, wenn E r<br />

durch den Tod hindurchgeht. Seine Seele möchte darüber traurig werden.<br />

Aber vom Vater bekommt E r <strong>die</strong> Antwort, daß <strong>die</strong>se Stunde der<br />

Erfüllung Ih n hinausführen wird weit über Trauer und Niedrigkeit<br />

in <strong>die</strong> volle Herrlichkeit Gottes! — <strong>Das</strong> Zeichen ist da: <strong>die</strong> Heiden<br />

kommen zu Ih m . Ictzt erfüllt es sich: E r ist das Licht der Heiden,<br />

das Heil der Welt.<br />

Die ander« Lesung: Matthäus s, -4—-7.<br />

Sonnabend nach dem dritten Sonntag nach Epiphanias<br />

22. Und Er ging durch Städte und 2b. So werdet ihr dann anfangen zu<br />

Märkte und lehrte und nahm Seinen sagen: w ir haben vor Dir gegessen<br />

w eg gen Jerusalem.<br />

und getrunken, und auf den Gassen<br />

23. Es sprach aber einer zu Ihm: hast Du uns gelehret.<br />

Herr, meinst Du, daß wenige selig 27. Und Er wird sagen: Ich sage euch:<br />

werden? Er aber sprach zu ihnen: Ich kenne euer nicht, wo ihr her seid;<br />

24. Ringet darnach, daß ihr durch <strong>die</strong> weichet alle von mir, ihr Übeltäter!<br />

enge Pforte eingehet; denn viele werden,<br />

das sage Ich euch, darnach trach­<br />

klappen, wenn ihr sehen werdet Abra­<br />

2S. Da wird sein Heulen und Zähncten,<br />

wie sie hineinkommen, und wer- ham und Isaak und Iakob und alle<br />

den's nicht tun können.<br />

Propheten im Reich Gottes, euch aber<br />

25. von dem an, wenn der Hauswirt hinausgestoßen.<br />

aufgestanden ist und <strong>die</strong> Tür verschlossen<br />

hat, da werdet ihr dann anfangen Morgen und vom Abend, von Mitter­<br />

2g. Und es werden kommen vom<br />

draußen zu stehen und an <strong>die</strong> Tür nacht und vom Mittage, <strong>die</strong> zu Tische<br />

klopfen und sagen: Herr, Herr, tu uns sitzen werden im Reich Gottes.<br />

auf! Und er wird antworten und zu 30. Und siehe, es sind Letzte, <strong>die</strong> werden<br />

<strong>die</strong> Ersten sein, und sind Erste, <strong>die</strong><br />

euch sagen: Ich kenne euer nicht, wo<br />

ihr her seid.<br />

werden <strong>die</strong> Letzten sein. Luk. -3,22— 30<br />

Im Reiche Gottes sind <strong>die</strong> Gläubigen aus dem Alten Bunde und aus<br />

dem Neuen Bunde. Der Neue Bund umfaßt aber alle VIclt. Dennoch<br />

sind es wenige, <strong>die</strong> selig werden. E s gibt hier wie da eine Grenze: der<br />

Glaube an den Christus Iesus — der verheißen ist, gekommen ist und<br />

wiederkommen wird. Der ist <strong>die</strong> enge Pforte.<br />

Alle werden einmal begehren, <strong>die</strong> Seligkeit zu erlangen. Hiir viele aber<br />

wird es heißen, daß <strong>die</strong> Tür verschlossen ist. Es genügt nicht <strong>die</strong><br />

äußerliche Lenntnis des Herrn. M an muß <strong>für</strong> <strong>die</strong> Dauer seines Lebens<br />

Ih n im Glauben bei sich aufgenommen haben, muß von Ihm „gegessen"<br />

und „getrunken" haben, also daß man mit Ihm in Gemeinschaft<br />

steht.


Woche des 3. S o n n ta g s nach E p ip h a n ia s ___________ ?S7<br />

Meint jemand, E r gehöre zu den Ersten im Reiche Gottes? Glaubt<br />

jemand, aus Seiner Verheißung an Sein Volk Ansprüche <strong>für</strong> sich herleiten<br />

zu können?


Z5§ Woche des 4 . Sonntags nach Epiphanias<br />

Vierter Sonntag nach Epiphanias<br />

D a s ängstliche Harren der Kreatur wartet auf <strong>die</strong> (Offenbarung<br />

der Kinder G ottes.<br />

Römcr r, i g<br />

rs. Und Er trat in das Schiff, und<br />

Seine Jünger folgten Ihm.<br />

r4. Und siehe, da erhob sich ein groß<br />

Ungestüm im Meer, also daß auch das<br />

Schifflein mit Wellen bedeckt rvard;<br />

und Er schlief.<br />

rs. Und <strong>die</strong> Jünger traten zu Ihm<br />

und weckten Ihn auf und sprachen:<br />

Herr, hilf uns, wir verderben!<br />

D a s Evangelium<br />

rb. Da sagt Er zu ihnen: Ihr Kleingläubigen,<br />

warum seid ihr so furchtsam?<br />

Und stund auf und bedräuete<br />

den wind und das Meer; da ward<br />

es ganz stille.<br />

r?. Die Menschen aber verwunderten<br />

sich und sprachen: Was ist das <strong>für</strong><br />

ein Mann, daß Ihm wind und Meer<br />

gehorsam ist? Match, s, r s - r /<br />

In dem Evangelium des vorigen Sonntagcs hörten w ir von dem<br />

Glauben, mit dem andere Menschen zu Iesus aufschauten, und wie der<br />

Herr <strong>die</strong>sen Glauben belohnte. Hier hören wir etwas von dem Glauben,<br />

den Iesus Selber hatte, und von der übermenschlichen Macht, <strong>die</strong><br />

Ihm zu eigen war. An Christi Glauben sehen w ir erst, was Glaube<br />

ist. Glauben heißt, darauf vertrauen, daß niemand anders als Gott <strong>die</strong><br />

W elt und unser Leben regiert. — Gott hat Sich uns in Iesus Christus<br />

offenbart, w enn wir bekennen: Ich glaube an Iesus Christus, so bekennen<br />

wir zugleich: Ich will mich mein ganzes Leben lang, was mir<br />

auch zustoßen möge, auf niemand anders verlassen, als auf den Gott,<br />

der Sich in Christus offenbart.<br />

Aber wer kann das? Lehrt uns das Leben nicht alle Tage ganz anders<br />

.. denken? w e r sieht nicht, welch eine Macht das Geld auf <strong>die</strong>ser W elt hat,<br />

1 wieviel <strong>die</strong> brutale Gewalt ausrichtet, was alles das menschliche w is ­<br />

sen zustande bringt? w e r denkt darum nicht manchmal, daß Geld oder<br />

Gewalt, wenn nicht <strong>die</strong> menschliche Vernunft, so doch der Zufall, oder<br />

so doch vielleicht gar der Teufel <strong>die</strong> W elt regieren, nicht aber Gott ? Trifft<br />

uns solcher Zweifel, dann brauchen wir jemand, der unsern schwachen<br />

Glauben stärkt. Darum schauen wir zu Iesus Christus auf. Denn Er<br />

ist der Einzige, dessen Glaube niemals wankend wurde. Darum nennt<br />

Ih n <strong>die</strong> Schrift den Anfänger und Vollender unseres Glaubens.<br />

(Ob ein Mensch wirklich an Gott glaubt und sich auf Ih n verläßt,<br />

darüber täuscht er sich manchmal selber. E s kommt ans Licht, sobald


4 . Sonntag nach Epiphanias > s g<br />

er in Lebensgefahr ist. Dann treibt <strong>die</strong> Angst heraus, was in uns ist.<br />

<strong>Das</strong> zeigt sich auch in der Geschichte von der Stillung des Sturmes.<br />

Die Iünger Jesu hatten Beruf, Haus und Familie aufgegeben, um ihrem<br />

Herrn nachzufolgen. Sie glaubten an Gott, Seinen Messias und<br />

Sein Reich. Aber als der See anfing zu toben und das Wasser ins<br />

Boot schlug, packte sie doch <strong>die</strong> Angst. W ir kommen um! E s war<br />

nicht bloß <strong>die</strong> Angst um ihr Leben. E s war au h Angst um <strong>die</strong> Sache.<br />

W enn <strong>die</strong> Fluten des galilaischcn Meeres Iesus und Seine Iünger in<br />

<strong>die</strong>ser Nacht begraben hätten, was wäre dann gewesen) Die Wellen<br />

hätten am andern Morgen ein leeres Boot an den S trand gespült.<br />

Einige Tage danach hätte man <strong>die</strong> Leichen gefunden, und <strong>die</strong> Menge<br />

hätte gesagt: Der Prophet Iesus aus Nazareth ist ertrunken und all<br />

Seine Iünger mit ihm. W as <strong>für</strong> ein Gottesgericht!<br />

Iesus hat trotzdem Seine Iünger wegen ihres Äleinglaubens gescholten.<br />

E r hatte ein Recht dazu. w i r haben solches Recht nicht. Denn<br />

uns geht es nicht anders als ihnen. Viele haben Luther, als er nach<br />

w o rm s ging, gewarnt: Geh' nicht, du kommst nicht zurück! E s wird<br />

dir gehen wie einst Iohann Huß! Reden w ir heute anders) Glauben<br />

wir, daß, wer Gott <strong>die</strong>nt, auch in Gottes Hand steht) Daß <strong>die</strong> Geschichte<br />

Seines Heils nicht von uns aus, sondern von Gott aus sich erfüllt<br />

)<br />

Iesus schlief, während der Sturm tobte. E r schlief so fest, daß man<br />

Ih n wecken mußte. Wie konnte E r nur in einer solchen Stunde<br />

schlafen) Hatte E r so gute Nerven) Aber wer hat denn gute Nerven)<br />

Sicherlich erst einmal der, der mit dem psalmisten glaubt: „ w e r unter<br />

dem Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen<br />

bleibt, der spricht zu dem Herrn: Meine Zuversicht und<br />

meine Burg, mein Gott, auf den ich hoffe". Verläßt sich einer darauf,<br />

dann umgibt ihn sein Glaube wie eine unsichtbare Schutzwehr und<br />

läßt <strong>die</strong> Gefahr im Schlafe an ihm vorübergehen. Daß unser Herr<br />

schlief, das ist ein Zeichen Seiner Menschheit. Denn Menschen m üssen<br />

schlafen. Aber daß E r in einer solchen Lage schlafen konnte, ist<br />

ebensosehr ein Zeichen Seiner Gottheit. W er von uns könnte das)<br />

Als Iesus geweckt worden war, bedrohte Er w in d und Wellen. Da<br />

wurde es sofort ganz still. Über <strong>die</strong>se Stille erschrecken <strong>die</strong> Iünger noch<br />

mehr als vorher über den Sturm . Sie sagen: „ w a s ist das <strong>für</strong> ein<br />

Mann, daß Ihm W ind und Meer gehorsam sind)"


?öo<br />

S. Seid niemand nichts schuldig, denn<br />

daß ihr euch untereinander liebet; denn<br />

wer den andern liebt, der hat das Gesetz<br />

erfüllet.<br />

g. Denn was da gesagt ist: „Du sollst<br />

nicht ehebrechen; du sollst nicht töten;<br />

du sollst nicht stehlen; du sollst nicht<br />

falsch Zeugnis geben; dich soll nichts<br />

Woche des 4 . Sonntags nach Epiphanias<br />

D ie Epistel<br />

gelüsten", und so ein andres Gebot<br />

mehr ist, das wird in <strong>die</strong>sem Wort<br />

zusammengefassct: „Du sollst deinen<br />

Nächsten lieben als dich selbst."<br />

-o. Die Liebe tut dem Nächsten nichts<br />

Böses. So ist nun <strong>die</strong> Liebe des Gesetzes<br />

Erfüllung. Röm. ;s, r—-0<br />

Redet das Evangelium des heutigen Sonntages zu uns vom (Flauheit,<br />

so <strong>die</strong> Epistel von der Liebe. Glaube und Liebe hängen zusammen.<br />

Der Glaube an Gott, der sich in Iesus Christus offenbart hat, treibt<br />

zur Liebe. I n Christus begegnet uns Gott als der Gott der Liebe. Die<br />

Götzen aber treiben ihre Anbeter, daß sie <strong>die</strong> Ehe brechen, ihre M itmenschen<br />

beleidigen, verletzen oder töten, ihnen Geld und G ut abnehmen,<br />

niemals mit dem zufrieden sind, was sie haben, sondern nach dem<br />

verlangen, was <strong>die</strong> andern haben. Sie reizen heute zum Übermut und<br />

stürzen morgen in Angst. Darum ist <strong>die</strong> W elt so voll von Ehebruch.<br />

Zank, Haß, Mord, Habsucht, böser Begierde und — von Angst.<br />

W ohl geben sich <strong>die</strong> Menschen Gesetze und strafen <strong>die</strong> gröbsten S ü n ­<br />

den. Aber damit kommen sie dem Übel nicht an <strong>die</strong> Wurzel. Denn <strong>die</strong><br />

Wurzel ist der falsche Glaube, w ie soll es nicht zum Ehebruch kommen,<br />

wo weder verzeihen ist noch Geduld? w ie soll es nicht zu Haß,<br />

Mord, Betrug, Übervorteilung kommen, wo einer ständig Angst hat<br />

um sein bißchen Leben? E s hängt alles am Glauben.<br />

W o Christus regiert, da wissen <strong>die</strong> Menschen, daß ihr Glück weder<br />

von der irdischen Liebe, noch vom Gelde, noch von der Macht, noch<br />

von sonst einem irdischen G ut abhängt, sondern nur von Gott, der<br />

Sich in Christus offenbart hat. Die himmlische Liebe allein gibt <strong>die</strong><br />

R ra ft, das Gesetz zu erfü llen .<br />

D a s Lied der Woche<br />

Such, wer da will, ein ander Ziel<br />

Als Pfarrer Georg weissel im Iahrc ;ö r3 sein Pfarramt an einer<br />

neu erbauten Rirche zu Lönigsberg (Alt-Roßgärtsche Äirche) antrat,<br />

hat er <strong>für</strong> seine Linführungsfeicr <strong>die</strong>ses Lied gedichtet. Es ist ein persönliches<br />

Zeugnis des neuen Seelsorgers, der damit zugleich der Ge-


Angst<br />

111<br />

meinde Rechenschaft darüber ablegt, wie er sie zu leiten und führen<br />

gedenke.<br />

<strong>Das</strong> Lied beginnt (z u. r) mit einem klaren evangelischen Bekenntnis<br />

zu Christus als dem einzigen „Mann, der helfen kann", um dann (3)<br />

<strong>die</strong> neue <strong>Gemeinde</strong> herzlich und dringend zu bitten, mit ganzer Hingabe<br />

den Herrn als Heiland zu suchen und im Glauben festzuhalten.<br />

Nun wird das Lied (4 u. 5) zum innigen Gebet in Christi Namen (4)<br />

um Hilfe in den Leiden des Lebens unter dem gläubigen Ausblick auf<br />

<strong>die</strong> ewige Herrlichkeit in Christus (s).<br />

Der Dichter ist uns schon durch sein Adventslied „Macht hoch <strong>die</strong> Tür"<br />

bekannt. Auch mit <strong>die</strong>sem Liede hat er uns ein Geschenk gegeben, das<br />

<strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> lieb und wert hält. Dem kernhaften Text entspricht <strong>die</strong><br />

Frische der eigenen Melo<strong>die</strong>.<br />

D a s Gebet der Woche<br />

Herr, allmächtiger G ott, D u hast Deinen Sohn gesetzt über das<br />

Werk Deiner Hände, W ind und M eer müssen Ih m gehorchen:<br />

w ir bitten Dich, gib Deinem Worte L raft, daß Dein Reich<br />

wachse und Macht gewinne und alle Kreatur frei werde zu der herrlichen<br />

Freiheit Deiner Linder, durch Iesum Christum, unsern<br />

Herrn. Amen.<br />

Angst<br />

Gottes Offenbarung wendet sich an den Menschen, wie er in Wirklichkeit ist,<br />

wie er mitten im rauhen Leben steht. Da stößt nun Christus mit Seinem Wort<br />

auf eine allgemeine menschliche Not, <strong>die</strong> sich auf <strong>die</strong> Dauer nicht wegleugnen<br />

läßt. <strong>Das</strong> ist <strong>die</strong> Angst. Christus sagt: „In der Welt habt ihr Angst"<br />

(Ioh. ?S, ss).<br />

l . Unser Leben ist von allen Seiten von Mächten umschlossen, von denen wir<br />

nicht wissen, wie sie sind, was sie uns anhaben wollen und wie sie uns beikommen<br />

werden. Unser Leben ist eingehüllt in eine unberechenbare und unübersehbare<br />

Welt. Daß ich von anderen Wesen, von toten und lebendigen Dingen<br />

umgeben bin, heimlich bedroht von Gewalten, <strong>die</strong> meinem willen nicht gehorchen,<br />

<strong>die</strong> sich mir nähern und mich umlauern und umklammern, kurz, daß<br />

ich nicht Herr über mein Leben bin — das engt mich in unerträglicher weise<br />

ein. Aus <strong>die</strong>ser Lebens-Enge erwächst meine Lebens-Angst. <strong>Das</strong> Wort, das <strong>die</strong><br />

Bibel <strong>für</strong> „Angst" gebraucht, heißt „Enge", „Druck", „Bedrängnis". Die Heilige<br />

Schrift weiß, daß wir überhaupt in «ine Welt gestellt sind, <strong>die</strong> durch<br />

H<strong>Das</strong> <strong>Kirchenbuch</strong>


-br<br />

w ach« des 4. S o n n ta g s nach E p ip h a n ia s<br />

Lrankheit des Leibes und der Seele, durch Sünde und Niedertracht, durch Not<br />

und Tod als großer allgemeiner Druck auf uns lastet. Mensch sein heißt: In<br />

der Welt der Angst stehen. „Angst" ist ein bestimmtes Merkmal unseres<br />

Menschentums.<br />

„Angst" ist nicht zu verwechseln mit „Furcht". Furcht richtet sich auf<br />

etwas Bestimmtes: Der Mensch <strong>für</strong>chtet <strong>die</strong>sen oder jenen Menschen, <strong>die</strong>ses<br />

oder jenes Ereignis, <strong>die</strong>se oder jene Latastrophe. Aber <strong>die</strong> „Angst" überfällt<br />

ihn und hält ihn gefangen auch da, wo kein besonderer Anlaß ist, wo es ihm<br />

aber zum Bewußtsein kommt, daß er eingekerkert ist in ein <strong>Das</strong>ein, das aller<br />

mutigen menschlichen Hoffnung zum Trotz <strong>die</strong> Merkmale von Tod und Sünde<br />

an sich trägt. <strong>Das</strong> Unbestimmte und Unheimliche, das damit auf uns liegt,<br />

macht uns zu „Menschen der Angst".<br />

r. w o h er <strong>die</strong>ser Zustand, der sich nicht nur etwa bei schwachen Naturen, sondern<br />

überhaupt in der Menschheit findet? Der <strong>für</strong> Heiden — das sind meist<br />

goktes<strong>für</strong>chtigc Menschen und Völker, nur ohne Christus — geradezu katastrophal<br />

ist! Ist doch sprichwörtlich auch bei uns das Wort von der „Heidenangst"!<br />

Lein Mensch kann uns da<strong>für</strong> <strong>die</strong> Erklärung geben. Luther entnahm<br />

sie der Heiligen Schrift und fand sie bald in eigener Erfahrung bestätigt. Die<br />

Heilige Schrift sagt, daß <strong>die</strong> Engigkeit unseres <strong>Das</strong>eins ihren Grund darin<br />

habe, daß wir in einer „gefallenen Schöpfung" leben, <strong>die</strong> unter dem<br />

Zorn G ottes stehe. Darum wußte er, daß <strong>die</strong> Mächte, <strong>die</strong> den Menschen<br />

danicderhaltcn, — Sünde, Tod und Teufel — ihm immer mehr <strong>die</strong> „Welt<br />

enge machen", so daß er sich am liebsten „verkriechen" möchte, um nicht durch<br />

den Gesamtdruck zerpreßt zu werden. <strong>Das</strong> Gleiche gilt <strong>für</strong> solche Menschen, <strong>die</strong><br />

zwar das Gesetz (<strong>die</strong> ;o Gebote) gelten lassen, aber nicht an das Evangelium<br />

in Christus glauben, das dem Gesetz den Fluch der Unerfüllthcit und <strong>die</strong> Macht<br />

des Todesurteils über uns genommen hat. w a s Luther außerhalb der lichten<br />

Offenbarung in Christus vom walten Gottes in Natur und Geschichte spürte,<br />

nannte er: w irken des „verborgenen Gottes". Diesen „verborgenen<br />

Gott" nahm er als unheimliche Macht wahr. w ie solcherlei Angst keinen wirklichen<br />

Gegenstand hat, sondern gleichsam aus dem „Nichts" entsteht, war Luther<br />

an der Stelle 3. Mose rb, Ab deutlich geworden, wo Gott spricht: „Denen, <strong>die</strong><br />

von euch übrig bleiben, will Ich ein feiges Herz machen in ihrer Feinde Land,<br />

daß sie soll ein rauschendes Blatt jagen, und sollen fliehen davor, als jagte sie<br />

ein Schwert, und fallen, da sie niemand jagt!" So kann nur Gottes Zorn das<br />

Gewissen in <strong>die</strong> Enge treiben. Dagegen fand Luther in dem Psalter, als dem<br />

Buche der angefochtenen <strong>Gemeinde</strong> und des angefochtenen Einzelnen, <strong>die</strong> reichste<br />

Zurüstung, im Gebet seine Angst auszuschütten vor dem lebendigen Gott.<br />

3. Diese Schule des Gebetes konnte er deswegen so getrost durchlaufen, weil<br />

er um <strong>die</strong> Menschwerdung Christi wußte. „<strong>Das</strong> Wort ward Fleisch" bedeutete<br />

ihm: Gott Selbst ist in <strong>die</strong> Angst unseres Lebens hinabgestiegen. Er hat<br />

<strong>die</strong> „Enge" — unsere Enge! — auf Sich genommen, als Er sich in <strong>die</strong>


Woche des 4 . Sonntags nach Epiphanias<br />

Lrippe legen ließ; da Er in <strong>die</strong> Enge der menschlichen Gedanken eintauchte;<br />

da Er am Kreuz auf Sich nahm unsere »Angst und Pein". Durch Christus<br />

hat <strong>die</strong> Welt trotz aller Enge zugleich eine neue w e ite bekommen. Sie ist<br />

nun auf einmal aufgeschlossen, nach „vorne", d. h. nach dem jüngsten Tag<br />

hin, und nach „oben", d. h. nach ihrem Erlöser hin. w ir haben einen Ausblick<br />

auf Seinen Tag und damit eine „lebendige Hoffnung" (z.petr. ?,sff.)<br />

auf ein ewiges Leben voller Friede und Freude.<br />

4. Freilich: Dem Glaubenden bleibt, solange er in <strong>die</strong>ser Welt lebt, <strong>die</strong> Anfechtung<br />

nicht erspart. Ja, der <strong>Gemeinde</strong> droht auf der Wanderschaft durch<br />

<strong>die</strong>se „Fremde" der umso heftigere widerstand der — in Christus — cntmächtigten<br />

Mächte. Es ist, als wenn <strong>die</strong> „Welt" der <strong>Gemeinde</strong> der Gläubigen<br />

heimzahlen möchte, daß gerade sie „in Christus" einen L>rt gefunden hat, da<br />

sie mitten in aller Enge des <strong>Das</strong>eins atmen und leben kann; daß <strong>die</strong> Christen<br />

„durch das Jammertal gehen und machen daselbst Brunnen" (ps. 44, 7);<br />

daß sie mit fröhlichem Munde Gott preisen mitten im „Elend" (Ap. Gesch. )b,<br />

rsff.)! Darum wird <strong>die</strong> Angst der <strong>Gemeinde</strong> in der Trübsal der letzten<br />

Zeiten noch wachsen. Überwunden und erträglich aber ist sie geworden<br />

durch den Glauben an <strong>die</strong> Verheißung Christi: „Solches habe Ich mit<br />

euch geredet, daß ihr in Mir Frieden habt".<br />

In der Welt habt ihr Angst;<br />

aber seid getrost,<br />

Ich habe <strong>die</strong> Welt überwunden.<br />

Johannes i b, 33.<br />

4-<br />

M ontag nach dem vierten Sonntag nach Epiphanias<br />

;. Freuet euch des Herrn, ihr Gerechten;<br />

<strong>die</strong> Frommen sollen Ihn<br />

preisen.<br />

r. Danket dem Herrn mit Harfen und<br />

lobsinget Ihm auf dem Psalter von<br />

zehn Saiten.<br />

3. Singet Ihm ein neues Lied; machet's<br />

gut auf Saitenspiel mit Schall.<br />

4. Denn des Herrn Wort ist wahrhaftig;<br />

und was Er zusagt, das hält<br />

Er gewiß.<br />

s. Er liebet Gerechtigkeit und Gericht;<br />

<strong>die</strong> Erde ist voll der Güte des Herrn.<br />

5. Der Himmel ist durchs Wort des<br />

Herrn gemacht und all sein Heer durch<br />

den Geist Seines Mundes.<br />

7. Er hält das Wasser im Meer zusammen<br />

wie in einem Schlauch und<br />

legt <strong>die</strong> Tiefen in das verborgene,<br />

r. Alle Welt <strong>für</strong>chte den Herrn; und<br />

vor Ihm scheue sich alles, was auf<br />

dem Erdboden wohnet,<br />

g. Denn so Er spricht, so geschieht'«;<br />

so Er gebeut, so stehet'« da.<br />

zo. Der Herr macht zunichte der Heiden<br />

Rat und wendet <strong>die</strong> Gedanken der<br />

Völker.<br />

1i- Aber der Rat des Herrn bleibet


,ö4<br />

ewiglich, Seines Herzens Gedanken<br />

<strong>für</strong> und <strong>für</strong>.<br />

zr. Wohl dem Volk, des Gott der<br />

Herr ist, dem Volk, das Er zum Erbe<br />

erwählet hat!<br />

>3. Der Herr schauet vom Himmel<br />

tind siehet aller Menschen Linder.<br />

-4. von Seinem festen Thron siehet<br />

Er auf alle, <strong>die</strong> auf Erden wohnen.<br />

;s. Er lenket ihnen allen das Herz;<br />

Er merket auf alle ihre Werke,<br />

ib. Einem Lönige hilft nicht seine<br />

große Macht; ein Ries« wird nicht errettet<br />

durch seine große Lraft.<br />

Woche des 4 . Sonntags nach Epiphanias<br />

)7. Rosse helfen auch nicht, und ihre<br />

groß« Stärke errettet nicht,<br />

is. Siehe, des Herrn Auge siehet auf<br />

<strong>die</strong>, so Ihn <strong>für</strong>chten, <strong>die</strong> auf Seine<br />

Güte hoffen,<br />

zg. daß Er ihre Seele errette vom<br />

Tode und ernähre sie in der Teuerung,<br />

ro. Unsre Seele harret auf den Herrn;<br />

Er ist unsre Hilfe und Schild,<br />

r;. Denn unser Her; freuet sich Sein,<br />

und wir trauen auf Seinen heiligen<br />

Namen.<br />

rr. Deine Güte, Herr, sei über uns,<br />

wie wir auf Dich hoffen. Psalm 33<br />

Ein Loblied der Allmacht und Güte Gottes, aus lebendigem Glauben<br />

heraus gesungen! Ein „neues Lied", das heißt nicht: ein neuartiges<br />

oder andersartiges Lied, sondern das Gegenterl des ewig alten Liedes<br />

der Sorge, des Iammerns und Rlagens, wie es <strong>die</strong> Menschen unter<br />

sich immer wieder anzustimmen pflegen als das Lied des „alten<br />

Adam", des glaubcnsträgen, hoffnungslosen Menschen. <strong>Das</strong> „neue<br />

^ Lied" aber ist das Lied, das aus einem erneuerten Herzen heraus gesungen<br />

wird, einem Herzen, das wiedergeboren ist durch Gottes lebendiges<br />

W ort, das nun wieder hören kann, was G o tt spricht, begreifen<br />

kann, was Gott uns zum H eil beschlossen hat, sehen kann,<br />

wie das Auge G o tte s auf <strong>die</strong> herniedcrschaut, <strong>die</strong> Ih n <strong>für</strong>chten. —<br />

w ie Gott unerschöpflich in Seinem Wesen und Seinen Gaben ist,<br />

so klingt das „neue Lied" aus gläubigem Herzen in unverminderter<br />

Arische durch <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> des Herrn, gleichviel ob es alt und bekannt<br />

oder neu erdacht ist, ob es aus jugendfrischcm Munde gesungen wird,<br />

oder ob Greise es anstimmen. — „Gelobt sei Gott und der Vater unseres<br />

Herrn Jesu Christi, der uns nach Seiner großen Barmherzigkeit<br />

wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch <strong>die</strong> Auferstehung<br />

Jesu Christi von den Toten".<br />

Die andere Lesung: ;. Mose 4, ;—z;.<br />

Dienstag nach dem vierten Sonntag nach Epiphanias<br />

4. Darum sprich zu ihnen: So spricht s. Dennoch will ja <strong>die</strong>s Volk zu Jeder<br />

Herr: w o ist jemand, so er fällt, rusalem irregehen <strong>für</strong> und <strong>für</strong>. Sie<br />

der nicht gerne wieder aufstünde) w o halten so hart an dem falschen Gottcsist<br />

jemand, so er irregeht, der nicht <strong>die</strong>nst, daß sie sich nicht wollen abgerne<br />

wieder zurechtkäme)<br />

wenden lassen.


Woche des 4 . Sonntags nach Epiphanias ?S5<br />

b. Ich sehe und höre, daß sie nichts<br />

Rechtes reden. Reiner ist, dem seine<br />

Bosheit leid wäre und der spräche:<br />

w a s mache ich doch! Sie laufen alle<br />

ihren Lauf wie ein grimmiger Hengst<br />

im Streit.<br />

7. Ein Storch unter dem HimMel<br />

weiß seine Zeit, eine Turteltaube, Äranich<br />

und Schwalbe merken ihre Zeit,<br />

wann sie wiederkommen sollen; aber<br />

Mein Volk will das Recht des Herrn<br />

nicht wissen. Ier. r, 4—7<br />

E s ist das erschütterndste Zeichen der Macht des Widersachers, daß<br />

er uns Menschen taub machen kann <strong>für</strong> das Hören des helfenden W ortes<br />

Gottes. Jeder Mensch hat ein verlangen nach Gott. Aber da, wo<br />

Christus <strong>die</strong> Lirche baut, baut daneben der Teufel seine Lapelle und<br />

lockt uns mit falscher Verkündigung. Und weil <strong>die</strong>se dem Menschen<br />

schmeichelt, weil <strong>die</strong>se auch von Gott redet, aber den wahren Gott<br />

und Sein W ort, das uns zur Buße führt, nicht kennen will, geht er<br />

lieber in <strong>die</strong> „Synagoge des Satans" als in <strong>die</strong> Lirche Gottes.<br />

Die niederen Rrcaturcn alle kennen ihre Zeit, wann sie kommen sollen;<br />

aber Mein Volk will des Herrn Wahrheit nicht wissen!<br />

<strong>Das</strong> ist <strong>die</strong> L lag c G o tte s .<br />

w ie sollen w ir a n tw o rte n ? w i r können nur antworten, indem<br />

wir von Seinem W ort nicht lassen, S e in W o r t täglich begehren<br />

und hören, im N am en S e in e s S o h n e s beten, damit der böse<br />

8eind keine Macht über uns hat und wir vor dem Verderben bewahrt<br />

und in <strong>die</strong> Hrcihcit geleitet werden.<br />

Die andere Lesung: Matthäus s, r«—sr.<br />

Mittwoch nach dem vierten Sonntag nach Epiphanias<br />

g. Und Er ging von bannen <strong>für</strong>baß<br />

und kam in ihre Schule.<br />

10. Und siehe, da war ein Mensch, der<br />

hatte eine verdorrte Hand. Und sie<br />

fragten Ihn und sprachen: Ift's auch<br />

recht, am Sabbat heilen? auf daß sie<br />

eine Sache wider Ihn hätten.<br />

Aber Er sprach zu ihnen: Wer ist<br />

unter euch, so er ein Schaf hat, das<br />

ihm am Sabbat in eine Grube fällt,<br />

der es nicht ergreife und aufhebe?<br />

1r. w ie viel besser ist nun ein Mensch<br />

denn ein Schaf! Darum mag man<br />

wohl am Sabbat Gutes tun.<br />

-3. Da sprach Er zu dem Menschen:<br />

Strecke deine Hand aus! Und er<br />

streckte sie aus; und sie ward ihm wieder<br />

gesund gleich wie <strong>die</strong> andere.<br />

i 4- Da gingen <strong>die</strong> Pharisäer hinaus<br />

und hielten einen Rat über Ihn, wie<br />

sie Ihn umbrächten.<br />

;s. Aber da Iesus das erfuhr, wich<br />

Er von bannen. Und Ihm folgte viel<br />

Volks nach, und Er heilte sie alle<br />

id. und bcdcäucte sie, daß sie Ihn nicht<br />

meldeten,<br />

17. auf daß erfüllet würde, was gesagt<br />

ist durch den Propheten Iesaja,<br />

der da spricht:<br />

is. „Siehe, das ist Mein Lnecht, den<br />

Ich erwählet habe, und Mein Liebster,<br />

an dem Meine Seele Wohlgefallen


M<br />

hat; Ich will Meinen Geist auf Ihn<br />

legen, und Er soll den Heiden das Gericht<br />

verkündigen.<br />

ig. Er wird nicht zanken noch schreien,<br />

und man wird Sein Geschrei nicht<br />

hören auf den Gassen;<br />

Woche des 4 . Sonntags nach Epiphanias<br />

rs. das zerstoßene Rohr wird Er nicht<br />

zerbrechen, und den glimmenden Docht<br />

wird Er nicht auslösche», bis daß Er<br />

ausführe das Gericht zum Sieg;<br />

r;. und <strong>die</strong> Heiden werden auf Seinen<br />

Namen hoffen." Match. >r, g—ri<br />

w e il Iesu Heilungstat am Sabbat den Zorn der Pharisäer erregt,<br />

der schon zu Mordpläncn wird, entweicht Iesus in verborgene Stille,<br />

da „Seine Stunde" noch nicht gekommen ist. Als T rä g er der Liebe<br />

G o tte s steht E r frei den Gesetzen gegenüber, <strong>die</strong> uns Menschen aus<br />

Liebe gegeben sind und <strong>die</strong> niemals der Lieblosigkeit <strong>die</strong>nen dürfen. Er<br />

fährt fort, an den Ihm nachziehenden Leidenden aller Art zu wirken,<br />

und erfüllt so <strong>die</strong> tröstliche Weissagung des Propheten von dem<br />

„Rnecht Gottes", dem „Rnccht des Herrn", der, ohne Aufsehen zu<br />

erregen, ohne Lärm zu machen, in der Stille der Armen und Geringen,<br />

der gebeugten, schon aufgegebenen Schicksale barmherzig Sich annimmt<br />

und auch den Heiden das Heil verkündigt.<br />

Die andere Lesung: Iesalas so, ir—rs. rb.<br />

Donnerstag nach dem vierten Sonntag nach Epiphanias<br />

-4. Zuletzt, da <strong>die</strong> Elfe zu Tische saßen,<br />

offenbarte Er Sich und schalt ihren<br />

Unglauben und ihres Herzens Hurtigkeit,<br />

daß sie nicht geglaubt hatten denen,<br />

<strong>die</strong> Ihn gesehen hatten auferstanden.<br />

l s. Und sprach zu ihnen: Gehet hin in<br />

alle Welt, und prediget das Evangelium<br />

aller Lreatur.<br />

>t>. w er da glaubet und getauft wird,<br />

der wird selig werden; wer aber nicht<br />

glaubet, der wird verdammet werden.<br />

?7. Die Zeichen aber, <strong>die</strong> da folgen<br />

werden denen, <strong>die</strong> da glauben, sind<br />

<strong>die</strong>: In Meinem Namen werden sie<br />

Teufel austrciben, mit neuen Zungen<br />

reden,<br />

i s. Schlangen vertreiben, und so sie<br />

etwas Tödliches trinken, wird's ihnen<br />

nicht schaden; auf <strong>die</strong> Lranken werden<br />

sie <strong>die</strong> Hände legen, so wird's besser<br />

mit ihnen werden.<br />

ro. Sie aber gingen aus und predigten<br />

an allen Orten; und der Herr<br />

wirkte mit ihnen und bekräftigte das<br />

Wort durch mitfolgende Zeichen.<br />

Mark. ;S, ?4- r o<br />

Einst wohnte Gott bei den Menschen. Die ganze Lreatur war eins mit<br />

ihrem Schöpfer. Da kamen Uberhebung und Ungehorsam. Lreatur<br />

und Menschen waren von Gott geschieden. <strong>Das</strong> Zlammenschwcrt des<br />

göttlichen Zornes — <strong>die</strong> heiligen -0 Gebote — verschlossen das P a­<br />

ra<strong>die</strong>s. <strong>Das</strong> war Gottes erstes W o r t zur gefallenen Schöpfung,<br />

aber nicht das letzte. <strong>Das</strong> letzte W o r t geschah in Lhristus. I n Ihm


Woche des 4 . Sonntags nach Epiphanias<br />

wurde Gott und Mensch eins. w a s in Christus vorbildlich, sollte abbildlich<br />

in der Lreatur geschehen. Menschen wurden Linder Gottes,<br />

Träger der göttlichen Lräfte. Icsus sendet sie aus, zu predigen <strong>die</strong><br />

Wiedergeburt der Menschen und <strong>die</strong> Erneuerung der Schöpfung. Die<br />

Zeichen ihres Glaubens geschehen wie damals auch heute, draußen<br />

und daheim, erkennbar allen, aber als Gottcskraft nur vom gläubigen<br />

Auge erkannt. — Der Auftrag des Herrn gilt auch dir — an dem V rt,<br />

auf den dich Gott gestellt hat.<br />

Die andere Lesung: r. Mose ;s, )—r;.<br />

Freitag „ach dem vierten Sonntag nach Epiphanias<br />

zr. Und Gott sprach: <strong>Das</strong> ist das<br />

Zeichen des Bundes, den Ich gemacht<br />

habe zwischen Mir und euch und allen<br />

lebendigen Seelen bei euch hinfort<br />

ewiglich:<br />

?8. Meinen Bogen hab Ich gesetzt in<br />

<strong>die</strong> Wolken; der soll das Zeichen sein<br />

des Bundes zwischen Mir und der<br />

Erde.<br />

?4- Und wenn es kommt, daß Ich<br />

Wolken über <strong>die</strong> Erde führe, so soll<br />

man Meinen Bogen sehen in den<br />

Wolken.<br />

;s. Alsdann will Ich gedenken an<br />

Meinen Bund zwischen Mir und euch<br />

und allen lebendigen Seelen in allerlei<br />

Heisch, paß nicht mehr hinfort ein«<br />

Sintflut komme, <strong>die</strong> alles Fleisch verderbe.<br />

;d. Darum soll Mein Bogen in den<br />

Wolken sein, daß Ich ihn ansehe und<br />

gedenke an den ewigen Bund zwischen<br />

Gott und alle» lebendigen Seelen in<br />

allem Fleisch, das auf Erden ist.<br />

-7. Und Gott sagte zu Noah: <strong>Das</strong> sei<br />

das Zeichen des Bundes, den Ich aufcrichtct<br />

habe zwischen Mir und allem<br />

lcisch auf Erden. ;. Mos. g, —-7<br />

w ie der Regenbogen ein Zeichen ist der wiederkehrenden Sonne, so<br />

soll auf Gottes Strafe Seine Huld und Güte folgen. E r läßt Seine<br />

Sonne aufgehen über Gute und Böse, über Gerechte und Ungerechte.<br />

S o soll es bleiben; so ist es geblieben: „G ott gibt täglich B rot auch<br />

wohl ohne unsere Bitte allen bösen Menschen!" Begreifst du, 0<br />

Mensch, den Reichtum solcher Güte) Oder verachtest du ihn) Oder<br />

zweifelst du an ihm) S o laß dich erinnern: Gott hat Freude, Seinen<br />

Segen auszustreuen auf Erden, zu Nutz und Frommen der Menschen<br />

und Geschlechter. Und ob sie Ih n verachten und verlachen: Gott w ill<br />

Sich Seine Güte nicht nehmen lassen! Der heilige und gerechte Gott<br />

— ganz Güte! — Begreifst du, daß dich Gottes Güte zur Besinnung,<br />

zur Umkehr, zur Abkehr vom Bösen bringen möchte)<br />

Die andere Lesung: Matthäus r/, 45—54.


M<br />

Woche des 4 . Sonntags nach Epiphanias<br />

Sonnabend nach dem vierten<br />

-7. Denn siehe, Ich will «inen neuen<br />

Himmel und eine neue Erde schaffen,<br />

daß man der vorigen nicht mehr gedenken<br />

wird noch sie zu Herzen nehmen;<br />

;r. sondert, sie werden sich ewiglich<br />

freuen und fröhlich sein über dem, w as<br />

Ich schaffe.<br />

23. Sie sollen nicht umsonst arbeiten<br />

noch unzcitige Geburt gebären; denn<br />

sie sind der Same der Gesegneten des<br />

Sonntag nach Epiphanias<br />

Herrn und ihre Nachkommen mit ihnen.<br />

24. Und soll geschehen, ehe sie rufen,<br />

will Ich antworten; wenn sie noch<br />

reden, will Ich hören.<br />

25. Wolf und Lamm sollen weiden<br />

zugleich, der Löwe wird Stroh essen<br />

wie ein Rind, und <strong>die</strong> Schlange soll<br />

Erd« essen. Sie werden nicht schaden<br />

noch verderben auf Meinem ganzen<br />

heiligen Berge, spricht der Herr.<br />

Ies. bs, -7. ;ra. rs—rs<br />

Ein neuer Himmel und eine neue Erde — das ist <strong>die</strong> große Verheißung<br />

über <strong>die</strong> gegenwärtige W elt, <strong>die</strong> im argen liegt, <strong>die</strong> eine Stätte der<br />

Ungerechtigkeit, des Lugcs und Truges, des mörderlichen Hasses, ein<br />

Schlachtfeld nie aufhörender Lriegc ist. All ihre Schönheit, ihre G ü­<br />

ter und Freuden können ihr Leid nicht aus der VOelt schaffen, können<br />

das Menschenhcrz in seinem Innersten nicht ausfüllen. Darum ist <strong>die</strong>se<br />

V erh eiß u n g einer neuen ew igen W e lt des Friedens und der<br />

Freude, <strong>die</strong> Gott einmal schaffen wird, wahrhaft frohe Botschaft an<br />

uns, <strong>die</strong> das Neue Testament wiederholt und bestätigt. Darum bekennen<br />

w ir: Herr, mache mich selbst bereit <strong>für</strong> Deine neue VIelt, erneute<br />

mich durch Deinen Heiligen Geist!<br />

Die andere Lesung: Matthäus 24, 2g—ss.


5. Sonntag nach Epiphanias !bS<br />

Fünfter Sonntag nach Epiphanias<br />

D er Herr wird ans Licht bringen, w as im Unstern verborgen ist,<br />

und den R at der Herzen offenbaren.<br />

,. Aorinthee 4, s<br />

24. Er legte ihnen ein ander Gleichnis<br />

vor und sprach: <strong>Das</strong> Himmelreich<br />

ist gleich einem Menschen, der guten<br />

Samen auf seinen Acker säete.<br />

25. Da aber <strong>die</strong> Leute schliefen, kam<br />

sein Feind und säete Unkraut zwischen<br />

den Weizen und ging davon.<br />

2d. Da nun das Kraut wuchs und<br />

frucht brachte, da fand sich auch das<br />

Unkraut.<br />

27. Da traten <strong>die</strong> Knechte zu dem<br />

Hausvater und sprachen: Herr, hast<br />

du nicht guten Samen auf deinen<br />

Acker gesäct? woher hat er denn das<br />

Unkraut?<br />

D a s Evangelium<br />

22. Er sprach zu ihnen: <strong>Das</strong> hat der<br />

Hemd getan. Da sprachen <strong>die</strong> Knechte:<br />

willst du denn, daß wir hingehen und<br />

es ausjäten?<br />

2g. Er sprach: Nein! auf daß ihr nicht<br />

zugleich den Weizen mit ausrauft, so<br />

ihr das Unkraut ausjätet,<br />

so. Lasset beides miteinander wachsen<br />

bis zu der Ernte; und um der Ernte<br />

Zeit will ich zu den Schnittern sagen:<br />

Sammelt zuvor das Unkraut und bindet<br />

es in Bündlein, daß man es verbrenne:<br />

aber den Weizen sammelt mir<br />

in meine Scheuer.<br />

Match. ;s, 24—so<br />

w o ra n denken <strong>die</strong> Menschen, wenn vom Himmelreich <strong>die</strong> Rede ist?<br />

Einige denken an den D rt im Ienseits, wo <strong>die</strong> Seligen wohnen, andere<br />

an ein „Himmelreich auf Erden". <strong>Das</strong> himmlische Ienseits halten viele<br />

<strong>für</strong> einen Traum, weil sie nichts davon sehen; wenn sie aber selber<br />

den Himmel auf Erden herbeiführen wollen, erleben sie eine E nttäuschung.<br />

Darum hat Lhristus uns in Gleichnissen erklärt, was das<br />

Himmelreich ist. E s wird da Wirklichkeit, wo <strong>die</strong> Menschen an Ih n<br />

glauben. E s geht einen stillen Gang und kommt nicht so, -aß man<br />

mit Angern darauf zeigen könnte. E s kommt nicht von außen, sondern<br />

von innen her, nicht durch Begeisterung <strong>für</strong> hohe Ideale, sondern<br />

durch Erkenntnis der Sünde und Glauben an ihre Vergebung um<br />

Seinetwillen.<br />

Iesus hat in Gleichnissen davon geredet. Denn darüber kann man nicht<br />

anders reden. Aber wo wird <strong>die</strong>ses Reich, wo wird der Himmel auf<br />

Erden zur Wirklichkeit? Überall da, wo der Geist Icsu Lhristi <strong>die</strong><br />

Menschen von innen her regiert und wo sie in Ihm durch <strong>die</strong> Liebe zu<br />

einem Leibe werden, w o das geschieht, ist <strong>die</strong> w ah re Kirche. Die<br />

wahre Lirche ist also der Anfang des Himmelreiches hier auf Erden.<br />

Merken w ir nun auf eins <strong>die</strong>ser Geheimnisse.


-7- Woche des s. Sonntags nach Epiphanias<br />

<strong>Das</strong> Himmelreich ist gleich geworden einem Bauern, der guten S a ­<br />

men auf seinen Acker säte. Danach aber kam sein Feind und säte ihm<br />

Unkraut zwischen den Weizen. Erst merkt es niemand. Als aber <strong>die</strong><br />

Frucht ausgeht, entdecken <strong>die</strong> Lnechte, was geschehen ist. Sie sind entsetzt<br />

und wollen sofort ans Ausjäten gehen. Aber ihr Herr verbietet<br />

ihnen das. Sie könnten ja zugleich mit dem Unkraut auch den W eizen<br />

ausreisten. E r heißt sie warten bis zur Ernte. Dann, so sagt er,<br />

ist es Zeit, das Unkraut von dem Weizen zu scheiden. Eher nicht!<br />

„Unkraut unter dem Weizen", das ist der Zustand der Lirche, <strong>die</strong> sichtbar<br />

vor unseren Augen steht. Lann man von ihr so hohe Dinge sagen,<br />

daß sie der Anfang des Himmelreiches hier auf Erden sei) I a und<br />

nein! Ia , wenn man sie mit den Augen des Glaubens sieht; nein, wenn<br />

man sie mit den Augen des Unglaubens betrachtet. Aber <strong>die</strong> sie mit den<br />

Augen des Glaubens sehen, was können <strong>die</strong> tun, daß das Unkraut verschwindet<br />

und der Weizen Frucht bringt) Einige, <strong>die</strong> sich <strong>für</strong> besonders<br />

eifrig halten, sagen: Man muß das Unkraut ausreißen. Aber das<br />

gehl nicht. Also muß man das Unkraut in alle Ewigkeit mit dem<br />

Weizen vermengt lassen) Der Herr antwortet: Nein. Die Zeit der<br />

Ernte kommt! w enn sie da ist, ist auch der Augenblick da, Unkraut<br />

und Weizen voneinander zu scheiden. Die Ernte ist das Gericht, das<br />

am Ende aller Tage kommt. E s wird <strong>die</strong> Lirche zuerst treffen. Aber<br />

wie es Vorzeichen des Endes gibt, so gibt es auch Gottesgerichte, <strong>die</strong><br />

als Vorwehen des jüngsten Gerichts von Zeit zu Zeit über <strong>die</strong> Völker<br />

gehen, w i r nennen solche Zeiten mit einem griechischen W ort Zeiten<br />

der Lrise. Lrisis heißt zu deutsch: Scheidung. I n solchen Zeiten der<br />

Lrisis steht immer der Glaube an Christus gegen Unglaube und Afterglaube.<br />

Nicht wir Menschen, sondern Gott führt solche Scheidung<br />

der Geister herbei; w ir werden durch sie hart geprüft. E s muß sich.<br />

dann zeigen, wohin w ir gehören. Darum laßt uns merken, was der<br />

H e rr sagt: „Und um der Ernte Zeit will ich zu den Schnittern sagen:<br />

Sammelt zuvor das Unkraut und bindet es in Bündel, daß man<br />

es verbrenne; aber den Weizen sammelt mir in meine Scheuer".<br />

D ie Epistel<br />

- r. So ziehet nun an, als <strong>die</strong> Aus- vergebet euch untereinander, so jemand<br />

erwählte» Gottes, Heiligen und Gc- Llagc hat wider den andern; gleichlicbten,<br />

herzliches Erbarmen, Freund- wie Christus euch vergeben hat, also<br />

lichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld; auch ihr.<br />

- 3. und vertrage einer den andern und 14. Über alles aber ziehet an <strong>die</strong> Liebe,


5. Sonntag nach Epiphanias -7-<br />

<strong>die</strong> da ist das Band der Vollkommenheit.<br />

-s. Und der Friede Gottes regiere in<br />

euren Herzen, zu welchem ihr auch berufen<br />

seid in einem Leibe: und seid<br />

dankbar!<br />

;b. Lasset das Wort Christi unter euch<br />

reichlich wohnen in aller Weisheit;<br />

lehret und vermahnet euch selbst mit<br />

Psalmen und Lobgesängcn und geistlichen<br />

lieblichen Liedern und singet dem<br />

Herrn in eurem Herzen.<br />

-7. Und alles, was ihr tut mit Worten<br />

oder mit Werken, das tut alles in<br />

dem Namen des Herrn Jesu, und danket<br />

Gott und dem Vater durch Ihn.<br />

Rol. s, ;r— -7<br />

w e r wissen will, wie es da zugeht, wo das Himmelreich auf <strong>die</strong>se<br />

Erde kommt und unter den Menschen Wirklichkeit wird, der höre auf<br />

<strong>die</strong>sen Text. Denn er gibt uns davon ein anschauliches Bild. Der Apostel<br />

nennt in ihm <strong>die</strong> Tugenden, <strong>die</strong> das Leben eines Christen und der<br />

christlichen <strong>Gemeinde</strong> zieren: Herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Bescheidenheit,<br />

Sanftm ut, Geduld, <strong>die</strong> christliche Liebe, Dankbarkeit und<br />

zuletzt, aber nicht als das Geringste, <strong>die</strong> rechte Herzensfreude, <strong>die</strong> singen<br />

kann. w o ist das in <strong>die</strong>ser W elt zu finden? Der Apostel fügt<br />

hinzu, woher das alles kommt und wovon es <strong>die</strong> Frucht ist. E s kommt<br />

nicht aus unserer Kraft, sonder» aus Christus und Seinem W ort.<br />

Auch von Seinem Sakrament ist zwischen den Zeilen <strong>die</strong> Rede, wenn<br />

er davon spricht, daß wir in und mit Christus ein Leib sind. <strong>Das</strong> eben<br />

verbürgt das Sakrament. Die Epistel ist eine Ergänzung des Evangeliums<br />

vom heutigen Sonntag, w ie sieht es dagegen dort aus, wo<br />

das Unkraut wuchert?<br />

D a s Lied der Woche<br />

Nun laßt uns G ott dem Herren Dank sagen und Ih n ehren<br />

Dieses Lied ist ein schlichtes Danklied des aufrichtigen frommen Dichters<br />

Ludwig Helmbold aus Thüringen. Den ihm auf dem Reichstage<br />

zu Augsburg xsöb zugedachten Dichterlorberr lehnte er bescheiden ab.<br />

Als evangelischer Bekcnncr ging er seiner Professur in Erfurt verlustig<br />

und kehrte stellungs- und brotlos mit Frau und sechs Rindern in<br />

seine Vaterstadt Mühlhausen zurück. Nach gründlichen theologischen<br />

Stu<strong>die</strong>n ward er Pastor daselbst. Bald gab er „Geistliche Lieder" heraus,<br />

darunter auch <strong>die</strong>ses Lied als „Danklied nach dem Essen und sonst<br />

<strong>für</strong> allerlei w ohltaten Gottes". Im Iahre ;sgs starb der bescheidene,<br />

von seinen Freunden und Mitarbeitern hochgeschätzte Mann mit den<br />

Worten des Psalmdichters ())8, )7): „Ich werde nicht sterben, sondern<br />

leben und des Herrn Werke verkündigen".


?7r Woche des s. Sonntags nach Epiphanias<br />

<strong>Das</strong> Lied verbindet große gläubige Gedanken mit einer kindlichen Ausdrucksform.<br />

Schlicht und volkstümlich ist auch <strong>die</strong> weise, <strong>die</strong> ihm<br />

Nikolaus Selnecker, ein in Niedersachsen und Sachsen tätiger Reformator,<br />

gab. Sie ist, wie der Text, frei von jeder llberschwenglichkeit,<br />

der Ausdruck eines wahrhaftigen und gehorsamen Glaubens.<br />

4-<br />

D a s Gebet der Woche<br />

Erwecke, Herr, wir bitten Dich, <strong>die</strong> Herzen Deiner G läubigen, auf<br />

daß sie <strong>die</strong> Frucht D ein es göttlichen W esens immer völliger bringen<br />

und Deiner Gnade Hilfe dabei immer reichlicher empfangen,<br />

durch unsern Herrn Jesum Christum, D einen S oh n , welcher mit<br />

D ir und dem Heiligen Geiste lebet und regieret in Ewigkeit. Amen.<br />

D ie Heilige Schrift*<br />

1. Man mag über <strong>die</strong> Bibel denken und sagen, was man will, eines kann man<br />

nicht leugnen: w ir stehen hier vor einem Wunder. Ein Wunder ist<br />

das Zustandekommen <strong>die</strong>ses Buches. Es ist ja nicht so, daß <strong>die</strong> Bibel von<br />

einem Verfasser nach einem vorgefaßten Plan geschrieben wäre. Sie ist vielmehr<br />

eine Sammlung von Schriften, <strong>die</strong> im Lauf von etwa ;ooo Jahren von<br />

den allervcrschiedensten Männern geschrieben wurden. Ja auch <strong>die</strong> einzelnen<br />

Schriften sind zum Teil nur ganz allmählich aus verschiedenen Duellen zusammengeflossen.<br />

Und doch geht eine große Linie durch das ganze Buch<br />

hindurch, ein Geist bchrrscht alles, und eine Botschaft geht von <strong>die</strong>sem<br />

Buch aus.<br />

Und nun das andere Wunder: Dieses Buch ist abseits von der großen Menschheitskultur<br />

geschrieben von schlichten, einfachen, meist ungclehrten Menschen,<br />

von vielen wissen wir nicht einmal, wer sie waren, andere kennen wir als<br />

Fischer, Viehhüter und dergl. Und wenn auch ein kleiner Winkelkönig wie<br />

David (aus dem Hirtenstand emporgestiegen) oder ein Gelehrter wie Paulus<br />

dazugehörte, was hatte das zu bedeuten etwa gegenüber den Litcraturgrößcn<br />

und Philosophen in der Zeit der griechisch-römischen Geistcsblüte) während<br />

man aber deren Namen heute nur noch in den höheren Schulen kennt, ist <strong>die</strong><br />

Bibel weitaus das verbreiterst« Buch der Weltliteratur geworden und bis heute<br />

geblieben. Sie wird in gegen tausend Sprachen gelesen, in den Palästen der<br />

Reichen wie in den Hütten der Armen, von führenden Staatsmännern und<br />

Heerführern, von Forschern und Entdeckern ebenso wie von dem unbekannten<br />

Soldaten im Schützengraben und der Magd in der Lüche. Freund und Feind<br />

lernen aus ihr, wie streitende Geschwister sich an das Wort des gleichen<br />

Vaters gebunden wissen. Die Bibel ist auch uns von frommen vätcrn als


Die Heilige Schrift -7S<br />

heiligstes Erbe ins Leben mitgegeben, und viele der Besten in der Geschichte<br />

unseres Volkes rufen uns mit Paulus zu:<br />

Du aber bleibe in dem, das du gelernet hast,<br />

und dir vertrauet ist,<br />

sintemal du weißt, von wem du gelernet hast.<br />

r. Timotheus 3, 14.<br />

r. wenn wir <strong>für</strong> <strong>die</strong>ses Wunder eine Erklärung suchen wollen, so kann sie nur<br />

in dem Satz gefunden werden: <strong>die</strong> Bibel ist G ottes W ort. Dabei übersehen<br />

wir nicht das viele Menschliche, was in der Bibel sich findet. Die Bibel<br />

ist von Menschen geschrieben, <strong>die</strong> ihre menschlichen Eigenarten und Fehler an<br />

sich hatten. Auch in <strong>die</strong> Überlieferung des Textes mögen sich Hehler eingeschlichen<br />

haben, wenn auch kein anderes Buch aus alter Zeit so gewissenhaft<br />

an <strong>die</strong> Nachwelt überliefert worden ist, wie <strong>die</strong> Bibel. In <strong>die</strong> Bibel ist<br />

hineinverwoben das Zeitgeschehen von Menschen fremder Völker. Aber das<br />

ist nur der Hintergrund, gegen den sich der eigentliche Inhalt der Bibel abhebt.<br />

Dieser Inhalt aber ist <strong>die</strong> «Offenbarung des Heilswillens Gottes über <strong>die</strong><br />

Welt, wie er <strong>für</strong> alle Zeiten und Völker gilt. Es wird hier der letzte Sinn<br />

der Weltschöpfung, das letzte Ziel der Weltentwicklung aufgezeigt. Es wird<br />

ernst gemacht mir dem Glauben, daß Gott der Herr der Welt ist, der Seinen<br />

Anspruch geltend macht über alle Gebiete des Lebens und der sich aufmacht,<br />

Seine verlorene Welt wieder zu erobern.<br />

Nein, <strong>die</strong> Bibel ist kein Buch eines einzelnen Volkes. Sie enthält z. B. nicht<br />

eine Verherrlichung jüdischer Art. Sie ruft vielmehr <strong>die</strong>ses Volk und alle<br />

Völker unter den willen Gottes und zeigt gerade am jüdischen Volk, wie der<br />

Ungehorsam gegen <strong>die</strong>sen Ruf in Gericht und Verwerfung hineinführt. Die<br />

Bibel ist aber auch kein «vrakelbuch und ebensowenig ein wissenschaftliches<br />

Nachschlagewerk. Und sie ist kein Paragraphenbuch, das eine äußere, papierene<br />

Autorität über unser Leben ausübt. Die Bibel hat im Grund nur einen einzigen<br />

Inhalt, und das ist <strong>die</strong> große «Offenbarung Gottes in Christus. Die<br />

Schreiber der Bibel haben sich nicht selber etwas ausgedacht, sondern sie sind<br />

getroffen von der Wirklichkeit des Lebens, das in Christus erschienen ist. Sie<br />

sind Herolde, <strong>die</strong> den anbrechenden Tag des Herrn ankündigen, weil sie sein<br />

Morgenrot im Glauben schon sehen, und sie sind Zeugen von den großen<br />

Taten Gottes (Ap. Gesch. r, 11), von der einen großen Heilstat Gottes, in<br />

der all Sein Handeln gipfelt, von der Erlösung, <strong>die</strong> durch Iesus Christus geschehen<br />

ist. Indem sie das tun, wird ihr Zeugnis zum Wort Gottes an uns,<br />

durch das wir ganz persönlich aufgerufen und angefordert und heimgeholt<br />

werden.<br />

w eil du von Rind auf <strong>die</strong> Heilige Schrift weißt,<br />

kann dich <strong>die</strong>selbige unterweisen zur Seligkeit<br />

durch den Glauben an Christum Icsum.<br />

r. Timotheus 3, i s.


?74 Woche des s. Sonntags nach Epiphanias<br />

s. Die Bibel zerfällt in das Alte und das Neue Testament. Beide gehören<br />

zusammen wie Vorbereitung und Erfüllung. Wenn man <strong>die</strong> Vorbereitung<br />

wegläßt, nimmt man das Neue Testament aus dem großen endgeschichtlichen<br />

Rahmen heraus, in dem es sich selber versteht. Dann wird Jesus eine zeitgeschichtliche<br />

Größe, <strong>die</strong> mit der Zeit vergeht. Sein Werk ist aber <strong>die</strong> Wiederherstellung<br />

des ursprünglichen Sinnes der Schöpfung und <strong>die</strong> Aufrichtung der<br />

Lönigshcrrschaft Gottes, wie sie von den Propheten des Alten Bundes erschaut,<br />

von den frommen psalmsängcrn erdetet wurde, wie sie dem alten<br />

Bundesvolk als Gesetz und Verheißung vor Augen schwebt (r. Mosc zg, Kf.)<br />

und in seinem Gottes<strong>die</strong>nst als Sinnbild und Hinweis zur Darstellung kam.<br />

Aber das Alte Testament ist nur insoweit Gottes Wort, als es „Christum treibet",<br />

so Luther. Und es ist nur ein „Schatten von dem, das zukünftig war; aber<br />

der Körper selbst ist in Christus" (Lol. r, ;y). Jesus ist nicht gekommen, das<br />

Gesetz oder <strong>die</strong> Propheten aufzulösen (Match, s, -7). Er sagt vom Alten Testament:<br />

„Suchet in der Schrift, denn sie ist's, <strong>die</strong> von Mir zeuget" (Joh. s, sg).<br />

<strong>Das</strong> Alte Testament war Jesu Bibel. Aber mehr: Er ist gekommen, zu erfüllen.<br />

Er selber ist <strong>die</strong> Erfüllung; denn in Ihm wohnet <strong>die</strong> Hülle der Gottheit leibhaftig<br />

(Lol. r, g). von <strong>die</strong>ser Hülle zeugen <strong>die</strong> Evangelien, zeugen <strong>die</strong> Apostel<br />

in ihren Briefen und in ihren Taten (Apostelgeschichte). Dieses Zeugnis ist bald<br />

schlichter Bericht, wie in den drei ersten Evangelien, bald tiefsinnige Versenkung,<br />

wie im vierten Evangelium, bald scharfgeschliffene wehr und Waffe <strong>für</strong> den<br />

Kämpf der jungen <strong>Gemeinde</strong>n, wie bei Paulus. Aber in all <strong>die</strong>ser Mannigfaltigkeit<br />

spiegelt sich nur <strong>die</strong> Hülle des Reichtums der Gnade und Wahrheit,<br />

<strong>die</strong> in Jesus Christus erschienen ist.<br />

Es hat längere Zeit, beim Alten Testament sehr lange Zeit, gebraucht, bis <strong>die</strong><br />

Hrage entschieden war, welche Schriften nun wirklich Heilige Schrift und<br />

damit Kanon (Richtschnur) des Glaubens sein sollten, bis also <strong>die</strong> Bibel in<br />

ihrer heutigen Gestalt abgegrenzt war. Maßgebend war im Neuen Testament<br />

vor allem der apostolische Ursprung. Man mag bei einzelnen Schriften sich<br />

fragen, ob sie mit Recht in <strong>die</strong> Bibel kamen (z. B. bei den Apokryphen des<br />

Alten Testamentes). Aufs Ganze gesehen kann man in dem Zustandekommen<br />

der Bibel nur anbetend <strong>die</strong> göttliche Leitung erkennen. Die Richtigkeit der Auswahl<br />

ist tausendfach bestätigt durch das Zeugnis des Heiligen Geistes, der den<br />

Samen <strong>die</strong>ses Wortes Gottes in den Herzen hat aufgehen und Hrucht bringen<br />

lassen. Es gilt von der Bibel, was Petrus schreibt (r. pctr. 1, ib—lg):<br />

„w ir sind nicht klugen Habcln gefolgt, da wir euch kundgetan haben <strong>die</strong> Kraft<br />

und Zukunft unseres Herrn Jesu Christi, sondern wir haben Seine Herrlichkeit<br />

selber gesehen.<br />

Und haben desto fester das prophetische Wort,<br />

und ihr tut wohl, daß ihr drauf achtet<br />

als auf ein Licht, das da scheinet in einem dunkeln «Ort,


Woche des 5. Sonntags nach Epiphanias ,75<br />

bis der Tag anbreche,<br />

und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen."<br />

4. w a s ist uns <strong>die</strong> Heilige Schrift heute? Sie ist kein düsteres Gesetz,<br />

durch das unser Leben eingeengt wird, keine unerträgliche Last, mit der wir<br />

beladen werden (Luk. 4b), sondern das große Angebot, <strong>die</strong> frohe Botschaft,<br />

der Ruf hin zu Gott. „Ich freue mich über Deinem Wort wie einer, der eine<br />

große Beute kriegt" (ps. -jtz, ,br). So hat Luther es erlebt, und daher hat er<br />

seinem Volk <strong>die</strong> Bibel neu geschenkt, <strong>die</strong> durch <strong>die</strong> Reformation erst recht wieder<br />

zu ihrer ganzen Bedeutung erhoben worden ist. Sie ist Grund und Norm<br />

unseres Glaubens, sagt uns eindeutig, was wir zu unserm ewigen Heil brauchen,<br />

enthält alles, was <strong>für</strong> <strong>die</strong> letzten Fragen des Lebens zu wissen nottut.<br />

Sie hat <strong>die</strong> Kraft, <strong>die</strong> Menschen zu erneuern. Sie gibt <strong>die</strong> Antwort auf <strong>die</strong><br />

tiefsten Lcbensrätsel. Und sie gibt <strong>die</strong>se Antwort mit Vollmacht: „Es steht<br />

geschrieben". Darauf kann man sich verlassen, nicht weil <strong>die</strong> einzelnen Worte<br />

der Bibel göttlich inspiriert wären, sondern weil wir durch <strong>die</strong> Bibel vor <strong>die</strong><br />

Wirklichkeit des lebendigen Gottes und Seine Offenbarung in Christus gestellt<br />

werden. Darum gilt es und wird weiter gelten:<br />

Himmel und Erde werden vergehen,<br />

Matthäus 24, SS<br />

aber des Herrn Wort bleibet in Ewigkeit.<br />

;. Petrus ;, rs.<br />

-i-<br />

M ontag nach dem fünften Sonntag nach Epiphanias<br />

s;. Ein ander Gleichnis legte Er ihnen<br />

vor und sprach: <strong>Das</strong> Himmelreich<br />

ist gleich einem Senfkorn, das<br />

ein Mensch nahm und säete es auf seinen<br />

Acker;<br />

sr. welches das kleinste ist unter allem<br />

Samen: wenn es aber erwächst, so ist<br />

es das größte unter dem Kohl und<br />

wird ein Baum, daß <strong>die</strong> Vögel unter<br />

dem Himmel kommen und wohnen<br />

unter seinen Zweigen.<br />

33. Ein ander Gleichnis redete Er zu<br />

ihnen: <strong>Das</strong> Himmelreich ist einem<br />

Sauerteig gleich, den ein Weib nahm<br />

und vermengte ihn unter drei Scheffel<br />

Mehls, bis daß es gar durchsäuert<br />

ward.<br />

34. Solches alles redete Jesus durch<br />

Gleichnisse zu dem Volk, und ohne<br />

Gleichnis redete Er nicht zu ihnen,<br />

35. auf daß erfüllet würde, was gesagt<br />

ist durch den Propheten, der da<br />

spricht: „Ich will Meinen Mund auftun<br />

in Gleichnissen und will aussprechen<br />

<strong>die</strong> Heimlichkeiten von Anfang<br />

der Welt." Match. ;s, Sf— 3S<br />

Zwei Gleichnisse aus dem Munde des Herrn. Ein Gleichnis ist immer<br />

<strong>die</strong> Erklärung eines Unbekannten durch ein Bekanntes. Der Herr benutzt<br />

<strong>die</strong> Gleichnisse, um uns das Geheimnis des Reiches Gottes zu


,7S Woche des s. Sonntags nach Epiphanias<br />

erklären. <strong>Das</strong> Bekannte ist im ersten Gleichnis ein Senfkorn, das gesät<br />

wird und aufgeht und sich ausdehnt wie ein Baum. Der Herr will<br />

uns klar machen einen bestimmten Unterschied zwischen der Art des<br />

Reiches Gottes und den weltlichen Unternehmungen, <strong>die</strong> oft groß beginnen,<br />

aber doch endlich dem Nichts entgegengehen. Gottes Reich<br />

fängt klein an, geht aber einem großen und sicheren Ziel en tg e­<br />

gen. I n dem zweiten Gleichnis vom Sauerteig schildert der Herr<br />

<strong>die</strong> stille, aber u n au fh altsam e R ra f t, m it der das H im m elreich<br />

sich a u sb re ite t.<br />

Die andere Lesung: Matthäus )3, 3v—43.<br />

D ienstag nach dem fünften Son n tag nach Epiphanias<br />

rr. Da ward ein Besessener zu Ihm so. w er nicht mit Mir ist, der ist<br />

gebracht, der war blind und stumm; wider Mich; und wer nicht mit Mir<br />

und Er heilte ihn, also daß der Blinde sammelt, der zerstreuet,<br />

und Stumme beides redet« und sah. sz. Darum sage Ich euch: Alle Sünde<br />

rs. Und alles Volk entsetzte sich und und Lästerung wird den Menschen<br />

sprach: Ist <strong>die</strong>ser nicht Davids Sohn) vergeben; aber <strong>die</strong> Lästerung wider<br />

24. Aber <strong>die</strong> Pharisäer, da sie es hörten,<br />

sprachen sie: Er treibt <strong>die</strong> Teufel vergeben.<br />

den Geist wird den Menschen nicht<br />

nicht anders aus denn durch Beelzebub,<br />

der Teufel Obersten.<br />

Menschen Sohn, dem wird es ver­<br />

sr. Und wer etwas redet wider des<br />

rs. Iesus vernahm aber ihre Gedanken geben; aber wer etwas redet wider<br />

und sprach zu ihnen: Ein jcglich Reich, den Heiligen Geist, dem wird's nicht<br />

so es mit sich selbst uneins wird, das vergeben, weder in <strong>die</strong>ser noch in jener<br />

wird wüste: und eine jegliche Stadt Welt.<br />

oder Haus, so es mit sich selbst uneins ss. Setzet entweder einen guten Baum,<br />

wird, mag's nicht bestehen,<br />

so wird <strong>die</strong> Frucht gut; oder setzet<br />

rö. So denn ein Satan den andern einen faulen Baum, so wird <strong>die</strong> Frucht<br />

austreibt, so muß er mit sich selbst faul. Denn an der Frucht erkennet man<br />

uneins sein: wie mag denn sein Reich den Baum.<br />

bestehen)<br />

34. Ihr Otterngezüchte, wie könnt ihr<br />

27. So ich aber <strong>die</strong> Teufel durch Gutes reden, <strong>die</strong>weil ihr böse seid)<br />

Beelzebub austreibe, durch wen treiben w cs das Herz voll ist, des geht der<br />

sie eure Rinder aus) Darum werden Mund über.<br />

sie eure Richter sein.<br />

35. Ein guter Mensch bringt Gutes<br />

rs. So Ich aber <strong>die</strong> Teufel durch den hervor aus seinem guten Schatz des<br />

Geist Gottes austreibe, so ist ja das Herzens; und ein böser Mensch bringt<br />

Reich Gottes zu euch kommen, Böses hervor aus seinem bösen Schatz<br />

rg. Oder wie kann jemand in eines 3b. Ich sage euch aber, daß <strong>die</strong> Menschen<br />

müssen Rechenschaft geben am<br />

Starken Haus gehen und ihm seinen<br />

Hausrat rauben, es sei denn, daß er Iüngstcn Gericht von einem jeglichen<br />

zuvor den Starken binde und alsdann unnützen Wort, das sie geredet haben.<br />

ihm sein Haus beraube)<br />

Matth. ;r, rr—3ö


Woche des S. Sonntags nach Epiphanias<br />

l77<br />

w e il mit Iesus das Reich Gottes zu uns gekommen ist, ist dem Teufel<br />

der Lampf angesagt. Darum <strong>die</strong> Heilung des Besessenen. Sie soll<br />

deutlich machen, daß Iesus nicht gewillt ist, dem Teufel seine Beute<br />

zu lassen, daß E r vielmehr Macht hat, sie ihm wieder zu entreißen.<br />

Die Macht des Teufels ist groß — das weiß jeder, der einnial ernstlich<br />

in Versuchung gekommen ist und der das Leben kennt. Aber Iesus ist<br />

dennoch stärker als der Teufel. E r hat das letzte W ort. E r ist der S ieger.<br />

Ihm gegenüber gibt es <strong>für</strong> <strong>die</strong> Seinen nur das klare Entweder<br />

C)der.<br />

Solches wissen w ir aus Gottes W ort, das uns der Heilige Geist bezeugt<br />

und mannigfach auslegt. Gott be<strong>die</strong>nt sich nicht großartiger<br />

Mittel, E r schenkt uns <strong>die</strong>sen Glauben allein durch <strong>die</strong> schlichte predigt<br />

Seiner Boten, w e r I h n in S ein em W o rte nicht hören w ill,<br />

w ird I h n ü b erh au p t nicht hören, w e r aber <strong>die</strong>ses Sein W ort<br />

verspottet und bekämpft, verspottet und bekämpft den Heiligen Geist,<br />

also Gott Selber, w e r darin bcharrt, findet keine Vergebung.<br />

An einem solchen Menschen wirkt sich Gottes Gericht schon aus E r­<br />

den sichtlich aus. E r steht unter der Zwangsläufigkeit der Gesetze des<br />

Bösen, mag er auch nach außen den guten Schein zu wahren suchen.<br />

An seinen 8rüchtcn wird er dennoch erkannt. Schon seinem Reden wird<br />

<strong>die</strong> nötige Zucht und Seinem W orte <strong>die</strong> Lraft und Vollmacht fehlen.<br />

E r muß seine Iahre im Leerlauf verbringen, „wie ein Geschwätz",<br />

wo er doch einmal Rechnung legen muß über jedes W ort, das aus<br />

seinem Munde ging.<br />

Die andere Lesung: Römer —rr.<br />

Mittwoch nach dem fünften Sonntag nach Epiphanias<br />

47. Abermals ist gleich das Himmelreich<br />

einem Netze, das ins Meer geworfen<br />

ist, damit man allerlei Gattung fängt.<br />

4§. wenn es aber voll ist, so ziehen<br />

sie es heraus an das Ufer, sitzen und<br />

lesen <strong>die</strong> guten in ein Gefäß zusammen:<br />

aber <strong>die</strong> faulen werfen sie weg.<br />

4g. Also wird es auch am Ende der<br />

Welt gehen: <strong>die</strong> Engel werden ausgehen<br />

und <strong>die</strong> Bösen von den Gerechten<br />

scheiden<br />

so. und werden sie in den generösen<br />

werfen: da wird Heulen und Zähneklappen<br />

sein.<br />

sz. Und Iesus sprach zu ihnen: Habt<br />

ihr das alles verstanden? Sie sprachen:<br />

I«, Herr.<br />

sr. Da sprach Er: Darum ein jeglicher<br />

Schristgelehrtcr, zum Himmelreich gelehrt,<br />

ist gleich einem Hausvater, der<br />

aus seinem Schatz Neues und Altes<br />

hcrvorträgt. Match. ;s, 47—sr


_______________ Woche des s. Sonntags nach Epiphanias<br />

<strong>Das</strong> W ort Gottes wird allen Gliedern der Lirche gepredigt, aber<br />

nicht alle, <strong>die</strong> es hören, nehmen es an. <strong>Das</strong> ist das Äreuz, das der<br />

Äirche auferlegt ist, solange sie auf Erden wandelt. E s sind in ihv<br />

beieinander solche, <strong>die</strong> hören, und solche, <strong>die</strong> nicht hören, <strong>die</strong> Guten und<br />

<strong>die</strong> Bösen, <strong>die</strong> Heiligen und <strong>die</strong> Gottlosen. Die Äirche wird <strong>die</strong>ses<br />

Lreuz niemals abwerfen können. E s ist ihr auferlegt, damit sie sich<br />

darin übe und lerne, ihre Hoffnung allein auf Gottes Gnade zu setzen.<br />

Sie wird sich aber ebenso wenig an <strong>die</strong>ses Ärcuz gewöhnen und sich<br />

seiner rühmen dürfen. Denn es ist ihr nicht gegeben, -aß sie ihren<br />

eigene» Unglauben und ihre Gleichgültigkeit damit rechtfertige. Es<br />

ist ihr auferlegt, damit sie nicht vergesse, daß sie dem Herrn entgegengeht.<br />

E r selbst w ird richten und voneinander scheiden <strong>die</strong> Bösen<br />

und <strong>die</strong> Gerechten. Darüber aber läßt <strong>die</strong> Schrift keinen Zweifel, daß<br />

das Ende derer, <strong>die</strong> verloren sind, <strong>die</strong> ewige Verdammnis ist. w i r<br />

aber wollen nicht anders als unter Furcht und Zittern davon reden,<br />

daß in der Äirche Gute und Böse beieinander sind!<br />

Die andere Lesung: i. Lönige rr, 2—37.<br />

Donnerstag nach dem fünften Sonntag nach Epiphanias<br />

54. Er sprach aber zu dem Volk: ss. So du aber mit deinem Widersacher<br />

vor den Fürsten gehst, so tu<br />

wenn ihr eine Wolke sehet aufgehen<br />

vom Abend, so sprecht ihr alsbald: Fleiß auf dem Wege, daß du sein los<br />

Es kommt ein Regen, — und es ac- werdest, auf daß er nicht etwa dich<br />

schieht also.<br />

vor den Richter ziehe, und der Richter<br />

55. Und wenn ihr sehet den Südwind überantworte dich dem Stockmcistcr,<br />

wehen, so sprecht ihr: Es wird heiß und der Stockmcister werfe dich ins<br />

werden, — und es geschieht also. Gefängnis.<br />

Sd. Ihr Heuchler! <strong>die</strong> Gestalt der Erde 5g. Ich sage dir: Du wirst von danund<br />

des Himmels könnt ihr prüfen: nen nicht herauskommen, bis du den<br />

wie prüfet ihr aber <strong>die</strong>se Zeit nicht? allerletzten Schcrf bezahlest.<br />

57. Warum richtet ihr aber nicht von<br />

Luk. ;r, 54—sg<br />

euch selber, was recht ist?<br />

E s ist kein Geheimnis, daß der Mensch vom Wetter abhängig ist. Es<br />

ist auch kein Geheimnis, daß der Mensch das W etter mit ziemlicher<br />

Sicherheit vorausbestimmcn und berechnen kann. Aber es bleibt das<br />

Geheimnis des Glaubens, daß eben der Mensch — gewisse Zeichen<br />

seiner Zeit nicht zu deuten weiß. Entweder fehlt es ihm an Nüchternheit<br />

oder am Glauben. Entweder besaht er alles und nimmt blindlings<br />

hin, w as ihm geboten wird, oder er verneint starr und stur. S o oder


Woche des S. Sonntags nach Epiphanias________________ ?7S<br />

so aber entzieht er sich dem, der der Herr ist auch über <strong>die</strong>se seine Zeit.<br />

w ie anders der, welcher im Geiste Christi <strong>die</strong> Zeit, in der er lebt, ansieht<br />

und zu deuten versteht! Ih n werden auch <strong>die</strong> schönsten Hoffnungen<br />

nicht darüber hinwegtäuschen können, daß wir in einer W elt<br />

leben, <strong>die</strong> einmal ihrem Ende zugeht. Und er wird auch in den trüben<br />

Erfahrungen nicht vergessen, daß mit dein Ende <strong>die</strong>ser W elt der Herr<br />

kommt und <strong>die</strong> Herrlichkeit Seines Reiches. Durch den G lau b en<br />

w ird E r ein H err sein über <strong>die</strong>se Z eit, ihre freundlichen und dunklen<br />

Stunden, so wie er durch den Glauben ein Herr ist über alle Rechthaberei<br />

und Rachsucht im Streit mit dem Bruder.<br />

Die andere Lesung: ;. Timotheus 4, z—r.<br />

Freitag nach deni fünften Sonntag nach Epiphanias<br />

;. Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet<br />

werdet.<br />

r. Denn mit welcherlei Gericht ihr<br />

richtet, werdet ihr gerichtet werden;<br />

und mit welcherlei Maß ihr messet,<br />

wird euch gemessen werden.<br />

8. Was siehest du aber den Splitter in<br />

deines Bruders Auge, und wirst nicht<br />

gewahr des Balkens in deinem Auge?<br />

4. Oder wie darfst du sagen zu deinem<br />

Bruder: Halt, ich will oir den Spliter<br />

aus deinem Auge ziehen, — und<br />

siehe, ein Balken ist in deinem Auge?<br />

5. Du Heuchler, zieh am ersten den<br />

Balken aus deinem Auge; darnach<br />

besiehe, wie du den Splitter aus deines<br />

Bruders Auge ziehest!<br />

Matth. 7, s<br />

Für den Verkehr der Christen unter einander ist maßgebend das „Gesetz<br />

Christi", das ist das Gesetz der Liebe. Nach <strong>die</strong>sem Gesetz trägt<br />

einer des anderen Last, hilft einer dem andern zurecht, wenn er von<br />

einem Fehler übereilt wird, verzeiht einer dem andern, wenn er ihm<br />

weh getan hat. w e r in dem andern seinen Nächsten sieht, stellt sich<br />

neben, nicht über ihn, denkt von dem andern nicht geringer als von sich<br />

und achtet in ihm das Ebenbild Gottes. Die natürliche Selbstsucht<br />

handelt anders. Sie fordert, ohne zu geben, stellt Ansprüche, <strong>die</strong> sie<br />

selber nicht erfüllt. Christus geißelt im heutigen Schriftabschnitt eine<br />

besondere A rt L ieblosigkeit, <strong>die</strong> weit verbreitet ist: das Richten,<br />

w e r „richtet", urteilt unrecht, denn er legt an den Nächsten einen andern<br />

Maßstab an als an sich selbst, er beurteilt den Bruder nach einzelnen<br />

fehlerhaften Taten und schätzt dabei sich selbst als fehlerlos ein.<br />

Darin liegt eine schwere Ungerechtigkeit, <strong>die</strong> sich zu einer bösen Heuchelei<br />

entwickelt. M it Nachdruck warnt hier Iesus <strong>die</strong> Anfänger im christlichen<br />

Glauben vor solchem Richten. Sie haben viel angeborene menschliche<br />

Selbstsucht zu überwinden und müssen wohl zusehen, daß sie


?ro<br />

Woche des s. Sonntags nach Epiphanias<br />

nicht der Heuchelei verfallen. Christus Selber ist es, der ihnen zurccht<br />

hilft, indem E r ihnen Seine Liebe ins Herz gibt. Der geistlich gerichtete<br />

Mensch aber urteilt nicht eher, ehe Christus das W ort über ihn<br />

selbst gegeben hat.<br />

Die andere Lesung: s. Mose s3, ö.<br />

Sonnabend nach dem fünften Sonntag nach Epiphanias<br />

s. Aber der Zukunft halben unsers<br />

Herrn Jesu Christi und unsrer Versammlung<br />

zu Ihm bitten wir euch,<br />

liebe Brüder,<br />

r. daß ihr euch nicht bald bewegen<br />

lasset von eurem Sinn noch erschrecken,<br />

weder durch Geist noch durch Wort<br />

noch durch Brief, als von uns gesandt,<br />

daß der Tag Christi vorhanden<br />

sei.<br />

3. Lasset euch niemand verführen in<br />

keinerlei weise; denn Er kommt nicht,<br />

es sei denn, daß zuvor der Abfall<br />

komme und offenbart werde der<br />

Mensch der Sünde, das Lind des Verderbens,<br />

4. der da ist der Widersacher und sich<br />

überhebt über alles, was Gott oder<br />

Gottes<strong>die</strong>nst heißt, also daß er sich<br />

setzt in den Tempel Gottes als ein<br />

Gott und gibt sich aus, er sei Gott.<br />

5. Gedenket ihr nicht daran, daß ich<br />

euch solches sagte, da ich noch bei euch<br />

war)<br />

S. Und was es noch aufhält, wisset ihr,<br />

daß Er offenbart werde zu Seiner Zeit.<br />

7. Denn es regt sich schon bereits das<br />

Geheimnis der Bosheit, nur daß, der<br />

es jetzt aufhält, muß hinwcggctan<br />

werden;<br />

r. und alsdann wird der Boshafte<br />

offenbart werden, welchen der Herr<br />

umbringen wird mit dem Geist Seines<br />

Mundes und wird durch <strong>die</strong> Erscheinung<br />

Seiner Zukunft ihm ein<br />

Ende machen,<br />

g. ihm, dessen Zukunft geschieht nach<br />

der Wirkung des Satans mit allerlei<br />

lügcnhaftigcn Lräften und Zeichen<br />

und Wundern<br />

ld. und mit allerlei Verführung zur<br />

Ungerechtigkeit unter denen, <strong>die</strong> verloren<br />

werden, da<strong>für</strong> daß sie <strong>die</strong> Liebe<br />

zur Wahrheit nicht haben angenommen,<br />

auf daß sie selig würden,<br />

s z. Darum wird ihnen Gott kräftige<br />

Irrtümer senden, daß sie glauben der<br />

Lüge,<br />

>r. auf daß gerichtet werden alle, <strong>die</strong><br />

der Wahrheit nicht glauben, sondern<br />

haben Lust an der Ungerechtigkeit.<br />

r' Thess. r,<br />

Die Lirche wartet auf <strong>die</strong> Wiederkunft ihres Herrn Jesu Christi. Er<br />

wird kommen, zu richten <strong>die</strong> Lebendigen und <strong>die</strong> Toten. Sein Lommen<br />

aber ist <strong>für</strong> <strong>die</strong> Lirche <strong>die</strong> Erlösung von der Not, Verfolgung und<br />

Trübsal <strong>die</strong>ser Welt. Denn E r bringt den Eingang zum ewigen Leben<br />

und zur seligen Freude der Linder Gottes. Dem Äommen des Herrn<br />

geht voraus der Abfall des Menschen von Gott. E r will sich nicht<br />

mehr strafen lassen von Gott und tut doch so, als ob er auch noch an<br />

Gott glaube. <strong>Das</strong> „Rind des Verderbens" ist noch nicht der, der ohne<br />

Gott fertig zu werden meint, sondern der, der Gott seinen eigenen plä-


Woche des 5. Sonntags nach Epiphanias 151<br />

nen und wünschen <strong>die</strong>nstbar machen will. E r setzt sich selber an <strong>die</strong><br />

Stelle Gottes, indem er Gott und Seinem W ort nur so weit Raum<br />

gibt, als es ihm paßt. E s hat der Lirche noch immer Anfechtung bereitet,<br />

daß der Mensch sich so stolz und frech gegen Gott erheben kann<br />

und doch erstaunliche Taten vollbringt. Angesichts solcher Äräfte und<br />

Wunder ist sie versucht, an der Macht ihres Herrn zu zweifeln. Denn<br />

nur der Glaube weiß, daß der H err S elb st <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> in <strong>die</strong>se<br />

Anfechtung führt, um sie zu prüfen. E r läßt den Teufel wirken und <strong>die</strong><br />

verführen, <strong>die</strong> verloren sind. Ia , E r hilft sogar mit durch kräftige I r r ­<br />

tümer, damit sie der Lüge glauben. Und E r wird dem wirken des<br />

Teufels ein Ende bereiten zu Seiner Feit. S o vollzieht sich <strong>die</strong> Scheidung<br />

der Bösen und Guten in <strong>die</strong>ser W elt durch Den, der am Jü n g ­<br />

sten Tag jeden richten wird nach seinen Werken.<br />

Die andere Lesung: j. Johannes r, zr—rs.


-rr<br />

Woche des letzten Sonntags nach Epiphanias<br />

Letzter Sonntag nach Epiphanias<br />

Gott, der da hieß das Licht aus der Finsternis hervorleuchten, der<br />

hat uns einen hellen Schein in unsere Herzen gegeben, daß durch<br />

uns entstünde <strong>die</strong> Erleuchtung, <strong>die</strong> Erkenntnis der Alarheit Gottes<br />

in dem Angesichts Iesu Christi.<br />

r. Aorinthcr 4, b<br />

1. Und nach sechs Tagen nahm Iesus<br />

zu Sich Petrus und Iakobus und Johannes,<br />

seinen Bruder, und führte sie<br />

beiseits auf einen hohen Berg.<br />

r. Und Er ward verklärt vor ihnen,<br />

und Sein Angesicht leuchtete wie <strong>die</strong><br />

Sonne, und Seine Kleider wurden<br />

weiß als ein Licht.<br />

3. Und siehe, da erschienen ihnen Mose<br />

und Llia; <strong>die</strong> redeten mit Ihm.<br />

4. Petrus aber antwortete und sprach<br />

zu Iesu: Herr, hie ist gut sein. willst<br />

Du, so wollen wir hie drei Hütten<br />

machen: Dir eine, Mose eine und Llia<br />

eine.<br />

s. Da er noch also redete, siehe, da<br />

überschattete sie eine lichte Wolke. Und<br />

D a s Evangelium<br />

siehe, eine Stimme aus der Wolke<br />

sprach: Dies ist Mein lieber Sohn, an<br />

welchem Ich Wohlgefallen habe; Den<br />

sollt ihr hören!<br />

b. Da das <strong>die</strong> Iünger hörten, fielen<br />

sie auf ihr Angesicht und erschraken<br />

sehr.<br />

7. Iesus aber trat zu ihnen, rührte sie<br />

an und sprach: Stehet auf und <strong>für</strong>chtet<br />

euch nicht!<br />

S. Da sie aber ihre Augen aufhoben,<br />

sahen sie niemand denn Icsus allein,<br />

g. Und da sie vom Berge herabgingcn,<br />

gebot ihnen Iesus und sprach: Ihr<br />

sollt <strong>die</strong>s Gesicht niemand sagen, bis<br />

des Menschen Sohn von den Toten<br />

auferstanden ist. Match. )7, z—g<br />

Am Ende der Lpiphaniaszeit steht <strong>die</strong> Geschichte von der „Verklärung"<br />

Iesu. w a s bedeutete sie <strong>für</strong> Seine Iünger? w a s bedeutet sie<br />

<strong>für</strong> uns?<br />

Iesus nahm nicht alle Iünger mit auf den Berg der Verklärung, sondern<br />

nur drei. w aru m nur <strong>die</strong>se drei und warum verbot E r <strong>die</strong>sen<br />

dreien, den anderen etwas von dem zu erzählen, was sie gesehen hatten?<br />

w e il bis zum Tage Seiner Auferstehung Geheimnis bleiben<br />

sollte, was auf dem Berge der Verklärung geschah, w arum nur bis<br />

dahin? w e il der Auferstandene später allen Iüngern in der Herrlichkeit<br />

Seiner Verklärung erscheinen wollte. Die verklärte Gestalt,<br />

in der <strong>die</strong>se drei hier ihren Herrn erblicken, ist also eine vorwegnähme<br />

der Gestalt, <strong>die</strong> E r später als der Auferstandene haben wird. E r zeigt<br />

Sich <strong>die</strong>sen dreien schon jetzt so, um sie vorzubereiten auf das, was<br />

später kommen soll.


Letzter Sonntag nach Epiphanias<br />

w a s bedeutet <strong>die</strong>ses Gesicht ) Iesus läßt drei Seiner Iünger <strong>für</strong> einen<br />

Augenblick teilnehmen an dem Leben der Ewigkeit, das in Ihm und um<br />

Ih n war. Dabei wird ihnen klar, wer der ist, mit dem sie tagtäglich<br />

umgehen wie mit einem Menschen. Sie sehen Ihn in engster Gemeinschaft<br />

mit den großen Gottcsmännern des Alten Bundes, dem Bringer<br />

der ;o Gebote und dem ersten Propheten. Sie hören eine Stimme, <strong>die</strong><br />

ihnen sagt, E r sei Gottes Sohn und stehe über beiden.<br />

Hieraus mögen wir erraten, was unsern Herrn bewegte, wenn Er<br />

(wie oft berichtet wird) <strong>für</strong> Sich allein auf einen Berg oder an einen<br />

einsamen Ort ging. Dann kam <strong>die</strong> Ewigkeit zu Ihm . Dazu hat Er<br />

<strong>die</strong> Iünger in der Regel nicht mitgenommen. Sie hätten es nicht ertragen.<br />

Denn was <strong>die</strong> drei hier erleben, geht über <strong>die</strong> Vernunft. Die<br />

alte Wirklichkeit versinkt, und eine neue Wirklichkeit wird sichtbar. In<br />

ihr ist das Vergangene ebenso gegenwärtig wie das Zukünftige. Denn<br />

<strong>die</strong> Zeitlichkeit <strong>die</strong>ser W elt schwindet dahin wie ein Schatten. Diese<br />

ewige W elt Gottes haben jene drei Iünger auf dem Berge der Verklärung<br />

geschaut. Aus ihr ist ihnen später der Auferstandene von<br />

neuern begegnet.<br />

Der Augenblick der Verklärung dauerte nicht lange. Bald kam <strong>die</strong><br />

Wirklichkeit des alltäglichen Lebens zurück. Als sie vom Berge zu Tal<br />

stiegen und unten ankamen, trafen sie das menschliche Elend in der Gestalt<br />

eines Besessenen. Die zurückgebliebenen Iünger mühten sich vergebens,<br />

ihn zu heilen. Obwohl Iesus eben von dem Berge der Verklärung<br />

kam, nahm E r Sich <strong>die</strong>ses Elends an und heilte den armen<br />

Besessenen. Gott wurde Mensch, das bedeutet: Arbeit mit Lranken,<br />

Lampf mit Feinden, Leider» und Tod. w a s oben auf dem Berge geschah,<br />

läßt uns einen Blick tun in <strong>die</strong> Herrlichkeit des Sohnes Gottes,<br />

w a s am Huße des Berges auf Ih n wartete, lehrt uns das W ort verstehen:<br />

„E r entäußerte Sich Selbst".<br />

Und w as sagt <strong>die</strong>se Geschichte uns) Sie zeigt uns den Zwiespalt zwischen<br />

Glauben und Schauen, in dem auch wir leben. E s hat in der Geschichte<br />

je und je einige gegeben, denen etwas ähnliches geschehen ist<br />

wie <strong>die</strong>sen drei Jüngern. Der Apostel Paulus erzählt davon, wenn er<br />

an <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> in Äorinth schreibt: Ich kenne einen Menschen, es ist<br />

schon ;4 Iahre her, da wurde er in Christus — ob er noch im Leibe<br />

war, das weiß ich nicht, oder ob er schon außer dem Leibe war, das<br />

weiß ich auch nicht —, jedenfalls wurde er entrückt in den dritten Himmel.<br />

— Nicht allen geschieht dergleichen. Der Glaube fordert nicht, daß


?§4___________Woche des letzten S onntags nach Epiphanias<br />

es jeder erlebt. Die anderen Iünger, <strong>die</strong> Iesus nicht mit Sich nahm auf<br />

den Berg der Verklärung, waren nicht schlechter als jene drei. Aber es<br />

gibt zu allen Zeiten einige, <strong>die</strong> Christi Herrlichkeit so in einem Gesichte<br />

schauen. Sie reden nicht gern darüber, wie auch Paulus seinen Namen<br />

nicht nennt, obwohl er von sich selber spricht, w aru m tun sie das<br />

nicht ? w e il <strong>die</strong>ses Schauen der Herrlichkeit Christi ein besonderes Geschenk<br />

Gottes ist, das man nicht erstreben soll.<br />

?s. Den» wir sind nicht klugen Zabeln<br />

gefolgt, da wir euch kundgetan haben<br />

<strong>die</strong> Kraft und Zukunft unsers Herrn<br />

Iesu Christi; sondern wir haben Seine<br />

Herrlichkeit selber gesehen,<br />

>7- da Er empfing von Gott, dem<br />

Vater, Ehre und preis durch eine<br />

Stimme, <strong>die</strong> zu Ihm geschah von der<br />

großen Herrlichkeit: „Dies ist Mein<br />

lieber Sohn, an dem Ich Wohlgefallen<br />

habe."<br />

Und <strong>die</strong>se Stimme haben wir gehört<br />

vom Himmel geschehen, da wir<br />

mit Ihm waren auf dem heiligen<br />

Berge.<br />

D ie Epistel<br />

I g. Und wir haben desto fester das<br />

prophetische Wort, und ihr tut wohl,<br />

daß ihr darauf achtet als auf ein Licht,<br />

das da scheinet in einem dunkeln Ort,<br />

bis der Tag anbreche und der Morgenstern<br />

aufgehe in euren Herzen,<br />

ro. Und das sollt ihr <strong>für</strong> das erste<br />

wissen, daß keine Weissagung in der<br />

Schrift geschieht aus eigener Auslegung.<br />

ri. Denn es ist noch nie keine Weissagung<br />

aus menschlichen willen hervorgebracht,<br />

sondern <strong>die</strong> heiligen Menschen<br />

Gottes haben geredet, getrieben<br />

von dem Heiligen Geist.<br />

r. petr. ;, z b—r;<br />

Hier spricht einer zu uns, der von sich sagt, er sei mit auf dem Berge<br />

der Verklärung gewesen. Aber was sagt er? E r sagt nicht: Seht zu,<br />

daß auch ihr einer solchen Erscheinung des Herrn gewürdigt werdet,<br />

wie w ir sie gehabt haben. E r sagt vielmehr, daß <strong>die</strong>se Erscheinung ihn<br />

dazu treibe, dem prophetischen W ort um so mehr zu glauben. E r<br />

warnt vor Fabeln und Sagen, <strong>die</strong> sich <strong>die</strong> Menschen mit ihrer eigenen<br />

Einbildungskraft ersinnen, und ermähnt <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong>, daß auch sie<br />

an dem geschriebenen Gotteswort festhalten solle. Offenbarungen und<br />

Gesichte sind nicht jedermanns Sache; aber <strong>die</strong> Schrift ist ein Licht,<br />

das jedem leuchtet, der sich ernsthaft um ihren S inn bemüht und sich<br />

durch Gottes Geist zu ihrem rechten Verständnis leiten läßt. Einmal<br />

kommt der Tag, an dem wir alle Gott von Angesicht zu Angesicht<br />

schauen werden.<br />

Ist das wirklich genug? Gibt es nicht vielerlei Schriftauslegungen,<br />

und ist es nicht schwer, sich darin zurechtzufinden? Sind alle W eissagungen<br />

wirklich von Gott, oder ist auch Mcnschcnwort in der


Letzter Sonntag nach Epiphanias<br />

;sö<br />

Schrift? Darauf antwortet der Apostel: Ohne den Geist Gottes kann<br />

niemand <strong>die</strong> Schrift richtig auslegen. Da<strong>für</strong>, ob ein Ausleger Gottes<br />

Geist hat, gibt es Zeichen. <strong>Das</strong> erste ist <strong>die</strong> Demut: Daß er nichts anderes<br />

als bloß ein Ausleger sein will. <strong>Das</strong> andere ist <strong>die</strong> Gewißheit um<br />

<strong>die</strong> Rraft des göttlichen W ortes, <strong>die</strong> sich auf eine seltsame weise mit<br />

<strong>die</strong>ser Demut verbindet. <strong>Das</strong> dritte ist <strong>die</strong> Übereinstimmung seiner Auslegung<br />

mit dem Ganzen der Schrift: Daß sie ständig auf <strong>die</strong>s Ganze<br />

bezogen ist und von ihm alles Licht erhält, statt von irgendwelchen<br />

Nebendingen, <strong>die</strong> mit dem, was <strong>die</strong> Schrift eigentlich lehrt und treibt,<br />

nichts zu tun haben. Auf <strong>die</strong> andere 8rage, ob in der Schrift nicht auch<br />

Mcnschcnwort sei, sagt der Apostel mit Bezug auf das Zeugnis der<br />

alttestamcntlichen Propheten, daß keine ihrer Weissagungen aus ihrem<br />

eigenen Geist entsprungen sei. Solche „Weissagungen" erfüllen sich<br />

nicht. Die prophetischen Weissagungen aber haben sich in Christus erfüllt.<br />

Sie haben sich anders erfüllt, als <strong>die</strong> Propheten selber gedacht<br />

haben; aber darin zeigt sich ja gerade, daß sie vom Geiste Gottes eingegeben<br />

wurden.<br />

Dies zu wissen, ist sehr nötig <strong>für</strong> uns, damit wir nicht meinen, <strong>die</strong><br />

Schrift allein genüge nicht, sondern wir müßten eigene Offenbarungen<br />

und Gesichte zu Hilfe nehmen, w enn Gott will, so kann Er<br />

einen: Menschen auch Gesichte schenken. Aber wenn sie von Gott kommen,<br />

so sagen sie ihm nichts anderes, als was ihm <strong>die</strong> Schrift sagt.<br />

Notwendig <strong>für</strong> unser Heil sind sie nicht.<br />

D a s Lied der Woche<br />

Herr Christ, der einig G otts Sohn<br />

Ein Glaubcnszeugnis der jungen Gattin Caspar Lrucigers, des M itarbeiters<br />

Luthers in wittenberg. Luther selbst hat <strong>die</strong>ses <strong>die</strong> wahre<br />

Äraft des Evangeliums in sich schließende Lied sogleich in seine Gesangbücher<br />

aufgenommen. Die Melo<strong>die</strong> findet sich in Johann w a l-<br />

thers „wittenbcrgisch geistlich Gesangbüchlein" -s r4-<br />

Nach der gleichen weise gesungen wird ein anderes Lhristuslied:<br />

Herr Iesu, Gnadcnsonne, wahrhaftes Lebenslicht<br />

I n herzinnigen W orten singt hier der fromme Gothacr Hofrat Ludwig<br />

Andreas Götter. E r preist Iesus als <strong>die</strong> gütige Sonne seines Lebens<br />

(j), <strong>die</strong> ihin zur Erkenntnis seiner Hehler und Sünden vcrhilft


Woche des letzten Sonntags nach Epiphanias<br />

(r. 3), zu tieferer Gotteserkcnntnis führt (4), ihm Lraft verleiht zum<br />

Äampf mit dem Feinde i„ der eigenen Brust (s), <strong>die</strong> Gottes- und Menschenliebe<br />

in ihm entfacht (ö) und ihm den M ut der Wahrheit gibt,<br />

Gott in allen Seinen Werken <strong>die</strong> Ehre zu geben (7). S o betet ein Herz,<br />

in das durch Christus der helle Schein gedrungen ist (s).<br />

Als wochcnsted kann auch gesungen werden das Lied des Epiphaniasfestes<br />

und der Woche nach dem ersten Sonntag nach Epiphanias:<br />

w ie schön leuchtet der Morgenstern.<br />

D a s Gebet der Woche<br />

Allmächtiger Gott, himmlischer Vater, der D u einst D einen Sohn<br />

vom Himmel herab verklärt hast, wir bitten Dich, hilf uns, S ein<br />

W ort im Glauben willig annehmen und im Gehorsam befolgen,<br />

auf daß wir einst Miterben des L önigs der Herrlichkeit werden,<br />

durch Iesum Christum, Deinen lieben S oh n , unsern Herrn. Amen.<br />

-1-<br />

w ie der Herr Iesu s betete*<br />

Jesus kam aus einem frommen Elternhaus (Match. ig; Luk. r, 4;).<br />

Schon mit <strong>die</strong>sem Satz tut sich uns ein Blick in Jesu Beten auf. Nach der<br />

festen, frommen Sitte der Zeit hat schon das Lind Jesus aus Seinem Elternhaus<br />

einen reichen Gcbetsschatz mitbekommen. Er hat gelernt, täglich früh vor<br />

dem Aufstrahlen der Sonne das Glaubensbekenntnis zu dem Einen Gott<br />

(Mark. zr, rg. so) zu sprechen und abends mit <strong>die</strong>sem Bekenntnis jeden Tag<br />

zu beschließen. Schon in Seiner Jugend hak Er gelernt, vor jeder Mahlzeit,<br />

selbst vor dem Genuß auch nur eines Stückes Brot, den himmlischen Vater<br />

zu preisen und Ihn nach der Mahlzeit durch das Oankgebct zu ehren; aus der<br />

Geschichte von der Speisung, aus dem Abendmahlsbericht und der Emmausgcschichte<br />

wissen wir, wie <strong>die</strong>se Sitte des Tischgebetes Jesus durch Sein ganzes<br />

Leben begleitet hat. Und wenn es Lukas 4, ib heißt, daß Jesus „nach Seiner<br />

Gewohnheit" zum Gotteshaus ging, so geht auch <strong>die</strong>se fromme Gewohnheit<br />

bis in Jesu Lindestage zurück; schon als Lind hat Er inmitten der feiernden<br />

<strong>Gemeinde</strong> gebetet, gehörte doch zum Gottes<strong>die</strong>nst das gemeinsame Beten des<br />

Bekenntnisses zu dem Einen Gott, das gemeinsame Anbeten Gottes in siebenfältiger<br />

Benedciung, das stille Gebet, in dem jeder Gottes<strong>die</strong>nstbesucher seine<br />

persönlichen Anliegen vor Gottes Thron brachte, und <strong>die</strong> anbetende Heiligung<br />

des Gottesnamens, mit der der Gottes<strong>die</strong>nst schloß.


wie der Herr Iesus betete )?7<br />

In fester Gebetsordnung und frommer Gebetscrziehung ist Iesus aufgewachsen.<br />

Nein Tag in Seinem Beben ohne Morgen- und Abendgebet, keine<br />

Mahlzeit ohne Tisch- und Dankgebet, kein Gang zum Bethaus oder zum<br />

Tempel ohne Gebet, keine Astfeier ohne <strong>die</strong> Astgebcte — ahnen wir etwas<br />

davon, wie Iesu Leben vom Gebet getragen war von Lindestagcn an) Muß<br />

uns nicht <strong>die</strong> Aage bewegen: können unsere Linder anders beten lernen als<br />

Jesus — nämlich durch <strong>die</strong> treue Gebetserziehung eines frommen Elternhauses)<br />

r. Iesus hat <strong>die</strong> Gebetsordnung, in der Er von Lindheit an aufgewachsen war,<br />

Sein Leben hindurch bewahrt. Aber Er hat Sich nicht mit Morgen- und<br />

Abendgebet begnügt. Sein ganzes Leben war getragen von der Gcbetsgemcinschaft<br />

mit dem Vater. Nächtelang betet Er in der Einsamkeit (Luk.<br />

b, ir). Auch der Gcbrtskampf in Gcthscmanc ist ein nächtliches Gebet; mitten<br />

in der Nacht schreit Iesus zum Vater. Und wenn es in der Geschichte von<br />

der Heilung des Taubstummen heißt: „Er sah auf gen Himmel und seufzte"<br />

(Mark. 7, 34), so sehen wir, wie Iesus auch mitten aus dem Tagcslauf heraus<br />

einen Stoßseufzer zum Vater sendet; auch der Ruf „Vater, verkläre Deinen<br />

Namen" (Ioh. 12, 24) und <strong>die</strong> drei Gcbeksrufe am Lreuz sind solche Stoßseufzer,<br />

<strong>die</strong> Iesus mitten aus dem Leben heraus zu Gott schickt, w ie Iesu<br />

ganzes Leben, Tag und Nacht, unabhängig von Gebetsstunde und Gebetszeit,<br />

vom Gebet getragen ist, so gibt es kaum ein wichtiges Ereignis in Seinem<br />

Leben, das nicht mit dem Gebet zusammenhängt. So betet Er bei der Taufe<br />

(Luk. s, 2>), nach dem ersten Auftreten in Lapcrnaum (Mark. z, 35), nach<br />

den Zeichen, <strong>die</strong> Er vollbringt (Mark. b, 4 b); <strong>die</strong> Iünger hat Er Sich in einer<br />

Gebetsnacht erdetet (Luk. b, zr), und vor ihrer Aussendung ruft Er sie zum<br />

Gebet auf (Matth. g, 34); vor der entscheidenden Stunde von Laesarca Philipps<br />

finden wir Ihn betend (Luk. g, 14); <strong>die</strong> Verklärungsstunde ist eine Gebetsstunde<br />

(Luk. g, 24 f); nach dem Abendmahl stimmt Er mit den Iüngern<br />

den Lobgesang an (Mark. f4, 2b); vor dem Leiden betet Er <strong>für</strong> <strong>die</strong> Seinen<br />

(Luk. 22, 52; Ioh. -7) und ringt Er mit dem Vater im Gebet. Bis zur Todesstunde<br />

hat Er <strong>die</strong> Gebctsgcmcinschaft mit dem Vater festgehalten. So ist<br />

Iesus Selbst vorbildlich, wenn Er Seine Iünger ermähnt, allezeit zu beten<br />

und nicht müde zu werden (Luk. >4, ;). <strong>Das</strong> Gebet ist <strong>die</strong> tragende Lraft<br />

Seines Lebens, <strong>die</strong> alle Gnadenerfahrung und alle Not des Lebens heiligt.<br />

Spüren wir nicht, wie weit wir von Iesu Vorbild entfernt sind)<br />

3. Iesu Beten ist unendlich reich. Er bittet: in Gethsemane, auf dem Tempelplatz,<br />

am Lreuz; Er lehrt <strong>die</strong> Iünger das große Bittgebet des Vaterunsers,<br />

Er mahnt sie immer wieder zum Bitten. Er tut 8ürbitte: <strong>für</strong> den Iünger,<br />

den Er in Gefahr sieht, daß der Satan seiner mächtig werde (Luk. 22, 32),<br />

<strong>für</strong> <strong>die</strong> Iünger alle und <strong>die</strong> Lirche im hohenpriesterlichen Gebet, <strong>für</strong> <strong>die</strong> Linder,<br />

denen Er segnend <strong>die</strong> Hand aufs Haupt legt, <strong>für</strong> Sein Volk (Luk. >3, b—tz),<br />

<strong>für</strong> Seine Ainde: Vater, vergib ihnen. Und Er dankt: der Iubelruf ist ein


-rs<br />

Woche des letzten S o n n ta g s nach E p ip h a n ia s<br />

Dankgcbet (Matt!). rs. rö), ebenso <strong>die</strong> Tischgebete und das Gebet am Grade<br />

des Lazarus. Aber das Merkwürdigste an <strong>die</strong>sem Reichtum ist: wie Jesus<br />

dankt. Der Jubelruf ist ein Dank — <strong>für</strong> den Mißerfolg! „Ich preise Dich,<br />

Vater und Herr Himmels und der Erde, daß Du solches den weisen und<br />

Klugen verborgen hast und hast es den Unmündigen offenbaret. Ja, Vater,<br />

denn es ist also wohlgefällig gewesen vor Dir" (Match, i l, rs. rö). Jesus<br />

kann da danken, wo wir es nicht können. Er kann <strong>für</strong> den Mißerfolg, <strong>für</strong><br />

den Kreuzcsweg danken! Ebenso gewaltig ist das Danken Jesu in der<br />

Lazarusgcschichtc. Noch liegt Lazarus im Grabe, und doch kann Jesus sagen:<br />

„varcr, Ich danke Dir, daß Du Mich erhöret hast" (Ioh. -z, 4?). Jesus kann<br />

da danken, wo wir bitten. Er kann es, weil Sein Leben eins ist mit dem<br />

willen des Vaters, und weil in Seinem Beten <strong>die</strong> vollendete Welt Gottes,<br />

in der es nur noch Dank und Anbetung gibt, in <strong>die</strong>se unsere Welt hineinragt.<br />

Diese Einheit mit dem Vater ist das Herzstück des Betens Jesu. Außerhalb<br />

der Lreuzesgcschichte haben uns <strong>die</strong> drei ersten Evangelien nur zwei Gebete<br />

Jesu erhalten: den Jubelruf und das Gethsemancgebet. Scheinbar sind <strong>die</strong>se<br />

zwei Gebete ganz gegensätzlich, der Jubelruf ein Gebet aus höchster Höhe, das<br />

Gethsemanegcbet ein Gebet aus der Tiefe der Not. In Wahrheit stehen beide<br />

Gebete ganz nahe bei einander. In der Stunde des Jubelrufes ist scheinbar<br />

Jesu Lebenswerk gescheitert, nachdem <strong>die</strong> maßgebenden Männer des Volkes<br />

Seine Botschaft abgewiesen haben; aber in jubelndem Dankgebet unterwirft<br />

Sich Jesus im Gehorsam dem unbegreiflichen willen des Vaters und beugt<br />

Er Sich unter das Geheimnis der Erwählung der Unmündigen und Verachteten.<br />

Und Gethsemane zeigt uns denselben w eg zur Einheit mit dem Vater.<br />

Jesu Seele ist betrübt bis in den Tod. Er bittet, daß der Reich, wenn es möglich<br />

sei, a» Ihm vorübergehe. Aber Er widerruft sofort <strong>die</strong>se Bitte: „Nicht<br />

wie Ich will, sondern wie Du willst" (Matth. rd, sg). Betend hat Er Gehorsam<br />

gelernt. Aus solchem Gehorsam heraus hat Jesus das hohepriesterliche Gebet<br />

gebetet; weil Er ganz eins ist mit dem willen des Vaters, kann Er im Angesicht<br />

des Lreuzes <strong>für</strong> Sich selbst <strong>die</strong> Verklärung (Ioh. -7, ;—s), <strong>für</strong> Seine<br />

Jünger <strong>die</strong> Bewahrung der Heiligung (ro—rd) erbitten.<br />

Ihren tiefsten und schlichtesten Ausdruck hat <strong>die</strong>se Einheit Jesu mit Seinem<br />

Gott gefunden in der Gebctsanrcde: Vater. <strong>Das</strong> Wort Abba ist in der<br />

aramäischen Muttersprache Jesu ein trauliches ssamilienwort; es ist <strong>die</strong> zärtliche<br />

Anrede des Llcinkindes: „Du lieber Vater". Es ist kein Zufall, daß uns<br />

in der Gebctsliteratur der Zeit Jesu sonst nirgendwo <strong>die</strong>ses Abba als Anrede<br />

Gottes begegnet; den Menschen der Umwelt Jesu wäre es unehrerbietig erschienen,<br />

ein so alltägliches Wort auf Gott anzuwenden. Jesus denkt darüber<br />

anders. Mit alleiniger Ausnahme von Markus -s, 34 („Mein Gott, Mein<br />

Gott") redet Er Gott in allen Gebeten „Vater" an. w ir sehen daraus, daß<br />

Er ganz buchstäblich so zu Seinem himmlischen Vater redet, wie das Kleinkind<br />

zu seinem lieben Vater, so schlicht, so innig, so kindlich, so geborgen. In


Woche des letzten Sonntags nach Epiphanias<br />

isg<br />

<strong>die</strong>sem einen Wort faßt sich Jesu ganzes Beten zusammen. So hat es Paulus<br />

empfunden, wenn er zweimal sagt, es gäbe kein deutlicheres Zeichen da<strong>für</strong>,<br />

daß ein Christ den Heiligen Geist besitzt, als <strong>die</strong>ses: daß er es wagt, Jesus<br />

<strong>die</strong>ses Wort „Vater" nachzusprechen (Röm. r, 1 5 ; Gal. 4, ö). Nur in Jesu<br />

Nachfolge und Gcbetsschule, nirgendwo sonst, kann man das lernen.<br />

4. w a s wir über Jesu Beten wissen, erfährt seine Vollendung in den drei<br />

Gebetsworten vom Kreuz. In <strong>die</strong> Welt der makkabäischcn Rackegebetc<br />

ergeht <strong>die</strong> Fürbitte <strong>für</strong> <strong>die</strong> Henker: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht,<br />

was sie tun" (Luk. rs, 34). Der Gottesknecht, der als Schuldopfer (Ics. S3,-o)<br />

in den Tod geht, bezicht Seine Peiniger, <strong>die</strong> nicht wissen, daß sie den Heiland<br />

der Welt ans Kreuz schlagen, ein in den Kreis derer, denen <strong>die</strong> Sühnkraft<br />

Seines Todes gilt. Dann hören wir vom Kreuz den Gebetsruf aus der Tiefe<br />

der Gottverlassenhcit: „Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen?"<br />

(Match. L7, 4b). Selbst in der tiefsten Tiefe kann Jesus beten. Es<br />

ist ein Schriftwort (ps. rr, r), das auf Seinen Lippen liegt, und zwar ein<br />

Frageseufzer, wie wir sie so oft in den Psalmen finden, immer beides enthaltend:<br />

ein Ausschütten letzter Not und Verzweiflung und ein letztes wissen<br />

um das Gchaltenwerdcn von Gottes Hand. Nach Lukas hat Jesus mit einem<br />

Wort aus Psalm 3-, b Sein Leben ausgehaucht: „In Deine Hände befehle<br />

Ich Meinen Geist" (Luk. r3, 46). Es ist ein Wort. das man gern als Abendgebet<br />

sprach. Oftmals mag Jesus vor dem Einschlafen mit <strong>die</strong>sem Wort Seine<br />

Seele in des Vaters Hand gelegt haben. Jetzt tut Lr's auch vorm letzten Einschlafen.<br />

Ein Wort nur fügt Er dem Wortlaut des Psalmes hinzu, das<br />

Wort: Vater. In <strong>die</strong>sem einen Worte Vater liegt das hochheilige Geheimnis<br />

Seines Lebens und Seines Betens.<br />

-r-<br />

M ontag nach dem letzten Sonntag nach Epiphanias<br />

7. S o aber das Amt, das durch <strong>die</strong><br />

Buchstaben tötet und in <strong>die</strong> Steine gebildet<br />

war, Klarheit hatte, also daß <strong>die</strong><br />

Linder Israel nicht konnten ansehen<br />

das Angesicht M oses um der Klarheit<br />

willen seines Angesichtes, <strong>die</strong> doch aufhört,<br />

z. wie sollte nicht viel mehr das Amt,<br />

das den Geist gibt, Klarheit haben!<br />

tz. Denn so das Amt, das <strong>die</strong> Verdammnis<br />

predigt, Klarheit hat, wieviel<br />

mehr hat das Amt, das <strong>die</strong> Gerechtigkeit<br />

predigt, überschwengliche Klarheit.<br />

zo.D cnn auch jenes Teil, das verklärt<br />

w ar, ist nicht <strong>für</strong> Klarheit zu achten<br />

gegen <strong>die</strong>se überschwengliche Klarheit.<br />

IDenn so das Klarheit hatte, das<br />

da aufhört, wie viel mehr wird das<br />

Klarheit haben, das da bleibt.<br />

;r. Dieweil wir nun solche Hoffnung<br />

haben, sind wir voll großer Freudigkeit<br />

;s. und tun nicht wie Mose, der <strong>die</strong><br />

Decke vor sein Angesicht hing, daß <strong>die</strong><br />

Kinder Israel nicht ansehen konnten<br />

das Ende des, das aufhört.<br />

Nun aber spiegelt sich in uns allen<br />

des Herrn Klarheit mir aufgedecktem<br />

Angesicht, und wir werden verklärt<br />

in dasselbe Bild von einer Klarheit<br />

zu der andern, als vom Herrn, der<br />

der Geist ist. r. Lor. 3, 7—;s.


lS"<br />

Woche des letzten Sonntags nach Epiphanias<br />

Der Alte Bund Gottes ist umgewandelt in einen Neuen Bund. Aus<br />

dem Alten Bund leuchtet klar und deutlich heraus, wie ein Gottesmensch<br />

aussehen soll. <strong>Das</strong> ist „<strong>die</strong> Klarheit des Gesetzes": Du Mensch<br />

sollst gerecht sein. v o r der Klarheit der ;o Gebote können w ir Menschen<br />

nur immer wieder beschämt unser Angesicht verhüllen. Im<br />

Neuen Bund leuchtet <strong>die</strong> Herrlichkeit Jesu, der allein <strong>die</strong> Forderung heg<br />

Alten Bundes, <strong>die</strong> Gerechtigkeit vor Gott, erfüllt und <strong>die</strong>se Erfüllung<br />

auf <strong>die</strong> Seinen überträgt. <strong>Das</strong> ist <strong>die</strong> „überschwengliche Klarheit" des<br />

Amtes der Verkündigung im Neuen Bund: Alle unsere S ü n d e<br />

w ird von Ih m g etragen . Damit bleibt unsere Sünde Sünde. Damit<br />

bleibt <strong>die</strong> klare Bestimmtheit des göttlichen: du sollst. Aber hinter<br />

<strong>die</strong>sem „du sollst" leuchtet jetzt <strong>die</strong> B arm h erzig k eit. <strong>Das</strong> G e­<br />

setz ist erfüllt in Christus und wird nun nicht mehr zum Gericht über<br />

uns, sondern w ird helfende W eg w eisu n g G o tte s , damit wir<br />

in der Nachfolge Icsu Christi bleiben und Seine Herrlichkeit nicht verlieren.<br />

<strong>Das</strong> Amt, das <strong>die</strong> Gerechtigkeit predigt, <strong>die</strong> in Christus erfüllt<br />

ist, macht uns frei von der Vcrlorcnheit an <strong>die</strong> Sünde und vom Tode<br />

und gibt uns <strong>die</strong> Freudigkeit des Gehorsams und <strong>die</strong> Freiheit der Rinder<br />

Gottes zurück.<br />

Die andere Lesung: Matthäus ;ö, 13—ro.<br />

Dienstag nach dem letzten Sonntag nach Epiphanias<br />

I. Ist nun unser Evangelium verdeckt,<br />

so ist's in denen, <strong>die</strong> verloren werden,<br />

Herr, wir aber eure Knechte um Jesu<br />

willen.<br />

verdeckt;<br />

tz. Denn Gott, der da hieß das Licht<br />

4. bei welchen der Gott <strong>die</strong>ser Welt aus der Finsternis hervorleuchten, der<br />

der Ungläubigen Sinn verblendet hat, hat einen hellen Schein in unsre Herdaß<br />

sie nicht sehen das helle Licht des ;en gegeben, daß durch uns entstünde<br />

Evangeliums von der Klarheit Christi, <strong>die</strong> Erleuchtung von der Erkenntnis<br />

welcher ist das Ebenbild Gottes. der Klarheit Gottes in dem Angesichts<br />

5. Denn wir predigen nicht uns selbst,<br />

sondern Jesum Christ, daß Er sei der<br />

Jesu Christi. r. Kor. 4, s—S<br />

Die <strong>Gemeinde</strong> lebt von dem „hellen Schein in ihren Herzen" — nämlich<br />

von dem lebenden Christus in ihrer Mitte, w e il Christus Heiligkeit<br />

ist, reinigt sich <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> von „heimlicher Schande", von<br />

verborgenen und offenen Sünden und von den falschen Göttern,<br />

<strong>die</strong> in <strong>die</strong> Dunkelheit führen, w o das W ort Gottes unverfälscht verkündet<br />

wird, hat alles dunkle Wesen keinen Platz, sondern breiten sich<br />

aus: Wahrheit, Treue, Glaube und Liebe als <strong>die</strong> Früchte des Wortes.


Woche des letzten Sonntags nach Epiphanias<br />

Darum haben wir Sorge zu tragen, daß das W ort Gottes durch<br />

keinerlei Menschenzusatz, auch nicht durch wohlgemeinten Zusatz verdunkelt<br />

wird. Nur das unverfälschte W ort bringt uns Erlösung von<br />

der Lnechtschaft und von den Dunkelheiten des Lebens. Es bringt<br />

Rlarheit darüber, daß w ir Sünder sind und Sündenvergebung brauchen,<br />

aber es bringt auch den hellen Schein der geschehenen Vergebung<br />

der Sünden und ö ffn et uns <strong>die</strong> Augen <strong>für</strong> <strong>die</strong> großen T aten<br />

G o tte s , <strong>für</strong> Seine neue Schöpfung, <strong>die</strong> in Christus begonnen hat.<br />

Die andere Lesung: 2. Lorinther 4, 7—z r.<br />

Mittwoch nach dem letzten Sonntag nach Epiphanias<br />

Dieweil wir aber denselben Geist<br />

des Glaubens haben, nach dem, das<br />

geschrieben steht: „Ich glaube, darum<br />

rede ich", so glauben wir auch, darum<br />

so reden wir auch<br />

-4. und wissen, daß Der, so den Herrn<br />

Jesus hat auferwcckt, wird uns auch<br />

aufcrwcckcn durch Jesum und wird<br />

uns darstellen samt euch.<br />

zs. Denn es geschieht alles um euretwillen,<br />

auf daß <strong>die</strong> überschwengliche<br />

Gnade durch vieler Danksagen Gott<br />

reichlich preise.<br />

;d. Darum werden wir nicht müde;<br />

sondern, ob unser äußerlicher Mensch<br />

verdirbt, so wird doch der innerliche<br />

von Tage zu Tage erneuert.<br />

Denn unsre Trübsal, <strong>die</strong> zeitlich<br />

und leicht ist, schafft eine ewige und<br />

über alle Maßen wichtige Herrlichkeit<br />

;s. uns, <strong>die</strong> wir nicht sehen auf das<br />

Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare.<br />

Denn was sichtbar ist, das ist<br />

zeitlich: was aber unsichtbar ist, das<br />

ist ewig. r. Lor. 4,<br />

Ein Stück des Geheimnisses der Lirche wird an den Leiden des Apostels<br />

offenbar. Der Apostel sieht dem Tode entgegen, aber gerade das<br />

wird zu einem Zeugnis der Rraft Gottes, <strong>die</strong> in dem Schwachen<br />

mächtig ist. Darum verstummt der Apostel nicht, als er um seiner<br />

predigt willen in Verfolgung und Leiden gerät, sondern gerade jetzt<br />

kann er bezeugen: „Ich glaube, darum rede ich". E r glaubt und hat es<br />

erfahren, daß G o tt m ächtiger ist als <strong>die</strong>, <strong>die</strong> G o ttes P red ig er<br />

v erfo lg en und töten. E r beweist durch sein Zeugnis und durch seine<br />

Unerschrockenheit, daß es eine Freiheit hxr Gebundenen und ein Leben<br />

der Sterbenden gibt. <strong>die</strong> mehr sind, <strong>die</strong> herrlicher sind, <strong>die</strong> ganz anders<br />

den Menschen tragen als das, was <strong>die</strong> W elt „Freiheit" und „Leben"<br />

nennt.<br />

Und das ist es, was <strong>die</strong> Nicht-Thristen und <strong>die</strong> Lauen nicht verstehen,<br />

und was doch wahr ist und unerschütterlich: Reine Trübsal trübt den,


,gr<br />

Woche des letzten Sonntags nach Epiphanias<br />

bei dem Christus ist, kein Tod tötet den, dem Christus das Leben gibt.<br />

Unser Glaube ist der Sieg, der <strong>die</strong> VOelt überwunden hat!<br />

Die andere Lesung: Hebräer<br />

j—b.<br />

Donnerstag nach dem letzten Sonntag nach Epiphanias<br />

-s. Da kam Jesus in <strong>die</strong> Gegend der<br />

Stadt Läsarea Philippi und fragte<br />

Seine Jünger und sprach: w er sagen<br />

<strong>die</strong> Leute, daß des Menschen Sohn sei?<br />

14. Sie sprachen: Etliche sagen, Du<br />

seiest Johannes der Täufer; <strong>die</strong> andern,<br />

Du seiest Elia; etliche, Du seiest<br />

Jeremia oder der Propheten einer.<br />

;s. Er sprach zu ihnen: Wer sagt<br />

denn ihr, daß Ich sei?<br />

-S. Da antwortete Simon Petrus und<br />

sprach: Du bist Christus, des lebendigen<br />

Gottes Sohn!<br />

-7. Und Jesus antwortete und sprach<br />

zu ihm: Selig bist du, Simon, Ionas'<br />

Sohn; denn Zleisch und Blut hat dir<br />

das nicht offenbart, sondern Mein Vater<br />

im Himmel.<br />

;§. Und Ich sage dir auch: Du bist<br />

Petrus, und auf <strong>die</strong>sen 8elsen will ich<br />

bauen Mein« <strong>Gemeinde</strong>, und <strong>die</strong> Pforten<br />

der Hölle sollen sie nicht überwältigen.<br />

;g. Und Ich will dir des Himmelreichs<br />

Schlüssel geben: alles, was du<br />

auf Erden binden wirst, soll auch im<br />

Himmel gebunden sein, und alles, was<br />

du auf Erden lösen wirst, soll auch im<br />

Himmel los sein.<br />

20. Da verbot Er Seinen Jüngern,<br />

daß sie niemand sagen sollten, daß Er<br />

Jesus der Christ wäre.<br />

21. von der Zeit an fing Jesus an<br />

und zeigte Seinen Jüngern, wie Er<br />

müßte hin gen Jerusalem gehen und<br />

viel leiden von den Ältesten und Hohenpriestern<br />

und Schriftgelehrten und getötet<br />

werden und am dritten Tage<br />

auferstehen.<br />

22. Und Petrus nahm Ih n zu sich, fuhr<br />

Ih n an und sprach: Herr, schone Dein<br />

selbst; das widerfahrt D ir nur nicht!<br />

23. Aber E r wandte Sich um und<br />

sprach zu Petrus: Heb dich, Satan,<br />

von M ir! du bist M ir ärgerlich; denn<br />

du meinst nicht, w a s göttlich, sondern<br />

w a s menschlich ist.<br />

24. Da sprach Jesus zu Seinen Jüngern:<br />

w ill Mir jemand nachfolgen,<br />

der verleugne sich selbst und nehme<br />

sein Lreuz aus sich und folge Mir.<br />

25. Denn wer sein Leben erhalten<br />

w ill, der wird's verlieren; wer aber<br />

sein Leben verlieret um M einetwillen,<br />

der wird's finden.<br />

2b. w a s hülfe es den Menschen, so er<br />

<strong>die</strong> ganze W elt gewönne, und nähme<br />

doch Schaden an seiner Seele? C>der<br />

w a s kann der Mensch geben, damit er<br />

seine Seele wieder löse?<br />

27. Denn es wird geschehen, daß des<br />

Menschen S o h n komme in der Herrlichkeit<br />

Seines Vaters mit Seinen<br />

Engeln; und alsdann wird E r einem<br />

jeglichen vergelten nach seinen Werken.<br />

22. Wahrlich, Ich sage euch: E s stehen<br />

etliche hie, <strong>die</strong> nicht schmecken werden<br />

den Tod, bis daß sie des M enschen<br />

S o h n kommen sehen in Seinem<br />

Reich. Match, -ö, -3— 22<br />

I n unserm heutigen Text wird uns das entscheidende Zeugnis des<br />

Petrus mitgeteilt. <strong>Das</strong> Geheimnis Gottes wird offenbart: Dieser


wach« des letzten Sonntags »ach Epiphanias<br />

-gs<br />

Iesus von Nazareth ist der Sohn Gottes, der das Schicksal der W elt<br />

wendet.<br />

„Die Leute" haben über <strong>die</strong> Bedeutung Iesu verschiedene Meinung.<br />

Sie erkennen an, daß E r etwas Besonderes ist. Aber hier geht es nicht<br />

um Meinungen oder Ansichten. Hier geht es um Erkenntnis und um<br />

Bekenntnis, hier geht es um persönliche Hingabe und Gefolgschaft.<br />

Alles, was das W ort Gottes verheißt, wird erst Wirklichkeit, wo das ,<br />

geglaubt wird: „Du bist Christus, der lebendige Gottes-Sohn". Die !<br />

Äirche ist erst da unüberwindlich, wo sie lebendige Gem einde bc- I<br />

k en n tn isfreu d ig cr Christen ist.<br />

Diese Äirche hat eine ungeheure Vollmacht, w o in der <strong>Gemeinde</strong> im<br />

Glauben Sünden vergeben werden, sind sie im Namen Gottes vergeben;<br />

wo Sünden behalten werden, werden sie im Namen Gottes<br />

behalten. <strong>Das</strong> heißt: Die Gem einde hat <strong>die</strong> Schlüssel zum H im ­<br />

melreich <strong>für</strong> alle, <strong>die</strong> Christus bekennen.<br />

Unser menschliches verstehen hört hier auf. Erst der Heilige Geist gibt<br />

uns <strong>die</strong> Möglichkeit, <strong>die</strong> Geheimnisse des Reiches Gottes zu erkennen.<br />

„8leisch und B lut hat dir das nicht offenbart." w i r können nur beten,<br />

daß Gott uns das Erkennen Seines Heils schenkt.<br />

Die andere Lesung: ;. Petrus r, )—-g.<br />

8 reitag nach dem letzten Sonntag nach Epiphanias<br />

24. Nun freue ich mich in mcincin<br />

Leiden, das ich <strong>für</strong> euch leide, und erstatte<br />

an meinem 8 >cisch, was noch<br />

mangelt an Trübsalen in Christo, <strong>für</strong><br />

Seinen Leib, welcher ist <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong>,<br />

28. welcher ich ein Diener worden bin,<br />

nach dem göttlichen Predigtamt, das<br />

mir gegeben ist unter euch, daß ich das<br />

Wort Gottes reichlich predigen soll,<br />

2 b. nämlich das Geheimnis, das verborgen<br />

gewesen ist von der Welt her<br />

und von den Zeiten her, nun aber ist<br />

es offenbart Seinen Heiligen,<br />

27. denen Gott gewollt hat kundtun,<br />

welcher da sei der herrliche Reichtum<br />

<strong>die</strong>ses Geheimnisses unter den Heiden,<br />

welches ist Christus in euch, Der da ist<br />

<strong>die</strong> Hoffnung der Herrlichkeit.<br />

2?. Den verkündigen wir und vermahnen<br />

alle Menschen und lehren alle<br />

Menschen mit aller Weisheit, auf daß<br />

wir darstellen einen jeglichen Menschen<br />

vollkommen in Christo Jesu;<br />

2g. daran ich auch arbeite und ringe,<br />

nach der Wirkung Des, Der in mir<br />

kräftiglich wirket. Äol. f, 24—2g<br />

Christus schließt uns <strong>die</strong> Tür auf zu den Geheimnissen Gottes, w e r<br />

sich unter Sein W ort stellt, ist reicher, als alle Schätze der Erde<br />

machen können. E r hat Leben, Äraft, Glaube, Liebe, Hoffnung. Der<br />

Widersacher Gottes sucht <strong>die</strong> Wahrheit <strong>die</strong>ser Tatsache zu erschüttern,<br />

indem er <strong>die</strong> Iüngcr und <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> Iesu Christi immer wieder


»94<br />

Woche des legren Sonntags nach Epiphanias<br />

durch schwere Leiden und Versuchungen führt. Aber nun erweist sich<br />

<strong>die</strong> Wahrheit des Evangeliums: w o im m er C hristen unter C h risti<br />

W o r t bleiben, bleiben sie in der Liebe G o tte s , bleiben sie<br />

geborgen in G o tte s H and, in Freudigkeit, Rraft und Gelassenheit<br />

über den Verfolgern stehend.<br />

Darum freut sich der Apostel seiner Leiden, <strong>die</strong> nun <strong>für</strong> Heiden und<br />

Christen zu einem Erweis der Äraft Gottes werden. Darum preist er<br />

<strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong>, in der solches geschieht, weil auch sie durch das Predigtamt<br />

berufen wird, teilzuhaben an den Geheimnissen der Herrlichkeit<br />

Gottes.<br />

Die andere Lesung: r. Mose 34, ry—SS.<br />

Sonnabend nach dem letzten Sonntag nach Epiphanias<br />

9- Ich, Johannes, der auch euer Bruder<br />

und Mitgenosse an der Trübsal ist<br />

und am Reich und an der Geduld Jesu<br />

Lhristi, war auf der Insel, <strong>die</strong> da heißt<br />

patmos, um des Wortes Gottes willen<br />

und des Zeugnisses Jesu Lhristi.<br />

;o. Ich war im Geist an des Herrn<br />

Tag und hörcte hinter mir eine große<br />

Stimme als einer Posaune,<br />

<strong>die</strong> sprach: Ich bin das A und das<br />

V, der Erste und der Letzte; und was<br />

du siehest, das schreibe in ein Buch<br />

und sende es zu den <strong>Gemeinde</strong>n in<br />

Asien: gen Lphcsus und gen Smyrna<br />

und gen pcrganius und gen Thvatira<br />

und gen Sardes und gen Philadelphia<br />

und gen Laodizca.<br />

Und ich wandte mich um, zu sehen<br />

nach der Stimme, <strong>die</strong> mit mir redete.<br />

Und als ich mich wandte, sah ich sieben<br />

güidnc Leuchter,<br />

zs. und mitten unter den sieben Leuchtern<br />

einen, der war eines Menschen<br />

Sohne gleich, der war angetan mit<br />

einem langen Gewand und begürtec um<br />

<strong>die</strong> Brust mit einem gsldncn Gürtel.<br />

z4. Sein Haupt aber und Sein Haar<br />

war weiß wie weiße Wolle, wie der<br />

Schnee, und Seine Augen wie eine<br />

Feucrflammc,<br />

zs. und Seine Füße gleichwie Messing,<br />

das im Ofen glühet, und Seine<br />

Stimme wie groß wasseirauschen;<br />

;ö. und hatte sieben Sterne in seiner<br />

rechten Hand, und aus Seinem<br />

Munde ging ein scharf, zweischneidig<br />

Schwert, und Sein Angesicht leuchtete<br />

wie <strong>die</strong> helle Sonne.<br />

Z7. Und als ich Ihn sah, fiel ich zu<br />

Seinen Füßen wie ein Toter; und Er<br />

legte Seine rechte Hand auf mich und<br />

sprach zu mir: Fürchte dich nicht! Ich<br />

bin der Erste und der Letzte<br />

»r. und der Lebendige; Ich war tot,<br />

und siehe, Ich bin lebendig von Ewigkeit<br />

zu Ewigkeit und habe <strong>die</strong> Schlüssel<br />

der Hölle und des Todes.<br />

Dffbg. g—<br />

Die Offenbarung des Johannes ist ein prophetisches Buch, das mit den Augen<br />

des Glaubens gelesen und durch <strong>die</strong> Erleuchtung des Heiligen Geistes gedeutet<br />

sein will. Wir treffen Johannes, der nach Jesu Auferstehung <strong>die</strong> sieben<br />

Christengemeinden in Älcin-Asien leitete, in seiner Verbannung auf der kleinen<br />

ungastlichen Insel patmos im Ägäischen Meere. Nach Gottes Fügung wird <strong>die</strong>


Woche des letzten Sonntags nach Epiphanias<br />

Stätte ihm zum Segen. Lines Tages erlebt er im Zustand der Verzückung, daß<br />

sich Christus ihm naht mit dem Auftrag, <strong>die</strong> Offenbarung niederzuschreiben und<br />

sie den sieben <strong>Gemeinde</strong>n zu übermitteln. Der Prophet deutet an, wie Christus<br />

genaht sei: wie eines Menschen Sohn in pricstcrlichcm Gewände und königlichem<br />

Schmuck, umgeben von 7 flammenden vergoldeten Leuchtern. Lr strahlt<br />

den Lichtglanz der Ewigkeit aus, dem der Blick des Menschen nicht standhält.<br />

Johannes fällt nieder; Christus aber richtet ihn auf mit den Worten gütigen<br />

Trostes. <strong>Das</strong> ist auch der Grundton, der das ganze Buch der Offenbarung<br />

durchzieht.<br />

w o Gottes Geheimnisse uns begegnen, wird <strong>die</strong> Sprache des G laubens<br />

zur Anbetung und Lobpreis. Nur in Bildern vermag menschliche<br />

Sprache widerzuspiegeln, was <strong>die</strong> H errlichkeit G o tte s o ffe n ­<br />

b a rt.<br />

Johannes hört <strong>die</strong> Stimme und sieht den Sohn Gottes. Die Stimme<br />

Gottes ist unüberhörbar, sie klingt wie eine Posaune. Der Sohn G ottes<br />

ist unübersehbar: L r steht mitten unter sieben Leuchtern; das W ort<br />

gibt einen hellen Schein. Sieben Sterne hat der Sohn in Seiner<br />

Hand: <strong>Das</strong> W ort ist allem menschlichen Zugriff entzogen, es umgibt<br />

uns, wie <strong>die</strong> Sterne am Himmel uns umgeben, bei Tag und bei Nacht,<br />

ob w ir sie sehen, ob w ir sie nicht sehen.<br />

„Aus Seinem Mund ging ein scharfes Schwert": das W ort Gottes<br />

besiegt alle Feinde Christi, „Sein Angesicht leuchtet wie <strong>die</strong> Sonne"<br />

— kein Mensch kann Seinem Angesicht widerstehen.<br />

Aber der Mächtige ist der Lrbarmer. „Fürchte dich nicht — Ich bin<br />

der Erste und der Letzte und der Lebendige."<br />

Die Sterne, <strong>die</strong> uns umgeben, werden zu Seinen Boten, <strong>die</strong> Leuchter,<br />

<strong>die</strong> den hellen Schein verbreiten, stehen mitten auf der Erde: es sind <strong>die</strong><br />

<strong>Gemeinde</strong>n, <strong>die</strong> sich unter Gottes W ort stellen. Und Gottes Geheimnisse<br />

sollen unter uns offenbar werden, denn G ott ist der lebendige<br />

Gott, der au f uns zukom m t.<br />

Die andere Lesung: Philipper s, -7— r i ; 4, z.<br />

igs<br />

7'


?Sv__________ _______________________________<br />

Maria, <strong>die</strong> Mutter Iesu<br />

M a r ia ,<br />

<strong>die</strong> M utter Iesu*<br />

Unter den von Gott begnadeten Gestalten des Neuen Testamentes ist es besonders<br />

auch Maria, <strong>die</strong> Mutter Iesu, auf der unser Auge ruht. w ir schauen<br />

in ihr nicht <strong>die</strong> Himmelskönigin, sondern <strong>die</strong> schlicht« 8rau, <strong>die</strong>, obwohl Arisch<br />

von unserm Arisch und Geist von unserm Geist, durch Gott so hoch gewürdigt<br />

wurde, daß sie dem Erlöser der Welt das Leben geben und Ihn in<br />

<strong>die</strong>ses Leben einweisen durfte. Sie steht vor uns als ein leuchtendes Vorbild:<br />

Ihr Gehorsam, ihr vorbehaltloser Glaube, ihre göttliche Reinheit, ihre stete<br />

Treue, ihr tapferes Ausharren zeigen uns aufs nachdrücklichste, wie der Herr<br />

<strong>die</strong> Seinen begnadigt, und was <strong>für</strong> 8rucht heiligen Lebens Er, se nach unserem<br />

Beruf, auch bei uns sucht.<br />

Die mittelalterliche Lirchc hatte in ihrer falschen Wertschätzung der Maria eine<br />

Reihe von Marienfesten eingerichtet, <strong>die</strong> in der Heiligen Schrift keine Grundlagen<br />

hatten. Die Reformatoren ließen jedoch nur <strong>die</strong> Marienfcste bestehen,<br />

deren Inhalt in der Heiligen Schrift bezeugt ist, also: „Marien Verkündigung",<br />

„Marien Heimsuchung" und „Marien Reinigung".<br />

Marientage sind <strong>für</strong> uns Lhristustage. In unser« Liebe zum Heiland schließen<br />

wir auch das Gedenken an Maria, Seine Mutter, ein.<br />

In einer Auslegung des „Magnificat" des großen Lobgesanges, den <strong>die</strong> von<br />

Gott begnadete, werdende Mutter anstimmte (Luk. I, 4S—ss), als sie ihre<br />

8reundin Elisabeth besuchte, weist Luther darauf hin, daß <strong>die</strong> Bibel nicht<br />

unsern Abstand von Maria, sondern M arias Abstand von G ott und ihre<br />

wunderbare Begnadigung verkünden will. Maria ist uns also vor allem ein<br />

Beispiel von Gottes Barmherzigkeit, <strong>die</strong> ihr in ihrer schlichten Niedrigkeit<br />

widerfahren ist. In <strong>die</strong>sem Sinn« hebt <strong>die</strong> Begnadete an zu singen:<br />

Meine Seele erhebet den Herrn<br />

und mein Geist freuet sich Gottes, meines Heilandes;<br />

denn Lr hat <strong>die</strong> Niedrigkeit Seiner Magd angesehen,<br />

Siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Lindcskinder!<br />

Lukas j , 46— 4?.<br />

Auch <strong>die</strong> Niedrigkeit und Demut der Maria geben ihr vor Gott kein ver<strong>die</strong>nst<br />

und Würdigkeit. „Denn ihre Nichtigkeit ist nicht zu loben, sondern Gottes<br />

Ansehen; gleich als wo ein 8ürst einem armen Bettler <strong>die</strong> Hand reicht, ist nicht<br />

des Bettlers Nichtigkeit, sondern des Mrsten Gnade und Güte zu preisen".<br />

Die Ehre. <strong>die</strong> wir Maria erweisen, wird Gott geraubt. „Gleichwie des Holzes<br />

kein anderes ver<strong>die</strong>nst und Würdigkeit gewesen ist, denn daß es zum Lrcuz<br />

tauglich und von Gott verordnet war: also ist ihre Würdigkeit zu <strong>die</strong>ser<br />

Mutterschaft keine andere gewesen, denn daß sie tauglich und verordnet dazu<br />

gewesen ist: daß es ja lauter Gnade und nicht ein Lohn werde, auf daß man


Maria, <strong>die</strong> Mutier Jesu -S7<br />

Gottes Gnade, Lob und Ehre nicht abbreche, so man ihr zu viel gibt. Es<br />

ist besser, ihr zu viel abgebrochen, denn Gottes Gnade. Ja, man kann ihr nicht<br />

zu viel abbrechen, so sie doch aus nichts geschaffen ist, wie alle Kreaturen".<br />

Gott, der Maria mit Seiner Güte überschüttet hat, verheißt auch uns Seine<br />

Gnade, w er Maria, das Bild süßen Trostes, schaut, soll sprechen: „Li du<br />

selige Jungfrau und Mutter Gottes, wie hat uns Gott in dir erzeigt einen<br />

so großen Trost, <strong>die</strong>weil Lr deine Unwürdigkeit und Niedrigkeit hat so gnädiglich<br />

angesehen, dadurch wir ermähnt sind hinfort, Lr werde uns arme nichtige<br />

Menschen, deinem Lxempe! nach, auch nicht verachten und gnädig ansehen",<br />

w ie das leere Grab in den Gstergeschichtcn hinweist auf das Geheimnis der<br />

Auferstehung, so ist <strong>die</strong> Geburt des Lindes durch <strong>die</strong> Jungfrau das Zeichen<br />

<strong>für</strong> das Geheimnis der Menschwerdung Gottes: „Und das Wort<br />

ward Fleisch" (Joh. i, 14). Maria kann das Wunder und das Geheimnis in<br />

ihrem Linde nicht ergründen. Sie muß leiden um ihres Lindes willen. „Hat<br />

sie doch der Herr also regieret, daß sie nicht das Para<strong>die</strong>s an Ihm hat gehabt."<br />

Da Jesus ;r Jahre alt ist, muß sie ihr Lind mit Schmerzen suchen.<br />

Maria stößt an das göttliche Geheimnis, das ihr Lind umgibt. „Wisset ihr<br />

nicht, daß Ich sein muß in dem, das Meines Vaters ist?" (Luk. r, 4g). Zwischen<br />

Christus, dem Sohne Gottes, und Maria, Seiner Mutter, tut sich immer wieder<br />

<strong>die</strong> große Lluft auf. Als Jesus predigt, halten <strong>die</strong> Seinem Ihn <strong>für</strong> von<br />

Sinnen (Mark. 3, ri). Jesus weist den Anspruch Seiner Angehörigen zurück.<br />

Lr zeigt auf <strong>die</strong> Schar Seiner Jünger hin, <strong>die</strong> Ihn umgibt, und sagt: „Siehe,<br />

das ist Meine Mutter und Meine Brüder" (Match, i r, 4g). Auf der Hochzeit zu<br />

Lana steht Lr in rätselhafter Ferne neben Maria: „Weib, was habe Ich mit<br />

dir zu schaffen? Meine Stunde ist noch nicht gekommen" (Joh. r, 4). Unter<br />

dem Lreuz ihres Sohnes erduldet Maria <strong>die</strong> größte «Qual. Die Weissagung<br />

des alten Simeon in: Tempel geht in Erfüllung: „Und es wird ein Schwert<br />

durch deine Seele dringen" (Luk. r, ss).<br />

Maria steht an S telle des glaubenden Menschen. Wer an Christus<br />

glaubt, der muß leiden unter dem Lreuz, wie Maria litt, <strong>die</strong> Mutter des Herrn.<br />

Die Anfechtung und das Lreuz sind <strong>für</strong> den Christen <strong>die</strong> Zeichen seiner Lrwählung.<br />

So heißt es in jenem Adventslied:<br />

Und wer <strong>die</strong>s Lind mit Freuden / umfangen, küssen will, / der muß vor mit<br />

Ihm leiden / groß Pein und Marter viel.<br />

Maria ist auch zu allen Zeilen ein Sinnbild <strong>für</strong> <strong>die</strong> Lirche Jesu Lhristi gewesen.<br />

w ie Maria ist <strong>die</strong> Lirche das, was sie ist, allein durch <strong>die</strong> Gnade. Wie<br />

Maria mit ihrem Lind in großer Armut im Stall bei den Tieren, so ist auch<br />

<strong>die</strong> Lirche Jesu Lhristi arm, verstoßen und verlassen in <strong>die</strong>ser Welt. Muß<br />

Maria um <strong>die</strong>ses Lindes willen vor den Häschern des Herodes nach Ägypten<br />

fliehen, so sind auch <strong>die</strong> Glieder der Lirche Jesu Lhristi Fremdlinge in <strong>die</strong>ser<br />

Welt. Hat Maria unter dem Lreuz ihres Sohnes gelitten, so legt Gott der<br />

Lirche Jesu Lhristi das Lreuz auf — zum Erweis Seiner Gnade.


Maria, dir Mutier Jesu<br />

Die drei Marientage der lutherischen Agenden sind „Marien Reinigung",<br />

auch „Darstellung Iesu" genannt, am 2. Februar; „Marien<br />

Verkündigung" am rs. März und „Marien Heimsuchung" am 2.<br />

Iu li. w i r steilen <strong>die</strong> Lesungen aller drei Tage nebeneinander.<br />

Marien Verkündigung<br />

rs . M är;<br />

Im zweiten Artikel bekennen wir mit der Bibel: „Ich glaube an Iesus<br />

Christus, Gottes eingeborenen Sohn, unsern Herrn, der empfangen<br />

ist vom Heiligen Geiste..." . w e il der Tag der Verkündigung<br />

der M aria auch äußerlich auf das heilige Christfest hinweisen sollte,<br />

wurde er auf den Tag, der neun Monate vor Christi Geburt liegt,<br />

also auf den 25. März, gelegt. Fällt er in <strong>die</strong> Larwoche, so kann er<br />

am Sonntag Iudika begangen werden.<br />

Marien Verkündigung enthält <strong>die</strong> göttliche Botschaft, <strong>die</strong> nach dem<br />

Bericht des Evangeliums des Lukas der Engel der Maria brachte.<br />

M it Worten, <strong>die</strong> keine Frau der Erde je vernommen, grüßt er sie,<br />

<strong>die</strong> Mutter werden sollte des Heilandes der W elt: „Gcgrüßct seist du,<br />

Holdselige! Der Herr ist mit dir, du Gcbencdeietc unter den Weibern".<br />

M aria aber erschrak, „welch ein Gruß ist das!"<br />

rö. Und im sechsten Monat ward der<br />

Enge! Gabriel gesandt von Go:t in i:e<br />

Stadt in Galiläa, <strong>die</strong> heißt Nazarcth,<br />

27. zu einer Jungfrau, <strong>die</strong> vertrauet<br />

war einem Manne mit Namen Joseph,<br />

vom Hause David; und <strong>die</strong><br />

Iungfrau hieß Maria,<br />

rs. Und der Engel kam zu ihr hinein<br />

und sprach: Gcgrüßct säst du, Holdselige!<br />

Der Herr ist mit dir, du Gebcnctcite<br />

unter den Weilern!<br />

rg. Da sie aber ihn sah, erschrack sie<br />

über seiner Rede und gedachte: welch<br />

ein Gruß ist das?<br />

5 0. Und der Engel sprach zu ihr:<br />

D a s Evangelium<br />

Fürchte dich nicht, Maria! du hast<br />

Gnade bei Gott gefunden.<br />

3i. Siehe, du wirst schwanger werden<br />

und einen Sohn gebären, des Namensolist<br />

du Jesus heißen,<br />

sr. Der wird groß sein und ein Sohn<br />

des Höchsten genannt werden; und<br />

Gott der Herr wird ihm den Stuhl<br />

seines Vaters David geben;<br />

33. und er wird ein Äönig sein über<br />

das Haus Iakob ewiglich, und s.ines<br />

Lön'gsreichs wird kein Ende sein.<br />

34. Da sprach Maria zu dem Engel:<br />

w ie soll das zugehen, sintemal ich<br />

von keinem Manne weiß?


Marien Verkündigung<br />

AS. Der Engel antwortete und sprach<br />

zu ihr: Der Heilige Geist wird über<br />

dich kommen, und <strong>die</strong> Kraft des Höchsten<br />

wird dich überschatten; darum<br />

wird auch das Heilige, das von dir<br />

geboren wird, Gottes Sohn genannt<br />

werden.<br />

sö. Und siehe, Elisabeth, deine Gefreunde,<br />

ist auch schwanger mit einem<br />

los<br />

Sohn in ihrem Alter und geht jetzt<br />

im sechsten Monat, von der man sagt,<br />

daß sie unfruchtbar sei.<br />

37. Denn bei Gott ist kein Ding unmöglich.<br />

3 8. Maria aber sprach: Siehe, ich bin<br />

des Herrn Magd: mir geschehe, wie<br />

du gesagt hast. Und der Engel schied<br />

von ihr. Luk. 1, rö- -38<br />

Nach dem Lngclsgruß wird der M aria <strong>die</strong> Botschaft, daß sie aus<br />

Gottes heiliger Schöpferkraft <strong>die</strong> Mutter des Gottessohnes fein soll.<br />

I n zarter, reiner Sprache berührt <strong>die</strong>s Evangelium nicht nur das göttliche<br />

Münder der Menschwerdung des Sohnes Gottes, <strong>für</strong> das uns<br />

Menschen <strong>die</strong> erklärenden W orte und Gedanken fehlen; es bezeugt auch<br />

in dem schlichten, demütigen Bekenntnis der M aria: „Siehe, ich bin<br />

des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast", wie Menschen gesegnet<br />

werden, wenn sie sich in gläubiger Hingabe und demütigem<br />

Gehorsam unter <strong>die</strong> göttliche Verkündigung stellen. Zugleich läßt der<br />

Tag der Verkündigung an Maria hindurchklingen, wie <strong>die</strong>se Liebe und<br />

Hingabe an Gottes w illen in der Mutterschaft ihre zarte und zugleich<br />

starke Verkörperung findet.<br />

?o. Und der Herr redete abermals zu<br />

Ahas und sprach:<br />

i - . Fordere tir ein Zeichen vom Herrn,<br />

deinem Gott, es sei unten in der Hölle<br />

oder droben in der Höhe!<br />

>r. Aber Ahas sprach: Ich will's nicht<br />

fordern, daß ich den Herrn nicht versuche.<br />

>3. Da sprach er: wohlan, so höret,<br />

ihr vom Hause David: Ist's euch zu<br />

D ie Epistel<br />

wenig, daß ihr <strong>die</strong> Leute beleidigt, ihr<br />

müßt auch meinen Gott bcl.i.igen?<br />

?4- Darum so wird euch der Herr<br />

selbst ein Zeichen geben: Siehe, eine<br />

Jungfrau ist schwanger und wird einen<br />

Sohn gebären, den wird sie heißen<br />

Immanucl.<br />

;s. Butter und Honig wird er essen,<br />

wann er weiß, Böses zu verwerfen<br />

und Gutes zu erwählen. Ics. 7, so—zs<br />

Im Auftrage Gottes steht der Prophet vor einem entarteten Sprößling<br />

des Hauses Davids. Der Bönig Ahas soll sich ein Zeichen Gottes<br />

erbitten, damit er im Glauben auf <strong>die</strong> Hilfe Gottes seine Herrschaft<br />

ausübe. Er lehnt mit scheinheiligen Worten ab, denn er <strong>für</strong>chtet, daß<br />

solch Zeichen ihn binde, wo er doch ungebunden und ohne Gott regieren<br />

und herrschen will. Dieser tiefen Abneigung seines Herzens gegen<br />

Gott hält der Prophet <strong>die</strong> Weissagung entgegen: Gott aber w ird


oo<br />

Maria, dir Mutter Jesu<br />

ein Zeichen aufrichten! Line Iungfrau wird einen Sohn gebären, -er<br />

als „G ott mit uns", d. i. Immanuel, unter <strong>die</strong> Menschen tritt, ein<br />

Zeichen, das allen Gläubigen <strong>die</strong> Hilfe bietet und dem kein Ungläubiger<br />

ausweichen kann.<br />

D a s Gebet des Tages<br />

Herr, himmlischer Vater, nach Deinem W illen hat D ein W ort<br />

durch <strong>die</strong> Botschaft des Engels im Schoße der M aria unser Fleisch<br />

angenommen. Verleihe Deiner Airche, daß sie Deinen S ohn mit<br />

Freuden aufnehme, und bereite D u Selbst in uns eine W ohnung<br />

Iesu Christo, unserem Herrn, der mit D ir und dem Heiligen Geiste<br />

lebet und regieret von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.<br />

Marien Heimsuchung<br />

r. Iuli<br />

Der Tag gilt dem Gedenken des Besuches M arias bei Elisabeth, -erwerbenden<br />

Mutter des Täufers Iohannes, des Vorläufers des Herrn.<br />

sg. Maria aber stand auf in den Tagen<br />

und ging auf das Gebirge eilends<br />

zu der Stadt Iuda's<br />

40. und kam in das Haus des Zacharias<br />

und grüßte Elisabeth.<br />

4!- Und es begab sich, als Elisabeth<br />

den Gruß Marias hörte, hüpfte das<br />

Lind in ihrem Leibe. Und Elisabeth<br />

ward des Heiligen Geistes voll<br />

4r. und rief laut und sprach: Gebenedciet<br />

bist du unter den Weibern, und<br />

gcbencdcict ist <strong>die</strong> 8rucht deines Leibes!<br />

43. Und woher kommt mir das, daß <strong>die</strong><br />

Mutter meines Herrn zu mir kommt?<br />

44. Siehe, da ich <strong>die</strong> Stimme deines<br />

Grußes hörte, hüpfte mit 8rcudcn das<br />

Lind in meinem Leibe.<br />

43. Und 0 selig bist du, <strong>die</strong> du geglaubt<br />

hast! denn es wir- vollendet werden,<br />

was dir gesagt ist von dem Herrn.<br />

D a s Evangelium<br />

4b. Und Maria sprach: Meine Seele<br />

erhebet den Herrn,<br />

47. und mein Geist freuet sich Gottes,<br />

meines Heilands;<br />

4 5. denn Lr hat <strong>die</strong> Niedrigkeit Seiner­<br />

Magd angesehen. Siehe, von nun an<br />

werden mich selig preisen all« Lindcskindcr;<br />

4g. denn L r hat große Dinge an mir<br />

getan, der da mächtig ist und des<br />

Name heilig ist.<br />

so. Und Seine Barmherzigkeit währet<br />

immer <strong>für</strong> und <strong>für</strong> bei denen, <strong>die</strong> ihn<br />

<strong>für</strong>chten.<br />

ö l. Lr übet G ew alt mit seinem Arm<br />

und zerstreuet, <strong>die</strong> hoffärtig sind in<br />

ihres Herzens S in n .<br />

sr. Lr stößt <strong>die</strong> Gewaltigen vom<br />

Stu hl und erhebt <strong>die</strong> Niedrigen.<br />

33. Die Hungrigen füllet er mit Gü-


Marien Heimsuchung<br />

ro.<br />

kern und läßt <strong>die</strong> Reichen leer. Abraham und seinem Samen ewiglich.<br />

S4- Lr denket der Barmherzigkeit und<br />

hilft Seinem Diener Israel auf,<br />

sb. Und Maria blieb bei ihr bei drei<br />

Monaten; darnach kehrte sie wiederum<br />

ss. wie er geredet hat unsern Vatern, heim. Luk. s, 3g—sd<br />

Maria besucht Elisabeth, um ihre fast unaussprechliche Freude ,nji her<br />

älteren Freundin zu teilen. Elisabeth empfängt sie mit Grußworten<br />

aus prophetischer Erleuchtung: Gepriesen bist du unter den Frauen!<br />

Gepriesen, was von dir geboren wird! Du Mutter meines Herrn<br />

kommst zu m ir) — <strong>Das</strong> sind W orte, <strong>die</strong> nichts wissen von menschlichem<br />

Neid und menschlicher Vergötterung, Über Maria aber kommt<br />

es in der Klarheit und Gewißheit ihrer Bcseligung durch den Heiligen<br />

Geist: Aus übervollem Herzen beantwortet sie den prophetischen Gruß<br />

Elisabeths mit ihrem großen Lobgcsang. Darin wird <strong>die</strong> schlichte<br />

Magd zur Prophetin. Sie rühmt Gottes Gnade und Allmacht, Seine<br />

Heiligkeit und Gerechtigkeit, Seine Barmherzigkeit und Treue. Der<br />

Herr hat Großes an ihr getan. Der Herr tut Gewaltiges an denen, <strong>die</strong><br />

Ih n <strong>für</strong>chten. Der Herr zerstreut <strong>die</strong> Hoffärtigen! Ih r Herz weitet sich<br />

im Glauben; es ist übervoll von beseligender Erkenntnis dessen, was<br />

Gott an ihr und Seinem Volke und aller W elt tut.<br />

l. Und es wird «ine Rute aufgehen<br />

von dem Stamm Isais und ein Zweig<br />

aus seiner Wurzel Frucht bringen,<br />

r. auf welchem wird ruhen der Geist<br />

der weishcit und des Verstandes, der<br />

Geist des Rates und der Stärke, der<br />

Geist der Erkenntnis und der Furcht<br />

des Herrn.<br />

3. Und Wohlgeruch wird ihm sein <strong>die</strong><br />

Furcht des Herrn. Er wird nicht richten,<br />

nach dem seine Augen sehen, noch<br />

Die Epistel<br />

Urteil sprechen, nach den; sein« Ohren<br />

hören,<br />

4. sondern wird mit Gerechtigkeit richten<br />

<strong>die</strong> Armen und rechtes Urteil sprechen<br />

den Elenden im Lande und wird<br />

mit dem Stäbe seines Mundes <strong>die</strong><br />

Erde schlagen und mit dem «Odem seiner<br />

Lippen den Gottlosen töten.<br />

5. Gerechtigkeit wird der Gurt seiner<br />

Lenden sein und der Glaube der Gurt<br />

seiner Hüften. Ics. s<br />

Die Weissagungen des Propheten Iesaias über den verheißenen W eltheiland<br />

ergehen in drei großen Kreisen. „Siehe, eine Iungfrau wird<br />

einen Sohn gebären, den wird sie heißen Immanuel (d. h. Gott mit<br />

uns)" (Ies. 7, )4); das sind Worte, <strong>die</strong> zunächst nur von einem wundersamen<br />

Eingreifen Gottes, unseres Helfers, in das Weltgeschehen<br />

künden, wenige Kapitel später kennzeichnet der Prophet den G ottgesandten<br />

näher; er nennt Ih n bei Namen: Dem Rinde, das geboren


Maria, <strong>die</strong> Mutter Jesu<br />

werden soll, hat Gott alles übertragen; L r heißt: „wunderbar, Rat,<br />

Kraft, Held, Ewig-Vater, Friede<strong>für</strong>st. Seine Herrschaft wird groß<br />

werden, des Friedens wird kein Ende sein" (Ies. g, s. ö.). Auf Ihm<br />

„wird ruhen der Geist des Herrn, der Geist der Weisheit und des Verstandes,<br />

der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis<br />

und der Furcht des Herrn". Der Glanz irdischen Königtums ist von<br />

Seinem Stamme gewichen; darum heißt es dann in <strong>die</strong>ser dritten<br />

Weissagung: „Es wird eine Rute (d. h. ein Reis, ein Sproß) aus<br />

dem wurzclstock aufgehen". Aber der äußeren Niedrigkeit geht zur<br />

Seite eine um so reichere Ausrüstung mit der Fülle des Gottesgcistes,<br />

der da erleuchtet und stärkt und heiligt, w a s E r spricht, ist Gottes<br />

W ort, was E r wirkt, ist vom Heiligen Geiste (Ioh. 3, 34). w e il E r<br />

in der Furcht des Herrn steht (Ioh. 4, 34), ist Sein königliches Walten<br />

frei von Parteilichkeit. Gerechtigkeit und Treue werden „der G urt<br />

Seiner Hüften" sein, das ist <strong>die</strong> Kraft, <strong>die</strong> Sein ganzes Wesen und<br />

w alten umschließt.<br />

D a s Gebet des Tages<br />

Allmächtiger G ott, der D u an der Jungfrau M aria große D inge<br />

getan und sie zur M utter D eines lieben S oh n es, unseres Herrn,<br />

gemacht, auf daß uns kund würde, wie D u der Armen, Nichtigen<br />

und Verachteten Dich gnädiglich annimmst, gib, daß auch wir uns<br />

in aller Dem ut und Gelassenheit an D ein W ort mit wahrem<br />

Glauben ergeben und also D eines lieben S oh n es teilhaftig werden,<br />

welcher mit D ir und dem Heiligen Geiste lebet und regieret in<br />

Ewigkeit. Amen.<br />

Marien Reinigung<br />

2. Februar<br />

Marien Reinigung wird zur Erinnerung an <strong>die</strong> Darstellung Iesu im<br />

Tempel gefeiert. Die Reinigung einer Wöchnerin hatte nach dem Gesetz<br />

40 Tage nach der Geburt zu erfolgen. Seitdem ist es gute Sitte<br />

und Ordnung in der christlichen <strong>Gemeinde</strong>, daß eine Wöchnerin in<br />

den ersten Wochen nach der Geburt ihres Kindchens alles meidet, was<br />

zur Veräußerlichung führt. Ih r erster Ausgang soll der Gang in<br />

Gottes Haus sein, nicht später als ö Wochen nach der Geburt, wo<br />

dann ihre Aussegung stattfindet.


Marien Reinigung<br />

___________________________ 2Ü3<br />

22. Und da <strong>die</strong> Tage ihrer Reinigung<br />

nach dem Gesetz Moses' kamen, brachten<br />

sie ihn gen Jerusalem, auf daß sie<br />

ihn darstclletcn dem Herrn<br />

2 3. (wie denn geschrieben steht in dem<br />

Gesetz des Herrn: „Allerlei Männliches,<br />

das zum ersten <strong>die</strong> Mutter bricht,<br />

soll dem Herrn geheiligt heißen")<br />

24. und daß sie gäben das Opfer, wie<br />

es gesagt ist im Gesetz des Herrn:<br />

„ein paar Turteltauben oder zwei<br />

junge Tauben."<br />

2 5. Und siehe, ein Mensch war zu Jerusalem,<br />

mit Namen Simeon; und<br />

derselbe Mensch war fromm und<br />

gottes<strong>für</strong>chtig und wartete auf den<br />

Trost Israels, und der Heilige Geist<br />

war in ihm.<br />

2d. Und ihm war eine Antwort geworden<br />

von dem Heiligen Geist, er<br />

sollte den Tod nicht s.hen, er hätte denn<br />

zuvor den Christ des Herrn gesehen.<br />

27. Und er kam aus Anregen des Geistes<br />

in den Tempel. Und da <strong>die</strong> Litern<br />

das Rind Jesus in den Tempel brachten,<br />

daß sie <strong>für</strong> ihn täten, wie man<br />

pflegt nach dem Gesetz,<br />

22. da nahm er Ihn auf seine Arme<br />

und lobte Gott und sprach:<br />

2g. Herr, nun lässest Du Deinen Diener<br />

im Frieden fahren, wie Du gesagt hast;<br />

30. denn meine Augen haben Deinen<br />

Heiland gesehen,<br />

3). welchen Du bereitet hast vor allen<br />

Völkern,<br />

D a s Evangelium<br />

32. ein Licht, zu erleuchten <strong>die</strong> Heiden,<br />

und zum preis Deines Volkes Israel.<br />

33. Und Sein Vater und Seine Multer<br />

wunderten sich des, das von Ihm geredet<br />

ward.<br />

34. Und Simeon segnete sie und sprach<br />

zu Maria, Seiner Mutter: Siehe, <strong>die</strong>ser<br />

wird gesetzt zu einem Fall und<br />

Auferstehen vieler in Israel und zu einem<br />

Zeichen, dem widersprochen wird,<br />

35. (und es wird ein Schwert durch<br />

deine Seele dringen), auf daß vieler<br />

Herzen Gedanken offenbar werden.<br />

3ö. Und es war eine Prophetin, Hanna,<br />

eine Tochter phanucls, vom Geschlecht<br />

Ässer; <strong>die</strong> war wohl betagt<br />

und hatte gelebt sieben Jahre mit ihrem<br />

Manne nach ihrer Jungfrauschaft<br />

37. und war nun eine Witwe bei<br />

vicrundachtzig Jahren; <strong>die</strong> kam nimmer<br />

voni Tempel, <strong>die</strong>nte Gotte mit<br />

Fasten und Beten Tag und Nacht.<br />

3 2. Die trat auch hinzu zu derselben<br />

Stunde und pries den Herrn und redete<br />

von ihm zu allen, <strong>die</strong> da auf <strong>die</strong><br />

Erlösung zu Jerusalem warteten.<br />

3g. Und da sie es alles vollendet hatten<br />

nach dem Gesetz des Herrn, kehrten<br />

sie wieder nach Galiläa zu ihrer<br />

Stadt Nazareth.<br />

40. Aber das Rind wuchs und ward<br />

stark im Geist, voller Weisheit, und<br />

Gottes Gnade war bei Ihm.<br />

Luk. 2, 22—40<br />

Maria hielt sich an <strong>die</strong> gottes<strong>die</strong>nstlichen Vorschriften des Alten B undes.<br />

Sechs Wochen nach der Geburt ihres Rindes reiste sie nach Jerusalem,<br />

um im Tempel das Reinigungsopfer, wie es <strong>für</strong> <strong>die</strong> genesene<br />

Wöchnerin vorgeschrieben war, darzubringen (s. Mos. ;r, r—2) und<br />

den erstgeborenen Sohn dem Herrn darzustellen. Nach Einsetzung<br />

eines eigenen priesrerstandes fiel <strong>die</strong>se Verpflichtung <strong>für</strong> den Erstgeborenen<br />

fort. Aber <strong>die</strong> Sitte, das Lind gleichsam vorzustellen, war<br />

geblieben.


4<br />

Maria, <strong>die</strong> Mutter Jesu<br />

Die Reise ist beschrieben, weil sie zwei prophetische Begegnungen<br />

brachte, w i r stehen an der Schwelle des Neuen Bundes. Line kleine<br />

Schar still Gläubiger weiß das; durch Gottes Gesetz und <strong>die</strong> B otschaft<br />

der Propheten waren sie zum w arten auf das verheißene Ziel<br />

hin erzogen. (Vgl. Luk. rs, sz.) Gerade <strong>die</strong> Gerechten und Gottcs<strong>für</strong>chtigen<br />

waren es, <strong>die</strong> sich nach dem Trost des Erlösers sehnten (Ies.<br />

40, zff.); <strong>die</strong> selbstgerechten Pharisäer und <strong>die</strong> weltseligen Sadducäer<br />

bedurften <strong>die</strong>ses Trostes nicht. Ein solch Stiller im Lande w ar der<br />

greise Simeon. Der prophetische Geist hatte ihn gewiß gemacht, daß<br />

er den Anbruch der neuen Zeit noch erleben werde (Luk. zo, rs. 24).<br />

Auf Anregen <strong>die</strong>ses Geistes kam er in den Tempel, gerade zu der<br />

Stunde, in der M aria ihr Rind darbrachte, w a s natürlichen Augen<br />

verborgen ist, sieht das Auge, das der Heilige Geist erleuchtet. S o erkennt<br />

Simeon in dem ärmlich eingehüllten Linde den verheißenen Heiland.<br />

Dieser Glaube stärkt seine Arme, seinen Heiland zu ergreifen, öffnet<br />

seine Lippen, Gott <strong>für</strong> sein Heil zu preisen, schärft seine Augen, im<br />

Angesicht des Menschensohnes Gottes Herrlichkeit zu schauen. Die E l­<br />

tern wundern sich, daß ihnen <strong>die</strong>ser fremde Greis alles das kündet,<br />

was sie sonst von gläubigen Menschen über ihr Rind erfahren und<br />

was sie selber erkannt hatten. Line zwiefache Wirkung hatte <strong>die</strong>s<br />

Simeonswort: es hielt allen falschen mütterlichen Stolz zurück und<br />

gab zugleich dem duldenden Mutterherzen den Halt im vertieften<br />

Glauben. Zu <strong>die</strong>sem erleuchteten Mann tritt eine zweite Gestalt hinzu.<br />

Es ist Hanna, eine W itw e, in Treue und Gottesfurcht bewährt<br />

(;. Tim. s, s). Prophetin wird sie genannt. Auch ihr hat der Glaube<br />

das Auge geöffnet; auch sie erkennt ihren Heiland. Ih r w arten ist<br />

von Gott belohnt, ihr Glaube wird gekrönt.<br />

1. Siehe, Ich will Meinen Engel senden,<br />

der vor Mir her den w eg bereiten<br />

soll. Und bald wird kommen zu<br />

Seinem Tempel der Herr. den ihr suchet;<br />

und der Engel des Bundes, des<br />

ihr begehret, siehe, er kommt! spricht<br />

der Herr Zebaoth.<br />

r. Wer wird aber den Tag Seiner Zukunft<br />

erleiden können, und wer wird<br />

stehen, wenn Lr wird ersch i en) Denn<br />

Er ist wie das Feuer eines Goldschmieds<br />

und wie <strong>die</strong> Seife der Wäscher.<br />

Die Epistel<br />

8. Lr wird sitzen und schmelzen und<br />

das Silber reinigen: er wird <strong>die</strong> Linder<br />

Lern reinigen und läutern wie<br />

Gold und Silber. Dann werden sie<br />

dem Herrn Speisopfer bringen in Gerechtigkeit,<br />

4. und wird dem Herrn Wohlgefallen<br />

das Speisopfer Iudas und Jeru a'ems<br />

wie vormals und vor langen Iahren.<br />

s. Und Ich will zu euch kommen und<br />

euch strafen und will ein schneller<br />

Zeuge sein wider <strong>die</strong> Zauberer, Ehe-


Marien Reinigung<br />

^05<br />

brechet und Meineidigen und wider und den Fremdling drücken und Mich<br />

<strong>die</strong>, so Gewalt und Unrecht tun den nicht <strong>für</strong>chten, spricht der Herr Zc-<br />

Tagelöhncrn, Witwen und Waisen baoth. Mal. s, s<br />

Der Erlöser wird kommen; Ihm voran der Vorläufer, der von Gott<br />

gesandte Bote (Engel). E r wird sichten und läutern, wie das Heuer des<br />

Goldschmiedes echtes Gold von unreinen Schlacken trennt. Gerechtigkeit<br />

ist das Zeichen Seines Wirkens.<br />

D a s Gebet des Tages<br />

Lieber Herr Iesu Christ, der D u bist das wahre Licht, welches alle<br />

Menschen erleuchtet, <strong>die</strong> in <strong>die</strong>se W elt kommen, wir bitten Dich, erleuchte<br />

unser Herz mit Deinen Gnaden, auf daß wir Dich mit dem<br />

heiligen Sim eon als unsern Heiland erkennen und nach <strong>die</strong>ser W elt<br />

Dunkelheit bei D ir in himmlischer Llarheit ewiglich bleiben, der<br />

D u lebst und herrschest mit dem Vater und Heiligen Geist von<br />

Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.


20V<br />

Dre drei Sonntage vor der Passionszeil<br />

Die drei Sonntage vor der Passionszeit<br />

Zwischen Epiphanias und Passion liegen drei Sonntage, <strong>die</strong> w ir <strong>die</strong><br />

Sonntage der Vorpasfion nennen.<br />

Die Epiphaniaszeit hat uns <strong>die</strong> Herrlichkeit des Herrn kund getan.<br />

Christus ist das Licht der W elt: L r ist das Licht des Lebens (Ioh. §,<br />

;r). Der Mensch hat <strong>die</strong>s Licht des Lebens nötig, um an seiner Seele<br />

wachsen und erstarken zu können. L r ist das Licht der W a h rh e it.<br />

Die W elt hat <strong>die</strong>se Wahrheit nötig, um zwischen den vielerlei I r r ­<br />

lichtern menschlicher Einbildung und Lüge den rechten w e g zu finden.<br />

E r ist das erwärmende Licht der Liebe. Die W elt hat <strong>die</strong>se Liebe<br />

nötig, um nicht zu einer Liswüste menschlicher Selbstsucht zu erstarren.<br />

Aber <strong>die</strong> W elt weiß von sich aus nicht, was zu ihrem Frieden<br />

<strong>die</strong>nt. Sie liebt <strong>die</strong> Finsternis mehr als das Licht. Deshalb wird das<br />

Licht zum Gericht <strong>für</strong> sie (Joh. 3, jg).<br />

Die drei Sonntage zwischen der Epiphanias- und der Passionszeit<br />

zählen von (Ostern aus. Sie tragen seit alters lateinische Namen: Geptuagcsimä:<br />

(rund) 70 Tage vor (Ostern, Sexagcsimä: (rund) bo Tage,<br />

(Ouinquag.simä: (rund) so Tage vor (Ostern. Der letzte Sonntag wird<br />

auch nach seinem Eingangsspruch Estomihi genannt: „Sei mir ein starker<br />

Fels und eine B urg" (Psalm 3 ; , 3). Die ersten beiden Sonntage der<br />

Vorpasfion b.ingen zwei Gleichnisse des Herrn über das Reich Gottes.<br />

Der dritte Sonntag bringt <strong>die</strong> Leidenswcissagung. In ihr spricht Iesus<br />

es vor Seinen Iüngcrn klar aus, daß L r zur Erlösung der W elt<br />

den w e g des Lrcuzes gehen müsse. Vorher hat E r ihnen schon zweimal<br />

Sein Leiden angekündigt, ohne daß sie es zu begreifen vermochten.<br />

Scptucrgcsimä<br />

W ir liegen vor D ir mit unserem Gebet, nicht auf unsere Gerechtigkeit,<br />

sondern auf D eine große Barmherzigkeit. Daniel g, -r<br />

D a s Evangelium<br />

<strong>Das</strong> Himmelreich ist gleich einem 3. Und ging aus um <strong>die</strong> dritte Stunde<br />

Hausvater, der am Morgen ausging, und sah andere an dem Markte müßig<br />

Arbc ter zu mieten in seinen Weinberg, stehen<br />

r. Und da er mit den Arbeitern eins 4. und sprach zu ihnen: Gehet ihr auch<br />

ward um einen Groschen zum Tag- hin in den Weinberg; ich will euch<br />

lohn, sandte er sie in seinen Weinberg, geben, was recht ist.


Sonntag Septuagesimä r»7<br />

s. Und sie gingen hin. Abermals ging<br />

er aus um <strong>die</strong> sechste und ncuntc<br />

Stunde und tat gleich also.<br />

ö. Um <strong>die</strong> elfte Stunde aber ging er<br />

aus und fand andere müßig stehen und<br />

sprach zu ihnen: Was stehet ihr hie<br />

den ganzen Tag müßig?<br />

7. Sie sprachen zu ihm: Es hat uns<br />

niemand gedingt. Lr sprach zu ihnen:<br />

Gehet ihr auch hin in den Weinberg,<br />

und was recht sein wird, soll euch<br />

werden.<br />

z. Da es nun Abend ward, sprach der<br />

Herr des Weinbergs zu s inrm Schaffner:<br />

Rufe <strong>die</strong> Arbeiter und gib ihnen<br />

den Lohn und heb an an den letzten<br />

bis zu den ersten.<br />

g. Da kamen, <strong>die</strong> um <strong>die</strong> elfte Stunde<br />

gedingt waren, und empfing ein jeglicher<br />

seinen Groschen.<br />

;o. Da aber <strong>die</strong> ersten kamen, meinten<br />

sie, sie würden mehr empfangen; und<br />

sie empfingen auch ein jeglicher seinen<br />

Groschen.<br />

: 1. Und da sie den empfingen, murrten<br />

sie wider den Hausvater<br />

zr. Und sprachen: Düse letzten haben<br />

nur eine Stunde gearbeitet, und du<br />

hast sie uns gleich gemacht, <strong>die</strong> wir<br />

des Tages Last und <strong>die</strong> Hitze getragen<br />

haben.<br />

-Z. Lr antwortete aber und sagte zu<br />

einem unter ihnen: Mein Freund, ich<br />

tue dir nicht unrecht. Bist du nicht mit<br />

mir eins worden um einen Groschen?<br />

;4. Nimm, was dein ist, und gehe<br />

hin! Ich wi'l aber <strong>die</strong>sen letzten geben<br />

gleich wie dir.<br />

;s. Oder habe ich nicht Macht, zu<br />

tun, was ich will, mit dem Meinen?<br />

Siehst du darum scheel, daß ich so<br />

gütig bin?<br />

z d. Also werden <strong>die</strong> Letzten <strong>die</strong> Lrsten<br />

und <strong>die</strong> Lrsten <strong>die</strong> Letzten sein. Denn<br />

viele sind berufen, aber wenige sind<br />

auscrwählt. Malth. ro, -—zd<br />

Auch in <strong>die</strong>sem Gleichnis enthüllt uns Icsus ein Geheimnis des<br />

Reiches Gottes, das uns zeigt, wie dort alles ganz anders zugeht als<br />

hier auf Erden. Hier auf Erden gilt das Gesetz: Die Höhe des Lohnes<br />

soll dem W ert der geleisteten Arbeit entsprechen. Nur dann ist der<br />

Lohn „gerecht". Nun ist es zwar auf <strong>die</strong>ser W elt mit der Gerechtigkeit<br />

der Entlohnung schlecht bestellt. Aber das Musterbild einer guten<br />

Wirtschaftsordnung verlangt, daß jede Arbeit ihren gerechten Lohn<br />

bekommt, w enn Icsus uns also darüber hätte belehren wollen, welches<br />

<strong>die</strong> beste Wirtschaftsordnung sei, dann hätte Er <strong>die</strong>se Geschichte<br />

nicht erzählen dürfen.<br />

Aber <strong>die</strong> Geschichte ist ja ein Gleichnis. I n ihr handelt es sich gar nicht<br />

um irdische Ding", sondern um <strong>die</strong> «Ordnung des Reiches Gottes. Iesus<br />

erzählt deshalb einen Ausnahmefall, der nicht alle Tage vorkommt,<br />

zu dem Zweck, um uns deutlich zu machen, daß es im Reiche Gottes<br />

anders zugeht als in der W elt. <strong>Das</strong> Reich Gottes ist überall da, wo<br />

Gottes Geist <strong>die</strong> Menschen regiert. Es ist gleichbedeutend mit der<br />

w ah ren Lirche. Icsus macht uns also in <strong>die</strong>sem Gleichnis deutlich,<br />

daß in der Lirche andere Gesetze und Ordnungen herrschen als in der


or<br />

Woche des Sonntags Septuagesimä<br />

W elt. I n der W elt geht es gerecht zu, wenn es nach Rang und v er<strong>die</strong>nst<br />

geht. I n der Lirche gilt beides nicht. Dies hat Icsus Seinen<br />

Iüngern auch bei andern Gelegenheiten eingeschärft, wenn sie miteinander<br />

darüber stritten, wer der Größte sei, am eindrücklichsten kurz vor<br />

Seinem Tode, bei der Fußwaschung. Dennoch ist auch in der Lirche<br />

immer wieder <strong>die</strong> Versuchung aufgetaucht, nach Ver<strong>die</strong>nst und Rang<br />

zu gehen. S o etwa, wenn in der alten Lirche <strong>die</strong> Märtyrer sagten:<br />

w i r haben Verfolgung, Gefangenschaft und Lebensgefahr ausgestanden;<br />

andere haben nichts zu leiden gehabt. Also müssen wir einen Vorrang<br />

haben. <strong>Das</strong> ist der böse Hochmut der Veteranen, den es in -er<br />

Lirche Iesu Lhristi nicht geben soll. Erst recht darf es natürlich nicht<br />

sein, daß weltlicher Rang und w ürde sich auch im Hause Gottes<br />

breit machen (vergl. Iacobus r, ?—g).<br />

w ie hat Icsus <strong>die</strong>sen Hochmut bekämpft? Lr hat Seinen Iüngern<br />

nicht gesagt, es sei unrecht, daß sie überhaupt Lohn erwarten. Im<br />

Gleichnis wird vielmehr ausdrücklich erzählt, daß <strong>die</strong> Arbeiter, <strong>die</strong> von<br />

früh an im Weinberge gearbeitet haben, pünktlich und genau den Lohn<br />

bekommen, der ihnen versprochen wurde. Ebenso hat Icsus Seine<br />

Iünger, als sie darüber stritten, wer von ihnen der Größte sei, zwar<br />

zurechtgewiesen, ihnen zugleich aber ausdrücklich bestätigt, daß sie es<br />

gewesen sind, <strong>die</strong> bei Ihm ausgeharrt haben. Da<strong>für</strong> wolle L r sie in<br />

Sein Reich und in Seine Herrlichkeit einsetzen (Luk. rr, r r —so). Gott<br />

hält, was L r verspricht. Sie sollen belohnt werden, aber sie sollen<br />

<strong>die</strong>sen Lohn nicht als ihr menschliches Ver<strong>die</strong>nst ansehen, sondern als<br />

Gottes Geschenk und Gnade. Der Herr im Gleichnis sagt: „Habe ich<br />

nicht Macht zu tun, was ich will mit dem Meinen? Siehest du darum<br />

scheel, daß ich so gütig bin?"<br />

L s geht uns Menschen mit <strong>die</strong>sem Gleichnis merkwürdig. Einige<br />

sagen: w a s der Hausherr tat, ist ja auch ungerecht! <strong>Das</strong> m uß ja Unwillen<br />

erregen! Sie verstehen nicht, was <strong>die</strong> Geschichte als Gleichnis bedeutet.<br />

Andere behaupten, es sei verkehrt, daß in derBibel überhaupt von<br />

Lohn <strong>die</strong> Rede sei. Denn der sittlich gute Mensch tue das Gute nur um<br />

des Guten willen. Aber so gewiß Gott <strong>die</strong> Sünde der Menschen straft,<br />

so gewiß belohnt L r auch ihren Gehorsam, w e r das nicht weiß,<br />

weiß nichts von dem lebendigen Gott. Nur lohnt und segnet Gott<br />

so, wie L r will, und nicht, wie w ir wollen. Deshalb dürfen wir<br />

wohl auf den Lohn hoffen, den L r uns verheißt, aber w ir sollen unsern<br />

Lohn nicht mit dem der andern vergleichen und dürfen ihn nicht


Sonntag Septuagesimä<br />

zog<br />

berechnen. Gott belohnt und segnet uns so, daß L r uns von jener<br />

Eitelkeit und Eigensucht befreit, <strong>die</strong> mehr sein und mehr haben möchte<br />

als <strong>die</strong> andern.<br />

D ie Epistel<br />

rg. wisset ihr nicht, daß <strong>die</strong>, so in den<br />

Schranken laufen, <strong>die</strong> laufen alle, aber<br />

einer erlangt das Llcinod? Laufet<br />

nun also, daß ihr es ergreifet!<br />

rs. Lin jeglicher aber, der da kämpft,<br />

enthält sich alles Dinges; jene also,<br />

daß sie eine vergängliche Arom empfangen,<br />

wir aber eine unvergängliche.<br />

rb. Ich laufe aber also, nicht als aufs<br />

Ungewisse; ich fechte also, nicht als<br />

der in <strong>die</strong> Luft streicht;<br />

r/. sondern ich betäube meinen Leib<br />

und zähme ihn, daß ich nicht den andern<br />

predige, und selbst verwerflich<br />

werde.<br />

i. Aor. g, Z4—Z7<br />

W er zur <strong>Gemeinde</strong> Iesu Lhristi gehört, der darf seines Lohnes gewiß<br />

sein. Dieser Lohn ist das ewige Leben. Aber er darf dessen nicht so gewiß<br />

sein, daß er meint, er könne ihn auf gar keine weise wieder verlieren.<br />

Die Zugehörigkeit zur christlichen <strong>Gemeinde</strong> ist keine Versicherung<br />

gegen den ewigen Tod. Dies macht uns der Apostel in <strong>die</strong>sem Abschnitt<br />

deutlich. Auch er redet hier im Bilde, jedoch nicht wie Icsus in<br />

einem Gleichnis, sondern in einem vergleich.<br />

Der Vergleich stammt aus dem Bereich der wettkämpfe, <strong>die</strong> damals<br />

ebenso üblich waren wie heute. Der Apostel nimmt <strong>die</strong> Gestalt eines<br />

wcttläufers und eines Fechters und stellt sie den Christen als Vorbild<br />

vor Augen, w enn ein Sportsmann Erfolg haben will, muß er in der<br />

Übung bleiben. <strong>Das</strong> bedeutet <strong>für</strong> ihn Enthaltsamkeit, tägliche Anstrengung<br />

aller seiner Lräfte, genaue Regelung der ganzen Lebensführung,<br />

wieviel Mühe geben sich <strong>die</strong> Sportsleute mit <strong>die</strong>sen Dingen, nur um<br />

einm al Sieger zu sein! w a s sie an Opfer, Selbstzucht und w illcnseinsatz<br />

leisten, stellt Paulus uns als Vorbild vor Augen. Denn <strong>für</strong> uns<br />

geht es ja nicht bloß um den schnell verwelkenden Lhrcnkranz eines<br />

sportlichen Sieges, sondern um das ewige Leben.<br />

Dann wendet er <strong>die</strong>sen Vergleich auf sich selber an. L r sagt, auch er sei<br />

ein wcttläufer. Dabei denkt er an <strong>die</strong> zahllosen proben der Standhaftigkeit,<br />

Ausdauer und Geduld, <strong>die</strong> er hat durchmachen müssen:<br />

Haft, Prügelstrafe, Volksaufstände, Schiffbruch, Bespitzelung, Todesgefahr<br />

aller Arten, Hunger und Durst, Äälte und Blöße. L r hat ein<br />

einziges Mal, im zweiten Äorinthcrbrief, davon ausführlich geredet,<br />

jedoch so, daß man merkt: E r tut es nicht gern. Denn er bildet sich<br />

nichts darauf ein, sondern erblickt darin wirklich nur <strong>die</strong> tägliche<br />

Übung, <strong>die</strong> ihn tüchtig macht, seinen Rampf recht zu kämpfen. Sie bc-


Woche des Sonntags Septuagesimä<br />

wahrt ihn davor, andern zu predigen, aber selber zu versagen, wenn<br />

<strong>die</strong> Reihe an ihn kommt. Darin beweist er sich als ein echter Jünger<br />

I-M-. H -„»,<br />

E ,-- Li-d d-, w °ch.<br />

E s ist das Heil uns kommen her<br />

Paul Speratus, ursprünglich katholischer Priester, dann Vorkämpfer<br />

der Reformation und Prediger in Iglau (Mähren), hatte in seiner <strong>Gemeinde</strong><br />

in evangelischem Sinne gewirkt. Da<strong>für</strong> wurde er zum Zeuertode<br />

verurteilt, w ährend seiner Gefangenschaft auf dem Rathaus zu<br />

Vlmütz hat er <strong>die</strong>s Lied gedichtet und es seiner dem Evangelium treugeblicbmen<br />

<strong>Gemeinde</strong> g s mdk: ein Lied kla er evangelischer Erkenntnis.<br />

Rein Ton der Angst und Sorge klingt mit. Sicherheit in der Lehre gab<br />

dem Dichter erhöhte Glaubenskraft. — Später ließ man ihn frei, wies<br />

ihn aber aus Mähren aus. E r ging zu Luther nach wittcnberg und<br />

wurde auf dessen Empfehlung vom Hochmeister des preußischen R itterordens<br />

nach Preußen berufen, wo er mit Gramann <strong>die</strong> Reformation<br />

einführte.<br />

w eiß man von <strong>die</strong>sem Anlaß der Dichtung, so versteht man das Lied<br />

umso besser zu würdigen. Es wird vielfach eine evangelische Dogmatik<br />

in Reimen genannt, aber man darf das Lied deswegen nicht zurücksetzen.<br />

E s hat <strong>die</strong> Botschaft von der Gnade Gottes in Christus in <strong>die</strong><br />

verwaiste <strong>Gemeinde</strong> des Dichters und dann durch alle deutschen Lande<br />

getragen. Die Wirkung <strong>die</strong>ses Sturmliedes der Reformation auf <strong>die</strong><br />

jungen evangelischen <strong>Gemeinde</strong>n war so stark, daß von der gegnerischen<br />

Seite eine Gegendichtung mit dem gleichen Anfang herauskam.<br />

Bei aller Lehrhaftigkeit spüren w ir doch, wie lebendig der Dichter<br />

an dem, was er zu verkünden hatte, beteiligt war. I n einem Lobpreis<br />

auf den Dreieinigen Gott und im Vaterunser findet <strong>die</strong>ses in seiner<br />

Art eigene Lied einen festlichen Abschluß.<br />

D a s Gebet der Woche<br />

Herr G ott, himmlischer Vater, der D u aus väterlicher Liebe gegen<br />

uns arme Sünder Deinen S oh n uns geschenkt hast, daß wir an<br />

Ih n glauben und durch den Glauben sollen selig werden, wir bitten<br />

Dich, gib D einen Heiligen Geist in unsere Herzen, daß wir in solchem<br />

Glauben bis an unser Ende beharren und ewig selig werden,<br />

durch Jesum Christum, Deinen S oh n , unsern Herrn. Amen.<br />

-ch


Lohn<br />

r,!<br />

Lohn<br />

Gott ist ein Gott der Gnade und des Gerichts, von Ihm gilt, was in<br />

unserem Latcchismus v. Martin Luther sagt: „Gott dräuet zu strafen alle,<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong>se Gebote übertreten. Darum sollen wir uns <strong>für</strong>chten vor Seinem Zorn<br />

und nicht wider solche Gebote tun. Lr verheißet aber Gnade und alles Gute<br />

allen, <strong>die</strong> solche Gebote halten. Darum sollen wir Ihn auch lieben und vertrauen<br />

und gerne tun nach Seinen Geboten". Schrift und Bekenntnis unserer<br />

Lirche kündm gewaltig, daß Gott Vergeltung übt. verzichte e Lr auf Vergeltung,<br />

so mißachtete Lr Seine eigenen Gebote und gäbe Seine Gottheit preis!<br />

Dieser vcrgcltungswille Gottes wird durch das Lvangcliun, bestätigt, w ir<br />

werden zwar ohne des Gesetzes Werke gerechtfertigt (Röm. 8, rs), denn<br />

Christus hat durch Sein Werk <strong>für</strong> uns das Gesetz erfüllt. Aber wir werden<br />

als Gerechtfertigte nach unseren Werken gerichtet (Röm. r, j—?o).<br />

w ir werden also Strafe oder Lohn erhalten.<br />

Siehe, Ich komme bald und Mein Lohn mit Mir,<br />

zu geben einem Icglichcn, wie seine Werke sein werden.<br />

Offenbarung rr, zr.<br />

Der Gedanke, daß Jesus Christus Lohn verheißt, erscheint manchen Menschen<br />

befremdlich. Ist der Lohngedanke nicht ein unterchriftlichcr Gedanke, der jedem<br />

geläuterten sittlichen «Empfinden widerstrebt? Ist es nicht edler, eine Tat zu<br />

tun, gerade wenn sie keinen Lohn findet?<br />

r. Nun aber hat Jesus den Lohngcdanken keineswegs preisgegeben. Lr hat<br />

ihn allerdings gereinigt von seiner Vcrquickung mit dem Vcr<strong>die</strong>nftgcdankcn,<br />

d. h. der Mensch kann sich das Heil nicht ver<strong>die</strong>nen. Lr hat keinen Anspruch<br />

auf Lohn. Lr darf überhaupt nicht den Lohn zum Zielpunkt seines Handelns<br />

machen. Ls kann nichts Schlimmeres von einem Menschen gesagt werden, als<br />

daß er in göttlichen Dingen etwas „um Lohn" tue (Micha 3, p). Wer nach<br />

Lohn schielt und um Lohnes willen handelt, wird von Gott enttäuscht werden.<br />

<strong>Das</strong> wird im Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg deutlich bezeugt<br />

(Match, ro, ;—ch). w o aber ein Christ ohne Blick auf den Lohn, einzig aus<br />

dem Gehorsam gegen Gottes Gebote und aus Dankbarkeit gegen Gottes Gnade<br />

handelt, schenkt ihn Gottes Gnade über Bitten und Verstehen.<br />

In <strong>die</strong>sem Sinne redet Jesus von Lohn. Der „Vater, der in das verborgene<br />

sieht, wird dir vergelten" (Match. S, I. 4. b. j§). Die ganze Bergpredigt, angefangen<br />

von den Scligprcisungen, ist angefüllt mit den heimlichen Verheißungen<br />

des Lohnes! Jesu große Aussendungsrcde an <strong>die</strong> Iünger (Match, zo)<br />

wird in ihrem ganzen Lrnst nur dadurch erträglich, daß sie ganz und gar vom<br />

Lohngedanken unterbaut ist. Die Weisung, umsonst <strong>die</strong> wohltaten Gottes<br />

anzubieten (Match, zo, r), ist nicht ohne <strong>die</strong> Verheißung des Lohnes: Match.<br />

10, 82. 3g. „wer einen Propheten aufnimmt in eines Propheten Namen, der<br />

wird eines Propheten Lohn empfangen. Wer einen Gerechten aufnimmt in


2;r<br />

Woche ocs Sonntags Septuagesimä<br />

eines Gerechten Namen, der wird eines Gerechten Lohn empfangen. Und wer<br />

<strong>die</strong>ser Geringsten einen nur mit einem Becher kalten Wassers tränkt in eines<br />

Jüngers Namen, wahrlich Ich sage euch, es wird ihm nicht »«belohnt<br />

bleiben" (Matth. )d, 4?—42). w o ein Christ im Glaubcnsgchorsam durch<br />

lebendigen Einsatz Zeugnis <strong>für</strong> Gott ablegt, wird er es „hundertfältig nehmen<br />

und das ewige Leben ererben." (Match, ig, 27—29). Nur darf daraus kein<br />

Anspruch auf eine „Pflicht" Gottes erhoben werden (Lies Luk. -7, 7—10!)<br />

3. Aus dem allen wird deutlich: Jesu Lohngcdanke unterscheidet sich von dem,<br />

was sonst in den Religionen oder Sittenlehren „Lohn" genannt wird. Es ist<br />

nicht eine Belohnung gemeint, <strong>die</strong> den Menschen zum Handeln anreizt und <strong>die</strong><br />

man mit Sicherheit durch ein bestimmtes Verhalten erwerben kann. Lohn ist<br />

nicht ver<strong>die</strong>nst. Lohn ist Gnade. Gerade der falsche Lohngcdanke wird<br />

beseitigt, indem Lohn und ver<strong>die</strong>nst von einander geschieden werden, wird<br />

sonst der Lohn aus „Pflicht" angerechnet (Röm. 4, 4), so <strong>die</strong>ser aus Gnade:<br />

weil Gott „so gütig" ist (Matth. 20, 15). Lohn ist soviel wie „Ehre bei Gott"<br />

(Ioh. >2, 43). Diese Anerkennung überrascht den Menschen (Match. 2s, 34ff),<br />

ebenso wie ihn <strong>die</strong> Verwerfung jäh überrascht (Match. 2S, 41 ff: 7, 21 ff).<br />

Lohn ist Gnadenlohn (Luk. b, 32—34).<br />

w ie aber liegt es in solchen Fällen, wo <strong>die</strong> Tat „um ihrer selbst willen" gefordert<br />

und getan wird, ohne Rücksicht auf Lohn und Strafe? Auch <strong>die</strong>se<br />

scheinbar höchste Lebensanschauung, <strong>die</strong> Menschen erdenke» können, ist auf den<br />

Lohngedankcn hin angelegt. Denn der Mensch sucht eben damit den Sinn<br />

seines Lebens zu erfüllen und in der Erfüllung seiner „Bestimmung" den<br />

Ausgleich zu finden, auf den hin jedes gesunde Leben geschaffen ist. Im Tun<br />

der unbedingten Forderung, in der harten Schule der Pflicht, <strong>die</strong> nicht nach<br />

dem „Glück" oder der „Befriedigung" fragt, liegt <strong>für</strong> den Täter selbst der<br />

Lohn. Immer steht — offen oder verborgen — <strong>die</strong> Frage da, ob <strong>die</strong>ses Leben<br />

„sich lohne"!<br />

Christen handeln nicht um Lohnes willen. Aber Gott gibt Lohn. Lr erfüllt<br />

Seine Verheißungen und erweist sich gerade dadurch als Gott. w ir aber<br />

dürfen uns Seine Verheißungen gefallen lassen, gerade als Glaubende. Denn<br />

Glauben heißt: sich das antun lassen, was Gott uns zugedacht hat. wehe,<br />

wenn wir in falschem Stolz Gottes Gabe verachten! Gerade in unserer Demut<br />

könnte sich der heimliche Hochmut enthüllen, den Jesus in Petrus' Verhalten<br />

verwirft (vgl. Ioh. 13, bff!). Denn Gott gibt uns als Lohn nicht etw as,<br />

sondern Sich Selbst. Darum klingt schon aus der Urzeit <strong>die</strong> Verheißung,<br />

<strong>die</strong> <strong>für</strong> uns gilt: ^ .<br />

Ich<br />

bin dein Schild<br />

und dein sehr großer Lohn.<br />

Mose ,s, -.


Woche des Sonntags Septuagesimä<br />

rb. Sehet an, liebe Brüder, eure Berufung:<br />

nicht viel weise nach dem<br />

Fleisch, nicht viel Gewaltige, nicht viel<br />

Edle sind berufen.<br />

27. Sondern was töricht ist vor der<br />

Welt, das hat Gott erwählt, daß Lr<br />

<strong>die</strong> weisen zu Schanden mache; und<br />

was schwach ist vor der Welt, das<br />

hat Gott erwählt, daß Lr zu Schanden<br />

mache, was stark ist;<br />

rr. und das Unedle vor der Welt und<br />

das verachtete hat Gott erwählt, und<br />

M ontag nach Septuagesimä<br />

r,s<br />

das da nichts ist, daß Lr zunichte<br />

mache, was etwas ist,<br />

rg. auf daß sich vor Ihm kein Fleisch<br />

rühme.<br />

so. von Ihm kommt auch ihr her in<br />

Christo Iesu, welcher uns gemacht ist<br />

von Gott zur Weisheit und zur Gerechtigkeit<br />

und zur Heiligung und zur<br />

Lrlösung,<br />

sz. auf daß (wie geschrieben steht),<br />

„wer sich rühmet, der rühme sich des<br />

Herrn!" ;. Lor. rb—s;<br />

w i r rüsten uns auf dir passionszcit. w i r können an ihr innerlich<br />

nicht recht teilnehmen, können ihren tiefen Gegen nicht erfassen, wenn<br />

nicht zuvor der törichte Stolz in uns zerschlagen und <strong>die</strong> S e lb s t­<br />

herrlichkeit vernichtet ist, wenn wir nicht klar sehen, wie w ir von<br />

Natur zu Gott stehen. I n der <strong>Gemeinde</strong> Jesu Lhristi, in der nach dem<br />

Maßstab göttlicher Wahrheit, nicht aber dem Maßstab der W elt gemessen<br />

wird, weiß man auch darum: w i r wären nicht Glieder Seiner<br />

<strong>Gemeinde</strong>, wenn Gott uns mit den Maßstäben, <strong>die</strong> unter Menschen<br />

üblich sind, messen würde. Gott geht Seine eigenen Wege, und <strong>die</strong>se<br />

Wege sind heilig. Gott handelt nach Seinem Rat, und <strong>die</strong>ser Rat ist<br />

weise, auch wenn er den sich klug dünkenden Menschen als töricht erscheint.<br />

S o wählt Lr, der große Gott, Sich oft das Geringe, ja geradezu<br />

das Nichtige. Gott kann mit <strong>die</strong>sem Nichtigen selbst Großes<br />

zunichte machen, wenn es sich Ihm gegenüber brüstet. S o sind auch<br />

wir zur <strong>Gemeinde</strong> Iesu Lhristi berufen nicht auf Grund irgendwelchen<br />

menschlichen Vorzuges oder irgendwelcher eigenen Leistung, sondern<br />

allein aus dem unergründlichen Liebesratschluß des göttlichen Gnadcnwillens.<br />

Ihm allein gilt aller Ruhm!<br />

Die andere Lesung: Matthäus g, g—>s.<br />

zr. Oerhalben, wie durch einen Menschen<br />

<strong>die</strong> Sünde ist kommen in <strong>die</strong><br />

Welt und der Tod durch <strong>die</strong> Sünde,<br />

und ist also der Tod zu allen Menschen<br />

durchgcdrungcn, <strong>die</strong>weil sie alle<br />

gesündigt haben; —<br />

D ienstag nach Septuagesimä<br />

;s. denn <strong>die</strong> Sünde war wohl in der<br />

Welt bis auf das Gesetz; aber wo kein<br />

Gesetz ist, da achtet man der Sünde<br />

nicht.<br />

;4. Doch herrschte der Tod von Adam<br />

an bis auf Mose auch über <strong>die</strong>, <strong>die</strong>


)4<br />

nicht gesündigt haben mit gleicher<br />

Übertretung wie Adam, welcher ist ein<br />

Bild des, der zukünftig war.<br />

)5. Aber nicht verhält sich's mit der<br />

Gabe wie mit der Sünde. Denn so<br />

an eines Sünde viele gestorben sind,<br />

so ist viel mehr Gottes Gnade und<br />

Gabe vielen reichlich widerfahren<br />

durch <strong>die</strong> Gnade des einen Menschen<br />

Jesus Christus.<br />

)ö. Und nicht ist <strong>die</strong> Gabe allein über<br />

eine Sünde, wie durch des einen<br />

Sünders eine Sünde alles verderben.<br />

Denn das Urteil ist kommen aus<br />

Woche des Gönn tags Septuagesimä<br />

einer Sünde zur Verdammnis; <strong>die</strong><br />

Gabe aber hilft auch aus vielen Sünden<br />

zur Gerechtigkeit.<br />

)7- Denn so uni des einen Sünde<br />

willen der Tod geherrscht hat durch<br />

den einen, viel mehr werden <strong>die</strong>, so<br />

da empfangen <strong>die</strong> Fülle der Gnade und<br />

der Gabe zur Gerechtigkeit, herrschen<br />

im Leben durch einen, I.sum Christ,<br />

is. w ie nun durch eines Sünde <strong>die</strong><br />

Verdammnis über alle Menschen kommen<br />

ist, also ist auch durch eines<br />

Gerechtigkeit <strong>die</strong> Rechtfertigung des<br />

Lebens über alle Menschen kommen.<br />

Röm. s, zr—<br />

Der Apostel zieht hier einen Vergleich: w ie Sünde und Tod durch Adam, so<br />

sind Gerechtigkeit und Leben durch Christus zu allen Menschen gekommen.<br />

Vers zs und )4 sind ein cingcschobcner Satz. Nach Vers )4 mögen wir <strong>die</strong><br />

Gedanken des Apostels selber ergänzen: „— so ist durch einen Menschen, das<br />

Gegcnbild des ersten Sünders Adam, Jesus Christus, Gerechtigkeit und Leben<br />

allen Menschen ermöglicht worden".<br />

Von Adams Zeiten her sind Sünde und Tod in der Welt eine Macht geworden,<br />

der wir als Menschen alle unterworfen sind. Freilich wird, wo kein<br />

Gesetz (der ;o Gebote) ist, <strong>die</strong> Sünde von Gott nicht zugerechnet. Daß aber<br />

<strong>die</strong> Sünde in <strong>die</strong>sen Zeiten (zwischen Sündenfal! und Gesetzgebung) tatsächlich<br />

herrschte, beweist <strong>die</strong> wciterhcrrschaft des Todes an jenen Generationen, obwohl<br />

<strong>die</strong>se nicht, wie Adam, ein ausdrückliches Gebot Gottes übertreten hatten.<br />

Christus aber ist von Gott zum Stammvater eines neuen Menschengeschlechtes<br />

eingesetzt; durch den Glauben an Ihn entsteht zwischen Ihm und uns eine Gemeinschaft,<br />

<strong>die</strong> uns Anteil gibt an Seinem Leben und an Seiner Gerechtigkeit.<br />

w e r zur <strong>Gemeinde</strong> Christi sich zählen kann, der hat in seinem Leben<br />

ein Wunder erfahren: E r ist aus der W elt der Sinne, aus der Gewalt<br />

des Gerichts und aus dem Herrschaftsbereich des Todes befreit und<br />

hat das Geschenk der „Gerechtigkeit vor G ott" und eines neuen Lebens<br />

mit Gott empfangen, er hat eine Begnadigung und eine Gerechtsprechung<br />

erlebt, <strong>die</strong> alles, was ihn bisher niedergedrückt hat, weit<br />

hinter sich zurückläßt und einer beseligenden Hrcude Raum macht. <strong>Das</strong><br />

alles aber ist geschehen durch den einen Menschen Jesus Christus, der<br />

nach Gottes w il.en als B ü rg e der ganzen Hütte göttlicher Gnade<br />

und nach Gottes Ratschluß als A n fän g er einer neuen M enschheit<br />

zu uns gekommen ist. Ehr<strong>für</strong>chtig beten w ir <strong>die</strong>ses Wunder G ottes<br />

an.<br />

Die andere Lesung: j. Mosc s, ?—13.


Wochc des Sonntags Septua gesrma r-5<br />

Mittwoch nach Septuagesimä<br />

27. Wandelt nur würdig dem Lvangelium<br />

Christi, auf daß, ob ich komme<br />

und sehe euch oder abwesend von euch<br />

höre, ihr stehet in einem Geist und<br />

einer Seele und samt uns kämpfet<br />

<strong>für</strong> den Glauben des Evangeliums<br />

rs. und euch in keinem w eg erschrecken<br />

lasset von den Widersachern, welches<br />

ist ein Anzeichen, ihnen der Verdammnis,<br />

euch aber der Seligkeit, und das<br />

von Gott.<br />

rg. Denn euch ist gegeben, um Christi<br />

willen zu tun, daß ihr nicht allein an<br />

Ihn glaubet, sondern auch um Seinetwillen<br />

leidet;<br />

so. und habet denselben Rampf, welchen<br />

ihr an mir gesehen habt und nun<br />

von mir höret. Phil. -, r/—so<br />

Unendlich m a n n ig fa ltig ist <strong>die</strong> G nade unseres Gottes; viel mehr<br />

in unserm Leben, als w ir ahnen, ist Geschenk Seiner Gnade. S o ist<br />

es auch nicht eigene Leistung, deren wir uns rühmen dürfen, sondern<br />

wunderbare Rraft <strong>die</strong>ser Gnade, wenn <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> Jesu Christi ein<br />

Dreifaches vermag: <strong>für</strong>s erste von einem Geist g etrag en im Sinn<br />

des Evangeliums ihr Gemcindeleben zu führen, <strong>für</strong>s andere in derselben<br />

Einmütigkeit, durch keinerlei Drohung eingeschüchtert, in ta p fe ­<br />

rem Ä am pf <strong>für</strong> das Evangelium einzustehen, und zum dritten in <strong>die</strong>sem<br />

Rampf auch das O p fer des Leidens nicht zu scheuen, allezeit<br />

dessen eingedenk, daß auch ihr Herr <strong>die</strong>sen w e g gegangen ist. Die<br />

Größe <strong>die</strong>ser Gnade soll uns in der Passionszeit leuchtend vor der<br />

Seele stehen.<br />

Die andere Lesung: Philipper r, 4.<br />

27. Da antwortete Petrus und sprach<br />

zu Ihm: Siehe, wir haben alles verlassen<br />

und sind Dir nachgefolgt; was<br />

wird uns da<strong>für</strong>?<br />

rr. Jesus aber sprach zu ihnen: wahrlich,<br />

Ich sage euch: Ihr, <strong>die</strong> ihr Mir<br />

seid nachgcfo'gt, werdet in derwiedergcburt,<br />

da des Menschen Sohn wird<br />

sitzen auf dem Stuhl Seiner Herrlichkeit,<br />

auch sitzen auf zwölf Stühlen und<br />

richten <strong>die</strong> zwölf Geschlechter Israels.<br />

Donnerstag nach Septuagesimä<br />

rg. Und wer verläßt Häuser oder<br />

Brüder oder Schwestern oder Vater<br />

oder Mutter oder Weib oder Rinder<br />

oder Acker um M ines Namens willen,<br />

der wird's hundertfältig nehmen<br />

und das ewige Leben ererben,<br />

so. Aber viele, <strong>die</strong> da sind <strong>die</strong> Ersten,<br />

werden <strong>die</strong> Letzten, und <strong>die</strong> Letzten<br />

werden <strong>die</strong> Ersten sein.<br />

Matth. zg, L7-so<br />

A lles ist göttliche G n ad e, auch das, worauf wir Anspruch zu<br />

haben glauben. Gnade ist es, wenn der Herr auf unsere törichte Frage<br />

„ w a s wstd uns da<strong>für</strong>?" freundlich damit antwortet, daß Gott denen,<br />

<strong>die</strong> um Seinetwillen zu den größten Opfern bereit sind, Selbst den


ib<br />

Woche des Sonntags Septuagesimä<br />

größten Lohn bereit halte. Gnade ist es, wenn Gott alle Entbehrungen,<br />

alle Verluste und alle Leiden, <strong>die</strong> in Seinem Dienst übernommen<br />

werden, einst in Seine Herrlichkeit umwandelt. Die Jünger Iesu werden,<br />

wenn sie <strong>die</strong>se Herrlichkeit schauen dürfen, anbetend stehen vor der<br />

großen Barmherzigkeit Gottes, daß sie, <strong>die</strong> auf Erden <strong>die</strong> letzten zu<br />

sein schienen, nun vor dem Angesicht Gottes <strong>die</strong> ersten sein werden.<br />

Und schon jetzt trösten sie sich dessen, daß sie ganz von Gottes Gnade<br />

leben.<br />

Die andere Lesung: Römer, -, -3—-7.<br />

40. wer euch aufnimmt, der nimmt<br />

Mich auf; und wer Mich aufnimmt,<br />

der nimmt Den auf, der Mich gesandt<br />

hat.<br />

4f. w er einen Propheten aufnimmt<br />

in eines Propheten Namen, der wird<br />

eines Propheten Lohn empfangen,<br />

w er einen Gerechten aufnimmt in<br />

Freitag nach Septuagesimä<br />

eines Gerechten Namen, der wird eines<br />

Gerechten Lohn empfangen.<br />

42. Und wer <strong>die</strong>ser Geringsten einen<br />

nur mit einem Becher kalten Wassers<br />

tränkt in eines Jüngers Namen,<br />

wahrlich, Ich sage euch, es wird ihm<br />

nicht «»belohnt bleiben.<br />

Match. ; 0, 40—42<br />

Lohn bei Gott ist ein anderer, als Lohn bei Menschen, w i r werden das<br />

W ort schwerlich ganz entbehren können, weil unser Denken und Berechnen<br />

im Verhältnis von Arbeit und Lohn verläuft. E s hat ja auch<br />

unser Herr Selbst unbedenklich sich <strong>die</strong>ses W ortes und Gedankens be<strong>die</strong>nt.<br />

Deutlich genug aber hat E r dabei zu verstehen gegeben, daß jeder<br />

Lohn vor Gott seine Umwertung erfährt durch <strong>die</strong> Tatsache, daß wir<br />

von Gottes Gnade leben, w i r erwarten darum keinen andern Lohn<br />

als den, im Dienste unseres Herrn stehen und wirken zu dürfen. Diener<br />

<strong>die</strong>ses Herrn zu sein, ist höchster Lohn. Gott lohnt den kleinsten Dienst,<br />

der um Lhristi willen geschieht, damit, daß er Seinen Dienern immer<br />

stärker und stärker <strong>die</strong> Herrlichkeit Seiner gnädigen Gemeinschaft zu<br />

erfahren gibt.<br />

Dir andere Lesung: ;. Mose S, g—22.<br />

Sonnabend nach Septuagesimä<br />

7. welcher ist unter euch, der einen s. Ift's nicht also, daß er zu ihm sagt:<br />

Lnccht hat, der ihm pflügt oder das Richte zu, was ich zu Abend esse,<br />

Vieh weidet, wenn er heimkommt vom schürze dich und <strong>die</strong>ne mir, bis ich esse<br />

Felde, daß er ihm sage: Gehe alsbald und trinke; darnach sollst du auch essen<br />

bin und setze dich zu Tische 7 und trinken -


Woche des Sonntags Septuagesimä 2t 7<br />

g. Danket er auch dem Rnechte, daß<br />

er getan hat, was ihm befohlen war?<br />

tan habt, was euch befohlen ist, so<br />

sprechet: Wir sind unnütze Unechte;<br />

Ich meine es nicht.<br />

wir haben getan, was wir zu tun<br />

10. Also auch ihr; wenn ihr alles gc- schuldig waren. Luk. >7, 7—<br />

Unser Verhältnis zu Gott ist nicht das eines Lohnarbeiters zu seinem<br />

Arbeitgeber, sondern das eines Hausgenossen zu Seinem Hausvater.<br />

Der Arbeiter hat Anspruch auf Lohn; Gott gegenüber haben wir keinerlei<br />

Anspruch, w i r gehören Gott mit Leib und Seele an; wir erfüllen<br />

nur unsere einfache Pflicht und Schuldigkeit und tun nur unseren<br />

selbstverständlichen Dienst, wenn w ir Seinem Auftrag gehorsam nachkommen.<br />

Darum erwarten wir von Gott keine besondere Entschädigung<br />

und keinen besonderen Dank. w i r <strong>für</strong>chten auf der anderen<br />

Seite auch nicht, in <strong>die</strong>sem Verhältnis zu kurz zu kommen. W ir sind<br />

ja G o tte s H ausgenossen und leben täglich von S e in e r G ü te.<br />

E r wird uns geben, w as wir brauchen, und mehr als E r uns gibt,<br />

brauchen wir nicht.<br />

Die andere Lesung: ). Mosc r, ?s—rr.


Woche des Sonntags Sexagesrma<br />

Sexagesimä<br />

Heute, so ihr S ein e Stim m e höret, so verstocket euer Herz nicht.<br />

Psalm gs, 7. r<br />

4. Da nun viel Volks beieinander war<br />

und sie aus den Städten zu Ihm eilten,<br />

sprach Lr durch ein Gleichnis:<br />

5. Ls ging ein Säcmann aus, zu säen<br />

seinen Samen. Und indem er säete,<br />

fiel etliches an den w eg und ward<br />

zertreten, und <strong>die</strong> Vogel unter dem<br />

Himmel fraßcn's auf.<br />

b. Und etliches fiel auf den Als; und<br />

da es aufging, verdorrte es, darum<br />

daß es nicht Saft hatte.<br />

7. Und etliches fiel mitten unter <strong>die</strong><br />

Dornen; und <strong>die</strong> Dornen gingen mit<br />

auf und erstickten'?,<br />

r. Und etliches fiel auf ein gut Land;<br />

und es ging auf und trug hundertfältige<br />

Aucht. Da Er das sagte, rief Lr:<br />

w er Ohren hat, zu hören, der höre!<br />

g. Es fragten Ihn aber Seine Iüngcr<br />

und sprachen, was <strong>die</strong>s Gleichnis<br />

wäre 7<br />

10. Lr aber sprach: Luch ist's gegeben,<br />

zu wissen das Geheimnis des Reiches<br />

Gottes; den andern aber in Gleichnissen,<br />

daß sie es nicht sehen, ob sie<br />

D a s Evangelium<br />

es schon sehen, und nicht verstehen, ob<br />

sie es schon hören.<br />

<strong>Das</strong> ist aber das Gleichnis: Der<br />

Same ist das Wort Gottes,<br />

kr. Die aber an dem Wege sind, das<br />

sind, <strong>die</strong> es hören; darnach kommt<br />

der Teufel und nimmt das Wort von<br />

ihrem Herzen, auf daß sie nicht, glauben<br />

und selig werden.<br />

13. Die aber auf dem Fels sind <strong>die</strong>:<br />

wenn sie es hören, nehmen sie das<br />

Wort mit Freuden an; und <strong>die</strong> haben<br />

nicht Wurzel; eine Zeitlang glauben<br />

sie, und zu der Zeit der Anfechtung<br />

fallen sie ab.<br />

f4. <strong>Das</strong> aber unter <strong>die</strong> Dornen fiel,<br />

sind <strong>die</strong>, so es hören, und gehen hin<br />

unter den Sorgen, Reichtum und<br />

Wollust <strong>die</strong>ses Lebens und ersticken<br />

und bringen keine Frucht.<br />

sS. <strong>Das</strong> aber auf dem guten Land<br />

sind, <strong>die</strong> das Wort hören und behalten<br />

in einem feinen, guten Herzen<br />

und bringen Frucht in Geduld.<br />

Luk. r, 4—;s<br />

Dies Gleichnis ist uns zuerst dazu gesagt, daß ein jeder sich fragt:<br />

Hallst du vielleicht auch unter <strong>die</strong> ersten Arten von Hörern? Darum<br />

steht zu seinem Schluß wie ein ausgereckter Zeigefinger das W ort:<br />

w e r Ohren hat zu hören, der höre! <strong>Das</strong> mag jeder in seinem Herzen<br />

bedenken und mit seinem Herrgott im Gebet prüfen.<br />

Darüber hinaus aber hat das Gleichnis noch einen anderen Sinn. Es<br />

erschließt uns eins von den tiefsten Geheimnissen unserer Arbeit im<br />

Reiche Gottes, w e r im Reiche Gottes arbeitet, hat Stunden, in denen<br />

er bei sich denkt oder spricht: „Nun predige ich jahraus, jahrein,<br />

nun habe ich versucht, meine Linder in dem Geiste Jesu Christi zu er-


Sonntag Srxagesimä<br />

ziehen, so gut ich konnte, nun bin ich im Dienste des Herrn t^ p a n s<br />

trcppab gelaufen, und was ist der Erfolg? Ich sehe nichts davon".<br />

<strong>Das</strong> macht sich dann der böse Hemd zu nutze und läßt triumphierend<br />

verkündigen: Also sieht man: <strong>Das</strong> Christentum hat versagt! S o viel<br />

Jahrhunderte christlicher Erziehung, und <strong>die</strong> W elt ist um nichts besser<br />

geworden! <strong>Das</strong> sind schwere Versuchungen. Diesen Versuchungen zu<br />

begegnen, hat der Herr das Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld gesprochen.<br />

Loinmt eine solche Versuchung, so sollen wir uns zuerst immer wieder<br />

fragen, ob es auch wirklich guter Same war, den wir ausstreuten.<br />

Aber wenn w ir dessen durch Gottes W ort gewiß sind, dann dürfen<br />

wir uns vom Herrn durch <strong>die</strong>s Gleichnis trösten lassen. E r sagt uns:<br />

Es liegt nicht immer am Samen, es liegt auch am Ackerfeld! Mögen<br />

andere behaupten: Nur das taugt, was „Erfolg" hat; Christen dürfen<br />

das nicht sagen. Denn das ist ein weltlicher Maßstab, der auf <strong>die</strong><br />

Arbeit im Reiche Gottes nicht zutrifft, w ie erging es den alttestamcntlichen<br />

Propheten mit ihrem Volke? w ie erging es Christus<br />

Selbst? Auf wieviel Ablehnung, Gleichgültigkeit und Haß sind sie gestoßen!<br />

<strong>Das</strong> kommt daher, weil Gottes W ort <strong>die</strong> Wahrheit ist. Es<br />

gibt Menschen, <strong>die</strong> meinen, <strong>die</strong> Wahrheit wolle jeder gerne hören.<br />

Aber dem ist nicht so. w enn <strong>die</strong> Wahrheit das Gewissen trifft, wollen<br />

<strong>die</strong> Menschen sie nicht gerne hören; sondern dann geht es so zu,<br />

wie es in dem Gleichnis bei den drei ersten Ackersorten geschildert ist.<br />

Dahinter steckt ein schweres Rätsel. Die Wahrheit des W ortes G ottes<br />

will doch frei machen! Wollen <strong>die</strong> Menschen denn nicht frei werden<br />

? L s gibt solche, <strong>die</strong> da sehen und doch nicht sehen, hören und doch<br />

nichts verstehen. Man kann ihnen das W ort Gottes sagen, so klar, so<br />

liebevoll und so geduldig, wie man will; es nützt alles nichts. Ihre<br />

innere Abwehr wird umso heftiger, ihr Herz wird kalt und ihre Augen<br />

böse. w a s ist das? Die Bibel sagt: E s ist Verstockung! Verstockt<br />

sein bedeutet nicht, daß einer <strong>die</strong> Wahrheit des W ortes Gottes nicht<br />

oder doch nur oberflächlich kennt, sondern daß er sie sehr wohl und sehr<br />

genau kennt, aber ebendeshalb nicht hören will! Ja, das gibt es! Ist<br />

darum einer im Zweifel, ob er das W ort Gottes recht verkündigt, so<br />

darf er <strong>die</strong>sen Zweifel doch nie soweit kommen lassen, daß er an der<br />

Wahrheit des W ortes Gottes selber und an der L raft des Heiligen<br />

Geistes selber irre wird.


o<br />

Woche des Aon »tags Sexagesimä<br />

Gerade in solchen Stunden sollen w ir nicht nur auf den Teil des S a ­<br />

mens achten, der keine Frucht prmgt, sondern auf den Schluß des<br />

Gleichnisses. Denn am Schluß sagt der Herr: „Einiges aber fiel auf<br />

guten Boden und brachte hundertfältige Frucht", w o das W ort G ottes<br />

redlich und getreulich verkündet wird, da kommt es auch nie leer<br />

zu uns zurück. <strong>Das</strong> dürfen wir gewiß glauben und sollen dabei unsern<br />

Herrn selbst als Zeugen und Beweis nehmen. E r hatte schließlich nur<br />

noch zwölf Iünger. Die mußte L r eines Tages fragen: „ w o llt ihr<br />

auch weggehen)" Als L r Seinen Leidensweg antrat, hat Ih n einer<br />

von <strong>die</strong>sen zwölfen verraten, ein anderer hat Ih n verleugnet, und der<br />

Rest ist geflohen. Dennoch hat G ott Seine <strong>Gemeinde</strong> groß werden lassen.<br />

Da sollten w ir verzweifeln) C) wie kleingläubig sind wir, und<br />

wie wenig verstehen w ir von den großen Geheimnissen des Reiches<br />

Gottes!<br />

). Ls ist mir ja das Rühmen nichts<br />

nütze; doch will ich kommen auf <strong>die</strong><br />

Gesichte und «Offenbarungen des Herrn.<br />

r. Ich kenne einen Menschen in Christo;<br />

vor vierzehn Jahren (ist er in dem<br />

Leibe gewesen, so weiß ich's nicht;<br />

oder ist er außer dem Leibe gewesen,<br />

so weiß ich's auch nicht; Gott weiß<br />

es) ward derselbe entzückt bis in den<br />

dritten Himmel.<br />

s. Und ich kenne denselben Menschen<br />

(ob er in dem Leibe oder außer dem<br />

Leibe gewesen ist, weiß ich nicht; Gott<br />

weiß es);<br />

4. er ward entzückt in das Para<strong>die</strong>s<br />

und hörte unaussprechliche Worte,<br />

welche kein Mensch sagen kann.<br />

s. Für denselben will ich mich rühmen;<br />

<strong>für</strong> mich selbst aber will ich mich nichts<br />

rühmen, ohne meiner Schwachheit,<br />

b. Und so ich mich rühmen wollte, täte<br />

ich darum nicht töricht; denn ich wollte<br />

<strong>die</strong> Wahrheit sagen. Ich enthalte mich<br />

D ie Epistel<br />

aber des, auf daß nicht jemand mich<br />

höher achte, denn er an mir sieht oder<br />

von mir hört.<br />

7. Und auf daß ich mich nicht der<br />

Hohen «Offenbarungen überhebe, ist<br />

mir gegeben ein Pfahl ins Fleisch,<br />

nämlich des Satanas Engel, der mich<br />

mit Fäusten schlage, auf daß ich mich<br />

nicht überhebe.<br />

s. Da<strong>für</strong> ich dreimal dem Herrn gefleht<br />

habe, daß er von mir wiche,<br />

g. Und er hat zu mir gesagt: Laß dir<br />

an Meiner Gnade genügen; denn<br />

Meine Äraft ist in den Schwachen<br />

mächtig. Darum will ich mich am<br />

allerliebsten rühmen meiner Schwachheit,<br />

auf daß <strong>die</strong> Lraft Christi bei mir<br />

wohn«.<br />

10. Darum bin ich gutes Muts in<br />

Schwachheiten, in Schwachen, in Nöten,<br />

in Verfolgungen, in Ängsten, um<br />

Christi willen; denn, wenn ich schwach<br />

bin, so bin ich stark. r. Lor. i r, ;—i o<br />

Diese Epistel ist eine eigenartige und höchst persönliche Auslegung des<br />

Evangeliums vom heutigen Sonntag. Denn wenn es schon schwer ist,<br />

keine Frucht zu sehen, dann ist es doppelt schwer, wenn ein anderer <strong>die</strong>


Sonntag Sexagesimä<br />

rrz<br />

Frucht einheimsen will, deren Samen man selber ausgestreut hat, und<br />

dabei obendrein noch mit Verleumdung arbeitet.<br />

S o ist es dem Apostel Paulus ergangen. Als er <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> in Äorinth<br />

gegründet hatte, kamen sehr bald darnach Leute aus Ierusalem,<br />

<strong>die</strong> sagten etwa so: L s ist schön, daß es nun auch in Äorinth eine<br />

christliche <strong>Gemeinde</strong> gibt. w a s <strong>für</strong> ein eifriger Mann ist doch <strong>die</strong>ser<br />

Paulus! Aber er hat leider auch seine Besonderheiten, vor allem in<br />

dem, was er über das „Gesetz" sagt. Die kann man nicht so ohne weiteres<br />

gut heißen, w i r wollen zwar darüber schweigen, daß er früher<br />

selber ein pharisäischer Schriftgelehrter war, der <strong>die</strong> Lhristen verfolgt<br />

hat. Denn er hat sich ja nachher bekehrt. <strong>Das</strong> kann man nicht bestreiken.<br />

Aber ein richtiger Apostel ist er nicht. Denn er hat Iesus ja nicht gekannt.<br />

w i r aber kommen geradewegs aus Ierusalem und kennen <strong>die</strong><br />

Urapostel. Deshalb ist es nötig, daß w ir euch erst darüber belehren,<br />

was eigentlich christlicher Glaube ist.<br />

Dieses Gemisch von Wahrheit und Verleumdung treibt den Apostel<br />

zu seinem „Selbstruhm". E r ist angegriffen und muß sich verteidigen.<br />

Aber er vergilt nicht Böses mit Bösem; er nennt seine Gegner nicht<br />

einmal mit Namen. E r wiederholt immer wieder: E s ist ja unsinnig,<br />

daß ich euch mit solchen Dingen komme. Aber was hilft's: w enn<br />

andere bei euch damit Erfolg haben, daß sie so zu euch reden und euch<br />

so behandeln, dann bleibt mir nichts anderes übrig, als mich auch ins<br />

rechte Licht setzen. Nun kommt seine Lampf- und Lebensgeschichte,<br />

w a s <strong>für</strong> einen Roman hätte der Mann, wenn er gewollt hätte, über<br />

sein Leben schreiben können. Da fehlt nichts, was eine Lebensbeschreibung<br />

spannend machen kann. Aber er gibt nur kurze Andeutungen und<br />

redet da, wo es sich um sein innerstes Erleben handelt, von sich selber<br />

in der dritten Person. <strong>Das</strong> Ganze ist ein Ruhm seiner Schwachheit.<br />

Elend sind seine äußeren Lcbensumstände, kärglich seine Geldmittel,<br />

schwächlich sein körperlicher und reizbar sein seelischer Zustand. Dazu<br />

kommt ein Leiden, von dem wir nicht genau wissen, was es gewesen<br />

ist. Aber am Schluß steht das schöne W ort: „w enn ich schwach bin,<br />

dann bin ich stark", w i r spüren <strong>die</strong> Wahrheit <strong>die</strong>ses W ortes an dem,<br />

w a s er sagt und w ie er es sagt. w i r können <strong>die</strong>sen Sclbstruhm des<br />

Apostels nicht lesen, ohne daß er uns sehr nahe geht.<br />

w enn wir doch auch so wie er glauben könnten, daß Gottes Lrafk<br />

dann am stärksten ist, wenn wir schwach sind! Die große Masse der<br />

Menschen ist unklug und töricht. Sie hält nur <strong>die</strong> <strong>für</strong> groß, <strong>die</strong> sich sei-


Woche des Sonntags Sexagesimä<br />

ber rühmen, von der stillen Macht des W ortes Gottes weiß sie<br />

nichts. Dennoch ist sie das einzig Bleibende. Gottes Lraft ist w irk ­<br />

lich dann am stärksten, wenn wir schwach sind.<br />

D a s Lied der Woche<br />

Es woll uns Gott genädig sein<br />

Als Luther seine erste evangelische Gottes<strong>die</strong>nstordnung herausgab,<br />

schlug er vor, den Gottes<strong>die</strong>nst mit dem d7. Psalm zu beschließen. In<br />

L, einem alten Druck <strong>die</strong>ser Gottes<strong>die</strong>nstordnung findet sich statt des<br />

" Psalmes <strong>die</strong>ses Lied, das Luther in Anlehnung an ihn gedichtet hat.<br />

Aus dem Liede spricht ein fröhlicher, zuversichtlicher und kühner<br />

Glaube. Der Anfang des Liedes ist eine fast wörtliche Anlehnung an<br />

den r. Vers des Psalmes. E r läßt den fröhlichen Ton, der das ganze<br />

Lied sonst durchweht, noch nicht so erkennen. Aber bald erklingt in hellen<br />

und klaren Tönen <strong>die</strong> Freude eines starken Glaubens, der Gott <strong>die</strong><br />

Erneuerung der Völker der ganzen W elt zutraut. I n Vers 3 findet<br />

sich <strong>die</strong> Beziehung zum Evangelium <strong>die</strong>ses Sonntagcs. <strong>Das</strong> Lied<br />

schließt ab mit einem Lobpreis des Dreieinigen Gottes, wie er an jeder<br />

Stelle des Gottes<strong>die</strong>nstes, nicht bloß am Schlüsse, seinen Platz hat.<br />

D a s Gebet der Woche<br />

Herr Gott, himmlischer Vater, wir danken D ir, daß D u D ein<br />

W ort durch D einen S oh n Iesum Christum unter uns reichlich<br />

aussäest; wir bitten Dich, bereite unsere Hermen durch D einen H eiligen<br />

Geist, daß wir D ein W ort im Glauben aufnehmen, in einem<br />

feinen guten Hermen behalten und in Geduld Frucht bringen, durch<br />

Iesum Christum, D einen lieben S oh n , unsern Herrn. Amen.<br />

ch-<br />

D a s W ort<br />

Die verschiedene Bewertung des W ortes unter den Menschen.<br />

<strong>Das</strong> Wort wird unter den Menschen verschieden bewertet. „Der Worte sind<br />

genug gewechselt, laßt mich auch endlich Taten sehn", so heißt es in einer<br />

Dichtung. Wer im Wort nur eine beliebige und unverbindliche Meinungsäußerung<br />

sieht, muß gering darüber denken. Ein solches Wort kann ja jederzeit<br />

abgeändert werden und ist ohne weittragende Folgen. Dem gegenüber gibt


D as W o rt___ _________ ________ rrs<br />

cs das Sprichwort: „Ein Mann, ein Wort". Hier hat das Wort Charakter,<br />

<strong>die</strong> ganze Festigkeit wahrhaften Mannestums ist damit verbunden. Bei der<br />

Bewertung des Wortes kommt cs offenbar darauf an, ob es sich um „leere<br />

Worte", um einen bloßen „Wortschwall", oder aber, ob cs sich um ein Wort<br />

handelt, das mit wahrhaftem Inhalt gefüllt und zugleich der Ausdruck eines<br />

klaren willens ist. Die großen Menschen aller Zeiten ballten ihre Worte zu<br />

zwingenden Gewalten. Ihr Wort war oft zugleich ein Befehl. Ein solch<br />

wesenhaftes und Willensstärke» Wort ist selbst eine Tat.<br />

r. Die lebendige Stim m e des Evangelium s.<br />

<strong>Das</strong> Wort, auf das <strong>die</strong> Äirche hört, kann, soweit es überhaupt eingeordnet<br />

werden darf, nur zu der zweiten Gruppe gerechnet werden.<br />

<strong>Das</strong> Wort Gottes ist lebendig.<br />

Hebräer 4, -r.<br />

Ls ist kein Zufall, sondern im Wesen des christlichen Glaubens tief begründet,<br />

daß uns das Wort Gottes in der Form verantwortungsvoller persönlicher<br />

Anrede, vor allem in der predigt, nahekommt.<br />

So kommt der Glaube aus der predigt,<br />

das predigen aber durch das Wort Gottes.<br />

Römer;o, -7.<br />

<strong>Das</strong> Evangelium von Jesus Christus ist, wie schon sein Name besagt, eine<br />

Botschaft, <strong>die</strong> uns freudig aufhorchen lassen möchte. Da sich aber der<br />

„alte Mensch" (Eph. 4, rr) in uns gegen das Evangelium sträubt, ist jede<br />

Verkündigung des Wortes Gottes zugleich eine Lampfhandlung, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Herrschaft<br />

Gottes auch bei dir zum Durchbruch gelangen lassen will.<br />

Ist Mein Wort nicht wie ein Feuer,<br />

spricht der Herr,<br />

und wie ein Hammer, der Felsen zerschmettert?<br />

Icrcmias rz, rg.<br />

Auch in der Scelsorge geht es im Grunde genommen um nichts anderes als<br />

um <strong>die</strong>s, gerade dir ganz persönlich das Wort Gottes zu sagen, daß du weder<br />

seinem Anspruch noch seinem Zuspruch entrinnen kannst. In <strong>die</strong>sem Sinne<br />

mahnt der völkerapostcl Paulus seinen Schüler Timotheus zur Treue im Beruf<br />

des Seelsorgers: „Befleißige dich, Gott zu erzeigen einen rechtschaffenen und<br />

unsträflichen Arbeiter, der da recht teile das Wort der Wahrheit" (r.Tim.r,zs).<br />

Stets ist also wesentlich, daß uns <strong>die</strong> Botschaft von Christus nicht wie eine<br />

gelegentliche Zeitungsnachricht zufällig unter <strong>die</strong> Augen kommt, sondern daß<br />

sie uns in der predigt oder in der Scelsorge unmittelbar zugerufen wird. Insofern<br />

hat das «vhr in der Christenheit eine besondere Bedeutung. Zum rechten


4<br />

Woche des Sonntags Sexagesimä<br />

und aufmerksamen Hören wollen wir uns mit allem Ernst innerlich rüsten.<br />

Es ist wohl des Nachdenkens wert, daß der Gehörsinn dem Menschen in der<br />

Regel am längsten erhalte» bleibt. Noch in der Todesstunde, wenn bereits alle<br />

anderen Sinne entschwunden sind, kann oft noch einmal der Trost des Evangeliums<br />

dem Sterbenden ins L>hr gesagt werden.<br />

.1. Die Schriftgebundenhcit des gepredigten W ortes.<br />

Die lebendige Stimme des in predigt, Bekenntnis und Seelsorge verkündigten<br />

Evangeliums unterscheidet sich dadurch grundsätzlich von seder sonstigen<br />

menschlichen Rede, daß sie an <strong>die</strong> Heilige Schrift Alten und Neuen Testamentes<br />

gebunden ist. Ls hat in der Evangelischen Lirche einmal eine Zeit gegeben,<br />

wo man gelegentlich <strong>die</strong>se Gebundenheit so wenig beachtete, daß <strong>die</strong> Prediger<br />

cs wagen konnten, auch Worte von Schiller oder Goethe zur textlichen Grundlage<br />

ihrer „Lanzclrcden" zu wählen. Auch sonst ist versucht worden, allerlei<br />

zeitliche Ereignisse und weltliche Gestalten zur Quelle der christlichen Verkündigung<br />

zu machen. S o verhält sich <strong>die</strong> Schwarmgeistern aller Zeiten. Sie<br />

will stets „Geist" ohne das W ort haben. Allein das biblische Evangelium<br />

bekommen wir auf <strong>die</strong>se weise nicht zu Gehör. Unser Heiland Jesus Christus<br />

sagt:<br />

Suchet in der Schrift<br />

denn ihr meinet, ihr habt das ewig« Leben darinnen;<br />

und sie ist's, <strong>die</strong> von Mir zeuget.<br />

Johannes s, sg.<br />

Deshalb ist nächst der predigt <strong>die</strong> Bibelarbeit in den Häusern oder in der <strong>Gemeinde</strong>bibelstunde<br />

notwendig. In der Bibelstunde leisten wir wichtige vork<br />

und Nacharbeit <strong>für</strong> <strong>die</strong> predigt. Indem wir <strong>die</strong> Worte der Schrift genauer<br />

erwägen und innerlich bewegen, werden wir zu evangelischen Persönlichkeiten,<br />

<strong>die</strong> auch in der Lage sind, eine predigt danach zu beurteilen, ob sie das biblische<br />

Evangelium oder etwa eine schwärmerische Irrlehre verkündigt.<br />

4. <strong>Das</strong> der Heiligen Schrift zugrundeliegende W ort.<br />

Die Bibel stammt nicht in der gleichen Weise wie andere Bücher von menschlichen<br />

Schriftstellern; sie ist vielmehr ihrerseits wiederum aus dem mündlichen<br />

tpffcnbarungszcugnis der Apostel und Propheten hervorgegangen.<br />

Die heiligen Menschen Gottes haben geredet,<br />

getrieben von dem Heiligen Geist,<br />

r. Petrus ?, rz.<br />

Die Heilige Schrift ist also <strong>die</strong> Urkunde -er ursprünglichen predigt von Christus.<br />

Ihr Bericht über das Äommcn, Gekommenscin und Wiederkommen des<br />

Heilandes der Welt enthält zugleich <strong>die</strong> dringende Aufforderung, doch ja <strong>die</strong>sen<br />

Heiland nicht, wie cs einst das Volk der Juden tat, zu verachten, sondern Ihn<br />

gläubig anzunehmen. Indem v. Martin Luther bei seiner Bibelübersetzung


<strong>Das</strong> Wort<br />

srs<br />

stets auf <strong>die</strong> lebendige Sprache des Volkes achtete, hat er <strong>die</strong>sen von ihm klar<br />

erkannten Predigtcharakter der Heiligen Schrift meisterhaft getroffen.<br />

Achten wir vor allem auf den Erlöser Selbst. Er hat kein Buch geschrieben,<br />

Er hat gesprochen. Und von Seinen Worten sagt Er:<br />

Himmel und Erde werden vergehen;<br />

Meine Worte aber werden nicht vergehen.<br />

Markt -s, S).<br />

Ja, was ist Jesus Christus anders, als <strong>die</strong> in einer lebendigen Person dargestellte<br />

predigt des an sich völlig unsichtbaren und »»hörbaren Gottes an<br />

<strong>die</strong> Menschheit? Die höchste Möglichkeit der menschlichen Religionen besteht<br />

darin, „das Unerforschliche schweigend zu verehren". Denn, wer hat Gott je<br />

gesehen? w er will Gottes Wesen beschreiben oder Seinen willen erkennen?<br />

Nur als Christen können und dürfen wir wissen:<br />

Unser Gott kommt und schweiget nicht.<br />

Psalm so, s.<br />

Nachdem vor Zeiten<br />

Gott manchmal und mancherlei weise geredet hat<br />

zu den Vatern durch <strong>die</strong> Propheten,<br />

hat Er am letzten in <strong>die</strong>sen Tagen<br />

zu uns geredet durch den Sohn.<br />

Hebräer z, z. r.<br />

Im Anfang war das Wort,<br />

und das Wort war bei Gott,<br />

und Gott war das Wort.<br />

Und das Wort ward Arisch und wohnete unter uns,<br />

und wir sahen Seine Herrlichkeit,<br />

eine Herrlichkeit als des cingcbornen Sohnes vom Vater,<br />

voller Gnade und Wahrheit.<br />

Johannes-4.<br />

Auf <strong>die</strong>ses geoffenbarte Wort Gottes ist <strong>die</strong> Rieche gegründet. Bezeugt ist<br />

<strong>die</strong>ses geoffenbarte Wort Gottes allein in der Heiligen Schrift, <strong>die</strong> deshalb<br />

Regel und Richtschnur <strong>für</strong> alle christlichen Gedanken und kirchlichen Lehren<br />

darstellt, w ir hören aber <strong>die</strong>ses eine Wort Gottes, Jesus Christus, nur, wenn<br />

es uns heute neu und geistesmächtig in der mündlichen predigt verkündigt<br />

wird. So steht und fällt <strong>die</strong> Kirche mit dem gepredigten Wort Gottes und<br />

bekennt sich zuversichtlich zu der biblischen Losung:<br />

<strong>Das</strong> W ort G ottes bleibet in Ewigkeit.<br />

» <strong>Das</strong> Lirckenduw<br />

4-


v<br />

Woche des Sonntags Sexagesimä<br />

M ontag nach Sexagesimä<br />

zo. Und <strong>die</strong> Iüngcr traten zu Ihm<br />

und sprachen: warum redest Du zu<br />

ihnen durch Gleichnisse)<br />

>l. Lr antwortete und sprach: Luch<br />

ist's gegeben, daß ihr das Geheimnis<br />

des Himmelreichs vernehmet; <strong>die</strong>sen<br />

aber ist's nicht gegeben,<br />

ir. Denn wer da hat, dem wird gegeben,<br />

daß er <strong>die</strong> Fülle habe; wer aber<br />

nicht hat, von dem wird auch genommen,<br />

was er hat.<br />

13. Darum rede Ich zu ihnen durch<br />

Gleichnisse. Denn mit sehenden Augen<br />

sehen sie nicht, und mit hörenden «Uhren<br />

hören sie nicht; denn sie verstehen<br />

cs nicht.<br />

14. Und über ihnen wird <strong>die</strong> Weissagung<br />

Icsajas' erfüllt, <strong>die</strong> da sagt:<br />

„Mit den «Uhren werdet ihr hören,<br />

und werdet es nicht verstehen; und<br />

mit sehenden Augen werdet ihr sehen,<br />

und werdet cs nicht vernehmen,<br />

zs. Denn <strong>die</strong>ses Volkes Her; ist verstockt,<br />

und ihre «Uhren hören übel, und<br />

ihre Augen schlummern, auf daß sie<br />

nicht dermaleinst mit den Augen sehen<br />

und mit den «Uhren hären und mit dem<br />

Herzen verstehen und sich bekehren,<br />

daß ich ihnen hülfe."<br />

1b. Aber selig sind eure Augen, daß sie<br />

sehen, und eure «Uhren, daß sie hören.<br />

17- Wahrlich, Ich sage euch: Viel<br />

Propheten und Gerechte haben begehrt<br />

zu sehen, das ihr sehet, und haben's<br />

nicht gesehen, und zu hören, das ihr<br />

höret, und haben's nicht gehört.<br />

Match, zs, zo— i7<br />

Die letzte Woche hat uns <strong>die</strong> Größe der Gnade Gottes vor Augen gestellt.<br />

Die neue Woche stellt uns vor <strong>die</strong> große Verantwortung derer,<br />

<strong>die</strong> G o tte s G nade versäum en. Ie größer <strong>die</strong> Gnade, desto größer<br />

<strong>die</strong> Verantwortung; je größer <strong>die</strong> Gaben der göttlichen Barmherzigkeit,<br />

umso größer der Ernst, wenn sich <strong>die</strong> Herzen dagegen verhärten.<br />

U ntreue in der Verwaltung dessen, was Gott uns schenkt, rächt sich<br />

bitter durch innere V erarm u n g , w e r nicht verstehen w ill, was<br />

Gott ihm sagt, der wird bald nicht mehr verstehen können, w e r nicht<br />

offen steht <strong>für</strong> <strong>die</strong> Geheimnisse Gottes, dem werden sie sich verhüllen,<br />

daß er zuletzt gar nicht mehr fähig ist, sie zu fassen. S o hat Christus<br />

das Geheimnis des Himmelreiches den Verstockten Seines Volkes<br />

verborgen.<br />

Die andere Lesung: Iakobus 1, rr—47.<br />

rs. Nehmet zu «Ohren und höret meine<br />

Stimme; merket auf und höret meine<br />

Rede:<br />

24. pflügt zur Saat oder bracht oder<br />

eggt auch ein Ackermann seinen Acker<br />

immerdar)<br />

rs. Ist's nicht also: wenn er's gleich<br />

D ienstag nach Sexagesimä<br />

gemacht hat, so streut er Wicken und<br />

wirft Lümmel und sät Weizen und<br />

Gerste, jegliches, wohin er's haben<br />

will, und Spelt an seinen «Ort)<br />

rb. Also unterwies ihn sein Gott zum<br />

Rechten und lehrte ihn.<br />

27. Denn man drischt <strong>die</strong> Wicken nicht


Woche des Sonntags Sexagesimä 227<br />

mit Drcschwagen, so läßt man auch<br />

nicht das Wagenrad über den Lümmel<br />

gehen; sondern <strong>die</strong> Wicken schlägt<br />

man aus mit einem Stäbe und den<br />

Lümmel mit einem Stecken,<br />

rr. Man mahlt es, daß es Brot werde,<br />

und drischt es nicht gar zunichte, wenn<br />

man's mit Wagenrädern und Pferden<br />

ausdrischt.<br />

2g. Solches geschieht auch vom Herrn<br />

Zcbaoth: denn Sein Rat ist wunderbar,<br />

und Lr führt cs herrlich hinaus.<br />

Ics. rr, 23—2g<br />

E s ist wahr: Der Bauer tut jeden Tag wieder andere Arbeit, er wechselt<br />

je nach Bedarf und Not, er verfährt mit Acker und Frucht immer<br />

wieder anders, wie cs <strong>die</strong> Stunde mit sich bringt. S o hat auch Gott<br />

allerlei Mittel und Wege, Seinen w illen zu erfüllen. E r h an d elt<br />

und redet m it uns im m er w ieder auf neue w e is e . E r tut uns<br />

gegenüber jedesmal so, wie der Augenblick es erfordert, w i r haben<br />

kein Recht, Ihm darein zu reden, w i r haben nur eines zu tun: willig<br />

zu hören, was E r uns sagt, und ehrfurchtsvoll vor Seinem w illen<br />

uns zu beugen. M ag E r mit uns handeln, wie E r will: „H eute, so<br />

ihr Seine Stimme höret, so verstocket euer Herz nicht".<br />

Die andere Lesung: Markus zz, zs—zg. 27—33.<br />

z. Und Lr ging aus von danncn und<br />

kam in Seine Vaterstadt; und Seine<br />

Iüngcr folgten Ihm nach.<br />

2. Und da der Sabbat kam, hub Lr an<br />

zu lehren in ihrer Schule. Und viele,<br />

<strong>die</strong> cs hörten, verwunderten sich Seiner<br />

Lehre und sprachen: woher kommt<br />

dem solches) Und was <strong>für</strong> Weisheit<br />

ist's, <strong>die</strong> Ihm gegeben ist, und solche<br />

Taten, <strong>die</strong> durch Seine Hände geschehen)<br />

3. Ist Lr nicht der Zimmcrmann,<br />

Marias Sohn, und der Bruder des<br />

Mittwoch nach Sexagesimä<br />

Iakobus und Ioses und Iudas und S i­<br />

mon) Sind nicht auch Seine Schwestern<br />

allhier bei uns) Und sie ärgerten<br />

sich an Ihm.<br />

4. Icsus aber sprach zu ihnen: Lin<br />

Prophet gilt nirgend weniger denn im<br />

Vaterland und daheim bei den Seinen.<br />

5. Und Lr konnte allda nicht eine einzige<br />

Tat tun; außer, wenig Siechen<br />

legte Lr <strong>die</strong> Hände auf und heilte sie.<br />

b. Und Lr verwunderte sich ihres Unlaubens.<br />

Und Lr ging umher in <strong>die</strong><br />

lecken im Lrcis und lehrte.<br />

Mark. b, z—b<br />

Niemand darf denken, bei ihm könne es niemals zu einer Verhärtung<br />

des Herzens kommen. Gelbst <strong>die</strong> dürfen nicht so denken, <strong>die</strong> dem Herrn<br />

scheinbar am nächsten stehen. Auch wenn w ir treue Glieder unserer<br />

Lirche sind und regelmäßig an ihren Gottes<strong>die</strong>nsten teilnehmen, stehen<br />

wir doch in der Gefahr, daß wir das W ort Gottes nicht w irklich<br />

kören und nicht wirklich beachten und daß wir im entscheidenden


s<br />

Woche des Sonntags Sexagesimä<br />

Augenblick versagen. Mb das nur aus Gedankenlosigkeit geschieht oder<br />

aus Mcnschenfurcht oder aus innerem widerstand gegen <strong>die</strong> göttliche<br />

Wahrheit, <strong>die</strong> unser Gewissen getroffen hat — gleichviel, nicht wenige<br />

nehmen gerade dann Anstoß an Gottes Botschaft, wenn sie besonderen<br />

Anlaß hätten, darauf zu hören. „Heute, so ihr Seine Stimme<br />

höret, so verstockct euer Herz nicht."<br />

Die andere Lesung: Lukas .10, AS— 42.<br />

14. So <strong>für</strong>chtet nun den Herrn und<br />

<strong>die</strong>net Ihm treulich und rechtschaffen<br />

und laßt fahren <strong>die</strong> Götter, denen<br />

eure Vater ge<strong>die</strong>nt haben jenseits des<br />

Stroms und in Ägypten, und <strong>die</strong>net<br />

dem Herrn.<br />

)S. Gefällt es euch aber nicht, daß ihr<br />

dem Herrn <strong>die</strong>net, so erwählet euch<br />

heute, wem ihr <strong>die</strong>nen wollt: den Göttern,<br />

denen eure Väter ge<strong>die</strong>nt haben<br />

jenseit des Stroms, oder den Göttern<br />

der Amoriter, in deren Lande ihr wohnet.<br />

Ich aber und mein Haus wollen<br />

dem Herrn <strong>die</strong>nen.<br />

ib. Da antwortete das Volk und<br />

sprach: <strong>Das</strong> sei ferne von uns, daß<br />

wir den Herrn verlassen und andern<br />

Göttern <strong>die</strong>nen!<br />

rr. Da sprach Iosua zum Volk: Ihr<br />

seid Zeugen über euch, daß ihr den<br />

Herrn euch erwählt habt, daß ihr Ihm<br />

<strong>die</strong>net. Und sie sprachen: Ia.<br />

rg. S o tut nun von euch <strong>die</strong> fremden<br />

Donnerstag nach Sexagesimä<br />

Götter, <strong>die</strong> unter euch sind, und neiget<br />

euer Herz zu dem Herrn, dem Gott<br />

Israels.<br />

24. Und das Volk sprach zu Iosua:<br />

Wir wollen dem Herrn, unserm Gott,<br />

<strong>die</strong>nen und Seiner Stimme gehorchen,<br />

rs. Also machte Iosua desselben Tages<br />

einen Bund mit dem Volk und legte<br />

ihnen Gesetze und Rechte vor zu<br />

Sichem.<br />

rb. Und Iosua schrieb <strong>die</strong>s alles ins<br />

Gesetzbuch Gottes und nahm einen<br />

großen Stein und richtete ihn auf daselbst<br />

unter einer Eiche, <strong>die</strong> bei dem<br />

Heiligtum des Herrn war,<br />

2,7. und sprach zum ganzen Volk:<br />

Siehe, <strong>die</strong>ser Stein soll Zeuge sein<br />

über uns, denn er hat gehört alle<br />

Rede des Herrn, <strong>die</strong> er mit uns geredet<br />

hat: und soll ein Zeuge über euch sein,<br />

daß ihr euren Gott nicht verleugnet,<br />

rs. Also ließ Iosua das Volk gehen,<br />

einen jeglichen in sei» Erbteil.<br />

Ios. r4, -4—-ö- rr—rr<br />

Unsere herrlichen Lirchbauten, unsere hochragenden Äreuze und viele<br />

andere Denkmäler aus vergangener Zeit sind lebendige Zeugen da<strong>für</strong>,<br />

daß unsere Vorfahren einst mit klarem Entschluß und tiefem Verständnis<br />

sich <strong>für</strong> den Christenglauben entschieden haben. Seit Jah r­<br />

hunderten sind sie nun schon unserm Volk treue Bürgen <strong>für</strong> <strong>die</strong> E ntschiedenheit,<br />

mit der sich <strong>die</strong> Väter auf <strong>die</strong> Seite des Herrn Iesus Christus<br />

gestellt haben. Die Entscheidung <strong>für</strong> unser Volk ist aber nicht ein<br />

<strong>für</strong> allemal gefallen; sie muß von jeder Zeit neu erkämpft werden


U>ochc des Sonntags Sexa gesima<br />

wieder ist Lntschcidungszeit. wieder ruft der Herr unserm Volke zu:<br />

w ä h le t, wem ih r <strong>die</strong>nen w o llt! w ählet, zu wem ihr eure L inder<br />

führen wollt! vergesset nicht, was eure Lirchen euch bezeugen!<br />

Die andere Lesung: >. Lormther Z, s—io.<br />

22g<br />

Freitag nach Sexagesimä<br />

;r. Ich lasse euch aber wissen, liebe<br />

Bruder, daß, wie cs um mich stehet,<br />

das ist nur mehr zur Förderung<br />

Evangeliums geraten,<br />

!3. also daß meine Bande offenbar<br />

worden sind in Christo in dem ganzen<br />

Richthause und bei den andern allen,<br />

-4. und viele Bruder in dem Herrn<br />

aus meinen Banden Zuversicht gewonnen<br />

haben und desto kühner worden<br />

sind, das Wort zu reden ohne<br />

Scheu.<br />

zs. Etliche zwar predigen Christum<br />

auch um Neides und Haders willen,<br />

etliche aber aus guter Meinung.<br />

?ö. Jene verkündigen Christum aus<br />

Zank und nicht lauter; denn sie meinen,<br />

sie wollen eine Trübsal zuwenden<br />

meinen Banden;<br />

-7. <strong>die</strong>se aber aus Liebe; denn sie wissen,<br />

daß ich zur Verantwortung des<br />

Evangeliums hier liege.<br />

14. Was tut's aber? Daß nur Christus<br />

verkündigt werde allerleiweise, es<br />

geschehe zum vorwand oder in Wahrheit,<br />

so freue ich mich doch darin und<br />

will mich auch freuen.<br />

I tz. Denn ich weiß, daß mir dassclbige<br />

gelinget zur Seligkeit durch euer Gebet<br />

und durch Handreichung des Geistes<br />

Jesu Christi,<br />

ro. wie ich sehnlich warte und hoffe,<br />

daß ich in keinerlei Stück zu Schanden<br />

werde, sondern daß mit aller Freudigkeit,<br />

gleichwie sonst allezeit also auch<br />

jetzt, Christus hoch gepriesen werde<br />

an meinem Leibe, cs sei durch Leben<br />

oder durch Tod.<br />

ri. Denn Christus ist mein Leben, und<br />

Sterben ist mein Gewinn.<br />

Phil. i, ,r—r,<br />

Man kann sich nicht über jede Evangeliumsverkündigung in gleicher<br />

lveise freuen. E s laufen manche menschlichen Schwächen mit unter.<br />

Aber noch viel weniger soll man bei solchen Menschlichkeiten allzulang<br />

verweilen. L s soll unsere erste und letzte Sorge sein, daß uns<br />

Christus verkündet werde allerorten und allezeit, daß E r wirklich und<br />

lebendig und überzeugend und scgensmächtig verkündet werde. Schassen<br />

w ir auf alle VOcise Möglichkeiten, daß unser Volk so seinen<br />

Herrn hören könne. Geben wir der Verkündigung von Ihm freien<br />

Raum. R ufen w ir alle zur p re d ig t von C hristus herbei. Lassen<br />

wir uns durch nichts abhalten, Ihm Bahn zu schaffen. Vor allem<br />

aber: „Heute, so ihr Seine Stimme höret, so verstocket euer Herz<br />

nicht".<br />

Die andere Lesung: Hebräer 3, 7—14.


so<br />

Woche des Sonntags Sexagesimä<br />

s. Suchet den Herrn, solange Lr zu<br />

finden ist: rufet Ihn an, solange Lr<br />

nahe ist.<br />

7. Der Gottlose lasse von seinem Wege<br />

und der Übeltäter seine Gedanken und<br />

bekehre sich zum Herrn, so wird Lr<br />

Sich sein erbarmen, und zu unserm<br />

Gott, denn bei Ihm ist viel Vergebung.<br />

8. Denn Meine Gedanken sind nicht<br />

eure Gedanken, und eure Wege sind<br />

nicht Meine Wege, spricht der Herr;<br />

g. sondern soviel der Himmel höher ist<br />

denn <strong>die</strong> Lrdc, so sind auch Meine<br />

Sonnabend nach Sexagesimä<br />

Wege höher denn eure Wege und<br />

Meine Gedanken denn eure Gedanken,<br />

zo. Denn gleichwie der Regen und<br />

Schnee vom Himmel fällt und nicht<br />

wieder dahinkommt, sondern feuchtet<br />

<strong>die</strong> Lrdc und macht sie fruchtbar und<br />

wachsend, daß sie gibt Samen, zu säen,<br />

und Brot, zu essen:<br />

also soll das Wort, so aus Meinem<br />

Munde geht, auch sein. Ls soll<br />

nicht wieder zu Mir leer komme», sondern<br />

tun, was Mir gefällt, und soll<br />

ihm gelingen, dazu Ich s sende.<br />

Ies. ss, b—<br />

Gottes Gnade ist keine billige Ware, <strong>die</strong> man jeder Zeit kaufen kann.<br />

Gottes Gnade ist teure Gnade. Sie ist nur solange uns nahe, als Lr<br />

selbst nahe ist. Denn es ist keineswegs selbstverständlich, daß L r Sich<br />

dessen erbarmt, der sich zu Ihm bekehrt. Und es ist keineswegs selbstverständlich,<br />

daß bei Ihm nur Vergebung ist. L s gibt auch eine Buße,<br />

<strong>die</strong> zu spät ist. Darum gilt es mit ganzem Lrnst, daß w ir Ih n suchen,<br />

solange L r nahe ist, und uns zu Ihm bekennen, solange L r uns Raum<br />

gibt zur Buße. Denn L r ist ja der H e rr, der so hoch und erhaben<br />

über uns steht, wie der Himmel über der Erde. Seine Gedanken und<br />

Wege sind von unseren Gedanken und w egen unterschieden, wie der<br />

Heilige von dem Sünder unterschieden ist. w i r können Ih n weder<br />

zwingen, noch von Ihm fordern, w e il aber Seine Macht so viel<br />

höher ist, darum ist L r auch der Herr über unsere Sünde und unseren<br />

Unglauben. Fällt schon pxr Regen nicht umsonst vom Himmel herab,<br />

wieviel weniger Sein W ort! S e in W ort wird nicht ohne Frucht<br />

bleiben. Durch Sein W ort werden w ir bekehrt und empfangen <strong>die</strong><br />

Vergebung unserer Sünden. Denn Sein W ort ist <strong>die</strong> Vergebung<br />

nicht allein <strong>für</strong> unsere Sünden, sondern <strong>für</strong> <strong>die</strong> Sünden der ganzen<br />

W elt.<br />

Die andere Lesung: Hebräer 4, g—zs.


Sonntag Lstomihi<br />

rsz<br />

Woche des Sonntags Lstomihi<br />

Unser Heiland steht an der Schwelle Seines Leidensweges. L r faßt<br />

<strong>die</strong>sen W eg klar und entschlossen ins Auge. Der Auftrag Seines<br />

himmlischen Vaters, den Lampf gegen <strong>die</strong> bösen Mächte <strong>die</strong>ser W elt<br />

bis zur Entlarvung und Überwindung des Satans durchzukämpfen,<br />

führt Ih n auf <strong>die</strong> Straße zum Tode. L r geht <strong>die</strong>sen w eg , ohne zu<br />

zaudern und zu zögern. Denn L r ist Gott gehorsam und weiß, daß<br />

L r <strong>die</strong> Menschheit nur dadurch von Sünde, Tod und Teufel erlösen<br />

und befreien kann.<br />

Schon zweimal hat der Herr Seinen Iüngern angekündigt, daß L r<br />

den w e g des Todes gehen müsse und wolle. Jetzt spricht L r es noch<br />

einmal aus. Der Spruch <strong>die</strong>ser Woche ist der dritten und letzten Leidenovcrkündigung<br />

entnommen. Icsus sprach sie in dem Augenblick, als<br />

Lr sich anschickte, mitten unter Seine feinde nach Ierusalem zu gehen.<br />

Lstomihi<br />

S ehet, wir gehen hinauf gen Ierusalem , und es wird alles vollendet<br />

werden, das geschrieben ist von des Menschen Sohn.<br />

Lukas ;s, si<br />

3!. Er nahm aber zu Sich <strong>die</strong> Zwölf<br />

und sprach zu ihnen: Sehet, wir gehen<br />

hinauf gen Jerusalem, und es wird<br />

alles vollendet werden, das geschrieben<br />

ist durch <strong>die</strong> Propheten von des Menschen<br />

Sohn.<br />

sr. Denn Lr wird überantwortet werden<br />

den Heiden; und Lr wird verspottet<br />

und geschmähet und verspeiet<br />

werden,<br />

SS. und sie werden Ihn geißeln und<br />

töten: und am dritten Tage wird Lr<br />

wieder auferstehen.<br />

Z4. Sie aber vernahmen der keines,<br />

und <strong>die</strong> Rede war ihnen verborgen,<br />

und wußten nicht, was das Gesagte<br />

war.<br />

D a s Evangelium<br />

ss. Ls geschah aber, da Lr nahe an<br />

Iericho kam, saß ein Blindsr am Wege<br />

und bettelte.<br />

sb. Da er aber hörte das Volk, das<br />

hindurchging, forschte er, was das<br />

wäre.<br />

37. Da verkündigten sie ihm, Iesus<br />

von Nazareth ginge vorüber,<br />

s«. Und er rief und sprach: Iesu, Du<br />

Sohn Davids, erbarme Dich mein!<br />

3g. Die aber vornean gingen, bedräueten<br />

ihn, er sollte schweigen. Lr aber<br />

schrie viel mehr: Du Sohn Davids,<br />

erbarme Dich mein!<br />

40. Iesus aber stund stille und hieß ihn<br />

zu Sich führen. Da sie ihn aber nahe<br />

zu Ibm brachten, fragte Lr ihn


s r<br />

Woche des Sonntags Lstomihi<br />

4). und sprach: w a s willst du, daß 42. Und alsobald ward er schend und<br />

Ich dir tun so»? Lr sprach: Herr, daß folgte Ihm nach und pries Gott. Und<br />

ich sehen möge.<br />

alles Volk, das solches sah, lobte Gott.<br />

4r. Und Iesus sprach zu ihm: Sei Luk. ;r, s;—4s<br />

schend! dein Glaube hat dir geholfen.<br />

Menschlich gesehen stehen <strong>die</strong>se beiden Geschichten in schroffem Gegensatz<br />

zueinander. Die eine enthält eine L eid cn sw cissag u n g , <strong>die</strong> andere<br />

zeigt uns den Herrn in der Hülle S e in e r messianischen<br />

M acht, w aru m mußte der, der mit solchen Kräften ausgestattet war,<br />

einen solchen w e g des Leidens gehen? w i r haben uns allzusehr gewöhnt,<br />

von der göttlichen Notwendigkeit des Leidens und Sterbens<br />

Iesu zu reden. Aber verstehen wir deshalb <strong>die</strong> Leidcnsweissagungen<br />

Jesu besser als Seine Iüngcr? Könnten sie nicht auch Äußerungen von<br />

Schwermut sein, wie wir sie an uns selber kennen?<br />

w e r <strong>die</strong> Lcidenswcissagungcn des Herrn so versteht, tritt Seiner M a­<br />

jestät zu nahe. L r denkt menschlich über Ih n und begreift nichts von<br />

dem göttlichen Wesen, das in Ihm war. Darum stehen <strong>die</strong>se beiden<br />

Geschichten so nahe aneinander, w i r sollen daraus lernen, daß <strong>die</strong> Gewißheit<br />

Seines Leidens und Sterbens Iesus nicht irre gemacht an der<br />

Gewißheit Seiner Gottcssohnschaft. Und umgekehrt: Die Gewißheit,<br />

daß Ihm als dem Sohne des allmächtigen Gottes übermenschliche<br />

Kräfte gegeben waren, hat Ihn nicht irre gemacht an der Gewißheit,<br />

daß L r leiden und sterben müsse. Darin offenbart sich das Geheimnis<br />

Seiner Gottmcnschheit.<br />

Iesus hat von Anfang an im m er auf Sein Lndc hingewiesen, wo<br />

sich dazu Gelegenheit bot. S o , wenn L r von der Taufe redet, „mit der<br />

L r getauft werden müsse" (Luk. -r, 4d), oder wenn L r sagt, es<br />

solle nicht sein, daß ein Prophet außerhalb von Ierusalem umkomme<br />

(Luk. zs, 33). E r hat <strong>die</strong>se Gewißheit aus den Weissagungen der<br />

Propheten des Alten Testaments geschöpft. Seine Leidensweissagungen<br />

sind auch niem als bloß v o ra u s sa g u n g c n S e in e s Leidens<br />

und S te rb e n s , sondern ebenso S e in e r A uferstehung.<br />

Denn das Erlöseramt des Sohnes Gottes erfüllt sich im Leiden, S terben<br />

und Auferstehen. Iesus Selbst war der Erste, der an Seine Auferstehung<br />

glaubte. L r ist in der Gewißheit, daß Gott Ih n zu neuem<br />

Leben erwecken würde, in den Tod gegangen. Deshalb ist cs nicht richtig,<br />

nur von Leidcnsweissagungen zu reden.<br />

Die Geschichte von der Heilung des Blinden läßt uns etwas von der<br />

inneren Not <strong>die</strong>ser Menschen erkennen. Blinde sind, so reich aucb ihr


Sonntag Lstomihi 433<br />

Innenleben oft ist, doch auch oft mißtrauisch und leicht verletzt. Sie<br />

nennen alle Sehenden schlechtweg „<strong>die</strong> andern". Darin liegt E ntsagung<br />

und manchmal Bitterkeit.<br />

S o ähnlich wird es auch in der Seele <strong>die</strong>ses Blinden ausgesehen haben.<br />

E r hört mit den geschärften Dhrcn, <strong>die</strong> fast alle Blinden haben, daß<br />

viele Menschen vorübergehen, und forscht nun begierig: „ w a s geschieht<br />

da?" Man gibt ihm <strong>die</strong> Antwort: „Iesus von Nazareth geht<br />

vorüber!" Iesus von Nazareth! Iedermann weiß, wer <strong>die</strong>ser Iesus<br />

von Nazareth ist. Der Blinde hat das Gefühl: Dies ist deine Stunde,<br />

jetzt oder nie! Darum schreit er, so sehr er kann: Hab' Erbarmen mit<br />

mir! — Man redet auf ihn ein. Aber er schreit nur um so lauter. S o<br />

ist cs ja immer, w enn <strong>die</strong> Not groß ist, fallen alle Rücksichten weg,<br />

und w ir Menschen zeigen uns in der ganzen Blöße unseres menschlichen<br />

Elendes. <strong>Das</strong> haben <strong>die</strong>se Unglücklichen vor allen anderen voraus,<br />

daß sie sich ihres Elends nicht mehr schämen. Sie beschämen uns<br />

oft durch ihre Wahrhaftigkeit.<br />

Iesus macht Halt und ruft den Blinden zu Sich. E r weiß ohne viel<br />

Worte, daß es sich um einen handelt, den das Schicksal hart angefaßt<br />

hat. E r fragt: w a s willst du von M ir? Der Blinde hat in der<br />

F in sternis, <strong>die</strong> ihn umgibt, immer nur einen Gedanken gehabt. Den<br />

hat er sich stets von neuem ausgemalt: Ich möchte wieder sehen<br />

können! — Da geschieht das Wunder. E r erhält nicht, wie früher<br />

so oft, bloß eine mitleidige Antwort. Vor ihm steht einer, der sagt<br />

mit der Vollmacht des Sohnes Gottes: Sei sehend!<br />

Der erste, den der Blindgewesenc sieht, ist Iesus Selbst. Alle seine<br />

Not geht unter in lauter Lob und Dank. Und <strong>die</strong> anderen loben und<br />

danken mit.<br />

>. wenn ich mit Menschen- und mit<br />

Engclzungen redete, und hätte der<br />

Liebe nicht, so wäre ich ein tönend Er;<br />

oder eine klingende Schelle,<br />

r. Und wenn ich weissagen könnte<br />

und wüßte alle Geheimnisse und alle<br />

Erkenntnis und hätte allen Glauben,<br />

also daß ich Berge versetzte, und hätte<br />

der Liebe nicht, so wäre ich nichts.<br />

3. Und wenn ich alle meine Habe den<br />

Armen gäbe und ließe meinen Leib<br />

Die Epistel<br />

brennen, und hätte der Liebe nicht, so<br />

wäre mir's nichts nütze.<br />

4. Die Liebe ist langmütig und freundlich,<br />

<strong>die</strong> Liebe eifert nicht, <strong>die</strong> Liebe<br />

treibt nicht Mutwillen, sie blähet sich<br />

nicht.<br />

5. sie stellet sich nicht ungebärdig, sie<br />

suchet nicht das Ihre, sie läßt sich nicht<br />

erbittern, sie rechnet das Böse nicht ;u,<br />

ö. sie freuet sich nicht der Ungerechtigkeit,<br />

sie freuet sich aber der Wahrheit:


s4<br />

7. sic vertrüget alles, sie glaubet alles,<br />

sie hoffet alles, sic duldet alles,<br />

r. Die Liebe höret nimmer auf, so doch<br />

<strong>die</strong> Weissagungen aufhören werden<br />

und <strong>die</strong> Sprachen aufhören werden<br />

und <strong>die</strong> Erkenntnis aufhören wird.<br />

g. Denn unser wissen ist Stückwerk,<br />

und unser weissagen ist Stückwerk.<br />

10. Wenn aber kommen wird das<br />

Vollkommene, so wird das Stückwerk<br />

aufhören.<br />

1l. Da ich ein Lind war, da redete ich<br />

wie ein Lind und war klug wie ein<br />

Woche öcs Sonntags Eftoinihi<br />

Rind und hatte kindische Anschläge;<br />

da ich aber ein Mann ward, tat ick<br />

ab, was kindisch war.<br />

zr. w ir sehen jetzt durch einen Spiegel<br />

in einem dunkel» Wort; dann aber<br />

von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne<br />

ich's stückweise; dann aber werde<br />

ich erkennen, gleichwie ich erkannt<br />

bin.<br />

13. Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung<br />

Liebe, <strong>die</strong>se drei; aber <strong>die</strong> Liebe ist <strong>die</strong><br />

größte unter ihnen.<br />

,. Ror. 13, -5<br />

E s ist schwer, <strong>die</strong>s Hohelied der christlichen Liebe auszulegen, ohne es<br />

abzuschwächen. Deshalb nur <strong>die</strong>s!<br />

Aungenreden ist ein Sprechen, bei dem der, der da redet, nicht an <strong>die</strong><br />

denkt, <strong>die</strong> ihm zuhören. E r verfolgt auch keine bestimmte Absicht; <strong>die</strong><br />

W orte quellen aus der Tiefe seines Gemüts heraus, ohne daß er weiß,<br />

wie. Nicht er, sondern der Geist Gottes redet aus ihm. W er das einmal<br />

gehört hat, den erschüttert cs. Denn Gottes Geist nimmt dann <strong>die</strong><br />

Menschen so sehr in Seine Gewalt, daß sie darüber sich selber und ihre<br />

ganze Umwelt vergessen. Der Apostel sagt nun, <strong>die</strong>se Gabe könne einem<br />

Menschen in so hohem Maße gegeben werden, daß man meine,<br />

einen Engel reden zu hören. Aber darauf solle niemand stolz sein.<br />

w enn keine Liebe dabei sei, so sei es nicht mehr als leeres Getöne.<br />

„w enn ich weissagen könnte!" w a s in der Bibel „weissagen" heißt,<br />

ist nicht dasselbe wie „wahrsagen". Damit ist gemeint, daß einer anderen<br />

Menschen auf Grund des W ortes Gottes ihr Leben deutet. P ropheten<br />

sind Leute, <strong>die</strong> Strafe und Segen Gottes voraussagen, weil sie<br />

den w illen Gottes kennen. Sie verkünden Gottes Zorn und Gottes<br />

Gnade. <strong>Das</strong> heißt „weissagen". <strong>Das</strong>selbe ist <strong>die</strong> Aufgabe einer rechten<br />

evangelischen predigt. Darum kann man an <strong>die</strong>ser Stelle ebensogut<br />

übersetzen: „w enn ich predigen könnte!" Nun sagt der Apostel allen,<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong>se Gabe der rechten predigt haben: Man kann auch ohne Liebe<br />

predigen, man kann sogar ein Meister der erweckenden, tröstenden und<br />

erschütternden predigt sein, man kann alle Geheimnisse des W ortes<br />

Gottes genau kennen, in ihrer Auslegung und Anwendung unübertrefflich<br />

sein, man kann als Verkünder des W ortes Gottes solche Gewalt<br />

haben, daß man durch seinen Glaubensmut Berge versetzt; wenn<br />

aber keine Liebe dabei ist, so ist das alles nichts.


Sonntag Lstomihi<br />

rsb<br />

Damit jedoch niemand behauptet, <strong>die</strong> christliche Liebe bestehe hauptsächlich<br />

in Liebestätigkcit und selbsterrvählter Aufopferung, fügt der<br />

Apostel hinzu: M an kann seine ganze Habe als Almosen hingeben<br />

(was gewiß, wenn es einer täte, etwas Außergewöhnliches wäre);<br />

ist aber keine persönliche Liebe dabei, dann hat es gar keinen W ert vor<br />

Gott. Ebensowenig nützt selbstcrwählte Aufopferung, mag sich nun<br />

einer um einer großen Sache willen verbrennen lassen oder sich im<br />

Dienst <strong>für</strong> <strong>die</strong>se Sache ein körperliches Leiden zuziehen; ist keine persönliche<br />

Liebe dabei, dann ist auch das ohne W ert bei Gott.<br />

Damit wir wissen, was das <strong>für</strong> eine Liebe ist, von der er hier redet,<br />

beschreibt sie der Apostel. <strong>Das</strong> sollte man sich immer wieder laut vorlesen!<br />

Sonst vergißt man, was wirkliche christliche Liebe ist.<br />

Am Schluß bezeugt der Apostel, daß <strong>die</strong>se Liebe ein Geschenk aus der<br />

Ewigkeit ist. Da, wo sie ist, wohnt Gott. Gott ist ja Selber Liebe.<br />

I n ihr und durch sic kommt alles zur Vollendung, was hier auf E r­<br />

den Stückwerk bleibt, das Zungcnrcden, das predigen, das Erkennen.<br />

Die Ewigkeit aber unterscheidet sich von der Festlichkeit so, wie <strong>die</strong><br />

W elt eines Lindes von der eines erwachsenen Mannes. An <strong>die</strong>se<br />

ewige W elt zu glauben, sie zu erhoffen, auf sie hin zu lieben, ist unser<br />

Lhristcnziel.<br />

<strong>Das</strong> Lied der Woche<br />

Lasset uns mit Iesu ziehen<br />

Ein Lied, das <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong>n sich leicht und schnell aneignen und das<br />

sie gern singen. Der Inhalt der vier einzelnen Strophen wird jedesmal<br />

in der ersten Zeile angegeben: M it Iesus ziehen, mit Iesus leiden,<br />

mit Iesus sterben, mit Iesus leben. Dazwischen wird in klaren,<br />

nüchternen Sätzen Zeugnis aus dem Reichtum der Glaubenserfahrungen<br />

abgelegt, worauf jede Strophe in ihren beiden letzten<br />

Feilen mit einem Gebete schließt.<br />

Die weise ist von dem Hamburger Musiker Iohann Schop, dem<br />

Romponisten der Ristschen Lieder, geschaffen zunächst auf das Ristsche<br />

Osterlied: Lasset uns den Herren preisen.<br />

<strong>Das</strong> Gebet der Woche<br />

Heiliger, ewiger Gott und Vater! D u lässest uns eintreten in <strong>die</strong><br />

Gemeinschaft des heiligen Leidens und Sterbens Deines lieben<br />

Sohnes Jesu Christi; verleihe uns, daß wir in wahrer Andacht das


so<br />

XVoche des Sonntags Estomrhi<br />

Gedächtnis Seiner Leiden begehen, in Seiner Nachfolge das<br />

Lreuz auf uns nehmen und also Deinen w illen erfüllen, durch<br />

Deinen lieben Sohn Iesum Christum, unsern Herrn. Amen.<br />

D ie christliche Liebe<br />

I. von christlicher Liebe kann man nicht sprechen, man spräche denn zuvor von<br />

der Liebe Christi. Denn in ihr begegnet uns Gottes eigene Liebe (Röm.r,3g).<br />

In ihr ist Gott Selbst uns Menschen mit dem nicht wieder einzuholenden<br />

„vorsprung der Ewigkeit" zuvorgekommen: „Er hat uns zuerst geliebt"<br />

^ (?- Ioh. 4, Gottes Liebe ist Sünderlicbe. <strong>Das</strong> Iudentum schrieb Gott<br />

nur eine Liebe zu, <strong>die</strong> dem frommen, dem Gerechten gelte. Jesus aber stürzte<br />

mit Seinem Lommen <strong>die</strong>se Ordnung um: „Ich bin gekommen, zu rufen <strong>die</strong><br />

Sünder zur Buße, und nicht <strong>die</strong> Gerechten" (Mark. r, ,7). Lr „ist <strong>für</strong> uns<br />

Gottlose gestorben" (Röm. 5, b).<br />

Darum preiset Gott Seine Liebe gegen uns,<br />

daß Christus <strong>für</strong> uns gestorben ist,<br />

da wir noch Sünder waren.<br />

Römer s, r.<br />

<strong>Das</strong> bedeutet: Gott liebt Menschen, <strong>die</strong> nicht nur vor sich und vor anderen,<br />

sondern auch vor Ihm allen Wert verloren haben. Gott liebt <strong>die</strong>, an denen<br />

nichts Liebenswertes ist! Damit schafft Iesus eine vollkommen neue Weltlage<br />

und gibt Menschen <strong>die</strong> Möglichkeit zu einer Liebe, deren Wesen bis dahin jedem<br />

verschlossen blieb.<br />

Die griechische Sprache, in der das Neue Testament geschrieben ist, kennt drei<br />

verschiedene Worte, <strong>die</strong> im Deutschen mit „Liebe" wiedergegeben werden, obwohl<br />

sie ihrem Inhalt nach recht verschieden von einander smd:<br />

a) „Eros" bezeichnet <strong>die</strong> „leidenschaftliche Liebe", <strong>die</strong> den andern ganz <strong>für</strong> sich<br />

begehrt, besonders <strong>die</strong> triebhafte Zuneigung der Geschlechter.<br />

b) „p h ilia" bezeichnet <strong>die</strong> „<strong>für</strong>sorgliche Liebe", auch freundschaftliche Zuneigung.<br />

c) ,,Agape"> weniger gebräuchlich, bezeichnet <strong>die</strong> „Vorliebe <strong>für</strong> jemanden".<br />

Dieses Wort hat das Neue Testament mit einem ganz neuen Inhalt gefüllt.<br />

Hier ist es, im Unterschiede zu der Allerweltslicbe, <strong>die</strong> Lrwählungslicbc Gottes,<br />

<strong>die</strong> sich grundlos dem Menschen schenkt in Christo.<br />

Man kann <strong>die</strong> Unterschiede zwischen der weltlichen und der göttlichen Liebe<br />

(„Eros" und „Agape") folgendermaßen kennzeichnen: Des Menschen Liebe ist<br />

Begehren, das letztlich doch im irdisch menschlichen Interesse begründet liegt;<br />

Gottes Liebe ist selbstloses Opfer und grundlose Selbstbingabe. Die eine


Die christliche Liebe 237<br />

brängt nach oben; <strong>die</strong> andere läßt sich herab. Die eine will haben, was ihr<br />

mangelt; <strong>die</strong> andere will schenken, was sie in Fülle besitzt. Die eine geht<br />

vom Wert des Menschen aus; <strong>die</strong> andere sucht den Menschen, den sie wertlos<br />

weiß, damit sie ihm einen Wert verleihe, w eil christliche Liebe in der Gestalt<br />

Christi ihr Urbild besitzt, prägen sich alle Maße Seiner Liebe in ihr aus.<br />

II. j. Christliche Liebe ist gebotene Liebe. Denn Christi Liebe war gebotene<br />

Liebe. „Der Sohn dem Vater g'horsam ward". Lr allein hat Gottes im Gesetz<br />

offenbarten Willen erfüllt (Match. S, 17; Gal. 4, 4). Lr ist der Einzige, verwirklich<br />

Gott „über alle Dinge" geliebt hat (Phil. 2, 4). Hier wird wieder<br />

der wesentliche Unterschied zu aller menschlichen Liebe deutlich: menschliche<br />

Liebe läßt sich nicht gebieten. Eine Vorschrift wäre der Tod aller menschlichen<br />

Liebe. Christliche Liebe hingegen ist allein an dem fremden willen Gottes<br />

ausgerichtet. Sie hat ihre Bindung in den io Geboten, <strong>die</strong> dem wiedergeborenen<br />

Weisung und Halt sind. weil Gott es so will, ringt sic<br />

darum, dem großen Doppelgcbot der Gottes- und Nächstenliebe nachzuleben:<br />

Markus -o, 3gf.l<br />

r. Christliche Liebe ist freie Liebe. Denn Christi Liebe war freie Liebe (Phil.<br />

r, S). Gebotene Liebe heißt nicht: erzwungene Liebe! Die Bindung der Liebe<br />

an Gottes Gebote ist gerade der Grund ihrer Freiheit, wie umgekehrt <strong>die</strong> Ungebundenhcit<br />

aller menschlichen Liebe der Grund aller falschen Hörigkeit ist.<br />

wen der Sohn frei macht, der ist recht frei (Ioh. 4, 3ö). Wen der Heilige<br />

Geist zu Gottes Ligentum versiegelte, der erhält durch Ihn <strong>die</strong> Freudigkeit<br />

zu allem Tun (Röm. 12, 4). Christliche Liebe unterscheidet sich dadurch von<br />

weltlicher Liebe, daß sie den Anspruch des Wortes hört: „Dienet einander,<br />

ein jeglicher mit der Gabe, <strong>die</strong> er empfangen hat!" (1. pctr. 4, zo). Aus<br />

Dankbarkeit gegen Gottes Geschenk wird der Christ ein Täter. Ich „greif<br />

an mein Werk mit Freuden, zu dem mich Gott bcschiedcn in meinem Beruf<br />

und Stand".<br />

3. Christliche Liebe ist schöpferische Liebe. Denn Christi Liebe ist schöpferisch.<br />

Lr hat aus Sündern „eitel Linder" (Gal. 4, S—7; Röm. 4, 14—itz;<br />

Ioh. >, 12), aus Gottes Feinden Menschen gemacht, <strong>die</strong> Gott angenehm sind<br />

(Eph. z, b; z. petr. 2, -o); aus Toren weise und aus Schwachen Starke<br />

(?- Lor. j, 27 f.). <strong>Das</strong> Gleiche gilt auch von der Liebe der Christen. Von ihr<br />

sagte Luther auf der berühmten Heidelberger Disputation ?SZ4: „Die christliche<br />

Liebe findet einen Gegenstand oder Menschen nicht vor, der an sich der<br />

Liebe wert wäre, sondern sie schafft sich ihren Gegenstand", d. h. sie macht<br />

Menschen durch ihr Lieben liebenswert. Dem Unwürdigen geht sie nach, so<br />

daß er Wert bekommt. Dem verworfenen wendet sie sich zu, so daß er<br />

gut wird.<br />

4. Christliche Liebe ist Nächstenliebe (Röm. is, g). Denn durch das Blut<br />

Christi sind wir, <strong>die</strong> wir „weiland ferne gewesen, nahe geworden" (Lph.2,-3).


235<br />

Woche des Sonntags Lstomihi<br />

Der „Nächste ist jeder Mensch, der meiner Liebe bedarf, und zwar an dem<br />

(Ort, an dem ich ihm gerade begegne. Lein Mensch ist darum so wenig zu<br />

verkennen und so wenig zu verfehlen, wie der Nächste: es ist wirklich „der<br />

erste, beste", der auf meine Hilfe angewiesen ist. <strong>Das</strong> pharisäische Judentum<br />

sah den Nächsten allein im Volksgenossen. Die „Liebe", <strong>die</strong> <strong>die</strong> Synagoge lehrte,<br />

erreichte an den Grenzen der Blutsgcmeinschaft auch ihre Grenze. Erst mit<br />

Jesu Lommen wird <strong>die</strong>ser Grundsatz zerbrochen. Nicht aus Zufall ist im<br />

Gleichnis Lukas ;o, rs—27 der, der dem unter <strong>die</strong> Räuber Gefallenen zum<br />

Nächsten wird, der fremdstämmigc Samariter. Christliche Liebe gilt „jedermann"<br />

(j. Thcss. 3, zr; s, zs).<br />

s. Christliche Liebe bewährt ihre Echtheit in der Feindesliebe (Matth. s,<br />

42—45). Denn Christi Liebe war Feindesliebe (Röm. s, )0; Luk. 43, 34).<br />

Lr selbst gebietet uns:<br />

Liebet eure Feinde;<br />

segnet, <strong>die</strong> euch fluchen;<br />

tut wohl denen, <strong>die</strong> euch hassen;<br />

bittet <strong>für</strong> <strong>die</strong>, so euch beleidigen und verfolgen!<br />

Matthäus s, 44.<br />

Mit dem Worte „Feind" ist hier nicht der öffentliche Feind eines Volkes<br />

oder Staates gemeint, sondern der persönliche Gegner, mit dem ich im engsten<br />

Lcbenskrcise zu tun habe, sowie der Feind der <strong>Gemeinde</strong> Christi. Hier hat <strong>die</strong><br />

christliche Liebe ihre Besonderheit zu erweisen: „So ihr euch zu euren Brüdern<br />

freundlich tut, was tut ihr Sonderliches) Tun nicht <strong>die</strong> Zöllner auch also)<br />

(Matth. s, 47)-<br />

ö. Christliche Liebe ist verlorene Liebe. Denn Christi Liebe war es zuvor. Lr<br />

starb <strong>für</strong> alle Menschen (z. Ioh. 3, ;ö). Aber nicht alle ließen sich Seine Gabe<br />

gefallen oder dankten Ihm da<strong>für</strong> (Matth. ;s, 3rf.; ro, zsf.; Luk. -7, )7s.).<br />

Darum darf auch <strong>die</strong> Liebe der Christen nicht darnach fragen, ob sie sich lohne<br />

(z. Lor. ?3). Christliche Liebe freut sich wohl des Dankes; aber sic darf nicht<br />

mit ihm rechnen: „Umsonst habt ihr's empfangen, umsonst gebt es auch!"<br />

(Matth. zo, 5). Im Unterschied zur allgemein menschlichen Liebe beruht sie<br />

nicht auf Gegenseitigkeit: „So ihr liebet, <strong>die</strong> euch lieben, was werdet ihr <strong>für</strong><br />

Lohn haben) Tun nicht dasselbe <strong>die</strong> Heiden" (Matth. S, 4S). Darum schenkt <strong>die</strong><br />

christliche Liebe besonders dort gern, wo man sie nicht erwidern kann: Lukas<br />

l4, —-4! Sic wird nicht bitter, wenn <strong>die</strong> Menschen mit Feindschaft antworten<br />

(;. Lor. ;3, s u. 7). Denn cs ist ihre Lust, sich zu verschenken und zu<br />

verlieren, wie sich Christus verschenkte und verlor — an uns! So sagt Luther:<br />

„Die Liebe denkt von jedem stets das Beste, sic ist nicht argwöhnisch, sie glaubt<br />

und hofft vom Nächsten alles Gute. Ls schadet nicht, wenn sie irrt. Die Liebe<br />

erträgt es, betrogen zu werden! Ls ist ihre Art, sich von allen gebrauchen<br />

und mißbrauchen zu lassen. Sie <strong>die</strong>nt allen ohne Unterschied: den


Woche des Sonntags Estomihi !3g<br />

Guten und den Bösen, den Gläubigen und den Ungläubigen, den wahrhaftigen<br />

und den Unwahrhaftigcn".<br />

7. Christliche Liebe wirkt im „verborgenen". Denn Christi Liebe verbarg<br />

sich — unter dem Kreuz! Nur <strong>die</strong> von Gott Erleuchteten nahmen sie im Glauben<br />

an. Wäre sie allen offenkundig gewesen, so hätte man Ihn nicht gekreuzigt<br />

(>. Lor. r, bff.). S o tief verbarg Christus Seinen Ruhm unter der<br />

Schmach! Die Zone des „verborgenen" ist <strong>für</strong> <strong>die</strong> Liebe gerade der rechte<br />

Raum (Matth. b, t—4). Sie stellt sich weder den Menschen noch sich selbst zur<br />

Schau. Ja, sie weiß nicht einmal um ihr eigenes Tun (Matth. 6, -—4;<br />

rs, 37—3g)! Sie verzichtet auf Leifall und Anerkennung, ohne <strong>die</strong> sonst kein<br />

Mensch zu wirken vermag. Denn <strong>die</strong> „Öffentlichkeit" ist <strong>die</strong> Zone des Selbstruhmes;<br />

und am Gelbstruhm geht <strong>die</strong> Liebe zugrunde: „Sie blähet sich nicht"<br />

(). Lor. -3, 4). „Lines solchen Menschen Lob aber ist nicht aus Menschen,<br />

sondern aus Gott" (Röm. r, rg).<br />

III. w o ist christliche Liebe wirklich? Bei uns?! Ist das unser Bild? w er<br />

wollte nicht erschrecken, wenn von <strong>die</strong>sem Bilde unsere Seligkeit abhinge!<br />

„Bei den Menschen ist's unmöglich; aber bei Gott sind alle Dinge möglich"<br />

(Matth. zg, rb). Bei Gott ist <strong>die</strong>se Liebe möglich; bei Gott allein ist sie aber<br />

auch wirklich: in Jesus Christus. Christliche Liebe ist in keinem Sinne eines<br />

Menschen selbstcigenc Liebe. „Solche Liebe ist nicht eine natürliche Kraft, noch<br />

in unserm Garten gewachsen, sondern eine Gabe des Heiligen Geistes"<br />

(Luther). Sie ist im strengen Sinne Christi eigene Liebe, so wahr Er Gottes<br />

eigene Liebe ist! Von Ihm gilt:<br />

Die Liebe höret nimmer auf.<br />

?. Lor. -3, r.<br />

Sie ist nach Jesu Wort das Kennzeichen Seiner Jünger: „Dabei wird jedermann<br />

erkennen, daß ihr Meine Jünger seid, so ihr Liebe unter einander habt"<br />

(Joh. >3, 3S).<br />

jS. Denn also spricht der Hohe und<br />

Erhabene, der ewiglich wohnt, des<br />

Name heilig ist: Der Ich in der Höhe<br />

und im Heiligtum wohne und bei<br />

denen, <strong>die</strong> zerschlagenen und demütigen<br />

Geistes sind, auf daß Ich erquicke den<br />

Geist der Gedemütigten und das Herz<br />

der Zerschlagenen,<br />

iv. Ich will nicht immerdar hadern<br />

und nicht ewiglich zürnen, sondern es<br />

M ontag nach Estomihi<br />

soll von Meinem Angesicht ein Geist<br />

wehen, und Ich will Odem machen.<br />

-7. Ich war zornig über <strong>die</strong> Untugend<br />

ihres Geizes und schlug sie, verbarg<br />

Mich und zürnte; da gingen sie hin<br />

und her im Wege ihres Herzens.<br />

)§. Aber da Ich ihre Wege ansah,<br />

heilte Ich sie und leitete sie und gab<br />

ihnen wieder Trost, und denen, <strong>die</strong><br />

über jene Leid trugen.


24» Woche des Sonntags Estomihi<br />

lg. Ich will Frucht der Lippen schaffen,<br />

<strong>die</strong> da predigen: Friede, Friede,<br />

denen in der Ferne und denen in der<br />

Nähe, spricht der Herr, und will sie<br />

heilen.<br />

20. Aber <strong>die</strong> Gottlosen sind wie ein<br />

ungestüm Meer, das nicht still sein<br />

kann und dessen Wellen Lot und Unflat<br />

auswerfen.<br />

2j. Die Gottlosen haben nicht Fr elen,<br />

spricht mein Gott. Ies. 57, ;s—21<br />

w o wohnt Gott? w e it von uns. Alles Reden von „G ott in uns"<br />

ist Mcnschcnerfindung. Im Himmel wohnt Gott, wo wir Ih n nicht<br />

sehen und erreichen können. E r ist ewig und Sein Name heilig. Aber<br />

derselbe Gott hat noch einen anderen Wohnsitz: bei den Zerschlagenen<br />

und Demütigen, sagt der Prophet, w i r wissen, wie das zugeht: Gott<br />

wird Mensch in Iesus Christus. E r kam auf <strong>die</strong> Erde, um Frieden ^<br />

machen mit den Sündern. Also sind wir doch nicht mehr fern von<br />

Gott? Nein, in Christus ist E r uns nahe und barmherzig. I n Christus<br />

hat E r S e in Him m elreich hier au f E rden aufgerichtet, w e r<br />

Ih n dort sucht, findet Ih n und Seinen Frieden, w e r Ih n wo anders<br />

sucht, findet Ih n nicht, und „<strong>die</strong> Gottlosen haben nicht Frieden" sagt<br />

der Prophet. Herr Christe, komm zu uns mit Deinem Frieden!<br />

Die andere Lesung: z. Mosc ;3, 7—;s.<br />

Dienstag nach Estomihi<br />

>4. Und es begab sich, da Er allein<br />

war und betete, und Seine Iünger zu<br />

Ihm traten, fragte Er sie und sprach:<br />

„Wer sagen <strong>die</strong> Leute, daß Ich sei?"<br />

:g. Sie antworteten und sprachen:<br />

Sie sagen, Du seiest Iohanncs der<br />

Täufer; etliche aber, Du seiest Ellas;<br />

etliche aber, es sei der alten Propheten<br />

einer auferstanden,<br />

ro. Er aber sprach zu ihnen: wer<br />

saget ihr aber, daß Ich sei? Da antwortete<br />

Petrus und sprach: Du bist<br />

der Christus Gottes.<br />

2). Und Er bedräuctc sie und gebot,<br />

daß sie das niemand sagten,<br />

22. und sprach: Des Menschen Sohn<br />

muß noch viel leiden und verworfen<br />

werden von den Ältesten und Hohenpriestern<br />

und Schriftgelchrten, und getötet<br />

werden und am dritten Tage<br />

auferstehen.<br />

23. Da sprach Er zu ihnen allen: w er<br />

Mir folgen will, der verleugne sich<br />

selbst und nehme sein Lreuz auf sich<br />

täglich und folge Mir nach.<br />

24. Denn wer sein Leben erhalten will,<br />

der wird es verlieren; wer aber sein<br />

Leben verlieret um Meinetwillen, -er<br />

wird es erhalten.<br />

23. Und was Nutzes hätte der Mensch,<br />

ob er <strong>die</strong> ganze Welt gewönne und<br />

verlöre sich selbst oder beschädigte sich<br />

selbst?<br />

2b. w er sich aber Mein und Meiner<br />

Worte schämt, des wird sich des Menschen<br />

Sohn auch schämen, wenn Er<br />

kommen wird inSciner Herrlichkeit und<br />

Seines Vaters und der heiligen Engel.<br />

Luk. g, 14—rb


Woche des Sonntags Estomihi r4!<br />

w a s halten <strong>die</strong> Menschen von Icsus? Sie nennen Ih n einen Großen,<br />

einen Guten, und sie glauben, das sei genug <strong>für</strong> Ihn. Petrus nennt<br />

Ihn „Lhristus, den Sohn Gottes". S o ist Christus höher als ein<br />

Mensch? Ia , denn Ih m gehört <strong>die</strong> H errlichkeit, vor Ihm sollen<br />

sich alle Menschen beugen und Ih n anbeten. Aber das wollen <strong>die</strong> Menschen<br />

nicht; sie rufen lieber: „Kreuzige Ihn". Es ist gefährlich und<br />

beunruhigt den „alten Adam", Lhristus als Gottes Sohn zu bekennen, s<br />

— w a s sollen w ir tun? E s gibt nur zwei Wege: Rufe mit den vielen:<br />

„Kreuzige!", so lassen sie dich in Mieden, aber Lhristus schämt<br />

Sich deiner. Oder bekenne mit Petrus: „Du Sohn Gottes", dann<br />

werden sie dich hassen, aber Lhristus nimmt Sich deiner an, und dein<br />

Leben ist nicht verloren. Herr Lhristus, gib uns Deinen Geist zu einem<br />

guten Bekenntnis!<br />

Die andere Lesung: Iesaias 58, I—r.


4r<br />

Fastenzeit / pass ionszeit<br />

Fastenzeit / pussionszeit<br />

M it der Geburt Icsu Christi in <strong>die</strong>se W elt begann Sein Erlösungswerk<br />

an der Menschheit. Durch Seine Auferstehung und Himmelfahrt<br />

wurde es vollendet. Dem Ostertriumph geht der Schmerz der Passion,<br />

des Leidens Christi, voran.<br />

w i r begleiten den Herrn auf Seinem Leidensweg, um still zu werden<br />

vor Seinem Lreuz. Am Lreuz auf Golgatha sehen wir im Glauben<br />

<strong>die</strong> Hoheit und Macht der Liebe Gottes, aber auch das wahre Gesicht<br />

der Menschheit ohne Gott.<br />

Die passions- oder Fastenzeit beginnt mit dem Aschermittwoch. Diese<br />

40tägige Zeit rechnet <strong>die</strong> Sonntage nicht ein, <strong>die</strong> stets Gedenktage der<br />

Auferstehung Aesu sind. Die Lesungen <strong>die</strong>ser Sonntage gehen auf <strong>die</strong><br />

Taufvorbereitung der alten Äirche zurück.<br />

Seit alters werden während der Passionszeit an bestimmten Tagen<br />

Wochcn-Gottes<strong>die</strong>nste gehalten, entweder am Mittwoch als dem<br />

Tage, da Iesu Tod beschlossen und E r verraten wurde, oder am Freitag<br />

als dem Tage, da man Christus ans Lreuz schlug. In <strong>die</strong>sen Fastengottes<strong>die</strong>nsten<br />

wird <strong>die</strong> Leidensgeschichte des Herrn aus einem der vier<br />

Evangelien im Zusammenhang gelesen und ausgelegt.<br />

In der stillen Woche schweigen vielfach Orgel und Glocken. Der Larfreitag<br />

hat <strong>die</strong> Ordnung eines Trauer- und Bußgottcsdicnstes; das<br />

Gotteshaus trägt ernsten Schmuck. Die liturgische Farbe der passionszcik<br />

ist violett, das Sinnbild der Buße: der alte Mensch wird mit<br />

Lhristus in den Tod gegeben, um wiederum mit Ihm aufzuerstehen<br />

zu einem neuen Leben.<br />

Dem Ernst der passionszcit soll auch das äußere Verhalten der <strong>Gemeinde</strong><br />

entsprechen. Unsere Vater vermieden Ablenkungen und jegliche<br />

lärmenden Vergnügungen.<br />

Aschermittwoch<br />

Der Aschermittwoch hat seinen Namen von einem alten Brauch in der römischkatholischen<br />

Lirche. An <strong>die</strong>sem Tage, als dem ersten Tage der vicrzigtägigen<br />

Fastenzeit, pflegte man <strong>die</strong> palmenzwcige des vorhergehenden Iahres zu verbrennen,<br />

um <strong>die</strong> Asche sinnbildlich zu verwenden. Dabei wurden <strong>die</strong> Worte<br />

gesprochen: „Gedenke, o Mensch, daß du Staub bist und wieder zu Staub<br />

wirst". Der Sinn ist der: Die Palme gilt als Sinnbild des Sieges, den Lhri-


Woche des Sonntags Estomihi<br />

stus durch Sein Leben, Leiden, Sterben und Auferstehen über Sünde, Tod<br />

und Teufel davongetragen hat. Durch unsere Sünde aber haben wir Menschen<br />

selbst <strong>die</strong>sen Sieg Christi mißachtet und geschändet. Deswegen werden<br />

<strong>die</strong> Siegespalmcn verbrannt, und ihre Asche, das Zeichen der Nichtigkeit des<br />

menschlichen Lebens, wird zum Sinnbild bußfertiger Gesinnung.<br />

Die Sitte geht in veränderter Form bis ins biblische Altertum zurück. Der<br />

Herr Lhristus führt in Seinem „wehe" über <strong>die</strong> unbußfertigen Städte<br />

(Matth. r;) <strong>die</strong>sen Brauch an. „In Sack und Asche Buße tun" — das ist<br />

sprichwörtlich in vielen Sprachen geworden, auch in unserer deutschen Sprache.<br />

;ö. Wenn ihr fastet, sollt ihr nicht sieht, wird dir's vergelten öffentlich,<br />

sauer sehe» wie <strong>die</strong> Heuchler; denn sie iq. Ihr sollt euch nicht Schätze samversrcllcn<br />

ihr Angesicht, auf daß sie mein auf Erden, da sie <strong>die</strong> Motten und<br />

vor den L:uten scheinen mit ihrem Fasten.<br />

Wahrlich, Ich sage euch: Sie hagraben<br />

und stehlen,<br />

der Rost fressen und da <strong>die</strong> Diebe nachben<br />

ihren Lohn dahin.<br />

ro. Sammelt euch aber Schätze im<br />

)7. Wenn du aber fastest, so salbe dein Himmel, da sie weder Motten noch<br />

Haupt und wasche dein Angesicht, Rost fressen und da <strong>die</strong> Diebe nicht<br />

-r. auf daß du nicht scheinest vor den nachgraben noch stehlen,<br />

Leuten mit deinem Fasten, sondern vor ri. Denn wo euer Schatz ist, da ist<br />

deinem Vater, welcher verborgen ist; auch euer Herz. Matth. b, ri<br />

und dein Vater, der in das verborgene<br />

Die „Fastenzeit" ist angebrochen. <strong>Das</strong> W ort unseres Luther wird<br />

immer wieder wahr bleiben: „Fasten und leiblich Sichbereitcn ist wohl<br />

eine feine äußerliche Z ucht", und wir dürfen über dem, daß wir<br />

so viel verkehrtes Fasten sehen, das rechte Fasten nicht versäumen. Aber<br />

echt muß es sein: echt sowohl in der Keuschheit und Verborgenheit,<br />

mit der es geschehen soll — was brauchen <strong>die</strong> anderen darum zu wissen;<br />

es geschieht ja um Gottes w illen — wie in seinem Inhalt, der<br />

wahrlich viel umfangreicher ist. als es so manche Zeit verstanden hat.<br />

Evangelisch fasten heißt, in, Gehorsam vor Gott verzichten können<br />

auf alles, was uns fesseln will, und sich von Gott völlige innere Freiheit<br />

gegenüber allem Vergänglichen und völlige innere Aufgeschlossenheit<br />

<strong>für</strong> alles Ewige schenken lassen.<br />

Die andere Lesung: Ioel r, ir—IS.<br />

Donnerstag nach Estomihi<br />

5,. Es begab sich aber, da <strong>die</strong> Zeit er- sr. Und Er sandte Boten vor Sich<br />

füllet war, daß Er sollte von hinnen hin; <strong>die</strong> gingen ist» und kamen m<br />

genommen werden, wendete Er Sein einen Markt der Samariter, daß stc<br />

Angesicht, stracks gen Icrusalem zu Ihm Herberge bestellten,<br />

wandeln.<br />

53. Und sie nahmen Ihn mcht an,


244 tvochc des Sonntags Estomihi<br />

darum daß Er Sein Angesicht gewendet<br />

hatte, zu wandeln gen Jerusalem.<br />

S4- Da aber das Seine Jünger Jakobus<br />

und Johannes sahen, sprachen sie:<br />

Herr, willst Du, so wollen wir sagen,<br />

daß Heuer vom Himmel falle und verzehre<br />

sie, wie Ellas tat.<br />

55. Jesus aber wandte sich und bedräutc<br />

sie und sprach: wisset ihr<br />

nicht, welches Geistes Rinder ihr seid?<br />

56. Des Menschen Sohn ist nicht<br />

kommen, der Menschen Seele zu verderben,<br />

sondern zu erhalten.<br />

57. Und sie gingen in einen andern<br />

Markt. Luk. 9, s>— 37<br />

Den w e g des Leidens e rw ä h lt man sich nicht selbst; er wird<br />

von Gott verordnet. M an kann ihn auch gar nicht selber wählen;<br />

denn er wird uns oft auf eine weise verordnet, an <strong>die</strong> w ir am wenigsten<br />

gedacht. Leicht könnte man durch eigene oder fremde Schuld<br />

vom gottgewiesenen w e g abgelenkt werden. Die Menschen wollen<br />

uns oft den freiwillig übernommenen w e g des Leidens versperren.<br />

Dann mag es wohl sein, -aß unsere Leidenschaft aufbraust, <strong>die</strong> sich<br />

starrsinnig den w e g erzwingen will. Aber wenn man sich von<br />

menschlicher Leidenschaft beherrschen läßt, geht man nicht Gottes<br />

Wege. Der allein schickt sich in rechter weise in sein verordnetes Leiden,<br />

der sich von Gottes Geist leiten und allem Unrecht der Menschen<br />

gegenüber <strong>die</strong> rechte Geduld und Gelassenheit schenken läßt.<br />

Die andere Lesung: Matthäus 6, ;—».<br />

S7. Es begab sich aber, da sie auf dem<br />

Wege waren, sprach einer zu Ihm:<br />

Ich will Dir folgen, wo Du hin gehst.<br />

S4. Und Jesus sprach zu ihm: Die<br />

Hüchse haben Gruben, und <strong>die</strong> Vogel<br />

unter dem Himmel haben Nester; aber<br />

des Menschen Sohn hat nicht, da Er<br />

Sein Haupt hin lege.<br />

Sg. Und Er sprach zu einem andern:<br />

Holge Mir nach! Der sprach aber:<br />

Herr, erlaube mir, daß ich zuvor hingehe<br />

und meinen Vater begrabe.<br />

8 reitag nach Estomihi<br />

öd. Aber Jesus sprach zu ihm: Laß<br />

<strong>die</strong> Toten ihre Toten begraben; gehe<br />

du aber hin und verkündige das Reich<br />

Gottes!<br />

6s. Und ein anderer sprach: Herr, ich<br />

will Dir nachfolgen; aber erlaube mir<br />

zuvor, daß ich einen Abschied mache<br />

mit denen, <strong>die</strong> in meinem Hause sind.<br />

6r. Jesus aber sprach zu ihm: w er<br />

seine Hand an den Pflug legt und sieht<br />

zurück, der ist nicht geschickt zuin Reich<br />

Gottes.<br />

Luk. g, 87b—6r<br />

M it Lhristus allezeit „auf dem Wege" sein, das ist das G eheim n is<br />

der echten N achfolge. <strong>Das</strong> bedeutet aber: nicht weglaufen, wenn<br />

man es einmal nicht so bequem hat, wie man es alle Tage haben<br />

möchte, und nicht einen anderen w e g suchen, weil man <strong>die</strong> W iderwärtigkeiten<br />

Seines Weges scheut. M it Christus auf dem Wege sein,


Wochc des Sonntags Estomihi 245<br />

das bedeutet, nicht sich umblicken, wenn <strong>die</strong> Heimat das Herz weich<br />

machen will, und nicht hängen bleiben an Verpflichtungen, <strong>die</strong> wohl<br />

zu ihrer Zeit gelten mögen, in entscheidender Stunde aber nicht aufhalten<br />

dürfen. M it Lhristus auf dem Wege sein heißt, nickt rückwärts<br />

sehen, wenn alte schöne Erinnerungen aufwachen, und nicht umkehren<br />

zu einer Sache, <strong>die</strong> jetzt nicht unsere Aufgabe ist. — I n <strong>die</strong>sem Sinne<br />

sprechen w ir: Herr, ich will Dir nachfolgen!<br />

Die andere Lesung: Matthäus s, 3S—4».<br />

4. Darum sprich zu ihnen: So spricht<br />

der Herr: w o ist jemand, so er fällt,<br />

der nicht gerne wieder aufstünde? Wo<br />

ist jemand, so er irregeht, der nicht<br />

gerne wieder zurechtkäme?<br />

5. Dennoch will ja <strong>die</strong>s Volk zu Jerusalem<br />

irregehen <strong>für</strong> und <strong>für</strong>. Sie<br />

halten so hart an dem falschen Gottes<strong>die</strong>nst,<br />

daß sie sich nicht wollen abwenden<br />

lassen.<br />

b. Ich sehe und höre, daß sie nichts<br />

Rechtes reden. Keiner ist, dem seine<br />

Bosheit leid wäre und der spräche:<br />

w a s mache ich doch! Sie laufen alle<br />

ihren Lauf wie ein grimmiger Hengst<br />

im Streit.<br />

Sonnabend nach Estomihi<br />

7. Ein Storch unter dem Himmel<br />

weiß seine Zeit, eine Turteltaube, Kranich<br />

und Schwalbe merken ihre Zeit,<br />

wann sie wiederkommen sollen; aber<br />

Mein Volk will das Recht des Herrn<br />

nicht wisen.<br />

».wie mögt ihr doch sagen: „Wir<br />

wissen, was recht ist, und haben <strong>die</strong><br />

Heilige Schrift vor uns?" Ift's doch<br />

eitel Lüge, was <strong>die</strong> Schriftgelehrten<br />

setzen.<br />

g. Darum müssen solche Lehrer zuschanden,<br />

erschreckt und gefangen werden:<br />

denn was können sie Gutes lehren,<br />

weil sie des Herren Wort verwerfen?<br />

Ier. r, 4—g<br />

<strong>Das</strong> Volk will seine eigenen Wege gehen, auf eigene Art, nach eigenem<br />

w illen. Auch in der Religion, im Gottes<strong>die</strong>nst. <strong>Das</strong> Volk will es so,<br />

wer soll es hindern? Aber es tritt ihm einer in den w e g , der P r o ­<br />

phet. Gott Selbst sendet ihn, um zu warnen. Denn ein Irrw eg ist<br />

der w e g des Volkes, falsch ist sein Gottes<strong>die</strong>nst, Lüge <strong>die</strong> W orte<br />

seiner Schriftgelehrtcn. Sie haben Gottes Recht vergessen, und Menschenwort<br />

gilt statt Gottes W ort. Der w e g führt ins Verderben.<br />

Doch das Volk will nicht hören, es läuft seinen Irrw eg weiter. E s<br />

hat den Propheten verstoßen, es hat Lhristus gekreuzigt und damit<br />

das Maß der Sünde voll gemacht. G o tte s G ericht w a r <strong>die</strong> A n t­<br />

w o rt. Zum warnenden Beispiel wurde Israel <strong>für</strong> alle Völker. Herr<br />

Lhristus, führe Du uns auf rechter Straße!<br />

Die andere Lesung: Markus g, 14—rg.


!4v<br />

Erste Woche in der Passion «zerr<br />

Erste Woche in der Passionszeit<br />

Der Lampf, den unser Herr und Heiland geführt hat, bleibt Seinen<br />

Jüngern nicht erspart. Jeder Christ ist zur Ritterschaft aufgerufen,<br />

w e r aber recht kämpfen will, muß dem Feind ins Auge sehen.<br />

Der Teufel ist klug. E r tut so, als wäre er Gottes Anwalt. Auch er<br />

sagt: „Es steht geschrieben". E r beginnt keinen offenen Lampf mit<br />

Gott Gelbst. E r nimmt zunächst den Menschen auch nicht den Glauben<br />

an G ott; er redet ihnen ein: E s gibt keinen Teufel! E r tarnt sich als<br />

Menschenfreund. E r arbeitet auch nicht immer nach ein und derselben<br />

Regel. E r behandelt jeden Menschen nach seiner Eigenart. E r kann<br />

warten; aber danach fährt er ungestüm einher wie ein brüllender<br />

Löwe. E r sucht <strong>die</strong> verwundbare Stelle. E r schickt andere Menschen,<br />

ja oft unsere Nächsten und Liebsten, vor. Die müssen ihm helfen, <strong>die</strong>se<br />

verwundbare Stelle zu finden. Nicht im offenen Lampf, sondern aus<br />

dem Hinterhalt stürzt er sich auf sein Opfer und bringt es zu Fall.<br />

„wachet und betet!" heißt es am Ende der heiligen Passionszeit. Aber<br />

wir wollen uns jetzt schon warnen lassen. Der Christ darf nicht in falscher<br />

Sicherheit den Feind, der ihn umschleicht, übersehen und <strong>die</strong> Gefahr<br />

wegleugnen, w o <strong>die</strong> Mächte Gottes sich sammeln, da rüstet sich<br />

auch der Teufel. Nur in der Äraft eines lebendigen Glaubens an Christus,<br />

unsern lebendigen Herrn, können wir ihm widerstehen.<br />

*<br />

Die Sonntage der Passionszeit und der österlichen Frcudenzeit tragen lateinische<br />

Namen. Im Sprachgebrauch der Lirchc benannte man den ganzen Sonntag<br />

kurz nach dem ersten Wort des Lingangsspruchcs. Infolgedessen bestehen zwischen<br />

Namen und Lesung bei einzelnen Sonntagen oft wenig oder keine Beziehungen.<br />

Jnvocavit heißt „Er hat angerufen". Der Lingangsspruch <strong>die</strong>ses<br />

Sonntags lautet: „So spricht der Herr: Er ruft Mich an, so will Ich ihn<br />

herausreißen und zu Ehren bringen. Ich will ihn sättigen mit langem Leben<br />

und will Ihm zeigen Mein Heil. wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt<br />

und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt, der spricht zu dem Herrn:<br />

Meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott, auf Den ich hoffe" (Psalm gf,<br />

?s. ,d. ,. r.).<br />

Invocavit<br />

D azu ist erschienen der S oh n Gottes, daß E r <strong>die</strong> Werke des Teufels<br />

zerstöre. !. Johannes 3, 5


Sonntag Invocavit<br />

D a s Evangelium<br />

!. Da ward Jesus vom Geist in <strong>die</strong><br />

Wüste geführt, auf daß Er von dem<br />

Teufel versucht würde,<br />

r. Und da Er vierzig Tage und vierzig<br />

Nächte gefastet hatte, hungerte Ihn.<br />

8. Und der Versucher trat zu Ihm und<br />

sprach: Bist Du Gottes Sohn, so<br />

sprich, daß <strong>die</strong>se Steine Brot werden.<br />

4. Und Er antwortete und sprach:<br />

Es steht geschrieben: „Der Mensch lebt<br />

nicht vom Brot allein, sondern von<br />

einem jeglichen Wort, das durch den<br />

Mund Gottes geht."<br />

5. Da führte Ihn der Teufel mit sich<br />

in <strong>die</strong> heilige Stadt und stellt« Ihn<br />

auf <strong>die</strong> Zinne des Tempels<br />

ü. und sprach zu Ihm: Bist du Gottes<br />

Sohn, so laß Dich hinab; denn es<br />

steht geschrieben: „Er wird Seinen<br />

Engeln über Dir Befehl tun, und sie<br />

r47<br />

werden Dich auf den Händen tragen,<br />

auf daß Du Deinen Huß nicht an einen<br />

Stein stoßest."<br />

7. Da sprach Jesus zu ihm: wiederum<br />

steht auch geschrieben: „Du sollst<br />

Gott, Deinen Herrn, nicht versuchen."<br />

8. wiederum führte Ihn der Teufel<br />

mit sich auf einen sehr hohen Berg<br />

und zeigte Ihm alle Reiche der Welt<br />

und ihre Herrlichkeit<br />

g. und sprach zu Ihm: <strong>Das</strong> alles will<br />

ich Dir geben, so Du niederfällst und<br />

mich anbetest.<br />

z o. Da sprach Jesus zu ihm: Heb dich<br />

weg von Mir, Satan! denn es stehet<br />

geschrieben: „Du soüft anbeten Gott,<br />

deinen Herrn, und Ihm allein <strong>die</strong>nen."<br />

Da verließ Ihn der Teufel; und<br />

siehe, da traten <strong>die</strong> Engel zu Ihm und<br />

dicnctcn Ihm. Matth. 4, z—Z><br />

Icsris wurde versucht allenthalben gleich wie wir, aber E r blieb ohne<br />

Sünde, versucht werden bedeutet, daß einem in allen Lebensentscheidungen<br />

auch <strong>die</strong> Möglichkeit entgegentritt, <strong>die</strong> zum Bösen führt. Am<br />

gefährlichsten sind solche Versuchungen, <strong>die</strong> wir zunächst gar nicht<br />

als Versuchungen erkennen. Gottes W ort ist der Probierstein, durch<br />

den w ir das Gute und das Böse voneinander unterscheiden lernen.<br />

<strong>Das</strong> zeigt uns Iesus durch Seine eigenen Versuchungen. Denn <strong>die</strong><br />

Waffe, mit der E r den Teufel bekämpft, ist das W ort der Heiligen<br />

Schrift.<br />

S o sehr Iesus uns darin gleich ist, daß E r wie wir versucht wurde,<br />

so verschieden sind <strong>die</strong> Versuchungen, denen E r ausgesetzt war, von<br />

denen, <strong>die</strong> uns meistens zu schaffen machen. Die Versuchungen, denen<br />

<strong>die</strong> Menschen unterliegen, hängen meist mit dem Tiefsten, Stärksten<br />

und oftmals sogar Besten ihres Wesens zusammen. <strong>Das</strong> ist bei Iesus<br />

nicht der Zall gewesen. E s handelt sich bei Ihm nicht um menschliche<br />

Versuchungen. Alle Seine Versuchungen kommen aus dem Amt, das<br />

E r bei Seiner Taufe erhalten hat. Dies bezeugen alle Evangelisten dadurch,<br />

daß sie <strong>die</strong> Geschichte von den Versuchungen Iesu zu Seiner<br />

Taufe in eine enge zeitliche Beziehung setzen. Gerade jetzt, da Ihm<br />

Sein messianisches Ämt gegeben war, traten Ihm <strong>die</strong> Möglichkeiten


__________________Woche des S o n n t ags I n v o c a v ir<br />

vor Augen, <strong>die</strong> Ih n von Gott weg in <strong>die</strong> Arme des Teufels geführt<br />

hätten.<br />

Iesus fastete in der wüste. E r fastete sehr lange, nämlich 40 Tage und<br />

40 Nächte. <strong>Das</strong> Hasten ist ein Mittel der Sammlung zum Gebet. Ie ­<br />

sus hat auch später oft <strong>die</strong> Einsamkeit gesucht, wenn E r beten wollte.<br />

Dann hat E r vermutlich auch gefastet, obwohl das nur in der versuchungsgcschichte<br />

ausdrücklich erwähnt wird.<br />

Iesus hat bei der Taufe <strong>die</strong> Zusage erhalten: „Dies ist Mein lieber<br />

Sohn, an dem Ich Wohlgefallen habe". Aber E r ist zugleich als<br />

Mensch an Seinen Leib gebunden. Nach einer Fastenzeit von vierzig<br />

Tagen und vierzig Nächten ist E r an der äußersten Grenze dessen<br />

angelangt, was der menschliche Lörpcr überhaupt aushalten kann.<br />

Sollte Er da nicht das Recht, ja sogar <strong>die</strong> Pflicht haben, Sich durch<br />

ein Wunder zu helfen) „w enn Du Gottes Sohn bist, so sprich,<br />

daß <strong>die</strong>se Steine Brot werden!" <strong>Das</strong> klingt genau so, wie seinerzeit<br />

<strong>die</strong> Schlange der Eva ins Ohr raunte: „Sollte Gott wirklich<br />

gesagt haben)" S o wird <strong>die</strong> Zusage Gottes in Zweifel gezogen.<br />

Iesus antwortet: „Der Mensch lebt nicht vom B rot allein, sondern<br />

von einem jeglichen W ort, das durch den Mund Gottes geht". Damit<br />

meint E r vor allem das W ort, durch das Ihm bei der Taufe<br />

Sein messianischcs Amt zugesagt wurde. Seine Antwort hat den<br />

S inn: w enn Gott M ir <strong>die</strong>s Amt gibt, dann wird E r auch Meinen<br />

Leib erhalten. <strong>Das</strong>selbe hat Er später Seinen Iüngern nahegelegt.<br />

„Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes und Seiner Gerechtigkeit,<br />

so wird euch solches alles zufallen."<br />

w i r sind wohl <strong>für</strong> eine Zeitlang bereit, Lhristus nachzufolgen. Aber es<br />

darf uns nicht an <strong>die</strong> Existenz gehen. „M an muß doch essen und trinken,<br />

sich kleiden und Wohnung haben", sagen wir. w enn es hart auf<br />

hart kommt, lassen wir deshalb unser Bekenntnis und Gottes W ort<br />

fahren und wählen das Brot. N )ir glauben also nicht wirklich, daß<br />

Gott ebenso <strong>für</strong> uns sorgt wie <strong>für</strong> <strong>die</strong> Lilien auf dem Heide und <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />

Sperlinge unter dem Himmel, daß alle unsere Haare auf unserm<br />

Haupte gezählt sind. Darum fallen wir zumeist schon in <strong>die</strong>ser ersten<br />

Versuchung.<br />

Die zweite Versuchung baut in einem doppelten Sinne auf der ersten<br />

auf, sowohl der Form wie dem Inhalt nach. D er Horm nach: Denn<br />

der Versucher nimmt hier ein Schriftwort und hält es Iesus vor. Es<br />

ist, als ob er sagen wollte: Du glaubst also fest an Gottes W ort.


Sonntag Invocavit<br />

24S<br />

Dann weißt Du ja auch, was da steht von den Engeln, <strong>die</strong> Dich beschützen<br />

sollen. Also kannst Du ruhig vom Tempel herabspringcn.<br />

Vder wäre Dir das doch ein zu großes W agnis) Glaubst Du der<br />

Schrift etwa mit Auswahl) Dem I n h a lt nach: Nachdem Iesus<br />

jeden Zweifel an der Zusage Gottes, <strong>die</strong> Ih n zum Sohne Gottes erklärt,<br />

abgewiesen hat, stellt der Versucher Ih n jetzt vor <strong>die</strong> Frage, wie<br />

E r Sein messianischcs Amt ausüben wolle. E s ist, als ob E r sagen<br />

wollte: Gut, Du bist Gottes Sohn! Aber wie willst Du <strong>die</strong> andern<br />

Menschen davon überzeugen) wodurch willst Du sie gewinnen) Du<br />

kannst doch nichts ausrichten ohne <strong>die</strong> Massen! w e r aber <strong>die</strong> Massen<br />

gewinnen will, muß etwas tun, worauf <strong>die</strong> Massen achten. Also<br />

spring' vom Tempel herab! Dir kann ja nichts geschehen, und <strong>die</strong><br />

Menschen werden Dir zujubeln.<br />

Iesus weist <strong>die</strong>se Versuchung dadurch ab, daß E r den S inn der Schrift<br />

über das einzelne Schriftwort stellt. „E s steht auch geschrieben: Du<br />

sollst den Herrn, Deinen Gott, nicht versuchen." Der Glaube kann<br />

wunderbare Dinge tun mit Gottes Hilfe. Aber Gott läßt Sich nichts<br />

abzwingen. Alles will von Ihm erbeten, aber nichts kann von Ihm<br />

ertrotzt werden. Gott muß <strong>die</strong> Aufgabe stellen, damit wir uns im<br />

Glauben dazu bekennen. Aber nicht w ir haben ihm vorzuschreiben,<br />

was E r tun soll.<br />

Haben w ir <strong>die</strong> erste Versuchung einigermaßen bestanden und dadurch<br />

<strong>die</strong> Kraft des lebendigen Glaubens kennen gelernt, wie leicht fallen wir<br />

dann der zweiten zum Vpfer! w i r nehmen <strong>die</strong> Bibel als ein E)rake!<br />

und versteifen uns darauf: Es steht doch da, daß der Glaube Berge<br />

versetzen kann. Also muß Gott! Nur gläubige Menschen sind in der<br />

Gefahr einer solchen Versuchung, Kleingläubige lernen sie gar nicht<br />

kennen, Ungläubige lachen darüber. Man muß <strong>die</strong>sen Gläubigen zugestehen,<br />

daß sie Gläubige sind. Aber sie müssen auch lernen, daß alle<br />

Wunder des Glaubens aus der Demut erwachsen, <strong>die</strong> sich immer ganz<br />

und gar Gott anheimstellt, um sie aus Seiner Hand geschenkt zu erhalten.<br />

Menschlicher Glaube kann nichts erzwingen. E s ist nicht wahr,<br />

daß Gott stets dem Mutigen hilft, E r hilft dem Betenden, w e r allzusehr<br />

auf sich selbst vertraut, der klimmt wohl eine w eile von einer<br />

Höhe zur andern, eines Tages aber tut er einen tiefen Fall und zerschellt<br />

im Abgrund. Dann wird klar, daß es der Teufel war, der ihn führte.<br />

Die dritte Versuchung ist deshalb <strong>die</strong> schwerste, weil der Versucher<br />

nun aufs Ganze gebt. Denn hier steht <strong>die</strong> Frage im Hintergründe:


Woche des Sonnrags Invocavit<br />

w a s ist eigentlich das Ziel deines messianischcn Amtes) E s heißt:<br />

„Der Teufel zeigte Ihm alle Reiche der W elt und ihre H errlichkeit".<br />

Da stehen <strong>die</strong> Verheißungen der Propheten vor dem geistigen Auge<br />

Icsu auf. Reden sie nicht alle von einem Reiche der Gerechtigkeit<br />

und des ewigen Friedens, dem alle Völker der W elt angehören<br />

sollen) „Dies alles will ich Dir geben, wenn Du niederfällst und mich<br />

anbetest", sagt der Teufel, w a s meint er mit <strong>die</strong>ser Bedingung) Iesus<br />

soll politische Mittel anwenden, um den Menschen das Heil zu bringen.<br />

w ie verführerisch ist der Gedanke, der so folgert: Dein Ziel ist<br />

groß und heilig! Aber wenn du es verwirklichen willst, dann mußt du<br />

Gewalt mit Gewalt brechen, Lüge mit List überwinden, Klugheit mit<br />

Schlauheit übertölpeln, w aru m zögerst du) Dein hoher Zweck heiligt<br />

<strong>die</strong> Mittel!<br />

Iesus anwortet: „Es steht geschrieben: Du sollst anbeten den Herrn,<br />

Deinen Gott und Ihm allein <strong>die</strong>nen!" Damit hat E r jede politische<br />

Deutung des Reiches Gottes von Sich geschoben und Sich persönlich<br />

<strong>für</strong> den w e g des Leidens entschieden.<br />

Die Kirche darf nicht der Versuchung verfallen, nach weltlicher Macht<br />

zu trachten und sich mit weltlichen Mitteln zu sichern, gerade dann<br />

nicht, wenn ihr Ansehen groß ist. Der Glaube an das Reich der ewigen<br />

Gerechtigkeit und des ewigen Friedens darf nicht weltlich verfälscht<br />

werden! Gott bewahre sie vor den Einflüsterungen des Versuchers.<br />

l. Wir ermähnen aber euch als Mithelfer,<br />

daß ihr nicht vergeblich <strong>die</strong><br />

Gnade Gottes empfanget. —<br />

r. Denn Er spricht: „Ich habe dich<br />

in der angenehmen Zeit erhört und<br />

habe dir am Tage des Heils geholfen."<br />

Sehet, jetzt ist <strong>die</strong> angenehme Zeit,<br />

jetzt ist der Tag des Heils! —<br />

s. Und wir geben niemand irgend ein<br />

Ärgernis, auf daß unser Amt nicht<br />

verlästert werde;<br />

4. sondern in allen Dingen beweisen<br />

wir uns als <strong>die</strong> Diener Gottes: in<br />

großer Geduld, in Trübsalen, in Nöten,<br />

in Ängsten,<br />

5. in Schlägen, in Gefängnissen, in<br />

Aufruhren, in Arbeit, in wachen, in<br />

Fasten,<br />

D ie Epistel<br />

ö. in Keuschheit, in Erkenntnis, in<br />

Langmut, in Freundlichkeit, in dem<br />

heiligen Geist, in ungefärbter Liebe,<br />

7. in dem Wort der Wahrheit, in der<br />

Kraft Gottes, durch Waffen der Gerechtigkeit<br />

zur Rechten und zur Linken,<br />

r. durch Ehre und Schande, durch böse<br />

Gerüchte und gute Gerüchte: als <strong>die</strong><br />

Verführer, und doch wahrhaftig;<br />

g. als <strong>die</strong> Unbekannten, und doch bekannt:<br />

als <strong>die</strong> Sterbenden, und siehe,<br />

wir leben; als <strong>die</strong> Gezüchtigten, und<br />

doch nicht ertötet;<br />

10. als <strong>die</strong> Traurigen, aber allezeit<br />

fröhlich; als <strong>die</strong> Armen, aber <strong>die</strong> doch<br />

viele reich machen; als <strong>die</strong> nichts innehaben,<br />

und doch alles haben.<br />

r. Lor. ö, f—


Sonntag Invocavit<br />

w a s der Apostel uns hier über <strong>die</strong> Verwaltung seines Apostclamtes<br />

erzählt und was ihm dabei widerfahren ist, das kann man auch als<br />

eine Vcrsuchungsgeschichtc ansehen. Denn wenn uns auch nur ein weniges<br />

von dem zustößt, was er hier als sein Schicksal beschreibt, wie<br />

leicht sind wir dann versucht zur Müdigkeit, zur Bitterkeit, zur Verzweiflung<br />

und zum Unglauben! w äre Iesus uns nicht vorausgegangen<br />

als Der, der <strong>die</strong>se und noch viel schwerere Versuchungen überwunden<br />

hat, wie sollten w ir dann den Glauben und <strong>die</strong> Hoffnung bewahren?<br />

— . ,<br />

Hü>- den Apostel Iesu Christi aber verwandelt sich <strong>die</strong>se Versuchungsgcschichtc<br />

in ein Preis- und Loblied seines Amtes. In der Lraft des<br />

Glaubens, der alle Not und Versuchungen überwindet, sagt er: Steht<br />

es so, dann ist das ein sicheres Zeichen <strong>für</strong> den Tag des Heils. Darin<br />

bekundet Gott Sein Wohlgefallen, daß E r Menschen <strong>für</strong> Seinen<br />

Namen und <strong>für</strong> Seine Ehre leiden läßt. Bestehen sie in <strong>die</strong>ser probe<br />

des Glaubens, dann kehrt sich alles tun. Aus dem, was <strong>die</strong> Menschen<br />

den Christen als Schande antun, wird eine Ehre. Man schweigt sie<br />

tot und sie werden bekannt; man will ihnen wehe tun, aber sie sind<br />

fröhlich und getrost; man nimmt ihnen Geld und Gut, aber indem sie<br />

es erdulden, führen sie den Beweis, daß das Heil nicht vom Gelde<br />

abhängt. W ohl denen, <strong>die</strong> Gottes Gnade nicht umsonst empfangen<br />

haben!<br />

D a s Lied der Woche<br />

Gott der Vater, wohn uns bei<br />

Ein glaubensstarkes Trutzlied v. M artin Luthers. I n drei gleichen<br />

Strophen, in denen nur <strong>die</strong> Anrede wechselt, wird der Drcicinige Gott<br />

angerufen mit dem Ernst und der Zuversicht eines Bämpfers, dem der<br />

Sieg alles ist. Um zweierlei wird hier gebetet: Daß Gott uns fest<br />

halte im Glauben und daß w ir mit Seinen VIaffen uns „fristen<br />

gegen des Teufels List, d. h. <strong>die</strong> 8rist unseres Lebens ausnutzen zu unserer<br />

Errettung aus den Betten der Sünde und des Todes.<br />

D a s Gebet der Woche<br />

Herr G ott, himmlischer Vater, der D u Deinen S oh n , unsern<br />

Herrn Iesum Christum, in <strong>die</strong>se W elt gesandt hast, daß E r des<br />

Teufels Tyrannei wehren und uns arme Menschen wider solchen<br />

rsi


52<br />

Woche des Sonntags Invocavit<br />

argen Feind soll schützen, wir bitten Dich, D u wollest uns vor<br />

Sicherheit behüten und in aller Anfechtung durch Deinen Heiligen<br />

Geist, nach Deinem Worte zu wandeln, gnädiglich erhalten, daß<br />

wir bis an das Ende vor solchem Feinde befriedet bleiben und endlich<br />

selig werden mögen, durch denselben D einen S o h n , Iesum<br />

Christum, unsern Herrn. Amen.<br />

-s-<br />

D er Teufel*<br />

I. Die frohe Botschaft von Jesus Lhristus ist undenkbar ohne <strong>die</strong> Aussage<br />

des Neuen Testamentes:<br />

Dazu ist erschienen der Sohn Gottes,<br />

daß Er <strong>die</strong> Werke des Teufels zerstöre,<br />

f. Johannes s, r.<br />

Die Christenheit aller Zeiten hat darum in ihren Bekenntnissen <strong>die</strong> Lntmächtigung<br />

des Teufels durch den Sohn gepriesen. Mitten im Lern stück des Meinen<br />

Katechismus bezeugt Martin Luther: „Der mich verlorenen und verdammten<br />

Menschen erlöset hat, erworben, gewonnen von allen Sünden, vom Tode und<br />

von der Gewalt des Teufels". Und im 4- Hauptstück bezeugt er über den<br />

Nutzen der Taufe: „Sie wirket Vergebung der Sünden, erlöset vom Tode<br />

und Teufel und gibt <strong>die</strong> ewige Seligkeit allen, <strong>die</strong> es glauben, wie <strong>die</strong> Worte<br />

und Verheißung Gottes lauten". Immer dann, wenn <strong>die</strong> Christenheit gesund,<br />

! d. h. ihres Glaubens gewiß und froh war, hat sie das eine gewußt: Man<br />

^ wird dadurch ein Christ, daß man Christum bekennt und dem Teufel entsagt.<br />

Man kann nicht das eine tun und das andere lassen. Und umgekehrt: Immer<br />

wenn <strong>die</strong> Christenheit krank, d. h. ihres Glaubens müde oder überdrüssig<br />

wurde, hat sie mit der Wahrheit des Werkes Christi auch <strong>die</strong> Wirklichkeit<br />

des „alt bösen Kindes" verachtet. Wer aber <strong>die</strong> Wirklichkeit des Teufels<br />

leugnet, leugnet damit zugleich <strong>die</strong> Wirklichkeit des Werkes Jesu Christi und<br />

spottet des Heils.<br />

r. w a s sagt uns <strong>die</strong> Heilige Schrift über den Teufel?<br />

a) Auffallend ist, daß das Alte Testament nur an drei Stellen vom Teufel<br />

redet. In Sach. 3, 1 und in Hiob 1 u. r erscheint er als Ankläger, der dem<br />

Bösen nachspürt und es bei Gott zur Anzeige bringt, aber nicht, um es auszutilgen,<br />

sondern um es zu steigern. 1. Lhronika 2;, z verführt der Teufel den<br />

König zu einer eigenmächtig angesetzten Volkszählung, <strong>die</strong> doch Gott zukommt<br />

(vgl. 2. Sam. 24, z). <strong>Das</strong> Alte Testament nennt also den Teufel kaum. w o<br />

er genannt wird, ist er ein einzelnes <strong>für</strong> sich lebendes Wesen, das <strong>die</strong> Menschen


Der Teufel<br />

rss<br />

anklagt, verführt und zu verderben trachtet, so weit Gott ihm dazu Raum und<br />

Freiheit gewährt.<br />

b) Ganz anders im Neuen Testament. Mit welcher Macht tritt er hier auf!<br />

Er ist der „Fürst <strong>die</strong>ser Welt" und regiert als unumschränkter Tyrann<br />

(Ioh. ?4, so). Als ihr Besitzer und Herr kann er darum alle ihre Reiche<br />

vergeben ((Matth. 4, rf). Ia er wird geradezu der „Gott <strong>die</strong>ses Aons",<br />

d. h. <strong>die</strong>ser „Weltzeit", genannt (r. Lor. 4, 4). Aus dem <strong>die</strong>nstbaren Geist<br />

Gottes, von dem das Alte Testament redet, ist der Selbstherrscher von ungeheurer<br />

Machtfülle geworden (Mark. 3, r4). Ungezählte Untertcufcl, Tcufclsengel<br />

und Dämonen stehen ihm zu Dienst (Matth. rs, 4s; Offbg. ir, g).<br />

Als ein Gcgengott macht er dem lebendigen Gott den Besitz der von Ihm<br />

geschaffenen Welt streitig. Aus dem Geschöpf Gottes ist durch Abfall der<br />

Empörer, ja der Todfeind Gottes geworden (vgl. r. pctr. r, 4 und Judas ö,<br />

wo vermutlich auf den Fall der Engel 1. Mos. S, r angespielt wird). Seine<br />

Wirksamkeit ist ins maßlose gesteigert. Die Bosheit seiner Absichten kann<br />

nicht abgründiger gedacht werden. Die Methoden seines Handelns (Lph.ö, >l)<br />

lassen sich an Niederträchtigkeit nicht überbieten. Er be<strong>die</strong>nt sich nicht nur<br />

der Lüge, sondern ist der Lügner schlechthin, der „Vater der Lüge" (Ioh. 8,44).<br />

Er sündigt „von Anfang" (s. Ioh. 3, r). Durch ihn wird uns Menschen<br />

<strong>die</strong> Welt zur Hölle gemacht. Unter seinem Schreckensregimcnt ist <strong>die</strong> Menschheit<br />

in ständiger Furcht geknechtet. Lein Mißverständnis (Matth. ib, r3;<br />

Luk. s3, rd), keine Lrankheit (r. Lor. -r, 7), kein verderben Mffbg. r, so)<br />

und kein Tod (;. Lor. so,so), deren Ursache nicht er wäre, der „des Todes<br />

Gewalt" hat (Hebr. r, s4). Er verblendet <strong>die</strong> Menschen und jagt sie in <strong>die</strong><br />

Nacht des Unglaubens (r. Lor. 4, 4). w o das Wort Gottes verkündet<br />

wird, kommt er „alsbald" und raubt es aus den Herzen (Mark. 4, ;s). Er<br />

hindert den Lauf der guten Botschaft und <strong>die</strong> Pläne der Herolde Christi<br />

(s. Thess. r, >8). <strong>Das</strong> Neue Testament nennt ihn daher auch mit Namen,<br />

welche Art und Zweck seiner Umtriebe kennzeichnen: „Diabolos", d. h. Verleumder<br />

(daraus entstand unser deutsches Wort „Teufel"), den Bösewicht,<br />

den Argen, den Widersacher, den „Feind", den „Obersten der Teufel". Mit<br />

den Ticrbezeichnungen „der große Drache", „<strong>die</strong> alte Schlange", „der Löwe"<br />

soll verständlich gemacht werde», daß sich seine Art nicht im Rahmen menschlicher<br />

Möglichkeiten auswirkt. Unheimlich und menschlich unfaßbar treibt er<br />

ein unmenschliches Unwesen. Obwohl sein Lampffeld <strong>die</strong>se Welt in ihrer<br />

ganzen Tiefe und Weite ist, ist seine Äampfbasis das überweltliche und hintersinnliche.<br />

w ie kommt es, daß gerade das Neue Testament <strong>die</strong> Allgewalt des Teufels<br />

in solcher Breite bezeugt)<br />

Manche Forscher versuchen das durch <strong>die</strong> Annahme zu erklären, daß das Spätjudentum<br />

— also kurz vor und zur Zeit von Christi Lrdcnwandcl — gewisse<br />

Einflüsse seitens der persischen Religion erfahren habe. Nun steht fest, daß im<br />

Unterschiede zu anderen Religionen gerade in Persien der Glaube an ein böses


:54<br />

Woche des Sonntags Invocavit<br />

Gcistwescn, das als Gottkönig über ein Reich der Finsternis (Ahriman) im<br />

ständigen Lampf gegen den guten Lichtgolt (Vrmazd) liege, eine besonders<br />

scharfe Ausprägung gefunden hat. Mit der Möglichkeit, daß persische Anschauungen<br />

auf <strong>die</strong> spätjütischcn und mittelbar auch auf <strong>die</strong> ncutcskamentlichcn<br />

Vorstellungen eingewirkt haben, ist zu rechnen. (Die Teufclswirklichkeit<br />

hätte dann zum erstenmal ihren klarsten gedanklichen Ausdruck bei einem<br />

areiche,., Volke gefunden). Aber das Entscheidende wäre damit noch nicht ge-<br />

Rlärt^ Geht man dagegen von der einfachen ncutcstamcntlichcn Aussage aus,<br />

daß der Sohn Gottes erschienen sei, um <strong>die</strong> Werke des Teufels zu zerstören,<br />

so wird verständlich, daß Sein Werk mit der Entlarvung des Teufels,<br />

der Aufdeckung seines Reiches, der Enthüllung seines Geheimnisses begann, das<br />

<strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> des Alten Bundes noch versiegelt war.<br />

s. Mit dem Lommcn Christi tritt der bis dahin verborgene Lampf zwischen<br />

dem Schöpfer und dem Empörer, dem wahren Herrn der Welt und dem<br />

Thronräuber, in fein offenbares Endstadium. w a s Wunder, daß sich da auf<br />

seiner Seite alle Strcitkräfte in einem letzten verzweifelten widerstand gegen<br />

Gottes Herrschaft aufbäumen. Nicht umsonst erkennen <strong>die</strong> Dämonen als erste<br />

den Namen und den Rang Jesu Christi: „Halt, was haben wir mit Dir zu<br />

schaffen, Jesus von Nazareth? Du bist gekommen, uns zu verderben. Ich<br />

weiß, wer Du bist: „Der Heilige Gottes" (Mark. >, 24). Darum nehmen in<br />

den drei ersten Evangelien <strong>die</strong> Teufclsaustreibungen eine besondere Stellung<br />

ein: In ihnen bekundet sich am handgreiflichsten der Durchbruch der<br />

Herrschaft Christi und der Anbruch der neuen Welt Gottes. In ihnen prallen<br />

<strong>die</strong> Schlachtrcihen beider Reiche in ihren Heerführern aufeinander: „Wenn<br />

Ich durch Gottes Finger, d. h. in Gottes Vollmacht, <strong>die</strong> Teufel austreibe, so<br />

ist ja Gottes Herrschaft bereits über euch angebrochen" (Luk. ff, ro). Dem<br />

öffentlichen Auftreten Jesu unmittelbar voraus geht <strong>die</strong> Versuchung (Matth. 4,<br />

;—f); Luk. 4, ;—)5; Mark. ;, zr—;s). Bei Lukas schließt der Bericht:<br />

„Und da der Teufel alle Versuchung vollendet hatte, wich er von Ihm eine<br />

Zeitlang". Jesu ganzes Leben ist also ein fortgesetzter Ärieg mit dem Gegengott<br />

Gottes, w a s in Gcthsemane und auf Golgatha geschieht, ist nur <strong>die</strong><br />

letzte grausige Entscheidungsschlacht <strong>die</strong>ses Lricgcs, in der <strong>die</strong> „Macht der<br />

Finsternis" (Luk. rr, ss) vernichtend geschlagen wird. Diesen Gcsamtsinn des<br />

Lebens Jesu hat dir frühe Missionsprcdigt richtig verstanden, wenn sie ihn<br />

in dem Satz zusammenfaßt: „Gott hat <strong>die</strong>sen Jesus von Nazarcth gesalbt<br />

mit dem Heiligen Geist und Lraft; der umhergezogen ist und hat wohlgetan<br />

und gesund gemacht, alle, <strong>die</strong> vom Teufel überwältigt waren; denn Gott<br />

^war mit Ihm" (Ap. Gcsch. 10, 34).<br />

4. Wie sind <strong>die</strong>se Aussagen über <strong>die</strong> Gewalt des Teufels mit dem Zeugnis<br />

von der Allmacht G ottes zu vereinbaren? Entweder ist Gott der Herr<br />

der gesamten Welt — dann kann der Teufel nur <strong>die</strong> Rolle eines Gottes<br />

untergeordneten Wesens spielen. Oder aber der Teufel ist wirklich der Fürst,<br />

der Gott <strong>die</strong>ser Welt — dann ist <strong>die</strong>se sichtbare Welt dem Rcgimcntc Gottes


Der Teufel<br />

entzogen und Gottes Allmacht zerbrochen. Die Welt wäre Kampffcld zweier<br />

Götter. <strong>Das</strong> bedeutete das Ende des biblischen Gottesglaubens. Aber <strong>die</strong><br />

Schrift läßt uns keine Wahl, viel mehr nötigt sie uns zu der <strong>für</strong> unser<br />

menschliches Denken widersinnigen Annahme, daß <strong>die</strong> Wahrheit in der Verbindung<br />

beider Weltbilder zu suchen ist. Ist <strong>die</strong> Wirklichkeit des Teufels nicht<br />

mit „Aeisch und Blut" (Lph. S, ?r) zu verwechseln, so kann sie auch ebenso<br />

wenig wie <strong>die</strong> Wirklichkeit Gottes mit der menschlichen Vernunft erfaßt<br />

und gedeutet werden. Es bleibt bei dem widerspruchsvollen Ineinander beider<br />

Aussagcrcihen: i. Gott der Schöpfer ist der alleinige Gott und Herr Himmels<br />

und der Erden; r. Dennoch ist der Teufel der „8ürst <strong>die</strong>ser Welt". Es ist<br />

aber wohl darauf zu achten, daß <strong>die</strong> Schrift <strong>die</strong> zweite Aussage erst nach der<br />

«Offenbarung Gottes im Arisch macht. Die Gewalt des Teufels wird in<br />

ihrer ganzen Airchtbarkcit erst mit der Erscheinung Christi als seines Lntmächtigers<br />

aufgedeckt. Die von der Schrift bezeugte Macht des Teufels ist<br />

also <strong>die</strong> zerbrochene Macht des bereits entmächtigtcn Teufels. Nur von dem<br />

Siege Christi her, in den Gott das Zeichen Seiner Lönigshcrrschaft über<br />

<strong>die</strong>ser Welt aufrichtet, kann über <strong>die</strong> vergehende Macht der Ansternis geredet<br />

werden.<br />

b. In dem Zeugnis, daß der Sohn Gottes dazu erschienen ist, <strong>die</strong> Werke<br />

des Teufels zu zerstören, ist bereits enthalten, daß der Teufel in <strong>die</strong>ser Weltzeit<br />

wohl cntmächtigt, aber noch nicht vernichtet ist. Der Entmächligung<br />

Satans wird erst am Ende der Zeit seine Vernichtung folgen. Diesem <strong>für</strong><br />

<strong>die</strong> Christenheit so spannungsvollen Tatbestand gibt das letzte Buch der<br />

Bibel, <strong>die</strong> «Offenbarung Johannes (Lap. ;r), in einem gewaltigen Bilde der<br />

Endgcschichte Ausdruck: „Der Messias wird geboren, und der Satan wird<br />

herabgeworfen auf <strong>die</strong> Erde (vgl. „Michael"). Seine Herrschaft ist in ihrer<br />

wcsenlosigkcit enthüllt. Aber sein Arll aus der Ewigkeit ist seine Machtergreifung<br />

in der Zeit.<br />

S. Die Christenheit hat <strong>die</strong> Wirklichkeit des Teufels nicht immer in gleicher<br />

weise ernst genommen. Im Mittelaltcr hat sich <strong>die</strong> Teufelsanschauung durch<br />

Einflüsse, <strong>die</strong> aus der heidnischen Religion unserer vorfahren stammen, ins<br />

phantastische ausgeweitet. Germanische Mythen von Kobolden und Unholden<br />

haben seine Verschmelzung mit dem Hcxcnglaubcn gefördert. Aber <strong>die</strong> Verfälschung<br />

der biblischen Tcufelsanschauung ins Abergläubische hat gerade ihre^<<br />

Verharmlosung herbeigeführt. Der Teufel im mittelalterlichen Kirchen- und<br />

Volksglauben ist letzten Endes eine Spottfigur. In der Legende und im<br />

Mysterienspiel tritt er zumeist als der machtlose, dumme, „arme Teufel" auf,<br />

der durch <strong>die</strong> Schlauheit eines Menschen leicht geprellt werden kann.<br />

Martin Luther hat durch <strong>die</strong> wicdcrentdeckung des biblischen Evangeliums<br />

uns den „alrbösen Aind" in seiner ganzen 8urchtbarkcit durchschauen gelehrt.<br />

„Mit Ernst er's setzt meint, groß Macht und viel List sein grausam<br />

Rüstung ist, auf Erd ist nicht scinsglcichen". Aus der Kraft des wieder­<br />

sss


sv<br />

Woche des Sonntags Invocavik<br />

erstandenen Lhristusglaubens hat er <strong>die</strong> evangelische Christenheit aufrufen<br />

können zu jenem Bekenntnis, wie es im „Taufbund" von Vielen bekannt<br />

wurde:<br />

„Ich entsage dem Teufel und allen seinen Werken und allem<br />

seinem Wesen und ergebe mich Dir, Du Dreieiniger G ott, Vater,<br />

Sohn und Heiliger Geist, im Glauben und Gehorsam D ir treu<br />

zu sein bis an mein Ende. Amen".<br />

i. woher kommt Streit und Lrieg<br />

unter euch? Aommt's nicht daher: aus<br />

euren Wollüsten, <strong>die</strong> da streiten in<br />

euren Gliedern)<br />

r. Ihr seid begierig, und erlangt's damit<br />

nicht: ihr hasset und neidet, und<br />

gewinnt damit nichts; ihr streitet und<br />

krieget. Ihr habt nicht, darum daß ihr<br />

nicht bittet;<br />

3. ihr bittet, und nehmet nicht, darum<br />

daß ihr übel bittet, nämlich dahin, daß<br />

ihr's mit eure» Wollüsten verzehret.<br />

4. Ihr Ehebrecher und Ehebrecherinnen,<br />

wisset ihr nicht, daß der Welt<br />

8reundschaft Gottes Feindschaft ist)<br />

w er der Welt freund sein will, der<br />

wird Gottes sjcind sein.<br />

s. Oder lasset ihr euch dünken, <strong>die</strong><br />

M ontag nach Invocavik<br />

Schrift sage umsonst: Der Geist, der<br />

in euch wohnt, begehrt und eifert)<br />

b. Er gibt aber desto reichlicher Gnade.<br />

Darum sagt sie: „Gott widerstehet<br />

den Hoffärtigen, aber den Demütigen<br />

gibt Er Gnade."<br />

7. So seid nun Gott untertänig, w i ­<br />

derstehet dem Teufel, so flicht er von<br />

euch;<br />

8. nahet euch zu Gott, so naht Er<br />

Sich zu euch. Reiniget <strong>die</strong> Hände, ihr<br />

Sünder, und machet eure Herzen keusch,<br />

ihr Wankelmütigen.<br />

g. Seid elend und traget Leid und weinet:<br />

euer Lachen verkehre sich in w einen<br />

und eure 8rcude in Traurigkeit.<br />

- 0. Demütiget euch vor Gott, so wird<br />

Er euch erhöhen. Iak. 4, z—-0<br />

Lhristen stehen unter besonders heftigen Angriffen des Satans. Aber<br />

gerade sie sollen Sieger sein! <strong>Das</strong> können sie nur, wenn sie in Gemeinschaft<br />

zueinander stehen, allen Unfrieden untereinander meiden,<br />

alle Unzufriedenheit dämpfen, allem weltlichen S inn den Abschied<br />

geben und demütig Gottes Nähe suchen.<br />

E in Lhristenmcnsch ist gefäh rd et, solange er lebt. M it Leib<br />

und Seele gehört er der W elt an, und der Rampf um <strong>die</strong> Güter der<br />

W elt kann ihn unversehens von Gott lösen, w ie wird dann das Her;<br />

so leicht oberflächlich und lieblos! Noch schlimmer: es wird gottlos,<br />

w e r im Strom der wcltfrcudc schwimmt, findet keine Zeit mehr zur<br />

Zwiesprache mit dem Vater. Und faltet er doch noch gelegentlich <strong>die</strong><br />

Hände, so ist sein Gebet eigensüchtig und ohne Demut. E r ist der Un­


Mochc des «So» »tags Invocavtt<br />

getreue, selbst wenn crs nicht wahr haben will und äußerlich ein Lhrist<br />

bleibt. E r <strong>die</strong>nt im Grunde schon einem andern Herrn: Der v rsucher<br />

hat über ihn gesiegt. Nun ist er m it G o tte s Feind j,„ B u n d e.<br />

Gott ringt darum, daß das nicht geschieht. E r will Seine Linder<br />

nicht dem Verderben lassen. Er hat sie <strong>für</strong> Sich geschaffen, und sie<br />

sollen Ihm leben! Seine Demütigung ist Barmherzigkeit und Gnade.<br />

Die andere Lesung: Iakobus i, —ri.<br />

r. Und gedenke alles des Weges, durch<br />

den dich der Herr dein Gort geleitet<br />

hat <strong>die</strong>se vierzig Iahre in der wüste,<br />

auf daß Er dich demütigte und versuchte,<br />

daß kund würde, was in deinem<br />

Herzen wäre, ob du Seine Gebote<br />

halten würdest oder nicht.<br />

3. Er demütigte dich und ließ dich<br />

hungern und speiste dich mit Man, das<br />

du und deine Vater nie gekannt hattet,<br />

auf daß Er dir kundtäte, daß der<br />

Mensch nicht lebt vom Brot allein,<br />

sondern von allem, was aus dem<br />

Mund des Herrn geht.<br />

4. Deine Lleidcr sind nicht veraltet an<br />

dir, und deine Füße sind nicht geschwollen<br />

<strong>die</strong>se vierzig Iahre.<br />

ö. So erkennst du ja in deinem Herzen,<br />

daß der Herr dein Gott dich gezogen<br />

hat, wie ein Mann seinen Sohn<br />

zieht.<br />

So hüte dich nun, daß du des<br />

Herrn, deines Gottes, nicht vergessest,<br />

damit daß du Seine Gebote und S.ine<br />

Gesetze und Rechte, <strong>die</strong> Ich dir heute<br />

gebiete, nicht hältst,<br />

ir. daß, wenn du nun gegessen hast<br />

D ienstag nach Invocavik<br />

und satt bist und schöne Häuser er<br />

baust und darin wohnst,<br />

>3. und deine Rinder und Schafe und<br />

Silber und Gold und alles, was du<br />

hast, sich mehrt,<br />

14. daß dann dein Her; sich nicht überhebe,<br />

und du vergessest des Herrn,<br />

deines Gottes, der dich aus Agyptcnland<br />

geführt hat, aus dcni Dicnsthausc,<br />

15. und dich geleitet hat durch <strong>die</strong><br />

große und grausame wüste, da feurige<br />

Schlange» und Skorpione und<br />

ci:el Dürre und kein Wasser war, und<br />

ließ dir Wasser aus dem harten Felsen<br />

gehen;<br />

ib. und speiste dich mit Man in der<br />

wüste, von welchem deine vätcr<br />

nichts gewußt haben, auf daß Er dich<br />

demütigte und versuchte, daß Er dir<br />

hernach wohltäte.<br />

)7. Du möchtest sonst sagen in deinem<br />

Herzen: Meine Lräftc und meiner<br />

Hände Stärke haben mir <strong>die</strong>s vermögen<br />

ausgerichtet.<br />

;r. Sondern gedenke an den Herrn, deinen<br />

Gott, denn Er ists, der dir Lräftc<br />

gibt, solch mächtige Taten zu tun.<br />

s. Mos. r, r—5, ?s<br />

Einen wunderbaren W eg ist das befreite Volk gegangen durch <strong>die</strong><br />

wüste. Ringsum tausend Gefahren von Feinden, von wilden Tieren,<br />

von Hunger und Durst, von Erschöpfung. Iedcr <strong>die</strong>ser Gefahren<br />

wäre das Volk unterlegen. Aber Gott Selber half. Sein W ort schuf<br />

Bror und Wasser, Schutz und Stärke. E r allein w ar der Erhalter.<br />

a <strong>Das</strong> Lirchenbucb


wach« des Sonntags Invocavik<br />

Hier wollte Gott prüfen, was in dem Volk wäre, nicht an menschlicher<br />

Standhaftigkcit, sondern an G ehorsam des G lau b ens, der<br />

Gott <strong>die</strong> Hilfe zutraut in allen Nöten. Hier wollte Gott das Volk<br />

lehren, nicht auf seine eigene Lraft zu vertrauen — <strong>die</strong> hatte oft versagt,<br />

nicht auf <strong>die</strong> Umwelt zu hoffen — <strong>die</strong> hatte sie oft betrogen, sondern<br />

allein auf den Herrn zu sehen — der hatte sie nie verlassen. Durf-<br />

, ten sie das in Glück und Reichtum alles vergessen) Herr, daß wir<br />

^ Deiner Treue nicht vergessen!<br />

Die andere Lesung: r. Lorinther d, z4—;S; 7, z.<br />

Mittwoch nach Invocavit<br />

-4. Dieweil wir denn einen großen<br />

Hohenpriester haben, Iesum den Sohn<br />

Gottes, der gen Himmel gefahren ist,<br />

so laßt uns halten an dem Bekenntnis.<br />

1s. Denn wir haben nicht einen Hohenpriester,<br />

der nicht könnte Mitleiden haben<br />

mit unseren Schwachheiten, sondern<br />

der versucht ist allenthalben,<br />

gleichwie wir, doch ohne Sünde.<br />

;t>. Darum lasset uns hinzutreten mit<br />

Freudigkeit zu dem Gnadenstuhl, auf<br />

daß wir Barmherzigkeit empfangen<br />

und Gnade finden auf <strong>die</strong> Zeit, wenn<br />

uns Hilfe not sein wird.<br />

Hebr. 4, -4—<br />

w ie steht unsere Sache vor G ott) Treten nicht vor Ihm auf lauter<br />

Ankläger gegen uns: Icde Stunde, <strong>die</strong> w ir mit Bösem erfüllt haben;<br />

unser Nächster, dem w ir nicht halfen, dem w ir Unrecht taten; und<br />

Gott Selber, den w ir so oft vergaßen, so oft verunehrten! Steht unsere<br />

Sache nicht heillos schlecht) Nein, sagt der Apostel, sie steht dennoch<br />

gut, denn vor Gottes Thron steht Iesus, der große Hohepriester,<br />

der Fürbitte tut <strong>für</strong> uns Sünder. Ihm als unserm „Hohenpriester"<br />

dürfen wir getrost unsere Sache anvertrauen. Denn L r kennt unsere<br />

N o t, L r hat sie Selber durchlittcn. E r trägt sie <strong>für</strong>bittend vor Seines<br />

Vaters Thron. Sein W ort gilt vor Gott! Herr Lhristus, Du bist<br />

unser Retter aus Versuchung und Sünde!<br />

Die andere Lesung: r. Mosc 24, i r—;s.<br />

Donnerstag nach Invocavit<br />

l. Darum auch wir, <strong>die</strong>weil wir eine<br />

solche Wolke von Zeugen um uns haben,<br />

lasset uns ablegen <strong>die</strong> Sünde, so<br />

uns immer anklebt und träge macht,<br />

und lasset uns laufen durch Geduld<br />

in dem Lampf, der uns verordnet ist,<br />

r. und aufsehen auf Jesum, den Anfänger<br />

und Vollender des Glaubens;<br />

welcher, da Er wohl hätte mögen<br />

Freud« haben, erduldete das Lreuz und<br />

achtete der Schande nicht und hat Sich<br />

gesetzt zur Rechten auf den Stuhl<br />

Gottes.<br />

A. Gedenket an Den, der ein solches


Woche des Sonntags Invocavit<br />

rög<br />

widersprechen von den Sündern wider<br />

sich erduldet hat, daß ihr nicht in<br />

eurem Mut matt werdet und ablasset.<br />

4. Denn ihr habt noch nicht bis aufs<br />

Blut widerstanden in dem Lämpfcn<br />

wider <strong>die</strong> Sünde<br />

s. und habt bereits vergessen des Trostes,<br />

der zu euch redet als zu den Lindern:<br />

„Mein Sohn, achte nicht gering<br />

<strong>die</strong> Züchtigung des Herrn, und vcr-<br />

zage nicht, wenn du von Ihm gestraft<br />

wirst.<br />

s. Denn welchen der Herr liebhat, den<br />

züchtigt Er; und Er stäupt eine» jeglichen<br />

Sohn, den Er aufnimmt."<br />

7. So ihr <strong>die</strong> Züchtigung erduldet, so<br />

erbietet Sich euch Gott als Lindern;<br />

denn wo ist ein Sohn, den der Vater<br />

nicht züchtigt? Hebr. ,r, .1—7<br />

<strong>Das</strong> ist das Ziel, das der Versucher bei uns erreichen möchte: daß wir<br />

über unser Lreuz unwillig werden. Von der W elt draußen, von der<br />

W elt im eigenen Herzen stürmts gewaltig auf uns ein: bis wir<br />

schließlich müde w erden in unserm Lhriftenstand, bis w ir träge<br />

werden in der wahrhcitsfrage und im Werk der Liebe. Dreierlei gibts<br />

immer wieder zu bedenken, wenn w ir in solche Anfechtungen fallen.<br />

Zunächst: Daß w ir nicht allein stehen. Genau das, was wir erleiden,<br />

erlitten <strong>die</strong> Vater unseres Glaubens, von denen <strong>die</strong> Heilige Schrift<br />

Alten und Neuen Testamentes, von denen <strong>die</strong> Geschichte der Lirche erzählt.<br />

Sie trugen ihre Last und <strong>die</strong> Ehre Lhristi bis ans Ende. Hier<br />

lies und laß dir neuen M u t schenken. Zweitens: Siehe den Herrn<br />

Lhristus an und präg Ih n in dein Herz. E r läßt <strong>die</strong> Freude des Himmels<br />

und nimmt das Lreuz der Erlösung auf Seine Schultern. E s ist<br />

schwerer als jedes Lreuz der Menschen. E s ist entehrender als alle Ehrlosigkeit,<br />

<strong>die</strong> Lhrisrcn ertragen müssen, w i r leiden immer mit Recht,<br />

wenn der Widerspruch und <strong>die</strong> Verfolgung der W elt über uns kommen,<br />

denn in unsern Lhristenstand ist immer viel Verkehrtes. Jesus<br />

leidet zu Unrecht und bleibt dennoch geduldig bis zum Tode. Darum<br />

hat Ih n auch G ott erhöht und zum Helfer und Heiland auf unserm<br />

Glaubcnsweg gemacht. Drittens: Erkenne Gottes Vaterhand in deiner<br />

Trübsal. Linder müssen erzogen werden, wenn etwas aus ihnen<br />

werden soll. <strong>Das</strong> geht ohne Härte nicht ab. Denn niemand läßt freiwillig<br />

von seinem Eigensinn. — Herr, daß ich Dein bleibe!<br />

Die andere Lesung: ?. Lönige ;g, z—s.<br />

Freitag nach Invocavit<br />

g. Den aber, der eine kleine Zeit niedri- des gekrönt mit preis und Ehre, auf<br />

ger gewesen ist denn <strong>die</strong> Engel, Je- daß Er von Gottes Gnaden <strong>für</strong> alle<br />

fum, selten wir durchs Leiden des To° den Tod schmeckte.


oo<br />

f o. Denn cs zicmtc dem, um Deswillen<br />

alle Dinge sind und durch Den alle<br />

Dinge sind, der da viel Linder hat zur<br />

Herrlichkeit geführt, daß er den Herzog<br />

ihrer Seligkeit durch Leiden vollkommen<br />

machte.<br />

z;. Sintemal sie alle von einem kommen,<br />

beide, der da heiligt und <strong>die</strong> da<br />

geheiligt werden. Darum schämt Er<br />

sich auch nicht, sie Bruder zu heißen,<br />

I r. und spricht: „Ich will verkündigen<br />

Deine» Namen meinen Brüdern und<br />

mitten in der <strong>Gemeinde</strong> Dir lobsingcn."<br />

zz. Und abermals: „Ich will mein<br />

Vertraue» auf Ihn setzen." Und abermals:<br />

„Siehe da, Ich und <strong>die</strong> Linder,<br />

welche mir Gott gegeben hat."<br />

14. Nachdem nun <strong>die</strong> Linder Arisch<br />

Woche des Sonntags Invocavit<br />

und Blut haben, ist Er -essen gleichermaßen<br />

teilhaftig geworden, auf daß<br />

Er durch den Tod <strong>die</strong> Macht nehme<br />

dem, der des Todes Gewalt hatte, das<br />

ist dcm Teufel,<br />

-S. und erlöscte <strong>die</strong>, so durch Furcht<br />

des Todes im ganzen Leben Lnechte<br />

sein mußten.<br />

;b. Denn Er nimmt sich ja nicht der<br />

Engel an, sondern des Samens Abrahams<br />

nimmt Er sich an.<br />

f7. Daher mußte Er in allen Dingen<br />

Seinen Brüdern gleich werden, auf<br />

daß Er barmherzig würde und ein<br />

treuer Hoherpricstcr vor Gott, zu versöhnen<br />

<strong>die</strong> Sünden des Volks,<br />

i r. Denn darinnen Er gelitten hat und<br />

versucht ist, kann Er helfen denen, <strong>die</strong><br />

versucht werden. Hcbr. r, g—f s<br />

von der Rncchtschaft, in der w ir Menschen unter Sünde, Tod und<br />

Teufel stehen, kann uns nur einer erlösen: Lhristus. Er, der eins ist<br />

mit dem himmlischen Vater, ist zugleich eins geworden mit uns Menschen.<br />

Stände E r am anderen Ufer und riefe uns nur aus der Ferne<br />

herüber, dann wären wir verloren. Aber E r t r i t t m itten zwischen<br />

u n s a ls unser B ru d e r, und ist doch zugleich unser Herr, der „Herzog<br />

unserer Seligkeit".<br />

Die andere Lesung: Matthäus ib, rz—rr.<br />

z. Und ich sah einen Engel vom Himmel<br />

fahre», der hatte den Schlüssel<br />

zum Abgrund und eine große Lcttc in<br />

seiner Hand.<br />

r. Und er griff den Drachen, <strong>die</strong> alte<br />

Schlange, welche ist der Teufel und<br />

Satan, und band ihn tausend Jahre.<br />

s. Und warf ihn in den Abgrund und<br />

verschloß ihn und versiegelte oben darauf,<br />

daß er nicht mehr verführen sollte<br />

<strong>die</strong> Heiden, bis daß vollendet würden<br />

tausend Jahre, und darnach muß er<br />

los werden eine kleine Zeit.<br />

4. Und ich sah Stühle, und sie setzten<br />

Sonnabend nach Invocavit<br />

sich darauf, und ihnen ward gegeben<br />

das Gericht, und <strong>die</strong> Seelen derer, <strong>die</strong><br />

enthauptet sind um des Zeugnisses<br />

Jesu und um des Worts Gottes willen,<br />

und <strong>die</strong> nicht angebetet hatten das<br />

Tier noch sein Bild und nicht genommen<br />

hatten sein Malzeichen an ihre<br />

Stirn und auf ihre Hand, <strong>die</strong>se lebten<br />

und regierten mit Christo tausend Jahre.<br />

S. Die anderen Toten aber wurden<br />

nicht wieder lebendig, bis daß tausend<br />

Jahre vollendet wurden. Dies ist <strong>die</strong><br />

erste Auferstehung.<br />

b. Selig ist der und heilig, der teil-


Woche des Sonnlags Invocavit<br />

hat an der ersten Auferstehung, über<br />

solche hat der andere Tod keine Macht,<br />

sondern sie werden Priester Gottes<br />

und Christi sein, und mit Ihm regieren<br />

tausend Iahre.<br />

7. Und wenn tausend Iahre vollendet<br />

sind, wird der Satanas los werden<br />

aus seinem Gefängnis,<br />

8. und wird ausgehen, zu verführen<br />

<strong>die</strong> Heiden an den vier Luden der<br />

Erde, den Gog und Magog, sie zu<br />

versammeln zum Streit, welcher Zahl<br />

ist wie der Sand am Meer.<br />

rvi<br />

g. Und sie zogen herauf auf <strong>die</strong><br />

Breite der Lrde und umringten das<br />

Heerlager der Heiligen und <strong>die</strong> geliebte<br />

Stadt. Und es fiel Feuer von<br />

Gott aus dem Himmel und verzehrte<br />

sie.<br />

;o. Und der Teufel, der sie verführte,<br />

ward geworfen in den feurigen Pfuhl<br />

und Schwefel, da auch das Tier und<br />

der falsche Prophet war, und sie werden<br />

gequält werden Tag und Nacht,<br />

von Ewigkeit zu Ewigkeit.<br />

Offbg. ro, ,0<br />

Ans Ende der Weltgeschichte führt uns der Apostel. Dies Ende sieht<br />

anders aus, als <strong>die</strong> W elt es sich vorstellt. Nicht mehr Völker und Dürsten<br />

kämpfen gegen und <strong>für</strong>einander, sondern nur noch zwei Gegner<br />

sind da: Gott und der Teufel. E s geht nicht mehr um den Besitz<br />

irdischer Reiche, sondern um das Evangelium der Lirche Iesu Christi.<br />

Gegen sie richtet sich der Sturm des Teufels und all seiner verbündeten.<br />

Aber <strong>für</strong> sie streitet Gott Selber. Und wenn es auch so scheint,<br />

als habe der Teufel alle Macht in Händen, wenn auch <strong>die</strong> Lirche zu<br />

unterliegen scheint und viele ihrer Glieder den Tod erleiden, der E n d ­<br />

sieg gehört doch G o tt, und E r ruft zu neuem Leben alle, <strong>die</strong> geglaubt<br />

haben an das Evangelium von Iesus Lhristus. Herr Lhristus,<br />

Du stehst Deiner Lirche bei!<br />

Die andere Lesung: Matthäus ir, Zs—45.


vr<br />

Woche des Sonntags Xrminiscere<br />

Remimscere<br />

Der alte Lingangsspnlch der Liturgie <strong>die</strong>ses Sonntagcs beginnt mit dcm lateinischen<br />

Worte Remimscere, d. h. auf deutsch: Gedenke! Lr lautet: „Gedenke,<br />

Herr, an Deine Barmherzigkeit und an Deine Güte, <strong>die</strong> von der Welt her gewesen<br />

ist, daß sich meine Feinde nicht freuen über mich. Mein Gott ich hoffe<br />

auf Dich, laß mich nicht zu Schanden werden" (Psalm rs, b. r).<br />

Der Herr hat mir das Ohr geöffnet, daß ich höre wie ein Jünger,<br />

ich bin nicht ungehorsam und gehe nicht zurück. .<br />

rz. Und Jesus ging aus von dannen<br />

und entwich in <strong>die</strong> Gegend von Tprus<br />

und Sidon.<br />

rr. Und siehe, ein kananäisches Weib<br />

ging aus derfelbigen Grenze und schrie<br />

Ihm nach und sprach: Ach Herr, Du<br />

Sohn Davids, erbarme Dich mein!<br />

Meine Tochter wird vom Teufel übel<br />

geplagt.<br />

2 3. Und Lr antwortet« ihr kein<br />

Wort. Da traten zu Ihm Seine Jünger,<br />

baten Ihn und sprachen: Laß<br />

sie doch von dir, denn sie schreit uns<br />

nach.<br />

24. Lr antwortete aber und sprach:<br />

Ich bin nicht gesandt denn nur zu den<br />

D a s E v a n g e l i u m<br />

verlorenen Schafen von dem Hause<br />

Israel.<br />

rs. Sie kam aber und fiel vor Ihm<br />

nieder und sprach: Herr, hilf mir!<br />

rb. Aber Lr antwortete und sprach:<br />

Ls ist nicht fein, daß man den Lindern<br />

ihr Brot nehme und werfe es<br />

vor <strong>die</strong> Hunde.<br />

27. Sie sprach: Ja, Herr; aber doch<br />

essen <strong>die</strong> Hündlein von den Brosamlein,<br />

<strong>die</strong> von ihrer Herren Tisch fallen,<br />

rr. Da antwortete Jesus und sprach<br />

zu ihr:


Sonntag Rcminiscere<br />

ros<br />

I e s u s w i l l sie z u e rst n ic h t h ö re n . A uch a l s S e in e Z ü n g e r , d enen d a s<br />

G esch rei lä s tig w i r d , I h n b itte n , <strong>die</strong> Hrau hoch a u f irg e n d e in e A r t<br />

a b z u fe rtig e n , le h n t L r a b . L r sei n u r zu d en I u d e n g e sa n d t, nich t<br />

au ch zu den H e id e n . A b e r <strong>die</strong> Hrau k o m m t h e ra n u n d b itte t I h n f u ß ­<br />

f ä llig u m H ilfe . D a w e is t I e s u s sie z u m d r itte n M a le a b . D a b e i<br />

b ra u c h t L r ein en A u sd ru c k , d er v ie lleic h t sp ric h w ö rtlic h w a r . M a n<br />

so ll den L in d e r n ih r B r o t n ic h t w e g n e h m e n , u m es d en H u n d e n z u ­<br />

z u w e rfe n . D a s b e d e u te t: D ie I u d e n sin d d a s v o n G o t t e r w ä h lte<br />

V o lk — zu ih m b in ich g e s a n d t. I h m m u ß ich d ie n e n . I c h d a r f d a s<br />

H e il, d a s G o t t M i r f ü r sie a n v e r tr a u t h a t, ih n e n n ic h t n e b m e n u n d<br />

es a n d e rn V ö lk e rn z u tr a g e n . D o ch <strong>die</strong> 8 r a u ist se h r s c h la g fe rtig . D ie<br />

A n g s t g ib t ih r <strong>die</strong> rechte A n t w o r t ein. S i e n im m t d a s S p r i c h w o r t<br />

a u f u n d s a g t d em S i n n e n ach e tw a s o : A b e r d a s w i l l ich ja auch g a r<br />

n ich t. M a n c h m a l f ä l l t doch v o n d em R e ic h tu m , den <strong>die</strong> L in d e r h a b e n ,<br />

e tw a s v o m T isch h e ra b . D a s fressen d a n n <strong>die</strong> H u n d e , u n d n ie m a n d<br />

neidet es ih n e n . D a s w a r k lu g u n d g e is te s g e g e n w ä r tig g e a n tw o r te t.<br />

V o r a lle m sp ric h t a u s <strong>die</strong>ser A n t w o r t d er felsenfeste G la u b e : D u k an n st,<br />

w e n n d u w ills t! D ie se n G la u b e n erken nt I e s u s a n u n d h ilf t ih r.<br />

v ie le v erste h e n n ic h t recht, w e s h a lb I e s u s <strong>die</strong>ser Frau zu erst eine a b ­<br />

w eisen d e A n t w o r t g egeb en h a t, u n d noch w e n ig e r , w e s h a lb E r S ic h<br />

so a u f S e i n V o lk b eschränkte, d a ß L r z u n ä c h st d ieser H e id in n ich t h e l­<br />

fen w o llte , w a r L r d en n n ic h t der H e ila n d d e r W e l t u n d w id e r ­<br />

sp rich t d a s , w a s L r h ie r s a g t, n ic h t d em , w a s L r im T a u fb e fe h l zu<br />

S e in e n I ü n g e r n s a g t : G e h t h in in a l l e W e l t u n d le h rt a l l e V ö lk e r)<br />

w e r solchen A n sto ß n im m t, v e r g iß t, d a ß zw isch en d em I e s u s , d er a ls<br />

M en sch ü b e r <strong>die</strong>se E r d e g in g , u n d d em a u fe rs ta n d e n e n L h r is tu s , der<br />

S e in e n I ü n g e r n d en T a u fb e fe h l g eg eb en h a t, ein U n terschied ist.<br />

E rs te re r fü h lte sich g e b u n d e n a n S e i n V o lk , letzterer n ic h t m e h r. D e n n<br />

zw isch en beiden lie g t ein s c h w e rw ie g e n d e s E r e i g n i s . D ie I u d e n h ab en<br />

den S o h n G o t t e s , a l s L r in M e n sc h e n g e sta lt zu ih n e n k am , v e r w o r ­<br />

fen . S i e m e in te n d a r in fre i zu h a n d e ln , in W a h r h e i t a b e r b ed eu tet der<br />

T o d I e s u eine E n ts c h e id u n g G o tte s ü b e r sie. S o l a n g e I e s u s noch lebte,<br />

h a t L r ih n e n d a r u m z u g e sta n d e n , d a ß s ie d a s V o lk seien, d a s G o t t<br />

S ic h z u S e i n e r O f f e n b a r u n g e r w ä h lt h a t. A b e r b e re its im G le ic h n is<br />

v o n den w e i n g ä r t n c r n h a t L r a u sd rü ck lich g e s a g t (u n d <strong>die</strong> H o h e n ­<br />

p rie ste r u n d P h a r i s ä e r h a b e n au ch seh r w o h l v e rs ta n d e n , w a s E r<br />

m e in te ): w e n n <strong>die</strong> W e i n g ä r t n e r au ch M ic h , den letzten B o te n , v e r ­<br />

w e rfe n , den G o t t zu ih n e n schickt, so w i r d G o t t ih n e n den W e in b e r g ,


«4 Woch« ües Sonntags Remintsccr«<br />

d . i. S e i n R e ic h , n e h m e n u n d e s einem V o lk geben, d a s seine F rü ch te<br />

b r in g t. D a s h a t d er A u fe rsta n d e n e b e s tä tig t, a l s E r S e in e n J ü n g e r n<br />

b e fa h l: „ G e h t h in in a l l e W e l t u n d le h rt a l l e V ö lk e r" . D enselb en<br />

J ü n g e r n , d enen E r zu S e in e n L ebzeiten g e s a g t h a tte : „ G e h t n i c h t<br />

a u f <strong>die</strong> S t r a ß e d e r H e id e n u n d b e tre te t n i c h t <strong>die</strong> S t ä d t e der<br />

S a m a r i t e r " .<br />

D ie Z u rü c k w e is u n g , <strong>die</strong> J e s u s in u n se re r G eschichte dem kan an äisch en<br />

W e ib e zu n ä c h st z u te il w e rd e n lä ß t, b e r u h t a ls o n ic h t a u f W i l l k ü r , s o n ­<br />

d e rn ist <strong>die</strong> F o lg e d e s G la u b e n s g e h o r s a m s , in dem E r S e lb e r sta n d .<br />

G o t t e s W i l l e h a t I h n dem V olke z u g e s a n d t, d a s E r S ic h zu S e in e r<br />

O f f e n b a r u n g e r w ä h lt h a t. D ie se r W i l l e G o t t e s ä n d e rt sich, a l s d ies<br />

V o lk au ch seinen letzten B o t e n n ich t h ö re n w i l l . I m G e h o rs a m g eg en<br />

G o t t e s w i l l e n beschränkt d er irdische J e s u s v o n N a z a r e th S e in e T ä ­<br />

tig k e it a u f d a s V o lk d e s A lte n B u n d e s . E r w e iß , d a ß <strong>die</strong>se B e s c h rä n ­<br />

k u n g f ü r I h n S e l b e r den T o d b e d e u te t. S o w a r E r „ g e h o rs a m b is<br />

z u m T o d e , ja z u m T o d e a m L r e u z ! "<br />

A b er n ic h t b lo ß in G e h o r s a m g e g en G o t t , so n d e rn auch a u s Liebe<br />

zu S e in e m V o lk e h a t J e s u s so g e h a n d e lt. D e n n b eid es schließt sich in<br />

<strong>die</strong>sem F a lle n ic h t a u s . E r h a t ü b e r J e r u s a le m g e w e in t u n d g e s a g t:<br />

„ w i e o f t h a b e ich deine L in d e r v e rs a m m e ln w o lle n , w ie eine H e n n e<br />

v e rs a m m e lt ih re B ü c h le in u n te r ih re F lü g e l; u n d ih r h a b t n ich t g e ­<br />

w o l l t ! " D a v o n v e rste h e n alle <strong>die</strong> n ic h ts , <strong>die</strong> n ic h t w isse n , d a ß G o t t<br />

ein p e rsö n lic h e r G o t t ist u n d w ie E r in d e r G eschichte a n u n s u n d<br />

a lle n V ö lk e rn d e r W e l t h a n d e lt.<br />

J e s u s h a lf d em k an an äisch en W e ib e a m E n d e doch. D a s h e b t S e in e<br />

erste E n ts c h e id u n g n ic h t a u s . E r kehrt ja w ie d e r in S e i n L a n d u n d zu<br />

S e in e m V o lk e zurück. D a s in stä n d ig e B i t t e n <strong>die</strong>ser F ra u m a g I h m<br />

a b e r, w ie <strong>die</strong> A n k u n ft d e r G rie c h e n , v o n d e r d a s I o h a n n e :e v a n g e liu m<br />

e rz ä h lt, o d e r w ie d a s E r le b n is m it dem heidnischen H a u p tm a n n v o n<br />

R a p e r n a u m , ein Z eichen d a f ü r g ew esen sein , d a ß <strong>die</strong> H eid en k om m en<br />

w ü r d e n , w e n n <strong>die</strong> J u d e n I h n v e r w o r f e n u n d a n s L r c u z g e b ra c h t h ä t ­<br />

te n . S o ist a u ch in <strong>die</strong>ser G eschichte v o m k a n an äisch en W e ib e ein H i n ­<br />

w e is a u f T o d u n d A u fe rs te h u n g C h ris ti e n th a lte n . N u r so la n g e E r<br />

a ls ein M e n sc h ü b e r <strong>die</strong>se E r d e g in g , fü h lte J e s u s S i c h a n S e i n V o lk<br />

g e b u n d e n . D a s e w ig e H e il, d a s E r d u rc h S e i n e n T o d u n d S e in e A u f ­<br />

e rste h u n g e r w o r b e n h a t, ist n ich t a n e i n V o lk g e b u n d e n . D a s ist ein<br />

g ro ß e r T r o s t f ü r a lle , <strong>die</strong> u m C h ris ti w ille n f ü r ih r V o lk leiden m ü s ­<br />

sen. S o lc h e s L eiden h a t im m e r V e r h e iß u n g .


Sonntag Reminiscere<br />

i. Weiter, liebe Bruder, bitten wir<br />

euch und ermähnen in dem Herrn Jesus<br />

(»ach dem ihr von uns empfangen<br />

habt, wie ihr sollet wandeln und Gott<br />

gefallen), daß ihr immer völliger<br />

werdet.<br />

r. Denn ihr wisset, welche Gebot«<br />

wir euch gegeben haben durch den<br />

Herrn Jesus.<br />

3. Denn das ist der Wille Gottes,<br />

eure Heiligung, daß ihr meidet <strong>die</strong><br />

Hurerei<br />

4. und ein jeglicher unter euch wisse<br />

D ie Epistel<br />

rvs<br />

sein Gefäß zu behalten in Heiligung<br />

und Ehren,<br />

s. nicht in der Brunst der Lust wie<br />

<strong>die</strong> Heiden, <strong>die</strong> von Gott nichts<br />

wissen;<br />

S. und daß niemand zu weit greife<br />

noch übervorteile seinen Bruder im<br />

Handel: denn der Herr ist der Rächer<br />

über das alles, wie wir euch zuvor<br />

gesagt und bezeugt haben.<br />

7. Denn Gott hat uns nicht berufen<br />

zur Unrcinigkeit, sondern zur Heiligung.<br />

I- Thess. 4, 1— 7<br />

I m E v a n g e liu m des h e u tig e n T a g e s ist v o n e in e r B esessenen <strong>die</strong> R ed e.<br />

B esessen h e it ist eine R r a n k h c it des G e is te s , w i r h a b e n u n s g e w ö h n t,<br />

solche D ra n k h e itc n a u f n a tü rlic h e m W e g e zu e rk lä re n , u n d m a n m a g<br />

sehen, w ie w e it m a n d a m it k o m m t, w i r so llte n d a r ü b e r a b e r n ic h t<br />

v erg essen , w a s u n s d er A p o ste l in <strong>die</strong>sem T ex te zu bedenken g ib t. E r<br />

leu ch tet m it dem Lichte g ö ttlic h e r W a h r h e i t h in e in in <strong>die</strong> U n re in h e it,<br />

<strong>die</strong> in den L ä m m e r n , u n d in <strong>die</strong> B e tr ü g e r e i, <strong>die</strong> in den W e rk s tu b e n<br />

g esch ieh t; er f ü g t h in z u : E s g ib t einen G o t t , d er ein R ä c h e r ist ü b e r<br />

d a s a lle s . S o l l t e n w i r u n s d a d u rc h n ic h t e rin n e rn lassen , d a ß v ie l<br />

leib lich es u n d seelisches E le n d d e r M e n sch en m it v e rb o rg e n e r S c h u ld<br />

z u s a m m e n h ä n g t 7 E s g ib t Halle, denen m a n m it H ä n d e n g re ife n<br />

k an n , w ie G o t t <strong>die</strong> S ü n d e n d e r V ä te r h e im su c h t a n d en R in d e r n b is<br />

in s d ritte u n d v ie rte G lie d . E s g ib t a n d e re H ätte, w o u n s <strong>die</strong>ser Z u ­<br />

s a m m e n h a n g zw isch en S ü n d e u n d S t r a f e v e r b o r g e n ist. H a b e n w i r<br />

ein R e c h t zu sa g e n , e s g ä b e g a r keinen solchen Z u s a m m e n h a n g , b lo ß<br />

w e il w i r ih n n ic h t erkennen 7 D a s w ä r e <strong>die</strong> sch lim m ste B lin d h e it, <strong>die</strong><br />

es g ib t. A l l e S c h u ld rä c h t sich a u f E r d e n , w e r d a v o n n ic h ts w e iß ,<br />

w e iß n ic h ts v o m l e b e n d i g e n G o t t . w i e so llte d e r auch w isse n ,<br />

d a ß er d es E r lö s e r s b e d a rf, d e r u n se r a lle r S c h u l d g e tr a g e n h a t!<br />

S o w i r d u n s <strong>die</strong> N o t , u n te r d e r d a s kananäische W e i b l itt, noch v e r ­<br />

stä n d lic h e r, ih r H ilfesch rei k lin g t noch d e u tlic h e r in u n se re n Ö h r e n , u n d<br />

ih r G la u b e steh t noch le b e n d ig e r v o r u n seren A u g e n . D a s ist G o t t e s<br />

W i l l e — eure H e ilig u n g ! R e m in isc e re — G ed en k e, H e r r , a n D ein e<br />

B a rm h e rz ig k e it u n d G ü te !


ov<br />

Woche des Sonntags Reniiniscerc<br />

D a s Lied der Woche<br />

C> H e rre G o t t , D e in g ö ttlic h W o r t<br />

L u th e r h a tte in den ersten J a h r e n seiner re fo rm a to risc h e n T ä tig k e it <strong>die</strong><br />

G e m e in d e n a u f g e f o r d e r t, selbst B e i tr ä g e f ü r einen deutschen L irc h e n -<br />

g e sa n g zu leisten. M a n c h w e r tv o lle D ic h tu n g ist in d ieser Z e it e n t­<br />

sta n d e n , a n d e r b is h eute unsere G e m e in d e n ih r H e rz erquicken. A b e r es<br />

blieb n ic h t a u s , d a ß sich zw isch en <strong>die</strong> g u te n n eu en au ch u n g e e ig n e te<br />

L ieder m isch ten . D e s h a lb g a b L u th e r n u n im I a h r e s s r g ein G e s a n g ­<br />

buch m it so L ied ern h e r a u s , d a s so g e n a n n te L lu g sc h e G e s a n g b u c h ,<br />

a u s d em <strong>die</strong> w e n ig e r w e r tv o lle n B e itr ä g e fo rtg e la s se n w a r e n . I n d iesem<br />

G e s a n g b u c h fin d e t sich o h n e N a m e n s n e n n u n g auch <strong>die</strong>ses k ernige<br />

R e f o r m a tio n s lie d , d a s h eu te v o n n e u e m seine R r a f t e n tfa lte t. V o n<br />

ein er oberöstcrreichischen G e m e in d e w i r d e rz ä h lt, d a ß sie in ih re m<br />

n eu en ev an g elisch en G o tte s h a u s e , noch ehe d a s G e b ä u d e f e rtig u n d d a s<br />

D a c h gedeckt w a r , u n te r fa lle n d e m R e g e n <strong>die</strong>ses Lied g e su n g e n h ab e.<br />

D a s Gebet der Woche<br />

Herr Gott, der Du allezeit Lust hast zur Barmherzigkeit und gerne<br />

verschonest, nimm an unser bußfertig Gebet und mache <strong>die</strong>, so in<br />

Banden der Sünde liegen, los und ledig nach Deiner milden Güte,<br />

durch unseren Herrn Icsum Christum, Deinen Sohn, der mit Dir<br />

und dem Heiligen Geiste lebet und regieret in Ewigkeit. Amen.<br />

Glaube — Glaubensgehorsam<br />

!. wenn wir im gewöhnlichen Leben sagen: „Ich glaube", so soll das heißen:<br />

Ich meine, ich vermute. Es liegt etwas Unsicheres darin, wenn dagegen <strong>die</strong><br />

Heilige Schrift sagt: „Ich glaube", so heißt das: Ich habe <strong>die</strong> gewisse Zuversicht<br />

eines unbedingten Vertrauens. Darin liegt etwas Sicheres. Dieses<br />

Vertrauen bezicht sich nicht auf Menschen und weltliche Dinge, sondern auf<br />

Gott. Der christliche Glaube setzt seine ganze Zuversicht, sein ganzes vertrauen<br />

auf Gott, unsern Schöpfer, Erlöser und Heiliger (r. Hauptstück).<br />

r. a) Solcher Glaube ist nicht selbstverständlich, von Natur halten<br />

wir uns fern von Gott, sind blind <strong>für</strong> Gott, sind ungläubig und abergläubisch.<br />

Darum können wir nicht aus eigener Vernunft noch Lraft „glauben". Wie<br />

kommt es denn zum christlichen Glauben in uns) Nur dadurch, daß wir


Glaub« — Glaubcnsgehorsam<br />

Gottes Wort hörrn, wie es in der christlichen <strong>Gemeinde</strong> verkündet und bezeugt<br />

wird. Der Apostel sagt:<br />

S o kommt der Glaube aus der predigt,<br />

das predigen aber durch das Wort Gottes.<br />

Römer zo,<br />

„Wort Gottes" ist Rund« von Gott und Kraft aus Gott, in Christus verwirklicht<br />

und durch den Heiligen Geist auch unter uns wirksam gemacht.<br />

Nachdem Gott einst durch <strong>die</strong> Propheten geredet hat, hat Er zuletzt durch Icsus<br />

Christus geredet. In Ihm ist Gottes Wort „Arisch" geworden (Ioh. i, -4);<br />

Er ist das verkörperte Wort Gottes. Sein« ganze Erscheinung ist das in <strong>die</strong><br />

Welt gesprochene Gotteswort, das Wort, durch das allein Gott Sich uns<br />

Menschen so offenbart, daß wir zu einem Verkehr, einer Herzcnsgcmeinschaft<br />

mit Gott kommen können. Deswegen sagt <strong>die</strong> Kirche: Christus ist <strong>die</strong> eigentliche<br />

«Offenbarung Gottes, w er von Christus erfaßt wird, ist Ihm verpflichtet.<br />

Aus solcher Verpflichtung erwächst der Kirche der Auftrag zu predigen.<br />

Die predigt gibt <strong>die</strong> göttliche Botschaft vom Versöhnungswerk weiter,<br />

ist göttliche Mahnung: „Lasset euch versöhnen mit Gott!" (r. Kor. S, itz. ro).<br />

Sie ist Gottes Ruf zur Umkehr und Gottes Zusage: Komm, Ich helfe,<br />

Ich vergebe um Christi willen; Christus ist der w eg, auf dem allein Menschen<br />

zu Mir kommen können. — <strong>Das</strong> ist frohe Botschaft von wundersamer<br />

Kraft. Sie kann uns aus unserer natürlichen Sicherheit und unserer verkehrten<br />

Lcbcnsrichtung herausreißen und so ergreifen, daß wir trotz unserer<br />

Unwürdigkcit es wagen, unsere Zuversicht auf <strong>die</strong> vergebende Gnade Gottes<br />

zu setzen, w ie das zugeht, bleibt uns «in geheimnisvolles Rätsel. Nur das<br />

ist uns gewiß: Dieser Glaube ist kein Wahn und Selbstbetrug, er ist Werk<br />

des Heiligen Geistes (Erklärung zum 3. Artikel) in derselben Gottcskraft, <strong>die</strong><br />

einst <strong>die</strong> Welt aus dem Nichts rief (Erklärung zum i. Artikel) und <strong>die</strong> Iesus<br />

Christus von den Toten auferweckt hat (Erklärung zum r. Artikel). „Glaube<br />

ist ein göttliches Werk in uns, das uns wandelt und neu gebiert aus Gott<br />

(Ioh. ;, ?3) und tötet den alten Menschen, macht aus uns ganz andere Menschen<br />

von Herzen, Mut, Sinn und allen Kräften und bringet den Heiligen<br />

Geist mit sich" (Lph. ?, zg. ro). Christenglaube ist ein gottgcw irklcs<br />

Wunder.<br />

b) In <strong>die</strong>sem Glauben sind wir gewiß, daß Gott um Christi willen <strong>für</strong> uns<br />

ist. Dem Mißgläubigen und Kleingläubigen fehlt <strong>die</strong>se Gewißheit. Von Natur<br />

ist der Mensch seinem Schicksal gegenüber ungewiß. Sorge und Angst sind <strong>die</strong><br />

Grundzüge aller heidnischen und aller selbstgemachten Religionen. Die entscheidende<br />

Frage unseres Lebens ist aber <strong>die</strong>: w ie komme ich zum inneren<br />

8rieben - von sich aus kann sich kein Mensch aus solcher inneren Not und<br />

Unruhe herausziehen. Ihm hilft nicht der w eg selbstcrdachtcr Ideale, nicht einmal<br />

der w eg der >o Gebote, <strong>die</strong> er sa eben nicht befolgte und nie wird befolgen<br />

rv7


vr<br />

Woche des Sonntags Reminiscere<br />

können. Hier hilft allein das gottgewirktc Wunder des christlichen Glaubens.<br />

Dem Glaubenden vergibt Gott um Christi willen. <strong>Das</strong> ist Gerechtsprcchung,<br />

wie sie vor Gott gilt. <strong>Das</strong> erfährt der Glaubende nicht ein Mal, sondern<br />

ständig: es bedeutet und schließt in sich ein neues Lcbcnsverhältnis;u Gott.<br />

Christus nennt es: Wiedergeburt des Menschen (Ioh. 3, S). Gott ist unser<br />

Vater, wir sind Seine Linder. Seine väterliche Liebe umfängt, trägt, beschirmt,<br />

segnet uns im Leben und Sterben <strong>für</strong> Zeit und Ewigkeit, und nichts kann uns<br />

von ihr scheiden. Des Glaubens Ende ist der Seelen Seligkeit. Damit stehen<br />

wir nicht mehr unter dem Druck und Auch des unerfüllt gebliebenen Gesetzes;<br />

wir dürfen unserm Gewissen, wenn es uns anklagt und verurteilt, das freisprechende<br />

Urteil Gottes entgeo"nba't°n. Dabei ünd wir dann nicht mehr in<br />

feiger Furcht und wurzelloser Abhängigkeit der Menschen Lncchte; wir <strong>für</strong>chten<br />

weocr den Neid eines femdl.chcn »o-.n,als n^ch Satans List und Macht, weder<br />

des Todes Gewalt noch den Ernst des letzten Gerichts. Nicht als ob der Glaube<br />

keinerlei Anfechtung kennte. Unter mannigfachsten Versuchungen und Widerwärtigkeiten<br />

muß er sich im Lampf behaupten und bewähren; Anfechtungen<br />

gehören zum Lhristcnstande. Der Lampf kann zu Zeiten hart und heiß werden.<br />

Aber Christus Selber bürgt <strong>für</strong> den Endsieg. In Ihm gibt der Gott aller<br />

Gnade stets neue Lraft. Glauben heißt: Siegen in der Lraft Christi.<br />

Unser Glaube ist der Sieg,<br />

der <strong>die</strong> Welt überwunden hat.<br />

I. Johannes s, 4-<br />

w o Sieg ist, da ist Freiheit. Darum ist Glaub« gottgcschenkte Freiheit,<br />

c) Diese Freiheit hat nichts mit Eigenwillen und Eigendünkel, mit Willkür<br />

und Zügellosigkcit gemein. Solcher Glaub« trägt in sich heiligen Gehorsam.<br />

Paulus bezeichnet darum als Aufgabe seines Apostolischen Amtes, „unter allen<br />

Heiden den Gehorsam des Glaubens aufzurichten" (Röm. i, s). Schon daß<br />

wir aus freier Überzeugung vertrauensvoll zum Evangelium Ja sagen, ist<br />

Gehorsam, weil Gott <strong>die</strong>ses Ja will. Damit wird aber das ganze Leben eine<br />

Schule und Ubungsftättc des Gehorsams. Im Glauben haben wir den Herrn<br />

gewechselt: hinfort ist Jesus unser Herr (Erklärung zum r. Artikel). Sein<br />

Gebot und Vorbild wird unbedingt verpflichtend.<br />

Alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken,<br />

das tut alles in dem Namen des Herrn Jesu,<br />

und danket Gott und dem Vater durch Ihn.<br />

Lolosscr 3, -7.<br />

Indem wir <strong>die</strong>sem Herrn <strong>die</strong>nen (vgl. Luk. S, b; Match. 7, r;), sind wir gehorsame<br />

Linder des himmlischen Vaters, <strong>die</strong> sich vorn Heiligen Geist treiben<br />

(Röm. r, ?4) oder von der heilsamen Gnad« in Zucht nehmen lassen (Titus


Klaub« — Glaubcnsgehorsam<br />

rvg<br />

r, ?? ff-)- Im Gehorsam des Glaubens bringen wir all« unsere Anliegen bittend<br />

und dankend vor den himmlischen Vater; da üben und betätigcn wir uns im<br />

täglichen Leben durch <strong>die</strong>nende Liebe, tragen des Lebens Mühsale und Trübsale<br />

in Geduld und Hoffnung, kämpfen tapfer werbend und abwehrend um Gottes<br />

Herrschaft und Ehre, bleiben allzeit in der Demut und in der täglichen Reue<br />

und Buße. Lurz, wir wissen uns zur Heiligung unsereres Herzens und Lebens<br />

berufen und verpflichtet und können <strong>die</strong>se Verpflichtung unmöglich leicht nehmen,<br />

da wir <strong>die</strong> Wiederkunft des Herrn, des gerechten Richters, erwarten<br />

(-. Ioh. 8, 8; r. Lor. s, ;o). Darum ist Glaube immer auch gottgew ollte<br />

Gebundenheit.<br />

s. Als gottgewirktes Wunder, gottgeschcnkte Freiheit und gottgewollte Gebundenheit<br />

steht des Christen Glaube hoch über aller Gläubigkeit, <strong>die</strong> sich auf<br />

menschliche Gedanken und Phantasien gründet. Der Glaube ist ein heiliges<br />

und kostbares Gut aus der oberen Gotteswclt. Er ist ein Geheimnis des<br />

ewigen Ratschlusses Gottes zu unserm Heil. Ihn in und mit der christlichen<br />

<strong>Gemeinde</strong> durch treuen Gebrauch der Gnadenmittcl, durch Wort und Sakrament<br />

zu pflegen und zu stärken, um ihn ernstlich zu bitten, <strong>für</strong> ihn fröhlich<br />

zu danken, haben wir alle Ursache. Daß wir's nur nicht versäumen!<br />

D i e 3 . B i t t e<br />

D e i n W i l l e g e s c h e h e<br />

w i e i m H i m m e l , a l s o a u c h a u f E r d e n .<br />

w<br />

a s i s t das?<br />

G o t t e s g u t e r , g n ä d i g e r W i l l e g e s c h i e h t w o h l o b n c<br />

u n s e r G e b e t ;<br />

a b e r w i r b i t t e n i n d i e s e m G e b e t ,<br />

d a ß e r a u c h b e i u n s g e s c h e h e .<br />

w i e geschieht das?<br />

w e n n G o t t a l l e n b ö s e n R a t u n d w i l l e n<br />

b r i c h t u n d h i n d e r t ,<br />

so u n s d e n N a m e n G o t t e s n i c h t h e i l i g e n<br />

u n d S e i n R e i c h n i c h t k o m m e n l a s s e n w o l l e n ,<br />

a l s d a is t d e s T e u f e l s , d e r W e l t u n d u n s e r e s F l e i s c h e s W i l l e ;<br />

s o n d e r n s t ä r k e t u n d b e h ä l t u n s fe s t<br />

i n S e i n e m W o r t u n d G l a u b e n<br />

b i s a n u n s e r E n d e .<br />

D a s is t S e i n g n ä d i g e r , g u t e r W i l l e .


^70<br />

Woche des Sonntags Reminiscere<br />

r. Durch den Glauben ward gehorsam<br />

Abraham, da er berufen ward, auszugehen<br />

in das Land, das er ererben<br />

sollte: und ging aus und wußte nicht,<br />

wo er hin käme.<br />

g. Durch den Glauben ist er ein Hremdling<br />

gewesen in dem verheißenen<br />

Lande als in einem fremden und<br />

wohnte in Hütten mit Isaak und<br />

Iakob, den Miterben derselben Verheißung;<br />

-0. denn er wartete auf «ine Stadt,<br />

<strong>die</strong> einen Grund hat, deren Baumeister<br />

und Schöpfer Gott ist.<br />

>>. Durch den Glauben empfing auch<br />

Sara Lraft, daß sie schwanger ward<br />

und gebar über <strong>die</strong> Zeit ihres Alters;<br />

M ontag nach Reminiscere<br />

denn sie achtete Ihn treu, Der es verheißen<br />

hatte.<br />

;r. Darum sind auch von einem, wiewohl<br />

erstorbcnen L.ibes, viele geboren<br />

wie <strong>die</strong> Sterne am Himmel und wie<br />

der Sand am Rande des Meeres, der<br />

unzählig ist.<br />

-7. Durch den Glauben opferte Abraham<br />

den Isaak, da er versucht ward,<br />

und gab dahin den Lingebornen, da<br />

er schon <strong>die</strong> Verheißungen empfangen<br />

hatte,<br />

l s. von we'chcm gesagt war: „In Isaak<br />

wird dir dein Same genannt werden";<br />

sg. und dachte, Gott kann auch wohl<br />

von den Toten erwecken; daher er auch<br />

ihn zum Vorki'de wiederbekam.<br />

Hcbr. z,, s—,r. ,7—,g<br />

w e n n G o t t b e fie h lt: g e h ! so ist d e r w e g S e i n w e g und f ü h r t zu<br />

einem Z ie l, m a g es u n s noch so r ä ts e lh a f t u n d v e rb o rg e n sein. W e n n<br />

G o t t d a s zu o p fe rn fo rd e rt, w o r a n u n se r H e rz h ä n g t, so w e iß E r ,<br />

w a r u m u n d w o z u , w e n n w i r es au ch n ic h t e rg rü b e ln k önnen u n d n u r<br />

S in n lo s ig k e it zu sehen m e in e n . G la u b e n s g e h o r s a m ü b en h e iß t: a lle m<br />

Z w e ife ln u n d a lle m S t r ä u b e n d e s eig en en H e rz e n s z u m T ro tz sich u n ­<br />

te r G o t t e s W o r t u n d w i l l e n b e u g e n u n d I h m z u tr a u e n , d a ß S e i n<br />

w e g d e r rechte ist u n d n ic h ts I h n w i r d h in d e rn k ö n n en , d a s Z ie l zu<br />

erreichen , d a s S e i n g u te r , g n ä d ig e r W i l l e gesetzt h a t.<br />

Die andere Lesung: Johannes 7, - 4 - ss.<br />

>7. Es stand aber auf der Hohepriester<br />

und alle, <strong>die</strong> mit ihm waren, welches<br />

ist <strong>die</strong> Sekte der Sadduzäer, und wurden<br />

voll Eifers<br />

14. und legten <strong>die</strong> Hände an <strong>die</strong> Apostel<br />

und warfen sie in das gemeine Gefängnis.<br />

>g. Aber der Engel des Herrn tat in<br />

der Nacht <strong>die</strong> Türen des Gefängnisses<br />

auf und führte sie heraus und<br />

sprach:<br />

D ienstag nach Reminiscere<br />

ro. Gehet hin und tretet auf und redet<br />

im Tempel zum Volk alle Worte <strong>die</strong>ses<br />

Lebens.<br />

rz. Da sie das gehört hatten, gingen<br />

sie frühe in den Tempel und lehrten.<br />

Der Hohepriester aber kam und <strong>die</strong><br />

mit ihm waren und riefen zusammen<br />

den Rat und alle Ältesten der Linder<br />

von Israel und sandten hin zum Gefängnis,<br />

sie zu holen,<br />

rr. Die Diener aber kamen hin und


Woche des Sonntags Reminiscere !7 ><br />

fanden sie nicht im Gefängnis, kamen<br />

wieder und verkündigten<br />

2 3. und sprachen: <strong>Das</strong> Gefängnis fanden<br />

wir verschlossen mit allem Hleiß<br />

und <strong>die</strong> Hüter außen ftchcn vor den<br />

Türen; aber da wir auftaten, fanden<br />

wir niemand darin.<br />

24. Da <strong>die</strong>se Rede hörten der Hohepriester<br />

und der Hauptmann des Tempels<br />

und andere Hohepriester, wurden<br />

sie darüber betreten, was doch das<br />

werden wollte.<br />

28. Da kam einer, der verkündigte<br />

ihnen: Siehe, <strong>die</strong> Männer, <strong>die</strong> ihr ins<br />

Gefängnis geworfen habt, sind im<br />

Tempel, stehen und lehren das Volk.<br />

2b. Da ging hin der Hauptmann mit<br />

den Dienern und holten sie, nicht mit<br />

Gewalt: denn sie <strong>für</strong>chteten sich vordem<br />

Volk, daß sie gesteinigt würden.<br />

27. Und als sie sie brachten, stellten sie<br />

sie vor den Rat. Und der Hohepriester<br />

fragte sie<br />

22. und sprach: Haben wir euch nicht<br />

mit Ernst geboten, daß ihr nicht solltet<br />

lehren in <strong>die</strong>sem Namen? Und sehet,<br />

ihr habt Jerusalem erfüllt mit<br />

eurer L.chre und wollt <strong>die</strong>ses Menschen<br />

Blut über uns führen.<br />

2g. Petrus aber antwortete und <strong>die</strong><br />

Apostel und sprachen: Man muß Gott<br />

mehr gehorchen denn den Menschen.<br />

Ap. Gesch. S, -7—rg<br />

M u ß m a n G o t t auch d a n n g eh o rch en , w e n n <strong>die</strong> a llg e m e in e M e in u n g<br />

d a g e g e n ste h t, o d e r w e n n u n s <strong>die</strong>ser o d e r je n e r v e rb ie te n w o llte , zu<br />

tu n , w a s G o t t b e fie h lt? J a , m a n m u ß es, d e n n G o t t e s B e f e h l h a t<br />

k e in e B e d i n g u n g e n . A b e r k an n m a n d es W i l l e n s G o t t e s so g e w iß<br />

s e in ? w e r n u r g ele g e n tlic h a u f G o t t e s W o r t h in h ö r t, w i r d im Halle<br />

e rn ste r E n ts c h e id u n g sc h w e r G e w iß h e it e rla n g e n . A b e r w essen O h r<br />

tä g lic h d a f ü r g e ö ffn e t ist, d e r k an n E r k e n n tn is e m p fa n g e n v o n dem ,<br />

w a s d er H e r r v o n ih m fo r d e r t, u n d L r a f t , a lle m W id e r s p r u c h v o n<br />

M en sch en z u m T ro tz I h m so g eh o rch en zu k ö n n e n , w ie es u n s v o n<br />

J e s u J ü n g e r n e rz ä h lt w i r d .<br />

Die andere Lesung: Jeremia 20, 7—>).<br />

22. Was dünket euch aber? Es hatte<br />

ein Mann zwei Söhne und ging zu<br />

dem ersten und sprach: Mein Sohn,<br />

gehe hin und arbeite heute in meinem<br />

Weinberge.<br />

2g. Er antwortete aber und sprach:<br />

Ich will's nicht tun. Darnach reute es<br />

ihn, und er ging hin.<br />

so. Und er ging zum andern und<br />

sprach gleich also. Er antwortete aber<br />

und sprach: Herr, ja! — und ging<br />

nicht hin.<br />

Mittwoch nach Reminiscere<br />

8 ). Welcher unter den zweien hat des<br />

Vaters Willen getan? Sie sprachen zu<br />

Ihm: Der erste. Jesus sprach zu ihnen:<br />

wahrlich, Ich sage euch: Die Zöllner<br />

und Huren mögen wohl eher ins Himmelreich<br />

kommen denn ihr.<br />

32. Johannes kam zu euch und lehrt«<br />

euch den rechten Weg, und ihr glaubtet<br />

ihm nicht; aber <strong>die</strong> Zöllner und Huren<br />

glaubten ihm. Und ob ihr's wohl<br />

sahet, tatet ihr dennoch nicht Buße, daß<br />

ihr ihm darnach auch geglaubt hättet.<br />

Match. 2 f, 22—82


Woche des Sonntags Reminiscere<br />

G l a u b e n s g e h o r s a m w i r d n ich t d u rc h Z u s tim m u n g u n d B e k e n n t­<br />

n is m it dem M u n d e e r f ü llt, so n d e rn i n d e r g e h o r s a m e n T a t . D a<br />

d ro h t u n s <strong>die</strong> G e f a h r , d a ß w i r dem W o r t e G o t t e s w o h l fre u d ig z u ­<br />

stim m e n , a b e r m e in e n , d a m it au ch g e n u g zu t u n . W e r so dem E r n s t<br />

d er Forderung G o t t e s u n d d e r M ü h e w irk lic h e r U m k eh r sich e n tz ie h t,<br />

d er täu sc h t sich selbst. D e n n n u r d e r G la u b e ist echt u n d h a t G o t te s<br />

V e rh e iß u n g , in dem d er M en sch m it S e e le u n d L eib, w ie m it G e ­<br />

danken u n d m it d em M u n d e , so au ch m it A u g e n , F ü ß e n u n d H ä n d e n<br />

seinem H e r r n g e h ö r t u n d g e h o rc h t.<br />

Die andere Lesung: >. Samuelis 3, >—;o.<br />

Donnerstag nach Reminiscere<br />

r. Es ist aber nichts verborgen, das<br />

nicht offenbar werde, noch heimlich,<br />

das man nicht wissen werde.<br />

3. Darum, was ihr i» der Finsternis<br />

saget, das wird man im Licht hören;<br />

was ihr redet ins Ohr in den Lämmern,<br />

das wird man auf den Dächern<br />

pretigcn.<br />

4- Ich sage euch aber, meinen Freundden:<br />

Fürchtet euch nicht vor denen, <strong>die</strong><br />

den L ib töte» und danach nichts mehr<br />

tun können.<br />

S. Ich will euch aber zeigen, vor welchem<br />

ihr euch <strong>für</strong>chten sollt: Fürchtet<br />

euch vor Dem, der, nachdem Er getötet<br />

hat, auch Macht hat zu werfen<br />

in <strong>die</strong> Hölle. Ja, Ich sage euch, vor<br />

Dem <strong>für</strong>chtet euch.<br />

ö. verkauft man nicht fünf Sperlinge<br />

um zwei Pfennige? Dennoch ist vor<br />

Gott derselbigen nicht eines vergessen.<br />

7. Aber auch <strong>die</strong> Haare auf eurem<br />

Haupt sind alle gezählt. Darum <strong>für</strong>chtet<br />

euch nicht; ihr seid besser als viele<br />

Sperlinge.<br />

8. Ich sage euch aber: w er Mich bekennet<br />

vor den Menschen, den wird<br />

auch des Menschen Sohn bekennen vor<br />

den Engeln Gottes,<br />

g. wer Mich aber verleugnet vor den<br />

Menschen, der wird verleugnet werden<br />

vor den Engeln Gottes.<br />

; o. Und wer da redet ein Wort wider<br />

des Menschen Sohn, dem soll es vergeben<br />

werden; wer aber lästert den<br />

Heiligen Geist, dem soll es nicht vergeben<br />

werden.<br />

?I. Wenn sie euch aber führen werden<br />

in ihre Schulen und vor <strong>die</strong> Obrigkeit<br />

und vor <strong>die</strong> Gewaltigen, so sorget<br />

nicht, wie oder was ihr antworten<br />

oder was ihr sagen sollt,<br />

zr. Denn der Hri'ige Geist wird euch<br />

zu derselben Stunde lehren, was ihr<br />

sagen sollt. Luk. z r, r—;r<br />

w i r m ö c h te n w o h l G o t t g e h o rs a m sein in ta p fe re m T u n u n d g e tr o ­<br />

stem T r a g e n , w e n n n u r <strong>die</strong> A n g s t n ic h t w ä r e , o b M en sch en u n d U m ­<br />

stän d e, <strong>die</strong> w i r sehen, sich n ic h t doch a l s stärk er e rw e ise n w e rd e n a ls<br />

G o t t , den w i r n ic h t sehen, v o n <strong>die</strong>ser A n g s t in d e r U n g e w iß h e it w e iß<br />

u n se r H e r r . D e s h a lb z e ig t E r u n s , d a ß a lle E n ts c h e id u n g n ic h t in d er<br />

H a n d d e r M e n sc h e n , so n d e rn in G o t t e s H ä n d e n lie g t. G o t t w i r d sie l'


Wochc des Sonntags Reminiscere<br />

27 A<br />

b e k e n n e n z u d e m . d e r sic h z u I h m b e k e n n t , u n d selbst d er T o d<br />

k an n u n s v o n I h m n ic h t scheiden. D a r u m : w e n n w i r dre Z u k u n ft auch<br />

n ich t kennen, E r k en n t u n d lenkt sie. D a s ist g e n u g .<br />

Die andere Lesung: Apostelgeschichte ib, g—-s.<br />

5. Also auch Christus hat Sich nicht<br />

selbst in <strong>die</strong> Ehre gesetzt, daß Er<br />

Hcherpricstcr würde, sondern der zu<br />

Ihm gesagt hat: „Du bist Mein Sohn,<br />

heute habe Ich Dich gezeuget."<br />

b. w ie Er auch am andern Ort<br />

spricht: „Du bist ein Priester in<br />

Ewigkeit nach der Ordnung Mclchiscdcks."<br />

7. Und Er hat in den Tagen Seines<br />

Fleisches Gebet und Flehen mit starkem<br />

Geschrei und Tränen geopfert zu<br />

Freitag nach Reminiscere<br />

Dem, der Ihm von dem Tode konnte<br />

aushclsen: und ist auch erhört, darum<br />

daß Er Gott in Ehren hatte,<br />

r. Und wiewohl er Gottes Sohn<br />

war, hat er doch an dem, das er litt,<br />

Gehorsam gelernt.<br />

g. Und da er vollendet war, ist er<br />

geworden allen, <strong>die</strong> ihm gehorsam<br />

sind, eine Ursache zur ewigen Seligkeit,<br />

10. genannt von Gott ein Hohcrpricster<br />

nach der Ordnung Mclchiscdcks.<br />

Hebr. s, 3—;c><br />

W o l l e n w i r u n s b ek lag en , d a ß u n se r W i l l e sich a lle z e it u n te r G o t t e s<br />

w i l l e n b e u g e n so ll, a l s w e rd e d a m it u n sere E h r e v e rk ü rz t? I c s u s<br />

S e lb s t ist u n s in solchem G e h o rc h e n v o r a n g e g a n g e n . D a s ist <strong>die</strong> H e r r ­<br />

lichkeit des S o h n e s G o t t e s , d a ß E r n ie <strong>die</strong> eigene E h r e sucht, so n d e rn<br />

<strong>die</strong> d es V a t e r s , in stetem H ö r e n u n d in v e rtra u e n d e m B e f o lg e n S c m c r<br />

W e is u n g , au ch a ls sie I h m zu sterben a u f t r u g . M i t u n s e r e m G l a u -<br />

b e n s g c h o r s a m d ü rfe n w i r S e i n e n W e g g e h e n , d a s Z ie l v o r<br />

A u g e n , d a s S e i n G e h o r s a m u n s e rö ffn e t h a t : A ls G o t t e s S ö h n e u n d<br />

T ö c h te r zu dem V a t e r g e h ö re n in alle E w ig k e it.<br />

Die andere Lesung: Iesaias 4?, r—14-<br />

23. Höret ein anderes Gleichnis: Es<br />

war ein Hausva er, der pflanzte einen<br />

Weinberg und führte einen Zaun darum<br />

und grub eine Acltcr darin und<br />

baute einen Turm und tat ihn den<br />

wcingärtncrn aus und zog ü er Land.<br />

34. Da nun herbeikam <strong>die</strong> Zeit der<br />

Früchte, sandte er seine Lnechte zu den<br />

wcingärtncrn, daß sie seine Früchte<br />

empfingen.<br />

Sonnabcnd nach Reminiscere<br />

33. Da nahmen <strong>die</strong> wcingärtner seine<br />

Lncchte; einen stäupten sie, den andern<br />

löteten sie, den dritten steinigten sie.<br />

3b. Abermals sandte er andere Lnechte,<br />

mehr denn der ersten waren; und<br />

sie taten ihnen gleich also.<br />

37. Darnach sandte er seinen Sohn<br />

zu ihnen und sprach: Sie werden sich<br />

vor meinem Sohn scheuen.<br />

38. Da aber <strong>die</strong> Wcingärtner den


274<br />

Sohn sahen, sprachen sie untereinander:<br />

<strong>Das</strong> ist der Erbe; kommt, laßt<br />

uns ihn töten und sein Erbgut an uns<br />

bringen!<br />

Zg. Und sie nahmen ihn und stießen<br />

ihn zum Weinberge hinaus und töteten<br />

ihn.<br />

40. wenn nun der Herr des Weinberges<br />

kommen wird, was wird er<br />

<strong>die</strong>sen wcingärtnern tun)<br />

4 >. Sie sprachen zu Ihm: Er wird<br />

<strong>die</strong> Böscwichter übel umbringen und<br />

seinen Weinberg andern wcingärtnern<br />

austun, <strong>die</strong> ihm <strong>die</strong> Früchte zu<br />

rechter Zeit geben.<br />

Woche des Sonntags R eminisccre<br />

42. Iesus sprach zu ihnen: Habt ihr<br />

nie gelesen in der Schrift: „Der Stein,<br />

den <strong>die</strong> Bauleute verworfen haben,<br />

der ist zum Eckstein worden, von dem<br />

Herrn ist das geschehen, uns es ist<br />

wunderbarlick vor unsern Augen")<br />

4 3 . Darum sage Ich euch: <strong>Das</strong> Reich<br />

Gottes wird von euch genommen und<br />

einem Volke gegeben werden, das seine<br />

Früchte bringt.<br />

44. Und wer auf <strong>die</strong>sen Stein fällt,<br />

der wird zerschellen; auf welchen aber<br />

er fällt, den wird er zermalmen.<br />

Matth. r i, 33—44<br />

U n s stehen beide W e g e o ffe n : w i r d ü rfe n G o t t g e h o rsa m sein u n d<br />

a ls S e in e L in d e r I h m leben u n d I h m d ie n e n . E s steh t u n s auch fre i,<br />

I h m den G e h o r s a m zu v e r w e ig e r n u n d , w a s E r u n s g a b , n u r nach<br />

u n se rm w i l l e n u n d zu u n s e rm N u tz e n zu v e rw e n d e n . E s steh t u n s<br />

f r e i; a b e r w i r m ü ssen <strong>die</strong> F o lg e n au ch fre i tr a g e n , d e r D ie n st d er eig<br />

en en E h r e u n d d e s eig en en V o r te ils f ü h r t n o tw e n d ig in den W i d e r ­<br />

stre it g eg e n G o t t u n d h a t z u m E n d e d a s v e r d e r b e n , f ü r den einzelnen<br />

w ie f ü r g a n z e V ö lk e r. E s lie g t der letzte E r n s t ü b e r d ieser E n ts c h e i­<br />

d u n g ; es g e h t h ie r u m Leben o d e r T o d . G o t t helfe u n s , I h n ü b e r<br />

alle D in g e zu fü rc h te n , zu lieben u n d I h m v o ll zu v e r tr a u e n !<br />

Die andere Lesung: Iesaja 4g, 7—-3.


Gedenktag See Gefallenen<br />

Gedenktag<br />

der <strong>für</strong> das Vaterland Gefallenen<br />

Wachet, stehet im Glauben, seid männlich und seid stark.<br />

i. Ror, ,lb> >3<br />

D a s Evangelium<br />

3g. Und Er ging hinaus nach Seiner<br />

Gewohnheit an den Olberg, Es folg-<br />

43. Es erschien Ihm aber ein Engel<br />

vom Himmel und stärkte Ihn.<br />

ten Ihm aber Seine Iünger nach an 44. Und es kam, daß Er mit dem<br />

denselbigen Vrt.<br />

Tode rang, und betete heftiger. Es<br />

40. Und als Er dahin kam, sprach Er<br />

zu ihnen: Betet, auf daß ihr nicht in<br />

ward aber Sein Schweiß wie Blutstropfen,<br />

<strong>die</strong> fielen auf <strong>die</strong> Erd«.<br />

Anfechtung fallet!<br />

4s. Und Er stand auf von dem Ge-<br />

4;. Und Er riß sich von ihnen einen<br />

Stcinwurf weit und kniete nieder,<br />

bet und kam zu Seinen Iüngern und<br />

fand sie schlafen vor Traurigkeit<br />

betete<br />

4d. und sprach zu ihnen: w a s schla-<br />

4r. und sprach: Vater, willst Du, so fet ihr? Stehet auf und betet, auf<br />

nimm <strong>die</strong>sen Lelch von Mir; doch nicht daß ihr nicht in Anfechtung fallet!<br />

Mein, sondern Dein Wille geschehe! Luk. rr, 3g—46<br />

S te r b e n , z u m a l d a n n , w e n n m a n d em T o d e g e su n d e n L eibes u n d<br />

w a c h e n G e is te s e n tg e g e n g e h en m u ß , ist eine h a r te u n d schw ere S a c h e ,<br />

u n d es steh t ein em M a n n e w o h l a n , m it E r n s t u n d Z u rü c k h a ltu n g<br />

d a v o n zu red en . E s g ib t v ie l B e ric h te ü b e r den T o d g r o ß e r M ä n n e r .<br />

A b er keiner ist so w a h r , w ie d e r d er I ü n g e r ü b e r d a s S te r b e n ih re s<br />

H e r r n u n d M e is te r s . D a ist keine S p u r v o n u n ech tem H e ld e n tu m ; <strong>die</strong><br />

B itte r k e it d e s S t e r b e n s w i r d n ic h t b e sc h ö n ig t o d e r v e rsc h w ie g e n . D e n ­<br />

noch z e ig t <strong>die</strong>ser B e r ic h t, d a ß keiner g e sa m m e lte r, g e w isse r u n d sieg ­<br />

h a f te r in den T o d g e g a n g e n ist a l s I e s u s C h r is tu s . D a r u m ist es recht,<br />

w e n n w i r d a s G ed en k en a n u n sere g e fa lle n e n B r ü d e r h in e in n c h m c n in<br />

d a s G eden k en a n den T o d u n s e re s H e r r n . I n d e m w i r u n s a u f S e i n<br />

S te r b e n b e sin n e n , eh re n w i r sie a m besten. D e r S i e g S e in e s S te r b e n s<br />

u n d A u fe rstc h e n s v e r k lä r t ih re n T o d u n d u n s e r Leid u m sie.<br />

I u d a s I s c h a r io t h a t u n m itte lb a r nach d em A b e n d m a h l den L r e i s der<br />

I ü n g e r v e rla sse n , u m <strong>die</strong> L eute z u s a m m e n z u b rin g e n , <strong>die</strong> I e s u s v e r ­<br />

h a fte n so lle n . L a n g e b ra u c h te er n ic h t d a z u . S o ist I e s u Z e it besch<br />

rän k t. E r h a t sie a u s g e n ü tz t z u m G e b e t. A cht S e i n e r I ü n g e r lä ß t<br />

E r a m E i n g a n g d e s G a r t e n s gleich sam a l s G c b e ts w a c h c zu rück; d rei,<br />

n ä m lic h P e t r u s , I a k o b u s u n d I o h a n n e s n im m t E r m it S ic h . A uch<br />

v o n ih n e n e n tf e r n t E r S i c h , w ie L u k as s a g t, „ e in e n S t e i n w u r f w e it" .


270<br />

Gedenktag der Gefallenen<br />

E r b etet la n g e u n d k o m m t z w isc h e n d u rc h m e h r m a ls zu den d reien<br />

zurück. S i e sehen, w ie I h n d a s B e te n a n s tr e n g t; d er S c h w e iß r in n t<br />

I h m v o n d e r S t i r n , dick w ie B l u t s t r o p f e n . S i e h ö re n S e in e W o r t e<br />

— er b etet l a u t u n d jed es M a l d asselb e. D a r ü b e r w e rd e n sie g a n z<br />

t r a u r i g . M ü d e , ü b e r v o ll v o n L in d rü c k e n u n d v o r la u te r L u m m e r<br />

v e rm ö g e n sie n ic h t <strong>die</strong> A u g e n o ffe n zu h a lte n , w e n n d er H e r r zu<br />

ih n e n zu rü c k k o m m t, fin d e t L r sie je d e sm a l schlafen d. S o lassen I h n<br />

auch <strong>die</strong> näch sten M en sch en in S e in e m L eiden u n d S te r b e n a lle in .<br />

D a s a lle s h a b e n <strong>die</strong> I ü n g e r schlicht u n d ein fach e rz ä h lt. S i e schäm en<br />

sich n ic h t, v o n ih re n eig en en S c h w ä c h e n zu b eric h te n . S i e v ersc h w e ig e n<br />

n ic h t, d a ß I e s u s S e lb e r g e z itte rt u n d g e z a g t h a b e . L s g in g a lle s<br />

g a n z m enschlich z u .<br />

E b e n s o ist bei d en en , <strong>die</strong> im Ä rie g e g e fa lle n sin d , a lle s g a n z m enschlich<br />

z u g e g a n g e n . D a ist au ch v ie l Z itte r n u n d Z a g e n g ew esen . E s<br />

w a r e n in d e r R e g e l <strong>die</strong> T a p fe rs te n , <strong>die</strong>, w ie d er H e r r , v o r h e r b e te te n ;<br />

an d ere ta te n e s, w e n n sie ir g e n d w o s c h w c rv e rw u n d e t liegen b lieben.<br />

E s ist auch v ie l M ü d ig k e it d a g e w e s e n ; d en n <strong>die</strong> k ö rperliche u n d seelische<br />

A n s tr e n g u n g w a r g r o ß . M a n c h e r v e r g a ß <strong>die</strong> G e f a h r u n d schlief<br />

ein , w o er h ä tte w a c h e n so llen . A n d ere v e rlo re n im T o b e n d er S c h la c h t<br />

jede Ü b e rle g u n g u n d liefen dem T o d e g e ra d e w e g s in <strong>die</strong> A rm e . S o<br />

sieht d a s S t e r b e n in W irk lic h k e it a u s . L s k o m m t d a n n d er A u g e n ­<br />

blick, in dem au ch d e r w illig s te G e is t s p ü r t, d a ß d a s Hlcisch schw ach<br />

ist. w e r d a s n ich t g la u b e n w i l l , w e iß n ic h t v ie l v o m S te r b e n . D e r<br />

H e r r w u ß te e s. D a r u m h a t L r S e i n e J ü n g e r g e m a h n t: „ B e te t,<br />

a u f d a ß ih r n ic h t in A n fe c h tu n g f a lle t" ! B e te t v o r h e r ! I e s u s betet<br />

d re im a l <strong>die</strong>selben W o r t e : „ V a t e r , ist es m ö g lic h , so gehe <strong>die</strong>ser Ä clch<br />

v o n M i r . D o c h n ic h t M e in , so n d e rn D e in W i l l e geschehe", w a r u m )<br />

H a tte L r S e in e n I ü n g c r n n ich t v o r a u s g e s a g t, d a ß L r leiden u n d<br />

sterben m ü s s e ) w u ß t e L r n ic h t, d a ß L r a m d r itte n T a g e a u fe rste h e n<br />

w e r d e ) G e w i ß ! L r h a tte s o g a r S e l b e r S e i n e G e g n e r g e z w u n g e n , ih re<br />

P lä n e in s W e r k zu setzen. L r w a r feierlich in I c r u s a le m e in g ezo g en .<br />

L r h a tte <strong>die</strong> G e ld w e c h s le r u n d V e rk ä u fe r a u s d em T e m p e l g etrieb en .<br />

L r h a tte I u d a s , den V e r r ä te r , a u s dem I ü n g e r k r e is e n tlassen m it d er<br />

W e i s u n g : „ w a s d u t u n w ills t, d a s tu e b a l d ! " A lle in d a s h in d e rt<br />

n ic h t, d a ß L r jetzt b e te t: „ V a t e r , is t's m ö g lic h , so gehe <strong>die</strong>ser L elch<br />

v o n M i r ! " D e n n w e n n d e r T o d w irk lic h a u f u n s z u k o m m t, so stellt<br />

er <strong>die</strong> 8 r a g c : B is t d u dessen g e w iß , w a s d u g e g la u b t h a s t) M u ß es<br />

w irk lic h s e in ) B i s t d u b e re it, d ein en G la u b e n d u rc h <strong>die</strong> H in g a b e deines


Gedenktag der Gefallenen -77<br />

Lebens zu beweisen) Der Tod hat eine unheimliche Macht. Lr braucht<br />

sie, um alles in Zweifel zu ziehen, was wir <strong>für</strong> ganz gewiß halten<br />

und bereit sind, auf jede weise zu bezeugen. Diese Macht des Todes<br />

hat auch Lhristus gespürt. Lr hat mit ihm gerungen und ihn im<br />

Gebet überwunden. .<br />

Mancher unserer gefallenen Bruder ist leichten Herzens in den Arreg<br />

gezogen. L r wußte wohl, daß auf dem Schlachtfcldc der Tod der<br />

größte Herr ist, der hüben und drüben regiert. Ader er nahm es nicht<br />

so ernst. Gab es nicht gute Gründe, weshalb man gehen mußte) Aber<br />

als das Sterben Wirklichkeit wurde, als man mit eigenen Augen<br />

sah, wie es ist, kam ungerufcn und unausweichlich <strong>die</strong> Frage: M uß<br />

das sein) Müssen so viele Menschen, darunter <strong>die</strong> besten der Freunde<br />

und Lameradcn, <strong>die</strong>sen Reich trinken) w a r u m müssen sie es) w a s<br />

ist jenseits des Todes) Solche Fragen kommen in jedem Äriege; niemand<br />

kann sie zum Schweigen bringen, w a s nützen dann menschliche<br />

Überlegungen und Gründe) Sie zerbrechen an der Wirklichkeit des<br />

Todes. Nur eine einzige Antwort hält stand. Sie lautet: L s muß nach<br />

G o tte s w illen so sein. w e r <strong>die</strong>se Gewißheit nicht hat, hat auch<br />

nicht <strong>die</strong> Lraft zum Sterben, sondern wird schwach in der Stunde<br />

der Versuchung.<br />

Iesus Lhristus hätte auch in <strong>die</strong>ser Nacht noch fliehen können. Lr<br />

hatte Freunde genug in der Stadt, und man <strong>für</strong>chtete sich, Ih n bei<br />

Tage, mitten aus der Fcstmenge heraus, zu verhaften. Aber das wollte<br />

L r nicht. Lr blieb, wo Lr war, und nahm in Gehorsam auf Sich,<br />

was Gott Ihm zu tun befohlen hatte. Gottes Antwort auf Sein<br />

Gebet kam in doppelter weise. Ihm trat ein Bote aus der ewigen<br />

W elt zur Seite, in <strong>die</strong> L r durch Seinen Tod und durch Seine Auferstehung<br />

eingehen sollte. <strong>Das</strong> stärkte Ih n körperlich und geistig. <strong>Das</strong><br />

tröstliche Bild <strong>die</strong>ses Himmelsbotcn mag Ih n bis in Seinen Tod<br />

hinein begleitet haben. „Heute noch wirst du mit M ir im Para<strong>die</strong>se<br />

sein", hat L r zu dem Schächer gesagt. L r hat während der folgenden<br />

Stunden in jedem Augenblick der quälenden Nachtverhandlungcn, ja<br />

noch am Rreuze selbst Seine volle Geistesgegenwart behalten. Nur <strong>die</strong><br />

Last des Rreuzes ward Seinem geschwächten Lörper zu viel.<br />

Die andere Antwort auf Sein Gebet war das Erscheinen des Verräters.<br />

—<br />

S o ging alles ganz menschlich zu, und doch leuchtet uns gerade vom<br />

Beten Icsu im Garten Gethsemane <strong>die</strong> Herrlichkeit des Sohnes G ot­


Gedenktag der Gef allenen<br />

tes entgegen, der gehorsam war bis zum Tode, ja bis zum Tode am<br />

Lreuz. w e r eine Hilfe zum Sterben braucht, — hier kann er sie<br />

finden, w enn er zittert und zagt, — Christi Beispiel nimmt ihm alle<br />

falsche Scham. E r braucht sich selbst und anderen nichts vorzulügen.<br />

Aber er kann von Ihm auch lernen, wie <strong>die</strong>s Zittern und Zagen überwunden<br />

wird. w a s man vorher im Gebet durchgekämpft hat, braucht<br />

man nachher nicht mehr zu <strong>für</strong>chten, w e r zum Sterben fertig ist,<br />

kann auch sterben. <strong>Das</strong> haben viele, <strong>die</strong> im Äriege gefallen sind, vorher<br />

in ihren Briefen bezeugt. Sie sind in <strong>die</strong>sem Glauben getrost<br />

ihren schweren w e g gegangen. Gott segne sie, er segne auch u n s in<br />

unserer Sterbestunde.<br />

D ie Epistel<br />

5. Darum, da Lr in <strong>die</strong> Welt kommt,<br />

sprich: L.: „Opfer und Gaben hast Du<br />

Mir bereitet.<br />

b. Brandopfer und Sündopfer gefallen<br />

Dir nicht.<br />

7- Da sprach Ich: Siehe, Ich komme<br />

(im Buch steht von Mir geschrieben),<br />

daß Ich tue, Gott Deinen Willen."<br />

s. Nachdem Lr weiter oben gesagt<br />

hatte: „Opfer und Gaben, Brandopfer<br />

und Sündopfer hast Du nicht<br />

gewollt, sie gefallen Dir auch nicht"<br />

(welche nach dem Gesetz geopfert<br />

werden),<br />

g. da sprach Lr: „Siehe, Ich komme,<br />

zu tun, Gott, Deinen Willen." Da<br />

hebt Lr das Erste auf, daß Lr das<br />

ander« einsetze.<br />

?o. In <strong>die</strong>sem willen sind wir geheiligt<br />

auf Einmal durch das Opfer<br />

des Leibes Iesu Christi.<br />

Hebr. -o, s—-o<br />

Menschen bringen von ihrem Besitz Brot, w ein, Schmuckstücke, Gold<br />

oder gar <strong>die</strong> Erstgeburt als Opfer dar. w a s bedeutet das? — Sie<br />

glauben, daß sie Gott etwas geben müssen, damit E r sie mit schweren<br />

Schicksalsschlägen verschont oder ihnen ihre Sünde verzeiht, von<br />

solchen Opfern heißt es in der psalmstclle, <strong>die</strong> der Apostel heranzieht<br />

(ps- 40, 7—g): „Opfer und Gaben hast Du nicht gewollt". Denn<br />

Gott will den ganzen Menschen.<br />

Christus hat Sich Selber, d. i. den ganzen Menschen geopfert. Deshalb<br />

versteht der Apostel <strong>die</strong> nächsten W orte des psalm-.sten, als hätte<br />

Iesus Selber sie gesprochen: „Siehe, Ich komme, daß Ich tue, Gott,<br />

Deinen w illen". Dann fährt er fort und sagt: „Dieses letzte vollkommene<br />

Opfer hebt das erste auf". Für <strong>die</strong> äußeren Opfer ist jetzt<br />

eingesetzt „der Wille, in dem w ir geheiligt sind ein <strong>für</strong> alle M al durch<br />

das Opfer des Leibes Iesu Christi".<br />

w i r reden oft von den „Opfern" des Äriegcs und meinen damit,<br />

daß <strong>die</strong> Toten, <strong>die</strong> an der A ont g esagt sind, ihr Leben hingegeben


Geben ktag der Gefallenen<br />

r/S<br />

haben, damit <strong>die</strong> Heimat von den Schrecken des Äriegcs verschont<br />

blieb. Davon gilt, was der Apostel Paulus Römer s, 7 sagt, daß<br />

„um des Guten willen vielleicht einer sein Leben wagt". w i r wollen<br />

ihm da<strong>für</strong> dankbar sein. Ein Sühnopfer an G o tt ist nur das Opfer<br />

des Leibes und Blutes Christi. I n ihm sind w ir geheiligt ein <strong>für</strong><br />

allemal. Denn darin erweist sich Gottes Liebe gegen uns, daß „Lhristus<br />

<strong>für</strong> uns gestorben ist, da wir noch Sünder waren". An <strong>die</strong>sem<br />

Opfer Christi haben wir teil, wenn w ir das Heilige Abendmahl feiern.<br />

Darum haben zu Beginn der Äriege viele am Tisch des Herrn teilgenommen,<br />

ehe sie in den Dampf zogen.<br />

D a s Lied des Tages<br />

w e n n w ir in höchsten Nöten sein.<br />

Dieses Lied ist einst in der Not der Glaubenskämpfe nach Luthers<br />

Tode gesungen worden. E s ist getragen von lebendiger und starker<br />

Zuversicht. Unsere Vater und Vorväter haben sich in Zeiten der Anfechtung<br />

und Bedrängnis mit <strong>die</strong>sem Liede immer wieder Trost, M ut<br />

und Hoffnung ins Herz gesungen. Ganze <strong>Gemeinde</strong>n standen, nachdem<br />

sie es gemeinsam gebetet hatten, neu gekräftigt auf, auch wenn sie<br />

wußten, daß sie den W eg des Leides und des Todes gehen würden.<br />

Von der Hingabe des Lebens in Gottes w illen redet ein anderes Lied<br />

unseres Gesangbuches aus der gleichen Zeit:<br />

w a s mein Gott w ill, das g'schch allzeit, Sein w i l l der<br />

ist der beste.<br />

Aus reicher Erfahrung sprechend, hat es Ungezählte in <strong>die</strong> eigene<br />

gläubige Erfahrung von Lreu; und Trost hineingeführt (siehe Liedbesprechung<br />

am )ö. Sonntag nach Trinitatis).<br />

D a s Gebet des Tages<br />

Herr G ott, lieber himmlischer Vater, wir bitten Dich, gib uns den<br />

Geist der Liebe, der Treue, der Zucht und des Gehorsams, daß, so<br />

wir Hab und G ut, Leben und B lu t hingeben, es tun im Glauben<br />

an Ih n , der S e in Leben <strong>für</strong> uns gegeben hat, Iesum Christum,<br />

unsern Herrn, der mit D ir und dem Heiligen Geiste lebet und regieret,<br />

hochgelobt in Ewigkeit. Amen.


so<br />

Woche des Sonntags Okuli<br />

Okuli<br />

Okuli heißt: „Meine Augen". Der alte Lingangsspruch der Liturgie <strong>die</strong>ses<br />

Sonntagcs lautet: „Meine Augen sehen stets zu dem Herrn; denn Lr wird<br />

meinen Fuß aus dem Netze ziehen, wende Dich zu mir und sei mir gnädig;<br />

denn ich bin einsam und elend. Nach Dir, Herr, verlanget mich; mein Gott,<br />

ich hoffe auf Dich; laß mich nicht zu Schanden werden" (psalmrs,zs.?ö.).r).<br />

D es Menschen Sohn ist nicht gekommen, daß L r Sich <strong>die</strong>nen<br />

lasse, sondern daß L r <strong>die</strong>ne und gebe S ein Leben zu einer Lrlösung<br />

<strong>für</strong> viele. Matthäus ro, r»<br />

>4- Und Lr trieb einen Teufel aus,<br />

der war stumm. Und es geschah, da<br />

der Teufel ausfuhr, da redete der<br />

Stumme. Und das Volk verwunderte<br />

sich.<br />

?s. Etliche aber unter ihnen sprachen:<br />

Lr treibt <strong>die</strong> Teufel aus durch Beelzebub,<br />

den Obersten der Teufel.<br />

?b. Die andern aber versuchten Ihn<br />

und begehrten ein Zeichen von Ihm<br />

vom Himmel.<br />

!7- Lr aber erkannte ihre Gedanken<br />

und sprach zu ihnen: Lin jcglich Reich,<br />

so es mit sich selbst uneins wird, das<br />

wird wüste; und ein Haus fällt über<br />

das andere.<br />

?r. Ist denn der Satanas auch mit<br />

sich selbst uneins, wie will sein Reich<br />

bestehen) <strong>die</strong>weil ihr sagt, Ich treibe<br />

<strong>die</strong> Teufe! aus durch Beelzebub.<br />

So aber Ich <strong>die</strong> Teufel durch<br />

Beelzebub austrcibc, durch wen treiben<br />

sie eure Linder aus) Darum werden<br />

sie eure Richter sein.<br />

ro. So Ich aber durch Gottes Finger<br />

<strong>die</strong> Teufel austrcibc, so kommt ja das<br />

Reich Gottes zu euch.<br />

ri. wenn ein starker Gewappneter<br />

seinen Palast bewahrt, so bleibt das<br />

Seine mit Frieden.<br />

D as Lvangelium<br />

rr. wenn aber ein Stärkerer über<br />

ihn kommt und überwindet ihn, so<br />

nimmt er ihm seinen Harnisch, darauf<br />

er sich verließ, und teilt den Raub<br />

aus.<br />

rs. Wer nicht mit Mir ist, -er ist<br />

wider Mich; und wer nicht mit Mir<br />

sammelt, der zerstreuet.<br />

24- wenn der unsaubre Geist von<br />

dem Menschen ausführt, so durchwandelt<br />

er dürre Stätten, sucht Ruhe und<br />

findet sie nicht; so spricht er: Ich will<br />

wieder umkehren in mein Haus, daraus<br />

ich gegangen bin.<br />

rs. Und wenn er kommt, so findet er's<br />

mit Bcsemcn gekehrt und geschmückt,<br />

rö. Dann geht er hin und nimmt sieben<br />

Geister zu sich, <strong>die</strong> ärger sind denn<br />

er selbst: und wenn sie hineinkommen,<br />

wohnen sie da, und es wird hernach<br />

mit demselben Menschen ärger denn<br />

zuvor.<br />

r?. Und es begab sich, da Lr solches<br />

redete, erhob ein Weib im Volk <strong>die</strong><br />

Stimme und sprach zu Ihm: Selig<br />

ist der Leib, der Dich getragen hat,<br />

und <strong>die</strong> Brüste, <strong>die</strong> Du gesogen hast.<br />

rr. Lr aber sprach: Ia, selig sind, <strong>die</strong><br />

das Wort Gottes hören und bewahren.<br />

Luk. i i, ,4—rr


Sonntag «Okuli<br />

rr-<br />

Für viele Menschen ist, wenn sie von den Wundern Iesu hören, <strong>die</strong><br />

wichtigste und schwierigste Frage -ie, ob sie auch wirklich geschehen<br />

seien. <strong>Das</strong> kommt daher, weil ein verkehrter Glaube an <strong>die</strong> Wissenschaft<br />

uns eingeredet hat, alles, was in <strong>die</strong>ser W elt geschieht, müßte<br />

sich natürlich erklären und begreifen lassen. <strong>Das</strong> ist jedoch ein Irrtum .<br />

<strong>Das</strong> Gegenteil ist richtig. Ie mehr man von der W eit erkennt, um so<br />

mehr Rätsel gibt sie auf. w o der Glaube stark ist, da geschehen auch<br />

heute noch Wunder, <strong>die</strong> kein Mensch erklären und begreifen kann.<br />

Für <strong>die</strong> Augenzeugen der Wunder Iesu war das auch nicht <strong>die</strong> wichtigste<br />

Frage, ob sie wirklich geschehen seien oder nicht. Denn daran<br />

konnten sie nicht zweifeln. Die wichtigste Frage war <strong>für</strong> sie vielmehr:<br />

w oher hat Iesus <strong>die</strong> Lraft, solche Wunder zu tun) Da gab es einige,<br />

<strong>die</strong> sagten: L r steht selber mit dem Teufel im Bunde, sonst<br />

könnte er dergleichen nicht tun. Andere erklärten: Diese Heilungswunder<br />

überzeugen uns nicht. L s müssen Naturwunder sein. w enn<br />

Lr also etwa -ie Sonne oder den Mond stillstehen oder B lut regnen<br />

ließe, dann wollten w ir glauben, daß Lr Gottes Sohn ist.<br />

Hieraus mögen wir ersehen, daß es nicht wahr ist, wenn man uns<br />

immer wieder sagt: Ih r Christen müßt durch eure Werke zu überzeugen<br />

suchen, den Worten glaubt man nicht. Richtig ist, daß der<br />

Glaube nicht ohne Werke bleiben darf, wenn er rechter Glaube ist.<br />

Aber <strong>die</strong> Werke allein nützen auch nichts, w enn einer durchaus nicht<br />

glauben will, überzeugen ihn auch <strong>die</strong> größten und besten Werke nicht.<br />

L r findet dann immer etwas daran auszusetzen oder er schiebt ihnen<br />

einen falschen Beweggrund unter. L s heißt dann: Nun ja, <strong>die</strong> christliche<br />

Äirche übt eine ausgebreitete Liebestätigkeit. Aber warum tut<br />

sie das) Ist nicht auch kirchlicher Eigennutz dabei) Die Christen sollen<br />

erst so Licbestätigkcit üben, wie wir es wünschen, dann wollten<br />

wir ihnen — vielleicht glauben, daß ihr Christentum echt ist.<br />

Ls kann einem Menschen kaum etwas Schmerzlicheres geschehen als<br />

<strong>die</strong>s. Denn wie soll man sich solchen böswilligen vorwürfen gegenüber<br />

verteidigen) w a s kann man solchen Leuten noch sagen, <strong>die</strong> absichtlich<br />

alles ins Schlechte kehren und da vom T eufel reden, wo<br />

G o tt am Werke ist) w en n wir das erleben, dann werden w ir entweder<br />

traurig oder es packt uns der Zorn. Iesus aber ist ganz ruhig<br />

geblieben und hat Sich so verteidigt, daß der giftige Pfeil, den Seine<br />

Feinde gegen Ih n abgeschossen haben, auf sie selber zurückflog.


Woche des Sonntags Dkuli<br />

L r geht zunächst auf den vorw urf ein, der Ihm gemacht wird, und<br />

sagt dem Sinne nach so: Gesetzt, es käme vor, daß ein Teufel durch<br />

den andern ausgetricbcn wird (das kommt ja wirklich manchmal vor!),<br />

so folgt daraus, daß im Reiche des Teufels Uneinigkeit herrscht. Lin<br />

Reich, das mit sich selber uneins ist, kann aber keinen Bestand haben,<br />

w enn es also richtig wäre, was ihr sagt, dann würde daraus folgen,<br />

daß <strong>die</strong> Herrschaft des Teufels im vergehen begriffen ist, und daß <strong>die</strong><br />

Herrschaft Gottes kommt. Damit aber niemand denkt, L r mache sich<br />

<strong>die</strong>se Voraussetzung zu eigen, fährt L r fort: Dies sage Ich nur, weil<br />

ihr behauptet, Ich triebe <strong>die</strong> Teufel aus durch Beelzebub, den Obersten<br />

der Teufel.<br />

Soweit ist Seine Antwort noch Verteidigung; im nächsten Satz aber<br />

geht L r schon zum Angriff über. Denn nun sagt L r: L s gibt doch<br />

auch unter euch berufsmäßige Tcufelsbeschwörcr. Stehen <strong>die</strong> etwa<br />

auch mit dem Teufel im Bunde? Luer Vorwurf trifft euch ja selber,<br />

w o llt ihr ihn aber <strong>für</strong> euch selber und eure Schüler nicht gelten<br />

lassen, so gilt er auch nicht <strong>für</strong> Mich. Dann ist also in dem, was ihr<br />

seht, Gottes 8ingcr am Werk, und es folgt genau so, daß Sein Reick<br />

schon da ist.<br />

Aber dann ist es, als ob der Herr <strong>die</strong>ser Streitreden satt wäre.<br />

Denn nun geht Lr auf <strong>die</strong> Sache selber ein und fragt: w e r kann<br />

denn überhaupt Teufel ausweiden? w e r das will, muß doch erst<br />

mit dem Teufel gekämpft und ihn überwunden haben. Lrst darnach<br />

kann er ihn entwaffnen und seine Waffen als Beute austeilen. Hätte<br />

Ich nicht vorher den Lampf mit dem Teufel bestanden, so könnte Ich<br />

keinen einzigen <strong>die</strong>ser Besessenen heilen. Hier läßt L r uns <strong>für</strong> einen<br />

Augenblick in Seine Seele hineinblicken, so daß w ir sehen, wie Lr<br />

Sein Amt angefaßt hat. L s war ein ständiger Lampf mit dem Teufel<br />

um <strong>die</strong> Menschen, w ie ein 8eldherr steht Lhristus da. w enn <strong>die</strong><br />

Schlacht tobt, gibt es <strong>für</strong> Ih n keine Neutralen. Dann gibt es nur<br />

8reund oder 8"nd. S o sagt der Herr: „ w e r nicht <strong>für</strong> Mich ist, der<br />

ist wider Mich. w e r nicht mit M ir sammelt, der zerstreut". Daran<br />

sollten wir denken, wenn des Hin- und Herredens gar kein Lnde werden<br />

will!<br />

Darnach erklärt Iesus, wie es zugeht, daß manche, nachdem sie schon<br />

einmal geheilt waren, wieder rückfällig werden, und weshalb es dann<br />

schlimmer zu sein pflegt, als vorher. Gibt es solche, <strong>die</strong> dem Bösen<br />

ohne Hoffnung verfallen sind? Gibt es solche, <strong>die</strong> vorherbestimmt sind


Sonntag Okuli<br />

r»s<br />

zur Verdammnis) <strong>Das</strong> sind Fragen, von denen alle gequält werden,<br />

<strong>die</strong> gegen ihren eigenen w illen immer wieder Rückfälle erleben. W er<br />

vermag sie zu trösten und wer ihnen zu helfen) Nur wer viel Geduld<br />

hat und noch mehr Liebe.<br />

Line Frau, <strong>die</strong> Iesus zugehört hat, kann nicht an sich halten vor Verwunderung.<br />

Sie preist <strong>die</strong> Mutter, <strong>die</strong> einen solchen Sohn geboren<br />

hat. Sie möchte wohl selber gern <strong>die</strong> Mutter <strong>die</strong>ses Sohnes sein. Die<br />

Ahnungslose! Sie wußte nicht, was der Maria bevorstand. Iesus<br />

tadelt sie nicht, aber L r dämpft <strong>die</strong>se frauenhafte Begeisterung, wenn<br />

L r sagt: „Ia, ja, selig sind, <strong>die</strong> Gottes W ort hören und bewahren,<br />

w a s wir hier hären, rührt an <strong>die</strong> letzten und tiefsten Fragen unseres<br />

Glaubens, nämlich an das Geheimnis der göttlichen Gnadenwahl.<br />

L s geht in <strong>die</strong>ser ganzen Auseinandersetzung um <strong>die</strong> Frage, ob Jesus<br />

Lhristus Gottes Sohn ist. Sie wird zuletzt nicht mehr durch Gründe<br />

entschieden, wirklicher Glaube und wirkliche Liebe haben keine<br />

Gründe. Sie sagen: Ich kann nicht anders! Denn was wir meinen<br />

begründen zu können und begründen zu müssen, kann jederzeit auch<br />

durch Gründe wieder entkräftet werden. Darum ist oft der Glaube<br />

der „verständigen" so schwach und der der „Einfältigen" so stark.<br />

Möge Gott uns solchen einfältigen S inn geben, der Sein W ort hört<br />

und bewahrt in einem fröhlichen und stillen Herzen.<br />

So seid nun Gottes Nachfolger als<br />

<strong>die</strong> lieben Linder<br />

r. und wandelt in der Liebe, gleichwie<br />

Lhristus uns hat geliebt und Sich<br />

Selbst dargegeben <strong>für</strong> uns zur Gabe<br />

und Opfer, Gott zu einem süßen Geruch.<br />

s. Hurerei aber und alle Unceinigkeit<br />

oder Geiz lasset nicht von euch gesagt<br />

werden, wie den Heiligen zusteht,<br />

4. auch nicht schandbare Worte und<br />

Narrenteidingc oder Scherze, welche<br />

euch nicht ziemen, sondern vielmehr<br />

Danksagung.<br />

5. Denn das sollt ihr wissen, daß kein<br />

D ie Epistel<br />

Hurer oder Unreiner oder Geiziger,<br />

welcher ist ein Götzen<strong>die</strong>ner, Erbe hat<br />

in dem Reich Christi und Gottes.<br />

S. Lasset euch niemand verführen mit<br />

vergeblichen Worten; denn um <strong>die</strong>ser<br />

Dinge wil'en kommt der Zorn Gottes<br />

über <strong>die</strong> Linder des Unglaubens.<br />

7. Darum seid nicht ihre Mitgenossen.<br />

s. Denn ihr wäret weiland Finsternis:<br />

nun aber seid ihr ein Licht in den,<br />

Herrn.<br />

g. wandelt wie <strong>die</strong> Linder des Lichts<br />

— <strong>die</strong> Frucht des Geistes ist allerlei<br />

Gütigkeit und Gerechtigkeit und<br />

Wahrheit —. Lph. s, 1—g<br />

Gott sandte Seinen Sohn in <strong>die</strong> W elt. <strong>Das</strong> war eine Tat der Liebe,<br />

w o h in Lhristus kommt, fliehen <strong>die</strong> Teufel. Denn der Böse kann <strong>die</strong>


»4<br />

Woche des Sonntags «vkuli<br />

Liebe, <strong>die</strong> zugleich Wahrheit ist, nicht ertragen. L r will den Haß<br />

und <strong>die</strong> Lüge. Darum müssen <strong>die</strong> Teufel ausführen, wenn Lhristus<br />

ihnen begegnet.<br />

w o <strong>die</strong> Menschen an Iesus Lhristus glauben, da kommt <strong>die</strong>se Liebe,<br />

<strong>die</strong> zugleich Wahrheit ist, auch zu ihnen und über sie. Sie treibt<br />

dann <strong>die</strong> bösen Geister aus, <strong>die</strong> sie gefangen halten. Genannt werden<br />

hier drei: Unreinheit, Geldgier und faules Geschwätz. Ihre Macht<br />

beruht darauf, daß sie dem Menschen Lust versprechen. Aber hinterher<br />

betrügen sie. w e r bleibt unbefleckten Herzens, der seinen Trieben hemmungslos<br />

nachgibt? w e n macht das Geld nicht hart und schließlich<br />

krank? w e r spürte nicht jenen üblen Nachgeschmack auf -er Zunge,<br />

der zurückbleibt, wenn Menschen ihre Langeweile mit faulem Geschwätz<br />

haben überwinden wollen? Paulus mahnt hier <strong>die</strong> Lpheser,<br />

daß sie es nicht ebenso machen sollen wie Gottes ungehorsame Sohne.<br />

Damit meint L r <strong>die</strong> Iuden. L r kennt ihre Laster: Unreinheit, Geldgier<br />

und faules Geschwätz. Aber sind es nur Laster -er Iuden? Den<br />

Lastern stellt L r <strong>die</strong> Früchte des Lichts entgegen: Güte, Gerechtigkeit<br />

und Wahrheit, w o sind sie zu finden? Der Apostel sagt: Da, wo das<br />

Licht Christi <strong>die</strong> Finsternis h^ser W elt vertrieben hat, <strong>die</strong> ihren Haß,<br />

ihre Ungerechtigkeit und Verlogenheit hinter schönen Redensarten zu<br />

verbergen trachtet.<br />

D a s Lied der Woche<br />

Lin Lämmlein geht und trägt <strong>die</strong> Schuld<br />

Die Äirche kennzeichnet <strong>die</strong> Hingabe des Heilandes in Not und Tod<br />

und Seine Siegeskraft über Not und Tod gern mit zwei sinnkräftigen<br />

Bildern. Als mächtig cinherschreitender Sieger über Sünde und<br />

Tod wird Lhristus der Löwe genannt, als duldender Überwindet wird<br />

Lr mit dem (Opferlamm verglichen. Beide Bilder sind der Heiligen<br />

Schrift entnommen, das des Löwen aus der Offenbarung S t. Io -<br />

hannis (s, s), das des Lammes Gottes aus dem Evangelium des J o ­<br />

hannes (?, rg. 3ö), wo Johannes von Iesus sagt: „Siehe, das ist<br />

Gottes Lamm, welches der W elt Sünde trägt". S o gewiß Geduld<br />

ein Zeichen gesammelter Lraft und Selbstbeherrschung ist, so gewiß<br />

wird durch das Bild vom Lamm Gottes nicht nur gesagt, daß Lhristus<br />

Sich den tvpfcrtod gefallen ließ, sondern daß L r <strong>die</strong>sen Tod in<br />

gehorsamer Selbstüberwindung trug. <strong>Das</strong> Bild vom Lamm Gottes<br />

gibt unserm wochcnlied das Gepräge. <strong>Das</strong> Lied richtet unsere Ge­


versprengte Herrenwort«<br />

rrs<br />

danken auf das Ganze des Leidens Christi, von Seiner inneren Bereitschaft<br />

und Seinem Gehorsam gegen Gottes w illen bis hin zu Seinem<br />

Tod, der der Menschheit <strong>die</strong> Erlösung bringt. L s gehört in <strong>die</strong> erste<br />

Hälfte der passionszcit.<br />

w i r begnügen uns mit den fünf Strophen -. r. 3. s. (4.) 6- (s.)> <strong>die</strong><br />

von besonderer Kraft sind. Sie beginnen mit der Erlösungstal Christi<br />

(z. u. r). Es folgt <strong>die</strong> gläubige Versenkung in Gottes Ratschluß, der<br />

als Zwiesprache Gottes mit Lhristus kund wird (r u. 3). Die <strong>Gemeinde</strong><br />

der Erlösten gelobt <strong>die</strong> Hingabe (4 u. 5). „Mein Lcbetage will<br />

ich Dich aus meinem S inn nicht lassen." „Ich will von Deiner Lieblichkeit<br />

bei Nacht und Tage singen, mich selbst auch Dir nach Möglichkeit<br />

(d. h. so gut ich vermag) zum Freudenopfer bringen."<br />

<strong>Das</strong> Lied führt <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> auf <strong>die</strong> Höhe des Glaubenslebens. Zwei<br />

Höhepunkte selber ragen aus den fünf ersten Strophen hervor: Die<br />

Verkündigung der Lrlöscrtai Gottes in Lhristus und ihre dankbare<br />

Aneignung durch <strong>die</strong> Gläubigen.<br />

D a s Gebet der Woche<br />

Allmächtiger, ewiger G ott, der D u <strong>für</strong> uns D einen S oh n des<br />

Lreuzes Pein hast leiden lassen, auf daß D u des Feindes G ew alt<br />

von uns triebest, verleihe uns, S e in Leben also zu begehen, daß wir<br />

dadurch Vergebung der Sünden und Erlösung vom ewigen Tode<br />

erlangen, durch denselben Deinen S oh n , Jesum Christum, unsern<br />

Herrn. Amen.<br />

Versprengte Herrenworte<br />

„Hcrr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens"<br />

(Ioh. t>, öz). Dieses Bekenntnis des Petrus bringt schlicht und knapp zum Ausdruck,<br />

was Jesu Worte <strong>für</strong> Seine Kirche bedeuten: sie schöpft aus ihnen<br />

Leben aus Gott. Darum ist es ein Schatz, daß uns auch außerhalb des Neuen<br />

Testamentes, auf Papyrusblattcrn, in den Schriften alter Kirchenvater und<br />

anderweitig, Worte Jesu erhalten sind, <strong>die</strong> man als „versprengte Hcrrenwortc"<br />

bezeichnet. Freilich ist bei weitem das Meiste dessen, was uns außerhalb<br />

des Neuen Testamentes als angebliches Wort Iesu begegnet, wertlos.<br />

<strong>Das</strong> liegt vor allem daran, daß <strong>die</strong> schon im ersten nachchristlichen Jahrhundert<br />

aufkommende Irrlehre (Gnosis) kein Bedenken gehabt hat, ihre eigenen Gedankengänge<br />

Jesus in den Mund zu legen und Iesusworte frei zu erfinden.


v<br />

Woche des Sonntags Okuli<br />

So kommt es, daß sich unter unendlich viel Geröll und Schutt nur wenige<br />

köstliche Edelsteine finden. Aber von einigen der versprengten Hcrrcnworte darf<br />

doch gesagt werden, daß sie mit großer Wahrscheinlichkeit als echte Jesusworte<br />

angesehen werden können, oder daß sie zum mindesten, auch wenn sie in<br />

der ältesten <strong>Gemeinde</strong> ihre Prägung erhalten haben sollten, Zeugnisse Seines<br />

Geistes sind. Zu ihnen gehören <strong>die</strong> folgenden Worte.<br />

-.E in Auf ruf zur Entscheidung.<br />

(Ongines, der großes Gelehrte der alten Lirche, der um rs4 starb, sagt in<br />

einer Textauslegung, daß man Jesus folgendes Wort zuschreibe:<br />

„ w e r M ir nahe ist, ist dem Heuer nahe,<br />

wer Mir fern ist, ist dem Reiche fern".<br />

Dieses Wort trägt schon in der scharfen Gegenüberstellung, <strong>die</strong> sich so oft<br />

in Jesu Worten findet, echte Züge, aber auch darin, daß es Halbentschlossene<br />

abschrecken will (vgl. Matth. s, )g. ro). Meine Nähe, sagt Jesus, ist Nähe<br />

des Heuers! Nämlich des Feuers der Trübsal, des L.sides, der Verfolgung. <strong>Das</strong><br />

soll sich jeder klar machen, der Jesus nachfolgen will. Nicht Glück und Freude<br />

verheißt Lr ihm, sondern das Heuer der Trübsal, das <strong>die</strong> Schlacken des alten<br />

Wesens ausschmelzt. Jesu Nachfolge ist w eg durchs Heuer, ist Lreuztragcn,<br />

ist Passionsweg. Schreckt dich das? willst du lieber zurück? Dann wisse:<br />

„wer Mir fern ist, ist dem Reiche fern", w er Jesu Jüngerschaft ausschlägt,<br />

der schließt sich aus vom Reiche Gottes.<br />

r. Ein W ort über das Beten.<br />

Derselbe tvrigines überliefert mehrfach das folgende Herrenwort:<br />

B ittet um das Groß«,<br />

so wird G ott euch das Äleine hinzutun;<br />

und bittet um das Himmlische,<br />

so wird G ott euch das Irdische hinzutun.<br />

Dieses Wort ist dem Spruch der Bergpredigt aufs engste verwandt, den wir<br />

Matthäus ö, 83 lesen: „Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes und nach<br />

seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen". Unser Wort wendet<br />

den Gedanken auf das Beten an. Auch vom Beten gilt, daß Jesu Jünger<br />

nach dem Großen trachten sollen und nicht nach dem Riemen, nach dem<br />

Himmlischen und nicht nach dem Irdischen, nach Gottes Reich und willen<br />

und nicht nach der Erfüllung der eigenen Wünsche. So hat es ja Jesus im<br />

Vaterunser Seine Jünger gelehrt, zuerst zu bitten um <strong>die</strong> Heiligung des<br />

Gottesnamcns, um Gottes Reich und <strong>die</strong> Erfüllung des göttlichen willens.<br />

Nicht, als ob Jesu Jünger nicht auch ihre Nöte vertrauensvoll in des Vaters<br />

Hand legen dürften! Aber <strong>die</strong> Alltagssorge und <strong>die</strong> Alltagsnot darf nicht der


versprengt« Hcrrenworte<br />

beherrschende Mittelpunkt ihres Bctens sein, und sie braucht es nicht zu sein,<br />

weil sie wissen: das „Llcinc", das „Irdische" wird der himmlische Vater von<br />

selbst hinzutun.<br />

3. Ein W ort von der wahren Brüderlichkeit.<br />

Der Lirchenvater Hieronymus berichtet, daß er im Hebräerevangelium da«<br />

folgend« Icsuswort gelesen habe:<br />

Und niemals sollt ihr fröhlich sein,<br />

wenn ihr euren Bruder nicht in Liebe anseht.<br />

Dieses Wort entspricht voll und ganz dem, was Iesus in den Evangelien über<br />

<strong>die</strong> wahre Brüderlichkeit sagt. w ie Seine Iünger jedes haßerfüllte, ja auch nur<br />

verächtliche Wort gegen den Bruder meiden sollen (Matth. s, rr), wie sie<br />

bedenken sollen, daß jedes Zerwürfnis mit dem Bruder sie von ihrem Gott<br />

trennt (Matth. 5, rsf.), so darf es auch <strong>für</strong> einen Iünger Iesu keine Freude<br />

geben, wenn er seinen Bruder nicht „in Liebe ansehen" kann. Daran sollen<br />

Iesu Iünger prüfen, ob ihre Jüngerschaft echt ist. Denn zur echten Jüngerschaft<br />

gehört «»geheuchelte Bruderliebe, <strong>die</strong> es als Schmerz empfindet, wenn<br />

das Verhältnis zum Bruder gestört ist.<br />

4. vom Segen der Arbeit.<br />

Auf einem zrgy in Ägypten gefundenen Papyrusblatt fand sich mitte» unter<br />

aus den Evangelien bekannten Jcsusworten auch das folgende unbekannte<br />

Hcrrenwort:<br />

wecke den S tein — und du wirst Mich dort finden;<br />

spalte das Holz — und Ich bin da.<br />

Dieses herrliche Wort vom Gegen der Arbeit ist eng verwandt mit Matthäus<br />

zs, ro: „Wo zwei oder drei versammelt sind in Meinem Namen, da bin Ich<br />

mitten unter ihnen", w ie hier Jesus Seine unsichtbare Gegenwart denen verheißt,<br />

<strong>die</strong> in Seinem Namen ihre Hände aufheben, so verheißt Lr sie in <strong>die</strong>sem<br />

Wort den Seinen, wenn sie harte Arbeit tun. Mit Absicht sind zwei Beispiele<br />

harter, schwerer Männerarbeit genannt: <strong>die</strong> Arbeit im St.m b uch und <strong>die</strong> Arbeit<br />

des Holzfällers. Gerade <strong>die</strong> schwere körperliche Arbeit kann so leicht sinnlos erscheinen.<br />

Nein, sagt Jesus, auch <strong>die</strong> härteste Arbeit bat <strong>für</strong> Meine Jünger einen<br />

Glanz verborgener Herrlichkeit^ Er, der Herr, ist überall da, wo <strong>die</strong> Seinen<br />

treu ihr« Pflicht tun. Seine unsichtbare Gegenwart heiligt ihre Alltagsarbeit<br />

und macht sie zum Gottes<strong>die</strong>nst: „wecke den Stein — und du wirst Mich<br />

dort finden; spalte das Holz — und Ich bin da."<br />

s. Ein W ort der Heilandsliebe.<br />

«vrigincs erwähnt in seiner Erklärung des Matthäusevangeliums ein Hcrrcnwort,<br />

das Jesu ganzes Lrdcnwirkcn zusammenfaßt:


Woche des Sonntags «vkuli<br />

w egen der Kranken war Ich krank,<br />

wegen der Hungernden hungerte Ich,<br />

wegen -er Dürstenden dürstete Ich-<br />

„Ich war krank", „Ich war hungrig", „Ich war durstig", sagt der Herr in<br />

der Schilderung des Weltgerichts (Matth. rs, 35 f. 4rf.). Unser Wort fügt<br />

den Grund hinzu, der den Gottessohn bewog, alle <strong>die</strong>se Nöte auf Sich zu<br />

nehmen. Lr tat es aus Liebe. Lr tat es als der Gottcsknecht, der Sich freiwillig<br />

in <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> der Kranken und Notleidenden stellte, um sie zu erlösen<br />

(Matth. r, )7; Ies. 53). Lr tat es als der Hohepriester, der „in allen<br />

Dingen Seinen Brüdern gleich wurde, auf daß Lr barmherzig würde und ein<br />

treuer Hoherpricster vor Gott, zu sühnen <strong>die</strong> Sünden des Volkes" (Hebr.r,j7).<br />

Daß <strong>die</strong> Kranken und <strong>die</strong> Armen Ihm gehören, das hat Lr ihnen dadurch gesagt,<br />

daß Lr um ihretwillen krank, hungrig und durstig war, bis zur letzten<br />

Stunde, in der Lr rief: „Mich dürstet" (Ioh. rr).<br />

rg. Des andern Tages sieht Iohannes<br />

Icsum zu ihm komme» und spricht:<br />

Siehe, das ist Gottes Lamm, welches<br />

der Welt Sünde trägt!<br />

so. Dieser ift's, von dem ich gesagt<br />

hab«: Nach mir kommt ein Mann,<br />

welcher vor mir gewesen ist; denn Lr<br />

war eher denn ich.<br />

3>. Und ich kannte Ihn nicht; sondern<br />

auf daß Lr offenbar würde in Israel,<br />

darum bin ich gekommen, zu taufen<br />

mit Wasser.<br />

sr. Und Iohannes zeugte und sprach:<br />

Ich sah, daß der Geist Herabfuhr wie<br />

eine Taube vom Himmel und blieb<br />

auf Ihm.<br />

*<br />

M ontag nach (vkuli<br />

33. Und ich kannte Ihn nicht; aber<br />

Der mich sandte, zu taufen mir Wasser,<br />

Der sprach zu mir: Auf welchen<br />

du sehen wiest den Geist herabfahren<br />

und auf Ihm bleiben, der ist's, der mit<br />

dem Heiligen Geist tauft.<br />

34. Und ich sah es und zeugte, daß<br />

<strong>die</strong>ser ist Gottes Sohn.<br />

5 5. Des andern Tages stand abermals<br />

Johannes und zwei seiner Iünger.<br />

3d. Und als er sah Icsum wandeln,<br />

sprach er: Siehe, das ist Gottes<br />

Lamm!<br />

37. Und <strong>die</strong> zwei Iünger hörten ihn<br />

reden und folgten Iesu nach.<br />

Ioh. ,, rg—37<br />

Iohannes der Täufer predigt in der wüste. Scharen von Menschen<br />

umgeben ihn, <strong>die</strong> nach dem Erlöser fragen. L r aber, der Gottessohn,<br />

ist mitten unter sie getreten, ohne daß sie Ih n kennen. Nur dem Glaubcnsaugc<br />

des Iohannes bleibt E r nicht verborgen; war es doch erleuchtet<br />

durch <strong>die</strong> Botschaft der Propheten, daß der Erlöser alle Last<br />

der W elt auf Sich nehmen werde. Nun steht Jesus vor ihm und begehrt<br />

<strong>die</strong> Sündcrtaufe. Daran wird es dem Täufer deutlich: Dieser ist<br />

der von Gott verheißene: Line Stimme aus der oberen W elt bestätigt<br />

es. Von Ihm wissen und Ih n verkündigen ist eins. Iohannes ruft


Woch« Scs Sonntags Dkuli<br />

es seinen Jüngern zu: Seht, das ist der Mann Gottes, -er Sich <strong>für</strong><br />

<strong>die</strong> W elt opfert! Die Jünger hören es; ihr Blick ist auf Jesus gerichtet.<br />

Jesus ruft sie zu Sich. w a s ist geschehen) Hatten sie Ih n gesucht<br />

und gefunden) Oder ist E r ihnen zuvor gekommen) während<br />

sie bei Ihm bleiben, wird es ihnen zur Gewißheit: Ehe sie I h n geschaut<br />

und erkannt haben, hat E r sie geliebt und berufen. Nicht sie<br />

haben Ih n erwählt, sondern Er hat sie erwählt. Seine Liebe und Sein<br />

Ratschluß kommen aus der Ewigkeit des lebendigen Gottes.<br />

Über der ersten Begegnung Jesu mit den Seinen steht wie ein fernes<br />

Bild das Äreuz von Golgatha. <strong>Das</strong> ist so geblieben, w o christliche<br />

G em einschaft erwächst, steht sie u n ter dem Ärcuz und<br />

gründet sich auf Jesu Tod. — I n Seinen Tod sind auch wir getauft<br />

und gleich jenen Jüngern zur Gemeinschaft mit Ihm gerufen!<br />

Die andere Lesung: Lukas 4, rr—so.<br />

D ienstag nach Vkuli<br />

17. Und sintemal ihr Den zum Vater<br />

anruft, der ohne Ansehen der Person<br />

richtet nach eines jeglichen Werk, so<br />

führet euren Wandel, solange ihr hier<br />

wallet, mit Furcht<br />

I S. und wisset, daß ihr nicht mit vergänglichem<br />

Silber oder Gold erlöst<br />

seid von eurem eitlen Wandel nach<br />

väterlicher Weise,<br />

; y. sondern mit dem teuren Blut Christi<br />

als eines unschuldigen und unbefleckte»<br />

Lammes,<br />

ro. der zwar zuvor ersehen ist, ehe der<br />

Welt Grund gelegt ward, aber offenbart<br />

zu den letzten Zeiten um euretwillen,<br />

ri. <strong>die</strong> ihr durch Ihn glaubet an Gott,<br />

der Ihn auferweckl hat von den Toten<br />

und Ihm <strong>die</strong> Herrlichkeit gegeben, auf<br />

daß ihr Glauben und Hoffnung zu<br />

Gott haben möchtet.<br />

rr. Und machet keusch eure Seelen im<br />

Gehorsam der Wahrheit durch den<br />

Geist zu ungefärbter Bruderliebe und<br />

habt euch untereinander brünstig lieb<br />

aus reinem Herzen,<br />

rs. als <strong>die</strong> da wiederum geboren sind,<br />

nicht aus vergänglichem, sondern aus<br />

unvergänglichem Samen, nämlich aus<br />

dem lebendigen Wort Gottes, das da<br />

ewiglich bleibet. petr. 1, 17—rs<br />

' ' l<br />

Lhristen sind zum Gehorsam gegen Gott verpflichtet und befähigt.<br />

Als Linder des Gehorsams gestalten sie ihr Leben nicht mehr nach den<br />

angeborenen Lüsten und natürlichen Trieben. Sie wissen sich als Pilger<br />

und lassen sich ziehen und beherrschen von dem leuchtenden Ziel ihrer<br />

irdischen W allfahrt: Lins zu sein mit Christus, ihrem Erlöser, in Zeit<br />

und Ewigkeit. Die Heiligung des Erdenlebcns hat begonnen, <strong>die</strong> sich<br />

ausweist im Gehorsam der Wahrheit und in unverfälschter Bruderliebe.—<br />

Diese H e ilig u n g hat ihren Anfang genommen, als Christus<br />

in unser Herz eintrat und das Herz mit neuem Leben füllte. <strong>Das</strong> ist<br />

10 k^as <strong>Kirchenbuch</strong>


Woche des Sonnrags Dkul«<br />

nicht unser Werk, sondern das W erk dessen, der uns wieocr»<br />

geboren h at. Die geistliche Ncugeburt verdanken wir ebensowenig<br />

menschlichen Leistungen, wie w ir selber zu unserer natürlichen Geburt<br />

beitragen können. See ist das Werk der Liebe Christi, <strong>die</strong> in heiligem<br />

Opfer gang durch <strong>die</strong>se W elt und durch unser Leben geschritten ist,<br />

den Erlösungsratschluß Gottes durchzuführen.<br />

Die andere Lesung: l. Petrus I, 13—lö.<br />

e>4. Es erhob sich auch ein Zank unter<br />

ihnen, welcher unter ihnen sollt« <strong>für</strong><br />

den Größten gehalten werden,<br />

rs. Er aber sprach zu ihnen: Die weltlichen<br />

Lönige herrschen, und <strong>die</strong> Gewaltigen<br />

heißt man gnädige Herren,<br />

rd. Ihr aber nicht also! Sondern der<br />

Größte unter euch soll sein wie der<br />

Iüngsrc, und der vornehmste wie ein<br />

Diener.<br />

L7- Denn welcher ist größer: der zu<br />

Tische sitzt oder der da <strong>die</strong>nt) Ist's<br />

Mittwoch nach Okuli<br />

nicht also, daß der zu Tische sitzt) Ich<br />

aber bin unter euch wie ein Diener,<br />

rr. Ihr aber seid's, <strong>die</strong> ihr beharret<br />

habt bei Mir in Meinen Anfechtungen,<br />

rg. Und Ich will euch das Reich bescheiden,<br />

wie Mir's Mein Vater beschützen<br />

hat,<br />

3 0. daß ihr essen und trinken sollt an<br />

Meinen« Tische in Meinem Reich und<br />

sitzen auf Stühlen und richten <strong>die</strong>zwölf<br />

Geschlechter Israels.<br />

Luk. rr, r-t—so<br />

Unser Christenleben ist nicht eine Art gehobenen Erdenlebens, wie denn<br />

Christus in Seiner predigt nicht sagt, daß wir unser natürliches Leben<br />

nur zu verfeinern brauchen, um im Christenstand zu leben. Christus<br />

stellt ernste Forderungen der Selbstprüfung, der Selbstzucht, der<br />

Selbstüberwindung. Weltmenschen wollen sich durchsetzen als Herrenmenschen,<br />

Christen wollen sich einordnen als Bruder und Schwestern.<br />

weltmcnschcn wollen Ehrungen, der Christ übt Selbstverleugnung;<br />

wcltmcnschcn wollen obenan sitzen, Christen können untenan<br />

sitzen, ohne von ihrer Freiheit und ihrem echten Stolz zu verlieren.<br />

Jene verlangen nach Auszeichnungen, <strong>die</strong>se tun still ihre Pflicht um<br />

ihres Herrn und Heilandes willen. -— Im Herzen der Jünger regte<br />

sich der „alte Mensch" einmal wieder, den Christus doch schon gefesselt<br />

hatte. Christus weist ihn erneut zurecht, und <strong>die</strong> Iüngcr lassen<br />

sich tadeln und warnen. Da verbindet dann Jesus mit dem Tadel das<br />

Lob, mit der Zurückweisung ihrer weltlichen Denkweise <strong>die</strong> Anerkennung<br />

ihrer Treue, <strong>für</strong> <strong>die</strong> E r ihnen S elig k e it (in Seiner Tischgemeinschaft)<br />

und H errlichkeit (in Seiner Wohngemeinschaft) in<br />

Seinem Reich v erh eiß t.<br />

Die andere Lesung: Johannes g, l—i «.


Woche des Sonntags Okuli<br />

3 8. Und Er stand auf aus der Schule<br />

und kam in Simons Haus. Und S i­<br />

mons Schwiegermutter war mit einem<br />

harten Lieber behaftet; und sie<br />

baten Ihn <strong>für</strong> sie.<br />

3tz. Und Er trat zu ihr und gebot dem<br />

Kebcr, und es verließ sie. Und alsbald<br />

stand sie auf und <strong>die</strong>nte ihnen.<br />

40. Und da <strong>die</strong> Sonne untergegangen<br />

war, alle, <strong>die</strong> Kranke hatten mit mancherlei<br />

Seuchen, brachten sie zu Ihm.<br />

Und Er legte auf einen jeglichen <strong>die</strong><br />

Hände und machte sie gesund.<br />

4;. Es fuhren auch <strong>die</strong> Teufel aus von<br />

vielen, schrieen und sprachen: Du bist<br />

Donnerstag nach Dkuli<br />

rs><br />

Christus, der Sohn Gottes! Und Er<br />

bcdräuke sie und ließ sie nicht reden;<br />

denn sie wußten, daß Er Christus<br />

war.<br />

4r. Da es aber Tag ward, ging Er<br />

hinaus an eine wüste Stätte; und das<br />

Volk suchte Ihn und sie kamen zu Ihm<br />

und hielten Ihn auf, daß Er nicht von<br />

ihnen ginge.<br />

43. Er sprach aber zu ihnen: Ich muß<br />

auch andern Städten das Evangelium<br />

verkündigen vom Reich Gottes; denn<br />

dazu bin Ich gesandt.<br />

44. Und Er predigte in den Schulen<br />

Galiläas. Luk. 4, 38—44<br />

w e il Ieftis von Anfang an weiß, daß E r auf dem Wege zum Äreuz<br />

ist, muß E r wirken, so lange es Tag ist. von morgens früh bis<br />

abends spät steht E r zum Dienst an den Brudern und Schwestern bereit.<br />

E r geht an keiner N o t v o rü b e r, E r ist jederzeit <strong>für</strong> jedermann<br />

da, der <strong>die</strong> Tat der Liebe von Ihm im Glauben begehrt. E r ist<br />

unermüdlich und rastlos am Werk, das Evangelium zu verkündigen,<br />

um dem Unglauben und Mißglauben, <strong>die</strong> das Leben vergiften und<br />

verkümmern lassen, zu wehren. Solcher Dienst aber vollzieht sich im<br />

Äampf, denn er ist der Einbruch in den Machtbereich des Satans.<br />

Krankheit und Blindheit des Unglaubens sind ja nichts anderes als<br />

Verzerrung und Zerstörung der Schöpfung durch <strong>die</strong> Gewalt des<br />

Bösen. Nun aber ist <strong>die</strong> Zeit vorüber, daß dem S atan das Seine mit<br />

Frieden bleibt; der Stärkere ist gekommen und entreißt ihm seinen<br />

Raub. Und ob <strong>die</strong> Dämonen wider Ih n toben, E r ist ihrer mächtig. —<br />

w ie wird E r Seinen Dienst vollenden) w ie wird der Äampf, den<br />

E r um solches Dienstes willen wagt, ausgehen) — Äarfreitag und<br />

Vstern haben <strong>die</strong> Antwort gegeben.<br />

Die andere Lesung: Johannes 13, ;—-7.<br />

g. Ich halte aber da<strong>für</strong>, Gott habe uns<br />

Apostel <strong>für</strong> <strong>die</strong> Allergeringsten dargestellt,<br />

als dem Tode übergeben. Denn<br />

wir sind ein Schauspiel worden der<br />

wcltunddenEngeln und den Menschen.<br />

Freitag nach Dkuli<br />

-0. w ir sind Narren um Christi willen,<br />

ihr aber seid klug in Christo; wir<br />

schwach, ihr aber stark; ihr herrlich,<br />

wir aber verachtet.<br />

r f. Bis auf <strong>die</strong>se Stunde leiden wir


gr<br />

Hunger und Durft und sind nackct und<br />

werden geschlagen und haben keine gewisse<br />

Stätte<br />

zr. und arbeiten und wirken mit unsern<br />

eignen Händen. Man schilt uns,<br />

so segnen wir; man verfolgt uns, so<br />

dulde» wir's; man lästert uns, so flehen<br />

wir;<br />

-3. wir sind stets wie ein Fluch der<br />

Welt und ein Fegopfer aller Leute.<br />

Woche des Sonntags L>kul><br />

14. Nicht schreibe ich solches, daß ich<br />

euch beschäme; sondern ich vermahne<br />

euch als meine lieben Linder.<br />

-S. Denn ob ihr gleich zehntausend<br />

Zuchtmcister hättet in Christo, so habt<br />

ihr doch nicht viele väter; denn ich<br />

habe euch gezeugt in Christo Jesu<br />

durchs Evangelium.<br />

;tz. Darum ermähne ich euch: Seid<br />

meine Nachfolger! 1. Lor. 4, g—id<br />

Der w e g des Herrn Christus, im Leiden zu <strong>die</strong>nen, ist auch der<br />

w e g , den Seine <strong>Gemeinde</strong> zu gehen hat. Dadurch weist sich <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong><br />

als wirkliche <strong>Gemeinde</strong> des Gekreuzigten und Auferstandenen<br />

aus, daß es ihr nicht an Rraft und Freudigkeit fehlt, Ihm im Dienst<br />

an der W elt auch das Äreuz nachzutragen.<br />

I n der <strong>Gemeinde</strong>, an <strong>die</strong> <strong>die</strong>ses Schriftwort gerichtet ist, droht <strong>die</strong>ser<br />

M ut zum selbstverleugnenden Dienst verloren zu gehen. I n Selbstüberschätzung<br />

wollen sich manche Glieder frei machen von der Heiligen<br />

Schrift, über <strong>die</strong> sie sich hinausgewachsen glauben. Paulus<br />

schreibt, sie sollen sich besinnen in echter und wahrhaftiger Selbstbescheidung.<br />

Des Apostels Rede ist scharf, ja beißend: Fürwahr, ihr<br />

habt es weit gebracht! Ih r braucht uns Apostel nicht mehr, w ir sind<br />

abgetan; damit sind wir ein Spott und Schauspiel der Menschen geworden.<br />

Aber wir können es tragen, daß Menschen uns <strong>für</strong> Narren<br />

und Schwächlinge ansehen. <strong>Das</strong> war ja auch der w eg , den unser<br />

Herr Christus zu gehen hatte. Sein w e g ist unser w e g ! — Paulus<br />

bleibt bei <strong>die</strong>sem W ort beschämenden Tadelns nicht stehen. Letzter<br />

Zweck seiner W orte ist nicht, sie zu schelten, sondern ihnen in väterlicher<br />

Liebe zu <strong>die</strong>nen. S o ruft er ihnen zu: Nehmt euch ein Beispiel an<br />

uns Aposteln, <strong>die</strong> wir als <strong>die</strong> begnadeten Augenzeugen des Werkes<br />

und der Auferstehung Christi nun auch <strong>die</strong> ersten sein dürfen, <strong>die</strong> Ihm<br />

das Lreuz nachtragen! — „Ein jeglicher sei gesinnet, wie Iesus Christus<br />

auch war."<br />

Die andere Lesung: Philipper r, s—iz.<br />

l. Im Anfang des Lönigrcichs Iojakims,<br />

des Sohnes Iosias, des Lönigs<br />

in Iuda, geschah <strong>die</strong>s Wort vom<br />

Herrn und spracb:<br />

Sonnabend nach C)kuli<br />

r. So spricht der Herr: Tritt in den<br />

vorhof am Hause des Herrn und predige<br />

allen Städten Iuda's, <strong>die</strong> da<br />

hereingeben, anzubeten im Hause des


Woche des Sonntags Vkuli<br />

Herrn, alle Worte, <strong>die</strong> Ich dir befohlen<br />

habe ihnen zu sagen, und tue nichts<br />

davon:<br />

s. ob sie vielleicht hören wollen und<br />

sich bekehren, ein jeglicher von seinem<br />

bösen Wesen, damit Mich auch reuen<br />

möchte das Übel, das Ich gedenke ihnen<br />

zu tun um ihres bösen Wandels<br />

willen.<br />

4. Und sprich zu ihnen: So spricht der<br />

Herr: werdet ihr Mir nicht gehorchen,<br />

daß ihr in Meinem Gesetz wandelt,<br />

das Ich euch vorgelegt habe,<br />

s. daß ihr hört auf <strong>die</strong> Worte Meiner<br />

Knechte, der Propheten, welche Ich<br />

stets zu euch gesandt habe, und ihr<br />

doch nicht hören wolltet:<br />

ö. so will Ich s mit <strong>die</strong>sem Hause machen<br />

wie mit Silo und <strong>die</strong>se Stadt<br />

zum Fluch allen Heiden auf Erden<br />

machen.<br />

7. Da nun <strong>die</strong> Priester, Propheten und<br />

alles Volk hörten Icremia, daß er solche<br />

Worte redete im Hause des Herrn,<br />

s. und Ieremia nun ausgeredet hatte<br />

alles, was ihm der Herr befohlen hatte,<br />

allem Volk zu sagen, griffen ihn <strong>die</strong><br />

Priester, Propheten und das ganze<br />

Volk und sprachen: Du mußt sterben!<br />

g. warum darfst du weissagen im Namen<br />

des Herrn und sagen: Es wird<br />

<strong>die</strong>sem Hause gehen wie Silo, und <strong>die</strong>se<br />

Stadt soll so wüst werden, daß niemand<br />

mehr darin wohne) Und das<br />

ganze Volk sammelte sich im Hause des<br />

Herrn wider Icremia.<br />

rgs<br />

>0. Da solches hörten <strong>die</strong> Fürsten Judas,<br />

gingen sie aus des Königs Hause<br />

hinauf ins Haus des Herrn und setzten<br />

sich vor das neue Tor des Herrn.<br />

Und <strong>die</strong> Priester und Propheten<br />

sprachen vor den Fürsten und allem<br />

Volk: Dieser ist des Todes schuldig;<br />

denn er hat gcwcissagt wider <strong>die</strong>se<br />

Stadt, wie ihr mit euren Ohren gehört<br />

habt.<br />

-r. Aber Icremia sprach zu allen Fürsten<br />

und zu allem Volk: Der Herr hat<br />

mich gesandt, daß ich solches alles,<br />

was ihr gehört habt, sollte weissagen<br />

wider <strong>die</strong>s Haus und wider <strong>die</strong>se<br />

Stadt.<br />

>3. So bessert nun euer Wesen und<br />

Wandel und gehorcht der Stimme<br />

des Herrn, eures Gottes, so wird den<br />

Herrn auch gereuen das Übel, das Er<br />

wider euch geredet hat.<br />

-4. Siehe, ich bin in euren Händen;<br />

ihr mögt es machen mit mir, wie es<br />

euch recht und gut dünkt,<br />

i s. Doch sollt ihr wissen: wo ihr mich<br />

tötet, so werdet ihr unschuldig Blut<br />

laden auf euch selbst, auf <strong>die</strong>se Stadt<br />

und ihre Einwohner. Denn wahrlich,<br />

der Herr hat mich zu euch gesandt, daß<br />

ich solches alles vor euren Ohren reden<br />

soll.<br />

id. Da sprachen <strong>die</strong> Fürsten und das<br />

ganze Volk zu den Priestern und Propheten:<br />

Dieser ist des Todes nicht<br />

schuldig; denn er hat zu uns geredet<br />

im Namen des Herrn, unsers Gottes.<br />

Ier. rd, ,b<br />

Propheten sind M än n er in der G e w a lt des lebendigen G o tte s .<br />

Sie sind gesandt in <strong>die</strong> W elt, Gottes W ort zu verkündigen. Solange<br />

aber <strong>die</strong> W elt, ob sie sich auch fromm gebärdet, nicht gewillt ist, sich<br />

Gott als ihrem Herrn mit ihren Werken und W orten zu unterstellen,<br />

solange sie nicht gewillt ist, das W ort Seiner Offenbarung von Gericht<br />

und Gnade vorbehaltlos zu hören, solange ist auch der Weg<br />

Seiner Boten der w e g des Kreuzes. An den Propheten tobt sich der<br />

Widerspruch der W elt gegen Gott aus, und sie müssen Gewalt leiden.


S4<br />

Woche des Sonntags «Otuli<br />

Der Dienst der Propheten und Prediger erfüllt sich im Leiden, und gerade<br />

darin sind jene im Voraus zu Zeugen des Herrn Christus geworden.<br />

W ohl aber dem Volk, in dem sich Männer finden, <strong>die</strong> aller Bedrohung<br />

zum Trotz im Gehorsam gegen Gott auch unter dem Lreuz<br />

den Dienst der Verkündigung tun! Solange der Ruf Gottes und Sein<br />

Zeugnis laut wird, ist noch Zeit zur Umkehr, ist noch Zeit der Gnade.<br />

Die anders Lesung: «Offenbarung s, ö—-4.


Sonntag Lätare<br />

rss<br />

Lätare<br />

Lätare heißt: Freue dich! Der alte Lingangsspruch lautet: „Freuet euch init<br />

Jerusalem und seid fröhlich über sie alle, <strong>die</strong> ihr sie lieb habt, freuet euch mit<br />

ihr, alle, <strong>die</strong> ihr über sie traurig gewesen seid! Ich freute mich über <strong>die</strong>, so<br />

mir sagten: Lasset uns ins Haus des Herrn gehen!" (Jes. öd, ;o; Ps. l).<br />

D a s Weizenkorn muß in <strong>die</strong> Erde fallen und ersterben, sonst<br />

bleibt's allein; wo es aber erstirbst, so bringet's viel Früchte.<br />

Johannes i r, r4<br />

D a s Evangelium<br />

I. Darnach fuhr Jesus weg über das<br />

Meer an der Stadt Tiberias in Galiläa.<br />

r. Und es zog Ihm viel Volk nach,<br />

darum daß sie <strong>die</strong> Zeichen sahen, <strong>die</strong><br />

Er an den Kranken tat.<br />

s. Jesus aber ging hinauf auf «inen<br />

Berg und setzte Sich daselbst mit Seinen<br />

Jüngern.<br />

4. Es war aber nahe Ostern, der Juden<br />

Fest.<br />

s. Da hob Jesus Seine Augen auf und<br />

sieht, daß viel Volks zu Ihm kommt,<br />

und spricht zu Philippus: w o kaufe»<br />

wir Brot, daß <strong>die</strong>se essen?<br />

ö. (<strong>Das</strong> sagte Er aber, ihn zu versuchen:<br />

denn Er wußte wohl, was Er<br />

tun wollte.)<br />

7. Philippus antwortete Ihm: Für<br />

zweihundert Groschen Brot ist nicht<br />

genug unter sie, daß ein jeglicher unter<br />

ihnen ein wenig nehme.<br />

«. Spricht zu Ihm einer Seiner Jünger,<br />

Andreas, der Bruder des Simon<br />

Petrus:<br />

g. Es ist ein Knabe hier, der hat fünf<br />

Gerstenbrote und zwei Fische; aber<br />

was ist das unter so viele?<br />

l 0. Jesus aber sprach: Schaffet, daß<br />

sich das Volk lagere. Es war aber viel<br />

Gras an dem Ort. Da lagerten sich<br />

bei fünftausend Mann.<br />

11. Jesus aber nahm <strong>die</strong> Brote, dankte<br />

und gab sie den Jüngern, <strong>die</strong> Jünger<br />

aber denen, <strong>die</strong> sich gelagert hatten;<br />

desgleichen auch von den Fischen, wieviel<br />

sie wollten.<br />

zr. Da sie aber satt waren, sprach Er<br />

zu Seinen Jüngern: Sammelt <strong>die</strong> übrigen<br />

Brocken, daß nichts umkomme.<br />

)3. Da sammelten sie und füllten<br />

zwölf Körbe mit Brocken von den<br />

fünf Gerstcnbroten, <strong>die</strong> überblieben<br />

denen, <strong>die</strong> gespeist worden.<br />

t4. Da nun <strong>die</strong> Menschen das Zeichen<br />

sahen, das Jesus tat, sprachen sie: <strong>Das</strong><br />

ist wahrlich der Prophet, der in <strong>die</strong><br />

Welt kommen soll.<br />

-s. Da Jesus nun merkte, daß sie kommen<br />

würden und Ihn haschen, daß sie<br />

Ihn zum König machten, entwich Er<br />

abermals auf den Berg, Lr Selbst<br />

allein.<br />

Joh. ö, >—is<br />

Der Evangelist Johannes berichtet nicht, wie <strong>die</strong> anderen Evangelisten<br />

es tun, von der Einsetzung des Heiligen Abendmahls. W ohl aber redet<br />

er im sechsten Kapitel seines Evangeliums andeutungsweise vom Heiligen<br />

Abendmahl. Jesus bezeichnet Sich Selbst hier als das wahre


2 so<br />

Woche des Sonntags Lätare<br />

Lebensbrot. „ w e r Mein heisch isset und trinket Mein Blut, der hat<br />

das ewige Leben, und Ich werde ihn auferwecken am jüngsten Tage."<br />

Die Geschichte von der wunderbaren Speisung in der w üste ist demnach<br />

als ein Hinweis auf das Heilige Abendmahl zu verstehen.<br />

Muß man dann <strong>die</strong> Speisung der sooo als ein bloßes Sinnbild auffassend<br />

Nein! Auch <strong>die</strong> anderen Evangelisten berichten von ihr als von<br />

einem wirklich geschehenen Ereignis, obgleich sie es nicht mit dem<br />

Heiligen Abendmahl in Zusammenhang bringen. E s ist auch <strong>für</strong> sie<br />

ein m cssianisches Wunder mit mcssianischer Bedeutung. Der vierte<br />

Evangelist macht uns verständlich, inwiefern es ein solches mcssianisches<br />

Vorzeichen ist, und daß es im Heiligen Abendmahl seine Erfüllung<br />

findet.<br />

An drei Stellen deutet der Text das an. Zuerst durch <strong>die</strong> Zeitangabe:<br />

<strong>Das</strong> passahfest stand bevor! <strong>Das</strong> ist, wie wenn w ir sagen: E s war<br />

ganz kurz vor Ostern; <strong>die</strong> Menschen hatten österliche Gedanken. Zweitens<br />

durch <strong>die</strong> Art der Austeilung. E s heißt: Iesus sprach ein Dankgebet<br />

und teilte dann aus. S o handelte der fromme Hausvater beim<br />

Fest; so hat Iesus später beim Heiligen Abendmahl gehandelt. D rittens<br />

durch den Befehl: Sammelt <strong>die</strong> übrigen Brocken, damit nichts<br />

umkomme. <strong>Das</strong> stand im Gesetz: Vom heiligen Mahl darf man nichts<br />

umkommen lassen.<br />

Die Leute, <strong>die</strong> an der Speisung in der w üste teilnahmen, haben das<br />

wohl verstanden. Sie erblickten in der Speisung ein solches mcssianisches<br />

Zeichen. Denn sie sprachen: „<strong>Das</strong> ist wahrhaftig der Prophet,<br />

der in <strong>die</strong> W elt kommen soll". Damit beziehen sie sich auf <strong>die</strong> W eissagung<br />

im 3. Buch Mose, in der es heißt: „Einen Propheten wie<br />

mich wird der Herr, dein Gott, dir erwecken aus dir und deinen<br />

Brüdcrn. Dem sollt ihr gehorchen". Sie meinen: S o wie einst das<br />

Volk, das mit Moses in der w üste wanderte, wunderbar durch das<br />

Manna gespeist wurde, so speist uns jetzt Iesus. Also ist Er ein zweiter<br />

Moses. Darum kommen sie und wollen Ih n als ihren Nönig ausrufen.<br />

— Aber Iesus entzieht Sich ihrem Zugriff und geht <strong>für</strong> Sich<br />

allein ins Gebirge. Warum tut E r das?<br />

Iesus will kein zweiter Moses sein. Diese Speisung ist auch noch<br />

nicht das wirkliche mcssianische Mahl, welches das Äommen des<br />

Reiches Gottes einleitet. E s ist nur ein Vorzeichen, ein Hinweis auf<br />

das Mahl, das kommen wird, wenn der Sohn Gottes dem Leiden,<br />

Sterben und Auferstehen entgegen geht. Erst dann, wenn E r das


Sonntag L ä t a r e ____________ ________ 297<br />

O p f e r S e i n e s L eibes d a r b r in g t, k an n <strong>die</strong> w a h r e S p e is e , <strong>die</strong> e w ig e s<br />

Leben g ib t, a u s g e te ilt w e rd e n . D ie s ist noch n ic h t <strong>die</strong> w a h r e S p e is e ;<br />

erst d a s H e ilig e A b e n d m a h l ist d a s H o c h z e its m a h l d e s S o h n e s G o t ­<br />

te s , m it dem G o t t e s R e ic h a u f E r d e n a n b ric h t. I n <strong>die</strong>ser W e is e ist <strong>die</strong><br />

S p e is u n g d e r s o o o in d e r w ü s t e ein H in w e i s a u f d a s S a k r a m e n t des<br />

H e ilig e n A b e n d m a h ls . O b <strong>die</strong> I u d e n e n ttä u sc h t g e w e sen sin d , d a ß<br />

I e s u s kein z w e ite r M o s e s sein w o l l t e ) W i e h a tte n sie sich G o tte s<br />

R eich g e d a c h t)<br />

G o tte s R e ic h k o m m t a u ch zu u n s n ic h t d u rc h d a s U n g e s tü m m enschlicher<br />

B e g e is te r u n g , w e n n w i r a b e r im G la u b e n te ilh a b e n a n dem<br />

T o d e u n d a n d e r A u fe rs te h u n g u n se re s H e r r n u n d m it I h m e in s w e r ­<br />

den im E sse n u n d T rin k e n S e i n e s L eibes u n d S e i n e s B l u t e s , d a n n ist<br />

es m itte n u n te r u n s . G o t t e s G e ric h t g e h t d a n n g n ä d ig a n u n s v o r ­<br />

ü b e r u n d S e i n e V e r h e iß u n g e w ig e n L eb en s v e rw irk lic h t sich a n u n s<br />

d u rch <strong>die</strong> G ü t e u n d F reu n d lich k eit S e i n e s S o h n e s .<br />

r>. Saget mir, <strong>die</strong> ihr unter dem Gesetz<br />

sein wollt: Habt ihr das Gesetz<br />

nicht gehört)<br />

rr. Denn es steht geschrieben, daß<br />

Abraham zwei Söhn« hatte: «inen<br />

von der Magd, den andern von der<br />

Freien.<br />

rs. Aber der von der Magd war, ist<br />

nach dem Fleisch geboren; der aber von<br />

der Freien ist durch <strong>die</strong> Verheißung<br />

geboren.<br />

rch Die Worte bedeuten etwas. Denn<br />

das sind <strong>die</strong> zwei Testamente: eins<br />

von dem Berge Sinai, das zur<br />

Lnechtschaft gebiert, welches ist <strong>die</strong><br />

Hagar;<br />

rs. denn Hagar heißet in Arabien der<br />

Berg Sinai und kommt überein mit<br />

Ierusalem, das zu <strong>die</strong>ser Zeit ist und<br />

<strong>die</strong>nstbar ist mit seinen Lindern,<br />

rb. Aber das Ierusalem, das droben<br />

Die Epistel<br />

ist, das ist <strong>die</strong> Freie: <strong>die</strong> ist unser aller<br />

Mutter.<br />

r/. Denn es stehet geschrieben: „Sei<br />

fröhlich, du Unfruchtbare, <strong>die</strong> du nicht<br />

gcbicrcsl! Und brich hervor und rufe,<br />

<strong>die</strong> du nicht schwanger bist! Denn <strong>die</strong><br />

Einsame hat viel mehr Linder, denn<br />

<strong>die</strong> den Mann hat."<br />

rr. w ir aber, lieben Bruder, sind,<br />

Isaak nach, der Verheißung Linder,<br />

rg. Aber gleichwie zu der Zeit, der<br />

nach dem Fleisch geboren war, verfolgctc<br />

den, der nach dem Geist geboren<br />

war, also gehet es jetzt auch.<br />

so. Aber was spricht <strong>die</strong> Schrift<br />

„Stoß <strong>die</strong> Magd hinaus mit ihrem<br />

Sohn; denn der Magd Sohn soll nicht<br />

erben mit dem Sohn der Freien."<br />

3 s. S o sind wir nun, lieben Brüder,<br />

nicht der Magd Linder, sondern der<br />

Freien.<br />

Gal. 4, rs—3 s<br />

D e r A p o ste l b e d ie n t sich h ie r ein er sin n b ild lic h e n A u s le g u n g . E r sieht<br />

den U n tersch ied zw isch en I u d e n u n d L h ris te n , z w isch en A lte m u n d<br />

N e u e m B u n d e , s in n b ild lic h d a rg e s te llt in d en b eiden S ö h n e n A b r a ­


Woche des Sonntags Lätare<br />

h a m s . D e r eine ist ein u n re c h tm ä ß ig e r N a c h k o m m e , d a s u n fre ie R in d<br />

ein er M a g d , d er a n d e re ist d er rechte S o h n u n d E r b e , d a s K in d d e r<br />

F re ig e b o rc n e n . A lso sin d au ch nich t <strong>die</strong> I u d e n d a s a u s c r w ä h lte V o lk<br />

G o t t e s , so n d e rn <strong>die</strong> a u s a lle n V ö lk e rn v o n G o t t S e lb s t b eru fen e c h ristliche<br />

G e m e in d e . D ie I u d e n g la u b e n a n d a s G esetz u n d sehen in ih m<br />

d a s v o n G o t t g e w o llte H e il d er M e n sc h h e it. S o lc h e n G la u b e n n e n n t<br />

<strong>die</strong> K irch e I u d a i s m u s . E r f ü h r t in <strong>die</strong> S k la v e r e i des G e w is s e n s , w i r<br />

C h riste n w is s e n , d a ß a lle in I e s u s C h r is tu s d a s G esetz e r f ü llt h a t. w i r<br />

a n d e re n s ü n d ig e n a lle g e g e n G o t t e s w i l l e n , e m p fa n g e n a b e r u m<br />

S e in e tw ille n V e r g e b u n g u n s e re r S ü n d e n . D ie se r G la u b e f ü h r t zu jener<br />

F re ih e it, bei d e r <strong>die</strong> G e w is s e n a lle in a n C h r is tu s g e b u n d e n sin d .<br />

D e r N e u e B u n d , den G o t t d u rch T o d u n d A u fe rs te h u n g C h ris ti m it<br />

u n s geschlossen h a t, ist w e it h e rrlic h e r a ls d er A lte B u n d , d en G o t t<br />

v o n S i n a i a u s m it d em jüdischen V o lk e schloß. E r ist auch n ich t a n<br />

<strong>die</strong> G re n z e n ein es V o lk e s g e b u n d e n .<br />

D ie im G esetz d a s E v a n g e liu m sehen, hassen <strong>die</strong> F re ih e it, <strong>die</strong> d e r<br />

G la u b e a n C h r is tu s b r i n g t . D a r u m ist d er I u d a i s m u s z u a lle n Z e ite n<br />

ein u n v e rs ö h n lic h e r G e g n e r d er K irch e g ew e se n , u n d <strong>die</strong> K irch e h a t<br />

ih n in v ie lfa c h e n F o rm e n im m e r w ie d e r bek äm p fen m ü ssen . A uch L u ­<br />

th e r s R a m p f w a r ein K a m p f g e g e n <strong>die</strong> „G esetzlich k eit" u n d den G e ­<br />

w is s e n s z w a n g sein er Z e it, <strong>die</strong> d en E in d ru c k erw eckte, a ls o b d a s H e il<br />

d er M ensch en n ic h t v o n C h r is tu s , s o n d e rn v o n d er E r f ü l l u n g gesetzlicher<br />

V o rs c h rifte n a b h in g e . A ls o b es kein E v a n g e liu m g äb e.<br />

G o t t e s V e r h e iß u n g s a g t, d a ß d e r „ S o h n d er U n fre ie n " , d a s ist der<br />

G e se tz c sg lä u b ig e , n ic h t a u f <strong>die</strong> D a u e r h errschen so ll, ü b e r den „ S o h n<br />

d er F re ie n " , den C h r is tu s fre ig e m a c h t h a t. S o o f t d er I u d a i s m u s sein<br />

H a u p t e rh e b t, w i r d d ie K irch e ih m im d er K r a f t C h ris ti siegreich<br />

w ied crste h c n .<br />

<strong>Das</strong> Lied der Woche<br />

I e s u s C h r is tu s , u n se r H e ila n d , d e r v o n u n s den G o tte s z o r n w a n d t<br />

L u th e r h a t in sein er G o ttc s d ie n s to r d n u n g , <strong>die</strong> er - s r S in deutscher<br />

S p r a c h e h e r a u s g a b u n d <strong>die</strong> den N a m e n „D e u tsc h e M e sse " f ü h r t, den<br />

W u n s c h a u s g e s p ro c h e n , d a ß <strong>die</strong> G e m e in d e w ä h r e n d d er A u s te ilu n g<br />

v o n B r o t u n d w e i n b e im H e ilig e n A b e n d m a h l deutsche L ieder sin g e.<br />

E r selber h a t solche L ieder g ed ich tet o d e r er h a t a lte T ex te n eu e in g e ­<br />

d eutscht. Z u solchen L ied ern g e h ö rt auch u n se r W o c h e n lie d . E s ist <strong>die</strong><br />

Ü bersetzung ein e s latein iscb cn L eh rg ed ich tes des V o r r c f o r m a to r s I o -


Wort und Sakrament<br />

rgS<br />

h a n n H u s . D e s h a lb t r ä g t es <strong>die</strong> Ü b e rsc h rift: „ S t . I o h a n n i s H u ssen<br />

Lied g eb esse rt". S c h o n z s r 4 w u r d e es in w i t t e n b e r g g e su n g e n .<br />

M a n m erk t d er deutschen U m a r b e itu n g a n , d a ß d a s L ied <strong>die</strong> G e m e in d e<br />

ü b e r <strong>die</strong> Feier tzxg H e ilig e n A b e n d m a h ls b eleh ren w i l l ( r — 8). A b er<br />

n eben dem le h rh a fte n T o n k lin g t ü b e ra ll zu g leich d er T o n d er A n ­<br />

b e tu n g des H e r r n C h r is tu s im S a k r a m e n t m it. E s w a r n t <strong>die</strong> F e ie rn ­<br />

den v o r S e lb s tü b e r h e b u n g (8) u n d ste llt leu ch ten d d a s a lle in ig e V e r ­<br />

<strong>die</strong>n st C h ris ti f ü r u n s e r H e il h e r a u s (7 u . 8). C h r is tu s schenkt sich d ir<br />

zu eig en ! G la u b s t d u d a s u n d lä ß t I h n in d ir w irk e n , so fin d e t deine<br />

S e e le E rq u ic k u n g (g ), ja , d ein e ig en es Leben w i r d d u rc h C h r is tu s zu<br />

ein er F ru c h t, m it d er d u d ein em N ä c h ste n zu sein er E rq u ic k u n g u n d<br />

z u m H e il seiner S e e le d ien en d a rfs t (z o ).<br />

<strong>Das</strong> Gebet der Woche<br />

Barmherziger, ewiger Gott, der Du Deines eingeborenen Sohnes<br />

nicht verschonet, sondern Ihn <strong>für</strong> uns alle dahin gegeben hast, daß<br />

Er unsere Sünde am Lreuze tragen sollte, verleihe uns, daß unser<br />

Herz in solchem Glauben nimmermehr erschrecke noch verzage, durch<br />

Iesum Christum, Deinen lieben Sohn, unsern Herrn. Amen.<br />

-ch<br />

Wort und Sakrament<br />

1. a) Christus be<strong>die</strong>nt Sich zweier Mittel, um Seine <strong>Gemeinde</strong> zum Glauben<br />

zu rufen und sie im rechten einigen Glauben zu erhalten. Diese beiden Mittel<br />

sind Wort und Sakrament. Sie werden deswegen <strong>die</strong> kirchlichen Gnadenmittel<br />

genannt. In der Augsburgischen Konfession heißt es im Artikel V vorn<br />

Predigtamt: Solchen Glauben zu erlangen, hat Gott das Predigtamt eingesetzt,<br />

Evangelium und Sakrament gegeben, durch <strong>die</strong> Er, wie durch Instrumente,<br />

den Heiligen Geist gibt, welcher den Glauben wirkt, wo und wann<br />

es Gott gefällt, in denen, <strong>die</strong> das Evangelium hören. —<br />

b) So ist es von Anfang an in der Christenheit gehalten worden. Gehe»<br />

wir im Geiste zurück in <strong>die</strong> erste christliche <strong>Gemeinde</strong>, von ihr wird<br />

ausdrücklich berichtet, daß sie sich sammelte um Wort und Sakrament (Ap.<br />

Gesch. r, 42—47 u. a.):<br />

Sie blieben aber beständig in der Apostel Lehre<br />

und in der Gemeinschaft<br />

und im Brotbrechcn und im Gebet.


30» Woche des Sonntags Lätare<br />

Diese beiden tragenden Grundpfeiler waren von Jesus Selber gelegt. Auf<br />

ihnen baute der Heilige Geist <strong>die</strong> Lirche Jesu Christi. So hatte der Herr<br />

Christus es in Seinem Wort verheißen (Hebr. z, -—3; Joh. S, 47—S7)<br />

und in Seinen Sakramenten testamentarisch bestätigt (Match. rr, i tz; rö, rbff).<br />

So ist es durch bald zwei Jahrtausende geblieben. Wo immer wahre Lirche<br />

ist, ist sie gegründet auf Wort und Sakrament.<br />

r. Die 8tage ist nun: w ie verhalten sich Wort und Sakrament zueinander<br />

in ihrer Wirkung auf den Glauben 7 wird uns durch das Sakrament mehr<br />

gegeben, als durch das Wort? wird uns etwas Besonderes gegeben? Läßt<br />

das Wort Gottes eine Lücke in unserm Glaubenslcben, <strong>die</strong> nur vom Sakrament<br />

her ausgefüllt werden kann?<br />

Die Antwort hierauf lautet: Im Sakrament wird uns das Gleiche gegeben<br />

wie im Wort. Aber es wird uns in anderer w eise gegeben.<br />

a) Durch S ein W ort ruft uns Gott. Menschen reden <strong>die</strong>ses Wort, aber<br />

nicht kraft eigener Vollmacht, wirksam wird das Wort, weil Christus in<br />

<strong>die</strong>sem Worte wohnt. Er sagt: „wer euch höret, der höret Mich; wer euch<br />

verachtet, der verachtet Mich" (Luk. ;o, ch). Durch <strong>die</strong>s Wort stellt Christus<br />

uns vor <strong>die</strong> Entscheidung, keinem anderen, als Ihm Selber ein „Ja" oder<br />

,Flein" zu sagen. Dies Wort ist nicht ein Wort über Gott, sondern ein<br />

Wort von Gott. Deshalb ist es reich und voller Segen, weil Gott Selber<br />

Sich in <strong>die</strong>sem Wort lebendig erzeigt und mit uns in Gemeinschaft tritt,<br />

sofern wir hören und glauben. Nichts anderes suchen wir in Gottes Wort,<br />

als Ihn Selbst, w a s wir sonst durch Sein Wort bekommen, sind Geschenke<br />

überher, es sei Belehrung oder Erfreuung; das überlassen wir Gott. wenn<br />

wir nur in Seinem Wort <strong>die</strong> Gemeinschaft mit Ihm finden, wie Er in<br />

Seinem Wort unsere Gemeinschaft sucht. — So gibt uns Gott mit Seinem<br />

Worte alles, weil in Seinem Wort« Sein Sohn Jesus Christus offenbar<br />

wird.<br />

b) Neben der Verkündigung des Wortes Gottes steht in unserer Lirche <strong>die</strong><br />

Spendung der Sakramente, wenn wir im Worte Gottes alles haben, nämlich<br />

den lebendigen Gottessohn, so können wir im Sakrament nicht noch mehr<br />

angeboten erhalten. So bezeugt es denn auch <strong>die</strong> Heilige Schrift.<br />

In der Taufe spricht Gott das ganze Heil, das Er in Christus schenkt, zu.<br />

Durch sie ruft Er den Täufling zu dem Glauben, daß „der alte Adam in uns<br />

durch tägliche Reue und Buße ersäufet" wird und der neue Mensch nach<br />

Seinem Bilde aufersteht. Gott nimmt — Gott gibt. Damit stiftet und besiegelt<br />

Er <strong>die</strong> gleiche Gemeinschaft, zu der uns Sein Wort ruft. Im Heiligen<br />

Abendmahl teilt Christus unter anderen sichtbaren Zeichen das Unterpfand<br />

Seiner Selbst mit. In Seinem Leibe und in Seinem Blute gibt Er, der gekreuzigte<br />

und auferstanden« Heiland, <strong>die</strong> 8rucht Seines Todes und <strong>die</strong> Anwartschaft<br />

auf <strong>die</strong> Herrlichkeit Seiner Auferstehung. Indem Er Sich mit Seinen<br />

Gläubigen bis in den Tod vereinigt, durchdringt Er unsern ganzen Menschen


Wort und Sakrament<br />

sonach<br />

Leib und Geist und verbindet zugleich <strong>die</strong> Glieder Seiner <strong>Gemeinde</strong> auf<br />

das innigste dadurch, daß Er Sich Selbst jedem Gliede ganz zu eigen gibt.<br />

Es vollstreckt der Herr Sein Wort an jedem Einzelnen persönlich: Es geht<br />

Mir um dich! <strong>Das</strong> wird uns, jedem Einzelnen, auf unsern Äopf zugesagt und<br />

in unseren Mund gegeben. Wort und Sakrament geben uns das Gleiche. Im<br />

Sakrament wird das Wort besiegelt. So hat beides, Wort und Sakrament,<br />

seine besondere Art und weise. <strong>Das</strong> Wort geht den w eg der aciskicicn wabrnchmung<br />

durch verstand und Vernunft, bis es uns im innersten Herzen trifft.<br />

Im S akrament wendet sich der Herr auf dem w eg der iinnlicbcn wabrnehmung<br />

an uns, im Wasser, im Brot und Wein. w ie Er zu Weihnachten<br />

unser Fleisch und Blut angenommen hat, so tritt Er in den Sakramenten durch<br />

leibliche Mittel an uns heran und zeigt uns so Seine herablassende Liebe. Wenn<br />

unser Gedankcnflug an den Grenzen des Göttlichen versagt, eröffnet Er uns<br />

Seine ganze Gnade im Bad der Wiedergeburt, beim Essen und beim Trinken<br />

im Heiligen Abendmahl.<br />

3. Wort und Sakrament bedingen einander: Im Sakrament werden wir<br />

auf das Wort gewiesen, und das Wort ruft uns unter das Sakrament. Besinnen<br />

wir uns auf das, was wir im vierten Hauptstück unseres Katechismus<br />

gelernt haben: „Die Taufe ist nicht allein schlicht Wasser, sondern sie ist das<br />

Wasser, in Gottes Gebot gefaßt und mit Gottes Wort verbunden." Dies<br />

„Wort" ist zunächst der Taufbcfehl (Matth.rr,-g.ro.), der ein wortbefchl J:su<br />

ist. Es ist zugleich <strong>die</strong> Verheißung I«su im letzten Kapitel bei Markus (;d,zd).<br />

Und im fünften Hauptstück sagt I> Luther wiederholt mit eindringlicher<br />

Deutlichkeit: „Für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden!"<br />

Essen und Trinken tuts freilich nicht, sondern <strong>die</strong>se Worte sind neben dem<br />

leiblichen Essen und Trinken das Hauptstück im Sakrament. So werden wir<br />

im Sakrament auf das W ort gewiesen. Andererseits: <strong>Das</strong> W ort ruft<br />

uns unter das Sakrament. Schon im b. Kapitel des Iohanncsevangclium<br />

(d, 47—57) kündet Iesus an, daß Er das Altarsakramcnt stiften will:<br />

„wer Mein Fleisch isset und trinket Mein Blut, der bleibt in Mir und Ich<br />

in ihm." Seine lctztwilligc testamentarische Verfügung mit den Worten:<br />

„das tut zu Meinem Gedächtnis" ist vorweg angekündigt durch Sein Wort.<br />

Wort und Sakrament gehören zueinander. Sie weisen gegenseitig auf<br />

einander hin.<br />

4. Sind denn <strong>die</strong> Sakramente auch notwendig zur Erlangung des g ö ttlichen<br />

Heils? Darauf ist folgendes zu sagen, w ir sahen: Die Sakramente<br />

sind <strong>die</strong> sichtbare predigt von Christus im Unterschied von dcr^horbaren<br />

Wortverkündigung. Es ist eine besondere Güte Gottes, daß wir nicht nur<br />

Sein Wortchoren, sondern daß wir im Sakrament auch „schmecken und sehen"<br />

dürfen, „wie freundlich der Herr ist" (Psalm 34, g). Solche Gnade verachtet<br />

man nicht ungestraft. Es wäre dasselbe, als wenn wir wohl <strong>die</strong> Lehre, aber<br />

nicht <strong>die</strong> Wunder des Heilandes anerkennen wollten. Durch <strong>die</strong> Wunder wie


Svr<br />

wach« »es Sonntags Lätare<br />

durch <strong>die</strong> Sakramente bezeugt der lebendige Herr, daß <strong>die</strong> von Ihm erwirkte<br />

Erlösung <strong>die</strong> ganze Wirklichkeit umfaßt. Wir würden uns an der allumfassenden<br />

Barmherzigkeit Gottes versündigen, wenn wir <strong>die</strong> Zahl der<br />

Gnadenmittcl herabsetzen wollten. Andrerseits freilich wäre es nicht aus dem<br />

Glauben heraus gesprochen, wenn einem Mcnschenkindc, das ohne seine Schuld<br />

niemals ein Sakrament empfing, grundsätzlich <strong>die</strong> Seligkeit abgesprochen werden<br />

sollte. Gott ist ja der Herr auch über <strong>die</strong> von Ihm Selbst eingesetzten<br />

Gnadenmittcl. Seine Liebe hat gewiß Möglichkeiten zu einer ewigen Errettung,<br />

<strong>die</strong> wir nicht kennen. Halten wir uns nur getreu an <strong>die</strong> beiden Gnadenmittcl,<br />

Wort und Sakrament, <strong>die</strong> uns gegeben sind.<br />

4-<br />

13. Und der Juden Ostern waren nahe,<br />

und Iesus zog hinauf gen Ierusalem.<br />

14. Und Er fand im Tempel sitzen, <strong>die</strong><br />

da Ochsen, Schafe und Tauben feil<br />

hatten, und <strong>die</strong> Wechsler.<br />

;s. Und Er machte eine Geißel aus<br />

Stricken und trieb sie alle zum Tempel<br />

hinaus samt den Schafen und Ochsen<br />

und verschüttete den Wechslern<br />

-as Geld und stieß <strong>die</strong> Tische um<br />

zö. und sprach zu denen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Tauben<br />

feil hatten: Traget das von dünnen<br />

und machet nicht Meines Vaters<br />

Haus zum Laufhause!<br />

17. Seine Iünger aber gedachten<br />

daran, daß geschrieben steht: „Der<br />

Eifer um Dein Haus hat mich gefressen."<br />

M o n t a g n a c h L ä t a r e<br />

1«. Da antworteten nun <strong>die</strong> Iuden<br />

und sprachen zu Ihm: w a s zeigst Du<br />

uns <strong>für</strong> ein Zeichen, daß Du solches<br />

tun mögest?<br />

1g. Iesus antwortete und sprach zu<br />

ihnen: Brechet <strong>die</strong>sen Tempel, und am<br />

dritten Tage will Ich ihn aufrichten,<br />

ro. Da sprachen <strong>die</strong> Iuden: Dicser<br />

Tempel ist in sechsundvierzig Iahren<br />

erbauet: und Du willst ihn in dreien<br />

Tagen aufrichten?<br />

rz. (Er aber redete von dem Tempel<br />

Seines Leibes.)<br />

rr. Da Er nun auferstanden war von<br />

den Toten, gedachten Seine Iünger<br />

daran, daß Er <strong>die</strong>s gesagt hatte, und<br />

glaubten der Schrift und der Rede, <strong>die</strong><br />

Iesus gesagt hakte. Ioh. r , 13— r r<br />

' ' I e s u s fa n d in S e in e m V olke ein en reichen L u l t u s v o r . E r h a t S ic h<br />

selber le b h a ft d a r a n b e te ilig t. E r g in g in <strong>die</strong> S c h u le n ach S e in e r G e ­<br />

w o h n h e it, n a h m te il a m T e m p e ld ie n st n ach S e i n e r G e w o h n h e it,<br />

sicherte S i c h S t u n d e n u n d T a g e , d a E r p fle g te zu b eten. W e i l E r m it<br />

S e in e m g a n z e n W e s e n a n G o t t g e b u n d e n w a r , s ta n d E r frei in a l­<br />

len echten S i t t e n und G ebräuchen d es T e m p e ld ie n stc s. W o a b e r<br />

G e w o h n h e ite n ein risscn u n d S i t t e n sich b ild e te n , <strong>die</strong> n ich t d a s H ö re n<br />

u n d B e te n fö rd e rte n , so n d e rn es h e m m te n , ja <strong>die</strong> s o g a r M en sch en<br />

z u m G e w i n n u n d V o r te il g ereich ten , d a sch ü ttelte E r u m S e in e r


Woche des Sonntags Lätare<br />

sos<br />

G e b u n d e n h e it a n G o t t w ille n in fre ie m u n d fre im ü tig e m H a n d e ln so l­<br />

ches U n w e se n a b . S o re in ig te E r d en T e m p e l in d e r V o llm a c h t ein es<br />

freien G o tte s m a n n e s au ch o h n e ä u ß e re B e g l a u b i g u n g . E r , d er g a n z<br />

an d ere B e g la u b ig u n g e n v o n G o t t a u s w e is e n k o n n te ! D a r ü b e r m a c h t<br />

E r den Fragenden A n d e u tu n g e n , in d e m E r ih n e n den B lick in S e i n<br />

Leben ö ffn e t, b is h in z u m L a r f r c ita g u n d z u m O ste rfe st. S i e b eg reifen<br />

es n ich t, d en n sie g la u b e n n ic h t. A b e r sie k ö n n en sich S e in e r in n e re n<br />

V o llm a c h t n ic h t w id ersetzen .<br />

Die andere Lesung: r. Mose itz, I—rr.<br />

rch Da nun das Volk sah, daß Jesus<br />

nicht da war noch Seine Jünger, traten<br />

sie auch in <strong>die</strong> Schiffe und kamen<br />

gen Lapernaum und suchten Jesum,<br />

rs. Und da sie Ihn fanden jenseit des<br />

Meers, sprachen sie zu Ihm: Rabbi,<br />

wann bist Du hergekommen)<br />

rtz. Jesus antwortete ihnen und<br />

sprach: Wahrlich, wahrlich, Ich sag«<br />

euch: Ihr suchet Mich nicht darum,<br />

daß ihr Zeichen gesehen habt, sondern<br />

daß ihr von dem Brot gegessen hakt<br />

und seid satt worden.<br />

Dienstag nach Lätare<br />

r?. wirket Speise, nicht, <strong>die</strong> vergänglich<br />

ist, sondern <strong>die</strong> da bleibet in das<br />

ewige Leben, welche euch des Menschen<br />

Sohn geben wird; denn Denselbigen<br />

hat Gott der Vater versiegelt,<br />

rr. Da sprachen sie zu Ihm: w a s<br />

sollen wir tun, daß wir Gottes Werke<br />

wirken)<br />

rg. Jesus antwortete und sprach zu<br />

ihnen: <strong>Das</strong> ist Gottes Werk, daß ihr<br />

an Den glaubet, den Er gesandt hat.<br />

Joh. b, r4—rg<br />

J e s u s schenkt u n s in S e in e m L V o rt d a s e w ig e L eben. T e ils A h n u n g ,<br />

te ils S e h n s u c h t tr e ib t eine A n z a h l M e n sc h e n , I h n zu suchen. A n d ere<br />

schließen sich a n a u s irdisch er N e u g ie r . S i e h a b e n S e i n Zeichen g e ­<br />

sehen, a b e r es n ic h t im G la u b e n a n S e in e n G o t t e s a u f t r a g a u f g e n o m ­<br />

m en . D e s h a lb h ä lt I e s u s m it A n e rk e n n u n g u n d F re u d e zurück u n d<br />

lenkt ih re n noch ta ste n d e n u n d irre n d e n G la u b e n a u f <strong>die</strong> ric h tig e S p u r .<br />

— G ru n d sä tz lic h e Ä la rh e it in der G la u b e n sc rk e n n tn is t u t n o t.<br />

D e r G la u b e a n C h r is tu s a l s d en G o tte s s o h n ist d e r A n satz u n d <strong>die</strong> g e­<br />

stalten d e L r a f t u n d d er I n h a l t ein es n eu en D a s e in s , d a s keine F ra g e n<br />

m e h r o ffe n u n d keine g u te n L eb cn sw erk e u n g e ta n lä ß t.<br />

Die andere Lesung: Mark. i r, 4;—44.


304 Woche des Sonntags Lätare<br />

rr. Und es trat zu Ihm der Schriftgelehrten<br />

einer, der ihnen zugehört<br />

hatte, wie sie sich miteinander befragten,<br />

und sah, daß Er ihnen fein geantwortet<br />

hatte, und fragte Ihn: Welches<br />

ist das vornehmste Äebot vor allen?<br />

rg. Iesus aber antwortete ihm: <strong>Das</strong><br />

vornehmste Gebot vor allen Geboten<br />

ist das: „Höre, Israel, der Herr, unser<br />

Gott, ist ein einiger Gott;<br />

so. und du sollst Gott, deinen Herrn,<br />

lieben von ganzem Herzen, von ganzer<br />

Seele, von ganzem Gemüte und<br />

von allen deinen Lräften." <strong>Das</strong> ist das<br />

vornehmste Gebot.<br />

3;. Und das andere ist ihm gleich:<br />

„Du sollst deine» Nächsten lieben als<br />

Mittwoch nach Lätare<br />

dich selbst." Es ist kein ander größer<br />

Gebot denn <strong>die</strong>se.<br />

3r. Und der Sckriftgelehrtc sprach zu<br />

Ihm: Meister, Du hast wahrlich recht<br />

geredet; denn es ist ein Gott und ist<br />

kein anderer außer Ihm.<br />

33. Und Ihn lieben von ganzem Herzen,<br />

von ganzem Gemüte, von ganzer<br />

Seele und von allen Lräften, und lieben<br />

seinen Nächsten als sich selbst, das<br />

ist mehr denn Brandopfer und alle<br />

Öpfer.<br />

34. Da Iesus aber sah, daß er vernünftig<br />

antwortete, sprach Lr zu ihm:<br />

Du bist nicht ferne von dem Reich<br />

Gottes. Und es wagte Ihn niemand<br />

weiter zu fragen. Mark. i r, rs—54<br />

I e s u s v e rk ü n d e t a l s den u rs p rü n g lic h e n w i l l e n G o t t e s <strong>die</strong> Liebe.<br />

Liebe zu G o t t u n d d em N ä c h ste n ist a l s höch stes G e b o t zu g leich <strong>die</strong><br />

Z u s a m m e n fa s s u n g aller G e b o te . — Liebe zu G o t t ist G e h o rs a m<br />

u n d „ O p f e r " , „ v o n g a n z e m H e rz e n G o t t lieb en , ist, G o t t ü b e r alle<br />

L r c a tu r lie b e n ; d a s is t: w i e w o h l v iele R r e a tu r e n fa st lieblich sin d , <strong>die</strong><br />

m ir w o h l g e fa lle n u n d <strong>die</strong> ich lieb h a b e , d a ß ich doch <strong>die</strong>se a lle u m<br />

G o t t e s w ille n , w e n n es G o t t , m e in H e r r , h a b e n w i l l , v erach te u n d<br />

fa h re n la sse ." — D ie Liebe, <strong>die</strong> G o t t f ü r d e n N ä c h s t e n fo r d e r t, d a rf<br />

n ich t m it „ S y m p a t h i e " , n ic h t m it d er Liebe zw isch en d en G eschlechte<br />

rn , d er F re u n d sc h a ft, den m a n n ig fa c h e n S p ie la r t e n d er S e lb s tlie b e<br />

v e rw e c h se lt w e rd e n . Liebe z u m N ä c h ste n schließt B e re its c h a ft z u r<br />

S e lb s tv e r le u g n u n g in sich, <strong>die</strong> sich b ekunden u n d b e w ä h re n muß; sie<br />

ist Ü b e r w in d u n g d er S e lb s tlie b e im D ie n st d es B r u d e r s , d e r u n se re r<br />

H ilfe b e d a rf. D e r L a m p f g e g e n <strong>die</strong> S e lb s ts u c h t ist d a s schw erste. W e l ­<br />

cher S t r e i t ist so la n g w ie r ig , so schrecklich, so v e rw ick elt, w ie - e r<br />

L a m p f d e r S e lb s tlie b e u m ih r e ig en es L eben. — D ie Liebe zu G o t t<br />

u n d z u m N ä c h ste n gehören unlöslich zusam m en, w i r können<br />

den N äch ste n n ic h t lieben u n d G o t t d ab ei v e ra c h te n , w e n n d er N äch ste<br />

u n se r G o t t ist, d a n n h a b e n w i r G o t t v e rlo re n u n d h ä n g e n a n ein em<br />

G ö tz e n . D a s ü b e rg e o rd n e te G e b o t ist im m e r <strong>die</strong> G o tte s lie b e . N u r <strong>die</strong><br />

M en sch e n , <strong>die</strong> sich m it ih re m w i l l e n G o t t u n te r w o r f e n h a b e n , lieben<br />

den N äch ste n w irk lic h , w i e Liebe z u m N ä c h ste n o h n e Liebe zu G o t t


Woche des Sonntags Lätare<br />

20ö<br />

n u r ein T a s te n , w e n n n ic h t eine T ä u s c h u n g ist, so k a n n es keine Liebe<br />

zu G o t t g eben o h n e Liebe z u m N ä c h ste n . U n sere Liebe z u m N äch sten<br />

ist E r w e i s u n se re r Liebe zu G o t t . D a s ist <strong>die</strong> L ektio n , <strong>die</strong> J e s u s dem<br />

suchenden M a n n e rte ilt.<br />

Die andere Lesung: Johannes b, 3 0—40.<br />

Donnerstag nach Lätare<br />

47. wahrlich, wahrlich, Ich sage euch:<br />

Wer an Mich glaubet, der hat das<br />

ewige Leben.<br />

44. Ich bin das Brot des Lebens<br />

4g. Eure Vater haben Manna gegessen<br />

in der Wüste und sind gestorben,<br />

so. Dies ist das Brot, das vom Himmel<br />

kommt, auf daß, wer davon isset,<br />

nicht sterbe.<br />

s-. Ich bin das lebendige Brot, vom<br />

Himmel kommen, w er von <strong>die</strong>sem<br />

Brot essen wird, der wird leben in<br />

Ewigkeit. Und das Brot, das Ich geben<br />

werde, ist Mein Fleisch, welches<br />

Ich geben werde <strong>für</strong> das Leben der<br />

Welt.<br />

sr. Da zankten <strong>die</strong> Juden untereinander<br />

und sprachen: w ie kann <strong>die</strong>ser<br />

uns Sein Fleisch zu essen geben)<br />

ss. Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich,<br />

wahrlich, Ich sage euch: werdet ihr<br />

nicht essen das Fleisch des Menschensohnes<br />

und trinken Sein Blut, so habt<br />

ihr kein Leben in euch.<br />

54. w er Mein Fleisch isset und trinket<br />

Mein Blut, der hat das ewige Leben,<br />

und Ich werde ihn am Jüngsten Tage<br />

auferwcckcn.<br />

55. Denn Mein Fleisch ist <strong>die</strong> rechte<br />

Speise, und Mein Blut ist der recht«<br />

Trank.<br />

Sb. w er Mein Fleisch isset und trinket<br />

Mein Blut, der bleibt in Mir und Ich<br />

in ihm.<br />

57. w ie Mich gesandt hat der lebendige<br />

Vater und Ich lebe um des Vaters<br />

willen, also, wer Mich isset, derselbigc<br />

wird auch leben um meinetwillen,<br />

sr. Dies ist das Brot, das vom Himmel<br />

kommen ist; nicht, wie eure väter<br />

haben Manna gegessen und sind<br />

gestorben: wer <strong>die</strong>s Brot isset, der<br />

wird leben in Ewigkeit.<br />

Joh. b, 4 7—sr<br />

J e s u s w e is t u n s in <strong>die</strong>sen W o r t e n h in a u f d a s H e ilig e A b e n d m a h l.<br />

A m Ä r e u ; w i r d S e i n Fleisch in den T o d g egeb en u n d S e i n B l u t v e r ­<br />

g ossen. I m H e ilig e n A b e n d m a h l w i r d u n s <strong>die</strong> F ru c h t S e i n e s S t e r ­<br />

b e n s g ereich t. T h r is tu s schenkt u n s m it d em B r o t S e in e n Leib u n d<br />

m it dem w e i n S e i n B l u t . C h r is tu s n im m t im H e ilig e n A b e n d m a h l<br />

W o h n u n g in u n s . w i r e m p fa n g e n d a s L eben. E i n selig er W e c h se l<br />

fin d e t s ta tt. C h r is tu s t r ä g t unsere S ü n d e , w i r w erd en bekleidet<br />

m it S e i n e r Unschuld und Gerechtigkeit. — D e r U n g la u b e<br />

n im m t A n sto ß a n C h ris ti W o r t e n ü b e r d a s H e ilig e M a h l : w i e k an n<br />

<strong>die</strong>ser u n s S e i n Fleisch zu essen g e b e n ) W i e <strong>die</strong> W e l t Ä rg e rn is d a r a n<br />

n im m t, d a ß <strong>die</strong> A rip p e u n d d a s Ä rc u z <strong>die</strong> Z eichen sin d , u n te r denen<br />

G o t t e s W e i s h e i t u n d H e rrlic h k e it v e rb o rg e n sin d , so n im m t sie auch


so»<br />

Woche des Sonntags Lätare<br />

A n sto ß , d a ß B r o t u n d w e i n im A b e n d m a h l <strong>die</strong> Z eichen d er G e g e n ­<br />

w a r t L h r is ti sin d . w i r a b e r so llen u n s a n d er g n ä d ig e n H e ra b la s s u n g<br />

u n d N ie d rig k e it L h r is ti im A b e n d m a h l n ic h t ä r g e r n , so n d e rn so llen<br />

dem W o r t e G o t t e s fo lg e n u n d C h r is tu s , d a s B r o t d e s L eb en s, im<br />

H e ilig e n A b e n d m a h l u n te r den n ie d rig e n Z eichen v o n B r o t u n d W e in<br />

suchen. ! > i I ! !<br />

w e r C h r is tu s , d a s B r o t d e s L eb en s, iß t, d er e m p f ä n g t m e h r a ls jene<br />

V ä te r d es V o lk e s , d ie in d er w ü s t e v o n G o t t m it dem M a n n a g e­<br />

speist w u r d e n . J e n e s B r o t w a r keine H ilfe g e g e n den U n te r g a n g . D e r<br />

T o d w a r auch f ü r jene V ä te r d e r S ü n d e S o l d . C h r is tu s a b e r ist der<br />

E r r e tte r v o m T o d e . E r s p ric h t: „ I c h b in d a s B r o t d es L e b e n s". W e r<br />

v o n <strong>die</strong>sem B r o t iß t, d em w i r d d er T o d z u m S c h la f . D e r T o d h a t<br />

seinen S ta c h e l v e rlo re n . „ M i t t e n in dem T o d e sin d v o n dem Leben<br />

w i r u m f a n g e n ." „ D ie S p e is e ist so stark , d a ß sie u n s in S ic h v e r ­<br />

w a n d e lt u n d a u s fleischlichen, feindlichen, sterblichen M en sch en g e istliche,<br />

h eilig e , leb en d ig e M en sch en m a c h t, w ie w i r d e n n auch b e re its<br />

sin d , a b e r doch v e rb o rg e n im G la u b e n u n d H o f f n u n g u n d ist noch<br />

n ich t o ffe n b a r ; a m jü n g s te n T a g w e rd e n w i r 's se h e n ."<br />

Die andere Lesung: r. Lorinthcr 4, 7—-4.<br />

ri. Da sprach Jesus abermals zu ihnen:<br />

Ich gehe hinweg, und ihr werdet<br />

Mich suchen und in eurer Sünde sterben.<br />

w o Ich hin gehe, da könnet ihr<br />

nicht hin kommen.<br />

rr. Da sprachen <strong>die</strong> Juden: w ill Er<br />

Sich denn selbst töten, daß Er spricht:<br />

„wohin Ich gehe, da könnt ihr nicht<br />

hinkommen"?<br />

rs. Und Er sprach zu ihnen: Ihr seid<br />

von untcnher, Ich bin von obcnher;<br />

Ihr seid von <strong>die</strong>ser Welt, Ich bin<br />

nicht von <strong>die</strong>ser Welt.<br />

14. So habe Ich euch gesagt, daß ihr<br />

sterben werdet in euren Sünden; denn<br />

so ihr nicht glaubet, daß Ich es sei,<br />

so werdet ihr sterben in euren Sünden,<br />

rs. Da sprachen sie zu Ihm: w er bist<br />

Du denn? Und Jesus sprach zu ihnen:<br />

Erstlich der, der Ich mit euch rede.<br />

Freitag nach Lätare<br />

rb. Ich habe viel von euch zu reden<br />

und zu richten; aber der Mich gesandt<br />

hat, ist wahrhaftig, und was Ich von<br />

Ihm gehört hab«, das rede Ich vor<br />

der Welt.<br />

r/. Sie vernahmen aber nicht, daß Er<br />

ihnen von dem Vater saget«,<br />

rs. Da sprach Iesus zu ihnen: Wenn<br />

ihr des Menschen Sohn erhöhen werdet,<br />

dann werdet ihr erkennen, daß<br />

Jch's sei und nichts von Mir selber<br />

tue, sondern, wie Mich Mein Vater<br />

gelehrt hat, so rede Ich.<br />

rg. Und der Mich gesandt hat, ist mit<br />

Mir. Der Vater lässet Mich nicht allein;<br />

denn Ich tue allezeit, was Ihm<br />

gefällt.<br />

so. Da Er solches redete, glaubten<br />

viele an Ihm. Joh. s, ri—so


ivoch« des Sonntags Lätare 3 0 7<br />

D ie L l u f t zw isch en den f i n d e n I e s u u n d I h m , d em W e lth e ila n d ,<br />

w i r d g rö ß e r. M a n h ö r t a u s den W o r t e n d e r G e g n e r , w ie sie in ih re r<br />

geistlichen U n te rlc g c n h e it zu d en w o h lfe ile n M i t t e l n des S p o t t e s<br />

g re ife n . I e s u s a n t w o r t e t s tre n g u n d e rn st. D iese Ä l u f t k an n n u r ü b e r­<br />

brückt w e rd e n d u rc h d en G la u b e n , daß „ E r es s e i " , n ä m lic h der<br />

d a k om m en solle a l s d er v o n G o t t v ersp ro ch en e H e ila n d u n d E r lö s e r .<br />

O h n e <strong>die</strong>sen G la u b e n b leibe ih n e n n ic h ts ü b r ig , a l s sterb en in ih re n<br />

S ü n d e n . D ie G e g n e r v e rla n g e n d eu tlich e, ä u ß e re E r w e is e , <strong>die</strong> I e s u s<br />

lä n g s t g eg eb en h a tte , <strong>die</strong> a b e r n u r d e r v e rs te h t, d e r in n e rlic h z u h ö re n<br />

u n d m it den A u g e n d e s G la u b e n s z u schauen v e r m a g . A b e r es k o m m t<br />

<strong>die</strong> Z e it, d a sie I h n a l s den v o n G o t t E r h ö h te n erkennen w e rd e n u n d<br />

an erk en n en m u s s ..,.<br />

C h ris tu s sp ric h t a u s d e r V e rb u n d e n h e it m it S e in e m h im m lisch en<br />

V a te r . D a s ist d a s G e h e im n is S e i n e r R r a f t , m it d e r E r auch u n se rn<br />

G la u b e n weckte u n d u n sere H o f f n u n g le b e n d ig e rk ä lt.<br />

Die «eitere Lesung: r. Lönige 4, S8—44.<br />

S o n n a b e n d n a c h L ä t a r e<br />

ro. AIs Martha nun hörte, d«ß Jesus<br />

konimt, geht sie Ihm entgegen; Maria<br />

aber blieb daheim sitzen,<br />

rz. Da sprach Martha zu Jesu: Herr,<br />

wärest Du hie gewesen, mein Bruder<br />

wäre nicht gestorben!<br />

rr. Aber ich weiß auch noch, daß, was<br />

Du bittest von Gott, das wird Dir<br />

Gott geben.<br />

rs. Iesus spricht zu ihr: Dein Bruder<br />

soll auferstehen.<br />

r4. Martha spricht zu Ihm: Ich weiß<br />

wohl, daß er auferstehen wird in der<br />

Auferstehung am Jüngsten Tage.<br />

rs. Jesus spricht zu ihr: Ich bin <strong>die</strong><br />

Auferstehung und das Leben, wer an<br />

Mich glaubet, der wird leben, ob er<br />

gleich stürbe;<br />

rb. und wer da lebet und glaubet an<br />

Mich, der wird nimmermehr sterben.<br />

Glaubest du das)<br />

4s. Da Er das gesagt hatte, rief Er mit<br />

lauterStimmc: Lazarus, komm heraus!<br />

44. Und der verstorbene kam heraus,<br />

gebunden mit Grabtüchern an Füßen<br />

und Händen und sein Angesicht verhüllet<br />

mit einem Schwcigtuch. Jesus<br />

spricht zu ihnen: Löset ihn auf und<br />

lasset ihn gehen!<br />

4s. Viele nun der Juden, <strong>die</strong> zu Maria<br />

gekommen waren und sahen, was<br />

Iesus tat, glaubten an Ihn.<br />

Joh. f f, ro—rö.43—40<br />

N o t u n d T o d im H a u s e zu B e th a n ic n . L a z a r u s ist g esto rb en . D ie<br />

beiden S c h w e s te r n a lle in . E n d lic h k o m m t I e s u s — zu s p ä t)<br />

I e s u s k o m m t, w o E r a l s H e ila n d g e ru fe n w i r d , n ie zu s p ä t. D ie<br />

beiden S c h w e s te r n b erich ten , e in s in d er g lä u b ig e n Liebe zu ih re m<br />

H e r r n , so verschieden so n st ih r G e m ü t. S p r e c h e r in ist w ie d e ru m


sor<br />

Woche des Sonntags Lätare<br />

M a r t h a . S i e h a t ih r G la u b e n s b e k e n n tn is g e le r n t: „ I c h w e iß , - a ß er<br />

a u fe rste h e n w i r d in - e r A u fe rs te h u n g a m jü n g s te n T a g e " . A b er - a s<br />

sin d W o r t e , leere G e d a n k e n , fro m m e w ü n s c h e , o h n e W irk lic h k e it.<br />

S i e h a t ric h tig e m p fu n d e n .<br />

A lle r G la u b e packt u n d m e iste rt erst <strong>die</strong> W irk lic h k e ite n , w e n n sich seine<br />

G e d a n k e n m it Fleisch u n d B l u t v e rb in d e n . M a r t h a , E r steh t neben<br />

d ir , d er d ein en G la u b e n le b e n d ig m a c h t. S o sp rich t E r zu M a r t h a :<br />

„ I c h b i n d i e A uferstehung und das Leben!" D a s h e iß t: I c h<br />

v e rk ü n d ig e n ic h t n u r , s o n d e rn v e rb ü rg e u n d v e r m ittle in M e in e r P e r ­<br />

so n <strong>die</strong> A u fe rs te h u n g u n d d a s L eben. — D e r G la u b e , d e r ein in n e re s<br />

E i n s - S e i n m it I e s u s L h r is tu s ist, h a t <strong>die</strong> L eb en sk räfte I e s u in sich<br />

a u fg e n o m m e n . E r h a t d a s w a h r e , e w ig e L eben in sich, d em d er leib ­<br />

liche T o d letztlich n ic h ts a n h a b e n k o n n te.<br />

Die andere Lesung: Offenbarung r, -7.


Sonn lag Iuvica<br />

I u d ic a<br />

Iudika heißt: Richte! Der alte Lingangsspruch lautet: „Richte mich, Gott, und<br />

führe meine Sache wider das unheilige Volk und errette mich von den falschen<br />

und bösen Leuten! Denn Du bist der Gott meiner Stärke. Sende Dein Licht<br />

und Deine Wahrheit, daß sie mich leiten und bringen zu Deinem heiligen<br />

Berge und zu Deiner Wohnung" (Psalm 43, 1. 3).<br />

Ich heilige Mich Selbst <strong>für</strong> sie, auf daß auch sie geheiligt seien in<br />

der Wahrheit. Johannes,7, ?S<br />

4S. Welcher unter euch kann Mich<br />

einer Sünde zeihen) So Ich euch aber<br />

<strong>die</strong> Wahrheit sage, warum glaubet<br />

ihr Mir nicht)<br />

47. wer von Gott ist, der höret Gottes<br />

Worte: darum höret ihr nicht,<br />

denn ihr seid nicht von Gott.<br />

4». Da antworteten <strong>die</strong> Iuden und<br />

sprachen zu Ihm: Sagen wir nicht<br />

recht, daß Du ein Samariter bist und<br />

hast den Teufel)<br />

4g. Jesus antwortete: Ich habe keinen<br />

Teufel, sondern Ich ehre Meinen Vater,<br />

und ihr unchrct Mich.<br />

so. Ich suche nicht Meine Ehre; es ist<br />

aber Einer, der sie sucht, und richtet.<br />

Sj. wahrlich, wahrlich, Ich sage euch:<br />

So jemand Mein Wort wird halten,<br />

der wird den Tod nicht sehen ewiglich,<br />

sr. Da sprachen <strong>die</strong> Juden zu Ihm:<br />

Nun erkennen wir, daß Du den Teufel<br />

hast. Abraham ist gestorben und<br />

<strong>die</strong> Propheten, und Du sprichst: „So<br />

jemand Mein Wort hält, der wird<br />

den Tod nicht schmecken ewiglich."<br />

3 3. Bist Du mehr denn unser Vater<br />

<strong>Das</strong> Evangelium<br />

Abraham, welcher gestorben ist) Und<br />

<strong>die</strong> Propheten sind gestorben, w a s<br />

machst Du aus Dir Selbst)<br />

S4. Jesus antwortete: So Ich Mick<br />

Selber ehre, so ist Meine Ehre nichts.<br />

Es ist aber Mein Vater, der Mich<br />

ehret, von welchem ihr sprecht, Er sei<br />

euer Gott;<br />

ss. und kennet Ihn nicht. Ich aberkenne<br />

Ihn. Und so Ich würde sagen:<br />

Ich kenne Sein nicht, so würde Ich<br />

ein Lügner, gleichwie ihr seid. Aber<br />

Ich kenne Ihn und halte Sein Wort.<br />

sb. Abraham, euer Vater, ward froh,<br />

daß er Meinen Tag sehen sollt«; und<br />

er sah ihn und freute sich.<br />

S7. Da sprachen <strong>die</strong> Juden zu Ihm:<br />

Du bist noch nicht fünfzig Jahre alt<br />

und haft Abraham gesehen)<br />

sr. Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich,<br />

wahrlich, Ich sage euch: Ehe denn<br />

Abraham ward, bin Ich.<br />

Sg. Da huben sie Steine auf, daß sie<br />

auf Ihn würfen. Aber Jesus verbarg<br />

Sich und ging zum Tempel hinaus.<br />

Ioh. r, 4b—sg<br />

Ic mehr es auf Karfreitag und Ostern zu geht, um so schärfer wird<br />

der Kampf Jesu mit Seinen Feinden. E s ist jetzt nicht mehr darüber<br />

Streit, ob Seine W orte den w illen Gottes richtig auslegen oder ob<br />

Seine Taten aus der Kraft des Teufels oder der Kraft Gottes ftam-


5z i)<br />

Sonntags Iudica<br />

men. E s geht jetzt um Seine Person. Alle Glaubenskämpse werden<br />

schließlich zu einem Rampf um <strong>die</strong> Person dessen, der im Mittelpunkt<br />

<strong>die</strong>ses Glaubens steht.<br />

Die vorwürfe, welche <strong>die</strong> Juden gegen Iesus erheben, treffen Seine<br />

Ehre. Sie sagen: Du bist gar kein rechter Iudc, sondern ein Sam a­<br />

riter. W ar das vielleicht <strong>die</strong> Rache da<strong>für</strong>, daß Jesus auch einen Sam a­<br />

riter geheilt, mit einer Samariterin geredet, im Gleichnis den barmherzigen<br />

Samariter dem unbarmherzigen Priester und Leviten entgegengestellt<br />

hatte? Jedenfalls hatte Sich der Herr nicht an das Gebot<br />

gehalten, daß ein Iude mit einem Samariter nicht verkehren dürfe.<br />

Also sagen sie nun: Du bist ja selbst ein Samariter! Damit verbinden<br />

sie den anderen Vorwurs: Du hast den Teufel! Offenbar ist das <strong>für</strong><br />

sie dasselbe: Samaritersein und den Teufel haben.<br />

Iesus hält ihnen entgegen: Nennt mir doch eine Sünde, <strong>die</strong> Ich getan<br />

habe! Aber euch kommt's ja nicht darauf an, daß man euren Vorwürfen<br />

auf den Grund geht. Dann müßtet ihr mit M ir darüber<br />

reden, ob das wirklich Sünde ist, was ihr M ir zum vorw urf macht,<br />

daß Ich am Sabbat Kranke geheilt habe, daß Meine Iünger mit<br />

Meinem Einverständnis <strong>die</strong> Fastenzeiten nicht gehalten haben, daß Ich<br />

Zöllner und Sünderinnen, wenn sie in ihrer Not bei mir Zuflucht<br />

suchten, nicht zurückgestoßen habe und so fort. <strong>Das</strong> wollt ihr aber<br />

ja gar nicht. Ih r wollt nur verleumden und denkt: Irgendwas bleibt<br />

hängen! w enn Ich <strong>die</strong> Wahrheit zu euch rede, so glaubt ihr nicht.<br />

Denn <strong>die</strong> Wahrheit könnt ihr nicht hören. Darum ist klar, daß ihr<br />

nicht aus Gott seid. w e r aus Gott ist, den leitet Gottes Geist, der<br />

härt auch auf Gottes W ort.<br />

w ie sieghaft hat sich unser Herr verteidigt! Aber E r verteidigt sich<br />

nicht bloß, sondern geht zum Angriff über. Denn nun zeigt E r Seinen<br />

Feinden, daß es Ihm nichts anhaben kann, wenn sie Seine Ehre antasten.<br />

E r sagt: Ich habe es nicht nötig, Mich Selber zu verherrlichen.<br />

<strong>Das</strong> tut ein anderer, nämlich Gott. Der wird M ir eines Tages <strong>die</strong><br />

Ehre geben, <strong>die</strong> M ir zukommt, w a s meint Er mit <strong>die</strong>ser „Ehre")<br />

<strong>Das</strong> W ort, das hier im griechischen Text steht, heißt „verherrlichen"<br />

(Luther hat übersetzt: Mein Vater wird Mich ehren). E s kommt auch<br />

im )7. Kapitel des Iohannesevangeliums vor. Dort bedeutet es <strong>die</strong><br />

Verherrlichung, <strong>die</strong> Iesus durch Seinen Tod und Seine Auferstehung<br />

zuteil werden wird (Luther übersetzt an <strong>die</strong>ser Stelle: verklären). Iesus<br />

sagt also: w a s Meine wabrc Ehre ist, wird offenbar werden, wenn


Sonntag Iudica 21!<br />

Mein himmlischer Vater mich „verklärt", indem E r Mich von den<br />

Toten auferweckt. Dies bedeutet <strong>für</strong> euch das Gericht. Denn dann bekennt<br />

sich der zu M ir, in dessen Namen und Auftrag und dessen<br />

Wahrheit Ich rede. Ih r aber habt Mich verworfen und der Wahrheit<br />

Gottes nicht geglaubt, <strong>die</strong> in M ir offenbar wurde,<br />

w e r aber Mein W ort hält, d. i. an Mich glaubt, wird leben in<br />

Ewigkeit.<br />

'<br />

Die Gegner verstehen wohl, was Iesus hiermit sagt. E r erhebt Anspruch,<br />

Selber <strong>die</strong> ewige Wahrheit Gottes zu sein, <strong>die</strong> nicht sterben<br />

kann, und redet somit andeutend auch von Seiner Auferstehung. Sie<br />

folgern richtig, daß E r sich dadurch über ihren Stammvater Abraham<br />

und <strong>die</strong> Propheten stellt. Keiner hat je so etwas von sich behauptet.<br />

Alle Propheten und Erzväter mußten sterben, w e r darf von sich<br />

sagen, daß er selber <strong>die</strong> ewige Wahrheit sei und daß vom Glauben an<br />

<strong>die</strong>se Wahrheit das ewige Leben abhängt) Iesus antwortet: -thr<br />

kennt Gott in Wirklichkeit nickt, obwohl ihr euch Seine Kinder nennt.<br />

Ih r traut Ihm nicht zu, daß E r auch über den Tod Herr ist. Ih r redet<br />

von dem Gott eurer Väter und eurer Propheten, aber er ist ein Gott<br />

der Toten und kein lebendiger Gott <strong>für</strong> euch, an den ihr wirklich<br />

glaubt. Ich aber kenne Ih n ; denn Ich bin Ihm gehorsam. Darum<br />

wird sich auch an M ir Seine Kraft offenbaren, <strong>die</strong> stärker ist als der<br />

Tod. E r wird Mich „verherrlichen", indem E r Mich von den Toten<br />

auferweckt. Abraham hat das an sich selber nicht erfahren, aber er erschaute<br />

im Geist „Meinen Tag", d. i. den Tag Meiner Auferstehung,<br />

und freute sich dessen, weil an ihm <strong>die</strong> Herrlichkeit des allmächtigen<br />

Gottes offenbar wird.<br />

S o ist Iesus also in der Gewißheit Seiner eigenen Auferstehung in<br />

den Tod gegangen.<br />

Die Iuden, <strong>die</strong> den Lwigkeitsgedanken der Auferstehung Lhristi nicht<br />

fassen können, hallen das, was Iesus sagt, <strong>für</strong> baren Unsinn. Sie antworten:<br />

Abrahams Zeit liegt Hunderte von Iahren zurück, und du bist<br />

noch keine so Iahre alt. Hast Du crwa Abraham selber gesehen, daß<br />

Du von ihm sagen kannst, er habe sich über „Deinen Tag" gefreut)<br />

Da stößt Iesus ihrem an <strong>die</strong>se irdische Zeit gebundenen Denken vor den<br />

Kops, indem E r antwortet: Ehe Abraham ward, bin Ich. <strong>Das</strong> bedeutet:<br />

w o der allmächtige Gott in <strong>die</strong>se Zeit eintritt, gibt es kein<br />

Vorher und Nachher; da geht es nur noch um <strong>die</strong> eine Frage, ob wir<br />

Ib n in der Hülle der Zeitlichkeit erkennen, in der E r sich uns offenbart.


Woche des Sonntags Iudica<br />

Im auferstandenen Christus durchbricht <strong>die</strong> Ewigkeit des allmächtigen<br />

Gottes alle Schranken der Festlichkeit, in der w ir leben.<br />

Den Iuden ist es ein Ärgernis, was sie da hören. Als ob sie sogleich<br />

eine probe auf das Exempel machen wollten, greisen sie nach den<br />

Steinen, um Iesus zu töten. Aber noch werden ihre Hände gehalten.<br />

Denn <strong>die</strong> „Stunde" ist noch nicht gekommen. Iesus verbirgt Sich vor<br />

ihnen und verläßt den Tempel.<br />

In <strong>die</strong>ser geheimnisvollen und tiefen weise bereitet uns das Evangelium<br />

<strong>die</strong>ses Sonntages vor auf den kommenden Karfreitag und das<br />

darauf folgende Ostern.<br />

! I. Christus aber ist kommen, daß<br />

Er sei ein Hohcrpriester der zukünftigen<br />

Güter, und ist durch eine größer«<br />

und vollkommnere Hütte, <strong>die</strong> nicht<br />

mit der Hand gemacht, das ist, <strong>die</strong><br />

nicht von <strong>die</strong>ser Schöpfung ist,<br />

>r. auch nicht durch der Böcke oder<br />

Lälber Blut, sondern durch sein eigen<br />

Blut einmal in das Heilige eingegangen<br />

und hat eine ewige Erlösung erfunden.<br />

f Z. Denn so der Ochsen und der Böcke<br />

Blut und <strong>die</strong> Asche von der Kuh, gesprengt,<br />

heiligt <strong>die</strong> Unreinen zu der<br />

leiblichen Reinigkeit,<br />

Die Epistel<br />

14. wie viel mehr wird das Blut<br />

Lhristi, der sich selbst ohne allen Fehl<br />

durch den ewigen Geist Gott geopfert<br />

hat, unser Gewissen reinigen von den<br />

toten Werken, zu <strong>die</strong>nen dem lebendigen<br />

Gott!<br />

iö. Und darum ist Er auch ein Mittler<br />

des neuen Testaments, auf daß durch<br />

den Tod, so geschehen ist zur Erlösung<br />

von den Übertretungen, <strong>die</strong> unter dem<br />

ersten Testament waren, <strong>die</strong>, so berufen<br />

sind, das verheißene ewige Erbe empfahen.<br />

Hebr. g, 11—>s<br />

Epistel und Evangelium sagen in, Grunde dasselbe, nur mit dein Un«<br />

tcrschicd, daß der Evangelist den Kamps schildert, den der noch nicht<br />

verklärte Herr mit Seinen Feinden über den S inn Seiner Sendung<br />

führen muß, während <strong>die</strong> Epistel auf Tod und Auferstehung Christi,<br />

in denen <strong>die</strong>ser Äampf entschieden wurde, zurückblickt. Der Text aus<br />

dem Hcbräerbrief vergleicht den Dienst Lhristi mit dem des jüdischen<br />

Hohenpriesters. Der Hohepriester tritt am großen Versöhnungstagc<br />

durch den Vorhang des Tempels in das Allerheiligste; Iesus ist nach<br />

Seinem Tode und nach Seiner Auferstehung aus <strong>die</strong>ser W elt gen<br />

Himmel gefahren. Der Himmel ist <strong>die</strong> „größere und vollkommenere<br />

Hütte, <strong>die</strong> nicht von Händen gemacht ist". Der Hohepriester entsühnt<br />

bei seinem Opfer das Volk durch der „Böcke und Lälber B lut", <strong>die</strong> immer<br />

von neuem geopfert werden müssen; Christus hat auf Golgatha<br />

ein einmaliges Opfer dargebracht. Darum ist E r der wahre Hohe­


s 0 1, nla g Iudica<br />

priester, der Seinem Volke das Erbe der „zukünftigen Güter", d. i.<br />

Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit, schenkt, lvenn schon <strong>die</strong><br />

Opfer des Alten Testamentes <strong>die</strong> äußere, kultische Reinheit bewirken,<br />

wieviel mehr reinigt das „Opfer ohne Hehl", das Christus dargebracht<br />

hat, <strong>die</strong> Gewissen, so daß <strong>die</strong> Christen von den toten Werken frei<br />

werden und Gott in williger Hingabe <strong>die</strong>nen!<br />

Daraus folgt, daß Christus der Mittler des neuen Bundes ist, den<br />

Gott durch Ih n mit der <strong>Gemeinde</strong> der Christen, dem nunmehr „auserwählten<br />

Volke" geschlossen hat. I n <strong>die</strong>sem neuen Bunde ist der alte<br />

aufgehoben, nicht nur in dem Sinne, daß der alte jetzt keine Gültigkeit<br />

mehr hat. sondern auch in dem, daß <strong>die</strong> Iuden, <strong>die</strong> den alten Bund<br />

nicht gehalten haben, durch den neuen miterlöst werden sollen, soweit<br />

sie berufen sind. Denn ihnen ist ja zuerst das ewige Erbe verheißen<br />

worden. Gott hat „Sein Volk nicht verstoßen" (Röm.<br />

r), sondern<br />

„alle beschlossen unter den Unglauben, auf daß E r Sich aller erbarme"<br />

(Röm. ?), sr).<br />

<strong>Das</strong> Lied der Woche<br />

O Mensch, bewein' dein' Sünde groß<br />

Sedald Hcyden, ein Zeitgenosse Luthers, Rektor an der Sebaldusschule<br />

zu Nürnberg, hat <strong>die</strong>s Lied gedichtet. I n rs Strophen besingt<br />

er <strong>die</strong> Leidensgeschichte des Herrn. E s wurde früher als eins der bedeutendsten<br />

passionslicdcr viel gesungen, häufig anstatt der sonst in<br />

der Äarwoche g:l:senen oder g sungenen Passionen, also anstelle der<br />

biblischen passionsgcschichte. E s ist ja auch nichts anderes als biblischer<br />

Bericht in dichterischer Sprache. Solche geschichtlichen erzählenden<br />

Lieder waren im alten deutschen Volksgesang sehr beliebt, auch im<br />

Äirchcngesang. Line hastende Zeit freilich hat keine Muße mehr, sich<br />

hier mit Andacht hinein zu versenken. Daher stehen von <strong>die</strong>sem Lied m<br />

einigen neueren Gesangbüchern nur <strong>die</strong> erste und <strong>die</strong> letzte Strophe,<br />

in anderen fehlt es ganz.<br />

Dennoch ist <strong>die</strong>s Lied auch nach seinem Inhalt eins der echtesten Pajsionslicdcr.<br />

Hier wird nicht rührselig geklagt, nicht das Leid^des<br />

Herrn ausgemalt, wie in vielen späteren Liedern; damit wird Iesu<br />

Passion zum Leiden eines bloßen Menschen herabgewürdigt. Unser<br />

Lied sagt : Hier leidet der Gottessohn, hier opfert Sich unser Mittler<br />

<strong>für</strong> unsere Sünde. S o steht <strong>die</strong>s Lied vor Iesu Passion in heiliger<br />

Ehrfurcht nach dem W ort des Herrn: „w einet nickt über Mich, son-


s -4<br />

Woche des Sonntags Zudica<br />

dern weinet über euch selbst und über eure Linder"! (Luk. rs, rs).<br />

Christus will nicht unser Mitleid, E r wili Buße wecken. W ir aber<br />

erkennen, daß wir selbst an Seinem Leiden ganz persönlich beteiligt<br />

sind, mit schuldig durch unsere Sünde.<br />

Der erste Vers stimmt zusammen mit der Epistel -es Sonntages,<br />

Hebr. g, — ;s: Christus ist der Mittler des Neuen Bundes, unser<br />

Hoherpricstcr, der Sich Selbst geopfert bat <strong>für</strong> unsere Sünde. Dieser<br />

Vers zeigt starke Anklänge an den zweiten Glaubensartikel, w o eine<br />

<strong>Gemeinde</strong> <strong>die</strong>s singend bekennt, da können alle Irrlehren, <strong>die</strong> Christus<br />

zu einem menschlichen Helden machen und <strong>die</strong> Lrast Seines Versöhnungstodes<br />

bestreuen, keinen Bod.n gewinnen.<br />

Die weiteren Strophen führen uns in anbetender Betrachtung durch<br />

<strong>die</strong> ganze Passionsgeschichte von der Salbung in Bethanien bis hin<br />

zur siegreichen Auferstehung. Die Sprache ist volkstümlich und bildkaft,<br />

das Deutsch der Lutherbibcl; <strong>die</strong> Melo<strong>die</strong> eine kraftvolle Durweise,<br />

durch <strong>die</strong> verlängerten Anfangs- und Schlußnoten jeder Zeile<br />

eindrucksvoll gegliedert. Der Schlußvers mahnt uns zum Dank <strong>für</strong><br />

das Leiden unseres Herrn und zur Heiligung, <strong>die</strong> als frucht aus solcher<br />

Dankbarkeit erwachsen muß.<br />

Ein anderes Passionslied, sofern das wochenlied nicht im Gesangbuch<br />

steht:<br />

w enn meine Sünd mich kränken<br />

während das vorige Lied <strong>die</strong> Passionsgeschichte erzählte, zeigt <strong>die</strong>s<br />

Lied mehr grundsätzlich, was das Sterben des Herrn <strong>für</strong> uns bedeutet,<br />

w enn wir ernsthaft erschrocken sind über uns selbst und unsere Sünde,<br />

wenn w ir bedenken, wie sie dem Satan Anrecht auf unser Leben gibt<br />

und herausfordert den flammenden Zorn des heiligen Gottes gegen<br />

uns, dann können wir es singen: „w enn meine Sünd mich kränken",<br />

w enn ich erkenne, daß ich so, wie ich bin, vor Gott nicht leben kann,<br />

daß <strong>die</strong> Last der Schuld meines Lebens mich dem Zorn Gottes und<br />

den Mächten des ewigen Verderbens ausliefert, dann wird mir der<br />

Gekreuzigte groß. und ich kann „wohl bedenken, wie Du gestorben bist<br />

und alle meine Schuldenlast am Stam m des heiligen Lreuzes auf<br />

Dich genommen hast".<br />

Daß der Gottessohn durch Sein Sterben unsere Schuld gesühnt und<br />

uns mit Gott versöhnt hat, ist unbegreiflich, ein „W under ohne<br />

Maßen, wenn mans betrachtet recht". Hier stehen w ir an dem Abgrund<br />

der heiligen Liebe Gottes, den noch nie ein Mensch ergründet


Die Konfirmation 3 -S<br />

hat. Aber <strong>die</strong> Tatsache bleibt bestehen: „Die Schuld ist allemal bezahlt<br />

durch Christi teures B lut". Begriffen hat das noch niemand, aber ergriffen<br />

und erfahren im Glauben haben es Tausende und Abertausende<br />

von verlorenen Menschen: Christi B lut hat <strong>die</strong> Äraft, Sündenschuld<br />

wegzunehmen, <strong>die</strong> Schrecken der Hölle zu bannen und dem erschrockenen<br />

Gewissen den Frieden mit Gott zu schenken.<br />

Die folgenden Verse zeigen, wie <strong>die</strong> Erfahrung der Versöhnung durch<br />

Christus unser ganzes Leben von Grund auf verwandelt. Hier ist vor<br />

allem der 5. Vers bedeutsam: „Daß mir nie komme aus dem Sinn,<br />

wieviel es Dich gekostet, daß ich erlöset bin". Entsetzlich war der Abgrund,<br />

aus dem Christus uns gerissen hat, hoch der preis, um den E r<br />

uns erkauft! Da sollen w ir uns leichtfertig von neuem in <strong>die</strong>sen Abgrund<br />

hineinstürzen ? Der 7. Vers zeigt in schlichter Glaubenseinfalt,<br />

wie wahrhaft gute Werke zustande kommen: „Laß mich an andern<br />

üben, was Du an mir getan". Christlicher Bruder<strong>die</strong>nst ist immer nur<br />

ein Weitergeben der Liebe, mit der Christus uns zuerst geliebt hat. Die<br />

letzte Strophe läßt uns schauen in <strong>die</strong> ewige Herrlichkeit, der uns <strong>die</strong><br />

versöhnende Liebe unseres Heilandes entgegenführt.<br />

D a s Gebet der Woche<br />

Allmächtiger, ewiger G ott, der D u uns Deinen S oh n Jesum<br />

Christum durch Leiden und Tod zum Priester und M ittler gemacht<br />

hast, wir bitten Dich, regiere unsre Herzen, daß wir unser G ew issen<br />

reinigen von den toten Werken und im festen Vertrauen auf<br />

S ein e Fürbitte allzeit in kindlichem Geiste D ir nahen mögen,<br />

durch Iesum Christum, unsern Herrn. Amen.<br />

D ie Konfirmation*<br />

Der Tag der Konfirmation war <strong>für</strong> viele von uns «in Tag des Segens. <strong>Das</strong><br />

stellen wir dankbar voran, wenn wir auch wissen, daß zu Zeiten <strong>die</strong> Konfirmation<br />

umfragt wenn nicht gar umstritten wird.<br />

<strong>Das</strong> Wort stammt aus dem Lateinischen und heißt so viel wie Bestätigung,<br />

Befestigung. Wir fragen nun: Wer bestätigt oder befestigt hier! Was soll<br />

bestätigt werde»?<br />

i. Da sitzen vor dem Altar einer Dorfgemeinde bei der Konfirmation <strong>die</strong> Kinder<br />

nach Väter Art um den geschmückten Taufftein. Line sinnvolle Sitte! Denn <strong>die</strong><br />

Konfirmation gründet sich auf <strong>die</strong> Taufe. An Nicht-tZetauftcn kann sie<br />

nicht vollzogen werden.


3-0 Woche ocs Sonntags Judica<br />

w a s <strong>die</strong> Heilige Taufe bedeutet, ist an anderer Stelle gesagt. Hier nur so<br />

viel: Eltern und palen haben damals ihr Lind dem Helfer und Weltheiland<br />

Jesus Christus übergeben, ohne vorbehalte, ein <strong>für</strong> alle Mal, <strong>für</strong> Leben und<br />

Sterben, Zeit und Ewigkeit. In Vertretung der Linder sprachen sie das Jawort.<br />

Sie gaben auch das versprechen, <strong>für</strong> eine christliche Unterweisung zu<br />

sorgen, bis <strong>die</strong> Linder so weit seien, daß auch sie <strong>die</strong>s Jawort sprechen<br />

könnten.<br />

r. wann ist <strong>die</strong> Jugend reif dazu? <strong>Das</strong> weiß Gott allein. Die Lirche ruft<br />

sie, wenn <strong>die</strong> eigene Verantwortung sich regt, zum Lonfirmanden-Unterricht<br />

als der letzten nachdrücklichen Vorbereitung auf <strong>die</strong> Lonfirmation.<br />

Dieser Unterricht hat eine doppelte Aufgabe: Dem jungen Menschen Lcnntnis<br />

der Glaubenslehre zu geben und ihn gleichzeitig einzugewöhnen in das gottesdicnstlichc<br />

und praktische Leben der Lirche. Beides ist eng miteinander verwachsen:<br />

Christliche Erkenntnis ist nötig, um recht Gottes<strong>die</strong>nst zu halten<br />

und wahrhaft praktische Frömmigkeit zu üben. Und umgekehrt: w o der Christ<br />

betet und den willen Christi wirklich tut, vertieft sich sein Glaube.<br />

Den Abschluß des Unterrichtes bildet <strong>die</strong> Lonfirm anden-Prüfung. <strong>Das</strong><br />

ist nicht eine Prüfung, wie andere, bei denen man sehen will, wie viel ein<br />

Mensch gelernt hat. <strong>Das</strong> Lernen, auch das Auswendiglernen, ist gewiß wichtig,<br />

damit der Christ einen festen Besitz mit ins Leben nimmt, auch <strong>für</strong><br />

<strong>die</strong> letzten Stunden, in denen er nicht mehr lesen und sprechen kann. Hier aber<br />

geht es um mehr als um Abfragen. Es geht darum, sich in Gemeinschaft mit Eltern<br />

und Paten und <strong>Gemeinde</strong> Rechenschaft abzulegen über das, was im Unterricht<br />

an christlichem Verständnis erarbeitet ist. In manchen Gegenden treten<br />

nach der Prüfung <strong>die</strong> Lirchenälteften oder Lirchenvorsteher zusammen und fassen<br />

Beschluß über <strong>die</strong> Zulassung der Lonfirmanden zur Lonfirmation.<br />

3. Der Gang der Lonfirm ationsfcier selber ist in den verschiedenen<br />

Gegenden verschiedenartig. Aber wie <strong>die</strong> Aier auch ausgestaltet ist, ob in ihr<br />

ein Gelübde oder ei» Zeugnis der Lonfirmanden gefordert wird, es geht stets<br />

um eine bestimmte und klare Entscheidung! Willst du das Jawort, das Eltern<br />

und Paten stellvertretend <strong>für</strong> dich bei deiner Taufe einst sprachen, dir aneignen<br />

und dich <strong>für</strong> Christus entscheiden? Niemand kann zween Herren <strong>die</strong>nen,<br />

wem willst du <strong>die</strong>nen: Christus oder dem Antichrist?<br />

In der Regel sind es drei Fragen, in denen gleichsam auseinander gefaltet<br />

wird, was <strong>die</strong>se Entscheidung praktisch bedeutet. Es geht darum:<br />

In eigener Verantwortung vor Gott Vertiefung in der christlichen Erkenntnis<br />

erbitten!<br />

In eigener Verantwortung vor Gott leben aus dem Glauben, der in der<br />

Liebe tätig ist!<br />

In eigener Verantwortung vor Gott <strong>die</strong> Gnadenmittel Seiner Lirche: Wort<br />

und Sakrament, recht gebrauchen!<br />

Mit dem Zeugnis der jungen Menschen läßt Gott den Segen des Taufbundes


Die Lonfirmation »?7<br />

aufs Neue offenbar werden, indem Er den Glauben festigt und Seine in<br />

der Taufe gegebene Zusage bestätigt. Gott hat <strong>die</strong> jungen Menschen konfirmiert.<br />

4. An <strong>die</strong> Lonfirmation schließt sich der erste Abendmahlsgang der junge»<br />

Gcmcindeglieder, <strong>die</strong> nun auch das patcnamt ausüben und an allen geistliche»<br />

Gütern der <strong>Gemeinde</strong> teil haben, deren Haupt unser Herr Jesus Christus ist.<br />

Diese Feier wird entweder am Tage der Lonfirmation selbst oder kurz nach- !<br />

her gehalten, sei es zusammen mit den Litern und Paten, sei es in gcschlos- j<br />

senem Lonfirmandcnkrcis, je nach örtlicher Sitte. Hier reicht Gott denen, <strong>die</strong><br />

Lr durch <strong>die</strong> Taufe gerufen hat und <strong>die</strong> Seinen Worte» glauben, <strong>die</strong> Früchte<br />

Seines Leidens und Sterbens und läßt sie schauen auf den Sieg Seiner<br />

Auferstehung.<br />

Lin Lied zu Beginn der Feier<br />

<strong>Das</strong> echte <strong>Gemeinde</strong>lied will nicht singen von menschlichen Gefühlen und<br />

Stimmungen, sondern von den großen Taten, <strong>die</strong> Gott unter uns Menschen<br />

ausrichtet.<br />

Die meist gesungenen Lonfirmationslicdcr stammen aus einer Zeit, in der sich<br />

<strong>die</strong> Lonfirmation allgemein in der Lirche durchsetzte. Es war das Zeitalter<br />

einer besonders innigen und auf persönliche Entscheidung dringenden<br />

Frömmigkeit.<br />

Lines der bekannteren Lonfirmationsliedcr hat uns zu Beginn des 1«. Jahrhunderts<br />

der thüringische Handwerker Johann Jakob Rambach, später Gelehrter<br />

und Prediger, gegeben. Ls fügt sich, wie wenig andere, in den Gang<br />

der Lonfirmationsfcicr ein, indem es mit dem Hinweis auf das Taufsakrament<br />

beginnt und mit einem erneuten Trcugclöbnis abschließt:<br />

Ich bin getauft auf Deinen Namen,<br />

Gott Vater, Sohn und Hcil'gcr Geist,<br />

ich bin gezählt zu Deinem Samen,<br />

zum Volk, das Dir geheiligt heißt;<br />

ich bin in Christum eingesenkt,<br />

ich bin mit Seinem Geist beschenkt.<br />

Was ist uns mit der Heiligen Taufe geschenkt)<br />

Du hast zu Deinem Lind und Erben,<br />

mein lieber Vater, mich erklärt,<br />

Du hast <strong>die</strong> Frucht von Deinem Sterben,<br />

mein treuer Heiland, mir gewährt.<br />

Du willst in aller Not und Pein,<br />

0 guter Geist, mein Tröster sein.


3-r Woche des Sonntags Iudica<br />

Dieser Gnadenbund macht uns nicht tatenlos, sondern fordert <strong>die</strong> volle Hingabe<br />

unseres ganzen Menschen an den Dreieimgen Gott:<br />

Doch hab ich Dir auch Furcht ,.„d Liebe,<br />

Treu und Gehorsam zugesagt;<br />

ich hab, o Herr, aus reinem Triebe<br />

Dein Eigentum zu sein gewagt;<br />

hingegen sagt ich bis ins Grab<br />

des Satans schnöden Werken ab.<br />

Haken w ir es nur allzu oft an der Treue fehlen lassen, so nimmt Er uns<br />

doch wieder an, wenn wir glauben und bereuen. „Glauben w ir nicht, so<br />

bleibt Er treu; Er kann sich Selbst nicht verleugnen":<br />

Mein treuer Gott, auf Deiner Seite<br />

bleibt <strong>die</strong>ser Bund wohl fest bestehn;<br />

wenn aber ich ihn überschreite,<br />

so laß mich nicht verloren gehn;<br />

nimm mich, Dein Lind, zu Gnaden an,<br />

wenn ich hab einen Fall getan.<br />

Gottes Güte treibt uns zur Selbstbesinnung und zur Buße, das heißt hier:<br />

zur Erneuerung des Gelöbnisses:<br />

Ich gebe Dir, mein Gott, aufs neue<br />

Leib, Seel und Her; zum «Opfer hin,<br />

erwecke mich zu neuer Treue<br />

und nimm Besitz von meinem Sinn.<br />

Es sei in mir kein Tropfen Blut,<br />

der nicht, Herr, Deinen willen tut.<br />

Gott gibt zum Wollen das vollbringen:<br />

Laß <strong>die</strong>sen Vorsatz nimmer wanken,<br />

Gott Vater, Sohn und Hcilger Geist;<br />

halt mich in Deines Bundes Schranken,<br />

bis mich Dein Wille sterben heißt.<br />

So leb ich Dir, so stcrb ich Dir,<br />

so lob ich Dich dort <strong>für</strong> und <strong>für</strong>.<br />

Hier können auch gesungen werden <strong>die</strong> pfingstlieder Luthers:<br />

Lomm, Heiliger Geist, Herre Gott,<br />

oder<br />

Lamm, Gott Schöpfer, Heiliger Geist,<br />

besuch das Her; der Menschen Dein,<br />

oder sein Bittlied um Gottes Wort und Heiligen Geist:


Die Konfirmation<br />

Lrhalt uns, Herr, bci Deinem Wort<br />

und steure Deiner Hemde Mord,<br />

<strong>die</strong> Jesum Christum, Deinen Sehn<br />

wollen stürzen von Deinem Thron.<br />

E i n S c h u tz - u n d T ru tz iied<br />

Gott der Vater, wohn uns bei<br />

und laß uns nicht verderben.<br />

Mach uns aller Sünden frei<br />

und hilf uns selig sterben!<br />

Vor dem Teufel uns bewahr,<br />

halt uns bci festem Glauben<br />

und auf Dich laß uns bauen,<br />

aus Herzensgrund vertrauen,<br />

Dir uns lassen ganz und gar,<br />

mit allen rechten Christen<br />

entflichn des Teufels Listen,<br />

init Waffen G ott's uns fristen!<br />

Amen, Amen, das sei wahr,<br />

so singen w ir: Halleluja!<br />

von M a rtin Luther<br />

Heiliger Geist, wohn uns bci<br />

und laß uns nicht verderben!<br />

Mach uns aller Sünden frei<br />

und hilf uns selig sterben!<br />

Vor dem Teufel uns bewahr,<br />

halt uns bei festem Glauben<br />

und auf Dich laß uns bauen,<br />

aus Herzensgrund vertrauen,<br />

Dir uns lassen ganz und gar,<br />

mit allen rechten Christen<br />

entflichn des Teufels Listen,<br />

mit Waffen G ott's uns fristen!<br />

Amen, Amen, das sei wahr,<br />

so singen w ir: Halleluja!<br />

-i-<br />

Jesus Christus, wohn uns bei<br />

und laß uns nicht verderben!<br />

Mach uns aller Sünden frei<br />

und hilf uns selig sterben!<br />

Vor dem Teufel uns bewahr,<br />

halt uns bei festem Glauben<br />

und auf Dich laß uns bauen,<br />

aus Herzensgrund vertrauen,<br />

Dir uns lassen ganz und gar,<br />

mit allen rechten Christen<br />

entflichn des Teufels Listen,<br />

mit W affen G ott's uns fristen!<br />

Amen, Amen, das sei wahr,<br />

so singen w ir: Halleluja!


sro<br />

M ontag nach Iudica<br />

14. Denn <strong>die</strong> Liebe Christi dringet uns<br />

also, sintemal wir halten, daß so einer<br />

<strong>für</strong> alle gestorben ist, so sind sie alle<br />

gestorben;<br />

is. und Er ist darum <strong>für</strong> alle gestorben,<br />

auf daß <strong>die</strong>, so da leben, hinfort<br />

nicht sich selbst leben, sondern Dem,<br />

der <strong>für</strong> sie gestorben und auferstanden<br />

ist.<br />

id. Darum kennen wir von nun an<br />

niemand nach dem Fleisch: und ob wir<br />

auch Christum gekannt haben nach dem<br />

Fleisch, so kennen wir Ihn doch jetzt<br />

nicht mehr.<br />

17. Darum, ist jemand in Christo, so<br />

ist er eine neue Lrcatur; das Alte ist<br />

vergangen, siehe, es ist alles neu<br />

worden!<br />

Woche des Sonntags Iudica<br />

;s. Aber das alles von Gott, Der uns<br />

mit Ihm selber versöhnt hat durch<br />

Iesum Christum und das Amt gegeben,<br />

das <strong>die</strong> Versöhnung predigt.<br />

?g. Denn Gott war in Christo und<br />

versöhnte <strong>die</strong> Welt mit Ihm Selber<br />

und rechnete ihnen ihr« Sünden nicht<br />

zu und hat unter uns aufgerichtet das<br />

Wort von der Versöhnung,<br />

ro. So sind wir nun Botschafter an<br />

Christi Statt, denn Gott vermahnet<br />

durch uns; so bitten wir nun an<br />

Christi Statt: Lasset euch versöhnen<br />

mit Gott!<br />

r;. Denn Er hat Den, der von keiner<br />

Sünde wußte, <strong>für</strong> uns zur Sünde gemacht,<br />

auf daß wir würden in Ihm<br />

<strong>die</strong> Gerechtigkeit, <strong>die</strong> vor Gott gilt.<br />

r. Lor. 5, ,4—r,<br />

w illst du das Leiden des Herrn recht verstehen, dann siehe auf <strong>die</strong><br />

Frucht Seines Leidens. Denn Christus ist deinen Tod gestorben. Darum<br />

gib auch du in den Tod, was du deinem „Fleisch" nach bist. Rühme<br />

dich nicht deiner Geburt, noch deines Standes, noch deiner Stellung,<br />

verzage auch nicht über deinen Unglauben und deinen Zweifel —<br />

nächst Gott und der Heiligen Schrift weißt du am besten, worin du<br />

sonst nocb sündigst. Halte da<strong>für</strong>, daß alles das, was du deinem<br />

„Fleisch" nach bist, begraben ist in den Tod Christi, w illst du aber<br />

wissen, wer du vor Gott bist, dann siehe Christus an, wie L r vom<br />

Tode auferstanden ist als ein siegreicher Held, der über Sünde und<br />

Tod triumphiert. I n Ihm bist du erlöst von der Sünde und vom<br />

Tode. I n Ihm bist du versöhnt mit Gott. InIhmbistdu<strong>die</strong>neuc<br />

Äreatur, <strong>für</strong> <strong>die</strong> alles neu geworden ist. w ohlan, glaube dem W ort<br />

und lebe als der, der du durch Christus bist.<br />

Die andere Lesung: Hebräer s, 1—>5.<br />

D ienstag nach Iudica<br />

1z. Und ein jeglicher Priester ist ein- welche nimmermehr können <strong>die</strong> Süngesetzl,<br />

daß er alle Tage Gottes<strong>die</strong>nst den abnehmen.<br />

pflege und oftmals einerlei «Opfer tue, l,r. Dieser aber, da Er hat ein «Opfer


Woche des Sonntags Iudica<br />

<strong>für</strong> <strong>die</strong> Sünden geopfert, das ewiglich<br />

gilt, fitzt Er nun zur Rechten Gottes<br />

13. und wartet hinfort, bis daß Seine<br />

feinde zum Schemel Seiner 8üße gelegt<br />

werden.<br />

14. Denn mit einem «Opfer hat Er<br />

in Ewigkeit vollendet, <strong>die</strong> geheiligt<br />

werden.<br />

>s. Es bezeugt uns aber das auch der<br />

Heilige Geist. Denn nachdem Er zuvor<br />

gesagt hatte:<br />

id. „<strong>Das</strong> ist das Testament, das Ich<br />

ihnen machen will nach <strong>die</strong>sen Tagen",<br />

spricht der Herr: „Ich will Mein Gesetz<br />

in ihr Herz geben, und in ihren<br />

Sinn will Ich es schreiben,<br />

-7. und ihrer Sünden und ihrer Ungerechtigkeit<br />

will Ich nicht mehr gedenken."<br />

i». w o aber derselben Vergebung ist,<br />

da ist nicht mehr «Opfer <strong>für</strong> <strong>die</strong> Sünde.<br />

Hebr. i„, ir<br />

D i e V e r s ö h n u n g , d i e d u r c h C h r i s t u s g e s c h e h e n i s t , ist eine v o llkom<br />

m ene V e r s ö h n u n g . S i e b e d a rf keiner W ie d e r h o lu n g , w ie in a n ­<br />

deren R e lig io n e n d asselb e V e r s ö h n u n g s o p f e r im m e r w ie d e r d a rg e ­<br />

b rach t w e rd e n m u ß . S i e ist eine w irk lic h e V e r s ö h n u n g , w e il sie u n ­<br />

sere S ü n d e n g e tilg t h a t, w ä h r e n d doch a lle a n d e re n «O pfer unsere S ü n ­<br />

den n ic h t tilg e n k ö n n en . S i e ist eine e w ig e V e r s ö h n u n g , w e il d a s , w a s<br />

C h r is tu s h ie r in d e r Z e it v o llb r a c h t h a t, f ü r <strong>die</strong> E w ig k e it g ilt. M ö g e n<br />

sich a u ch d e r T e u fe l u n d <strong>die</strong> W e l t d a g e g e n w e h re n , so k ö nnen sie doch<br />

C h ris ti W e r k n ic h t z e rstö re n . I a , C h r is tu s k an n w a r t e n , b is auch der<br />

letzte Heind I h m u n te r w o r f e n sein w i r d . D a s b e z e u g t au ch d er H e ilig e<br />

G e is t, in d em E r I c r c m i a s ' V e r h e iß u n g a n der G e m e in d e e r f ü llt ( I ) ,<br />

34. 35). D e n n d er H e ilig e G e is t g ib t der G e m e in d e G o t t e s G esetz in s<br />

H e rz u n d r e in ig t sie v o n a lle r U n g e re c h tig k e it. S o v o l l b r i n g t auch der<br />

H e ilig e G e is t in u n s <strong>die</strong> V e r s ö h n u n g u n d m a c h t au ch a n u n s w a h r ,<br />

w a s C h r is tu s f ü r u n s g e ta n h a t.<br />

Die andere Lesung: Hebräer zo, )—-o.<br />

-l. Da er aber hinausgegangen war,<br />

spricht Icsus: Nun ist des Menschen<br />

Sohn verklärt, und Gott ist verklärt<br />

in Ihm.<br />

3r. Ist Gott verklärt in Ihm, so wird<br />

Ihn Gott auch verklären in Sich<br />

Selbst und wird Ihn bald verklären.<br />

33. Liebe Rindlcin, Ich bin noch eine<br />

kleine weile bei euch. Ihr werdet Mich<br />

suchen: und wie Ich zu den Iudcn<br />

Mittwoch nach Iudica<br />

sagte: „w o Ich hin gehe, da könnt<br />

ihr nicht hin kommen", sage Ich jetzt<br />

auch euch.<br />

34. Ein neu Gebot gebe Ich euch, daß<br />

ihr euch untereinander liebet, wie Ich<br />

euch geliebt habe, auf daß auch ihr einander<br />

liebhabt.<br />

35. Dabei wird jedermann erkennen,<br />

daß ihr Meine Iünger seid, so ihr<br />

Liebe untereinander habt.<br />

Io b . 13, 31—35


3 2L<br />

Woche des Sonntags Iu 0 rca<br />

D e r H e r r h a t J u d a s e n tla sse n a u s d e r S c h a r S e i n e r J ü n g e r . E r w i l l<br />

ih n n ich t d a r a n K in d e rn , sein b ö ses W e r k zu v o lle n d e n . D e n n J e s u s<br />

w i l l S e l b e r den w e g d es L eid en s g eh en — im G e h o r s a m g eg en S e i ­<br />

n en h im m lisc h e n V a te r u n d in Liebe g eg en u n s . I m G e h o rs a m g eg en<br />

den V a te r , u m I h n z u v e rk lä re n , d . h . zu v e rh e rrlic h e n in u n serem<br />

Leben. D e n n d a d u r c h w i r d G o t t v e r h e r r l i c h t in u n se re m L eben,<br />

d a ß I h m G e h o r s a m d a r g e b r a c h t w i r d . w a s w i r n ich t g e ta n<br />

h a b e n u n d n ic h t t u n , d a s h a t d er H e r r g e ta n a n u n sere r S t a t t . D a r u m<br />

h a t I h n au ch G o t t v e rk lä r t u n d h a t I h m ein en N a m e n g egeb en , - e r<br />

ü b e r alle N a m e n ist.<br />

D ie L ie b e z u u n s h a t den H e r r n a u f d en w e g d es L eid en s g e f ü h r t.<br />

S e in e Liebe h a t n ic h t d a s S c h ö n e u n d E d le a n u n s gesucht u n d g elieb t,<br />

so n d e rn d a s H ä ß lic h e u n d A n stö ß lic k e, d a s w i r so g e rn v o r e in a n d e r<br />

v e rb e rg e n . D a s b a t d er H e r r g esucht, u m es a u f S ic h zu n e h m e n u n d<br />

zu tr a g e n . S e in e Liebe k o m m t zu u n s a l s <strong>die</strong> V e r g e b u n g d er S ü n d e n .<br />

U n d d a s ist S e i n n e u e s G e b o t, d a ß au ch w i r e in a n d e r lieben sollen<br />

m it <strong>die</strong>ser L iebe. D i r sin d deine S ü n d e n v e rg e b e n , d a r u m so llst auch d u<br />

d ein em B r u d e r v e rg e b e n . A b e r w isse , d o r t a lle in w i r d d er B r u d e r m<br />

W a h r h e i t g e lie b t, w o G o t t <strong>die</strong> E h r e g eg eb en w ir d .<br />

Dr« ander« Lesung: Matthäus 8, 14—?7-<br />

15. Und darum ist Er auch «in Mittler<br />

des neuen Testaments, auf daß<br />

durch den Tod, so geschehen ist zur<br />

Erlösung von den Übertretungen, <strong>die</strong><br />

unter dem ersten Testament waren,<br />

<strong>die</strong>, so berufen sind, das verheißene<br />

ewige Erbe empfangen.<br />

,b. Denn wo ein Testament ist, da<br />

muß der Tod geschehen des, der das<br />

Testament machte.<br />

,7 . D enn ein T estam ent w ird fest<br />

durch den T o d ; es h a t noch nicht<br />

Donnerstag nach Iudica<br />

L r a f t, w en n der noch lebt, der es gemacht<br />

hat.<br />

,z. Daher auch das erste nicht ohne<br />

B lu t gestiftet w ard .<br />

r7> Und wie den Menschen gesetzt ist,<br />

einmal zu sterben, darnach aber das<br />

Gericht:<br />

88. also ist Christus einmal geopfert,<br />

wegzunehmen vieler Sünden; zum<br />

andernmal wird Er ohne Sünde erscheinen<br />

denen, <strong>die</strong> auf Ihn warten,<br />

zur Seligkeit. Hebr. g, -s—-8. r7—r8<br />

C h ris tu s ist d e r M i t t l e r d es N e u e n B u n d e s . Durch I h n h a b e n w i r<br />

Z u g a n g z u G o t t . D u rc h I h n e m p fa n g e n w i r d a s v erh eiß en e e w ig e<br />

E r b e : <strong>die</strong> E r lö s u n g v o n d er S ü n d e u n d d a s e w ig e L eben. I e stre n g e r<br />

u n d ein se itig e r w i r <strong>die</strong>se E r lö s u n g in I h m a lle in b e g rü n d e t sehen,<br />

u m so rech ter ist e s. D e n n es le b t in u n s a lle n <strong>die</strong> heim liche N e ig u n g ,


Woche des Sonntags Iudica<br />

srs<br />

a u ch a b se its v o n C h r is tu s G o t t zu suchen u n d u n s e r L eben zu fü h re n .<br />

D iese N e ig u n g w i r d g e n ä h r t d u rch den Z w e ife l d a r a n , d a ß in C h ris tu s<br />

w irk lic h unsere E r l ö s u n g u n d u n sere E r lö s u n g g a n z geschehen ist. U m<br />

<strong>die</strong>sem Z w e ife l b cizu k o m m e n , red et u n se r T e x t n ach u n se rer S c h w a c h ­<br />

h e it m it u n s . C h r is tu s h a t d a s N e u e T e s ta m e n t b esieg elt d u rch S e in e n<br />

T o d . E i n T e s ta m e n t w i r d ja erst r e c h ts g ü ltig d u rch d en T o d dessen,<br />

d er es g em a c h t h a t. S o ist d a s N e u e T e s ta m e n t, der N e u e B u n d G o t ­<br />

te s m it u n s , r e c h ts g ü ltig g e w o rd e n d u rch den T o d C h ris ti. C h ris tu s<br />

ist e in m a l g e o p fe rt f ü r u n sere S ü n d e n , w ie ja ein M en sch auch n u r e in ­<br />

m a l zu sterb en b ra u c h t.<br />

A b er es ist „ in S c h w a c h h e it" g ered et. D e n n d er, der <strong>die</strong>ses T e s ta m e n t<br />

g em ach t h a t, ist ja n ic h t to t, so n d e rn leb t u n d w i r d k o m m en , zu rich ten<br />

<strong>die</strong> L eb en d ig en u n d <strong>die</strong> T o te n .<br />

Die andere Lesung: r. Lorinther >, s—11.<br />

Freitag nach Iudica<br />

47. Da versammelten <strong>die</strong> Hohenpriester<br />

und <strong>die</strong> Pharisäer einen Rat und<br />

sprachen: w a s tun wir) Dieser<br />

Mensch tut viel Zeichen.<br />

4§. Lassen wir Ihn also, so werden<br />

sie alle an Ihn glauben; so kommen<br />

dann <strong>die</strong> Römer und nehmen uns<br />

Land und Leute.<br />

4 g. Einer aber unter ihnen, Raiphas,<br />

der desselben Jahrs Hoherpricsrcr<br />

war, sprach zu ihnen: Ihr wisset<br />

nichts,<br />

so. bedenket auch nichts; es ist uns<br />

besser, ein Mensch sterbe <strong>für</strong> das Volk,<br />

denn daß das ganze Volk verderbe,<br />

sz. (Solches aber redete er nicht von<br />

sich selbst; sondern weil er desselben<br />

Jahrs Hoherpricster war, weissagte<br />

er. Denn Jesus sollte sterben <strong>für</strong> das<br />

Volk. Ioh. ; ; ,4 7 - s ;<br />

D e r H o h e R a t fü rc h te t f ü r seine M a c h t u n d S t e l l u n g . E r sieh t den<br />

E in f lu ß , d en J e s u s a u f d a s V o lk g e w in n t, u n d m e in t, es könne u n h e ilv<br />

o lle politisch e F o lg e n h a b e n : D ie R ö m e r w e rd e n k o m m en u n d L a n d<br />

u n d L eute n e h m e n , w i e se ltsa m , d a ß d e r H o h e r a t d em H e r r n solche<br />

B e d e u tu n g b e im iß t! w a s h a t d en n d e r H e r r a n d e re s g e ta n a l s g e p re ­<br />

d ig t, Ä ra n k e g e h e ilt u n d S ü n d e r z u r B u ß e g e ru fe n ! w o a b e r <strong>die</strong> V e r ­<br />

g e b u n g d e r S ü n d e n g e p re d ig t w i r d , d a w i r d <strong>die</strong> W e l t u n r u h ig , d a<br />

fa n g e n <strong>die</strong> M ä c h te <strong>die</strong>ser W e l t a n , f ü r ih re S t e l l u n g zu fü rc h te n . F re i­<br />

lich, d a s R e i c h u n s e r e s H e r r n is t n i c h t v o n d i e s e r W e l t , a b e r<br />

e s b e g i n n t i n d i e s e r W e l t . U n d es b e g in n t in <strong>die</strong>ser W e l t so, d a ß<br />

es z u m G e ric h t w i r d ü b e r <strong>die</strong> W e l t .<br />

w i r w o lle n d a s n ic h t einsehen, so w e n ig w ie d er H o h e r a t. w i r w o l ­<br />

len den B e s ta n d d ieser W e l t sichern in ih r . U n d doch k ö n n en w i r dem


324<br />

Woche des Sonntags Iudica<br />

H e r r n nich r e n trin n e n , so w e n ig w ie d er H o h e r a t. I a , selbst d er H o h e ­<br />

p riester m u ß z u m Z e u g e n w e rd e n ü b e r d en T o d C h ris ti. E r w i l l , d a ß<br />

I e s u s sterb en so ll, d a m it n ic h t d a s g a n z e V o lk z u g ru n d e gehe. U n d<br />

J e s u s s tirb t au ch f ü r d a s V o lk , d a m it es d u rc h I h n z u r S e lig k e it<br />

kom m e.<br />

Die andere Lesung: Hebräer 4, )4—2b.<br />

Sonnabend nach Iudica<br />

-3. Denn, Herr, Du bist <strong>die</strong> Hoffnung 15. Siehe, sie sprechen zu mir: Wo ist<br />

Israels. Alle, <strong>die</strong> Dich verlassen, müssen<br />

zu Schanden werden, und <strong>die</strong> Ab­<br />

kommen!<br />

denn des Herrn Wort? Laß es doch<br />

trünnigen müssen in <strong>die</strong> Erde geschrieben<br />

werden: denn sie verlassen den flohen, daß ich nicht Dein Hirte wäre;<br />

;b. Aber ich bin nicht von Dir ge­<br />

Herrn, <strong>die</strong> «Quelle des lebendigen Wassersgehrt,<br />

das weißt du; was ich gepre­<br />

so hab ich den bösen Tag nicht be­<br />

-4. Heile Du mich, Herr, so werd« ich digt habe, das ist recht vor dir.<br />

heil: hilf Du mir, so ist mir geholfen; -7. Sei du mir nur nicht schrecklich,<br />

denn Du bist mein Ruhm.<br />

meine Zuversicht in der Not!<br />

Icr. -7, -3—17<br />

A ls d er M i t t l e r u n d E r lö s e r ist C h r is tu s zu g leich <strong>die</strong> H o f f n u n g S e in e r<br />

G e m e in d e S o l a n g e <strong>die</strong> Ä irch e noch in <strong>die</strong>ser W e l t le b t, leb t sie a u f<br />

H o f f n u n g . A b e r es w ä r e tö ric h t, <strong>die</strong>se H o f f n u n g f ü r eine u n g e w isse<br />

H o f f n u n g zu h a lte n . D e n n jeder, d er d en H e r r n v e r lä ß t, ist einem<br />

M a n n e gleich, d er <strong>die</strong> erfrischende «Quelle v e rta u s c h t m it d em S o n n e n ­<br />

b ra n d d er w ü s t e , d a kein D u r f t gelöscht w i r d . A b e r w i r alle sin d so<br />

tö ric h t! D e n n w i r selbst sin d im m e r w ie d e r <strong>die</strong>, <strong>die</strong> den H e r r n v e r ­<br />

lassen u n d eigene W e g e g eh e n . W o h l d em , d er d a s erk en n t u n d sich<br />

n ich t selbst f ü r g erech t h ä l t . W o h l ih m , d e n n er w i r d w a r te n a u f <strong>die</strong><br />

H ilfe des H e r r n u n d in solchem w a r t e n g e trö s te t sein.<br />

D e r F ro m m e a b e r h a t n ic h t n u r <strong>die</strong> A n fe c h tu n g v o n seinem U n g la u b e n ,<br />

so n d e rn au ch d en S p o t t v o n seinen F ein d e n . G e g e n solchen S p o t t<br />

k an n er n ic h t d en B e w e i s a n tr e te n , d a ß G o tte s W o r t doch w a h r sei.<br />

D a s a b e r ist sein T r o s t, d a ß d e r H e r r au ch d er H e r r ist ü b e r <strong>die</strong> S p ö t ­<br />

te r S e i n e s W o r t e s . U n d d a s ist seine H o f f n u n g , d a ß d e r H e r r i h n<br />

e r r e t t e n w i r d a u s d e m k o m m e n d e n G e r i c h t . S o lc h e H o f f n u n g<br />

lä ß t nich t zu S c h a n d e n w e rd e n .<br />

Die andere Lesung: Ieremias -7, 27.


Palmsonntag<br />

s r s<br />

Die stille Woche<br />

M i t dem P a l m s o n n t a g b e g in n t <strong>die</strong> stille W o c h e , n ach dem a lth o c h ­<br />

deutschen W o r t L a r a , d . h . L la g e , auch L a r w o c h e g e n a n n t. S i e w i r d<br />

u n te r a lle n christlichen V ö lk e rn d er W e l t z u m G e d ä c h tn is d es L eid en s<br />

u n d S t e r b e n s d es H e ila n d e s s till b e g a n g e n . D e r P a l m s o n n t a g ist<br />

d er G e d ä c h tn is ta g d es m essianischcn E in z u g e s d es H e r r n in I e r u s a -<br />

lem . I n den E r n s t d e s T a g e s m isch t sich d e r H u ld ig u n g s g e s a n g der<br />

M e n g e , <strong>die</strong> v o n dem H e r r n ein w e ltlic h e s R eich u n d irdische M a c h t<br />

u n d H ilfe e r w a r te t u n d I h m d e sh a lb P a lm e n stre u t. I n den W o c h e n ­<br />

t a g e n p fle g te n u n sere V a te r <strong>die</strong> P a ssio n sg e sc h ic h te I c s u zu lesen, e n t­<br />

w e d e r tä g lic h a b sc h n ittw e ise a u s ein em d e r v ie r E v a n g e lie n o d e r a n<br />

jedem T a g e <strong>die</strong> g a n z e L eidensgeschichte d e r R e ih e n ach a u s a lle n v ie r<br />

E v a n g e lie n . E s sin d <strong>die</strong> A b sch n itte M a t t h ä u s r ö - r s , M a r k u s<br />

L u k as r r - r 4 , J o h a n n e s - 8 u n d ; g . D e r G r ü n d o n n e r s t a g g ilt dem<br />

G e d ä c h tn is d e r S t i f t u n g d es H e ilig e n A b e n d m a h le s . S e i n N a m e<br />

scheint a n z u d e u te n , d a ß sich z e itw eise m it <strong>die</strong>sem T a g e sin n b ild lic h eine<br />

H rü h lin g s fc ie r v e rb a n d . A m Ä a r f r e i t a g sp rich t a lle in d a s R re u z<br />

v o n G o l g a t h a , a u f dem d e r B lic k d e r G e m e in d e a n b e te n d r u h t :<br />

„L> H a u p t , v o ll B l u t u n d W u n d e n ,<br />

v o ll S c h m e r ; u n d v o lle r H o h n ! "<br />

u n d d a s a lle in sie d e r e r lö s u n g s b e d ü rs tig e n W e l t v e r k ü n d e t:<br />

,,«v W e l t , sieh h ie r d ein Leben<br />

a m S t a m m d es R re u z e s s c h w e b e n !"<br />

D e r L a r s o n n a b e n d o d e r Ä a r s a m s t a g ist d e r g ro ß e R u h e ta g d e r<br />

G e m e in d e I e s u L h r is ti, <strong>die</strong> ü b e r dem geschlossenen G r a b e g lä u b ig der<br />

sie g h a fte n A u fe rs te h u n g ih re s E r lö s e r s h a r r t . —<br />

ch<br />

Palmsonntag<br />

Er soll <strong>die</strong> Starken zum Raube haben, darum, daß Seine Seele<br />

gearbeitet und Er Sein Leben in den Tod gegeben und vieler<br />

Sünde getragen hat. Iesaia ss, >>. >:


I. Da sie nun nahe an Jerusalem kamen,<br />

gen Bcthphage an den Glberg,<br />

sandte Jesus Seiner Jünger zween<br />

r. und sprach zu ihnen: Gehet hin in<br />

den Kecken der vor euch liegt, und<br />

alsbald werdet ihr eine Eselin finden<br />

angebunden und ein Füllen bei ihr;<br />

löset sie auf und führet sie zu Mir!<br />

s. Und so euch jemand etwas wird<br />

sagen, so sprecht: Der Herr bedarf<br />

ihrer; sobald wird er sie euch lassen.<br />

4. <strong>Das</strong> geschah aber alles, auf daß erfüllet<br />

würde, das gesagt ist durch den<br />

Propheten, der da spricht:<br />

5. »Saget der Tochter Zion: Siehe,<br />

dein König kommt zu dir sanftmütig<br />

<strong>Das</strong> Evangelium<br />

Die stille Woche<br />

und reitet auf einem Esel und auf<br />

einem Füllen der lastbaren Eselin."<br />

b. Die Jünger gingen hin und taten,<br />

wie ihnen Jesus befohlen hatte,<br />

7. und brachten <strong>die</strong> Eselin und das<br />

Füllen und legten ihre Kleider drauf<br />

und setzten Ihn drauf,<br />

r. Aber viel Volks breitete <strong>die</strong> Kleider<br />

auf drn w eg; <strong>die</strong> andern hieben<br />

Zweige von den Bäumen und streuctcn<br />

sie auf den Weg.<br />

g. <strong>Das</strong> Volk aber, das vorging undnachfolgte,<br />

schrie und sprach: Hosianna<br />

dem Sohn Davids! Gelobet sei?<br />

Der da kommt in dem Namen des<br />

Herrn! Hosianna in der Höhe!<br />

Match, r;, y<br />

D iese G eschichte v o m E i n z u g J e s u in J e r u s a le m v e rste h t n u r , w e r<br />

sich dessen e rin n e rt, d a ß <strong>die</strong> P r o p h e te n d es A lte n T e sta m e n te s n ic h t<br />

b lo ß in B i l d e r n u n d G le ic h n isse n g e r e d e t , s o n d e rn auch g e h a n d e l t<br />

h a b e n . D e r P r o p h e t I c r c m i a z. B . z erb ric h t v o r den A u g e n sein es<br />

V o lk e s einen K r u g , u m d a m it a n z u d e u te n , d a ß d a s V o lk v u d a u n d <strong>die</strong><br />

S t a d r J e r u s a le m ebenso zerb ro ch en w e rd e n so llen w ie <strong>die</strong>ser L r u g . E r<br />

e r w ir b t, a u sg e re c h n e t in d em A u gen blick, in dem J e r u s a le m d u rch <strong>die</strong><br />

B a b f lo n i c r b e la g e rt w i r d u n d er selbst im G e f ä n g n i s sitzt, einen Acker,<br />

u m d a m it k u n d z u tu n , d a ß n ic h t a lle s zu E n d e ist, so n d e rn d a ß „ m a n<br />

noch H ä u s e r, Acker u n d W e in b e r g e k a u fen so ll in <strong>die</strong>sem L a n d e " . A uch<br />

w a s J e s u s h ie r t u t , ist eine solche G le ic h n is h a n d lu n g . E r lä ß t<br />

sich d u rch z w e i S e i n e r J ü n g e r einen E s e l h o le n . S i e so llen jedem , der<br />

sie d e s w e g e n z u r R ed e ste llt, <strong>die</strong> kurze a b e r v ie lsa g e n d e A n t w o r t geben t<br />

D e r H e r r b ra u c h t ih n ! A u f <strong>die</strong>sem E s e l re ite n d z ie h t E r in J e ru s a le m<br />

ein . D a s ist a lle s m e r k w ü r d ig u n d z u m v e r w u n d e r n . E s geschieht,<br />

w ie der E v a n g e lis t a u sd rü ck lich h in z u f ü g t, „ d a m it e r f ü llt w ü r d e , d a s<br />

g e s a g t ist d u rch d en P r o p h e te n : „ S ie h e , d e in K ö n ig k o m m t zu d ir ,<br />

u n d re ite t a u f ein em E s e l u n d a u f ein em H ü llen tzxr la s tb a re n E s e lin " .<br />

J e s u s g ib t sich d u rch <strong>die</strong>se G lc ic h n is h a n d lu n g a lle n G lä u b ig e n a ls d er<br />

e rw a rte te M e s s ia s z u erkennen.<br />

E s ist d a s erste M a l , d a ß E r d a s in d ieser ö ffe n tlic h e n w e i s e tu t.<br />

S o n s t h e iß t es im m e r w ie d e r : „ U n d E r b e d ro h te sie, d a ß sie I h n n ich t<br />

( a ls M e s s ia s ) o f fe n b a r m a c h te n " . S e i n e n J ü n g e r n e n th ü llt E r S ie b


Palmsonntag<br />

3t7<br />

in - e r N ä h e v o n C ä s a rc a P h ilip p i , a l s sie n ich t in re in jüdischer U m ­<br />

g e b u n g sin d . A uch ih n e n v e rb ie te t E r , d a r ü b e r zu red en . D e n n „ d e s<br />

M ensch en S o h n m u ß z u v o r v ie l leiden u n d s te rb e n " . E r s t nach S e in e r<br />

A u fe rs te h u n g d ü rfe n sie v o n I h m a ls v o n dem M e s s ia s sprechen. D a s<br />

tu n sie auch s o fo rt, w ie <strong>die</strong> P f in g f tp r e d ig t d es P e t r u s z e ig t. W a r u m<br />

w o llte der H e r r , d a ß S e i n e G o tte s s o h n s c h a ft ein v e rsc h w ie g e n e s G e ­<br />

h e im n is b leib en so llte b is zu S e in e r A u fe rs te h u n g - w a r u m h a t E r es<br />

bei S e in e m E i n z u g in I c r u s a lc m so w e it g e lü fte t, d a ß d a s V o lk a u f<br />

den S t r a ß e n I h n m it d em m essianische» R u f : „ H o s ia n n a d em S o h n e<br />

D a v i d s ! " b e g r ü ß t )<br />

D ie s ist <strong>die</strong> A n t w o r t . D e r P r o p h e t S a c h a r j a h a tte la n g e v o r d er E r ­<br />

sch ein u n g I e s u C h ris ti a u f E r d e n d a s K o m m e n d es z u k ü n ftig e n m essianischcn<br />

L ö n i g s in au sd rü ck lich em G e g e n sa tz z u d en G e w o h n h e ite n<br />

irdischer K ö n ig e beschrieben, w e n n <strong>die</strong> K ö n ig e <strong>die</strong>ser W e l t in ih re<br />

H a u p ts tä d te ein zieh en , d a n n t u n sie es m c istn e s in B e g le itu n g ih r e r<br />

W ü r d e n tr ä g e r , ih r e r h o h e n B e a m te n u n d ih re r H e e re sm a c h t. D e n n ih r<br />

A n sehen r u h t a u f d er G e w a l t . D a f ü r sin d S o l d a t e n im m e r d a s sichtb<br />

a re Z eichen. D e r m essianische K ö n ig a b e r z ie h t a u f ein em E s e l ein .<br />

D e r E s e l ist ein frie d lic h e s u n d u n sc h e in b a re s T ie r . E r ist d a s Zeichen<br />

d a f ü r , d a ß der m essianische K ö n ig d u rch S a n f t m ü t i g k c i t d a s E rd re ic h<br />

besitzen w i l l . w a s E r im S i n n h a t, ist Z ried en . S a c h a r j a selber h a t<br />

seine W e is s a g u n g so v e rs ta n d e n . D e n n er s a g t a n d erselben S t e l l e :<br />

„ D ie G tr e itb o g e n so llen zerb ro ch en w e r d e n ; d e n n e s w i r d F ried e h e rrschen<br />

u n t e r d en H e id e n . U n d S e in e H e rrs c h a ft w i r d sein v o n einem<br />

M e e r b is a n s a n d e re u n d v o m S t r o m b is a n s E n d e d er W e l t " , w i e<br />

k an n a b e r ein er L ö n i g sein o h n e irdische M a c h t ) — D u rc h <strong>die</strong> g a n z<br />

a n d e r s a r tig e M a c h t d es f r e iw illig e n O p f e r s , d a s I c s u s a u f G o lg a th a<br />

d a r b rin g e n w i r d . I n <strong>die</strong>sem f r e iw illig e n O p f e r , d em <strong>die</strong> A u fe rs te h u n g<br />

f o lg t, v o lle n d e t sich d a s m essianische K ö n ig tu m C h ris ti. D e s h a lb so ll<br />

d a rü b e r g esch w ieg en w e rd e n , b is a lle s v o llb ra c h t ist. D e s h a lb f o lg t<br />

au ch a u f d a s P e tr u s b e k e n n tn is , bei d em im I ü n g e r k r e is z u m ersten<br />

M a le o ffe n a u sg e sp ro c h e n w i r d , d a ß I e s u s d er e r w a r te te M e s s ia s<br />

ist, s o fo rt <strong>die</strong> W e i s s a g u n g S e i n e s C cidens u n d S t e r b e n s , <strong>die</strong> P e t r u s<br />

n ich t v e rste h t ( M a tc h , - ö , r - f f . ) .<br />

w a r u m a b e r h a t I e s u s bci S e in e m E in z u g in I c r u s a lc m d a s G e h e im ­<br />

n is S e in e r G o ttc s s o h n s c h a ft g e l ü f t e t ) w e i l jetzt „ S e i n e S t u n d e g e ­<br />

k o m m en is t" . S e i n feierlich er E i n z u g ist b e re its <strong>die</strong> erste S t a t i o n a u f<br />

dem W e g e a n s K re u z .


.-zrr<br />

Die stille Q)oche<br />

H a b e n <strong>die</strong> M e n sc h e n v o n d a m a ls v e rs ta n d e n , w a s <strong>die</strong>se G le ic h n is ­<br />

h a n d lu n g b e d e u te t? I n einer H in s ic h t w o h l . w i e ein L a u ffe u e r eilt<br />

es in <strong>die</strong>sem A u g en b lick v o n M u n d zu M u n d : S e h t , E r k o m m t g e n a u<br />

so, w ie es d e r P r o p h e t v o r a u s g e s a g t h a t ! E r re ite t a u f einem E se l.<br />

D e r 8 rie d e n s k ö n ig ist d a u n d E r ist e s!<br />

A b er b e g riffe n sie auch den tie fe re n S i n n d e r W e i s s a g u n g , b e g riffe n<br />

sie, w a s d a s h e iß t, ein R ö n tg sein, d e r seine M a c h t a lle in d u rch sein u n ­<br />

sch u ld ig e s L eiden u n d S t e r b e n e r r i n g t ? S ic h e r n ic h t; sonst h ä tte d a s<br />

V o lk , d a s jetzt H o s ia n n a r u f t , n ic k t so kurze Z e it d a n ach „ R re u z ig e ,<br />

k re u z ig e !" schreien k ö n n en .<br />

H ie r a u s ersehen w i r , w ie p ersö n lich u n se r H e r r <strong>die</strong> W e is s a g u n g e n des<br />

A lte n T e s ta m e n t a u f S i c h b ezo g en u n d „ e r f ü l l t " h a t. A b e r w e n n es<br />

n u n a n u n s h e ra n k o m m t, d a ß w i r a n <strong>die</strong> u n sic h tb a re M a c h t S e in e s<br />

L ö n i g t u m s g la u b e n u n d d a s auch in u n se re m p ersö n lich en Leben b e­<br />

w eisen so lle n , w ie sc h w e r w i r d u n s d a s d a n n ! U n d dock ist C h ristels<br />

„ e in R ö n ig , d e m kein R ö n ig g leich et".<br />

. Ein jeglicher sei gesinnet, wie Jesus<br />

Christus auch war:<br />

0. welcher, ob Er wohl in göttlicher<br />

Gestalt war, hielt Er's nicht <strong>für</strong> einen<br />

Raub, Gott gleich sein,<br />

7. sondern äußerte Sich Selbst und<br />

nahm Lnechtsgcstalt an, ward gleich<br />

wie ein anderer Mensch und an Gebärden<br />

als ein Mensch erfunden;<br />

s. Er erniedrigte Sich Selbst und ward<br />

gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode<br />

am Lrcuz.<br />

Die Epistel<br />

g. Darum hat Ihn auch Gott erhöhet<br />

und hat Ihm einen Namen gegeben,<br />

der über alle Namen ist,<br />

10. daß in dem Namen Iesu sich beugen<br />

sollen aller derer Kniee, <strong>die</strong> im<br />

Himmel und auf Erden und unter der<br />

Erde sind,<br />

1z. und alle Zungen bekennen sollen,<br />

daß Iesus Christus der Herr sei, zur<br />

Ehre Gottes, des Vaters.<br />

Phil. r. s—,,<br />

A uch <strong>die</strong> E p is te l red et v o m „ M e s s ia s g e h e im n is " o d e r v o n dem G e ­<br />

h e im n is der G o ttc s s o h n s c h a ft C h ris ti. N u r blickt d e r A p o stel P a u l u s<br />

a u f <strong>die</strong> A u fe rs te h u n g I e s u C h ris ti zurück, w ä h r e n d <strong>die</strong> E v a n g e lie n<br />

a u f sie h in w e is e n . D e r A p o ste l w e iß schon u m <strong>die</strong> H e rrlich k eit des<br />

A u fe rsta n d e n e n , I h m erscheint es d a r u m a l s ein u n b e g re iflic h e s W u n ­<br />

d er, d a ß d e r, w e lc h e r b ei G o t t in g ö ttlic h e r G e s ta lt w a r , S ic h a lle r<br />

S e in e r g ö ttlic h e n M a c h t e n tä u ß e rte u n d ein M e n sc h w u r d e w ie w i r .<br />

E r n a h m „ R n c c h ts g e s ta lt" a n . E ig e n tlic h m u ß es h e iß e n : „ S k ia v e n -<br />

g e s ta lt" . E i n S k la v e ist, rechtlich b e tra c k te t, n ic h t e in m a l ein M en sch ,


Palmsonntag<br />

srg<br />

so n d ern eine S a c h e . M a n kan n sie k au fen u n d v e rk a u fe n , w ie m a n w ill.<br />

D a z u e rn ie d rig te C h r is tu s S i c h S e lb s t. A b e r n ic h t n u r d a s . E r ließ<br />

sich s o g a r a n s L r e u z sch lag en u n d s ta rb , w e ltlic h gesehen, den T o d<br />

ein es V e rb re c h e rs. S o k a n n keiner, d e r M e n sc h e n a n tlitz t r ä g t , sag en ,<br />

sein Geschick w ä r e sch w e re r a l s d a s d es S o h n e s G o t t e s . A ls G o t t in<br />

C h ris tu s M en sch w u r d e , ist E r a lle m m enschlichen W e s e n a u f den<br />

G r u n d g e g a n g e n u n d h a t <strong>die</strong> letzte H e fe u n se re s m enschlichen D a s e in s<br />

g e tru n k e n . S o w o llte e s G o t t in S e i n e r Liebe zu u n s , u n d d a s ist<br />

C h ris ti V e rd ie n s t, d a ß E r G o t t d a r in g e h o rs a m w a r , — n ic k t n u r b is<br />

z u m T o d e , so n d e rn b is z u m T o d e a m L r e u z .<br />

A b er g era d e in d e r N ie d rig k e it S e i n e s M e n s c h e n tu m s o ffe n b a rt sich<br />

S e in e g ö t t l i c h e M a je s tä t. N u r w e il E r G o t t e s S o h n w a r , t a t E r<br />

d a s . A ls b lo ß e r M en sch h ä tte E r v ie lle ic h t au ch d en w e g ein es g ro ß e n<br />

w e i s h e i t s l e h r e r s g eh en k ö n n en . A ls G o t t e s S o h n a b e r m u ß te E r<br />

<strong>die</strong> 8 cin d sc h a ft d er S c h r if tg e le h r te n u n d P h a r is ä e r t r a g e n ; a l s „ d e r<br />

I u d e n R ö n i g " h a t I h n p i l a t u s a n s L r e u z sch lag en lassen. D a s g e ­<br />

schah im G e h o r s a m g e g e n G o t t . D a r u m h a t I h n G o t t auch e rh ö h t<br />

u n d I h m den N a m e n g e g e b e n , d e r ü b e r a lle N a m e n ist. V o r <strong>die</strong>sem<br />

N a m e n b e u g e n w i r u n sere R n ie e .<br />

w i r so llen n ic h t m ü d e w e rd e n , d ie s G e h e im n is d e r G o tte s s o h n s c h a ft<br />

C h ris ti im m e r w ie d e r zu bedenken. D e n n in I h m ist beid es beschlossen,<br />

unsere E r l ö s u n g u n d d a s H e il d e r g a n z e n W e l t .<br />

<strong>Das</strong> Lied der Woche<br />

D u g ro ß e r S c h m e r z e n s m a n n<br />

A n den E i n g a n g d er K a rw o c h e ste llt d a s L ied des p a lm s o n n ta g e s <strong>die</strong><br />

G e s ta lt des leid en d en G o tte s s o h n e s , d en „ g r o ß e n S c h m e r z e n s m a n n " ,<br />

w ie I h n L u th e rs Z e itg e n o sse , d er M a le r d er R e f o r m a tio n A lb rech t<br />

D ü r e r , a u f dem T ite lb ild seiner K le in e n u n d G r o ß e n H o lz s c h n ittp a ssio n<br />

gezeichnet h a t. w i r b e g le ite n den H e r r n in d ieser stille n W o c h e a u f<br />

dem letzten S tü c k S e i n e s L r e u z c s w e g e s , d e r I h n S t u f e u m S t u f e in<br />

<strong>die</strong> T ie fe f ü h r t . I n a n b e te n d e r B e tr a c h tu n g f ü h r t u n s d a s Lied d u rch<br />

<strong>die</strong> letzten S t u n d e n des L e id e n s w e g e s : <strong>die</strong> S e e le n a n g s t in G e th s e -<br />

m a n e , <strong>die</strong> G e f a n g e n n a h m e , <strong>die</strong> G e iß e lu n g ; z e ig t u n s <strong>die</strong> D o rn e n k ro n e ,<br />

B l u t , W u n d e n u n d S c h m e rz e n , b is h in z u m letzten T o d e s k a m p f a m<br />

L r e u z . D a s a lle s w i r d n ic h t a l s d a s L eiden ein e s M e n sch en m itle id ig<br />

n a c h e m p fu n d e n ; es k o m m t k la r z u m A u sd ru c k , d a ß C h r is tu s d a s a lle s


3S0<br />

Die stille Woche<br />

leid et in g e h o r sa m e r S e lb s t h in g a b e . H in te r a lle m steh t d a s g e w a l t ig e<br />

Z e u g n is d e s „ E v a n g e lis t e n " u n te r den P r o p h e te n , I e s a j a 5 3 , d a s im<br />

L ied : m eh rfa ch a n k lin g t : „ F ü r w a h r , E r t r u g u n sere L r a n k h e it u n d lu d<br />

a u f S i c h u n sere S c h m e r z e n . . . E r ist u m u n serer M is s e t a t w i l le n v e r ­<br />

w u n d e t u n d u m u n serer S ü n d e w i l le n zersch la g en . D i e S t r a f e lie g t<br />

a u f I h m , a u f d a ß w i r F ried en h ä tte n ; u n d durch S e i n e W u n d e n sin d<br />

w i r g c h e ile t" . N u n tr a g e n w i r I h m d a s Ä r e u z n a ch , w e n n e s auch<br />

m it d em S e i n e n n ich t z u v e r g le ic h e n i s t : D a s Z eich en der Ä ö n ig s h e r r -<br />

sch aft d e s w e l t h e i l a n d c s .<br />

E i n a n d e r es P a s s io n s lie d , so fe r n d a s w o c h e n l ie d n ich t im G e s a n g ­<br />

buch ste h t:<br />

I e s u , D e in e P a s s io n w i l l ich setzt bedenken<br />

D ie erste Z e ile d ieses L ied es g ib t u n s fü r d ie g a n z e S t i l l e W o c h e <strong>die</strong><br />

R ic h t u n g a n : „ I e s u , D e in e P a s s io n w i l l ich jetzt bedenken", w i r<br />

m a ch en u n s <strong>die</strong> a n sch ließ en d e B i t t e d e s D ic h te r s z u e ig e n ; o h n e <strong>die</strong><br />

F ü h r u n g d es H e ilig e n G e is t e s w ü r d e u nsere P a s s io n s b e t r a c h t u n g v e r ­<br />

g e b e n s sein . A lle s n och so tie fe S ic h v e r se n k e n in d ie L in z e lz ü g e der<br />

L eid en sg esch ich te b le ib t e in u n fr u c h tb a r e s W e r k , s o la n g e w i r n ic h t,<br />

v o m H e ilig e n G e is t erleu ch tet, zu der tie fste n U rsach e d ieser P a s s io n<br />

v o r s to ß e n : „ E r ist u m u n serer M is s e t a t w i l le n v e r w u n d e t u n d u m<br />

u n serer S ü n d e w i l le n zersc h la g e n " . D a v o n redet der 3 . V e r s m it g r o ­<br />

ß e m E r n s t ; d a s le g t u n s auch L u th e r w ie d e r a n s H e r z . „ D a ß d u d ir<br />

tie f e in b ild e st, u n d g a r n ich t z w e ife ls t , d u seist der, der C h r is tu s a lso<br />

m a r te r t, d en n d ein e S ü n d H aben s g e w iß lic h g e t a n . . . D ie Ü b eltä te r ,<br />

___ , sin d d ein er S ü n d e D ie n e r g e w e s e n , u n d d u b ists w a h r h a f t i g , der<br />

durch seine S ü n d e G o t t S e i n e n S o h n e r w ü r g e t u n d g e k reu z ig e t h a t."<br />

D a s Gebet der Woche<br />

Herr Gott, himmlischer Vater, der D u aus väterlicher Gnade<br />

Deines eingeborenen Sohnes nicht verschont, sondern Ih n in den<br />

Tod und an das Äreuz hinan gegeben hast, wir bitten Dich, gib<br />

Deinen Heiligen Geist in unsre Herzen, daß wir solcher Gnade<br />

uns herzlich trösten, vor Sünden ferner uns hüten, und was D u zu<br />

leiden schickest, geduldig tragen mögen, auf daß wir durch Ih n<br />

mit D ir ewig leben. Amen.


Opfer<br />

„O pfer"<br />

Den» wir haben auch ein Ostcrlamm,<br />

das ist Christus, <strong>für</strong> uns geopfert.<br />

1- Lorinther s, 7 b.<br />

). a) <strong>Das</strong> Opfer im allgemeine«»«» S in n ist zunächst ein versuch des<br />

Menschen, sich Gott zu nahen, ohne dabei durch das verzehrende Heuer der göttgöttlichcn<br />

Heiligkeit (Hebr. ;r, 2g) getötet zu werden. So suchte im Alken Bund<br />

das tägliche Rauchopfcr <strong>die</strong> Gebete der <strong>Gemeinde</strong> vor den Thron des Allerhöchsten<br />

zu tragen, und noch heute pflegt man in der Lirche des Neuen Bundes<br />

<strong>die</strong> liturgischen Worte: „Mein Gebet müsse vor Dir taugen wie ein Rauchopfcr,<br />

meiner Hände Aufheben wie ein Abendopfer" (Psalm )4), 2). So sollten<br />

nach der Vorschrift des Gesetzes <strong>die</strong> Speisopfer <strong>die</strong> Dankbarkeit der <strong>Gemeinde</strong><br />

gegenüber der Güte Gottes zum Ausdruck bringen. Am wichtigsten<br />

aber waren <strong>die</strong> mit Blut dargebrachten Sündopfer, denn „ohne Blutvergießen<br />

geschieht keine Vergebung" (Hebr. g. 22; z. Mos. 4 u. s; )ö). Im<br />

Blut ist das Leben (3. Mos. 17, ))). <strong>Das</strong> Blut des geopferten Tieres erwirkt<br />

<strong>die</strong> verschonung dcs Menschen in dem Gericht Gottes, so wie in der Zeit<br />

der ägyptischen Plagen der livürgeengcl an den Häusern vorüberging, deren<br />

Türpfosten mit dem Blut des passahlammes bestrichen waren (2. Mos. 12,13).<br />

b) Alles Opfer ist fragwürdig im Hinblick auf das Dargebrachte und im<br />

Hinblick auf den Oarbringer. Denn das, was als Ersatz <strong>für</strong> den Tod des<br />

Opfernden dargebracht wird, gehört schon immer Gott — was soll Er überhaupt<br />

damit anfangen? „Alle Tiere im Walde sind Mein, — meinst du, daß<br />

Ich Ochfcnflcisch essen wolle oder Bocksblut trinken?" (ps. 50, ,0. 13). Der<br />

Darbringet aber ist und bleibt von Gott getrennt, da ihm auch <strong>die</strong> priesterllche<br />

Vermittlung nicht wahrhaft nützen kann. Auch der Hohepriester muß.<br />

wie jeder andere Mensch, am großen vcrsöhnungstag seine eigene Sünde<br />

bekcnnen (Hebr. 7, 27; 3. Mos. jd, d. ) 5). Ia, schon mit dem goldenen Stirnblatt<br />

„Heilig dem Herrn", wird <strong>die</strong> ganze Fragwürdigkcit dcs Opfers dauernd<br />

zum Ausdruck gebracht.<br />

c) Geradezu gefährlich wird das Opfer, wenn man glaubt, dadurch seinen<br />

„religiösen pflichten" zu „genügen". Mit gewaltige» Worten wandten sich<br />

deshalb <strong>die</strong> Propheten gegen jeden Opfer<strong>die</strong>nst, bei dessen berückender Feierlichkeit<br />

doch der Mensch, der <strong>die</strong> Gebote Gottes im täglichen Leben mißachtet, im<br />

Mittelpunkt steht (vgl. Amos s, 2)—24; Ies. I, )3). Solches Opfern gefällt<br />

Gott nicht. In <strong>die</strong>sem Sinn erklärt der fromme Psalmsänger:<br />

Du hast nicht Luft zum Opfer, und Brandopfer gefallen Dir nicht.<br />

Die Opfer, <strong>die</strong> Gott gefallen, sind ein geängsteter Geist;<br />

ein geängstet und zerschlagen Herz<br />

wirst Du, Gott, nicht verachten.<br />

Psalm si, ,z. ,g.<br />

ss;


ssr<br />

Die stille Woche<br />

r. a) So sind <strong>die</strong> Opfer im Alten Bund nur „ein Schatten" (Hebr. ,o, ?>,<br />

aber eben in <strong>die</strong>ser Weise sind sie zugleich eine W eissagung auf das Opfer<br />

unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus, wie es der Hebräerbrief<br />

Lap. 7, 2b—10, anschaulich beschreibt. Christus ist beides zugleich:<br />

der ewige Hohepriester und das „Opferlamm" Gottes, das der Welt Sünde<br />

trägt. Damit hebt Er das alte Opfcrwcsen auf, und des zum Zeichen reißt der<br />

Vorhang im Tempel mitten entzwei (Jes. ss, I o; Matth. 27, s>; Mark. -o, 4 ö;<br />

?. petr. 2, 24). Durch das Lreuz auf Golgatha ist der heidnische und jüdische<br />

Opfcrgedanke: „Ich geb« Dir, 0 Gott, etwas, damit Du mir etwas wiedergibst"<br />

völlig zunichte gemacht. <strong>Das</strong> Opfern, (aus dem lateinischen operari --­<br />

bewirken oder offerre -- darbringen) ist am Lreuz nicht ein Werk des Menschen,<br />

sondern ein Werk Gottes in Christus. Es ist nicht ein Opfer „von<br />

unten", sondern „von oben", das Christus als der von Gott bestimmte sündlose<br />

Anfänger einer neuen Menschheit <strong>für</strong> uns alle darbringt.<br />

Denn Gott war in Christo<br />

lind versöhnte <strong>die</strong> Welt mit Ihm selber.<br />

2. Lorinther s, ;g.<br />

Und in <strong>die</strong>sem Sinne haben wir „auch «in Osterlamm, Christus, <strong>für</strong> uns<br />

geopfert" (z. Lor. s, 7 b).<br />

b) Die Opfertat des Herrn Christus wird nach Seiner persönlichen letztwilligen<br />

Bestimmung in dem Sakrament des Altars lebendig erhalten.<br />

Leider ist daraus in der vorreformatorischen Entwicklung durch allerlei äußerchristliche<br />

Einflüsse wieder ein Menschenwerk geworden, indem das Opfer<br />

des Herrn Christus in der katholischen Messe zugleich als <strong>die</strong> vom Priester<br />

dargebrachte „unbefleckte Opfergabe" bezeichnet wird (im Offertormm, von<br />

offerre — opfern). Deshalb streiket das „Meßopfer" gegen den evangelischen<br />

Grundartikcl von der Rechtfertigung (s. d.) und wird in den Bekenntnisschriften<br />

der evangelisch-lutherischen Lirche als Irrlehre gekennzeichnet. Wo<br />

dagegen das Heilige Abendmahl unverändert nach der Einsetzung des Herrn<br />

Christus gefeiert wird, da begeht man dankbar das rechte Opfer des Neuen<br />

Testamentes nach den Worten des Paulus:<br />

Der gesegnete Lelch, welchen wir segnen,<br />

ist der nicht <strong>die</strong> Gemeinschaft des Blutes Christi -<br />

<strong>Das</strong> Brot, das wir brechen,<br />

ist das nicht <strong>die</strong> Gemeinschaft des Leibes Christi?<br />

Lorinther ;o, ;b.<br />

c) Durch <strong>die</strong> Opfertat des Herrn Christus ist es uns ermöglicht, daß w ir uns<br />

selbst in Dankbarkeit G ott zum Eigentum „opfern" und im fröhlichen<br />

und erlösten Gehorsam gegen Gottes Mrungen unseren „sachgemäßen<br />

Opfcr<strong>die</strong>nst" (Hebr. ?s, ,5; Röm. ,2, ,) halten. Dieses Opfer bat aber kcmc


Die stille Woche<br />

sss<br />

selbständige oder gar sühnend« Bedeutung, sondern erwächst als <strong>die</strong> Frucht<br />

guter Werke aus dem Glauben an das hohepriesterliche vcrsöhnungswerk<br />

Christi. <strong>Das</strong> höchste in <strong>die</strong>sem Sinne dargebrachte Opfer ist der Tod als Blutzeuge<br />

<strong>für</strong> den Heiland, der Sein Blut <strong>für</strong> uns gelassen hat (Phil. r, ?7). Im<br />

bildlichen Sinn bezeichnet endlich der Apostel Paulus auch <strong>die</strong> von ihm zum<br />

Glauben geführten Heiden als ein dem Herrn priestcrlich dargebrachtes Opfer<br />

(Röm. ;s, ?b).<br />

i. Sechs Tage vor Ostern kam Iesus<br />

gen Bcthanicn, da Lazarus war, der<br />

verstorbene, welchen Jesus auferweckt<br />

hatte von den Toten,<br />

r. <strong>Das</strong>elbst machten sie Ihm ein<br />

Abendmahl, und Martha <strong>die</strong>nte; Lazarus<br />

aber war deren einer, <strong>die</strong> mit<br />

Ihm zu Tische saßen.<br />

3. Da nahm Maria ein Pfund Salbe<br />

von ungefälschter, köstlicher Nardc und<br />

und salbte <strong>die</strong> Füße Jesu und trocknete<br />

mit ihrem Haar Seine Füße; das<br />

Haus aber ward voll vom Geruch<br />

der Salbe.<br />

4. Da sprach Seiner Jünger einer,<br />

Judas, Simons Sohn, Ischariot, der<br />

Ihn hernach verriet:<br />

-l-<br />

M ontag nach palm arum<br />

s. Warum ist <strong>die</strong>se Salbe nicht verkauft<br />

um dreihundert Groschen und<br />

den Armen gegeben?<br />

b. <strong>Das</strong> sagte er aber nicht, daß er nach<br />

den Armen fragte; sondern er war ein<br />

Dieb und hatte den Beutel und trug,<br />

was gegeben ward.<br />

7. Da sprach Jesus: Laß sie mit Frieden!<br />

Solches hat sie behalten zum<br />

Tage Meiner Begräbnis,<br />

r. Denn Arme habt ihr allezeit bei<br />

euch: Mich aber habt ihr nicht allezeit.<br />

9. Da erfuhr viel Volks der Juden,<br />

daß Er daselbst war; und sie kamen<br />

nicht um Jesu willen allein, sondern<br />

daß sie auch Lazarus sähen, welche»<br />

Er von den Toten erweckt hatt«.<br />

Ioh. ir, 9<br />

H a lte n w i r fü r r ic h tig , w a s M a r ia t u t , o d er h a t J u d a s r e c h t? w a r u m<br />

v e r sch w e n d e t d en n M a r ia <strong>die</strong>se kostbare S a l b e ? D a sitzt L a z a r u s , ih r<br />

B r u d e r , d en I e s u s a u ferw eck tc. A l s seine S c h w e s t e r h ö r t sie n ich t a u f ,<br />

J e s u s d a fü r zu d a n k en . D a ist sie selb er, der I e s u s ein st d a s E v a n g e ­<br />

liu m s a g te ; m u ß sie I h m n ich t d a n k en ? N a c h J e r u s a le m g e h t J e s u<br />

w e g , in S p o t t u n d T o d ; m u ß sie I h m n ich t v o r h e r e in w e n i g Liebe<br />

schenken? w a s h a t t e J e s u s f ü r s ie g e t a n ! M a r ia h a t recht.<br />

U n d J u d a s ? D e n k t er w ir k lic h a n d ie A r m e n ? E r w i r d h ier „ D ie b "<br />

g e n a n n t. V ie lle ic h t w o l lt e er d a s G e ld selber h a b e n ; v ie lle ic h t aber<br />

w o l lt e er a u ch e t w a s a n d e r e s , n ä m lic h : sich selber sp ie g e ln in der<br />

L iebe u n d d em D a n k , der I e s u s g e b ü h r t.<br />

w i e o f t h a t s o g e n a n n te m enschliche N ä c h ste n lieb e <strong>die</strong>sen H in t e r g r u n d !<br />

Die andere Lesung: Iesaias so, 4—


334 Dir stille Woche<br />

>8. Der Herr hat mir's offenbart, daß<br />

ich's weiß, und zeigte mir ihr Vornehmen,<br />

>g. nämlich, daß sie mich wie ein arm<br />

Schaf zur Schlachtbank führen wollen.<br />

Denn ich wußte nicht, daß sie<br />

Dienstag nach pa'm arum<br />

wider mich beratschlagt hatten und gesagt:<br />

Laßt uns den Baum mit seinen<br />

Früchten verderben und ihn aus dem<br />

Lande der Lebendigen ausrotten, daß<br />

seines Namens nimmermehr gedacht<br />

werde. Ier. ,8.<br />

E i n lä s tig e r M e n sch ist <strong>die</strong>ser P r o p h e t m it sein er B u ß p r e d i g t ; sie w o l ­<br />

len ih n n ich t lä n g e r b ei sich d u ld e n . D a r u m b eraten sie, w i e sie ih n<br />

lo s w e r d e n . S i e fin d e n e in w ir k s a m e s M i t t e l : m a n m u ß ih n t o t ­<br />

sch la g e n , d a n n ist er en d lich s till. S c h o n h a b en sie den P l a n e in g e fä d e lt;<br />

er w ir d ih n e n n ich t e n tr in n e n . A b er e in s h a b e n sie d a b e i v e r g e ss e n : D e r<br />

P r o p h e t ist G o t t e s W e r k z e u g , u n d G o t t h a n d e lt m it S e i n e n W e r k ­<br />

z e u g e n nach S e i n e m e ig e n e n P l a n . L e in M e n sch kann d a s ä n d e r n .<br />

D a s m u ß te n auch d c s P r o p h e te n Hemde e r fa h r e n .<br />

G e g e n I e s u s sch m ied en sie ein en ä h n lic h e n P l a n : w i r w o l le n I h n<br />

a u s r o tte n ! U n d der P l a n schien z u g e lin g e n , sie bra ch ten I h n a n s<br />

L r e u z . A b er es w a r d o c h n i c h t i h r P l a n , der d a e r f ü llt w u r d e , s o n ­<br />

dern G o t t e s W i l l e g e s c h a h a u f G o lg a t h a , u n d G o t t e s W i l l e w ir d<br />

geschehen zu (O stern 1<br />

Die andere Lesung: Markus >4, 1—r; 10—74; is, 1—3tz.<br />

ib. Dein Wort ward meine Speise,<br />

da ich's empfing; und Dein Wort ist<br />

meines Herzens Freude und Trost;<br />

denn ich bin ja nach Deinem Namen<br />

genannt, Herr, Gott Zebaoth.<br />

17. Ich habe mich nicht zu den Spöttern<br />

gesellt noch mich mit ihnen gefreut,<br />

sondern bin allein blieben vor<br />

Deiner Hand; denn Du hattest mich<br />

gefüllt mit Deinem Grimm,<br />

is. warum währt docy mein Leiden<br />

so lange, und meine Wunden sind so<br />

gar böse, daß sie niemand heilen kann?<br />

Du bist mir geworden wie ein Born,<br />

der nicht mehr quellen will.<br />

i g. Darum spricht der Herr also: w o<br />

du dich zu Mir hältst, so will Ick<br />

Mittwoch nach palm arum<br />

Mich zu dir halten, und sollst Mein<br />

Prediger bleiben. Und wo du <strong>die</strong><br />

Hrommcn lehrest sich sondern von den<br />

bösen Leuten, so sollst du Mein Mund<br />

sein. Und ehe du solltest zu ihnen<br />

fallen, so müssen sie eher zu dir<br />

fallen.<br />

ro. Denn Ich habe dich wider <strong>die</strong>s<br />

Volk zur festen, ehernen Mauer gemacht:<br />

ob sie wider dich streiten, sollen<br />

sie dir doch nichts anhaben; den» Ich<br />

bin bei dir, daß Ick dir helfe und dich<br />

errette, spricht der Herr,<br />

rp und will dich erretten aus der<br />

Hand der Dösen und erlösen aus der<br />

Hand der Tyrannen. Ier. ;s, ;b—rz


Gründonnerstag<br />

zss<br />

w a s ist der L o b n dessen, der G o t t e s W o r t h ä l t ) M u ß ih m n ich t G o t t<br />

G u t e s t u n ) D e r P r o p h e t h a t sich im D ie n s t G o t t e s v e r z e h r t, a ll seine<br />

L r a f t h a t er ein gesetzt, n ic h ts h a t ih n irre g e m a c h t. E r h a t sich v o n der<br />

G e se llsc h a ft der M e n sc h e n g e tr e n n t u n d ist e in sa m g e w o r d e n . A lle s<br />

u m G o t t e s w i l le n . U n d w a s h a t er g e e r n t e t ) S p o t t u n d S c h a n d e ,<br />

S c h lä g e u n d G e f ä n g n i s , L eid en u n d W u n d e n . D a s brachte der D ie n s t<br />

G o t t e s d em P r o p h e te n . U n d I e s u s b rach te derselbe D ie n s t <strong>die</strong> D o r n e n ­<br />

krone u n d d a s R r c u z .<br />

I s t d en n G o t t u n d a n k b a r ) N e in , n ich t G o t t , son d e r n <strong>die</strong> M e n sch e n , <strong>die</strong><br />

<strong>die</strong> den P r o p h e te n s c h lu g e n , w e i l er ih n e n G o t t e s W o r t s a g te , <strong>die</strong><br />

I e s u s k r e u z ig te n , w e i l E r G o t t e s S o h n w a r . G o t t aber v e r h ie ß S e i ­<br />

n e m P r o p h e te n <strong>die</strong> E r r e t t u n g u n d S e i n e m S o h n <strong>die</strong> A u fe r s te h u n g .<br />

U n d G o t t e s V e r h e i ß u n g is t m e h r a l s a l l e r i r d i s c h e r L o h n .<br />

H e r r , la ß u n s D e in e r V e r h e iß u n g tr a u e n !<br />

Die andere Lesung: Lukas rr, z—7; rs, )—4t.<br />

Gründonnerstag<br />

D e r G r ü n d o n n e r s t a g ste llt u n s in jene d u n k len A b en d stu n d e n , in den<br />

en C h r is tu s v e r r a te n w u r d e . A b er h e ll leu ch tet auch in d iesen S t u n d e n<br />

d a s H c ils w e r k C h r is ti. U n te r d em B r o t , d a s S e i n e H ä n d e beechen und<br />

a u s t e ile n , u n te r d em w e i n , den E r a lle n reich t, g ib t E r S e i n letztes,<br />

h o c h h e ilig e s V e r m ä c h t n is : S i c h S e l b s t .<br />

w i r b e g eh en den T a g im g lä u b ig e n A u sb lick zu I h m , d em leb en d ig e n<br />

H e ila n d , der u n s im H e ilig e n M a h l a llz e it S e i n e r G e g e n w a r t v e r ­<br />

sichert u n d u n s S i c h S e l b s t schenkt m it S e i n e n G a b e n : „ V e r g e b u n g<br />

der S ü n d e , L eben u n d S e lig k e it " . —<br />

„ O H e r r I e s u ,<br />

v e r e in ig e D ic h m it m ir .<br />

D e in h e ilig e r L eib speise m ich ,<br />

D e in te u r e s B l u t tränke m ich .<br />

D e i n b itte r e s L eid en stärke m ich .<br />

V o m b ö sen Hnnd e r ^ tte m ic h ."<br />

D er gesegnete Reich, welchen wir segnen,<br />

ist der nicht <strong>die</strong> Gemeinschaft des Blutes Christi)<br />

D a s B rot, das wir brechen,<br />

ist das nicht <strong>die</strong> Gemeinschaft des Leibes Christi)<br />

1. Lorinther 10, 10


33V<br />

Die stille Woche<br />

D a s Evangelium<br />

i. vor dem Ast aber der «Ostern, da<br />

Jesus erkannte, daß Seine Zeit gekommen<br />

war. daß Er aus <strong>die</strong>ser Welt<br />

ginge zum Vater: wie Er hatte geliebt<br />

<strong>die</strong> Seinen, <strong>die</strong> in der Welt waren,<br />

so liebte Er sie bis ans Ende.<br />

r. Und bei dem Abendessen, da schon<br />

der Teufel hatte dem Judas, Simons<br />

Sohn, dem Jschariot, ins Herz gegeben,<br />

daß er Ihn verriete,<br />

3. und Jesus wußte, daß Ihm der<br />

Vater hatte alles in Sein« Hände gegeben<br />

und daß Er von Gott gekommen<br />

war und zu Gott ging:<br />

4. stand Er vom Abendmahl auf, legte<br />

Seine Rlcidcr ab und nahm einen<br />

Schur; und umgürtete Sich.<br />

5. Darnach goß Er Wasser in ein<br />

Becken, hob an, den Jüngern <strong>die</strong> Füße<br />

zu waschen, und trocknete sie mit dem<br />

Schurz, damit Er umgürtet war.<br />

ö. Da kam Er zu Simon Petrus; und<br />

der sprach zu Ihm: Herr, solltest Du<br />

mir meine Füße waschen?<br />

7. Jesus antwortete und sprach zu<br />

ihm: w a s Ich tue, das weißt du jetzt<br />

nicht; du wirst es aber hernach erfahren.<br />

4. Da sprach Petrus zu Ihm: Nimmermehr<br />

sollst Du mir <strong>die</strong> Füße waschen!<br />

Jesus antwortete ihm: Werde<br />

Ich dich nicht waschen, so hast du kein<br />

Teil mit Mir.<br />

g. Spricht zu Ihm Simon Petrus:<br />

Herr, nicht <strong>die</strong> Füße allein, sondern<br />

auch <strong>die</strong> Hände und das Haupt!<br />

;o. Spricht Jesus zu ihm: wer gewaschen<br />

ist, der bedarf nichts denn <strong>die</strong><br />

Füße waschen, sondern er ist ganz rein.<br />

Und ihr seid rein, aber nicht alle.<br />

I?. (Denn Er wußte seinen Verräter<br />

wohl; darum sprach Er: Ihr seid<br />

nicht alle rein.)<br />

ir. Da Er nun ihre Füße gewaschen<br />

hatte, nahm Er Seine Lleider und<br />

setzte Sich wieder nieder und sprach<br />

abermals zu ihnen: wisset ihr, was<br />

Ich euch getan habe?<br />

;3. Ihr heißet Mich Meister und Herr<br />

und saget recht daran, denn Ich bin<br />

es auch.<br />

14. So nun Ich, euer Herr und Meister,<br />

euch <strong>die</strong> Füße gewaschen habe, so<br />

sollt ihr auch euch untereinander <strong>die</strong><br />

Füße waschen.<br />

zs. Ein Beispiel habe Ich euch gegeben,<br />

daß ihr tut, wie Ich euch getan<br />

habe.<br />

Joh. -3, j—?s<br />

Da, wo <strong>die</strong> drei Evangelisten von der Einsetzung des Heiligen Abendmahls<br />

berichten, steht im vierten Evangelium <strong>die</strong> Geschichte von der<br />

Fußwaschung. Sie geschah, als Iesu Stunde gekommen war. Judas<br />

hatte den Entschluß zum Verrat schon gefaßt, und Iesus wußte<br />

darum; aber er hatte sein Vorhaben noch nicht ausgeführt. I n <strong>die</strong>sem<br />

Augenblick, so sagt der Evangelist, kam Iesu Liebe zu ihrer höchsten<br />

Vollendung. Er, der Meister, wusch Seinen Iüngcrn <strong>die</strong> Füße.<br />

Die Fußwaschung ist eine ganz persönliche Handlung. w ie in einer<br />

Familie geht es an <strong>die</strong>sem Abend im Iüngerkreise zu. w i r fragen deshalb:<br />

w aru m hat E r Judas nicht vorher entfernt? E r wußte doch,<br />

wie es mit ihm stand, w i r hätten das sicher getan. Denn uns ist nichts<br />

schrecklicher, als in solchen Augenblicken einen Verräter unter uns zu


Gründonnerstag 337<br />

wissen. Und wie hat Judas es nur fertig gebracht, -aß er auch jetzt<br />

noch dablieb? w aru m ging er nicht von selbst?<br />

Iesus sagt kein hartes W ort. E r stellt nur fest: Es sind nicht alle rein.<br />

E r sagt auch nicht, warum; E r nennt keinen Namen, w eshalb nicht?<br />

w e il E r weiß, daß auch Judas nur ein Werkzeug in Gottes Hand ist.<br />

Christus ist von Gott gekommen und muß zu Gott zurückkehren. Dazu<br />

hilft Judas mit. w enn Gott nicht wollte, könnte Judas Ih n nicht<br />

verraten. Dies schließt nicht aus, daß es doch der Teufel war, der J u ­<br />

das den Gedanken des Verrats ins Her; gab. E s spricht ihn nicht frei<br />

von menschlicher Verantwortung und Schuld. Denn was er tut, tut er<br />

nicht, um Gott zu <strong>die</strong>nen, sondern aus ganz anderen Gründen.<br />

Gott ist der Herr auch über unsere Sünde und über <strong>die</strong> Listen des Teufels;<br />

aber w ie E r beides in den Dienst Seines Heilsratschlusses stellt,<br />

das ist vor unseren Augen verborgen. E s wäre ein Frevel zu sagen,<br />

daß Gott <strong>die</strong> Sünde will, weil E r sie geschehen läßt. Darum ist uns<br />

<strong>die</strong>ser Judas als abschreckendes Beispiel vor Augen gestellt. Baum hat<br />

er <strong>die</strong> böse Tat vollbracht, da packt ihn <strong>die</strong> Reue. <strong>Das</strong> Ende ist Verzweiflung<br />

und ein schmachvoller Tod. Auch wir, wenn w ir uns der<br />

bitteren Tatsache dcs Verrats gegenüber sehen, sollten glauben, wissen<br />

und bekennen: „Es kann mir nichts geschehen, als was E r hat ersehen<br />

und was mir selig ist". Glauben wir das nicht, wo wollen w ir dann<br />

bleiben auf <strong>die</strong>ser W elt? Dann sind <strong>die</strong> bösen Geister der Angst und<br />

des Mißtrauens um uns und in uns. Ach Gott, erbarm Dich unsrer<br />

armen Seelen! Dich, o Herr, hat es nicht bedrückt, daß Judas in <strong>die</strong>ser<br />

Stunde dabei war. E s brachte nur Deine Liebe zu ihrer höchsten<br />

Vollendung.<br />

Die Fußwaschung ist eine sinnbildliche Handlung, genau so wie <strong>die</strong><br />

Austreibung aus dem Tempel und der Einzug in Jerusalem. Die<br />

Jünger verstehen erst nicht, was sie zu bedeuten hat. Sie fragen auch<br />

nicht; denn sie sind gewohnt, zu schweigen, wenn der Herr redet und<br />

handelt. <strong>Das</strong> hat sie zu so guten Evangelisten gemacht, w e r zur rechten<br />

Zeit zu schweigen gelernt hat, zu hören und zu sehen, der kann<br />

nachher auch reden, wenn <strong>die</strong> Stunde da ist, zu reden.<br />

Auch Petrus hat eine w eile schweigend zugesehen. Als aber <strong>die</strong> Reihe<br />

an ihn kommt, hält er es nicht mehr aus. Ihm , dem Petrus, will Der<br />

<strong>die</strong> Füße waschen, von dem er weiß, daß E r Gottes Sohn ist? <strong>Das</strong> erträgt<br />

er nicht. Aber Jesus heißt ihn schweigen und warten: „Du verstehst<br />

jetzt noch nicht, was das zu bedeuten hat. w a rte nur! Gleick


zsr<br />

Die stille Woche<br />

wirst du es verstehen". Doch Petrus bleibt bei seiner Weigerung. Da<br />

stellt ihn der Herr vor <strong>die</strong> Entscheidung: „w en n Ich dir nicht <strong>die</strong> Küße<br />

wasche, so hast du kein Teil an M ir". Sofort schlägt <strong>die</strong> Meinung des<br />

Petrus um: w en n 's so ist, dann nicht nur <strong>die</strong> Küße, sondern auch <strong>die</strong><br />

Hände und das Gesicht. Ich möchte gerne ganz rein sein". E r meint<br />

also, das Küßewaschen Iesu habe denselben Sinn, wie <strong>die</strong> vielen anderen<br />

Waschungen, <strong>die</strong> er von Iugend auf gewöhnt war. Aber der<br />

Herr gibt ihm zu verstehen, daß er mit seiner Deutung auf dem I r r ­<br />

wege ist. „ w e r gebadet ist, bedarf keiner Waschung mehr!" w a s Er<br />

tut, hat mit den im Alten Bunde vorgeschriebenen Waschungen und<br />

Entsündigungen nichts zu tun. Denn Seine Iünger sind Glieder des<br />

Neuen Bundes. Als solche haben sie das Bad der Wiedergeburt hinter<br />

sich und brauchen keine Waschungen mehr. Sie sind durch den Glauben<br />

an Christus von innen her gereinigt und deshalb „ganz rein", —<br />

freilich nicht alle.<br />

Als <strong>die</strong> Kußwaschung vollzogen ist, folgt <strong>die</strong> Deutung. „Ein Beispiel<br />

habe Ich euch gegeben, daß ihr tut, wie Ich euch getan habe". Er,<br />

der Meister, hat Seinen Iüngcrn <strong>die</strong> Küße gewaschen. <strong>Das</strong> ist das genaue<br />

Gegenteil von dem, was w ir in der Regel tun, wenn w ir irgendwo<br />

Autorität haben und in Anspruch nehmen. Denn dann lassen<br />

w ir uns meist von anderen be<strong>die</strong>nen und sind schnell verletzt, wenn sie<br />

es an Ehrerbietung fehlen lassen. Iesus kennt <strong>die</strong> Menschen. Er<br />

weiß, daß auch Seine Iünger oft genug miteinander darüber gestritten<br />

haben, wer unter ihnen der Größte sei. Solch menschlicher<br />

Ehrgeiz soll aber unter ihnen nicht aufkommen. Darum gibt Er<br />

ihnen kurz vor Seinem Tode <strong>die</strong>s Beispiel. „Der Rnecht ist nicht größer<br />

als der Herr, noch der Apostel größer, denn der ihn gesandt hat.<br />

S o ihr solches wißt, selig seid ihr, wenn ihr's tut",<br />

w ie der Herr bei der Einsetzung des Heiligen Abendmahles Seinen<br />

Iüngcrn B rot und w ein dargereicht hat mit den W orten: Nehmt<br />

hin und eßt, das ist Mein Leib; trinkt alle daraus, das ist Mein<br />

Blut, so ist <strong>die</strong> Kußwaschung eine Handlung an ihrem Leibe. Sie<br />

sollen leiblich spüren, wcs Geistes Linder sie sind, damit sie's nicht<br />

vergessen, w ie sie im Essen und Trinken Anteil haben sollen an<br />

Seinem Sterben und Auferstehen, so heißt es hier: „w enn Ich dir<br />

nicht <strong>die</strong> Küße wasche, so hast du kein Teil an M ir". Darum steht<br />

<strong>die</strong> Geschichte von der Kußwaschung im vierten Evangelium nicht zufällig<br />

an der Stelle, wo in den drei ersten Evangelien der Bericht vom


Gründonnerstag<br />

ssg<br />

Heiligen Abendmahl steht. Lins erklärt und deutet das andere. Im<br />

Anteilhaben an dem Herrn, der um unserer Sünde willen dahingegeben<br />

und um unserer Rechtfertigung willen auferweckt wurde, sind <strong>die</strong><br />

Jünger Jesu Christi, ist Seine <strong>Gemeinde</strong> eine Gemeinschaft der Liebe.<br />

2 3. Ich habe es von dem Herrn empfangen,<br />

das ich euch gegeben habe.<br />

Denn der Herr Jesus in der Nacht,<br />

da Er verraten ward, nahm das Brot,<br />

24. dankte und brach's und sprach:<br />

Nehmet, esset, das ist Mein Leib, der<br />

<strong>für</strong> euch gebrochen wird; solches tut<br />

zu Meinem Gedächtnis.<br />

2 5. Desselbigengleichen auch den Reich<br />

nach dem Abendmahl und sprach: Dieser<br />

Lclch ist das neue Testament in<br />

Meinem Blut; solches tut, so oft ihr's<br />

trinket, zu Meinem Gedächtnis.<br />

2b. Denn so oft ihr von <strong>die</strong>sem Brot<br />

esset und von <strong>die</strong>sem Reich trinket,<br />

sollt ihr des Herrn Tod verkündigen,<br />

bis daß Er kommt.<br />

27. welcher nun unwürdig von <strong>die</strong>sem<br />

Brot isset oder von dem Reich<br />

D ie Epistel<br />

des Herrn trinket, der ist schuldig an<br />

dem Leib und Blut des Herrn,<br />

rs. Der Mensch prüfe aber sich selbst,<br />

und also esse er von <strong>die</strong>sem Brot und<br />

trinke von <strong>die</strong>sem Reich.<br />

2g. Denn welcher unwürdig isset und<br />

trinket, der isset und trinket ihm selber<br />

zum Gericht, damit, daß er nicht unterscheidet<br />

den Leib des Herr».<br />

30. Darum sind auch viel Schwache<br />

und Lranke unter euch, und ein gut<br />

Teil schlafen.<br />

3 z. Denn so wir uns selber richteten,<br />

so würden wir nicht gerichtet.<br />

3 2. wenn wir aber gerichtet werden,<br />

so werden wir von dem Herrn gezüchtiget,<br />

auf daß wir nicht samt der<br />

Welt verdammt werden.<br />

I. Lor. I I, 23— 32<br />

Im Heiligen Abendmahl haben wir teil an dem Vpfer, das Christus<br />

auf Golgatha <strong>für</strong> uns dargebracht hat. Darum sollen wir bedenken,<br />

wohin w ir gehen, wenn w ir zum Tisch des Herrn gehen, und was<br />

wir tun, wenn wir in der Gestalt von B rot und w ein Seinen Leib<br />

essen und Sein B lut trinken. Unwürdig ist nicht, wer weiß und fühlt,<br />

daß er ein Sünder ist. Der ist gerade eingeladen zum Heiligen Mahl.<br />

Aber unwürdig ist, wer mit einem gedankenlosen und oberflächlichen<br />

Herzen tut, als wäre das Vpfcr Christi auf Golgatha nichts.<br />

Im Essen und Trinken des Leibes und Blutes Christi bekennen wir<br />

uns handelnd zu dem, w as Christus <strong>für</strong> uns getan hat. E r ist <strong>für</strong><br />

alle gestorben, und w ir sind durch Seinen Tod und Seine Auferstehung<br />

mit Ihm und untereinander verbunden zu einem Leibe. „Unser<br />

keiner lebt ihm selber, unser keiner stirbt ihm selber. Leben wir, so<br />

leben wir dem Herrn; sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Darum,<br />

wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn". Darauf rubt <strong>die</strong> Ge­


340 Die stille Woche<br />

meinschaft, <strong>die</strong> w ir als (Flieder des Leibes Christi in der Rirche mit<br />

Ihm und miteinander haben.<br />

D as Lied des Tages<br />

Icsus Christus, unser Heiland,<br />

Der von uns den Gotteszorn wandt.<br />

Die Einführung in <strong>die</strong>ses Lied ist am Sonntag Latäre gegeben.<br />

D a s Gebet des Tages<br />

Herr Iesu Christe, der D u befohlen hast, in Deinem wunderbaren<br />

Sakramente Deines Leidens zu gedenken und Deinen Tod zu verkündigen,<br />

verleihe uns, <strong>die</strong>s Sakrament Deines Leibes und Blutes<br />

also zu gebrauchen, daß wir Deine Erlösung in uns täglich empfinden,<br />

D er D u mit dem Vater und dem Heiligen Geiste lebest<br />

und regierest von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.<br />

-t-<br />

D as heilige Abendmahl<br />

w er zum Sakrament des Altars geht, betritt das Allcrhciligsrc unserer Lirche.<br />

Allen steht es offen. Daß wir immer den rechten freudig-scheuen Zutritt fänden!<br />

Es geht hier um den gesegneten schmalen w eg zur Begegnung mit<br />

unserm Herrn! Diesen w eg dürfen wir gehen, frei von allen Hemmungen,<br />

als wären wir unwürdig; denn Christus lädt ja gerade <strong>die</strong> Mühseligen und<br />

Beladencn ein zur Lrquickung. w ir sollen ihn aber auch gehen frei von allerlei<br />

dreisten menschlichen Ansprüchen, als hätten wir uns selber damit das Zeugnis<br />

„fromm" oder gar „frömmer als <strong>die</strong> anderen" erworben, w er so denkt,<br />

tritt unwürdig zum Tisch des Herrn und ißt und trinkt sich selber zum Gericht.<br />

Darum, der Mensch prüfe sich selbst und sammle und bereite sich innerlich.<br />

Dabei können Hasten und Beichten uns helfen, während aber Christus allein<br />

es ist, der uns des Empfanges würdig erklärt hat.<br />

Wer will den tiefen Sinn des Hcrrcnmahls künden? w ir tun es nur als<br />

Haushalter über Gottes Geheimnisse. Auf dreierlei muß hingewiesen<br />

werden:<br />

>. Der Ort jeder Abendmahlshandlung ist <strong>die</strong> zum Sakrament des Altars<br />

versammelte <strong>Gemeinde</strong> auf Erden. Nicht wir erheben uns im Geist zur himmlischen<br />

Tafel des erhöhten Herrn, sondern Christus neigt Sich zu uns herab<br />

und kehrt bei uns ein. Wie Er auf Erden wandelte, wie das Wort Hleisch


<strong>Das</strong> heilige Abendmahl<br />

S4i<br />

ward, so gibt Er uns zur Stunde der Austeilung „in, mit und unter dem<br />

Brot" Seinen Leib zu essen, „in, mit und unter dem wein" Sein Blut zu<br />

trinken, wenn Luther hier gegenüber Zwingst feftblicb auf dem „das ist<br />

Mein Leib", dann verteidigte er damit nicht mehr und nicht weniger als den<br />

Glaubensartikel, der in jenem weihnachtlichen Iubelgesang von der Menschwerdung<br />

Christi bekundet wird: „In unser armes 8 >cisch und Blut verkleidet<br />

sich das ewig Gut. Lyriclcis". Zugleich verteidigt er das göttliche Geheimnis<br />

<strong>die</strong>ses Vorganges gegenüber dem versuch, mit dem Licht des menschlichen<br />

Verstandes ihm beizukommen und Brot und wein nur als Bilder,<br />

Zeichen und Symbole (d. h. Sinnbilder) der Wirklichkeit des Leibes und<br />

Blutes Jesu Christi zu betrachten. Nein, wo auch imnier Leib und Blut des<br />

Herrn gespendet werden, berührt Gott Selber <strong>die</strong>se arme Welt, unsere sündigen<br />

Herzen, und erfüllt sie mit Seinem Licht und himmlischem Frieden. Hier im<br />

geift-lciblichen Empfang, jenseits menschlichen verstehens ist der Ort der Begegnung<br />

mit deinem Erlöser. Hier, wo du im Glauben an Seine Worte <strong>die</strong><br />

Elemente Seiner Stiftung, das sind <strong>die</strong> irdischen Bestandteile Brot und wein,<br />

zu dir nimmst, wirst du Seiner Selbst und der ganzen Fülle Seines Erlösungswerkcs<br />

teilhaftig, und zwar <strong>für</strong> deinen ganzen Menschen, nach Geist,<br />

Seele und Leib. Darum <strong>für</strong>chte dich nicht, glaube nur!<br />

r. Was ist der In h alt der heiligen Handlung? w ie sagt der Apostel? „So<br />

oft ihr von <strong>die</strong>sem Brot esset und von <strong>die</strong>sem Lelch trinket, sollt ihr des<br />

Herrn Tod verkündigen bis daß Er kommt" (z. Bor. 11, rb). Im Heiligen<br />

Abendmahl hat Christus Selber in einmaliger weise <strong>die</strong> beiden großen Geheimnisse<br />

Tod und Leben zusammengebunden und sie uns an Seinem Leben<br />

und Sterben geklärt und verdeutlicht. Es geht also um <strong>die</strong> Verkündigung des<br />

Todes Iesu Christi: w ie das Brot gebrochen wird, zerbrach man Seinen<br />

Leib, wie der Wein in den Lelch gegossen wird, vergoß man Sein Blut. Da<br />

wird es uns, wenn überhaupt, deutlich: Ihr seid teuer erkauft! Die Leidenstaufe<br />

war vollendet am Lreuz. Die Liebe Gottes ist ihren w eg zu Ende gegangen,<br />

im qualvollen Sterben des Sohnes, der Opfergang eines um unsertwillen<br />

gclebten, unbescholtenen Lebens. „In der Nacht, da Er verraten<br />

war-» — als <strong>die</strong> Welt sich anschickt, den Sohn Gottes als unerträglich aus<br />

ihrer Mitte auszuscheiden, stiftet Er, der Sterbensbereitc, das Mahl des Lebens<br />

Kor. ;i, rs). Die durch den Tod getrennten Bestandteile Seines zerschlagenen<br />

Lörpers, Leib und Blut, vereinigt Er, der gesagt hatte: „Ich bin<br />

das Brot des Lebens" (Ioh. S, S5) und „Ich bin der Weinstock" (Ioh. ?s, i>,<br />

wieder auf dem Tisch des Liebcsmahles. Sein Tod wird uns im Nachtmahl<br />

ein Unterpfand zum Leben. Dem nächtlichen Dunkel des Verrats folgt der<br />

ewige Morgen der Auferstehung.<br />

3. w a s wirkt <strong>die</strong> heilige Handlung? Sie wirkt Vergebung der Sünden und<br />

Gemeinschaft der Heiligen. Ihre hochbctrübtcn Herzen, schmecket und sehet,<br />

wie freundlich der Herr ist! Einem jedem unter euch gibt Er Sich selbst zu


2 4!<br />

Dir stille Woche<br />

essen und zu trinken zur gewissen Versicherung, daß ihr Teil hab! am Leiden<br />

und am Reich. „Für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden",<br />

das ist des Meisters Wille, w ie tief beugt sich der Höchste herab zu uns,<br />

kommt unserer Sinnengcbundenheit entgegen und führt uns unter Brot und<br />

Wein <strong>die</strong> geistige Gab« der Sündenvergebung zu. Auge und Mund dürfen <strong>die</strong><br />

untrüglichen Zeugen werden von Gottes Barmherzigkeit und Gnade. Der Herr<br />

speist und tröstet unsere Seele, indem Er Sein Wort mit dem Wachstum<br />

der Erde verbindet und uns beides in eins darreicht. Nie aber bleibt <strong>die</strong> Teilnahme<br />

am Heiligen Abendmahl ohne Wirkung. Bringt sie dem Glaubenden<br />

<strong>die</strong> Befreiung von Schuld und Sünde, so wird sie dem Ungläubigen zum Gericht<br />

und zum Auch (;. Lor. 47. rg). Der Herr, der in Seinem Mahl<br />

schon durch Seine Gegenwart verworfene und Erlöste scheidet, verbindet <strong>die</strong><br />

gläubig Empfangenden untereinander zu Einer Gemeinschaft der Heiligen,<br />

denen <strong>die</strong> Sünde bedeckt ist. Die neue enge Verbindung mit Ihm, dem Haupt,<br />

ordnet auch <strong>die</strong> Glieder an Seinem Leibe neu einander zu. Durch sie alle<br />

rinnt der Strom Seiner reinigenden Liebe und erweckt sie zu neuem Tun an<br />

den Brüdern. <strong>Das</strong> Gesetz Seines Opfers überträgt sich auf <strong>die</strong> Seinen, auch ihr<br />

w eg ist eine Hingabe des ganzen Menschen im Dienste der Liebe. So erbaut<br />

sich auch aus dem immer wieder gespendeten Geheimnis des sakramentalen<br />

Wortes der Leib des Herrn auf Erden und im Himmel — Seine wahre Lirche.<br />

Gleichgültigkeit gegenüber <strong>die</strong>sem Mahl des Lebens bedeutet Absterben und<br />

Ausschluß vom Heil. w ir sind geladen — ja, wir sind befohlen — solches tut<br />

zu Meinem Gedächtnis! S o kommt denn oft und gern — all' ihr Gläubigen,<br />

und hört das Wort, mit dem <strong>die</strong> Elemente beim Heiligen Mahl euch gereicht<br />

werden:<br />

Nimm hin und iß,<br />

das ist der Leib Christi,<br />

der <strong>für</strong> dich gegeben ist.<br />

Der stärke und erhalte dich<br />

zum ewigen Leben.<br />

Amen.<br />

Nimm hin und trink,<br />

das ist das B lut des Neuen Testamentes,<br />

<strong>Das</strong> stärk« und erhalte dich<br />

zum ewigen Leben.<br />

Amen.


<strong>Das</strong> heilige Abendmahl 342<br />

D a s fü n fte H auptstück<br />

D a s Sakrament des A ltars oder das Heilige Abendmahl<br />

w a s ist das Sakrament des Altars)<br />

Es ist der wahre Leib lind Blut unsers Herrn Iesu Christi, unter dem<br />

B rot und w ein uns Christen zu essen und zu trinken von Christo<br />

Selbst eingesetzt.<br />

w o steht das geschrieben)<br />

S o schreiben <strong>die</strong> heiligen Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und<br />

Sankt Paulus:<br />

Unser H err Ie s u s C h ristu s, in der N acht, da E r v erraten<br />

w a rd , nahm E r das B ro t, dankte und brach's und g a b 's S e i ­<br />

nen J ü n g e rn u n d sp ra ch :N eh m et hin u n d e s s e t;d a s ist M ein<br />

Leib, der fü r euch gegeben w ird ; solches tu t zu M einem G e­<br />

dächtnis.<br />

D esselbigen gleichen nahm E r auch den Reich nach dem<br />

A bendm ahl, dankte und gab ihnen den und sprach: Nehm et<br />

hin und trin k et alle d a ra u s ; <strong>die</strong>ser Reich ist das Neue T estam<br />

ent in M einem B lu t, das fü r euch vergossen w ird zur<br />

V ergebung der S ü n d e n ; solches tu t, so oft ih r 's trin k et,<br />

zu M einem G edächtnis.<br />

w a s nützt denn solch Essen und Trinken)<br />

<strong>Das</strong> zeigen uns <strong>die</strong>se W orte:<br />

Hür euch gegeben und vergossen zur V ergebung der S ü n d e n ;<br />

nämlich, daß uns im Sakrament Vergebung der Sünden, Leben und<br />

Seligkeit durch solche W orte gegeben wird; denn wo Vergebung der<br />

Sünden ist, da ist auch Leben und Seligkeit.<br />

! ! ' l > ! ' , i ! n I I<br />

w ie kann leiblich Essen und Trinken solch große Dinge tun)<br />

Essen und Trinken tut's freilich nicht, sondern <strong>die</strong> Worte, so da stehen:<br />

8 ü r euch gegeben und vergossen zur V ergebung der S ü n d e n ;<br />

welche W orte sind neben dem leiblichen Essen und Trinken als das<br />

Hauptstück im Sakrament. Und wer denselben W orten glaubt, der<br />

hat, was sie sagen und wie sie lauten, nämlich: Vergebung der<br />

Sünden.


344 Dr« stille Woche<br />

w e r empfängt denn solch Sakrament würdiglich?<br />

Hasten und leiblich sich bereiten ist wohl eine feine äußerliche Zucht;<br />

aber der ist recht würdig und wohl geschickt, wer den Glauben hat an<br />

<strong>die</strong>se W orte:<br />

Hür euch gegeben und vergossen zur V ergebung der S ü n d e n ,<br />

w e r aber <strong>die</strong>sen Worten nicht glaubt oder zweifelt, der ist unwürdig<br />

lind ungeschickt; denn das W ort „Für euch" fordert eitel gläubige<br />

Herzen.<br />

D a s Ä reu z a u f G o lg a th a<br />

„Jesus Christus, gelitten unter Pontius pilatus, gekreuzigt, gestorben<br />

und begraben" — I n vollendetem Glauben legt E r Sein Leben in <strong>die</strong><br />

Hände des Vaters. Anbetend neigte E r das Haupt und verschied. —<br />

Solch Sterben ist S ieg !<br />

Es ist der S ie g über <strong>die</strong> W e lt! Petrus verleugnet, pilatus<br />

schwankt, Iudas verrät, <strong>die</strong> Jünger schlafen und fliehen, das Volk, das<br />

gestern noch das „Hosianna" rief, schreit das „Rreuzige"! Gott verhüllt<br />

<strong>die</strong> Furchtbarkeit der Sünde nicht. Er läßt sie gewähren. E s fällt<br />

kein Heuer vom Himmel, Petrus muß sein Schwert in <strong>die</strong> Scheide<br />

stecken. Die W elt wird ihrem Lauf überlassen. Aber das Lreuz wird<br />

zum furchtbaren Zeichen des Gerichtes. Zum Zeichen dessen, was <strong>die</strong><br />

W elt aus sich vermag: Den Sohn Gottes ans Äreuz schlagen! D as<br />

vermag <strong>die</strong>se W elt! Des zum Zeichen steht es da, das Äreuz von<br />

Golgatha! Mögen Menschen toben, es steht da als Zeichen des S ieges<br />

Jesu. — Und <strong>die</strong> Natur nimmt Teil an dem Geschehen; <strong>die</strong><br />

Sonne verliert ihren Schein, <strong>die</strong> Erde erzittert. Hier ist über den Lauf<br />

der weltgeschich e entschieden: es geht dem jüngsten Tage entgegen.<br />

Am Ären; hat <strong>die</strong> Liebe C hristi gesiegt! Die Liebe zur v e rlo re ­<br />

nen W e lt. <strong>Das</strong> Rreuz reißt Träumer und Schwärmer zurück aus<br />

dem Taumel des Lebens. Nicht Lösung der Welträtsel, nicht irdische<br />

Glücksmittel, nicht vergängliche Macht helfen hier, sondern allein <strong>die</strong><br />

Äraft, <strong>die</strong> uns hält, daß wir nicht verloren gch:n, nicht untergehen im<br />

Meer der Lüge und des Todes! Unter dem Äreuz Christi verlernen wir<br />

endgültig, den Traum der Sclbsterlösung weiterzuträumen. Am Ärcuz<br />

hängt der Versöhner der W elt, hängt dein und mein Versöhner! —<br />

S o b itten w ir nun an Christi S t a t t :<br />

Lasset euch versöhnen m it G o tt!


L« rfceitag S4S<br />

Der Larfreitag<br />

<strong>Das</strong> Gotteshaus steht im Zeichen der Buße und des Schmerzes um<br />

den Gekreuzigten. Die Altäre tragen <strong>die</strong> Harbe der Trauer, vielfach<br />

schweigt <strong>die</strong> Orgel beim Gottes<strong>die</strong>nst oder tritt zurück. Die <strong>Gemeinde</strong><br />

steht in stiller Anbetung vor dem Lreuze Christi, an dem <strong>die</strong> E ntscheidung<br />

<strong>für</strong> das Heil der W elt durchgekämpft ist.<br />

Er soll <strong>die</strong> Starken zum Raube haben, darum, daß S ein e S eele<br />

gearbeitet und Er S e in Leben in den Tod gegeben und vieler<br />

Sünde getragen hat. Iesaja 33,<br />

>v. Da überantwortete er Ihn, daß<br />

Er gekreuziget würde. Sie nahmen<br />

aber Jesum und führetcn Ihn hin.<br />

17. Und Er trug Sein Lrcuz und^ging<br />

hinaus zur Stätte, <strong>die</strong> da heißet Schädelstätte,<br />

welche heißet auf hebräisch<br />

Golgatha.<br />

;r. Allda kreuzigten sie Ihn und mit<br />

Ihm zween andere zu beiden Seiten,<br />

Jesum avcr mitten mnc.<br />

, g. pilatus aber schrieb eine Überschrift<br />

und setzte sie auf das Lreuz; und war<br />

geschrieben: Icsus von Nazareth, der<br />

Iuden Lönig.<br />

ro. Diese Überschrift lasen viele Iuden;<br />

denn <strong>die</strong> Stätte war nah« bei<br />

der Stadt, da Iesus gekreuzigt ward.<br />

Und es war geschrieben in hebräischer,<br />

griechischer und lateinischer Sprache.<br />

21. Da sprachen <strong>die</strong> Hohenpriester der<br />

Iuden zu pilatus: Schreibe nicht:<br />

„Der Iuden Lönig", sondern daß Er<br />

gesagt habe: Ich bin der Iuden<br />

Lönig.<br />

rr. pilatus antwortete: w a s ich geschrieben<br />

habe, das hab ich geschrieben.<br />

rs. Die Lriegskncchtc aber, da sie Icsum<br />

gekreuzigt hatten, nahmen sie<br />

Seine Lleider und machten vier Teile,<br />

einem jeglichen Lriegsknechtc ein Teil,<br />

dazu auch den Rock. Der Rock aber<br />

<strong>Das</strong> Evangelium<br />

war ungcnäht, von obenan gewirket<br />

durch und durch.<br />

24. Da sprachen sie untereinander:<br />

Lasset uns den nicht zerteilen, sondern<br />

darum losen, wcs er sein soll. (Auf<br />

daß erfüllet würde <strong>die</strong> Schrift, <strong>die</strong> da<br />

sagt: „Sie habe» meine Lleider unter<br />

sich geteilt und haben über meinen<br />

Rock das Los geworfen.") Solches taten<br />

<strong>die</strong> Äriegsknechte.<br />

2 3. Es stand aber bei dem Lrcuze Icsu<br />

Seine Mutter und Seiner Mutter<br />

Schwester, Maria, des Lleophas<br />

Weib, und Maria Magdalcna.<br />

rb. Da nun Icsus Seine Mutter sah<br />

und den Iünger dabei stehen, den Er<br />

lieb hatte, spricht Er zu Seiner Mutter:<br />

Weib, siehe, das ist dein Sohn!<br />

27. Darnach spricht Er zu dem Iünger:<br />

Siehe, das ist deine Mutter! Und<br />

von der Stunde an nahm sie der<br />

Iünger zu sich.<br />

25. Darnach, da Iesus wußte, daß<br />

schon alles vollbracht war, daß <strong>die</strong><br />

Schrift erfüllet würde, spricht Er:<br />

Mich dürstet!<br />

2g. Da stand ein Gefäß voll Essigs.<br />

Sie aber Mieten einen Schwamm mit<br />

Essig und legten ihn um einen )?sop<br />

und hielten es Ihm dar zum Munde,<br />

so. Da nun Iesus den Essig gcnom-


34b<br />

men hatte, sprach Lr: Ls ist vollbracht!<br />

und neigte das Haupt und verschied.<br />

3;. Die Iuden aber, <strong>die</strong>weil es der<br />

Rüsttag war, daß nicht <strong>die</strong> Leichname<br />

am Kreuze blieben den Sabbat über<br />

(denn desselben Sabbats Tag war<br />

groß), baten sie pilatus, daß ihre<br />

Leine gebrochen und sie abgenommen<br />

würden.<br />

3r. Da kamen <strong>die</strong> Äricgsknechte und<br />

brachen dem ersten <strong>die</strong> Deine und dem<br />

andern, der mit ihm gckrcuziget war.<br />

33. Als sie aber zu Iesus kamen und<br />

sahen, daß Er schon gestorben war,<br />

brachen sie Ihm <strong>die</strong> Beine nicht;<br />

Dic stille Woche<br />

34. sondern der Rricgsknechte einer<br />

öffnete Seine Seite mit einem Speer,<br />

und alsbald ging Blut und Wasser<br />

heraus.<br />

35. Und der das gesehen hat, der hat<br />

es bezeugt, und sein Zeugnis ist wahr;<br />

und dcrselbigc weiß, daß er <strong>die</strong> Wahrheit<br />

sagt, auf daß auch ihr glaubet.<br />

3b. Denn solches ist geschehen, daß <strong>die</strong><br />

Schrift erfüllet würde: „Ihr sollt<br />

Ihm kein Bein zerbrechen."<br />

37. Und abermals spricht eine andere<br />

Schrift: „Sie werden sehen, in welchen<br />

sie gestochen haben."<br />

Ioh. iö—37<br />

UIir hören still, was uns der Evangelist über <strong>die</strong> Sterbestunde unseres<br />

Herrn berichtet. E r redet erst von pilatus und den römischen Soldaten,<br />

dann von den drei Frauen und dem einen Iünger, <strong>die</strong> unter dem<br />

Lreuze standen.<br />

P ila tu s findet keine Schuld an Icsus. Deshalb spricht er auch kein<br />

Urteil aus. E s heißt nur: „Da übergab er Ih n ihnen (den Soldaten)<br />

zur Kreuzigung", w aru m tut er das ) w e il dic Iuden ihm selber mit<br />

einer Anzeige in Rom gedroht haben, wenn er Iesus freisprechen<br />

würde. S o handelt ein Statthalter des römischen Kaisers! Gegen sein<br />

Gewissen, aus Angst vor denen, über dic er gesetzt ist. Ein böses Gewissen<br />

sucht sich zu rächen, pilatus läßt über dem Kreuz eine Tafel<br />

anbringen mit der Inschrift: „Icsus von Nazareth, der König der<br />

Iuden". Dreisprachig, damit es ja auch alle lesen können. Darin liegt<br />

Hohn und Spott gegen Iesu Ankläger, pilatus versteht nicht viel von<br />

ihrem Glauben. Aber er weiß, daß sie auf einen mcssianischcn König<br />

hoffen. Darum: „König der Iuden!" Die Ankläger Iesu können nicht<br />

einmal viel dagegen sagen. Harten sie selber nicht <strong>die</strong>s Stichwort dem<br />

pilatus gegeben) w a s hilft es ihnen, daß sie <strong>die</strong> Inschrift geändert<br />

haben wollen) Für pilatus sind das Spitzfindigkeiten. E r sagt kalt:<br />

„ w a s ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben".<br />

Iesus betete am Kreuz <strong>für</strong> Seine Feinde; pilatus der Heide hat sie<br />

mit ihren eigenen Worten verhöhnt und verspottet,<br />

w ährend Iesus mit dem Tode ringt, reißen sich <strong>die</strong> S o ld a te n um<br />

Seine Kleider. Es geht schließlich um den Rock. <strong>Das</strong> ist das lange Untergewand,<br />

das Iesus getragen hat. E s ist aus einem Stück. Man fin-


Karfreitag 347<br />

det es schade, den Rock auseinanderzureißen. Deshalb wird darum gewürfelt.<br />

<strong>Das</strong> machen Soldaten so.<br />

E s ist seltsam. Der Leib, der <strong>die</strong>sen „Rock" getragen hat, ringt mit<br />

dem Tode; aber der Rock wird geschont, w aru m 7 Der Evangelist<br />

sagt: Eine Weissagung erfüllt sich. Denn Psalm rr steht: „Ich<br />

möchte alle meine Gebeine zählen. Sie aber schauen und sehen ihre Lust<br />

an mir. Sie teilen meine Äleider unter sich und werfen das Los um<br />

mein Gewand". S o streiten sich oft <strong>die</strong> weiterlebenden um den ärmlichen<br />

Nachlaß eines Sterbenden, bevor er ganz verschieden ist. w el- v<br />

cher Gedankenlosigkeit, Habgier und Gefühlsroheit sind wir Menschen<br />

fähig!<br />

Viele haben Iesus gehört; vielen hat E r geholfen. Aber von all denen<br />

stehen nur drei Frauen ^ d Iünger unter Seinem Äreuz. Iesu<br />

M u tte r hat Zeiten gehabt, in denen sie an ihrem Sohne irre wurde.<br />

Aber jetzt ist sie da, um Ihm in <strong>die</strong>ser schweren Stunde nah zu sein.<br />

Rann eine Mutter anders) Sie hat ihre Schw ester mitgebracht. <strong>Das</strong><br />

pflegen Frauen auf solchen schweren Gängen zu tun. Ganz allein<br />

w är's ihnen zu hart. Außer ihnen ist noch M aria aus .Magdala<br />

da. Sie ist durch tiefe Abgründe des Lebens hindurchgegangen, und der<br />

Herr hat ihr geholfen. Darum <strong>für</strong>chtet sie sich nicht mehr vor dem<br />

Tode; ihre Liebe ist stärker als ihre Angst. Und was ist es um jenen<br />

einen I ü n g e r , der unter dem Äreuze stand) W ir hören im vierten<br />

Evangelium wenig mehr von ihm, als daß Iesus ihn lieb hatte. Er<br />

w ar vielleicht kein so großer Bekenner wie Petrus, er w ar einer von<br />

den Stillen. Aber jetzt ist er da. E s gibt solche, deren Ver<strong>die</strong>nst nur<br />

darin besteht, daß sie in der entscheidenden Stunde zugegen sind. Man<br />

weiß, daß sie dann kommen werden. <strong>Das</strong> ist ein großer Trost. Sonst<br />

war von all den andern niemand da,— auch keiner der andern Iünger.<br />

I n <strong>die</strong> Hände <strong>die</strong>ser vier gibt Iesus Sein irdisches Vermächtnis:<br />

„Weib, siehe, das ist dein Sohn!" und zu dem Iünger: „Sich', das ist<br />

deine M utter!" Im Blick auf <strong>die</strong> geistlichen Güter, <strong>die</strong> der Herr Seiner<br />

<strong>Gemeinde</strong> hinterließ, hat E r keinen Seiner Iünger zu Seinen:<br />

Stellvertreter ernannt. Darin vertritt ihn der Geist, der der ganzen<br />

<strong>Gemeinde</strong> gegeben ist. Aber im Blick auf Seine Mutter hat E r <strong>die</strong>sen<br />

Iünger, den E r lieb hatte, zu Seinem Stellvertreter gemacht, und es<br />

heißt von ihm: „von Stund an nahm er sie zu sich". S o erfüllen sich<br />

unter dem Äreuz zum ersten Male beide W orte Iesu: „ w e r Vater<br />

oder Mutter mehr liebt als Mich, der ist Mein nicht wert". Alle vier,


Z4« Die stille Woche<br />

dic unter dem Ärcuze stehen, haben etwas aufs Spiel gesetzt. Zugleich<br />

das andere W ort: „ w e r verläßt Brüder und Schwestern oder<br />

Vater oder Mutter oder Weib oder Linder um Meinetwillen, der<br />

wird hundertfältig empfangen, jetzt in <strong>die</strong>ser Zeit, Bruder und<br />

Schwestern und Mütter und Linder mitten in Verfolgungen, und in<br />

der zukünftigen W elt das ewige Leben.<br />

Als der Herr fühlt, daß alles vollbracht ist, was E r nach der Schrift<br />

um unseres Heiles willen leiden muß, spricht E r: „Mich dürstet". Die<br />

Sonne brennt auf Seinen entblößten Leib. E r bittet um ein kleines<br />

Labsal. Man reicht Ihm einen Schwamm mit Essigwasser. Auch<br />

darin erfüllt sich ein Psalmwort (ög): „Und sie geben mir Galle zu<br />

essen und Essig zu trinken in meinem großen Durst". S o genau trifft<br />

alles ein, was gcwcissagt ist, und so voll von göttlichem Sinn ist<br />

alles, was am Lrcuze geschieht. Haben <strong>die</strong> Menschen dem Herrn je<br />

etwas anderes zu trinken gegeben, solang' E r lebt, als Essig und<br />

Galle) — Iesus nimmt den Essig hin und spricht das letzte W ort:<br />

„Es ist vollbracht". Dann kommt der Tod.<br />

w a s nun noch geschieht, ist menschlich betrachtet, Barmherzigkeit an<br />

einem Leichnam. Den Mitgekreuzigten werden „<strong>die</strong> Gebeine gebrochen".<br />

<strong>Das</strong> ist der Gnadenstoß. Aber Iesus geschieht nichts. E r ist<br />

schon gestorben. M an öffnet ihm nur <strong>die</strong> Seite. E s fließt B lut mit<br />

Wasser heraus. Der das erzählt hat, hat es selbst gesehen, sagt der<br />

Evangelist. Auch darin erfüllen sich zwei Weissagungen: „ Ih r sollt<br />

ihm kein Bein zcrbrecken" und <strong>die</strong> andere: „Sie werden sehen, in welchen<br />

sie gestochen haben". S o geschieht nichts ohne Gottes Vorherbestimmung<br />

und Voraussage.<br />

„F ü r euch gegeben und vergossen zur Vergebung der S ünden",<br />

das ist <strong>die</strong> Inschrift, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Äirche über das Ärcuz Christi setzt,<br />

w i r verstehen sie, wenn der Sünde Fluch und Gottes Strafe schwer<br />

auf uns liegen, in Zeiten des Elends und der Not. w e r kennt solche<br />

Zeiten nicht) Aommen sie, dann verkündet uns <strong>die</strong>se Inschrift über<br />

dem Lreuz: Verzage nicht! Gott weiß, was dich quält. E r hat das<br />

Zeichen auf Golgatha aufgerichtet, damit du nicht verzweifelst. Line<br />

w eile geht das Leiden, eine w eile währt das Sterben. Bist du aber<br />

im Glauben hindurch, dann folgt auf den Rarfrcitag der «Ostcrmorgen.<br />

Glaub' es nur!<br />

Andere freilich machen es wie pilatus und seine Soldaten oder wie dic<br />

Iuden. pilatus und <strong>die</strong> Soldaten vergaßen, <strong>die</strong> Iuden spotteten und


Karfreitag<br />

höhnten. S o ist das Ären; den einen eine Torheit und Ärgernis, den<br />

andern aber eine Kraft, <strong>die</strong> da selig macht alle, dic daran glauben.<br />

i. Aber wer glaubt unsrer predigt,<br />

und wem wird der Arm des Herrn<br />

offenbart)<br />

r. Denn Er schoß auf vor Ihm wie ein<br />

Reis und wie eine Wurzel aus dürrem<br />

Erdreich. Er hatte keine Gestalt<br />

noch Schöne; wir sahen Ihn, aber da<br />

war keine Gestalt, <strong>die</strong> uns gefallen<br />

hätte.<br />

3. Er war der Allervcrachtctstc und<br />

Unwerteste, voller Schmerzen und<br />

Krankheit. Er war so verachtet, daß<br />

man das Angesicht vor Ihm verbarg;<br />

darum haben wir Ihn nichts geachtet.<br />

4. Fürwahr, Er trug unsre Krankheit<br />

und lud auf Sich unsre Schmerzen.<br />

Wir aber hielten ihn <strong>für</strong> Den, der geplagt<br />

und von Gott geschlagen und<br />

gemartert wäre.<br />

s. Aber Er ist um unsrer Missetat<br />

willen verwundet und um unsrer<br />

Sünde wiilen zerschlagen. Die Strafe<br />

liegt auf Ihm, auf daß wir Frieden<br />

hätte», und durch Seine Wunden sind<br />

wir gchcilet.<br />

d. w ir gingen alle in der Irre wie<br />

Schafe, ein jeglicher sah auf seinen<br />

Weg: aber der Herr warf unser aller<br />

Sünde auf Ihn.<br />

7. Da Er gestraft und gemartert<br />

ward, tat Er Seinen Mund nicht auf<br />

wie ein Lamm, das zur Schlachtbank<br />

geführt wird, und wie ein Schaf, das<br />

D ie Epistel<br />

34S<br />

verstummet vor seinem Scherer und<br />

seinen Mund nicht auftut.<br />

s. Er ist aber aus der Angst und Gericht<br />

genommen; wer will Seines Lebens<br />

Länge ausreden) Denn Er ist aus<br />

dem Lande der Lebendigen weggerissen,<br />

da Er um <strong>die</strong> Missetat meines<br />

Volks geplagt war.<br />

g. Und man gab Ihm bei Gottlosen<br />

Sein Grab und bei Reichen, da Er gestorben<br />

war, .wiewohl Er niemand<br />

Unrecht getan hat noch Betrug in<br />

Seinem Munde gewesen ist.<br />

-o. Aber der Herr wollte Ihn also<br />

zerschlagen mit Krankheit, wenn Er<br />

Sein Leben zum Schuldopfer gegeben<br />

hat, so wird Er Samen haben und in<br />

<strong>die</strong> Länge leben, und des Herrn vornehmen<br />

wird durch Seine Hand fortgehen.<br />

f f. Darum daß Seine Seele gearbeitet<br />

hat, wird er Seine Lust sehen und <strong>die</strong><br />

Fülle haben. Und durch Seine Erkenntnis<br />

wird Er, mein Knecht, der<br />

Gerechte, viele gerecht machen; denn<br />

Er trägt ihre Sünden,<br />

z r. Darum will ich Ihm große Menge<br />

zur Beute geben, und Er soll dic<br />

Starken zum Raube haben, darum daß<br />

Er Sein Leben in den Tod gegeben<br />

hat und den Übeltätern gleich gerechnet<br />

ist und Er vieler Sünde getragen<br />

hat und <strong>für</strong> <strong>die</strong> Übeltäter gebeten.<br />

Ics. ss,<br />

Iesaias ss ist <strong>die</strong> persönlichste Weissagung des Alten Testamentes aus<br />

Iesus Christus. Liest man sie nur als Weissagung, so ist ihr Ginn<br />

dunkel; versteht man sie von Dem her, durch Den sie sich erfüllte,<br />

dann ist sie seltsam klar in allen Einzelheiten. Schon Iesus Selber hat<br />

sie auf Sich bezogen, w aru m hätte E r sonst so oft gesagt, daß des<br />

Menschen Sohn viel leiden, schließlich sterben müsse und dann auf-


3S0<br />

Dir stille Woche<br />

erstehen werde nach der Schrift) W ar's nicht auch — neben andern<br />

— gerade <strong>die</strong>se Stelle der Schrift, <strong>die</strong> den Emmaussüngern <strong>die</strong><br />

Augen öffnete <strong>für</strong> denSinn dessen,was amLarfrestag geschehen war.<br />

<strong>Das</strong> Leiden des „Knechtes Gottes", von dem Iesaia redet, ist stellvertretendes<br />

Leiden. Stellvertretendes Leiden gibt es auch sonst im menschlichen<br />

Leben, w enn etwa einer im Kriege den Angriff der Hemde aufhält,<br />

damit <strong>die</strong> andern sich in Sicherheit bringen können, und dann<br />

nicht wiederkommt, so ist sein Tod ein stellvertretender Tod. Auch sonst<br />

geschieht bisweilen, daß einer <strong>für</strong> seine Freunde leidet. W as alle treffen<br />

könnte, trifft nur ihn; und weil es ihn getroffen hat, bleiben <strong>die</strong> andern<br />

verschont. Treten Menschen in <strong>die</strong>ser weise <strong>für</strong> einander ein,<br />

dann tun sie das Größte, was sie <strong>für</strong> einander tun können. Aber es ist<br />

doch nicht mit dem zu vergleichen, was Christus getan hat. Denn<br />

Christus ist nicht um einer menschlichen Sache willen in den Tod gegangen,<br />

sondern damit Gottes ewige Wahrheit uns durch Sein unschuldiges<br />

Leiden und Sterben offenbar würde. <strong>Das</strong> hat E r Selber<br />

vor pilatus bezeugt: „Ich bin dazu geboren und in <strong>die</strong> W elt gekommen,<br />

daß Ich <strong>die</strong> Wahrheit zeugen soll. w e r aus der Wahrheit ist,<br />

der hört Meine Stimme", welches ist <strong>die</strong>se W ahrheit) — Daß W elt<br />

und Menschen den Tod ver<strong>die</strong>nen, denn der Tod ist der Sünde Sold;<br />

daß es aber „<strong>für</strong> dic, dic in Christus sind, keine Verdammnis gibt".<br />

Und was sagt <strong>die</strong>se Stim m e) — „Für dich vergeben und vergossen<br />

zur Vergebung der Sünde!"<br />

<strong>Das</strong> Lied des Tages<br />

Da Iesus an dem Kreuze stund<br />

w i r empfinden wieder, daß <strong>die</strong> zurückhaltende Art, in der <strong>die</strong>s Lied<br />

vom Leiden Christi singt, dem Geschehen auf Golgatha weit mehr angemessen<br />

ist, als <strong>die</strong> Art vieler späterer Lieder, <strong>die</strong> in Ausdrücken<br />

menschlichen Schmerzes einhergchen. E s liegt über <strong>die</strong>sem Gesang<br />

eine Herbheit, eine gedrängte Kraft der Sprache, wie sie alten Volksliedern<br />

eigen ist. Die abwärts geneigte weise, im phrvgischen Kirchenton,<br />

voll verhaltener Klage, ist eine der edelsten unter allen Kirchenliedern.<br />

Den Inhalt des Liedes geben dic sieben W orte vom Kreuz. Hier<br />

schauen w ir dem sterbenden Heiland mitten ins Herz. Iedes einzelne<br />

Lreuzeswort wird in einem kurzen Vers unter engster Anlehnung an


Karfreitag 331<br />

das biblische Vorbild wiedergegeben; und doch ist <strong>die</strong> Art, wie der<br />

Dichter das sagt, wie er oft nur durch eine Zeile, durch ein W ort<br />

etwas besonderes hervorhebt, bedeutsam. Da Iesus an dem Kreuze<br />

stund: Erinnert das nicht an <strong>die</strong> ältesten Kreuzigungsbilder der deutschen<br />

Kunst: Da hängt der Herr nicht am Kreuz als willenloses Opfer<br />

mit schmcrzvcrzcrrtem Antlitz, sondern E r steht am Kreuz, ob auch <strong>die</strong><br />

Nägel Seine Glieder durchbohren, voller Hoheit, auch unter Dornen<br />

dennoch ein König! Oder dic Schlußzeilen des s. Verses, dic uns<br />

etwas ahnen lassen von der unergründlichen Not der Gottverlassenheit,<br />

oder des 8. Verses, in denen das letzte Anliegen des sterbenden<br />

Heilandes ergreifend zum Ausdruck kommt! Der Schlußvers zeigt<br />

nackdrücklich, daß es von unserer Stellung zum Gekreuzigten abhängt,<br />

ob Gott uns Seine Gnade schenkt hier und im ewigen Leben,<br />

w o <strong>die</strong>s Lied nicht im Gesangbuch steht, singen w ir:<br />

O Haupt voll B lut und Wunden<br />

Herb und streng stellte uns das erst besprochene Karfreitagslied den<br />

König am Kreuz vor Augen und ließ uns Seine sieben W orte vernehmen.<br />

Ganz anders <strong>die</strong>s zweite Lied: Hier redet nicht der Herr Christus,<br />

sondern der anbetende Lhristcnmensch, der unter das Kreuz tritt,<br />

um den leidenden Gottessohn, das „Haupt voll B lut und Wunden"<br />

mitleidend anzuschauen. Und doch ist <strong>die</strong>s Lied nicht jünger, sondern<br />

erheblich älter als das vorige: E s stammt in seiner lateinischen Urform<br />

von Bernhard von Llairvaur. einem der berühmtesten und tiefsinnigsten<br />

Gottcsmänner des Mittelalters, der um das Iah r f soo lebte<br />

und auch von Luther hochgeschätzt wurde. E r dichtete eine Reihe von<br />

Passionsliedern auf jedes einzelne Glied des leidenden Heilandes. <strong>Das</strong><br />

schönst» unter ihnen: „An das Angesicht Christi", hat Paul Gerkardt<br />

auf Deutsch gedichtet und uns so <strong>die</strong>s erhabene Äarfreitagslied geschenkt.<br />

Da werden w ir zu der tiefsten passionsursachr geführt: „Nun,<br />

was Du, Herr, erduldet, ist alles meine Last. . . Schau her, hier steh<br />

ich Armer, der Zorn ver<strong>die</strong>net hat", w e r dächte nicht an den Schächer<br />

zur Rechten, wenn es weiter heißt: „Gib mir, o mein Erbarmer, den<br />

Anblick Deiner Gnad!"<br />

I n den folgenden Versen wird das betende Herzensgespräch mit dem<br />

Gekreuzigten weitergeführt. Bei aller Innigkeit <strong>die</strong>ses Betens wird<br />

nie der Abstand gegenüber dem heiligen Gottessohn außer acht gelassen,<br />

der noch am Kreuz unser Hüter und Hirte ist. Oder dürfen w ir


z s r<br />

Die stille Woche<br />

im Glauben nicht mit dem 8. Verse zu Ihm sagen: „Ich danke Dir<br />

von Herzen, o Iesu, liebster F r e u n d " ...? H a t E r nicht nach Johannes<br />

?5, zs— zs Sein Leben gelassen <strong>für</strong> Seine Freunde? Ist es dem<br />

Glauben verwehrt, im Geiste mitzuleben, wie E r Sein Haupt neigte<br />

und verschied, wie treue Hände Seinen Leib vom Äreuze nahmen und<br />

in den Schoß des Grabes betteten? I n <strong>die</strong>sen Versen spricht <strong>die</strong> In n ig ­<br />

keit der Lhristusliebe, <strong>die</strong> es sich nicht nehmen lassen will, an dem<br />

Sterben des Herrn ganz persönlich mitbeteiligt zu sein. Der 7. Vers<br />

bringt nach Römer 6, b und Galatcr r, -g in tiefer, inniger weise<br />

zum Ausdruck, daß wir mit unserm ganzen Sein hineingezogen werden<br />

müssen in Christi Tod.<br />

Auf <strong>die</strong> Höhe des ganzen Liedes aber führen uns <strong>die</strong> beiden Schlußverse:<br />

Christi Tod, der Trost <strong>für</strong> unsern Tod. Auf wieviel Sterbebetten,<br />

an wieviel Gräbern hat der Herr Christus durch <strong>die</strong>se W orte<br />

Seine Herrlichkeit aufleuchten lassen und <strong>die</strong> todcsüberwindende Macht<br />

Seines Sieges bekundet, den E r am Lreu; <strong>für</strong> uns errungen hatl<br />

D a s Gebet des Tages<br />

Gnädiger, barmherziger Gott, der D u auf Deinen eingeborenen<br />

S oh n <strong>die</strong> Sünde der W elt gelegt und Ih n zur Sühnung unserer<br />

Schuld am Rreuz geopfert hast, hilf, daß wir nimmermehr vergessen,<br />

w as D ein Erbarmen an uns gewendet hat, durch Deinen<br />

Soh n , Icsum Christum, unsern Herrn. Amen.<br />

ch<br />

Versöhnung<br />

1. Die Heilige Schrift bezeugt einmütig <strong>die</strong> Versöhnung durch Icsus<br />

Christus (Röm. s, ;of.; ;. Ioh. r. r; 4, ?o; Hebr. r, ?7; vgl. auch Ies. b3, S;<br />

Röm. s, 1; Lph. r, 14). Indem uns Icsus Christus mit Gott versöhnt<br />

(r. Lor. s, zs f.), schenkt Er uns einen neuen Blick <strong>für</strong> den Mitmenschen<br />

(r. Lor. 5, -S) und <strong>die</strong> Lraft, mit Ihm als einem Bruder zu leben (vgl.<br />

Lph. r, zö), zugleich auch <strong>die</strong> Gewißheit, daß <strong>die</strong> Mächte der W elt denen,<br />

<strong>die</strong> Gott lieben, nicht zuwider sein dürfen, sondern im Werke der Versöhnung<br />

stehen müssen (Lol. 1, ro). Versöhnung ist der Eingang zu einer neuen w ell<br />

(r. Lor. s, ?7).<br />

<strong>Das</strong> Zeugnis von der Versöhnung ist darum das Zeugnis von der großen<br />

Veränderung, <strong>die</strong> Christus bringt. Es wendet sich etwas und zwar wendet


Versöhnung<br />

3SS<br />

es sich zum Guten, zum Heil, zum Frieden. Der Lrieg hört auf, <strong>die</strong> tödliche»<br />

Schmerzen werden geheilt, Friede und Gesundheit, neues Leben kommen zur<br />

Herrschaft. Auf <strong>die</strong>s Wunder weisen alle Worte, <strong>die</strong> in der Heiligen Schrift<br />

und in den Liedern und Gebeten der Lirchc von der Versöhnung Lunde<br />

geben. „Sühne" nannten unsere Vater den „Frieden" und wählten damit ein<br />

Wort, das zugleich Heilung bedeutet; denn suonc, das ist das alte deutsche<br />

Wort <strong>für</strong> Sühne, ist verwandt mit dem lateinischen Worte sanare, das heißt<br />

heilen. Der Friedcnsbringcr ist zugleich der „Heiland". Der letzte entscheidende<br />

Schaden, der Zwist zwischen G ott und der W elt, ist durch Christus<br />

geheilt.<br />

r. Dic biblischen Zeugen melden einfach <strong>die</strong> Tatsache <strong>die</strong>ser Sühne; eine wohl<br />

ausgeführte Lehre gibt <strong>die</strong> Heilige Schrift nicht. Sie spricht von Erlösung<br />

und Vergebung, von Friede und Bund, wie sie von Versöhnung spricht. Im<br />

Großen und Llcincn Katechismus Luthers fehlt sogar das Wort „Versöhnung",<br />

auch in den mächtigen Liedern, in denen dic <strong>Gemeinde</strong> den Dank <strong>für</strong><br />

das an ihr geschehene Wunder zur Darstellung bringt. Aber was Versöhnung<br />

ist, wird dort klarer und deutlicher sichtbar, als in den versuchen der Gelehrten,<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong>ses Geheimnis mit ihren Begriffen umschreiben wollten. An<br />

solchen versuchen fehlt es in der christlichen Lirchc nicht.<br />

In dem Zeugnis von der Versöhnung liegt beides: Dic Anerkennung des<br />

Herrn der Welt, der es Seinem Geschöpf nicht hingehen lassen kann, daß es<br />

sich von Ihm abgewandt hat, und der Dank an den Vater, der Seine Schöpfung<br />

so liebt, daß Er trotz aller Feindschaft, dic sich gegen Ihn erhebt, um<br />

<strong>die</strong>se Welt werben muß. Daß der Befreier der Welt, der Erlöser, zugleich dic<br />

strafende Vergeltung <strong>für</strong> den gebrochenen Bund kund machen muß und zugleich<br />

<strong>die</strong> Treue, <strong>die</strong> an dem einmal geschlossenen Bunde festhält, — <strong>die</strong>se»<br />

geheimnisvollen Widerspruch bezeugt <strong>die</strong> Lirchc in ihrer Lehre vom Sühnetod<br />

des Versöhners.<br />

Gott hat Sich <strong>die</strong> Welt zu Seinem Eigentum geschaffen. Aber <strong>die</strong> Welt hat<br />

sich gegen Ih» aufgelehnt und von Ihm losgerissen. Gott ist aber ei» heiliger<br />

Gott, der zu Seinem willen stehen muß und darauf beharren, daß <strong>die</strong><br />

Menschen Sein Gebot erfüllen. Indem Er also den verrat straft, bekräftigt<br />

Er den Anspruch, den Er auf <strong>die</strong> Welt erhebt, würde Er <strong>die</strong>sen Anspruch<br />

nicht durchführen, dann würde Er das Gesetz, das der Welt ihre» Bestand<br />

verbürgt, preisgegeben. Indem Er <strong>die</strong> Sünde straft, bestätigt Er den Ernst,<br />

der hinter Seinem Handeln als Schöpfer steht, und dic Treue, <strong>die</strong> Er den<br />

Menschen zusagt.<br />

Darin, daß Er <strong>die</strong> Welt in <strong>die</strong>ser weise beansprucht, liegt aber auch Seine<br />

Liebe zur W elt beschlossen. Es liegt Ihm an der Welt; Er kann sie nicht<br />

preisgeben. So muß der, der der Menschheit um ihrer Untreue willen den Tod<br />

bereiten müßte, darauf sinne», wie Er ihr das Leben schenkt, und zwar neues<br />

Leben. Tod <strong>für</strong> <strong>die</strong> Sünde der W elt, neues Leben um der Lüebe


3S4<br />

Die stille Woche<br />

w illen, <strong>die</strong> hinter dem Schöpfungswerke Gottes steht, beides wird in dem<br />

Tode Jesu Christi bezeugt: Christus ist zugleich das Opfer, das <strong>die</strong> Schuld<br />

auf Sich nimmt, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Menschheit verwirkt hat, und Lr ist zugleich der<br />

Bürge da<strong>für</strong>, daß Gott dic Welt nicht lassen kann, sondern sie in einer neuen<br />

Menschheit heimbringen will. So ist Lr der, der das Strafgericht <strong>für</strong> dic<br />

Sünde erleidet bis hin zum Kampf in Gcthscmane und bis zur Verlassenheit<br />

am Kreuz und der trotzdem und in dem allen der Welt zugewandt bleibt als<br />

der Bürge <strong>für</strong> <strong>die</strong> große Zusage Gottes, in der Gott der Welt Seine väterliche<br />

Treue beweist.<br />

3. Raum irgendwo in den Zeugnissen der Kirche ist <strong>die</strong>s Geheimnis so deutlich<br />

bekundet, wie in den beiden Liedern, in denen <strong>die</strong> evangelische <strong>Gemeinde</strong> Gott<br />

dankt <strong>für</strong> dic Versöhnung, <strong>die</strong> Lr ihr schenkt. Es ist Paul Gerhardts<br />

passionslicd:<br />

Lin Lämmlein geht und trägt <strong>die</strong> Schuld<br />

der Welt und ihrer Linder<br />

und Luthers Lied:<br />

Nun freut euch, lieben Christen gmein.<br />

Paul Gerhardt weiß, daß Christus nur so „der große Freund und Heiland<br />

meiner Seelen" werden konnte, daß Lr „zum Sündenfcind und Sühncr"<br />

wurde; er muß sogar sagen: „Du marterst Ihn am Lreuzcsstamm mit Nägcln<br />

und mit Spießen, Du schlachtest Ihn als wie ein Lamm, machst Herz und<br />

Adern fließen". Aber er weiß auch das zweifache Geheimnis, mit dem Christus<br />

dem Gebote Gottes genug tut; das Geheimnis von dem großen Gehorsam:<br />

Ia, Vater, ja, von Herzensgrund,<br />

leg auf, Ich will Dirs tragen.<br />

Mein wollen hängt an Deinem Mund,<br />

Mein Wirken ist Dein Sagen.<br />

und das Geheimnis von der grundlosen Barmherzigkeit:<br />

O Wunderlich, o Licbesmacht,<br />

du kannst, was nie kein Mensch gedacht :<br />

Gott Seinen Sohn abzwingen!<br />

O Liebe, Liebe, du bist stark:<br />

du streckest Den in Grab und Sarg,<br />

vor Dem dic Felsen springen.<br />

Wer sich <strong>die</strong>se Gabe gefallen läßt, findet den Frieden. Lr hat ihn freilich nur<br />

dann, wenn er sein eigenes Fleisch und Blut in das Gericht gibt. „Ich will<br />

mich Dir, mein höchster Ruhm, hiermit zu Deinem Ligcntum beständiglich<br />

verschreiben", „weg mit den Schätzen <strong>die</strong>ser Welt und allem, was der Welt


Versöhnung<br />

3SS<br />

gefällt, ich hab ein Bcssrcs funden". Dann findet er aber auch dank der Versöhnung<br />

<strong>die</strong> Freudigkeit, <strong>die</strong> Welt im Lichte der neuen Schöpfung zu<br />

sehen, den Bruder im Glänze der Herrlichkeit, <strong>die</strong> Gott ihm schenkt. Zugleich<br />

aber dürfen wir der Gewißheit leben, daß den Mächten, <strong>die</strong> in der Welt den<br />

Menschen bedrohen, ihre Eigenmacht genommen ist. Sie sind unter ein höheres<br />

Gesetz gestellt:<br />

<strong>Das</strong> soll und will ich mir zu nutz<br />

zu allen Zeiten machen:<br />

Im Streite soll es sein mein Schutz,<br />

in Traurigkeit mein Lachen,<br />

in Fröhlichkeit mein Saitenspicl,<br />

und wenn mir nichts mehr schmecken will,<br />

soll mich <strong>die</strong>s Manna speisen;<br />

im Durst soll» sein mein Wasserqucll,<br />

in Einsamkeit mein Sprachgescll,<br />

zu Haus und auch auf Reisen.<br />

Was schadet mir des Todes Gift)<br />

Dein Blut das ist mein Leben:<br />

wenn mich der Sonne Hitze trifft,<br />

so kann mirs Schatten geben;<br />

setzt mir der Wehmut Schmerzen zu,<br />

so find ich bei Dir meine Ruh,<br />

wie auf dem Bett ein Kranker;<br />

und wenn des Kreuzes Ungestüm<br />

mein Schifflcin treibet um und um,<br />

so bist Du dann mein Anckcr.<br />

In gleicher Weise preist Luther den Sieg über <strong>die</strong> gottfeindlichen Mächte.<br />

„Eigene Werke", „freier Wille" verstricken nur noch mehr in <strong>die</strong> Gefangenschaft<br />

unter den Todcsmächten. Erst wo ich das Wort höre:<br />

darf ich auch hören:<br />

Halt dich an Mich,<br />

Es soll dir setzt gelingen;<br />

Ich geb Mich Selber ganz <strong>für</strong> dich,<br />

da will Ich <strong>für</strong> dich ringen;<br />

denn Ich bin dein, und du bist Mein,<br />

und wo Ich bleib, da sollst du sein;<br />

und soll der Feind nicht scheiden,<br />

vergießen wird er Mir Mein Blut,<br />

dazu das Leben rauben;


ssö<br />

Die stille Woche<br />

das alles leid Ich dir zugut,<br />

das halt mit festem Glauben.<br />

Den Tod verschlingt das Leben Mein,<br />

Mein Unschuld trägt <strong>die</strong> Sünde dein:<br />

da bist du selig worden.<br />

Paul Gerhardt bezeugt mehr Christi Erleiden, Luther mehr Seinen Lampf,<br />

aber beide bezeugen uns Seinen Gehorsam und Seine Bürgschaft als <strong>die</strong> des<br />

Bruders, der ward wie wir, damit wir seien wie Er.<br />

verpflichtet Paul Gerhardt zum Gehorsam im Wandel unter dem Lreuz, so<br />

stellt Luther <strong>die</strong> Gewißheit der Versöhnung zusammen mit der Hoffnung, dic<br />

sich des Heiligen Geistes tröstet, der uns leitet, bis es offenbar wird, was uns<br />

verheiße» ist:<br />

Gen Himmel zu dem Vater Mein<br />

fahr Ich von <strong>die</strong>sem Leben,<br />

da will Ich sein der Meister dein<br />

den Geist will Ich dir geben,<br />

der dich in Trübsal trösten soll<br />

und lehren Mich erkennen wohl<br />

und in der Wahrheit leiten.<br />

-1-<br />

Larsonnabend<br />

»7. Am Abend aber kam ein reicher<br />

Mann von Arimathia, der hieß Joseph,<br />

welcher auch ein Jünger Jesu<br />

war.<br />

88. Der ging zu pilatus und bat ihn<br />

um den Leib Jesu. Da befahl pilatus,<br />

man sollte ihm ihn geben,<br />

sg. Und Joseph nahm den Leib und<br />

wickelte ihn in eine reine Leinwand<br />

So. und legte ihn in sein eigen, neu<br />

Grab, welches er hatte lassen in einen<br />

8cls hauen, und wälzte einen großen<br />

Stein vor <strong>die</strong> Tür des Grabes und<br />

ging davon.<br />

öi. Es war aber allda Maria Magdalena<br />

und <strong>die</strong> andere Maria, <strong>die</strong> setzten<br />

sich gegen das Grab.<br />

ör. Des andern Tages, der da folget<br />

nach dem Rüsttagc, kamen <strong>die</strong> Hohenpriester<br />

und phariäser sämtlich zu pilatus<br />

ös. und sprachen: Herr, wir haben gedacht,<br />

daß <strong>die</strong>ser Verführer sprach, da<br />

Lr noch lebte: Ich will nach dreien<br />

Tagen auferstehen.<br />

ö4. Darum befiehl, daß man das Grab<br />

verwahre bis an den dritten Tag, auf<br />

daß nicht Seine Jünger kommen und<br />

stehlen Ihn und sagen zum Volk: Lr<br />

ist auferstanden von den Toten, — und<br />

werde der letzte Betrug ärger denn der<br />

erste.<br />

bs. pilatus sprach zu ihnen: Da habt<br />

ihr <strong>die</strong> Hüter: gehet hin und verwahret<br />

es, wie ihr wisset,<br />

öö. Sie gingen hin und verwahret««<br />

das Grab mit Hütern und versiegelten<br />

den Stein. Match. 27, 57—öö


Äarsonnabend S»7<br />

Iesus ist tot! E s ist endgültig vorbei, alle Hoffnung ist erloschen.<br />

Nur noch einen letzten Dienst können Seine Freunde an Ihm tun: Ein<br />

ehrliches Begräbnis in einem neuen, noch nie benutztem Grabe. Dann<br />

gehen sie traurig heim. Icsus ist tot. Endlich ist <strong>die</strong>ser „Verführer"<br />

beseitigt, endlich haben w ir Ruhe vor Ihm , so denken Seine Feinde.<br />

Sie denken aber auch an Sein W ort von der Auferstehung. Sie glauben<br />

zwar nicht daran, doch Seine Jünger könnten den Leichnam aus<br />

dem Grab nehmen und ausrufen, E r sei auferstanden. <strong>Das</strong> darf nicht<br />

sein. Darum <strong>die</strong> wache, darum das Siegel. Jesus muß im Grab<br />

bleiben.<br />

Aber Ostern steht schon vor der Tür, der Tag der Auferstehung, der<br />

alle Trauer der Freunde in Jubel verkehrt, alle Gewalt der Feinde<br />

zu Schanden macht.<br />

Herr Christus, Deine Auferstehung ist unser Trost!<br />

Die andere Lesung: Daniel s, -4—rr.<br />

D a s Lied des Larsonnabends<br />

S o ruhest Du, 0 meine Ruh.<br />

Von der Grabesruhe des Herrn redet unser Lied. Die drei ersten<br />

Verse beschreiben das unbegreifliche Ereignis in immer neuen Gegensätzen:<br />

Christus, der Fürst des Lebens, ist tot, der Fels unseres Heils<br />

ruht im engen Felsengrabe. Hier hat der Leidensweg unseres Erlösers<br />

seine tiefste Tiefe erreicht.<br />

Aber auf Christi Grab fällt schon ein Strahl vom Glanz des Osterlichtes.<br />

E r ist der Lebens<strong>für</strong>st, der durch Seinen Tod dem Tode <strong>die</strong><br />

Macht genommen hat, der „nicdergefahrcn zur Hölle" (;. petr. s, lg)<br />

auch drunten im Totenreich Seinen Sieg über Teufel und Hölle machtvoll<br />

verkündet! Durch Ih n sind auch unsere Gräber geheiligt, Lurch<br />

Seine Ruhe im Grabe hat E r auch unserem Grabe das Grauen genommen.<br />

„ w ir Christen, so durch das teure B lut des Sohnes G ottes<br />

erlöst sind, sollen uns üben und gewöhnen im Glauben, den Tod<br />

zu verachten und als einen tiefen, süßen Schlaf anzusehen, den S arg<br />

nicht anders, denn als unsers Herrn Christi Schoß oder Para<strong>die</strong>s,<br />

das Grab nicht anders, denn als ein sanft Ruhebette zu halten", w i r<br />

begehen den Stillen Sonnabend im Lichte des nahenden Ostermorgens.


s»r<br />

<strong>Das</strong> Gebet des Tages<br />

Dir stille Woche<br />

Herr, Du erhellst <strong>die</strong>se hochheilige Nacht durch <strong>die</strong> sieghafte Auferstehung<br />

Deines Sohnes. Erhalte in allen, <strong>die</strong> Dir wiedergeboren<br />

sind, den Geist der Lindschaft, den Du ihnen gegeben hast, damit<br />

sie an Leib und Seele erneuert Dir zu heiligem Dienste Gehorsam<br />

leisten, durch Iesum Christum, Deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.<br />

-l-<br />

Der Larsonnabend oder Äarsamstag w ar in der alten Lirchc einer<br />

der Tauftagc der Latechumenen, d. h. der im Christenglauben<br />

unterwiesenen Heiden. Am Palmsonntag legten <strong>die</strong>se Täuflinge ihr<br />

Glaubensbekenntnis ab und am «Ostcrmorgen kamen sie in ihren weißen<br />

Taufgewändern zum Heiligen Abendmahl. Eine Woche lang trugen<br />

sie <strong>die</strong>s Feiergewand in dankbarem Lobpreis Gottes, bis sie es am<br />

Sonntag nach «Ostern, der noch heute w eißer Sonntag genannt wird,<br />

ablegten und sich damit der <strong>Gemeinde</strong> Christi auch äußerlich eingliederten.<br />

<strong>Das</strong> Gleiche geschah um das pfingstfest. — I n der evangelischen<br />

Lirche hat man in <strong>die</strong>se Zeiten dic Ä sn firm ations feier gelegt<br />

und sich damit äußerlich an Sitten der alten Lirchc angelehnt.


<strong>Das</strong> Heilig« Osterfest<br />

3Sg<br />

D as Heilige Osterfest<br />

<strong>Das</strong> Osterfest hat seinen Namen von einem Fest -er heidnischen Frühlingsgöttin<br />

Ostara erhalten. Die Vater der Äirchc haben <strong>die</strong> christlichen<br />

Feste oft mit den Namen heidnischer Feste verbunden und damit<br />

der unerfüllten Sehnsucht des Heidentums den w e g zur Erfüllung gewiesen.<br />

Ostern ist seitdem nicht mehr das Fest der erwachenden Natur,<br />

sondern das Fest der Auferstehung Christi von den Toten. Zum<br />

Osterglauben kommt nur, wer mit Christus leidet, um durch Ih n<br />

zu neuem Leben erweckt zu werden. Erst wenn der alte Mensch in uns<br />

stirbt, wird der neue wach.<br />

Ostern ist <strong>die</strong> Mitte im Glauben der Christen und im Leben der<br />

Äirchc. Alle Evangelisten und Apostel sehen Leben, Leiden und S terben<br />

Christi im Lichte Seiner Auferstehung. Christus trug das Todeslos.<br />

der Menschheit; aber <strong>die</strong> Lraft Gottes hat Ih n auserwcckt von<br />

den Toten. Als der Auferstandene lebt und regiert E r in Ewigkeit.<br />

<strong>Das</strong> Gefängnis, in das Sünde und Tod <strong>die</strong> Menschheit gelegt hatten,<br />

ist offen. Christus führt das Volk Seiner Gläubigen aus der Finsternis<br />

in Sein wunderbares Licht.<br />

Als sich <strong>die</strong> erste Christengemeinde vom Iudentum löste, wählte sie<br />

als ihren Ruhe- und Feiertag den ersten Tag der Woche als den Tag,<br />

an dem der Herr Christus auferstanden war. S o feiern w ir in jedem<br />

Sonntag ein Osterfest im Lleincn. <strong>Das</strong> kam auch in den Liturgien<br />

der alten Äirchc sinnvoll zum Ausdruck.<br />

Menschliche Glaubenssätze, wie der Glaube an <strong>die</strong> Unsterblichkeit der f<br />

Seele, oder gar der Trugschluß, daß <strong>die</strong> Natur ewig sei, weil wir<br />

auf manchen ihrer Gebiete ein Frühlingscrwachen beobachten, haben<br />

mit dem Osterglauben nichts gemein.<br />

Erster Ostertag<br />

Ich war tot und siehe, Ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit<br />

und habe <strong>die</strong> Schlüssel der Hölle und des Todes.<br />

Offenbarung >, is<br />

D as Evangelium<br />

I. Und da der Sabbat vergangen war, Spezerei, auf daß sie kämen und salkauftcn<br />

Maria Magdalena und Maria, beten Ihn.<br />

des Iakobus Mutter, und Salom« r. Und sie kamen zum Grab« am er-<br />

14 <strong>Das</strong> RLrchenbuch


3öo<br />

sten Tage der Woche sehr frühe, da<br />

<strong>die</strong> Sonn« aufging.<br />

3. Und sie sprachen untereinander:<br />

wer wälzet uns den Stein von des<br />

Grabes Tür)<br />

4. Und sie sahen dahin und wurden<br />

gewahr, daß der Stein abgewälzet<br />

war; denn er war sehr groß.<br />

5. Und sie gingen hinein in das Grab<br />

und sahen einen Jüngling zur rechten<br />

Hand sitzen, der hatt« ein lang weiß<br />

Kleid an; und sie entsetzten sich.<br />

S. Lr aber sprach zu ihnen: Entsetzet<br />

<strong>Das</strong> HeiligeDsterfest<br />

euch nicht! Ihr suchet Iesum von Nazareth,<br />

den Gekreuzigten; Lr ist auferstanden<br />

und ist nicht hie. Siehe da<br />

<strong>die</strong> Stätte, da sie Ihn hinlegten!<br />

7. Gehet aber hin und sagt's Seinen<br />

Jüngern und Petrus, daß Lr vor euch<br />

hingehen wird nach Galiläa; da werdet<br />

ihr Ihn sehen, wie Lr euch gesagt<br />

hat.<br />

s. Und sie gingen schnell heraus und<br />

flohen von dem Grab«; denn es war<br />

sie Zittern und Entsetzen ankommen.<br />

Und sagten niemand nichts; denn sie<br />

<strong>für</strong>chteten sich. Mark. ztz, s<br />

Am dritten Tage nach der Kreuzigung früh am Morgen gehen zwei<br />

8rauen zu dem Grabe, in dem Iesus bestattet wurde. Sie wollen<br />

Seinen Leichnam einbalsamieren. <strong>Das</strong> ist der letzte Liebes<strong>die</strong>nst, den<br />

sie Ihm , wie sie meinen, antun können. Sie finden das Grab leer.<br />

Line Engelerscheinung sagt ihnen, Iesus, der Gekreuzigte, sei von<br />

den Toten auferstanden, L r werde Seinen Iüngern nach Galiläa vorangehen<br />

und ihnen dort erscheinen. Die Marien sind voller Schrecken<br />

und wagen zunächst nichts zu berichten, bis der Herr bald <strong>die</strong>sem,<br />

bald jenem erscheint, nicht erst in Galiläa, sondern schon in Ierusalem.<br />

<strong>Das</strong> ist der Bericht der Evangelien über Thristi Auferstehung.<br />

Man kann ihn mit zwei verschiedenen Augen lesen. Einige nehmen<br />

ihn als <strong>die</strong> Erzählung von einem wunderbaren Geschehnis, das vor<br />

nunmehr fast rooo Iahren sich ereignet haben soll, und fragen: Ist<br />

das auch wahr) w e r bürgt da<strong>für</strong>, daß es wahr ist) Nur zwei grauen<br />

und einige Iünger) E s ist schwer, das zu glauben. Sie zweifeln also,<br />

wie auch Thomas, der Iünger Iesu, zweifelt. Die wollen w ir vorerst<br />

bei ihrem Zweifel lassen, bis auch sie andere Augen bekommen.<br />

Aber wann bekommt man denn andere Augen) w enn man selber<br />

einmal dem Tode gegenübergestanden hat, sei es am Sterbebette eines<br />

Menschen, den man lieb hatte, oder in eigener Todesnot. Denn dann<br />

ist es der Tod selbst, der einem <strong>die</strong>s ins «Ohr flüstert: w eiß t du<br />

eigentlich, wozu das ganze Leben da ist) Sieh', ich habe Macht, alles<br />

auseinanderzureißen, Vater- und Mutter-, Gatten- und Kindesliebe,<br />

8reundes- und Äameradentreue. Ich habe Macht, alles zu zerstören,<br />

was Menschen schaffen, das Glückhafte wie das Mühselige, das<br />

Große und das Kleine, w a s bleibt von alledem, wenn du tot bist)


1- vst ertag Sö;<br />

w ozu haft du gearbeitet von früh bis spät, warum gckämpft und<br />

gelitte»? E s muß alles in <strong>die</strong> Grube fahren, w a s können w ir ihm<br />

dann antworten? w i r müssen schweigen.<br />

w enn wir aber schweigen, fährt er fort: Oder willst du sagen, -aß<br />

ich zwar <strong>die</strong> Macht, aber nicht das Recht dazu habe? Bin ich nickt<br />

Gottes Bote? Ist es nicht Sein Wille, daß ich alles Menschliche<br />

auseinanderreiße und zerstöre? Denn was Mcnschenantlitz trägt,<br />

darf nicht ewig bleiben, und Menschenwcrk darf nickt ewig dauern.<br />

Meinst du, daß du es dürftest? Ist dein Leben ohne Makel? —<br />

Dann müssen w ir erst recht schweigen.<br />

Aber da meldet sich plötzlich <strong>die</strong> helle Stimme unseres Textes und<br />

sagt: Aber Christus! von Ihm gilt nicht, was du, Tod, sagst. An<br />

Ihm hast du kein Recht gehabt. Und nun sprich: Hast du Ih n überwunden,<br />

oder überwand L r dich? — Da muß dann der Tod<br />

schweigen und je länger er schweigt, um so lauter und zahlreicher<br />

werden <strong>die</strong> Stimmen, <strong>die</strong> von der Auferstehung Christi zeugen. Erst<br />

<strong>die</strong> Apostel, dann <strong>die</strong> vielen Märtyrer der Äirchc aus allen Zeiten,<br />

<strong>die</strong> im Glauben an Seine Auferstehung fröhlichen Herzens in den<br />

Tod gegangen sind, dann <strong>die</strong> vielen andern glaubenden und hoffenden<br />

Christen aus all den Jahrhunderten der Äirchengcschichte. Einer<br />

wie der andere sagt: E s ist nicht wahr, daß der Tod das letzte W ort<br />

hat; das letzte W ort hat Gott! E r hat Christus auferweckt und wird<br />

auch uns aufcrwccken, <strong>die</strong> w ir im Glauben mit Ihm eins sind. —<br />

Dann wird unser müdes und trauriges Herz wieder froh, weil es<br />

anfängt zu glauben und zu hoffen.<br />

Begreifen können wir auch jetzt noch nicht, was am Ostermorgen<br />

geschah, w ie sollten w ir auch? Lein Mensch kann mit seinen Gedanken<br />

über den Tod hinaus. Aber man kann vieles erfahren,<br />

was man nicht begreifen kann. w a s Christi Auferstehung <strong>für</strong> uns<br />

bedeutet und was unsere Auferstehung bedeuten wird, erfahren wir<br />

an unserer eigenen Wiedergeburt. Denn so ist es in unserem Lhristenleben<br />

zugegangen. Erst haben wir, wie alle andern Menschen, gemeint,<br />

<strong>die</strong> W elt sei groß und schön und weit, und es müsse herrlich<br />

sein, darin zu leben und zu wirken. Aber bald sahen wir, daß sie<br />

weder weit, noch groß, noch schön ist, sondern um der Menschen,<br />

ihrer und unserer eigenen Sünde willen, eng und klein und häßlich.<br />

Deshalb strebten wir mit unseren Gedanken hinaus über <strong>die</strong>se W elt<br />

in eine andere, <strong>die</strong> schöner ist. Aber bald genug vertrat uns der


sSr<br />

<strong>Das</strong> HeiligeVfterfest<br />

Tod den w e g und sagte: Hier kannst du nicht weiter. Du kannst<br />

überhaupt nicht aus <strong>die</strong>ser W elt heraus. Ich bin ihr Ende und bin<br />

dein Ende. — B is <strong>die</strong> Botschaft von Christus zu uns drang und<br />

E r uns sagte: Du leidest an der W elt, an ihrer und deiner Sünde,<br />

und suchst mit deinem Herzen eine andere) Sich', Ich komme aus<br />

<strong>die</strong>ser andern W elt und will dir den w e g dorthin zeigen. Du mußt<br />

aber erst stille halten allem, was Gott dir auferlegt, so wie Ich still<br />

gehalten habe. Du mußt mit M ir nach Golgatha gehen. Ich nehme<br />

dich dahin mit und deine Sünde auch. Glaube, was du nicht siehst:<br />

„Ich bin <strong>die</strong> Auferstehung und das Leben, w e r an Mich glaubt, der<br />

wird leben, ob er gleich stürbe. Und wer da lebt und glaubt an Mich,<br />

der wird nimmermehr sterben".<br />

w em <strong>die</strong>s geschehen ist, merkt selber wohl gar nicht, daß er ein<br />

anderer Mensch wird. Es ist auch nicht nötig, daß er es merkt. Dennoch<br />

i st er ein neuer Mensch durch sein Glauben, Lieben und Hoffen.<br />

Denn w ir sind das, was w ir glauben, lieben und hoffen, ob w ir's<br />

nun sehen oder nicht. Ist's der auferstandene Christus und <strong>die</strong> ewige<br />

W elt, an <strong>die</strong> w ir glauben, <strong>die</strong> wir lieben und auf <strong>die</strong> w ir hoffen,<br />

dann leben Christus und Seine w e it in uns und es gilt: „Unser<br />

keiner lebt ihm selber, unser keiner stirbt ihm selber. Leben wir, so<br />

leben w ir dem Herrn, sterben wir, so sterben w ir dem Herrn. Darum,<br />

w ir leben oder sterben, so sind w ir des Herrn".<br />

<strong>Das</strong> ist der Inhalt unseres Osterglaubens, schwierig zu begreifen<br />

nur <strong>für</strong> den, der keine Erfahrung davon hat, <strong>für</strong> <strong>die</strong> andern klar und<br />

einfach: „Christ ist erstanden, von der Marter allen. Des sollen wir<br />

alle frok sein. Christ will unser Trost sein. Ryrieleis".<br />

tz. wisset ihr nicht, daß ein wenig<br />

Sauerteig den ganzen Teig versauert)<br />

7. Darum feget den alten Sauerteig<br />

aus, auf daß ihr ein neuer Teig seid,<br />

gleichwie ihr ungesäuert seid. Denn<br />

wir haben auch ein Vsterlamm, das<br />

ist Christus, <strong>für</strong> uns geopfert.<br />

Die Epistel<br />

z. Darum lasset uns Ostern halten<br />

nicht im alten Sauerteig, auch nicht<br />

im Sauerteig der Bosheit und Schalkheit,<br />

sondern in dem Süßteig der Lauterkeit<br />

und der Wahrheit.<br />

z. Ror. s, S—§<br />

w ie feiern w ir in der rechten w eift Ostern) <strong>Das</strong> macht uns der<br />

Apostel klar am Bilde vom Sauerteig. Dies Bild hat auch Iesus einst<br />

verwendet, um Seinen Iüngcrn zu zeigen, wie wenig auf Zahl und


Gftertag<br />

sSs<br />

M e n g e a n k o m m t, w o d er G la u b e w ir k t. D e r A p o stel P a u l u s d eu te t<br />

es h ie r nach d e r en tg e g e n g e se tz ten S e i t e a u s . E i n w e n ig B ö s e s , d a s<br />

w i r v e rh e h le n u n d v e rsc h w e ig e n , g e n ü g t, u m <strong>die</strong> g e sa m te christliche<br />

G e m e in d e o d e r d a s g a n z e Leben ein es ein zeln en C h ris te n zu v e rg ifte n .<br />

D ie s a lle s m u ß m it C h r is tu s in d en T o d geg eb en w e rd e n , d a m it u m<br />

O s te rn n e u e s L eben en tsteh en k an n . D a s ist <strong>die</strong> w a h r e O s te rfe ie r.<br />

w i r v e rm ö g e n d a s n ic h t a u s eig en er A r a f t . D e s h a lb e rin n e rt d e r<br />

A p o stel a n d a s p a s s a h fc s t. E r s a g t: w i e d ie s Fest ein st m it einem<br />

O p f e r b e g a n g e n w u r d e , so h a b e n au ch w i r ein O p f e r la m m , d a s f ü r<br />

u n s geschlachtet ist, n ä m lic h C h r is tu s . D e n n E r ist f ü r u n s g e ­<br />

k re u z ig t u n d a u fe rw c c k t w o r d e n , w i r sin d m it S e in e m S te r b e n u n d<br />

A u fersteh e n im G la u b e n v e rw a c h s e n , w a s a n I h m geschehen ist,<br />

geschieht au ch a n u n s . D a s z u w is s e n , ist <strong>die</strong> w a h r e O s te rfre u d e .<br />

A u s dem p a s s a h fc s t ist in d e r christlichen G e m e in d e d a s O ste rfe st g e ­<br />

w o rd e n . C h r is tu s a lle in h a t d a s w a h r e O p f e r d a rg e b ra c h t, u m dessentw<br />

ille n w i r <strong>die</strong> V e r h e iß u n g e w ig e n L ebens h a b e n . A u f ih m r u h t<br />

unsere O s tc r h o f f n u n g .<br />

D a s L ie d d e r W o c h e<br />

C h rist la g in T o d e sb a n d e n<br />

D ie s g e w a ltig s te a lle r V s te rlie d e r s ta m m t v o n v . M a r t i n L u th e r.<br />

A n R ü h n h e it d e r S p r a c h e u n d d er G e d a n k e n sucht es auch u n te r den<br />

ü b rig e n L ied ern d e s R e f o r m a to r s sein esg leich en . Z w a r fin d e n sich in<br />

m an ch en W e n d u n g e n des T e x te s u n d d e r g ro ß e n (dorischen) M e lo d ie<br />

A n k lä n g e a n einen a lte n latein isch en V s te rg e s a n g a u s d em J a h r ­<br />

h u n d e r t; a b e r L u th e r h a t doch d a r a u s e tw a s g a n z N e u e s geschaffen.<br />

D e r erste V e r s b e g in n t m it ein em kurzen A b riß des O sterg csch eh cn s<br />

u n d d a m it des g a n z e n L ied es. „ C h ris t la g in T o d e s b a n d e n , f ü r u n sre<br />

S ü n d g e g e b e n ". D a s w i r d in V e r s r u n d 3 w e ite r g e f ü h r t: „ D e r ist<br />

w ie d e r ersta n d e n u n d h a t u n s b ra c h t d a s L eb en ". D a v o n h a n d e lt im<br />

ein zeln en V e r s 4 u n d V e r s s . U n d n u n f o lg t <strong>die</strong> A u f f o r d e r u n g zu<br />

frö h lic h e m O s te rju b e l, d er in V e r s ö u n d 7 w ie d e r a u fg e n o m m e n<br />

w ir d . A lle V erse k lin g e n a u s in d em ö stcrlicben H a llc lu s a .<br />

I n V e r s r u n d 3 v e rh e rrlic h t L u th e r C h ris ti V s te rs ie g , in d e m er u n s<br />

<strong>die</strong> fu rc h tb a re G e w a l t d e r S ü n d e u n d d es T o d e s v o r A u g e n stellt,<br />

<strong>die</strong> J e s u s C h r is tu s b e z w ä n g . D ie h o ffn u n g s lo s e Ä n e ch tsch aft d e s


3t>4<br />

<strong>Das</strong> Heilig« Osterfest<br />

M en sch en u n te r d er M a c h t d e r S ü n d e h a tte L u th e r selber im L lo s te r<br />

u n te r sch w eren Q u a le n e rfa h re n . D e r M en sch w i r d z u n ich te v o r der<br />

F o rd e ru n g G o t t e s , er k an n n ic h t leben v o r I h m ; d a m it a b e r g e w in n t<br />

d er T o d ü b e r ih n G e w a l t , d er e w ig e T o d v o r G o t t u n d d a m it auch<br />

d er zeitliche T o d . „ D e r T o d ist d e r S ü n d e S o l d " ( R ö m . 6, 23). N e in<br />

M en sch ist im sta n d e , <strong>die</strong>sen B a n n zu brechen, w o a b e r C h ris tu s ist.<br />

d a ist „ d e r T o d g e tö te t" , d a ist <strong>die</strong> S ü n d e e r le d ig t; d e s T o d e s S ta c h e l<br />

t r i f f t u n s n ic h t m e h r. D e r zeitliche T o d k a n n u n s n ic h t m e h r in den<br />

e w ig e n T o d d er G o tte s f e r n e stü rz e n .<br />

A u f <strong>die</strong> H ö h e f ü h r t u n s d e r 4. V e r s . w i r v e r f o lg e n d a s R in g e n ,<br />

d a s a m Ä re u z a n h e b t zw isch en C h r is tu s u n d d en M ä c h te n d er H ö lle .<br />

„ D a s Leben b e h ie lt den S i e g " . C h ris ti T o d h a t d en e w ig e n T o d v e r ­<br />

sch lu n g en . D a s S c h r i f t w o r t H o se a ?3, ,4 ist e r f ü llt, m it S c h im p f<br />

u n d S c h a n d e m u ß d e r T o d d a s Feld r ä u m e n : „ E i n S p o t t a u s dem<br />

T o d ist w o r d e n " . D e r 5. V e r s g e h t g le ic h n is h a ft a u f d a s p a s s a h fc s t<br />

ein. w i e d a s B l u t d e s L a m m e s einst den W ü r g e n g e l z u rü ck h ielt, so<br />

b esch irm t u n s C h ris ti B l u t v o r d en h ö llisch en T o d e s g e w a lte n . D e s ­<br />

w e g e n m u ß zu O s te rn d e r S ie g e s ju b c l stark u n d g e w a ltig a u fk lin g e n .<br />

C h ris tu s S e lb s t ist <strong>die</strong> rechte O s te rs o n n e , <strong>die</strong> auch a u s u n se re n H e rz e n<br />

d er S ü n d e n N a c h t u n d d a m it d es T o d e s M a c h t e n d g ü ltig v e rb a n n e n<br />

w i l l . S o in V e r s b.<br />

D e r S c h l u ß v e r s v e rw e n d e t b ild h a f t d a s u n g e s ä u e rte österliche B r o t .<br />

L e in B a u e n a u f S e lb s te r lö s u n g , kein T r a u e n a u f eigene G ere c h tig k e it<br />

so ll u n s den O s te rg la u b e n v e rs ä u e rn , d e r v o n n ic h ts a n d e re m le b t, a ls<br />

a lle in v o n I c s u s C h r is tu s , d er f ü r u n s a u fe rs ta n d e n ist.<br />

D a s G e b e t d e r W o c h e<br />

A l l m ä c h t i g e r G o t t , h im m lis c h e r V a t e r , d e r D u d u r c h d e n T o d<br />

D e i n e s S o h n e s d ie S ü n d e u n d d e n T o d z u n ic h t e g e m a c h t u n d<br />

d u r c h S e i n e A u f e r s t e h u n g U n s c h u ld u n d e w i g e s L e b e n w i e d e r ­<br />

g e b r a c h t h a s t , a u f d a ß w i r , v o n d e r G e w a l t d e s T e u f e l s e r lö s e t ,<br />

in D e i n e m R e ic h e le b e n , v e r le ih e u n s , d a ß w i r s o lc h e s v o n g a n ­<br />

z e m H e r z e n g la u b e n u n d , i n s o lc h e m G l a u b e n b e s t ä n d i g , D ic h<br />

a lle z e it l o b e n u n d D i r d a n k e n , d u r c h d e n s e lb e n , D e i n e n S o h n ,<br />

J e s u m C h r i s t u m , u n s e r n H e r r n . A m e n .<br />

-I-


Auferstehung<br />

sds<br />

A u f e r s t e h u n g<br />

?.s) Im Verlauf der Vstcrfcicr der römisch-katholischen Äirche wird in sinnbildlicher<br />

weise ein Lruzifix aus dem „Heiligen Grab" herausgehoben. Diese<br />

Sitte sagt auch uns evangelischen Christen: Vstern muß immer wieder von<br />

seiner Voraussetzung, von Tod und Grab her, verständlich gemacht werden.<br />

Über <strong>die</strong> Schrecklichreit des Sterbens und verwesen» kann nichts hinwegtäuschen,<br />

auch nicht <strong>die</strong> kostbare Salbe, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Frauen Vstermorgcn zum<br />

Grabe tragen, vielmehr muß es bei unseren Toten nach dem Larfreitagsgesang<br />

Paul Gerhardts eigentlich immer so bleiben:<br />

Die Farbe Deiner Wangen,<br />

der roten Lippen Pracht<br />

ist hin und ganz vergangen;<br />

des blassen Todes Macht<br />

hat alles hingenommen,<br />

hat alles hingerafft,<br />

und daher bist Du kommen<br />

von Deines. Leibes Rraft.<br />

Der aus der Tiefe des gequälten Herzens dringende Schrei auf Golgatha:<br />

Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen?, — <strong>die</strong> Nägclmale<br />

und <strong>die</strong> Seiccnwunde an den, verklärten Leib des Ostersürsten, — alles erinnert<br />

uns daran, daß Jesus Christus nach Leib und Seele wirklich in, Tode<br />

gewesen ist.<br />

b) Nun aber heißt es:<br />

Jesus Christus hat dem Tode <strong>die</strong> Macht genommen<br />

und das Leben und ein unvergänglich Wesen ans Licht gebracht<br />

durch das Evangelium,<br />

r. Timotheus ;, zo.<br />

In fast allen Wundergeschichten der Evangelien wird von, Lampf Jesu mit<br />

dem Tode berichtet. Durch Sein Tun wird uns recht eigentlich gesagt, daß<br />

der Tod eine Fcindesmacht ist in der Front der andern Todfeinde des Menschen,<br />

Sünde und Teufel. Darum „bedroht" Jesus ihn wie <strong>die</strong> Dämonen. Er „bedroht"<br />

<strong>die</strong> Todesmacht in der Gewalt der -todbringenden Elemente und — sie<br />

„gehorchen" Ihm (Mark. 4, 3g. 4,): Er „gebietet" dem tödlichen Fieber<br />

(Luk. 4, sg), wie Er dem wind und dem Meer gebietet. Am Grabe des Lazarus<br />

„ergrimmt" Er zweimal (Ioh. ) i, 33. 34), «he Er dem Tode <strong>die</strong> Beute<br />

abtrotzt. In alledem wird <strong>die</strong> Lampfesstellung deutlich, in der Jesus Seine<br />

Siege über den Tod davonträgt. Alle Einzelsiege finden ihre Zusammenfassung<br />

im Todeskampf auf Golgatha und im Vstersieg, der Ihn Seinen Jüngern als


söö<br />

<strong>Das</strong> Heilig« Osterfest<br />

den „Herzog des Lebens" (Ap. Gesch. 3, gs; 5, 3 >) offenbart. Auferstehung<br />

heißt daher: Iesus Christus ist Sieger über den Tod.<br />

In einzigartiger Weise hat v. Marti!, Luther in seinem österlichen Schlachtgesang<br />

„Christ lag in Todesbanden" den Rückblick auf den Sterbensernst des<br />

Karfreitags mit dem jubelnden Preise des Osterfestes verbunden:<br />

Es war ein Wunderlicher Lrieg,<br />

da Tod und Leben rungen,<br />

das Leben behielt den Sieg,<br />

es hat den Tod verschlungen,<br />

<strong>die</strong> Schrift hat verkündet das,<br />

wie ein Tod den andern fraß;<br />

ein Spott der Tod ist worden. Hallcluja.<br />

Und der deutsche Meister Matthias Grünewald hat es in seinem Isenheimer<br />

Altar gewagt, den Triumph Christi in einem gewaltigen Gemälde darzustellen,<br />

das uns den in «in« Welt der Verklärung aus den. Grabe wie im Sturm emporfahrenden<br />

Christus und andrerseits <strong>die</strong> völlig überraschten und schlaftrunkenen<br />

Wächter als <strong>die</strong> Vertreter <strong>die</strong>ser Welt zeigt, <strong>die</strong> das Ostergeschehen<br />

niemals ohn« den Glauben an den Oster<strong>für</strong>sten verstehen kann.<br />

c) Freilich ist jede dem wirklichen Ereignis entsprechende Beschreibung der Auferstehung<br />

Christi unmöglich. Der Ost-rsicg Jesu Christi ist ein so gewaltiges,<br />

Himmel und Erd« bewegendes Geschehen, daß man davon nur stammeln kann,<br />

wie etwa nach einer großen und plötzlichen ^Naturkatastrophe. Daraus sind auch<br />

<strong>die</strong> bekannten Verschiedenheiten der Osterberichte in den Evangelien und bei<br />

dem Apostel Paulus zu erklären, <strong>die</strong> man nicht künstlich ausgleichen, sondern<br />

ruhig nebeneinander als Zeugen des «inen großen „»faßlichen Geschehens bestehen<br />

lassen sollte. Und eines ist ja auch aus allen Zeugnissen deutlich zu entnehmen:<br />

Indem Iesus Christus am Ostcrtag über den Tod triumphiert, wird<br />

Sein ganzes Leben und Leiden, sonderlich aber der Opfcrgang des Karfreitags,<br />

in das strahlend« Licht der Ewigkeit gestellt.<br />

Ob wir auch Christus gekannt haben nach dem Fleisch,<br />

so kennen wir Ihn doch jetzt nicht mehr.<br />

r. Korinther ö, zb.<br />

Wir werden jetzt zugleich sicher in unserem Glauben, daß es kein Traum<br />

schwärmerischer Iünger, sondern <strong>die</strong> sichtbare vorwegnähme einer ewigen<br />

unsichtbaren Wirklichkeit war, als Iesus auf jenem hohen Berge vor Seinen<br />

Iüngern verklärt wurde „und Sein Angesicht leuchtete wie <strong>die</strong> Sonne und<br />

Seine Kleider wurden weiß als ein Licht" (Matth. )7, r).<br />

r.s) Auch auf unser eigenes Leben und Sterben fällt von Ostern her ein verklärender<br />

Glanz. Unser <strong>Das</strong>ein samt seinem bitteren Ende sieht sich nun anders<br />

an. Die Auferstehung Christi bedeutet zwar nicht <strong>die</strong> Vernichtung des


Auferstehung<br />

Sö7<br />

Todes, <strong>die</strong> erst bei der Wiederkunft des Herrn am Jüngsten Tage stattfindet,<br />

w ir dürfen aber doch in dem Vstersieg Christi <strong>die</strong> Entmächtigung des<br />

Todes auch über uns erblicken. Der Tod hat seinen Anspruch auf uns verloren.<br />

Denn Christus hat ihm seinen Schrecken genommen, w ir Christen müssen zwar<br />

gleich den andern Menschen sterben; aber in <strong>die</strong>sem „Sterben" (was Luther<br />

streng zu unterscheiden pflegte vom „Tod") wirkt sich nun nicht mehr der<br />

Schrecken des göttlichen Gerichts aus, sondern das Abscheiden" aus <strong>die</strong>sem<br />

Todesleib« (Phil. z, 23). So darf sich der Apostel danach sehnen, mit dem<br />

neuen Auferstehungsleibe überkleidet zu werden (2. Äor. s, l ff). Im Hinblick<br />

darauf kann er <strong>die</strong> verstorbenen Christen „Entschlafene" nennen (j. Thess.<br />

4, )4; i. Lor. 15, ö. >§. >20). Luther aber kann in seinem Sterbelicd« singen:<br />

„Der Tod ist mein Schlaf worden."<br />

b) Es ist deshalb eine schöne kirchliche Sitte, am Ostermorgen mit der ganzen<br />

<strong>Gemeinde</strong> auf den Fricdhof zu gehen und sich an den Gräbern der Auferstehung<br />

der Toten zu getrösten:<br />

Jesus lebt, mit Ihm auch ichl<br />

Tod, wo sind nun dein« Schrecken?<br />

Er, Er lebt und wird auch mich<br />

von den Toten auferwecken.<br />

Er verklärt mich in Sein Licht:<br />

<strong>die</strong>s ist meine Zuversicht!<br />

Auch hat es einen tiefen Sinn, im Anschluß an den Brauch der alten Lirche in<br />

der Osternacht «in feierliches Taufgedächtnis zu halten; denn wir sind ja „mit<br />

Ihm begraben durch <strong>die</strong> Taufe in den Tod, auf daß» gleichwie Christus ist<br />

auferweckt von den Toten durch <strong>die</strong> Herrlichkeit des Vaters, also sollen auch<br />

wir in einem neuen Leben wandeln" (Röm. S, 4).<br />

Die lieblichste Ostergeschichte handelt von den Emmausjüngern, <strong>die</strong> den Herrn<br />

daran erkannten, daß Er ihnen das Brot brach (Luk. 24, 30). Deshalb sind du<br />

österlichen Abendmahlsfeiern an dem mit strahlend weißem Grabeslinnen gedeckten<br />

Altar (Siehe, das Grab ist leer!) unter dem reichen Schein der Osterkerzen<br />

von der Freude über <strong>die</strong> Gemeinschaft mit dem lebendigen Herrn erfüllt.


sö«<br />

<strong>Das</strong> HciligeOsterfcst<br />

Zweiter Ostertag<br />

I c h w a r t o t u n d s ie h e , I c h b i n le b e n d ig v o n E w i g k e i t z u E w i g ­<br />

k e it u n d h a b e d ie S c h l ü s s e l d e r H ö l l e u n d d e s T o d e s .<br />

Offenbarung ?, ;r<br />

D a s E v a n g e l i u m<br />

?s. Und siehe, zween aus ihnen gingen<br />

an demselbigen Tage in «inen<br />

Kecken, der war von Jerusalem sechzig<br />

Held Wegs weit; des Name heißt Lmmaus.<br />

>4. Und sie redeten miteinander von<br />

allen <strong>die</strong>sen Geschichten.<br />

)S. Und es geschah, da sie so redeten<br />

und befragten sich miteinander, nahte<br />

Jesus zu ihnen und wandelte mit<br />

ihnen.<br />

ib. Aber ihr« Augen wurden gehalten,<br />

daß sie Ihn nicht kannten.<br />

-7. Er sprach aber zu ihnen: w a s<br />

sind das <strong>für</strong> Reden, <strong>die</strong> ihr zwischen<br />

euch handelt unterwegen, und seid<br />

traurig)<br />

ir. Da antwortete einer mit Namen<br />

Rleophas und sprach zu Ihm: Bist<br />

Du allein unter den Fremdlingen zu<br />

Jerusalem, der nicht wisse, was in <strong>die</strong>sen<br />

Tagen drinnen geschehen ist)<br />

ig. Und Er sprach zu ihnen: welches)<br />

Sie aber sprachen zu Ihm: <strong>Das</strong> von<br />

Jesu von Nazareth, welcher war «in<br />

Prophet, mächtig von Taten und<br />

Worten vor Gott und allem Volk;<br />

20. wie Ihn unsere Hohenpriester und<br />

Obersten überantwortet haben zur<br />

Verdammnis des Todes und gekreuziget.<br />

r i. w ir aber Hoffeten, Er sollte Israel<br />

erlösen. Und über das alles ist heute<br />

der dritte Tag, daß solches geschehen<br />

ist.<br />

22. Auch haben uns erschreckt etliche<br />

Weiber der Unseren; <strong>die</strong> sind frühe<br />

bei dem Grab« gewesen,<br />

2S. haben Seinen Leib nicht gefunden,<br />

kommen und sagen, sie haben ein Gesicht<br />

der Engel gesehen, welche sagen,<br />

Er leb«.<br />

24. Und etliche unter uns gingen hin<br />

zum Grabe und fanden'« also, wie<br />

<strong>die</strong> Weiber sagten; aber Ihn sahen<br />

sie nicht.<br />

rs. Und Er sprach zu ihnen: O ihr<br />

Toren und träges Herzens, zu glauben<br />

alle dem, das <strong>die</strong> Propheten geredet<br />

haben!<br />

2b. Mußte nicht Christus solches leiden<br />

und zu Seiner Herrlichkeit eingehen)<br />

27. Und fing an von Mose und allen<br />

Propheten und legte ihnen alle Schriften<br />

aus, <strong>die</strong> von Ihm gesagt waren.<br />

25. Und sie kamen nahe zum Flecken,<br />

da sie hingingen; und Er stellte Sich,<br />

als wollte Er <strong>für</strong>der gehen.<br />

2g. Und sie nötigten Ihn und sprachen:<br />

Bleibe bei uns, denn es will<br />

Abend werden, und der Tag hat sich<br />

geneiget. Und Er ging hinein, bei<br />

ihnen zu bleiben.<br />

Sd. Und es geschah, da Er mit ihnen<br />

zu Tische saß, nahm Er das Brot,<br />

dankte, brach's und gab's ihnen,<br />

si. Da wurden ihre Augen geöffnet<br />

und erkannten Ihn. Und Er verschwand<br />

vor ihnen.


. «Ost er tag Atzg<br />

sr. Und sie sprachen untereinander:<br />

Brannte nicht unser Herz in uns, da<br />

Er mit uns redete auf dem Wege, als<br />

Lr uns <strong>die</strong> Schrift öffnete)<br />

ss. Und sie stunde» auf zu dcrselbigcn<br />

Stunde, kehreten wieder gen Jerusalem<br />

und fanden <strong>die</strong> Elfe versammelt<br />

und <strong>die</strong> bei ihnen waren,<br />

34. welche sprachen: Der Herr ist<br />

wahrhaftig auferstanden und Simon<br />

erschienen.<br />

ss. Und sie «rzähleten ihnen, was auf<br />

dem Wege geschehen war, und wie<br />

Lr von ihnen erkannt wäre an dem,<br />

da Lr das Brot brach.<br />

Luk. r4, fs—ss<br />

D ie E m m a u s jü n g e r h a b e n n ic h t z u d en elfen , so n d e rn z u ein em w e i­<br />

te re n I ü n g e r k r e is g e h ö r t. A b e r d a s m a c h t keinen U n tersch ied , w i e<br />

ih n e n , so ist es sicher a lle n z u m u te g e w e se n , a l s d e r R a r f r e ita g v o r ­<br />

ü b e r w a r . S i e sin d n ic h t e n trü s te t, sie k la g e n d ie H o h e n p rie ste r u n d<br />

S c h r if tg e le h r te n n ic h t a n , v o n p i l a t u s reden sie n ic h t e in m a l. D a z u<br />

sin d sie v ie l zu bedrückt. S i e sin d n ie d erg esch lag en d u rch <strong>die</strong> F r a g e :<br />

w a r u m h a t G o t t d a s geschehen la s s e n ) w e n n einer S e in e n w i l l e n<br />

g e ta n h a t, d a n n doch I e s u s C h r is tu s . U n d d e r m u ß te so sterb en ! G i b t<br />

es ü b e rh a u p t einen G o t t )<br />

S o g e h t es u n s im m e r, w e n n w i r b is in s I n n e r s te g e tro ffe n sin d .<br />

S o l a n g e w i r noch schelten, p ro te stie re n , u n s e n trü s te n , a n k la g e n , is t's<br />

noch n ic h t sch lim m , w e n n a b e r <strong>die</strong> M e n sch en , <strong>die</strong> u n s U n re c h t g e ta n<br />

h a b e n , in d en H in te r g r u n d tre te n u n d w i r m it G o t t z u h a d e rn b e­<br />

g in n e n , d a n n sin d w i r a m E n d e m it u n se re r L r a f t .<br />

D ie beiden E m m a u s jü n g e r h a tte n e s in I e r u s a le m n ic h t m e h r a u s ­<br />

g e h a lte n . D a e rin n e rte sie a lle s a n den H e r r n . E s w a r ein S e g e n , d a ß<br />

sie zu z w e it w a r e n . I n solchen L a g e n ist e s n ic h t g u t , w e n n ein er sein<br />

Leid g a n z a lle in tr a g e n m u ß .<br />

D a n a h t sich ih n e n d e r H e r r , o h n e d a ß sie I h n erk en n en. A ls w ä r '<br />

E r ein g a n z F re m d e r, d e r a u s e in e r a n d e rn W e l t k o m m t, — E r<br />

k o m m t ja au ch a u s e in e r a n d e rn W e l t — f r a g t er, w o r ü b e r sie m i t ­<br />

e in a n d e r sprechen. S i e sin d e rs ta u n t u n d schm erzlich b e tro ffe n , w e i ß<br />

d e r w irk lic h n ic h ts v o n d e m , w o r ü b e r g a n z I e r u s a le m re d e t) S o l l<br />

m a n I h m ü b e r h a u p t A n t w o r t g e b e n ) S c h lie ß lic h n im m t R le o p h a s<br />

d a s W o r t u n d sp ric h t sein v e r w u n d e r n a u s . A b e r es h ilf t n ic h ts :<br />

S i e m ü ssen a lle s v o n A n f a n g b is zu E n d e e rz ä h le n , w e r I e s u s v o n<br />

N a z a r e th w a r , w a s sie v o n I h m e r h o f f t h a b e n , w ie E r z u m T o d e<br />

v e r u r te ilt u n d g e k re u z ig t w u r d e u n d w a s f ü r seltsam e G e rü c h te ü b e r<br />

S e in e A u fe rs te h u n g u m g e h e n . E s t u t w e h , d ie s a lle s ein em F rem d en<br />

noch e in m a l la n g u n d b re it e rz ä h le n zu m ü sse n . D a s H e rz w i l l d a r ­<br />

ü b e r brechen.


37» <strong>Das</strong> Heilig« Osterfest<br />

A b e r d a n n n im m t d er Fremde d a s W o r t . D ie T a ts a c h e n h a t E r sich<br />

v o n ih n e n e rz ä h le n lassen, setzt e rk lä rt L r ih n e n <strong>die</strong> T a tsa c h e n a u s<br />

d er S c h r i f t , P u n k t f ü r P u n k t, eine nach d e r a n d e rn . M e r k w ü r d ig , w ie<br />

a lle s s tim m t u n d w ie L r d a s w e iß ! D u rc h S e i n e W o r t e leuchtet d er<br />

eine S a t z : D ie s m u ß te C h r is tu s leid en , u m zu S e i n e r H errlich k e it<br />

e in z u g e h e n . S p ä t e r h a b e n sie g e s a g t, ih r H e rz h a b e ih n e n g e b ra n n t,<br />

a ls L r so z u ih n e n redete. N a c h u n d n ach b e g in n e n sie z u fassen ,<br />

w a s sie b is d a h in n ic h t fassen k o n n te n . V o r h e r w a r 's d e r F rem d e, der<br />

sch w eig e n d z u h ö r te ; jetzt sc h w eig e n sie. S i e m erken g a r n ic h t, w ie<br />

la n g d e r W e g ist. M i t einem M a le sin d <strong>die</strong> ersten H ä u s e r v o n<br />

L m m a u s d a .<br />

D e r H e r r schickt sich a n w e ite rz u g e h e n . A b e r <strong>die</strong> beiden J ü n g e r w o lle n<br />

I h n n ic h t lassen. S i e sin d n ic h t s a tt, zu h ö re n u n d z u b e g re ife n .<br />

D a r u m b itte n sie I h n z u b leib en u n d L r — b le ib t a u c h . S i e essen<br />

m ite in a n d e r. D a t u t I e s u s , w a s L r b ei d e r S p e i s u n g d er s o s o t a t<br />

u n d w a s E r b eim A b e n d m a h l t a t . L r n im m t d a s B r o t , sp rich t ein<br />

D a n k g e b e t u n d te ilt es ih n e n a u s . p lö tz lic h g eh en ih n e n <strong>die</strong> A u g e n<br />

a u f , u n d sie erkennen I h n . N u r f ü r ein en A u g en b lick ! D a n n e n t­<br />

sc h w in d e t L r v o r ih r e n A u g e n .<br />

S i e w a r e n m ü d e , a l s sie sich n ach L m m a u s a u fm a c h te n , äu ß e rlic h<br />

u n d in n e rlic h . A b e r jetzt ist a lle M ü d ig k e it v e r f lo g e n . O b w o h l es<br />

n ich t b lo ß A b e n d , so n d e rn ü b e r d e r M a h lz e it lä n g s t N a c h t g e w o rd e n<br />

ist, brechen sie s o fo rt w ie d e r a u f . Z urü ck n ach I e r u s a le m ! D ie S t a d t<br />

erscheint ih n e n m it e in em M a le g a n z a n d e r s . S i e m ü ssen d en a n d e rn<br />

I ü n g e r n b eric h te n , w a s sie e rle b t h a b e n . S i e fin d e n sie au ch , w o sie<br />

sich v e rs a m m e lt h a b e n ; a b e r sie k o m m e n zu n ä c h st g a r n ich t z u W o r t e .<br />

D a s erste, w a s ih n e n e n tg e g e n k lin g t, ist <strong>die</strong> F re u d e n b o ts c h a ft: D e r<br />

H e r r ist w irk lic h a u fe rs ta n d e n u n d d em S i m o n P e t r u s erschien en!<br />

D a n n erst k o m m e n auch sie a n <strong>die</strong> R e ih e , z u e rz ä h le n . S i e s a g e n :<br />

U n s au c h , u n d so w a r 's , a l s L r u n s erschien!<br />

A ls <strong>die</strong> b eid en I ü n g e r v o n L m m a u s n ach I e r u s a le m zu rü c k g in g e n ,<br />

w a r e n sie n ic h t m e h r <strong>die</strong>selben w ie <strong>die</strong>, d ie v o n I e r u s a le m n ach<br />

L m m a u s w a n d e r te n . S i e w a r e n a n d e re M e n sc h e n g e w o rd e n . D ie<br />

G e w iß h e it u m ih re n a u fe rs ta n d e n e n H e r r n h a tte sie v e r w a n d e lt. D a s<br />

g i l t v o n a lle n I ü n g e r n I e s u , auch v o n u n s . D e r G la u b e a n den<br />

A u fe rsta n d e n e n z e ig t u n s <strong>die</strong> W e l t in ein em a n d e rn L ichte. O h n e den<br />

G la u b e n a n <strong>die</strong> A u fe rs te h u n g ist sie eine W e l t o h n e G o t t , v o lle r<br />

O u a l u n d P l a g e . I n d e r A u fe rs te h u n g C h ris ti a b e r h a t G o t t S e i n


. Öfter tag 37?<br />

Gnadenwort über <strong>die</strong>se w e it gesprochen, w e r faßt das) w e r dem<br />

Schmerz des Larfreitags stille hält und dann hinhört auf das, was<br />

Christus zu ihm sagt.<br />

34. Petrus aber tat seinen Mund auf<br />

und sprach: Nun erfahre ich mit der<br />

Wahrheit, daß Gott <strong>die</strong> Person nicht<br />

ansiehet;<br />

3 5. sondern in allerlei Volk, wer Ihn<br />

<strong>für</strong>chtet und recht tut, der ist Ihm<br />

angenehm.<br />

sö. Ihr wisset wohl von der predigt,<br />

<strong>die</strong> Gott zu den Rindern Israel<br />

gesandt hat, und daß Lr hat den Frieden<br />

verkündigen lassen durch Icsum<br />

Christum (welcher ist «in Herr über<br />

alles),<br />

37. <strong>die</strong> durchs ganze jüdische Land geschehen<br />

ist und angegangen in Galiläa<br />

nach der Taufe, <strong>die</strong> Johannes predigte<br />

:<br />

SS. wie Gott denselbigen Iesus von<br />

D i e E p i s t e l<br />

Nazareth gesalbek hat mit dem Heiligen<br />

Geist« und Äraft; der umhergezogen<br />

ist und hat wohlgetan und gesund<br />

gemacht alle, <strong>die</strong> vom Teufel<br />

überwältiget waren; denn Gott war<br />

mit Ihm.<br />

3g. Und wir sind Zeugen alles des,<br />

das Lr getan hat im jüdischen Lande<br />

und zu Ierusalem. Den haben sie getötet<br />

und an ein Holz gehangen.<br />

40. Denselbigen hat Gott auserwecke!<br />

am dritten Tage und Ihn lassen offenbar<br />

werden,<br />

4;. nicht allem Volk, sondern uns, den<br />

vorerwähleten Zeugen von Gott, <strong>die</strong><br />

wir mit Ihm gegessen und getrunken<br />

haben, nachdem Lr auferstanden war<br />

von den Toten<br />

Ȧp. Gesch. )S, 34—4)<br />

W as bedeutet es, wenn im Neuen Testament von Zeugen <strong>die</strong> Rede<br />

ist) Zeugen sind nicht nur <strong>die</strong>, welche von den W orten und Taten<br />

Jesu berichten, sondern <strong>die</strong> von Seiner Auferstehung Zeugnis ablegen.<br />

Denn in der Auferstehung enthüllt sich <strong>die</strong> Herrlichkeit der<br />

Gottessohnschaft Iesu Christi.<br />

Petrus ist der Mann, der einst seinen Herrn aus kleiner menschlicher<br />

Angst verleugnet hat. M it welchem Freimut und was <strong>für</strong> einer Gewißheit<br />

redet er jetzt! S o wunderbar hat <strong>die</strong> Gegenwart des auferstandenen<br />

Christus Seine Iünger gestärkt, ja verwandelt.<br />

Petrus sagt: „Nun erfahre ich mit Wahrheit, daß Gott <strong>die</strong> Person<br />

nicht ansieht, sondern in allerlei Volk, wer Ih n <strong>für</strong>chtet und<br />

recht tut, der ist Ihm angenehm". <strong>Das</strong> ist eine neue Erkenntnis. Sie<br />

hebt das Vorrecht des jüdischen Volkes auf. Petrus konnte sich da<strong>für</strong><br />

nicht auf den irdischen Iesus von Nazareth berufen. Denn der Herr<br />

hatte zu Seinen Iüngern gesagt: Geht nicht auf <strong>die</strong> Straße der<br />

Heiden und betretet nicht <strong>die</strong> Städte der Samariter. Der Aufer-


272<br />

<strong>Das</strong> HeiligeDstecfesr<br />

standme aber gibt den Befehl: Geht hin in alle W elt und lehrt<br />

alle Völker.<br />

Nun erst versteht Petrus auch <strong>die</strong> Schrift. Alle Propheten zeugen<br />

von Diesem. E r hat sie durch W ort und Tat ausgelegt. Darum ist<br />

Gott in Ihm und hat Ih n zum Richter der Lebendigen und Toten<br />

gemacht, w e r aber an Ih n glaubt, empfängt Vergebung seiner<br />

Sünde im Gericht.<br />

E i n L ie d d er ö s t e r lic h e n F r e u d e n z e it ,<br />

d a s a n jedem ih rer S o n n t a g e g e s u n g e n w e r d e n s o llte , ist<br />

Christ ist erstanden<br />

Seit 700 Iahrcn erklingt <strong>die</strong>ser jubelnde Freudenruf Osterzeit<br />

in unverminderter Iugendfrische durch <strong>die</strong> christlichen Gottes<strong>die</strong>nste.<br />

Luther sagt von ihm: „Alle Lieder singt man sich mit der Zeit müde,<br />

aber »Christ ist erstanden« muß man alle Iahre wieder singen".<br />

Sachlich angebracht und leicht durchführbar ist hier auch das liturgische<br />

Zusammenwirken von Chor und <strong>Gemeinde</strong>. Der Chor setzt<br />

einstimmig aller Stimmen oder nur mit seinen Männerstimmen ein:<br />

„Christ ist erstanden von der Marter alle!" — und <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong><br />

nimmt <strong>die</strong> Botschaft auf: „Des laßt uns alle froh sein, Christ will<br />

unser Trost sein! Ryrieleis".<br />

D a s G e b e t d e s T a g e s<br />

A l l m ä c h t i g e r G o t t , d e r D u u n s d u r c h D e i n e n S o h n e r ö f f n e t h a f t<br />

d e n Z u g a n g z u m e w i g e n L e b e n u n d d u r c h d a s G e h e i m n i s S e i n e r<br />

f r ö h lic h e n A u f e r s t e h u n g d er g a n z e n W e l t H e i l v e r l ie h e n , w i r<br />

b i t t e n D i c h , D u w o l l e s t u n s e r e B e g i e r d e z u r s c h ö n e n E w i g ­<br />

k eit e r w e c k e n u n d u n s d ie h im m lis c h e G a b e d e r v o l lk o m m e n e n<br />

F r e ih e it v e r l e ih e n , d u r c h d e n s e lb e n D e i n e n S o h n , J e s u m C h r i ­<br />

s t u m , u n s e r n H e r r n . A m e n .<br />

-l-


Woche des Osterfestes<br />

87s<br />

Der zweite Artikel:<br />

v o n der Erlösung.<br />

Ich glaube an Jesum Christum, Seinen eingeborne»<br />

Sohn, unsern Herrn, der empfangen ist vom Heiligen<br />

Geist, geboren von der Iungfr au Maria, gelitten unter<br />

pontio pilato, gekreuzigt, gestorben und begraben,<br />

niedergcfahren zur Hölle,am drittenTagcwiederauferstanden<br />

von den Toten, aufgefahren gen Himmel,<br />

sitzend zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters,<br />

von dannen Er kommen wird zu richten <strong>die</strong> Lebendigen<br />

und <strong>die</strong> Toten.<br />

w a s ist das?<br />

Ich glaube, daß Iesus Christus,<br />

wahrhaftiger Gott vom Vater in Ewigkeit geboren<br />

und auch wahrhaftiger Mensch von der Iungfrau Maria geboren,<br />

sei mein Herr,<br />

der mich Verlornen und verdammten Menschen erlöset hat,<br />

erworben, gewonnen von allen Sünden,<br />

vom Tode und von der Gewalt des Teufels;<br />

nicht mit Gold oder Silber,<br />

sondern mit Seinem heiligen, teuren Blut und mit Seinem unschuldigen<br />

Leiden und Sterben;<br />

auf daß ich Sein eigen sei und in Seinem Reiche unter Ihm lebe und<br />

Ihm <strong>die</strong>ne in ewiger Gerechtigkeit, Unschuld und Seligkeit;<br />

gleichwie E r ist auferstanden vom Tode, lebet und regieret in<br />

Ewigkeit.<br />

<strong>Das</strong> ist gewißlich wahr.<br />

D ienstag nach Vstern<br />

sö. Da sie aber davon redeten, trat 3 §. Und Er sprach zu ihnen: w a s seid<br />

Er selbst, Iesus, mitten unter sie und ihr so erschrocken, und warum kommen<br />

sprach zu ihnen: Friede sei mit euch! solche Gedanken in euer Herz?<br />

S7. Sie erschraken aber und <strong>für</strong>chteten sg. Sehet Meine Hände und Meine<br />

sich, meineten, sie sähen einen Geist. M e: Ich bin's selber, zählet Micb


S?4 Woche des Osterfestes<br />

und sehet; denn ein Geist hat nicht<br />

Fleisch und Bein, wie ihr sehet, daß<br />

Ich habe.<br />

40. Und da Lr das sagte, zeigte Lr<br />

ihnen Hände und Füße.<br />

4-. Da sie aber noch nicht glaubeten<br />

vor Freuden und sich verwunderten,<br />

sprach Er zu ihnen: Habt ihr hie etwas<br />

zu essen?<br />

42. Und sie legten Ihm vor ein Stück<br />

von gebratenem Fisch und Honigseim.<br />

43. Und Lr nahm's und aß vor ihnen.<br />

44. Lr sprach aber zu ihnen: <strong>Das</strong> sind<br />

<strong>die</strong> Reden, <strong>die</strong> Ich zu euch sagte, da<br />

Ich noch bei euch war; denn es muß<br />

alles erfüllet werden, was von Mir<br />

geschrieben ist im Gesetz Moses, in den<br />

Propheten und in den Psalmen.<br />

4s. Da öffnete Lr ihnen das Verständnis,<br />

daß sie <strong>die</strong> Schrift verstunden,<br />

4S. und sprach zu ihnen: Also ist's geschrieben,<br />

und also mußt« Christus leiden<br />

und auferstehen von den Toten<br />

am dritten Tag«<br />

47. und predigen lassen in Seinem<br />

Namen Buße und Vergebung der<br />

Sünden unter allen Völkern und anheben<br />

zu Ierusalem. Luk. 24, 3ö—47<br />

Die Auferstehung ist das Wunder Gottes. Als <strong>die</strong> Iünger dem Auferstandenen<br />

begegnen, überfällt sie Erschrecken. Hier ist Der am<br />

Werk, dem nichts unmöglich ist, der Himmel und Erde gemacht<br />

hat, der Seinen Sohn nicht im Tode läßt und nicht zugibt, daß<br />

Sein Heiliger verwest.<br />

Der Text legt Nachdruck darauf, daß hier nicht ein „Geist" erscheint,<br />

sondern Iesus Selber, Fleisch und Dein.<br />

Die Iünger begegnen dem mit zwiefachem Unglauben. Zuerst mit<br />

dem Unglauben, der aus Zweifel und Erschrecken geboren ist: solches<br />

kann nicht möglich sein! Dann mit dem Unglauben, der <strong>die</strong> Größe des<br />

Ereignisses noch nicht ersaßt, aber der Freude sich öffnet, w en n es<br />

doch wahr wäre!<br />

„Und E r öffnete ihnen das Verständnis". Hier ist der Zugang<br />

zum Geheimnis der «Offenbarung Gottes unter den Menschen. Hier<br />

wird Zweifel und Äleinglaube verwandelt in Freude und Leben. An<br />

<strong>die</strong>ser heiligen Stätte hebt es an und will gepredigt werden zur<br />

Buße und zur Vergebung der Sünden unter allen Völkern der Erde.<br />

Die andere Lesung: Lolosser 2, g—zs.<br />

M i t t w o c h n a c h (O ste r n<br />

!. Darnach offenbarte Sich Iesus trus und Thomas, der da heißet Zwilabcrmals<br />

den Iüngern an dem Meer ling, und Nathanael von Rana in Gabei<br />

Tiberias. Er offenbarte Sich aber liläa und <strong>die</strong> Söhne des Zebedäus und<br />

also:<br />

andere zween Seiner Iünger.<br />

2. Es waren beieinander Simon pc- 3. Spricht Simon Petrus zu ihnen:


Woche des Osterfestes<br />

S7S<br />

Ich will hin fischen gehen. Sie<br />

sprechen zu ihm: So wollen wir mit<br />

dir gehen. Sie gingen hinaus und traten<br />

in das Schiff alsobald; und in<br />

derselbigen Nacht fingen sie nichts.<br />

4. Da es aber jetzt Morgen war, stund<br />

Iesus am Ufer; aber <strong>die</strong> Iünger wußten<br />

nicht, daß es Iesus war.<br />

s. Spricht Iesus zu ihnen: Rinder,<br />

habt ihr nichts zu essen) Sie antworteten<br />

Ihm: Nein.<br />

5. Lr aber sprach zu ihnen: werfet<br />

das Netz zur Rechten des Schiffes,<br />

so werdet ihr finden. Da warfen sie,<br />

und konnten's nicht mehr ziehen vor<br />

der Menge der Fische.<br />

7. Da spricht der Iünger, welchen I«-<br />

fug liebhatte, zu Petrus: Es ist der<br />

Hekr! Da Simon Petrus hörte, daß<br />

es der Herr war, gürtete er das Hemd<br />

um sich (denn er war nacket) und warf<br />

sich ins Meer.<br />

r. Die anderen Iünger aber kamen<br />

auf dem Schiffe (denn sie waren nicht<br />

ferne vom Lande, sondern bei zweihundert<br />

Ellen) und zogen das Netz<br />

mit den Fischen.<br />

g. Als sie nun austraten auf das Land,<br />

sahen sie Rohlen gelegt und Fische darauf<br />

und Brot.<br />

z o. Spricht Iesus zu ihnen: Bringet<br />

her von den Fischen, <strong>die</strong> ihr jetzt gefangen<br />

habt!<br />

Simon Petrus stieg hinein und<br />

zog das Netz auf das Land voll<br />

großer Fisch«, hundertunddreiundfünfzig.<br />

Und wiewohl ihrer so viel waren,<br />

zerriß doch das Netz nicht.<br />

;r. Spricht Iesus zu ihnen: Rommt<br />

und haltet das Mahl! Niemand aber<br />

unter den Iüngern wagte, Ihn zu fragen:<br />

wer bist Du) denn sie wußten,<br />

daß es der Herr war.<br />

)Z. Da kommt Jesus und nimmt das<br />

Brot und gibt's ihnen, dcsselbigengleichen<br />

auch <strong>die</strong> Fische.<br />

-4. <strong>Das</strong> ist nun das drittemal, daß<br />

Iesus offenbaret ward Seinen Iüngern,<br />

nachdem Er von den Toten auferstanden<br />

war. Ioh. r>, I— )4<br />

Der Auferstandene zeigt sich den Seinen zum dritten Male, b e ­<br />

gleitet von Zeichen und Wundern. Der Fischzug erinnert an<br />

das fünfte Aapitel im Lukascvangelium, aber hier ist er stärker als<br />

dort umgeben von dem Wunderwirken des Herrn. Die Zahl der gefangenen<br />

Fische ist nach Hieronvmus <strong>die</strong> Zahl aller Fischgattungen,<br />

<strong>die</strong> es gibt: alle Völker werden erreicht von der Ausfahrt, <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />

Iünger tun im Namen des Herrn. Der Herr speist <strong>die</strong> Seinen mit<br />

B rot und Fisch: Der Auferstandene reicht im Sakrament der <strong>Gemeinde</strong><br />

das B rot des Lebens.<br />

Die andere Lesung: Apostelgeschichte s, r?<br />

D onnerstag nach (Ostern<br />

I. Aber der Herr verschaffte einen gro- s. Und sprach: Ich rief zu dem Herrn<br />

ßen Fisch, Iona zu verschlingen. Und in meiner Angst, und Er antwortete<br />

Iona war im Leibe des Fisches drei mir; ich schrie aus dem Bauche der<br />

Tage und drei Nächte.<br />

Hölle, und Du hörtest meine Stimme,<br />

r. Und Iona betet« zu dem Herrn, 4 - Du warfest mich in <strong>die</strong> Tiefe mitscinem<br />

Gott, im Leibe des Fisches, ten im Meer, daß <strong>die</strong> Fluten mich


37ö<br />

Woche des «Osterfestes<br />

umgaben; alle Deine Wogen und<br />

Wellen gingen über mich,<br />

8. daß ich gedachte, ich wäre von Deinen<br />

Augen verstoßen, ich würde Deinen<br />

heiligen Tempel nicht mehr sehr»,<br />

ö. Wasser umgaben mich bis an mein<br />

Leben, <strong>die</strong> Tiefe umringte mich; Schilf<br />

bedeckte mein Haupt.<br />

7- Ich sank hinunter zu der Berge<br />

Gründen, <strong>die</strong> Erde hatte mich verriegelt<br />

ewiglich; aber Du hast mein<br />

Leben aus dem Verderben geführt,<br />

Herr, mein Gott.<br />

r. Da meine Seele bei mir verzagte,<br />

gedachte ich an den Herrn; und mein<br />

Gebet kam zu Dir in Deinen heiligen<br />

Tempel.<br />

g. Die da halten über dem Nichtigen,<br />

verlassen ihre Gnade.<br />

?o. Ich aber will mit Dank Dir opfern,<br />

meine Gelübde will ich bezahlen;<br />

denn <strong>die</strong> Hilfe ist des Herrn.<br />

>!- Und oer Herr sprach zum Zische,<br />

und derselbige spie Iona aus ans Land.<br />

Iona r,<br />

Iona wollte sich von dem Herrn nicht als Prophet in <strong>die</strong> heidnische<br />

S tadt Ninive schicken lassen. Deshalb warf Gott ihn ins Meer. Nach<br />

menschlichen Gedanken war er dort verloren. Drei Tage und drei<br />

Nächte lag er unten in der Tiefe des Todes. Dann holte Gott ihn<br />

heraus und machte ihn zu Seinem Propheten. Diese Geschichte ist ein<br />

Gleichnis des Todes und der Auferstehung Christi.<br />

Auch Christus lag als ein gänzlich Verlorener drei Tage in den<br />

Gründen des Todes. <strong>Das</strong> geschah jedoch wegen unseres Ungehorsams.<br />

Gott aber hat Ih n auferweckt und dadurch Christi Tod <strong>für</strong> uns<br />

anerkannt und bestätigt. S o ist unser Tod durch den Tod Christi verschlungen<br />

und Seine Auferstehung hat uns neues Leben gebracht.<br />

Die andere Lesung: Matthäus rr,<br />

—ro.<br />

Am ersten Tage der Woche kommt<br />

Maria Magdalena früh«, da es noch<br />

finster war, zum Grabe und siehet,<br />

daß der Stein vom Grabe hinweg<br />

war.<br />

r. Da läuft sie und kommt zu S i­<br />

mon Petrus und zu dem anderen Iünger,<br />

welchen Iesus liebhatte, und<br />

spricht zu ihnen: Sie haben den Herrn<br />

weggenommen aus dem Grabe, und<br />

wir wissen nicht, wo sie Ihn hingelegt<br />

haben.<br />

3. Da ging Petrus und der andere<br />

Iünger hinaus und kamen zum Grabe.<br />

F r e i t a g n a c h O s t e r n<br />

4. Es liefen aber <strong>die</strong> zween miteinander,<br />

und der andere Iünger lief zuvor,<br />

schneller denn Petrus, und kam<br />

am ersten zum Grabe,<br />

8. gucket hinein und siehet <strong>die</strong> Leinen<br />

geleget; er ging aber nicht hinein,<br />

ö. Da kam Simon Petrus ihm nach<br />

und ging hinein in das Grab und<br />

siehet <strong>die</strong> Leinen geleget,<br />

7. und das Schweißtuch, das I«su<br />

um das Haupt gebunden war, nicht zu<br />

den Leinen geleget, sondern beiseits, zusammengewickelt,<br />

an einen besonderen<br />

«Ort.


Woche des «Osterfestes »77<br />

8. Da ging auch der ander« Iünger g. Denn sie wußten <strong>die</strong> Schrift noch<br />

hinein, der am ersten zum Grab« kam, nicht, daß Lr von den Toten auferund<br />

sah und glaubte es. stehen müßte. Ioh- 20, ;—g<br />

w em <strong>die</strong> Schrift nicht <strong>die</strong> Augen öffnet, der kann das «Ostergeschehen<br />

nicht verstehen (g). welch eine seltsame Geschäftigkeit um das Geheimnis<br />

Gottes! w ieviel religiöse Bücher erscheinen, wie ist zuzeiten<br />

<strong>die</strong> W elt erfüllt von religiösen Gedanken und Worten! Und das Geheimnis<br />

Gottes wird doch nicht verstanden. Auch <strong>die</strong> Frauen und<br />

<strong>die</strong> Iünger verstehen es nicht. Sie sehen nur, was Menschen sehen:<br />

das leere Grab, <strong>die</strong> Leinwand und das Schweißtuch. Von dem einen<br />

Iünger heißt es: „E r glaubte es", w a s glaubte er? Daß hier Gott<br />

am wirken war. Aber <strong>die</strong> Tatsache -er Auferstehung und der Vorgang<br />

selber bleiben verborgen. B is <strong>die</strong> Schrift <strong>die</strong> Augen<br />

öffnet: alles, was w ir von Iesus mit Menschenaugen sehen, wird<br />

erkannt und verstanden erst von der Auferstehung her. Christlich<br />

denken heißt: von «Ostern her denken, — alles andere ist wie ein Reden<br />

über das beiseitegelegte Tuch Iesu.<br />

Die andere Lesung: Apostelgeschichte -5, zöa. rb—-sg.<br />

I I. Maria aber stund vor dem Grabe<br />

und weint« draußen. Als sie nun<br />

weinte, guckt« sie in das Grab<br />

zr. und siehet zween Engel in weißen<br />

Llcidern sitzen, einen zu den Häupte»<br />

und den anderen zu den Füßen, da sie<br />

den Leichnam Iesu hingelegt hatten.<br />

zs. Und <strong>die</strong>selbigen sprachen zu ihr:<br />

Weib, was weinest du? Sie spricht zu<br />

ihnen: Sie haben meinen Herrn weggenommen,<br />

und ich weiß nicht, wo sie<br />

Ihn hingelegt haben.<br />

-4 - Und als sie das sagt«, wandt« sie<br />

sich zurück und siehet Iesum stehen und<br />

weiß nicht, daß es Iesus ist.<br />

zs. Spricht Iesus zu ihr: Weib, was<br />

weinest du? Wen suchest du? Sie<br />

meiner, es sei der Gärtner, und spricht<br />

S o n n a b e n d n a c h «O stern<br />

zu Ihm: Herr, hast du Ihn weggetragen,<br />

so sag« mir, wo hast du ihn<br />

hingeleget, so will ich Ihn holen.<br />

zb. Spricht Iesus zu ihr: Maria! Da<br />

wandte sie sich um und spricht zu Ihm:<br />

Rabbuni (das heißet Meister)!<br />

-7. Spricht Iesus zu ihr: Rühre Mich<br />

nicht an! Denn Ich bin noch nicht aufgefahren<br />

zu Meinem Vater. Gehe aber<br />

hin zu Meinen Brüdern und sage<br />

ihnen: Ich fahre auf zu Meinem Vater<br />

und zu eurem Vater, zu Meinem<br />

Gott und zu eurem Gott.<br />

)8. Maria Magdalena kommt und<br />

verkündiget den Iüngern: Ich habe<br />

den Herrn gesehen, und solches hat<br />

Lr zu mir gesagt. Ioh. ro, s s—-r<br />

„Ich habe den Herrn gesehen und solches hat L r zu mir gesagt".<br />

Nicht <strong>die</strong> Engel können <strong>die</strong> weinende Maria trösten, nicht Iesus


Woche des Osterfestes<br />

Selber, solange sie Ih n nicht erkannt hat, obgleich sie Ih n sieht. Aber<br />

als L r redet, da hört sie Ihn. „Meine Schafe hören meine Stimme".<br />

Die Anrede ist der Name, denn <strong>die</strong> Namen sind bei Gott angeschrieben<br />

(Luk. zo, ro). Und wie <strong>die</strong> Anrede nur ein W ort ist, so auch <strong>die</strong> Antwort<br />

nur ein W ort: Meister! Der Auferstandene bleibt von uns getrennt<br />

(„rühre Mich nicht an"), L r ist der Meister, der Sohn, der<br />

Welten Regierer, — wie <strong>die</strong>, <strong>die</strong> da hören auf Sein W ort, Ih n ihren<br />

Herrn nennen. <strong>Das</strong> W ort aber, mit dem L r uns anredet, ist unseres<br />

Lebens Trost, ist das Evangelium Gottes, ist <strong>die</strong> gnadenreiche<br />

Hand, <strong>die</strong> uns gereicht ist, ist der Grund, der unser Leben trägt.<br />

Maria Magdalene <strong>die</strong> weinende ist M aria Magdalena <strong>die</strong> Getröstete.<br />

Sie verkündigt, was sie gehört hat, eine Lvangelistin an den Iü n ­<br />

gern: „Ich habe den Herrn gesehen und solches hat L r zu mir gesagt".<br />

Die Siegesbotschaft an alle W elt aus dem Munde derer, <strong>die</strong><br />

am Grabe weinte.<br />

Die ander« Lesung: f. Lorinther ;s, i—


Sonntag «Lluasimodogeniti<br />

S7S<br />

Die österliche Freudenzeit<br />

Die dein Osterfest folgende Zeit nennt man <strong>die</strong> österliche Hreudenzeit.<br />

In ihr erklingt <strong>die</strong> frohe Botschaft des Osterfestes in immer neuen<br />

Rlängen, bis am Tage der Himmelfahrt Christi der freudige Glaube<br />

an Iesus Christus von Ih m Selber, unserem Rönig, seinen festen<br />

Auftrag <strong>für</strong> <strong>die</strong>se W elt erhält.<br />

Die Iünger, <strong>die</strong> zunächst versprengt waren oder aus Angst vor den<br />

Iuden hinter verschlossenen Türen ihre Gottes<strong>die</strong>nste und Versammlungen<br />

hielten, werden durch den Auferstandenen, der ihnen begegnet,<br />

wieder gesammelt und im Glauben gestärkt. E s ist eine heilige Rüstzeit<br />

<strong>für</strong> sie. Sie lesen täglich in der Schrift, indem sie nach der<br />

Weisung ihres auferstandenen Herrn betend warten auf <strong>die</strong> Ausgießung<br />

des Heiligen Geistes. Ih r Glaube wird immer fester, ihr<br />

Gehorsam immer freudiger, ihre Hoffnung immer klarer.<br />

Erster Sonntag nach Ostern/Suasiinodogeniti<br />

Der Sonntag Ouasünodogeniti trägt auch den Namen „w eißer<br />

Sonntag". An <strong>die</strong>sem Tage legten <strong>die</strong> Neugetauften <strong>die</strong> weißen<br />

Äleider wieder ab, <strong>die</strong> sie seit ihrer Taufe in der Ostcrnacht getragen<br />

hatten. Als Getaufte werden sie „wiedergeborene" genannt. Auf<br />

<strong>die</strong>se geistliche Wiedergeburt weist der alte lateinische Name des<br />

Sonntags. Sein Lingangsspruch beginnt: „Als <strong>die</strong> jetzt geborenen<br />

(lateinisch: quasi mocko §eniti) Äindlein seid begierig nach der vernünftigen,<br />

lauteren Milch, auf daß ihr dadurch zunehmt, so ihr anders<br />

geschmeckt habt, daß der Herr freundlich ist" (?. petr. 2, r. s).<br />

Gelobet sei Gott, der Vater unsers Herrn Iesu Christi, der uns<br />

nach Seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer<br />

lebendigen Hoffnung durch <strong>die</strong> Auferstehung Jesu Christi von<br />

den Toten.<br />

Petrus s, s<br />

<strong>Das</strong> Evangelium<br />

!g. Am Abend aber desselbigen ersten versammelt und <strong>die</strong> Türen ver-<br />

Tages der Woche, da <strong>die</strong> Iünger schlössen waren aus Furcht vor den


sro<br />

Juden, kam Iesus und trat mitten ein<br />

und spricht zu ihnen: Friede sei mit<br />

euch!<br />

20. Und als Lr das gesagt hatt«,<br />

Zeigte Lr ihnen <strong>die</strong> Hände und Seine<br />

Seit«. Da wurden <strong>die</strong> Iünger froh,<br />

daß sie den Herrn sahen.<br />

2Z. Da sprach Iesus abermals zu<br />

ihnen: Fried« sei mit euch! Gleichwie<br />

Mich der Vater gesandt hat, so send«<br />

Ich euch.<br />

22. Und da Lr das gesagt hatt«, blies<br />

Lr sie an und spricht zu ihnen: Nehmet<br />

hin den Heiligen Geist!<br />

rs. welchen ihr <strong>die</strong> Sünden erlasset,<br />

denen sind sie erlassen; und welchen<br />

ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.<br />

24. Thomas aber, der Zwölf« einer,<br />

der da heißt Zwilling, war nicht bei<br />

ihnen, da Jesus kam.<br />

2 3. Da sagten <strong>die</strong> anderen Iünger zu<br />

ihm: Wir haben den Herrn gesehen.<br />

Lr aber sprach zu ihnen: Ls sei denn,<br />

daß ich in Seinen Händen sehe <strong>die</strong><br />

Nägclmal« und lege meinen Finger in<br />

<strong>die</strong> Nägelmal« und leg« meine Hand<br />

Woche des Sonntags D uasimodogeniti<br />

in Seine Seite, will ich's nicht glauben.<br />

2b. Und über acht Tag« waren abermals<br />

Seine Jünger drinnen und Thomas<br />

mit ihnen. Kommt Iesus, da <strong>die</strong><br />

Türen verschlossen waren, und tritt<br />

mitten «in und spricht: Friede sei mit<br />

euch!<br />

27. Darnach spricht Lr zu Thomas:<br />

Reich« deinen Finger her und sich«<br />

Mein« Hände, und reiche deine Hand<br />

her und lege sie in Meine Seite, und<br />

sei nicht ungläubig, sondern gläubig!<br />

22. Thomas antwortet« und sprach zu<br />

ihm: Mein Herr und mein Gott!<br />

2g. Spricht Iesus zu ihm: Dieweil du<br />

Mich gesehen hast, Thomas, so glaubest<br />

du. Selig sind, <strong>die</strong> nicht sehen und<br />

doch glauben!<br />

so. Auch viel andere Zeichen tat Iesus<br />

vor Seinen Jüngern, <strong>die</strong> nicht geschrieben<br />

sind in <strong>die</strong>sem Buch.<br />

3 1. Diese aber sind geschrieben, daß<br />

ihr glaubet, Iesus sei Lhrist, der<br />

Sohn Gottes, und daß ihr durch den<br />

Glauben das Leben habet in Seinem<br />

Namen.<br />

Ioh. 20, ;g—s;<br />

w i r n e n n e n <strong>die</strong> ersten I ü n g e r I e s u A p o ste l, w a s ist ein A p o stel<br />

u n d w o d u rc h sin d d ie I ü n g e r I e s u z u A p o ste ln I e s u C h ris ti g e ­<br />

w o r d e n )<br />

A p o stel h e iß t so v iel w ie G e s a n d te r . C h ris ti A p o ste l sin d a ls o S e in e<br />

B e v o llm ä c h tig te n , <strong>die</strong> a n S e i n e r S t a t t S e in e B o ts c h a f t a n <strong>die</strong>se<br />

W e l t v e rk ü n d e n u n d S e i n A m t a n ih r a u s ric h te n so llen . D a s le h rt<br />

u n s d a s T e x tw o r t. D e r a u fe rs ta n d e n e C h ris tu s s a g t z u S e in e n I ü n ­<br />

g e r n : „ G le ic h w ie M ic h d e r V a te r g e s a n d t h a t, so sende I c h euch".<br />

D a m it h a t E r sie z u S e in e n A p o ste ln o d e r G e s a n d te n e r n a n n t. L r<br />

g ib t I h n e n au ch S e i n e V o llm a c h t. D e n n es h e iß t w e i te r : „ U n d d a<br />

L r d a s g e s a g t h a tte , b lie s L r sie a n u n d sp ric h t z u ih n e n : N e h m e t<br />

h in den H e ilig e n G e is t! w e l c h e n ih r <strong>die</strong> S ü n d e n e rla sset, d enen sin d<br />

sie e rlasse n ; u n d w elch en ih r sie b e h a lte t, d enen sin d sie b e h a lte n " .<br />

A b e r w a s h e iß t d a s : S ü n d e b e h a lte n u n d S ü n d e e rla s s e n ) S ü n d e<br />

b e h a lte n k an n u n d d a r f n u r , w e r in - e r V o llm a c h t I e s u C h ris ti


Sonntag Quasimodogtniti<br />

sr?<br />

h a n d e lt, a u f G r u n d S e i n e s W o r t e s u n d g e trie b e n d u rc h S e in e n<br />

G e is t. D a r u m b lä s t d e r H e r r S e i n e I ü n g e r a n u n d g ib t ih n e n S e in e n<br />

L e b e n sa te m . N u r w e r den L e b e n sa te m C h ris ti h a t, d a r f zu den M e n ­<br />

schen s a g e n : D ie s ist S ü n d e u n d d a r in h a st d u g e s ü n d ig t! V o r dem<br />

leb en d ig e n G o t t u n d v o r d e r E w ig k e it! w e r d a s o h n e <strong>die</strong>se V o l l ­<br />

m a c h t tu n w o llte , dessen W o r t b e s tä tig t d er G e is t C h ris ti n ich t im<br />

G e w is s e n dessen, d e r es h ö r t. «Ohne d a s in n e re Z e u g n is d e s H e ilig e n<br />

G e is te s , d a s u n s v o n d e r W a h r h e i t ü b e r f ü h r t, ist a b e r a lle s S t r a f e n<br />

d e r S ü n d e v e rg e b lic h . G e n a u so ste h t es m it d em E r la s s e n d e r S ü n d e .<br />

D ie V o llm a c h t d a z u h a t n u r u n d g e g la u b t w i r d es n u r d e m , a u s<br />

dessen M lin d d e r G e is t C h r is ti red et. E r ist W a h r h e i t u n d Liebe<br />

zu g leich .<br />

V o n den A p o ste ln ist <strong>die</strong>se V o llm a c h t a u f <strong>die</strong> R irc h e ü b e rg e g a n g e n ,<br />

w i r heiß en sie <strong>die</strong> G e w a l t d e r S c h lü s s e l. R r a f t ih re s S c h lü s s e la m te s<br />

h a t <strong>die</strong> R irc h e M a c h t, R e c h t u n d P f lic h t, d en M e n sc h en k u n d z u tu n ,<br />

w a s ih n e n den Z u g a n g z u m e w ig e n L eben v e rsc h lie ß t, u n d ebenso,<br />

ih n e n <strong>die</strong>sen Z u g a n g zu ö ffn e n . S o sin d <strong>die</strong> S c h lü s s e l d es H im m e l­<br />

reich s in ihre H ä n d e g e le g t. N ie m a n d a n d e r s a l s sie k a n n u n d d a r f<br />

<strong>die</strong> M en sc h e n im G e w is s e n lösen u n d b in d e n . D a r i n a lle in besteht<br />

ih re M a c h t. E in e a n d e re M a c h t h a t sie n ic h t u n d so ll sie n ic h t h a b e n<br />

w o lle n . D e n n au ch ih r H e r r h a t keine g rö ß e re g e h a b t.<br />

A b e r ist <strong>die</strong> R irc h e , <strong>die</strong> w i r m it A u g e n sehen, d e n n w ie C h ris tu s<br />

S e lb s t? S t e h t sie n ic h t in G e f a h r , <strong>die</strong>se V o llm a c h t e n tw e d e r u n ­<br />

g e b ra u c h t zu lassen o d e r zu m iß b r a u c h e n ? I h r e G eschichte b e w e ist, - a ß<br />

sie b eid es o f t g e ta n h a t. w a n n a ls o h a t sie <strong>die</strong>se V o llm a c h t?<br />

A n t w o r t : w a n n h a t d e r H e r r sie z u m ersten M a le S e i n e n I ü n g e r n<br />

g e g e b e n ? N ic h t d a m a ls , a l s z w e i v o n ih n e n Heuer v o m H im m e l<br />

fa lle n lassen w o llte n , au ch n ic h t a u f dem B e r g e d e r V e rk lä ru n g ,<br />

so n d e rn nach dem R a r f r e i t a g , a l s sie so v e r ä n g s tig t w a r e n , d a ß sie<br />

n u r noch h in te r v erschlossenen T ü r e n z u sa m m e n z u k o m m e n w a g te n .<br />

D a t r a t d er A u fe rsta n d e n e m itte n u n te r sie u n d s p ra c h : „ F rie d e sei<br />

m it e u c h !", d a zeig te E r ih n e n S e in e d u rc h g ra b e n e n H ä n d e u n d S e in e<br />

g e ö ffn e te S e ite . A m A b e n d d e s ersten T a g e s d er W o c h e , <strong>die</strong> a u f den<br />

R a r f r e ita g fo lg te , sin d sie z u A p o ste ln b e ru fe n w o r d e n .<br />

N ie m a ls g ib t d e r H e r r S e i n e r R irc h e d ie V o llm a c h t z u r A u s ü b u n g<br />

d es S c h lü s s e la m te s a n d e r s a l s so. I h r e D ie n e r h a b e n sie d a n n a m<br />

m eisten , w e n n ih n e n a lle ird isch en w ü n s c h e u n d H o f f n u n g e n , a lle s<br />

V e r la n g e n nach ä u ß e re r M a c h t, a lle r S t o l z u n d a lle H o f f a r t w ie m it


3«r<br />

Mache des Sonntags «Quasimodogeniti<br />

einem g lü h e n d e n E is e n a u s d e r S e e le g e b r a n n t sin d . D e n G e ä n g s te te n<br />

u n d G e d e m ü tig te n w i r d b eid es g eg e b e n , d e r M u t z u r W a h r h e i t u n d<br />

ein H e r ; v o lle r Liebe. E s g ib t Z e ite n , in d enen d e r R irc h e b eides<br />

m a n g e lt. D a n n ist sie eine schlechte V e r w a l t e r i n d e s S c h lü s s e la m te s ,<br />

w i r d ih r a b e r b eid es geschenkt, d a n n s tr a h lt <strong>die</strong> H e rrlic h k e it des<br />

S c h lü s s e la m te s a u f , schöner u n d le u c h te n d e r a l s d e r G l a n z a lle r i r d i ­<br />

schen Ä m te r u n d G e w a lte n .<br />

T h o m a s w a r n ic h t d a b e i, a l s d e r H e r r S e i n e n I ü n g e r n erschien.<br />

E r z w e ife lte , o b w o h l ih m <strong>die</strong> a n d e r n e rz ä h lte n , w a s geschehen w a r .<br />

C h ris tu s ta d e lt ih n d e s w e g e n n ic h t, a l s E r z u m z w e ite n M a le k o m m t<br />

m it dem selb en A i e d m s g r u ß . T h o m a s so ll au ch e in A p o ste l sein.<br />

D a r u m d a r f er sich selber ü b e rz e u g e n . E r d a r f seinen Anger in <strong>die</strong><br />

N ä g e lm a le u n d seine H a n d in <strong>die</strong> S e i t e le g e n , w ie e r 's g e w ü n s c h t h a t.<br />

D a lä ß t T h o m a s seinen Z w e ife l f a h r e n . „ M e in H e r r u n d m e in G o t t " ,<br />

s a g t er. S o ist auch er z u m A p o ste l g e w o rd e n ,<br />

w i r m ö c h te n auch g e rn e sehen w ie T h o m a s . A b e r n ic h t a lle n w ir d<br />

g e w ä h r t, w a s ih m g e w ä h r t w u r d e . G o t t g ib t u n s n ic h t im m e r <strong>die</strong><br />

B e w e is e , <strong>die</strong> w i r fo rd e rn , w i r sin d ja auch n ic h t m it dem H e r r n<br />

a u s E r d e n g e w a n d e lt w ie T h o m a s . A b e r h ö re d o ch ! I s t es n ich t<br />

S e in e S t i m m e , <strong>die</strong> z u d i r re d e t, w o S e i n W o r t la u te r u n d re in<br />

v e rk ü n d ig t w i r d ) U n d sie h ' d o ch ! I s t es n ic h t S e i n Leib u n d S e i n<br />

B l u t , d a s d u e m p fä n g s t, w e n n d u z u m T isch d e s H e r r n g e h s t)<br />

„ S e l i g sin d , <strong>die</strong> n ic h t sehen u n d doch g la u b e n " .<br />

;. Mer da glaubet, daß Jesus sei der<br />

Christ, der ist von Gott geboren; und<br />

wer da liebet den, der Ihn geboren hat,<br />

der liebet auch den, der von Ihm geboren<br />

ist.<br />

r. Daran erkennen wir, daß wir Gottes<br />

Linder lieben, wenn wir Gott lieben<br />

und Seine Gebote halten.<br />

3. Denn das ist <strong>die</strong> Liebe zu Gott,<br />

daß wir Seine Gebote halten; und<br />

Seine Gebote sind nicht schwer.<br />

4. Denn alles, w a s von G ott geboren<br />

ist, überwindet <strong>die</strong> M e lt; und unser<br />

Glaube ist der S ie g , der <strong>die</strong> W e lt<br />

überwunden hat.<br />

Die Epistel<br />

8. w e r ist aber, der <strong>die</strong> W e lt überw<br />

indet, w«nn nicht, der da glaubet,<br />

daß Ie su s G ottes S o h n ist)<br />

6. Dieser ist's, der da kommt mit Wasser<br />

und Blut, Iesus Christus; nicht<br />

mit Wasser allein, sondern mit Wasser<br />

und Blut. Und der Geist ist's, der<br />

da zeuget; denn der Geist ist <strong>die</strong><br />

Wahrheit.<br />

7. Denn drei sind's, <strong>die</strong> da zeugen:<br />

der Geist und das Wasser und das<br />

Blut;<br />

8. und <strong>die</strong> drei sind beisammen.<br />

g. So wir der Menschen Zeugnis an-


Sonntag Quasimodogeniti<br />

s rs<br />

nehmen, so ist Gottes Zeugnis größer; sich. Wer Gott nicht glaubet, der<br />

denn Gottes Zeugnis ist das, das Lr macht Ihn zum Lügner; denn er glaugezeuget<br />

hat von Seinem Sohn. bet nicht dem Zeugnis, das Gott zeu-<br />

;o. wer da glaubet an den Sohn gct von Seinem Sohn.<br />

Gottes, der hat solches Zeugnis bei l- Ioh. s, > -o<br />

I n <strong>die</strong>sen S ä tz e n w i r d u n s d e r S i n n d es christlichen O s te rg la u b e n s<br />

v o r A u g e n g e ste llt. A n d en a u fe rs ta n d e n e n C h r is tu s g la u b e n h e iß t:<br />

d ie W e l t ü b e rw in d e n , in d e r <strong>die</strong> S ü n d e re g ie rt u n d d er T o d d a s letzte<br />

W o r t h a t, u n d G o t t e s G e b o te h a lte n , w e r k a n n d a s , d e r n ich t<br />

g la u b t, d a ß G o t t sich z u I e s u s C h r is tu s a ls zu S e in e m S o h n bek<br />

a n n t h a t, in d e m L r I h n v o n d en T o te n a u fe rw e c k te )<br />

A b e r w ie g e la n g t d e r M en sch z u <strong>die</strong>sem G l a u b e n ) D e r A p o stel a n t ­<br />

w o r t e t : D e r a u fe rsta n d e n e C h r is tu s k o m m t zu u n s d u rc h W a s s e r u n d<br />

B l u t . D a m i t sin d d ie b eid en S a k r a m e n te d e r T a u f e u n d d es A b e n d ­<br />

m a h ls g e m e in t. L r f ü g t a u sd rü c k lic h h in z u : N ic h t b lo ß im W a s s e r ,<br />

so n d e rn im W a s s e r u n d im B l u t . N ic h t n u r d a s S a k r a m e n t d e s<br />

H e ilig e n A b e n d m a h ls , s o n d e rn au ch d a s S a k r a m e n t d er christlichen<br />

T a u fe e r h ä lt seinen S i n n v o m S t e r b e n u n d A u fe rste h en d es H e rrn<br />

C h ris tu s h e r. D ie T a u f e d e s I o h a n n e s w a r eine b lo ß e R e i n i g u n g s ­<br />

ta u fe d u rch W a s s e r , <strong>die</strong> christliche T a u f e a b e r ist eine T a u f e der<br />

W ie d e r g e b u r t d u rch d a s B l u t C h ris ti, w ie d e r g e b o r e n w e rd e n h e iß t:<br />

m it C h ris tu s sterb en , u m m it C h r is tu s a u fz u e rste h e n . B e id e S a k r a ­<br />

m en te sin d ein Z e u g n is v o n d e r G e g e n w a r t d es A u fe rs ta n d e n e n . A ls<br />

d r itte r Z e u g e t r i t t d e r H e ilig e G e is t h in z u . D e n n : w e r im rechten<br />

G la u b e n te ilh a t a m S a k r a m e n t d e r T a u f e u n d a m S a k r a m e n t d es<br />

L eibes u n d B l u t e s C h ris ti, z u d em k o m m t a u ch d er H e ilig e G e is t.<br />

L r e m p f ä n g t d u rc h <strong>die</strong>sen G e is t d a s Z e u g n is d e r ü b e rn a tü rlic h e n<br />

G e g e n w a r t d es a u fe rs ta n d e n e n C h r is tu s a n sich selbst. S o . b e ­<br />

kundet sich a ls o <strong>die</strong> G e g e n w a r t C h ris ti in G e s ta lt <strong>die</strong>ser d re i Z e u g e n ,<br />

des W a s s e r s , des B l u t e s u n d d es G e is te s , w a s sie a b e r bezeu g en ,<br />

ist ein u n d d asselb e, n ä m lic h , d a ß C h ris tu s w irk lic h a u fe rs ta n d e n ,<br />

G o tte s S o h n u n d S e i n e r G e m e in d e g e g e n w ä r tig ist b is z u m L ü d e<br />

a lle r T a g e .<br />

w e r <strong>die</strong>sem Z e u g n is n ic h t g la u b e n w i l l , d e r s tr a f t G o t t S e lb e r<br />

L ü g e n . D e n n es h a n d e lt sich h ie r n ic h t u m eine m enschliche B e z e u ­<br />

g u n g , so n d e rn u m ein Z e u g n is a b le g e n G o t t e s . D e r G e is t G o tte s<br />

ist d i e W a h r h e i t . S i e ist a lle r m enschlichen W i l l k ü r e n tz o g e n . A lle<br />

R r ä f te d e r W ie d e r g e b u r t g eh en v o n h ie r a u s , e rk e n n b a r a n d e r Liebe


S?4 Mache des Sonntags Duasimodogeniti<br />

zu den B r ü d e r n . A lle G e g e n w a r t e w ig e n L eb en s h a t h ie r ih re n<br />

G r u n d . I m Z e u g n is d e r S a k r a m e n te u n d d e s G e is te s h a b e n w i r<br />

d asselb e, w a s d en ersten I ü n g e r n d u rch <strong>die</strong> leiblichen E rsc h e in u n g e n<br />

d es A u fe rsta n d e n e n in b eso n d erer w e i s e geschenkt w u r d e .<br />

D a s Lied der W oche<br />

I e s u s C h r is tu s , u n se r H e ila n d , - e r den T o d ü b e rw a n d<br />

D ieses O ste rlie d ist eine freie S c h ö p f u n g d es D ic h te rg e istc s L u th e rs .<br />

E i n Lied a u s der Z u c h t d e s H e ilig e n G e is te s g e s u n g e n , bei a lle r I n ­<br />

b ru n s t in seinen W o r t e n gem essen u n d in seinen G e d a n k e n g a n z<br />

a u s d en T r i u m p h a t o r I e s u s C h r is tu s g e ric h te t, - e r d en T o d ü b e r­<br />

w a n d (z ), u n s d a d u rc h m it G o t t v e rs ö h n te ( r ) u n d n u n a l s H e i­<br />

la n d v o r a lle r W e l t steh t (s ). w a s L u th e r s Z e itg e n o sse S p a n g e n b e r g<br />

im V o r w o r t seines L u th e rg e s a n g b u c h e s v o n - s b g ü b e r L u th e rs L ieder<br />

ü b e r h a u p t s a g t, t r i f f t im b eso n d eren a u f d ieses L ied z u : „ D a ist n ic h ts<br />

G e z w u n g e n e s u n d n ic h ts G e n ö tig te s u n d E in g e flic k te s . D ie W o r t e<br />

sind a u se rle se n , <strong>die</strong> M e in u n g k la r u n d v e rstä n d lic h , <strong>die</strong> M e lo d ie lieb ­<br />

lich, herzlich u n d in S u m m a a lle s h e rrlic h u n d köstlich, d a ß es S a f t<br />

u n d Ä r a f t h a t, h e g e t u n d trö s te t, u n d ist f ü r w a h r sein esgleichen nich t<br />

z u fin d e n , w ie a lle f r o m m e n H e rz e n m it m ir bekennen m ü ssen , d a ß<br />

u n s G o t t d u rch ih n in seinem G e s a n g b ü c h le in e t w a s H o h e s , w u n ­<br />

d e rsa m e s u n d S o n d e r lic h e s geschenkt h a t, d a f ü r w i r I h m in alle<br />

E w ig k e it n ich t g e n u g d a n k e n k ö n n e n ".<br />

D a s Gebet der W oche<br />

Herr G ott, himmlischer V ater, der D u Deinen eingeborenen<br />

S o h n um unsrer S ü n d e w illen dahin gegeben und um unsrer<br />

Gerechtigkeit w illen auferwecket hast, hilf, daß w ir als Glieder<br />

S ein es Leibes an Ih m , unserm Haupte und Lebens<strong>für</strong>sten, fest<br />

hangen und dermaleinst mit Freudigkeit vor Ih m erscheinen und<br />

m it Ih m in S e in ew iges Reich eingehen m ögen, da E r als ein<br />

sieghafter Überwindet' aller S einer und unsrer Feinde m it Dir<br />

und dem Heiligen Geiste lebet und herrschet in Ewigkeit. Amen.


Wiedergeburt<br />

srs<br />

W i e d e r g e b u r t<br />

von „Wiedergeburt" spricht der Herr erstmalig in jenem nächtlichen Gespräch<br />

mit Nikodcmus (Ioh. 3). Der fromme Gelehrte war zu einem anerkennenden<br />

Urteil über Jesus gekommen („Du bist ein Lehrer von Gott kommen ..."),<br />

aber er stand noch neben dem Gottesreich als betrachtender Zuschauer.<br />

Jesus will ihn dazu bringen, daß er ins Gottesreich eintrete, sich dem Lönig<br />

des Himmelreichs unterstelle. Den Unterschied zwischen dem Zuschauer<br />

und dem Bürger des Gottesreiches beschreibt der Herr mit einem Bild, das an<br />

Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig läßt. Er sagt (v. S): „wer nicht von<br />

neuem geboren wird, kann das Reich Gottes nicht sehen." Es handelt sich nach<br />

Jesu Meinung um zwei verschiedene Lebensweisen, so grundverschieden von<br />

einander, daß der Übergang von der einen in <strong>die</strong> andere nur bezeichnet werden<br />

kann als — neuer Lebensanfang, als „Wiedergeburt"! Die frühere Lebensweise<br />

muß etwas so Grundfalsches sein, daß man nichts mehr daran<br />

bessern kann, sondern nur den guten Rat geben kann: ganz von vorn anfangen,<br />

von Grund aus anders leben!<br />

worin besteht denn nun <strong>die</strong>ser Grundfehler? Der Herr Jesus konnte das dem<br />

Nikodemus mit einem Wort sagen, das er als geschulter Bibelgelehrter ohne<br />

weiteres verstehen mußte (v. ;o). Die Lebensweise mit dem Grundfehler, <strong>die</strong><br />

Lebensweise außerhalb der Gottesherrschaft, nennt Jesus <strong>die</strong> Lebensweise nach<br />

„8leisch und Blut" (V. b). Da nimmt der Mensch sein Personleben, das<br />

er von seinem Schöpfer erhalten hat, in eigene Hand wirtschaftet mit dem<br />

anvertrauten Lebensgut nach eigenem Gutdünken, ist sein eigener Herr und<br />

schließlich auch sein eigener Gott, bespricht und überlegt alles nur mit sich selbst<br />

und seinesgleichen nach eigenen Grundsätzen — von denen er natürlich auch<br />

gelegentlich Ausnahmen machen kann —, steckt sich seine Ziele selbst, bald<br />

hoch, bald niedriger, erlaubt sich <strong>die</strong>s, versagt sich jenes, je nachdem, kurz, er<br />

lebt aus sich selbst, aus seinem Ich und <strong>für</strong> sein Ich, oder wie Jesus sagt, „aus<br />

8leisch und Blut".<br />

Die ander«, <strong>die</strong> „neue" Lebensweise nennt der Herr Jesus das Leben „aus<br />

dem Geist" (v. ö), nämlich aus dem Geist Gottes, nach Seinen Weisungen<br />

und aus Seinen Rräften. Da wird gefragt: w a s sagt Gott zu <strong>die</strong>ser Sache,<br />

was ist Sein will« in <strong>die</strong>sem 8all? Da wird gehört auf Sein Wort und<br />

gebetet um Seine Entscheidung und um Seine Lraft, da stellt sich der Mensch<br />

unter den Einfluß des Geistes Gottes, da verwaltet er sein Lebensgut unter<br />

Gottes Augen, jetzt führt er sein Leben nicht mehr losgelöst von Gott, sondern<br />

in Gemeinschaft mit Gott. Diese Lebensweise nennt der Herr Jesus überhaupt<br />

erst „das Leben", genauer: das „ewige Leben" ,


8§6 W oche des Sonntags Quasimodogeniti<br />

Und NUN kommt eben das Große, das unermeßlich Herrlich- an der Botschaft<br />

Jesu an <strong>die</strong> Menschen: Der Gott, der Seinen eingebornen Sohn in <strong>die</strong> Welt<br />

gesandt hat, ist bereit, jeden Menschen, der sich <strong>die</strong>sem Gottessohn anvertraut,<br />

als Sein „Rind" anzusprechen! Gott hat jedes Menschenkind, dem Er das irdische<br />

Leben geschenkt hat, zu <strong>die</strong>sem „ewigen Leben" berufen! Die Versetzung<br />

aber in <strong>die</strong>ses neue Verhältnis oder <strong>die</strong> Ernennung zum Gstteskind ist vergleichbar<br />

einer Geburt, einer zweiten Geburt, sie ist „<strong>die</strong> Wiedergeburt".<br />

Wiedergeburt ist also <strong>die</strong> Versetzung in ein neues Verhältnis<br />

zu Gott, <strong>die</strong> Verleihung des Lindestitels! Gott stellt <strong>die</strong>sen Titel und<br />

<strong>die</strong>ses Recht allen, <strong>die</strong> bei Jesus Christus angekommen sind — sei es nun, daß<br />

einer nach einem wer weiß wie langen Leben ohne Gott und fern von Gott<br />

endlich zu Jesus hingefundcn hat, weil er <strong>die</strong> frohmachende Botschaft hörte,<br />

— oder sei es, daß ein Lind zu dem Herrn Jesus hingebracht wird, daß<br />

„Lr es anrühre und segne", und Lr ihm <strong>die</strong> Hand aufs Haupt legt und<br />

spricht: „Dir gehört das Himmelreich!" Immer ist es Gottes Geschenk, immer<br />

macht Gott den Anfang! Gotische nkt Wiedergeburt, Gott gibt Rindesrecht<br />

in Seinem Vaterhaus.<br />

w ie kommt es nun aber zur Verwirklichung, zur 8 ührung <strong>die</strong>ses geschenkten<br />

neuen Lebens im Lindesstand? Auch das sagt der Herr Jesus schon<br />

dem Nikodemus deutlich: „...aus Wasser und Geist." Nikodemus verstand<br />

das nur zu gut, mußte es verstehen. <strong>Das</strong> „Wasser" der Lebenserneucrung,<br />

das er kannte, war <strong>die</strong> Bußtaufe des Johannes im Jordan. Dort wurde gepredigt<br />

und dort wurde erlebt, wie man Schluß macht mit der großen Verkehrtheit<br />

eines Lebens nach eigenem Gutdünken. „Buße" heißt <strong>die</strong>se Absage<br />

an <strong>die</strong> verkehrte Lebensweise. Aber was dann, wenn über das<br />

alte Wesen das Urteil gesprochen ist? w ie beginnt man praktich das neue?<br />

Wie viel« haben den Bußprediger Johannes so gefragt! Und Johannes hat<br />

auf alle <strong>die</strong>s« 8ragen <strong>die</strong> eine Antwort gegeben: Nur hin zu Jesus, der euch<br />

mit Heiligem Geist tauft! „Glaube" heißt <strong>die</strong>ses Hinkommen zu Jesus.<br />

Also: a u s Buße und Glaube an Jesus gestaltet sich das Neue,<br />

das Gott in Seinem großen Geschenk der Wiedergeburt darbietet! Aus Buße<br />

und Glaube an Jesus den Herrn und Heiland kommt es zum neuen Lebensanfang,<br />

zur Verwirklichung der Wiedergeburt. Buße und Glaube sind zusammen<br />

<strong>die</strong> „Bekehrung": Absage vom Alten, Hinkchr zum Neuen, nämlich<br />

zu Jesus! Dies« Buße und <strong>die</strong>ser Glaube sind aber ein Verhalten, das sich<br />

täglich erneuert, wenn es einmal angefangen hat. Immer wieder mußt du<br />

umkehren von einem selbsterwählten weg, immer wieder ablassen von einem<br />

eigenmächtigen Tun, immer wieder Nein-sagen zu den eigenen Lüsten und Begierden,<br />

immer wieder in den Glauben hineingehen, immer wieder vom<br />

Lindesrecht Gebrauch machen und <strong>die</strong> Lindespflicht erfüllen, — das ist d as<br />

Leben des Bekehrten in der Wiedergeburt!<br />

Dieses „neue" Leben ist ein ständiger Lampf um den Glauben, und wenn es


Woche des Sonntags Ltuasimodogcniti<br />

3S7<br />

ZUM siegreichen Ende gelangt ist, dann lautet das Bekenntnis wie das des<br />

Paulus: „Ich habe Glauben gehalten!"<br />

ch<br />

M on tag nach Quasim odogeniti<br />

h. Um solcher Ursache willen erinnere<br />

ich dich, daß du erweckest <strong>die</strong> Gabe<br />

Gottes, <strong>die</strong> in dir ist durch <strong>die</strong> Auflegung<br />

meiner Hände.<br />

7. Denn Gott hat uns nicht gegeben<br />

den Geist der Furcht, sondern der Kraft<br />

und der Liebe und der Zucht.<br />

§. Darum so schäme dich nicht des<br />

Zeugnisses unseres Herrn noch meiner,<br />

der ich Sein Gebundener bin, sondern<br />

leide dich mit dem Evangelium wie<br />

ich, nach der Kraft Gottes,<br />

g. der uns hat selig gemacht und berufen<br />

mit einem heiligen Ruf, nicht<br />

nach unseren Werken, sondern nach<br />

Seinem Vorsatz und Gnade, <strong>die</strong> uns<br />

gegeben ist in Lhristo Jesu vor der<br />

Zeit der Welt,<br />

;s. jetzt aber offenbart durch <strong>die</strong> Erscheinung<br />

unseres Heilandes Jesu<br />

Christi, der dem Tod <strong>die</strong> Macht hat<br />

genommen und das Leben und ein unvergänglich<br />

Wesen ans Licht gebracht<br />

durch das Evangelium.<br />

r. Tim. z, ö—z o<br />

D e r Auferstandene ü b e r t r ä g t S e i n e n S ie g . E r g ib t d er<br />

K irch e S e in e n G e is t, d er e in G e is t d e r K r a f t u n d d e r Liebe u n d d er<br />

Z u c h t ist. D ie W e l t d e s U n g la u b e n s w i l l <strong>die</strong> K irch e d u rc h d a s M i t te l<br />

d er Furcht ü b e r w in d e n . I m m e r erscheint <strong>die</strong> K irc h e a l s sch w ach , elend,<br />

zerschlagen g e g e n ü b e r d er ro b u ste n K r a f t d e s h eidnischen W e s e n s .<br />

D a v id steh t g e g e n G o l i a t h . A b e r in d e r K irc h e lie g t „ d ie G a b e G o t ­<br />

te s " , <strong>die</strong> sie „ e rw e c k e n " k a n n , d a s , w a s sie v o n den A p o ste ln e m p ­<br />

fa n g e n h a t : d a s W o r t d e s H e r r n . D ie K irch e k a n n ü b e r dem W o r t<br />

schlafen, — a b e r Zeiten der A nfechtung w e rd e n zu Zeiten<br />

der Erweckung. D a n n m a c h t d a s W o r t im L eiden k r ä ftig . U n d<br />

n ic h t d a s en tscheidet, w a s d ie W e l t sie h t, n ic h t W e rk e entscheiden,<br />

n ich t S c h ic k s a ls f ü g u n g e n : es entscheidet a lle in d e r W i l l e G o t t e s , v o n<br />

d em d a s W o r t Z e u g n is g i b t ; u n d d e n e n , <strong>die</strong> im E le n d lie g e n , w i r d<br />

g e s a g t, d a ß G o t t sie b e ru fe n h a t z u S e in e m w u n d e r b a r e n L ich t, a u f<br />

d a ß sie e m p fa n g e n d a s Leben u n d e in u n v e r g ä n g lic h W e s e n d u rc h<br />

d a s E v a n g e liu m .<br />

Die andere Lesung: Johannes s, I — ! >.<br />

D ienstag nach Lluasimodogeniti<br />

1. So sei nun stark, mein Sohn, durch r. Und was du von mir gehöret hast<br />

<strong>die</strong> Gnade in Lhristo Jesu.<br />

durch viele Zeugen, das befiehl treuen


_______Woche -es Sonntags Duas imodogeniti<br />

Menschen, <strong>die</strong> da tüchtig sind, auch Händel der Nahrung, auf daß er geander«<br />

zu lehren.<br />

falle dem, der ihn angenommen hat.<br />

3. Leide dich als ein guter Streiter s. Und so jemand auch kämpfet, wird<br />

Jesu Christi.<br />

er doch nicht gekrönet, er kämpf« denn<br />

4- Rein Lriegsmami flicht sich in recht. 2. Tim. 2, i—s<br />

D ie R irc h e d es A u fe rsta n d e n e n k a n n dem L eiden n ic h t e n tg e h e n . I n<br />

<strong>die</strong>sem L eiden b ra u c h t <strong>die</strong> R irc h e G t a n d h a f tig k e it. D ie S t a n d -<br />

h a ftig k e it e rw e is t sich a n z w e i D in g e n : Z u m ersten a n d e r tre u e n<br />

W e ite r g a b e d es Z e u g n is s e s , g a n z gleich , o b g u te o d e r böse T a g e sin d .<br />

D ie A u s r ü s tu n g u n d A u s s e n d u n g rechter B o te n ist g erad e in den<br />

Z e ite n d es L eid en s v o n entsch eid en d er B e d e u tu n g . D ie Ä r a f t d er<br />

G n a d e J e s u C h ris ti e rw e is t sich a u ch d a r in , d a ß <strong>die</strong> L eid en szeitcn<br />

d er R irc h e M is s io n s w ir k u n g h a b e n . Z u m z w e ite n e rw e ist sich <strong>die</strong><br />

S ta n d h a f t i g k e i t in L eid en szeiten im rechten R ü m p f e n . U m d en R a m p f<br />

k o m m t <strong>die</strong> R irc h e n ic h t h e ru m . D ie V e rs u c h u n g ist <strong>die</strong>, den A n g r if f<br />

d er W e l t z u v e rh a rm lo s e n u n d v o n Friede ^ red en , w o n ic h t d er<br />

F riede G o t t e s , so n d e rn <strong>die</strong> T o te n s ta r r e d e r W e l t r e g ie rt. A b e r d er<br />

R a m p f m u ß au ch ein rech ter R a m p f sein. E in e christliche G e m e in d e<br />

k ä m p ft n ic h t a u s m enschlicher L eid en sch aft u n d u m irdischer Z iele<br />

w ille n , so n d e rn sie k ä m p ft, in d e m sie unerschrocken, u n v e rk ü rz t u n d<br />

o h n e Z u sa tz d e r W e l t d a s W o r t G o t t e s v e rk ü n d e t, a n d em sie g e ­<br />

rich tet u n d b e g n a d ig t w i r d : d a s H e il f ü r Leben u n d S te r b e n a lle in<br />

in L h ris to I e s u .<br />

Die andere Lesung: z. Timothcus i, 12—f 7.<br />

LNittrvoch mach Clriasiinodogeniti<br />

2ö. Aber der Engel des Herrn redete<br />

zu Philippus und sprach: Steh« auf<br />

und gehe gegen Mittag auf <strong>die</strong> Straße,<br />

<strong>die</strong> von Jerusalem gehet hinab gen<br />

Gaza, <strong>die</strong> da wüste ist.<br />

27. Und er stund auf und ging hin.<br />

Und siehe, ein Mann aus Mohrenland,<br />

ein Rämmerer und Gewaltiger<br />

der Rönigin Landaz« in Mohrenland,<br />

welcher war über alle ihre Schatzkammern,<br />

der war kommen gen Jerusalem,<br />

anzubeten,<br />

rr. und zog wieder heim und saß auf<br />

seinem Wagen und las den Propheten<br />

Jesaja.<br />

2g. Der Geist aber sprach zu Philippus:<br />

Geh« hinzu und halt« dich zu<br />

<strong>die</strong>sem Wagen!<br />

3 0. Da lief Philippus hinzu und hört«,<br />

daß er den Propheten Jesaja las, und<br />

sprach: verstehest du auch, was du<br />

liesest)<br />

3). Er aber sprach: Wie kann ich,<br />

so mich nicht jemand anleitet? Und<br />

ermähnt« Philippus, daß er aufträte<br />

und setzte sich zu ihm.


Woche des Sonntags Duasimodogenili<br />

sr . Der In h a lt aber der S ch rift, <strong>die</strong><br />

er las, w a r <strong>die</strong>ser: „ E r ist w ie ein<br />

Schaf zur Schlachtbank geführt; und<br />

still w ie ein Lamm v o r seinem S ch e­<br />

ret-, also hat L r nicht aufgetan S e i ­<br />

nen M und.<br />

s s . I n S ein er Niedrigkeit ist S e in<br />

Gericht aufgehoben, w e r w ird aber<br />

S e in e s Lebens Länge ausreden) Denn<br />

S e in Leben ist von der Erde w eggenommen."<br />

34. D a antw ortet« der Läm m erer dem<br />

P hilippus und<br />

v o n w em redet<br />

v o n ihm selber<br />

ders)<br />

3 5. P hilippus aber tat feinen M und<br />

auf und fing von <strong>die</strong>ser S ch rift an<br />

und predigte ihm das E vangelium<br />

von Jesu.<br />

sprach: Ich bitte dich,<br />

der Prophet solches)<br />

oder von jemand ansr<br />

g<br />

3ö. Und als sie zogen der Straße nach,<br />

kamen sie an ein Wasser. Und der<br />

Lämmerer sprach: Siehe, da ist Wasser;<br />

was hindert's, daß ich mich taufen<br />

lasse)<br />

37. P hilippus aber sprach: Glaubest<br />

du von ganzem Herzen, so m ag's w o h l<br />

sein. L r antw ortet« und sprach: Ich<br />

glaube, daß Jesus Christus G ottes<br />

S o h n ist.<br />

3 s. Und er hieß den w a g e n halten<br />

und stiegen hinab in das W asser beide,<br />

P hilippus und der Läm m erer, und er<br />

taufte ihn.<br />

3 g. D a sie aber heraufstiegen aus dem<br />

W asser, rückt« der Geist des Herrn<br />

P hilippus hin w eg, und der Läm m erer<br />

sah ihn nicht mehr; er zog aber seine<br />

S traße fröhlich.<br />

Ap. Gcsch. r, rö — 3 g<br />

H ie r ist ein B e is p ie l d e r B r u d e r lie b e , d ie d en N ä c h ste n z u C h ris tu s<br />

f ü h r t. D e r E n g e l w e is t d en P h i l i p p u s a u f den a b s e itig e n w e g : so<br />

geschieht d a s W o r t d e s H e r r n o f t g e n u g a b s e i t s d e r g e w o h n t e n<br />

S t r a ß e n . A u f <strong>die</strong>sem w e g w i r d d e r L ä m m e r e r v o m W o r t g e ­<br />

tro ffe n . S o k a n n es a m E n d e h e iß e n : L r z o g seine S t r a ß e frö h lic h .<br />

L r ist g e ta u f t. L r h a t <strong>die</strong> L in d s c h a f t e r w o r b e n . I h m sin d d i e<br />

A ugen a u f g e t a n : I n d en M itte lp u n k t dessen, w a s e r liest, o h n e<br />

a lle s zu v erste h e n , ist D e r g e tre te n , d e r - e r A n f a n g u n d d a s E n d e is t:<br />

I e s u s C h r is tu s , d e r G e k re u z ig te . I n d e m P h i l i p p u s ih m <strong>die</strong> S c h r i f t<br />

ö ffn e t, h a t er d em L ä m m e r e r d en S c h lü s s e l z u m L eben g eg eb en . D e r<br />

G la u b e d es L ä m m e r e r s ist schlicht u n d e in f ä ltig . L r h a t den H e r r n<br />

g e fu n d e n , d e r d a h e iß t I e s u s C h r is tu s . D a s m a c h t: „ L r z o g seine<br />

S t r a ß e frö h lic h " .<br />

D ie ander« Lesung: 1. Joh an n es 3, 1,— , r.<br />

D onnerstag nach (Quasimodogeniti<br />

3r. Die Menge aber der Gläubigen<br />

war ein Herz und eineScele; auch<br />

keiner sagte von seinen Gütern, daß<br />

sie sein wären, sondern es war ihnen<br />

alles gemein.<br />

3 3 . Und m it großer Ä raft gaben <strong>die</strong><br />

Apostel Z eugnis von der Auferstehung<br />

des Herrn Iesu , und w a r große Gnade<br />

bei ihnen allen.<br />

34. E s w a r auch keiner unter ihnen,


3g0<br />

Woche des Sonntags Duasimoö ogeniri<br />

der Mangel hatt«; denn wie viel ihrer<br />

waren, <strong>die</strong> da Acker oder Häuser hatten,<br />

verkauften sie <strong>die</strong>selben und brachten<br />

das Geld des verkauften Guts<br />

35. und legten'« zu der Apostel Züßen;<br />

und man gab einem jeglichen, was<br />

ihm not war.<br />

3d. Ioses aber, mit dem Zunamen von<br />

den Aposteln genannt Barnabas (das<br />

heißt: ein Sohn des Trostes), von<br />

Geschlecht ein Levit aus Zypern,<br />

37. der hatte «inen Acker und verkaufte<br />

ihn und brachte das G eld und legte<br />

es zu der Apostel §üßen.<br />

Ap. Gesch. 4, 3r—37<br />

D ie Ä r a f t d es A u fe rsta n d e n e n e rw e is t sich a n d e r L ie b e sk ra st d e r G e ­<br />

m ein d e . D a s Z eichen d e r Ä in d s c h a ft ist <strong>die</strong> B ru d e r lie b e , w ie d a s<br />

Z eichen d e r W e l t <strong>die</strong> E ig e n lie b e ist. E ig e n lie b e ist es au ch , d en B r u d e r<br />

erst d a n n z u lieb en , w e n n er d e m B i l d e n tsp ric h t, d a s m a n v o n ih m<br />

h a b e n m ö ch te. B ru d e r lie b e ü b e n h e iß t: d e n N ä c h ste n sehen, n ic h t im<br />

V e rg le ic h zu ein em I d e a l , s o n d e rn ih n sehen im L icht d e r G n a d e<br />

G o t t e s , <strong>die</strong> d en S ü n d e r g erecht m a c h t. H ie r lie g t d a s G e h e im n is<br />

a lle r E r z ie h u n g , w e r d a s Ä in d n ic h t im L icht d er v e rg e b e n d e n<br />

B a rin h c r z ig k e it G o t t e s sie h t, k a n n au ch a l s E rz ie h e r ein T o tsc h lä g e r<br />

sein. G o t t liebt u n s n ic h t u m u n se re r T u g e n d e n , s o n d e rn u m<br />

Christi willen. S o so llst d u d ein en B r u d e r lieb en , o b er d ir<br />

fre m d u n d fe rn erscheint — d e n n C h r is tu s d ü n k te sich n ic h t z u g e rin g ,<br />

f ü r ih n Zu sterb en . D ie Liebe z u m B r u d e r e rw e ist sich a n d e r T a t<br />

u n d a n d e r W a h r h e i t : d a ß ein G lie d d er G e m e in d e d em a n d e rn<br />

d a z u v e r h ilf t, im Ä re u z C h ris ti G r u n d u n d U rsach e seines L ebens<br />

zu fin d e n u n d u n te r d em Ä re u z d e s a n d e rn L asten zu tr a g e n . B r u d e r ­<br />

liebe ü b e n h e iß t: in d e r G e m e in s c h a ft u n te r d e m Ä re u z V e rg e b u n g<br />

d er S ü n d e n e m p fa n g e n u n d a u s d e r Ä r a f t u n d im N a m e n J e s u<br />

C h ris ti h a n d e ln !<br />

Die andere Lesung: ). Iohannes S, l—-4<br />

3. Gelobet sei Gott und der Vater<br />

unseres Herrn Jesu Christi, der uns<br />

nach Seiner großen Barmherzigkeit<br />

wiedergeboren hat zu einer lebendigen<br />

Hoffnung durch <strong>die</strong> Auferstehung Jesu<br />

Christi von den Toten,<br />

4. zu einem unvergänglichen und unbefleckten<br />

und unverwelklichen Lrbe, das<br />

behalten wird im Himmel<br />

s. euch, <strong>die</strong> ihr aus Gottes Macht<br />

Freitag nach Cluasimodogeniti<br />

durch den Glauben bewahret werdet<br />

zur Seligkeit, welche bereitet ist, daß<br />

sie offenbar werde zu der letzten Zeit.<br />

S. In derselbigen werdet ihr euch<br />

freuen, <strong>die</strong> ihr jetzt «ine kleine Zeit,<br />

wo es sein soll, traurig seid in mancherlei<br />

Anfechtungen,<br />

7. auf daß euer Glaube rechtschaffen<br />

und viel köstlicher erfunden werde denn<br />

das vergänglich« Gold, das durchs


Woche des Sonntags Duasimodogeniti<br />

Feuer bewähret wird, zu Lobe, preis<br />

und Ehre, wenn nun offenbaret wird<br />

Jesus Lhristus,<br />

s. welchen ihr nicht gesehen und doch<br />

lieb habt und nun an Ihn glaubet,<br />

wiewohl ihr Ihn nicht sehet, und werdet<br />

euch freuen mit unaussprechlicher<br />

und herrlicher Freude<br />

g. und das Ende eures Glaubens davonbringen,<br />

nämlich der Seelen Seligkeit.<br />

-o. Nach <strong>die</strong>ser Seligkeit haben gesucht<br />

und geforschet <strong>die</strong> Propheten, <strong>die</strong><br />

von der Gnad« geweissagt haben,<br />

so auf euch kommen sollt«,<br />

sg)<br />

und haben geforschet, auf welche<br />

und welcherlei Zeit deutete der Geist<br />

Lhristi, der in ihnen war und zuvor<br />

bezeuget hat <strong>die</strong> Leiden, <strong>die</strong> über<br />

Christum kommen sollten, und <strong>die</strong><br />

Herrlichkeit darnach;<br />

12. welchen es offenbaret ist. Denn sie<br />

habcn's nicht ihnen selbst, sondern uns<br />

dargetan, was euch nun verkündiget<br />

ist durch <strong>die</strong>, so euch das -Evangelium<br />

verkündiget haben durch den Heiligen<br />

Geist, vom Himmel gesandt, was auch<br />

<strong>die</strong> -Engel gelüstet zu schauen.<br />

,. petr. s—zr<br />

E i n L o b p re is G o t t e s . „ L h r is tu s h a t u n s d u rc h S e i n e A u fe rs te h u n g<br />

g e f ü h r t z u m V a te r , w e n n m a n w i l l d a s E v a n g e liu m p re d ig e n , so<br />

m u ß es k u rz u m sein v o n d e r A u fe rs te h u n g L h r is ti. w e r d a s n ich t<br />

p re d ig t, d e r ist kein A p o stel, d e n n d a s ist d a s H a u p tstü c k u n se re s<br />

G la u b e n s " . D ie s e r G la u b e w ir k t S e lig k e it. L r b e w a h r t v o r a lle m<br />

Ü bel. D ie A n fe c h tu n g u n d d ie T r a u r ig k e it sin d n u r e in Ü b e rg a n g .<br />

W a s b le ib t, ist<br />

köstlicher a l s g e lä u te r te s G o ld ,<br />

u n a u ssp re c h lic h e u n d h errlich e F reu d e,<br />

E r f ü l l u n g a lle r S e h n s u c h t d e s M enschen g esch lechtes,<br />

w a s auch <strong>die</strong> E n g e l g e lü ste t z u schauen.<br />

M i t t e n im Leben der Kirche b e g in n t zu w irk en <strong>die</strong> H e r r ­<br />

lichkeit des neuen Ä o n s, d . i. d es n e u en H im m e ls u n d d er n euen<br />

E r d e , — d e n n L h r is tu s ist a u fe rs ta n d e n v o n d en T o te n .<br />

Die andere Lesung: Römer d, 3—?;.<br />

Sonnabend nach<br />

zr. Lieb« Äindlem, ich schreib« euch;<br />

denn <strong>die</strong> Sünden sind euch vergeben<br />

durch Seinen Namen.<br />

-3. Ich schreibe euch vätern; denn ihr<br />

kennet Den, der von Anfang ist. Ich<br />

schreibe euch Jünglingen, denn ihr<br />

habt den Bösewicht überwunden.<br />

15 <strong>Das</strong> Rirchenbuch<br />

LNiasimodogeniti<br />

l4- Ich habe euch Lindern geschrieben;<br />

denn ihr kennet den Vater. Ich habe<br />

euch vätern geschrieben; denn ihr kennet<br />

Den, der von Anfang ist. Ich<br />

habe euch Jünglingen geschrieben;<br />

denn ihr seid stark, und das Wort<br />

Gottes bleibt bei euch, und habt<br />

den Bösewicht überwunden.


sgr<br />

zs. Habt nicht lieb <strong>die</strong> Welt noch was<br />

in der Welt ist. So jemand <strong>die</strong> Welt<br />

liebhat, in dem ist nicht <strong>die</strong> Liebe des<br />

Vaters.<br />

zd. Denn alles, was in der Welt ist:<br />

des Arisches Lust und der Augen Lust<br />

Woche des Sonntags «vuasimodogenili<br />

und hoffärtigcs Leben, ist nicht von,<br />

Vater, sondern von der Welt.<br />

Z7. Und <strong>die</strong> Welt vergehet mit ihrer<br />

Lust; wer aber den willen Gottes<br />

tut, der bleibet in Ewigkeit.<br />

,. Joh. r, ,r—,7<br />

D ie G n a d e G o t t e s u n d <strong>die</strong> G e m e in s c h a ft m it I h m u n d d a s v erh eiß en e<br />

E r b e g ilt a lle n : den v ä t e r n , den I ü n g l i n g e n , d en L in d e r n . I h n e n<br />

w i r d g e s a g t: ih r seid d e m T o d e u n d d en b ö sen G e is te rn en trissen .<br />

N u n fallt nicht zurück in das alte W e s e n :<br />

H a lte t n ic h t L u st f ü r Hreude,<br />

h a lte t n ic h t E h r e <strong>die</strong>ser W e l t f ü r <strong>die</strong> u n v e r g ä n g lic h e L r o n e ,<br />

h a lte t n ic h t E h r g e iz u n d E ite lk e it f ü r lo h n en d e M ü h e ,<br />

— m it a ll <strong>die</strong>sen D in g e n ta u sc h t ih r <strong>die</strong> E w ig k e it e in f ü r v e rg ä n g lic h e<br />

S c h a tte n , b e ra u b t ih r euch d e r F reu d e d e r L i n d e r G o t t e s . D e r C h rist<br />

le b t in d e r W e l t ; a b e r n ic h t <strong>die</strong> W e l t u n d ih re W e i s h e it u n d ih re<br />

E h r e b e stim m t sein H a n d e ln . S e i n T u n u n d L assen h ä n g e n a m W o r t<br />

G o tte s . D ie W e l t v e r g e h t m it ih re r L u st — d a s steh t a l s eh ern es<br />

W o r t ü b e r a lle m M enschengeschlecht — , w e r a b e r den w i l l e n G o tte s<br />

t u t, d e r b le ib t in E w ig k e it. D a s steh t a l s S i e g e l ü b e r d en en , <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />

Ä in d sc h a ft e r w o r b e n h a b e n : sie w e rd e n den T o d n ic h t schauen e w ig lic h .<br />

Die andere Lesung: Psalm 40, l—;s.


Sonntag Misericordias Domini<br />

zgz<br />

Zweiter Sonntag nach Ostern / Misericordias Domini<br />

D e r S o n n t a g M is e r ic o r d ia s D o m in i h e iß t au ch - e r „ S o n n t a g v o n i<br />

g u te n H ir te n " , w e il in beiden L esu n g en J e s u s a l s d er g u te H ir te<br />

S e i n e r G e m e in d e erscheint. D e r latein isch e N a m e M se ric o rc lm D o m in i,<br />

d. i .: „ V o n d e r G ü te d es H e r r n (ist <strong>die</strong> E r d e v o ll) " ist, w ie <strong>die</strong><br />

N a m e n d e r a n d e rn S o n n t a g e in d er österlich en F re u d e n z e it, a lte n<br />

E in g a n g s s p r u c h d ieses T a g e s ( P s a lm 3 3 , s) e n tn o m m e n .<br />

Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören Meine Stimme, und<br />

Ich kenne sie und sie folgen Mir, und Ich gebe ihnen das ewige<br />

Leben.<br />

Johannes lr, r?. rr<br />

D a s Evangelium<br />

-r. Ich bin der gute Hirt«. Der gute<br />

Hirte lässet sein Leben <strong>für</strong> <strong>die</strong> Schafe.<br />

Der Mietling aber, der nicht Hirte ist,<br />

des <strong>die</strong> Schafe nicht eigen sind, siehet<br />

den Wolf kommen und verlässet <strong>die</strong><br />

Schafe und fleucht, und der Wolf erhäschet<br />

und zerstreuet <strong>die</strong> Schafe,<br />

fs. Der Mietling aber fleucht; denn<br />

er ist «in Mietling und achtet der<br />

Schafe nicht.<br />

>-». Ich bin der gut« Hirt« und erkenne<br />

<strong>die</strong> Meinen und bin bekannt den<br />

Mein«n,<br />

-5. wie Mich Mein Vater kennet, und<br />

Ich kenn« den Vater. Und Ich lass«<br />

Mein Leben <strong>für</strong> <strong>die</strong> Schafe,<br />

z ö. Und Ich habe noch andere Schafe,<br />

<strong>die</strong> sind nicht aus <strong>die</strong>sem Stalle; und<br />

<strong>die</strong>selben muß Ich herführen, und sie<br />

werden Meine Stimme hören, und<br />

wird ein« Herde und ein Hirte werden.<br />

Joh. i s, »r—id<br />

I n d en p ro p h e tisc h e n B ü c h e rn d e s A lte n T e s ta m e n ts ( I e r . r s , )— K;<br />

H es. 34) ste h t eine S t r a f r e d e g e g e n <strong>die</strong> bösen H ir te n u n d eine V e r ­<br />

h e iß u n g a u s den g u te n . „ B ö s e H ir te n " , d a s sin d <strong>die</strong> g r a u s a m e n R ö ­<br />

n tg e u n d h a b g ie rig e n P rie s te r d e s israelitisch en V o lk e s , „ d ie sich selber<br />

w e id e n , d a s F ette fressen u n d sich m it d er w o l l e kleid en ". I h n e n g ilt<br />

<strong>die</strong> S t r a f p r e d i g t . D ie V e r h e iß u n g a b e r l a u te t: „ I c h w i l l d a s V e r ­<br />

lo ren e w ie d e r suchen u n d d a s V e r ir r te w ie d e rb rin g e n u n d d a s V e r ­<br />

w u n d e te v e rb in d e n u n d - e s S c h w a c h e n w a r t e n ; a b e r w a s fe tt u n d<br />

stark ist, w i l l ich v e r tilg e n u n d w i l l es w e id e n m it G e r ic h t. . . . I c h<br />

w i l l ih n e n e in e n e in ig e n H ir te n erw ecken, d e r sie w e id e n s o ll" .<br />

Auf <strong>die</strong>se W eissagung bezieht Sich der Herr, wenn Er sagt: Ich<br />

bin der gute Hirte. Denn Er sucht das Verlorene und Verirrte, ver-


8g4<br />

Woche des Sonntags Misericordias Domini<br />

bindet das Verwundete und wartet des Schwachen, geht ins Gericht<br />

mit den Selbstgerechten. W er ist aber <strong>die</strong> Herde, <strong>die</strong> zu <strong>die</strong>sem<br />

Hirten gehört) Die Propheten des Alten Bundes dachten dabei an<br />

das israelitische Volk, Iesus Lhristus denkt an Seine <strong>Gemeinde</strong>,<br />

wodurch ist Christus zum guten Hirten der <strong>Gemeinde</strong> geworden) —<br />

Dadurch, daß E r <strong>für</strong> sie Sein Leben ließ. <strong>Das</strong> «Opfer, das E r auf<br />

Golgatha dargebracht hat, ist „<strong>die</strong> rechte Tür in den Schafstall". Es<br />

ist der w e g zum Herzen der <strong>Gemeinde</strong>, w e r durch <strong>die</strong>se Tür<br />

kommt, dem tut der „Türhüter" auf, dem öffnet sick das Herz der<br />

<strong>Gemeinde</strong> von selbst, w e r anderswo einsteigen will, ist ein Dieb<br />

oder Mörder. Der will nicht <strong>die</strong>nen, sondern herrschen. <strong>Das</strong> spüren<br />

<strong>die</strong> Schafe sofort. Sie werden unruhig und wollen nicht gehorchen.<br />

Der gute Hirte hält bei den Schafen aus, mag es ihn auch das Leben<br />

kosten. Der <strong>für</strong> Geld gemietete nimmt Reißaus, sobald der W olf<br />

kommt, w a s ist mit dem „W olf" gemeint) — Not, Drangsal und<br />

Anfechtungen, unter denen <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> zu leiden hat. Also kann in<br />

der <strong>Gemeinde</strong> Jesu Christi nur der Hirte sein, als Hirte führen und<br />

leiten, der durch Dienen ihr Herz gewonnen hat, wie Lhristus selber.<br />

Alle andern sind entweder Mietlinge, <strong>die</strong>, was sie tun, um des Lohnes<br />

willen tun, oder gar Diebe und Mörder.<br />

„Ich kenne <strong>die</strong> Meinen und bin bekannt den Meinen, wie Mich Mein<br />

Vater kennt, und Ich kenne den Vater". Ein rechter Hirt kennt jedes<br />

einzelne Tier seiner Herde, Iesus Christus jedes einzelne Glied Seiner<br />

<strong>Gemeinde</strong>. E r kennt sie genau so gut, wie der Vater Ih n kennt und<br />

E r den Vater. Die Schafe einer Herde horchen auf, wenn sie <strong>die</strong><br />

Stimme ihres Hirten hören. E r ruft sie mit einem besonderen Ruf.<br />

S o kennt auch <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> Ruf und Stimme Christi. Ih r Gefühl<br />

sagt ihr, ob es der rechte Hirte ist, der sie ruft. Ruft ein anderer mit<br />

einer fremden Stimme, dann spürt sie das Fremde.<br />

S o sind Hirt und Herde, Lhristus und Seine <strong>Gemeinde</strong> auf eine geheimnisvolle<br />

weise miteinander verbunden. E s ist das Geheimnis<br />

der göttlichen vorherbestimmung. Die <strong>Gemeinde</strong> ist nicht durch einen<br />

willkürlichen menschlichen Entschluß entstanden, nicht dadurch, daß<br />

Seine Iünger sich eines Tages absichtlich und planmäßig zu einer<br />

Rirche vereinigten; sie wird auch nicht durch menschliche Willkür<br />

erhalten, wodurch denn) — Durch Lhristi W ort und Stimme.<br />

Denn obwohl der irdische Iesus von Nazareth längst tot ist, sind<br />

Sein W ort und Seine Stimme doch nicht gestorben. Sie reden zu


Sonntag Misericordias Domini<br />

sgs<br />

uns durch das, was heute von Ihm gepredigt wird, und <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong><br />

spürt, ob es Lhristi Stimme ist, <strong>die</strong> zu ihr redet, oder <strong>die</strong><br />

eines Menschen. Hat <strong>die</strong> predigt einen falschen Ton, dann fragt<br />

<strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong>: Hat Lhristus so geredet? Trifft der Prediger aber<br />

den rechten Ton, dann sagt sie: Gesehen haben wir nur einen<br />

Menschen, aber gehört haben w ir — Ihn. <strong>Das</strong> machen nicht wir,<br />

das macht Lhristus Selber. Denn der Hirt sticht Sich Seine Herde,<br />

nicht sucht sich <strong>die</strong> Herde ihren Hirten. S o ist es auch Lhristus Selbst,<br />

der uns in Seine <strong>Gemeinde</strong> beruft; so sammelt E r sie, so erleuchtet<br />

E r sie mit Seinem Geist und Gaben, w i r brauchen das nicht mit<br />

dem Ropfe zu begreifen. Denn das Geheimnis der göttlichen Vorherbestimmung<br />

kann niemand mit dem Ropfe begreifen, w en n er's nur<br />

mit dem Herzen faßt und getrost glaubt! „Meine Schafe hören Meine<br />

Stimme, und Ich kenne sie, und sie folgen Mir, und Ich gebe ihnen<br />

das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand<br />

wird sie aus Meiner Hand reißen".<br />

„Ich habe noch andere Schafe, <strong>die</strong> sind nicht aus <strong>die</strong>sem Stalle; und<br />

<strong>die</strong>selben muß Ich herführen, und sie werden Meine Stimme hören,<br />

und wird ein Hirt und eine Herde werden", w i r sehen nur <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong>,<br />

zu der w ir selber gehören, und denken: Ach, wie klein ist sie!<br />

Aber Lhristus sagt: Ich habe noch andere, <strong>die</strong> M ir auch gehören.<br />

Ih r kennt sie nicht; denn sie sind „aus einem andern Stalle". Sie<br />

wohnen weitab von euch, gehören einem andern Volke an oder gar<br />

einer andern Rasse. Ih r versteht weder ihre Sprache noch ihr Denken.<br />

Aber I ch weiß, daß sie M ir zugehören. Einmal kommt der Tag, an<br />

dem sich <strong>die</strong> ganze <strong>Gemeinde</strong> vereinigen wird, dann soll ein Hirt<br />

und eine Herde werden.<br />

w a s ist das <strong>für</strong> eine herrliche Verheißung! w enn <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong>, <strong>die</strong><br />

w ir vor Augen haben, unter Not und Anfechtung leidet, sich zerstreut<br />

und immer kleiner wird, so denken w ir: w a s soll aus der<br />

Rirche Lhristi werden? Aber Lhristi Stimme reicht über <strong>die</strong> ganze<br />

W elt. w enn w ir's wüßten, wie weit, wie würden w ir staunen!<br />

I n wieviel Sprachen ertönt sie, und in wieviel Ohren und Herzen<br />

klingt sie wieder! w e il dem so ist, darum steigen zu allen Zeiten und<br />

von allen Orten <strong>die</strong> Gebete der Gläubigen zu Ihm empor. Ist es<br />

nicht ein Gebet, das sie beten, und ist es nicht ein Herz, das da<br />

betet? w i r fehen's jetzt noch nicht. Aber Lhristus sagt: Einmal sollt<br />

ihr's erfahren. Dann wird alles, was euch trennt, zu Boden sinken,


sgd<br />

Woche des Sonntags Misericordias Domini<br />

„auf daß sie alle eins seien gleichwie Du, Vater, in M ir und Ich in<br />

Dir; daß auch sie in Uns eins seien, auf daß <strong>die</strong> W elt glaube, Du<br />

habest Mich gesandt"!<br />

r;. Denn dazu seid ihr berufen; sintemal<br />

auch Lhristus gelitten hat <strong>für</strong> uns<br />

und uns ein Vorbild gelassen, daß ihr<br />

sollt nachfolgen Seinen Fußtapfen;<br />

rr. welcher keine Sünde getan hat, ist<br />

auch kein Betrug in Seinem Munde<br />

erfunden;<br />

rs. welcher nicht wiederschalt, da Er<br />

gescholten ward, nicht dräute, da Lr<br />

litt; Er stellte es aber Dem heim, der<br />

da recht richtet;<br />

Die Epistel<br />

?4. welcher unsere Sünden Selbst hinaufgetragen<br />

hat an Seinem Leibe auf<br />

das Holz, auf daß wir, der Sünde<br />

abgestorben, der Gerechtigkeit leben;<br />

durch welches Wunden ihr seid hei!<br />

worden.<br />

rs. Denn ihr wäret wie <strong>die</strong> irrenden<br />

Schafe; aber ihr seid nun bekehret zu<br />

dem Hirten und Bischof« eurer Seelen.<br />

;. pctr. r, rz—rs<br />

„Dazu seid ihr berufen", nämlich mit Lhristus zu leiden. <strong>Das</strong> Leben<br />

eines Lhristcnmenschen erfüllt sich; es wird groß und stark, es trägt<br />

seine Frucht in geduldigem Leiden. Nicht im Sinne einer krankhaften<br />

Leid-seligkeit, w e r im Leiden selbst eine Deseligung sucht, beschäftigt<br />

sich mehr, als nötig ist, mit seiner Not und vermag oft wirkliches und<br />

eingebildetes Leiden nicht auseinanderzuhalten. Ih n hat Lhristus nicht<br />

selig gepriesen, als L r sagte: Selig sind, <strong>die</strong> da Leid tragen. Nur<br />

wer sein Leid im Glauben an Lhristus überwindet, ist ein Träger<br />

<strong>die</strong>ser Verheißung. <strong>Das</strong> lehrt uns auch unser Textwort. E s handelt<br />

sich hier gar nicht um jede Art von Leiden, sondern darum, daß einer<br />

Unrecht leidet. Dies sollen w ir Lhristen in der Nachfolge unseres<br />

Herrn geduldig hinnehmen und tragen. Darin ist E r unser Vorbild.<br />

E r wurde geschmäht, aber keine Drohung kam über Seine Lippen.<br />

E r trug alles mit Sich an Sein Rreuz. Da hängt es nun als ein<br />

sichtbares Zeichen da<strong>für</strong>, wie w ir Menschen sind, und zugleich als<br />

ein Zeichen der vergebenden Güte Gottes.<br />

Der w e g des Leidens ist der w e g nach Hause, der w e g zu Gott.<br />

Gott offenbart Sich in <strong>die</strong>ser W elt als der Leidende; aber E r offenbart<br />

uns auch des Leidens Überwindung. S o leitet E r uns durch<br />

Lhristus aus aller irdischen Bosheit, Hast und Unruhe in <strong>die</strong> Stille,<br />

den Frieden und <strong>die</strong> Freude der Ewigkeit, w enn w ir <strong>die</strong>sen w e g<br />

aus eigener Rraft zu gehen suchen, dann erscheint er uns als ein w e g<br />

ohne Ende. E r fordert so viel Verzicht, daß wir ungeduldig werden


Sonntag Misericordias Domini<br />

3tz7<br />

und verzweifeln, w äre nicht der auferstandene Christus unser guter<br />

Hirte, der uns auf <strong>die</strong>sem Wege inst Seinem W ort und Sakrament<br />

begleitet, so könnten w ir nie glauben, daß an seinem Ende der Sieg<br />

steht, der <strong>die</strong> W elt überwindet.<br />

D as Lied der Woche<br />

Der Herr ist mein getreuer Hirt<br />

<strong>Das</strong> ist ein Lied voll herzlichen Vertrauens, ganz wie Psalm rs, an<br />

den es sich eng anschließt. Erwachsene und Linder werden es mit<br />

gleicher Hreude singen.<br />

W o es nicht im Gesangbuch steht, singen wir<br />

Mein schönste Zier und Lleinod bist<br />

auf Erden Du, Herr Jesu Christ<br />

Hier sind Worte gläubiger Hingabe und freimütigen Bekennens miteinander<br />

eins. Der Dichter hat <strong>die</strong> Hirtcntreue des Heilands erfahren:<br />

Dein Lieb und Treu vor allem geht,<br />

kein Ding auf Erd so fest besteht,<br />

das muß man frei bekennen.<br />

Dieser Treue hat er sich anvertraut <strong>für</strong> Leben und Sterben.<br />

Die Melo<strong>die</strong> — eine alte Nürnberger weise — ist von gleicher<br />

Innigkeit und Zuversicht.<br />

D as Gebet der Woche<br />

Allmächtiger, ewiger G ott, der Du von den Toten aufgeführt<br />

hast den großen Hirten der Schafe und durch S ein W o rt und<br />

Seinen Geist zu Seiner Herde rufest, w ir bitten Dich, gib uns<br />

Deinen Heiligen Geist, daß w ir <strong>die</strong> Stim m e des guten Hirten<br />

erkennen und Ih m von Herzen nachfolgen, daß uns weder W elt,<br />

Sünde noch Tod aus S einer Hand reißen bis zu Deinem Tage,<br />

da E in H irt und Line Herde sein werden, der Du, Dreieiniger<br />

G o tt, lebest und regierest von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.


3gr<br />

Woche des Sonntags Misericordias Domini<br />

Bekehrung<br />

1. „<strong>Das</strong> Alte ist vergangen, siehe, es ist alles neu worden" (r. Äor. s, -7).<br />

wer sich zu Lhristus wendet als zu seinem Heil, vollzieht notwendigerweise<br />

einen Bruch mit dem „alten Leben". Er wird ein Glied der <strong>Gemeinde</strong> Jesu<br />

Lhristi. Diese <strong>Gemeinde</strong> lebt mitten in der Welt, aber sie steht „auf dem Grunde<br />

der Apostel und Propheten, da Jesus Lhristus der Eckstein ist" (Lph. r, ro).<br />

wer zur <strong>Gemeinde</strong> gehört, glaubt an <strong>die</strong> Äönigsherrschaft Jesu und wählt<br />

<strong>für</strong> sich den Weg der Nachfolge.<br />

r. „Sich bekehren" heißt: sich zu <strong>die</strong>ser Nachfolge entschließen. <strong>Das</strong> griechische<br />

Wort, welches das Neue Testament <strong>für</strong> „sich bekehren" gebraucht, bedeutet<br />

wörtlich übersetzt „sich umwenden, umkehren, zurückkehren". Einer, der „sich<br />

bekehrt", ist einer, der zurückkehrt zur «Quelle des Lebens, zu dem lebendigen<br />

Gott, zu dem Vater Jesu Lhristi. Sich bekehren heißt: nach Hause kommen,<br />

heißt zu Gott sagen: „Abba, lieber Vater." Sich bekehren heißt also: das Werk<br />

Jesu Lhristi ergreifen, <strong>die</strong> durch das Kreuz Lhristi gestiftete Versöhnung<br />

zwischen Gott und Mensch annehmen, <strong>die</strong> Gottlosigkeit verlassen und in<br />

<strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> des Sohnes aufgenommen werden.<br />

3. Diese „Bekehrung" ist nur möglich als Werk des Heiligen Geistes. Nur der<br />

Glaube vermag in Lhristus den Heiland zu erkennen, nur der Glaube eröffnet<br />

den Zugang zur <strong>Gemeinde</strong>. Der Ruf zur Bekehrung ist der Ruf zum Glauben,<br />

der Ruf zum Evangelium. Darum geschieht <strong>die</strong> Bekehrung durch das Wort<br />

Gottes. <strong>Das</strong> verkündigte Wort erobert <strong>die</strong> Herzen, daß wir uns aufmachen,<br />

wie <strong>die</strong> Hirten zu Bethlehem, um das Wunder zu schauen, das Gott bereitet<br />

hat. Solch ein Sichaufmachen, solch ein Sich-Lrgreifenlassen von der Wahrheit<br />

Gottes nennt <strong>die</strong> Bibel „Bekehrung". So erzählen Paulus und Barnabas<br />

Ap. Gesch. >5, wie sich <strong>die</strong> Heiden ergreifen lassen von der Wahrheit Gottes.<br />

So wird von der <strong>Gemeinde</strong> gesagt: „Ihr wäret wie <strong>die</strong> irrenden Schafe;<br />

aber ihr seid nun bekehret zu dem Hirten und Bischöfe eurer Seelen" (). petr.<br />

r, rs). „Bekehre mich Du, so werde ich bekehret, denn Du, Herr, bist mein<br />

Gott" (Icr. 3?, ;r).<br />

4. Solche Hinwendung zu Gott, <strong>die</strong> wir „Bekehrung" nennen, bleibt ein Geheimnis<br />

der Lraft des Heiligen Geistes. Man kann nur um sie beten. Ihre<br />

8orm ist mannigfaltig. Bei dem einen wird der Weg zur <strong>Gemeinde</strong> Jesu<br />

in langsamer Entwicklung gefunden, der andere kann erkennen: hier war es,<br />

an jenem Tag, zu jener Stunde, da mich <strong>die</strong> Äraft Lhristi überwältigte<br />

und meinem Leben <strong>die</strong> neue Richtung gab^' (Paulus^ .Wer zu den Bekehrten<br />

gehört und wer nicht, weiß mit Sicherheit nur Gott, der allein <strong>die</strong> Herzen<br />

kennt. Es ist gefährlich und verführt zu «»christlichem Hochmut, wenn <strong>die</strong><br />

<strong>Gemeinde</strong> hierüber zuviel redet. „Euer Leben ist verborgen mit Lhristus<br />

in Gott" (Äol. 3, s).<br />

3. Die Heimkehr eines Menschen zum lebendigen Gott bleibt aber nicht ohne


B ekehrung<br />

Wirkung. Der bekehrte Mensch gehört zur <strong>Gemeinde</strong>, er verkündigt mit der<br />

<strong>Gemeinde</strong> <strong>die</strong> Ehre Gottes, er hält sich zum öffentlichen Gottes<strong>die</strong>nst und<br />

zum Sakrament; er läßt sich nicht umsonst mahnen, des „andren Last zu<br />

tragen" (Gal. ö, r). Lr ist frei geworden von der verknechtung unter <strong>die</strong><br />

Urteile der Welt, <strong>die</strong> von Gott nichts weiß. Lr ist auch frei von jedem pharisäismus,<br />

aber er lobt und preist Gott, der Seine <strong>Gemeinde</strong> berufen hat zu<br />

Seinem wunderbaren Licht.<br />

d. Es ist ein Stück der Barmherzigkeit Gottes, daß der Ruf zur Bekehrung,<br />

zur Heimkehr, auf der Erde nicht verstummt. Alle Zeit, <strong>die</strong> wir leben, ist<br />

Gnadenzeit. Es ist <strong>die</strong> Zeit, <strong>die</strong> uns gegeben ist, damit wir recht hören auf<br />

das Wort Gottes und uns ergreifen lassen vom Glauben an das Evangelium.<br />

„Bekehret euch, so werdet ihr leben" (Hes. zr, sr), „Jauchzet, ihr Himmel,<br />

freue dich, Erde, lobet, ihr Berge, mit Jauchzen! Denn der Herr hat Sein<br />

Volk getröstet und erbarmet Sich Seiner Elenden" (Jes. 4g, -3).<br />

ZSS<br />

M on tag nach M isericordias D om ini<br />

I. wahrlich, wahrlich, Ich sage euch:<br />

Wer nicht zur Tür hineingehet in den<br />

Schafstall, sondern steiget anderswo<br />

hinein, der ist ein Dieb und «in<br />

Mörder.<br />

r. Der aber zur Tür hineingehet, der<br />

ist ein Hirt« der Schafe.<br />

3. Dcmselbigen tut der Türhüter auf,<br />

und <strong>die</strong> Schafe hören seine Stimme;<br />

und er rufet seine Schafe mit Namen<br />

und führet sie aus.<br />

4. Und wenn er seine Schaf« hat ausgelassen,<br />

gebet er vor ihnen hin, und<br />

<strong>die</strong> Schafe folgen ihm nach; denn sie<br />

kennen seine Stimme.<br />

5. Einem Fremden aber folgen sie nicht<br />

nach, sondern fliehen von ihm; denn<br />

sie kennen des Fremden Stimme nicht.<br />

6. Diesen Spruch sagte Jesus zu<br />

ihnen; sie vernahmen aber nicht, was<br />

es war, das Er zu ihnen sagt«.<br />

7. Da sprach Jesus wieder zu ihnen:<br />

Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch: Ich<br />

bin <strong>die</strong> Tür zu den Schafen.<br />

S. Alle, <strong>die</strong> vor Mir gekommen sind,<br />

<strong>die</strong> sind Diebe und Mörder; aber <strong>die</strong><br />

Schafe haben ihnen nicht gehorchet,<br />

g. Ich bin <strong>die</strong> Tür; so jemand durch<br />

Mich eingehet, der wird selig werden<br />

und wird ein und aus gehen und<br />

weid« finden.<br />

-0. Ein Dieb kommt nicht, denn daß<br />

er stehle, würge und umbringe,<br />

z z. Ich bin kommen, daß sie das Leben<br />

und volle Genüge haben sollen.<br />

' Joh. ,0,<br />

Die Lhristen sind Glieder des neuen Äons, der neuen W elt<br />

Gottes. Als solche sind sie in der alten vergänglichen W elt nicht nur<br />

wartende. Sie haben einen Vorschmack zukünftiger Herrlichkeit. Sie


400 Woche des Sonntags Misericordias Domini<br />

haben einen guten Hirten, der sie führt, daß sie das Leben und ihr<br />

volles Genüge haben, w ie es nur einen rechten Hirten <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />

Herde gibt, so gibt es nur eine Tür zum Haus des Vaters: Ihn<br />

Selber, Iesus Lhristus. M it deutlicher Ausschließlichkeit wird darauf<br />

hingewiesen, daß <strong>die</strong>jenigen, <strong>die</strong> von Gott reden, ohne Lhristus den<br />

Sohn Gottes zu nennen, als falsche Propheten, als solche, <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />

Seelen irreleiten und verschmachten lassen, also als Lügner und M örder<br />

entlarvt werden. <strong>Das</strong> sind harte W orte. Aber jene Menschen<br />

find Lügner: Sie sagen Gott, führen aber nicht zum Vater Jesu<br />

Lhristi. Sie sind Mörder: sie sagen, hier ist eine lebendige (Quelle —<br />

und lassen doch den Menschen an löcherigen Brunnen verdursten; sie<br />

führen nicht zum Leben, sondern zum Tode. Die im Namen Jesu<br />

eintreten, treten damit durch <strong>die</strong> Tür, <strong>die</strong> zum Leben führt,<br />

w e r nicht „durch Ih n " eingeht zur <strong>Gemeinde</strong>, nicht „durch Ih n "<br />

redet, der zerstört; wer aber „durch Christus" kommt, bringt Leben<br />

und volles Genüge denen, <strong>die</strong> da hungert und dürstet.<br />

Die ander« Lesung: Epheser r, 4—10.<br />

D ien stag nach M isericordias D om ini<br />

23. Und Ich will ihnen einen einigen<br />

Hirten erwecken, der sie weiden soll,<br />

nämlich meinen Rnecht David. Der<br />

wird sie weiden und soll ihr Hirte<br />

sein,<br />

24. und Ick, der Herr, will ihr Gott<br />

sein; aber Mein Rnecht David soll der<br />

Fürst unter ihnen sein; das sage Ich,<br />

der Herr.<br />

25. Und Ich will «inen Bund des Friedens<br />

mit ihnen machen und alle bösen<br />

Tiere aus dem Lande ausrotten, daß sie<br />

sicher wohnen sollen in der wüst« und<br />

in den Wäldern schlafen.<br />

2b. Ich will sie und alles, was um<br />

Meinen Hügel her ist, segnen und auf<br />

sie regnen lassen zu rechter Zeit; das<br />

sollen gnädige Regen sein,<br />

27. daß <strong>die</strong> Bäume aus dem Feld« ihre<br />

Früchte bringen und das Land sein Gewächs<br />

geben wird; und sie sollen sicher<br />

auf dem Lande wohnen und sollen erfahren,<br />

daß Ich der Herr bin, wenn<br />

Ich ihr Ioch zerbrochen und sie errettet<br />

habe von der Hand derer, denen<br />

sie <strong>die</strong>nen mußten.<br />

rr. Und sie sollen nicht mehr den Heiden<br />

zum Raub werden, und kein Tier<br />

auf Erden soll sie mehr fressen, sondern<br />

sollen sicher wohnen ohne alle<br />

Furcht.<br />

2g. Und Ich will ihnen «ine herrliche<br />

Pflanzung aufgehen lassen, daß sie<br />

nicht mehr sollen Hunger leiden im<br />

Lande und ihre Schmach unter den<br />

Heiden nicht mehr tragen sollen,<br />

so. Und sollen erfahren, daß Ich,<br />

der Herr, ihr Gott, bei ihnen bin, und<br />

daß sie Mein Volk seien, spricht der<br />

Herr Herr.<br />

3). Ia, ihr Menschen sollt <strong>die</strong> Herde<br />

Meiner weide sein, und Ich will euer<br />

Gott sein, spricht der Herr Herr.<br />

Hes. 34, r s — 3)


Woche des Sonntags Misericordias Domini 4 0 ,<br />

I n der Verfechtung unter <strong>die</strong> fremden Mächte gibt der Prophet<br />

dem Volk Gottes <strong>die</strong> Verheißung weiter, <strong>die</strong> er von Gott empfangen<br />

hat. Sie weist hin auf den wahren Hirten Iesus Lhristus. L r wird,<br />

was David nur in vorläufiger weise gewesen ist, in vollkommener<br />

weise sein: der Hirte Seines Volkes. I n Seinem W ort gibt L r<br />

Seinem Volk <strong>die</strong> gute weide. Durch Sein W ort wird L r es in<br />

den Gefahren der W elt schützen und seine Knechtschaft aufheben. —<br />

Indem <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> solcher Verheißung traut, hat sie den Anteil<br />

am Weltregiment Lhristi und braucht <strong>die</strong> Mächte der<br />

weltnichtzu <strong>für</strong>chten. S o lebt sie schon jetzt durch Sein W ort<br />

verborgen in der Geborgenheit Seines Reiches, bis es als das Reich<br />

des Friedens einst aller W elt offenbar werde.<br />

Die andere Lesung: Matthäus rö, sr—ss.<br />

M ittw och nach M isericordias D om ini<br />

-s. Da sie nun das Mahl gehalten<br />

halten, spricht Iesus zu Simon Petrus:<br />

Simon Iona, haft du Mich lieber,<br />

denn Mich <strong>die</strong>se haben) Lr spricht<br />

zu Ihm: I«, Herr, Du weißt, daß ich<br />

Dich liebhabe. Spricht Lr zu ihm:<br />

weide Meine Lämmer!<br />

ch. Spricht Lr wieder zum andernnial<br />

zu ihm: Simon Iona, hast du<br />

Mich lieb) Lr spricht zu Ihm: Ja,<br />

Herr, Du weißt, daß ich Dich liebhabe.<br />

Spricht Lr zu ihm: weid«<br />

Meine Schafe!<br />

l 7- Spricht Lr zum drittenmal zu<br />

ihm: Simon Iona, hast Du Mich<br />

lieb) Petrus ward traurig, daß Lr<br />

zum drittenmal zu ihm sagte: Hast du<br />

mich lieb) und sprach zu Ihm: Herr,<br />

Du weißt alle Dinge, Du weißt, daß<br />

ich Dich liebhab«. Spricht Jesus zu<br />

ihm: weid« Meine Schafe!<br />

wahrlich, wahrlich. Ich sag« dir:<br />

Da du jünger wärest, gürtetest du dich<br />

selbst und wandeltest, wohin du wolltest;<br />

wenn du aber alt wirst, wirst du<br />

dein« Hände ausstrecken, und ein anderer<br />

wird dich gürten und führen,<br />

wo du nicht hin willst.<br />

zg. <strong>Das</strong> sagte Lr aber, zu deuten,<br />

mit welchem Tode Lr Gott preisen<br />

würde. Und da Lr das gesaget, spricht<br />

Lr zu ihm: Folge Mir nach!<br />

Ioh. rz, zs-zg<br />

Hier begegnet uns Petrus nicht mehr in der menschlichen Selbstsicherhcit.<br />

L r steht vor Dem, „der alle Dinge weiß", der seine Schwachheit<br />

kennt, der aber auch weiß, daß er Ihn lieb hat. Dieser Mensch,<br />

Petrus, der seine Sünde und sein Unvermögen erkennt, der Lhristus<br />

lieb hat als seinen Lrlöser — <strong>die</strong>ser Mensch Petrus wird zum Hirten<br />

eingesetzt: „weide Meine Lämmer". S o sendet Iesus Seine Loten,<br />

so setzt L r Menschen in das Hirtenamt an der <strong>Gemeinde</strong>. Lr sendet


4 »r<br />

Woche des Sonntags Misericordias Domini<br />

sie auf Wege, <strong>die</strong> w ir uns nicht suchen. „Ein anderer wird dich<br />

führen". Aber <strong>die</strong> Richtschnur heißt: „Zolge Mir nach". Hier ist<br />

Stecken und Stab, auch wenn es ans Sterben geht. Bei der Aussendung<br />

des Petrus wird sein Märtyrertod nicht verschwiegen —<br />

aber es heißt, daß durch <strong>die</strong>sen Tod Gott gepriesen wird. <strong>Das</strong> ist<br />

<strong>die</strong> Größe des Hirtenamtes: sündige Menschen, von Lhristus berufen,<br />

dürfen Gott preisen bis zum Tode und <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> rufen<br />

zum rechten erlösenden Glauben.<br />

Die andere Lesung: Matthäus 10—-4.<br />

D onnerstag nach M isericordias D om ini<br />

1. Die Ältesten, so unter euch sind, ermähne<br />

ich, der Mitältestc und Zeuge<br />

der Leiden, <strong>die</strong> in Christo sind, und<br />

auch teilhaftig der Herrlichkeit, <strong>die</strong> offenbaret<br />

werden soll:<br />

r. weidet <strong>die</strong> Herde Lhristi, so euch<br />

befohlen ist, und sehet wohl zu, nicht<br />

gezwungen, sondern williglich; nicht<br />

um schändliche» Gewinns willen, sondern<br />

von Herzensgrund;<br />

s. nicht als <strong>die</strong> über« Volk herrschen,<br />

sondern werdet Vorbilder der Herde.<br />

4. So werdet ihr, wenn erscheinen<br />

wird der Lrzhirt«, <strong>die</strong> unverwelkliche<br />

Krone der Ehr« empfahen.<br />

s. Desselbigengleichen ihr Jüngeren,<br />

seid Untertan den Ältesten.<br />

4. p c lr. s, s<br />

„w eide <strong>die</strong> Herde Gottes". M it dem Hirtenamt erwächst eine Ordnung<br />

des gemeindlichen Lebens. „Ältester" ist an <strong>die</strong>ser<br />

Stelle noch kein fester Titel, aber es wird deutlich sichtbar, daß sich<br />

<strong>die</strong> Verkündigung des W ortes eine Ordnung der <strong>Gemeinde</strong> schaffen<br />

muß. Diese Ordnung ist brüderlich; sie setzt freiwilligen und<br />

nicht erzwungenen Dienst und ebensolchen Gehorsam voraus, daß in<br />

der <strong>Gemeinde</strong> nichts geschieht um äußerer Vorteile willen, sondern<br />

alles aus Liebe zu Lhristus. S o hat <strong>die</strong> Ordnung des Amtes<br />

keinen W ert in sich selber, so hat der mit dem Dienst Beauftragte<br />

keine Autorität um seiner selbst willen; er soll nicht „herrschen", sondern<br />

Vorbild sein. Seine Stellung soll kein Machtverlangen auslösen.<br />

vielmehr gilt, daß Gott „den Demütigen Gnade" gibt. Dieser<br />

M ut zum Dienen bindet Alte und Junge der <strong>Gemeinde</strong> in gleicher<br />

weise. Beide warten auf Den, der allein der Herr ist, von dem es<br />

heißt: „w enn der Lrzhirte erscheinen wird, dann werdet ihr alle<br />

den »»verweltlichen Äranz der Ehren erhalten".<br />

Die andere Lesung: Icremia es, 1—ö.


Woche des Sonntags Misericordias Domini<br />

40s<br />

Freitag nach M isericordias D om ini<br />

1. Da Jesus solches geredet hatte, ging<br />

Lr hinaus mit Seinen Jüngern über<br />

den Bach Lidron; da war «in Garten,<br />

darein ging Jesus und Sein«<br />

Jünger.<br />

r. Judas aber, der Ihn verriet, wußt«<br />

den Drt auch; denn Jesus versammelte<br />

Sich oft daselbst mit Seinen Jüngern.<br />

3. Da nun Judas zu sich hatte genommen<br />

<strong>die</strong> Schar und der Hohenpriester<br />

und Pharisäer Diener, kommt er dahin<br />

mit Dackeln, Lampen und mit<br />

Waffen.<br />

4. w ie nun Iesus wußt« alles, was<br />

Ihm begegnen sollte, ging Lr hinaus<br />

und sprach zu ihnen: wen suchet ihr?<br />

s. Sie antworteten Ihm: Jesum von<br />

Nazareth. Jesus spricht zu ihnen: Ich<br />

bin'sl Judas aber, der Ihn verriet,<br />

stund auch bei ihnen,<br />

b. Als nun Jesus zu ihnen sprach: Ich<br />

bin's! wichen sie zurücke und fielen<br />

zu Boden.<br />

7. Da fragte Lr sie abermals: wen<br />

suchet ihr? Sie aber sprachen: Jesum<br />

von Nazareth.<br />

4. Jesus antwortete: Ich habe es euch<br />

gesagt, daß Jch's sei. Suchet ihr denn<br />

Mich, so lasset <strong>die</strong>se gehen!<br />

g. (Auf daß das Wort erfüllet würde,<br />

welches Lr sagte: Ich habe der keinen<br />

verloren, <strong>die</strong> Du Mir gegeben<br />

hast.)<br />

Joh. ;s, z—g<br />

Der Bericht von der Gefangennahme Jesu läßt noch einmal das<br />

Verhältnis des guten Hirten zu seinen Jüngern erkennen. Iesus stellt<br />

Sich Judas und den Soldaten. Aber Seine Macht bleibt bestehen.<br />

Die Häscher fallen zu Boden. Jesus beherrscht auch als Gefangener<br />

Seine Feinde und schützt <strong>die</strong> Seinen: „w enn ihr Mich<br />

suchet, so lasset <strong>die</strong>se gehen". Die römische Praxis bei Aufrührern<br />

war anders; aber Jesu W ort hat Macht. Die Jünger bleiben frei.<br />

„Die Du M ir gegeben hast, <strong>die</strong> habe Ich bewahrt, und ist keiner<br />

von ihnen verloren" (Joh. )7, fr). Der Märtyrertod -er Jünger erfolgt<br />

erst, als der Auferstandene den Tod getötet und <strong>die</strong> Tore der<br />

Himmel erschlossen hat. Lein Haar fällt von unserem Haupte ohne<br />

den w illen des Vaters. <strong>Das</strong> Leiden des Hirten bewirkt <strong>die</strong> Errettung<br />

der Herde.<br />

Die ander« Lesung: Hebräer ;s, >r—ri.<br />

Sonnabend nach M isericordias D om ini<br />

rs. Und Jesus wandelte im Tempel<br />

in der Hall« Salomos.<br />

24. Da umringten Ihn <strong>die</strong> Juden und<br />

sprachen zu Ihm: Wie lange hältst<br />

Du unsere Seele auf? Bist Du Lhrist,<br />

so sage es uns frei heraus,<br />

rs. Jesus antwortete ihnen: Ich hab«<br />

es euch gesagt, und ihr glaubet nicht.<br />

Die Werk«, <strong>die</strong> Ich tue in Meines<br />

Vaters Namen, <strong>die</strong> zeugen von Mir.<br />

rb. Aber ihr glaubet nicht; denn ihr<br />

seid Meiner Schafe nicht, als Ich euch<br />

gesagt habe.<br />

ry. Denn Mein« Schafe hören Meine


404 Woche des Sonntags Misericordias Domini<br />

Stimme, und Ich kenn« sie; und sie rg. Der Vater, der Mir sie gegeben<br />

folgen Mir,<br />

hat, ist größer denn alles; und merz.<br />

und Ich geb« ihnen das ewig« mand kann sie aus Meines Vaters<br />

Leben; und sie werden nimmermehr Hand reißen,<br />

umkommen, und niemand wird sie so. Ich und der Vater sind eines.<br />

Mir aus Meiner Hand reißen.<br />

Ioh. 10, rs—so<br />

w o Iesus predigt, wo Sein W ort verkündigt wird, entsteht <strong>die</strong><br />

Spannung zwischen dem Reich Gottes und der W elt. AnSeinem<br />

Zeugnis scheiden sich Glaube und Unglaube. Dabei ist<br />

der Glaube nicht abhängig von der Äunstfertigkeit der predigt oder<br />

dem guten und bösen w illen der Hörer; ob Glaube gewirkt wird,<br />

hängt allein davon ab, ob der Vater <strong>die</strong> Hörer des W ortes annimmt<br />

und Seinem Sohn übergibt — oder nicht. Die Bitte um den<br />

rechten Glauben ist <strong>die</strong> Bitte an den Vater Iesu Lhristi, L r wolle<br />

uns Seinen Sohn zu eigen geben, auf daß nicht auch zu uns gesagt<br />

werde: ihr gehört nicht zu Meiner Schar. Aber wer Lhristus übergeben<br />

wird, der gehört ewiglich zu Ihm . „Ich und der Vater sind<br />

eins. Sie werde» nimmermehr umkommen und niemand wird sie<br />

aus Meiner Hand reißen". <strong>Das</strong> ist nicht nur Trost am Grabe. In<br />

Seiner Hand geborgen ist <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> auch in den Nöten und<br />

Hreuden <strong>die</strong>ser W elt, in allen Anfechtungen und in aller Feindschaft,<br />

<strong>die</strong> ihr bereitet werden. L r ist der gute Hirte; alles Irrende und Verlorene<br />

ist bei Ihm gesammelt und bewahrt.<br />

Die ander« Lesung: Apostelgeschichte ro, rs—sr.


Sonntag Iubilate<br />

40S<br />

Dritter Sonntag nach (Ostern / Jubilate<br />

Die <strong>Gemeinde</strong> der österlichen Freudenzeit weiß um den lebendigen<br />

Lhristus, deshalb beginnt der Eingangsspruch <strong>die</strong>ses Sonntags<br />

(ps. 6b, -—3): Iubilatc, d. h. „Jauchzet" Gott, alle Lande! Lobsinget<br />

zu Ehren Seinem Namen; rühmet Ih n herrlich! Sprechet zu<br />

G ott: w ie wunderbar sind Deine Werke! — Der Grund des Iubels<br />

ist: Ih r seid im Glauben eins mit Christus, dem Auferstandenen, dem<br />

Sieger über Sünde, Tod und Teufel!<br />

Ist jemand in Christo, so ist er «ine neue Lreatur; das Alte ist<br />

vergangen, siehe, es ist alles neu geworden.<br />

r. Lorinther s, -7<br />

sd. Über ein kleines, so werdet ihr<br />

Mich nicht sehen; und aber über ein<br />

kleines, so werdet ihr Mich sehen, denn<br />

Ich geh« zum Vater.<br />

17. Da sprachen etliche unter Seinen<br />

Jüngern untereinander: w a s ist das,<br />

das Lr saget zu uns: Über ein kleines,<br />

so werdet ihr Mich nicht sehen, und<br />

aber über ein kleines, so werdet ihr<br />

Mich sehen, und: Ich gehe zum Vater?<br />

Da sprachen sie: w a s ist das,<br />

das Lr saget: Über ein kleines) w ir<br />

wissen nicht, was Lr redet.<br />

Da merkt« Iesus, daß sie Ihn<br />

fragen wollten, und sprach zu ihnen:<br />

Davon fraget ihr untereinander, daß<br />

Ich gesagt hab«: Über ein kleines, so<br />

werdet ihr Mich nicht sehen, und aber<br />

über ein kleines, so werdet ihr Mich<br />

sehen.<br />

D as Evangelium<br />

ro. wahrlich, wahrlich, Ich sage euch:<br />

Ihr werdet weinen und heulen, aber<br />

<strong>die</strong> Welt wird sich freuen; ihr aber<br />

werdet traurig sein; doch eure Traurigkeit<br />

soll in Freude verkehret werden,<br />

rs. Lin Weib, wenn sie gebieret, so<br />

hat sie Traurigkeit; denn ihre Stunde<br />

ist kommen, wenn sie aber das Lind<br />

geboren hat, denket sie nicht mehr an<br />

<strong>die</strong> Angst um der Freude willen, daß<br />

der Mensch zur Welt geboren ist.<br />

rr. Und ihr habt auch nun Traurigkeit;<br />

aber Ich will euch wiedersehen,<br />

und euer Herz soll sich freuen, und<br />

eure Freude soll niemand von euch<br />

nehme».<br />

rs. Und an demselbigen Tage werdet<br />

ihr Mich nichts fragen.<br />

Ioh. ;S, ;b—rs s<br />

Die Texte der nächsten drei Sonntage sind sämtlich dem )b. Kapitel<br />

des Iohannesevangeliums entnommen. In <strong>die</strong>sem Kapitel bereitet der<br />

Herr Seine Iünger vor auf das, was nach Seinem Tode geschehen<br />

wird. Erst werden sie voll Trauer sein, dann aber wird Lhristus<br />

ihnen erscheinen, Seinen Geist ausgießen, und ihre Trauer wird sich


406 Woche des Sonntags Iubilate<br />

in lauter Freude verwandeln. E s wird ihnen ergehen, wie einer Frau<br />

in Rindesnöten. Eben noch meint sie, dem Tode nahe zu sein, aber<br />

kaum ist das Rind da, dann sind Schmerz und Todesangst vergessen.<br />

Ein lebendiges Lind ist zur W elt gekommen, das da selber atmet.<br />

S o geht es auch bei Geburt und Wiedergeburt der Rirche.<br />

Solange der Herr noch bei Seinen Jüngern war, haben sie gedacht,<br />

E r ginge mit ihnen geradeswegs auf das Reich Gottes zu. Sie<br />

hörten wohl Seine Leidensweissagungen, aber sie verstanden sie nicht.<br />

„Über ein Rleines, so werdet ihr Mich nicht sehen und aber über ein<br />

Rleines, so werdet ihr Mich sehen", w a s heißt das? Sie ahnen nicht,<br />

daß Tod und Auferstehung Iesu <strong>die</strong> Mittel sind, durch <strong>die</strong> Gott Sein<br />

Reich auf <strong>die</strong>ser Erde will Wirklichkeit werden lassen, welcher<br />

Mensch könnte auch über den Tod hinaus denken!<br />

Im Blick auf <strong>die</strong> Zukunft der Rirche geht es uns nicht anders als<br />

den Jüngern, w i r meinen auch immer, der w e g in <strong>die</strong>se Zukunft<br />

müsse irgendwie geradeaus gehen. Aber w ir sollen nicht menschlich,<br />

sondern christlich vom Rommen des Reiches Gottes, von der Geburt<br />

und Wiedergeburt der Rirche denken! Der Herr lehrt es uns. w ie<br />

seltsam erklärt er es! E r sagt: „Eine w eile, und ihr werdet Mich<br />

nicht sehen". Ih n nicht, <strong>die</strong> Rirche nicht? w ie schrecklich ist das!<br />

Doch dann fährt E r fort: „Und über eine w eile, so werdet ihr Mich<br />

sehen". Dann werdet ihr selber andere geworden sein, und a ls <strong>die</strong>se<br />

andern werdet ihr verstehen, was ihr setzt nicht verstehen könnt.<br />

Eure eigene Wiedergeburt ist <strong>die</strong> Wiedergeburt der Rirche. Sie ist<br />

ein Schmerz, aber der Schmerz der Geburt. Ist das Rind zur W elt<br />

geboren, dann ist aller Schmerz vergessen. E s wird euch nicht einmal<br />

mehr weh tun, daß eure eigenen Gedanken, wünsche, Pläne<br />

und Hoffnungen ins Nichts zergangen sind. Sondern ihr werdet<br />

euch freuen, wie eine junge Mutter sich über ihr neugeborenes Rind<br />

freut, w a s ist das <strong>für</strong> eine herrliche Verheißung!<br />

Die Epistel<br />

Liebe Brüder, ich ermähne euch eure guten Werke sehen und Gott preials<br />

<strong>die</strong> Fremdlinge und pilgrime: Lnt- sen, wenn's nun an den Tag kommen<br />

haltet euch von fleischlichen Lüsten, wird.<br />

welch« wider <strong>die</strong> Seele streiten, -Z. Seid Untertan aller menschlichen<br />

und führet einen guten Wandel Ordnung um des Herrn willen, es<br />

unter den Heiden, auf daß <strong>die</strong>, so von sei dem Rönig« als dem Obersten,<br />

euch afterreden als von Übeltätern, 14. oder den Hauptleuten, als <strong>die</strong> von


Sonntag Jubilate 40?<br />

ihm gesandt sind zur Rache über <strong>die</strong><br />

Übeltäter und zu Lobe den Kommen.<br />

-s. Denn das ist der Will« Gottes,<br />

daß ihr mit wohltun verstopfet <strong>die</strong><br />

Unwissenheit der törichten Menschen,<br />

lö. als <strong>die</strong> Freien, und nicht, als hättet<br />

ihr <strong>die</strong> Freiheit zum Deckel der<br />

Bosheit, sondern als <strong>die</strong> Lnechte<br />

Gottes.<br />

-7. Tut Ehre jedermann, habt <strong>die</strong><br />

Brüder lieb; <strong>für</strong>chtet Gott, ehret den<br />

Rönig!<br />

Ihr Rnechte, seid Untertan mit<br />

aller Furcht den Herren, nicht allein<br />

den gütigen und gelinden, sondern auch<br />

den wunderlichen.<br />

;g. Denn das ist Gnade, so jemand<br />

um des Gewissens willen zu Gott das<br />

Übel verträgt und leidet das Unrecht.<br />

ro. Denn was ist das <strong>für</strong> «in Ruhm,<br />

so ihr um Missetat willen Streiche<br />

leidet? Aber wenn ihr um wohltat<br />

willen leidet und erduldet, das ist<br />

Gnade bei Gott. ?. Petr. r, ro<br />

„Ich ermähne euch als Fremdlinge Pilgrime". Christen sind<br />

Fremdlinge auf <strong>die</strong>ser W elt. Ihre wahre Heimat und Bürgerschaft ist<br />

in der andern, der ewigen W elt. Darum sollen sie sich aller fleischlichen<br />

Begierden enthalten. Darunter ist nicht nur <strong>die</strong> Lust der Sinne, sondern<br />

auch das Begehren nach Geld, Einfluß und Macht zu verstehen.<br />

w o es keine Hoffnung auf <strong>die</strong> ewige W elt gibt, da ist es<br />

schlecht, so zu raten. Denn dann lehrt man <strong>die</strong> Menschen nur den<br />

trüben Verzicht. Die W elt spottet darüber. Sie sagt: w em <strong>die</strong><br />

Trauben zu hoch hängen, der verzichtet, w ahre Enthaltsamkeit gibt<br />

es nur da, wo man eine reinere Freude kennt als <strong>die</strong> Freuden, <strong>die</strong><br />

<strong>die</strong> W elt zu bieten hat. Denn nur da kommt der Verzicht aus der<br />

Freiheit. Christen sollen in <strong>die</strong>ser W elt leben als solche, <strong>die</strong> wissen,<br />

daß Gott sie zu höheren Dingen berufen hat. Sie sollen <strong>die</strong> Dinge<br />

<strong>die</strong>ser W elt nicht verachten, sondern in Nüchternheit gebrauchen,<br />

nicht als <strong>die</strong> Unfreien, sondern als <strong>die</strong> Freien. Sie sollen nicht in<br />

Wettbewerb treten mit jenen, denen <strong>die</strong>ser W elt Güter <strong>die</strong> höchsten<br />

sind. Toren reden von der Weltverachtung und Weltfremdheit des<br />

christlichen Glaubens. Am Tage des Gerichts wird sich zeigen, bei<br />

wem <strong>die</strong> wahren „w erte des Lebens", auch <strong>die</strong> des irdischen Lebens,<br />

in guter Hut gewesen sind.<br />

Dieser Vorbehalt, daß w ir Fremdlinge und pilgrime sind, gilt auch<br />

im Blick auf <strong>die</strong> staatlichen und gesellschaftlichen Ordnungen, in denen<br />

wir leben. Unsere Liebe gehört Lhristus, unser Gehorsam dem S taat<br />

und der staatlichen Ordnung. Darum verlangt der Apostel von<br />

allen Christen: Seid der Obrigkeit gehorsam, ehrt den Bönig, bedenkt,<br />

welch große und Verantwortungsschwere Aufgabe Gott denen


40 r<br />

Woche des Sonntags Iubiiate<br />

gegeben hat, <strong>die</strong> ein obrigkeitliches Amt haben, und dankt ihnen da<strong>für</strong>.<br />

Unser Heil kommt aber allein von Lhristus.<br />

<strong>Das</strong>selbe gilt von unserem Arbcits- und Berufsverhältnis. Der<br />

Apostel redet hier insbesondere <strong>die</strong> Sklaven an. Manche von ihnen<br />

haben es in der alten W elt nicht schlecht gehabt, manche waren <strong>die</strong><br />

wehrlosen (Opfer menschlicher Willkür. Ihnen wird gesagt, daß sie<br />

in Geduld gehorsam sein sollen, auch wo sie der Willkür begegnen.<br />

Es sei Gnade, wenn inan um des Gewissens willen zu Unrecht Übel<br />

leide, w a s hier zu den Sklaven gesagt ist, dürfen w ir sinngemäß auf<br />

unser Arbeits- und Berufsverhältnis anwenden. Iubilieren können<br />

w ir erst in unserer ewigen Heimat; hier in <strong>die</strong>ser W elt ist<br />

Nüchternheit nicht nur des Mannes Zierde, sondern auch des Lhristen<br />

Llughcit. Denn im Iubel <strong>die</strong>ser Welt sind immer Nebengeräusche.<br />

L r ist stets ein wenig zu laut. w e il aber der W elt Iubel ein wenig<br />

zu laut ist, übertreibt sie auch ihren Schmerz und ihre Lnttäuschung.<br />

Nur wer <strong>die</strong> ewige Heimat kennt, kann Abstand halten von der<br />

W elt und verfällt weder ihrem überlauten Iubel noch ihrem übertriebenen<br />

Schmerz.<br />

D as Lied der W oche<br />

Nun jauchzt dem Herren, alle W elt<br />

Dies Lied eines unbekannten Dichters ist in Anlehnung an Psalm ,00<br />

gedichtet. L s ist ein Lied freudigen Glaubens, aus kirchlicher Bereitschaft<br />

heraus gesungen: „Gott loben, das ist unser Amt". <strong>Das</strong> sollte<br />

der Wahlspruch aller Rirchenchore und Rirchenmusiker und das Leitwort<br />

aller <strong>Gemeinde</strong>glieder beim Gesang im Gottes<strong>die</strong>nst sein!<br />

<strong>Das</strong> Gebet der Woche<br />

Herr, allmächtiger G ott, w ie D u alljährlich das Angesicht der<br />

Erde erneust, so w illst D u <strong>die</strong> W e lt erneuern, <strong>die</strong> der S ü n d e<br />

und dem Tode verfallen w ar; verleihe uns, w ir bitten Dich, daß<br />

w ir den Anbruch des wahren Lebens in Deinem S o h n erkennen<br />

und in Ih m an <strong>die</strong>ser neuen Schöpfung teilhaben, Der m it D ir<br />

und dem Heiligen Geiste lebet und regieret von E w igkeit zu<br />

Ew igkeit. Amen.


von der Schöpfung 4 0 9<br />

v o n der Schöpfung<br />

wenn <strong>die</strong> Christenheit von der Schöpfung redet, dann redet sie nicht von<br />

einer Sache, sondern von dem Schöpfer. Ihr liegt nicht daran, eine<br />

Vermutung darüber aufzustellen, wie das Weltall, <strong>die</strong> Erde und das Leben<br />

auf der Erd« entstanden ist. Ihr muß aber daran liegen, zu bezeugen, daß der<br />

Himmel und <strong>die</strong> Erd«, das Sichtbare und das Unsichtbare, v o n Gott geschaffen<br />

ist und v o n Gott erhalten wird. In <strong>die</strong>sem Sinne und nicht im<br />

Sinne einer naturgeschichtlichcn Belehrung ist das erste Lapitel der Bibel<br />

geschrieben, und in <strong>die</strong>sem Sinne will es gelesen und verstanden werden.<br />

Alle Welt <strong>für</strong>cht« den Herrn,<br />

und vor Ihm scheue sich alles, was auf Erden wohnet.<br />

Denn so Lr spricht, so geschieht'«;<br />

so Er gebeut, so fteht's da.<br />

Psalm 33, s. 9.<br />

Dieses Zeugnis vom Schöpfer gibt <strong>die</strong> Christenheit weiter in der Überzeugung,<br />

daß sie damit «in« gute einladende Botschaft weitergibt. Sie befreit nämlich<br />

mit ihrem Zeugnis vom Schöpfer und Seiner Schöpfung <strong>die</strong> Menschen von<br />

dem tötenden Irrglauben, als ob es Lebendiges und Totes, Sichtbares und<br />

Unsichtbares gäbe, das in sich selber Bestand hätte oder auch nur Bestand<br />

habe» könnte.<br />

Darin nämlich wurzelt aller Götzen<strong>die</strong>nst, daß man den Schöpfer vergißt<br />

und Geschöpfen <strong>die</strong> Bedeutung beimißk, als ob sie Geltung und Bestand<br />

in sich selber hätten. Darin wurzelt aber auch unendlich viel des unsagbaren !<br />

Leides <strong>die</strong>ser Erde. Denn wo man das Geschöpf seines Schöpfers beraubt, !<br />

wird das Geschöpf zum grausamen Herrn der anderen Geschöpfe, das fein eige- <<br />

nes Leben, fein eigenes Mhlen und wollen den anderen als Last und Gesetz<br />

auferlegt. So wird der Götzen<strong>die</strong>nst durch <strong>die</strong> Leugnung des Schöpfers zum<br />

furchtbaren Unglück der Völker.<br />

<strong>Das</strong> gilt auch, weil <strong>die</strong> Leugnung des Schöpfers und <strong>die</strong> Aufrichtung des<br />

Götzen<strong>die</strong>nstes <strong>die</strong> Sünde übermächtig werden läßt. Denn wer Gottes<br />

Herrlichkeit in ein Bild gleich dem vergänglichen Menschen oder eines andern<br />

Geschöpfes verwandelt, den gibt Gott dahin in feines Herzens Gelüste, daß<br />

er aus einer Sünde in <strong>die</strong> andere fällt, daß er tut, was nicht taugt, daß<br />

er voll alles Ungerechten, aller Bosheit und alles Schändlichen wird. Die<br />

Sünde wird herrschend, das Gute geht unter.<br />

Darum hak sie auch Gott dahingegeben in ihres Herzens Gelüste,<br />

zur Unreinigkeit, zu schänden ihre eigenen Leiber an sich selbst,<br />

sie, <strong>die</strong> Gottes Wahrheit verwandelt haben in <strong>die</strong> Lüge


4?0 Woche des Sonntags Jubilare<br />

und haben geehrt und gedicnet dein Geschöpfe mehr denn dem Schöpfer,<br />

der da gelobt ist in Ewigkeit. Amen.<br />

Römer ;, 24. rs<br />

In <strong>die</strong>s« Not hinein sagt <strong>die</strong> Christenheit das Wort von dem Schöpfer und<br />

Seiner Schöpfung. Damit bezeugt sie, daß jeder Mensch einen Herrn und jedes<br />

Geschöpf Einen hat, der ihm Leben und Bestand gibt. <strong>Das</strong> ist ein erlösendes<br />

Wort sowohl <strong>für</strong> den, der seinen Schöpfer verleugnet, dadurch unglücklich<br />

und heillos wird, als auch <strong>für</strong> den, der unter dem Übermut eines andern leidet,<br />

der seinen Schöpfer verleugnet.<br />

S o bringt das Zeugnis von, Schöpfer d as Geschöpf auf den ihm gebührenden<br />

Stand. Du kannst als Geschöpf nie etwas anderes sein wollen,<br />

als das, wozu dich Gott gemacht hat. Hörst du das Wort vom Schöpfer, dann<br />

mußt du nach deinem Stand« fragen. Der Schöpfer will, daß du dich danach<br />

richtest, wohin Lr dich gestellt hat, als Vater oder Mutter, als Mann oder<br />

- Frau, als Vertreter der Obrigkeit oder als Untertan, als Alter oder Junger,<br />

als Deutscher oder Nicht-Deutscher. An dem Ort allein, wo Gott dich hingestellt<br />

hat, wirst du Gottes Gebot recht hören können und zum Besten<br />

deiner selbst und deiner Mitmenschen und Nächsten handeln.<br />

Aber <strong>die</strong> Gottseligkeit ist zu allen Dingen nütz«<br />

und hat <strong>die</strong> Verheißung <strong>die</strong>ses und des zukünftigen Lebens.<br />

1- Timothcus 4, s<br />

Aber an <strong>die</strong>sem Orte, an den der Schöpfer dich stellt, wirst du auch in der<br />

Regel das rettende Wort von Lhristus am leichtesten hören. Denn<br />

Gott macht gerade durch <strong>die</strong> Führung deines Lebens Sein einladendes Wort<br />

eindrücklich.<br />

Weil denn Gott so viel auf den Stand gibt, in den Lr dich stellt und in<br />

dem Er dich erhält, so ist es ein Glaubensanliegen, daß du dir das Wort vom<br />

Schöpfer immer wieder sagen läßt. Denn es ist manchmal schwer zu glauben,<br />

daß Gott Selbst es ist, der dich auf Schritt und Tritt geführt hat, der auch<br />

deine Fehltritte benutzt, um nach Seinem willen dein Leben zu gestalten. Die<br />

blinde Vernunft sieht überall Zufall oder den selbstgestaltenden Willen. Der<br />

fröhliche Glaub« aber weiß sich in allem in Gottes Führung und Hand; er<br />

wartet auf Gottes große Wunder und freut sich des Zuspruchs seines<br />

Schöpfers:<br />

Nun sind aber auch eure Haare auf den, Haupte alle gezählt.<br />

So <strong>für</strong>chtet euch denn nicht!<br />

Matthäus , 0, so. 8;


von der Schöpfung<br />

4tt<br />

D er erste Artikel:<br />

von der Schöpfung.<br />

Ick glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen,<br />

Schöpfer Himmels und der Erden.<br />

W a s ist das?<br />

Ich glaube,<br />

daß mich Gott geschaffen hat samt alle» Lreaturen,<br />

mir Leib und Seele, Augen, Ohren und alle Glieder,<br />

Vernunft und alle Sinne gegeben hat<br />

und noch erhält;<br />

dazu Rlcider und Schuh, Essen und Trinken, Haus und Hof, Weib<br />

und Äind, Acker, Vieh und alle Güter,<br />

mit aller Notdurft und Nahrung <strong>die</strong>ses Leibes und Lebens reichlich<br />

und täglich versorget,<br />

wider alle Hährlichkeit beschirmet<br />

und vor allem Übel behütet und bewahret;<br />

und das alles aus lauter väterlicher, göttlicher Güte und Barmherzigkeit;<br />

ohn' all' mein ver<strong>die</strong>nst und Würdigkeit;<br />

des alles ich Ihm zu danken und zu loben<br />

und da<strong>für</strong> zu <strong>die</strong>nen und gehorsam zu sein schuldig bin.<br />

<strong>Das</strong> ist gewißlich wahr.<br />

-i-<br />

M ontag nach Judilate<br />

-7. So sage ich nun und bezeuge in<br />

dem Herrn, daß ihr nicht mehr wandelt,<br />

wie <strong>die</strong> anderen Heiden wandeln<br />

in der Eitelkeit ihres Sinnes,<br />

>z. welcher verstand verfinstert ist,<br />

und sind entfremdet von dem Leben,<br />

das aus Gott ist, durch <strong>die</strong> Unwissenheit,<br />

so in ihnen ist, durch <strong>die</strong> Blindheit<br />

ihres Herzens;<br />

zg. welch« ruchlos sind und ergeben<br />

sich der Unzucht und treiben allerlei<br />

Unreinigkeit samt dem Geiz.<br />

ro. Ihr aber habt Christum nicht al-<br />

rz. lo ihr anders von Ihm gehöret<br />

habt' und in Ihm gelehret seid, wie<br />

in Icsu ein rechtschaffen Wesen ist.<br />

rr. So leget nun von euch ab nach<br />

dem vorigen Wandel den alten Menschen,<br />

der durch Lüste im Irrtum sich<br />

verderbet.<br />

rZ. Erneuert euch aber im Keift<br />

eures Gemüts<br />

24. und ziehet den neuen Menschen an,<br />

der nach Gott geschaffen ist in rechtschaffener<br />

Gerechtigkeit und Heiligkeit.<br />

Lpk. 4, ? 7 -r4


4N<br />

Woche d es Sonntags Jubilate<br />

w o der Mensch „in Christo" ist, da ist er eine „neue Lreatur". <strong>Das</strong><br />

muß sich nun zeigen daran, daß er „nicht mehr wandelt wie <strong>die</strong><br />

Heiden". <strong>Das</strong> Wunder, das Gott an uns getan hat, muß hervorbrechen.<br />

Man soll es an unserem Zeugnis von Gottes Offenbarung<br />

merken, daß unser „verstand" nicht mehr „verfinstert" ist in „Unwissenheit"<br />

und „Blindheit des Herzens"; man soll es an der<br />

Getrostheit und Freudigkeit unseres Herzens erkennen, daß wir<br />

nicht mehr „entfremdet" sind vom Leben, das aus Gott ist; man<br />

soll es an der Entschiedenheit und Zähigkeit unseres Lebenskampfes<br />

spüren, daß wir im Begriff sind, den „alten Menschen abzulegen",<br />

der ein Änecht seiner Triebe ist. Der „Glaube ohne Werke ist tot"<br />

(Aak. r, rö). Die Heiligung, <strong>die</strong> Gott an uns vollbracht hat, da Er<br />

uns zu Seinen Lindern angenommen hat, wirkt jene andere Heiligung,<br />

in der w ir uns „erneuern im G eist unseres Gemütes". Gott<br />

hat das neue Lleid „in Christo" uns geschenkt, so lasset es uns anziehen!<br />

Die.andere Lesung: Iesajas ös, )7—sr<br />

rs. Darum leget <strong>die</strong> Lüge ab und redet<br />

<strong>die</strong> Wahrheit, ein jeglicher mit seinem<br />

Nächsten, sintemal wir untereinander<br />

Glieder sind.<br />

rd. Zürnet und sündiget nicht; lasset<br />

<strong>die</strong> Sonn« nicht über eurem Zorn<br />

untergehen.<br />

27. Gebet auch nicht Raum dem<br />

Lästerer.<br />

r«. Wer gestohlen hat, der stehle nicht<br />

mehr, sondern arbeite und schaffe mit<br />

den Händen etwas Gutes, auf daß er<br />

habe zu geben den Dürftigen.<br />

D ien stag nach Jubilate<br />

rg. Lasset kein faul Geschwätz aus<br />

eurem Munde gehen, sondern was<br />

nützlich zur Besserung ist, da es not<br />

tut, daß es holdselig sei zu hören,<br />

so. Und betrübet nicht den Heiligen<br />

Geist Gottes, womit ihr versiegelt seid<br />

auf den Tag der Erlösung.<br />

s>. Alle Bitterkeit und Grimm und<br />

Zorn und Geschrei und Lästerung sei<br />

fern« von euch samt aller Bosheit,<br />

sr. Seid aber untereinander freundlich,<br />

herzlich, und vergebet einer dein<br />

andern, gleichwie Gott euch vergeben<br />

hat in Christo. Lph. 4, rs—sr<br />

Die „neue Lreatur in Christo" wird dort, wo der Herr Christus<br />

Gemeinschaft mit dem Sünder schließt. I n <strong>die</strong>ser Gemeinschaft<br />

aber ist <strong>die</strong> mit den Nächsten selbstverständlich. Sind wir durch<br />

Gottes Gnade Glieder am Leibe des Herrn, so ist eine natürliche<br />

Folge <strong>die</strong>ser Gliedschaft, daß w ir auch „untereinander Glieder<br />

sind". Die innere Verbundenheit mit Ihm , der <strong>die</strong> Wahrheit ist,


Woche des Sonntags I u b i l a t e 4?Z<br />

läßt uns <strong>die</strong> Lüge verabscheuen. Die täglich erfahrene Langmut G ottes<br />

läßt uns Haß und Bitterkeit im eigenen Herzen überwinden. <strong>Das</strong><br />

tägliche Bcschenktwerden mit lauter „Güte und Barmherzigkeit" läßt<br />

uns <strong>die</strong> Hände regen, daß w ir „unserm Nächsten sein Gut und Nahrung<br />

helfen bessern und behüten". Die jeden Augenblick uns tragende<br />

Vergebung läßt uns Vergebung üben. S o wrrd <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong>.<br />

Die andere Lesung: Römer r,<br />

—rs<br />

4-<br />

D a s siebente Gebot:<br />

Du so llst nicht stehlen.<br />

Was ist das?<br />

w i r sollen Gott <strong>für</strong>chten und lieben,<br />

daß wir unseres Nächsten Geld oder Gut nicht nehmen,<br />

noch mit falscher W are oder Handel an uns bringen,<br />

sondern ihm sein Gut und Nahrung helfen bessern und behüten.<br />

M ittw och nach Jubilatc<br />

7. Ihr Lieben, lasset uns untereinander<br />

liebhaben; denn <strong>die</strong> Liebe ist von<br />

Gott, und wer liebhat, der ist von<br />

Gott geboren und kennet Gott.<br />

s. wer nicht liebet, der kennet Gott<br />

nicht; denn Gott ist Lieb«,<br />

g. Daran ist erschienen <strong>die</strong> Liebe Gottes<br />

gegen uns, daß Gott Seinen ringebornen<br />

Sohn gesandt hat in <strong>die</strong><br />

Welt, daß wir durch Ihn leben sollen,<br />

zo. Darin stehet <strong>die</strong> Liebe: nicht, daß<br />

wir Gott gcliebet haben, sondern daß<br />

Er uns gcliebet hat und gesandt Seinen<br />

Sohn zur Vergebung <strong>für</strong> unsere<br />

Sünden.<br />

z;. Ihr Lieben, hat uns Gott also<br />

gcliebet, so sollen wir uns auch untereinander<br />

lieben.<br />

i r. Niemand hat Gott jemals gesehen.<br />

So wir uns untereinander lieben, so<br />

bleibet Gott in uns, und Seine Liebe<br />

ist völlig in uns.<br />

zz. Daran erkennen wir, daß wir in<br />

Ihm bleiben und Er in uns, daß Er<br />

uns von Seinem Geist gegeben hat.<br />

;4. Und wir haben gesehen und zeugen,<br />

daß der Vater den Sohn gesandt<br />

hat zum Heiland der Welt.<br />

Ioh. 4, 7—14


414 Woche des Sonntags Iubilate<br />

„G ott hat uns geliebt" — <strong>die</strong>se Tatsache ist der Grund unserer<br />

„neuen Kreatur". Von <strong>die</strong>ser Tatsache lebt <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong>; sie ist das<br />

Geheimnis, das <strong>die</strong> Gläubigen einander verwundert scheu zuflüstern<br />

und Herolden gleich öffentlich verkündigen. „E r hat mich lieb" —<br />

das ist <strong>die</strong> selige Erfahrung der Braut, <strong>die</strong> sie still im Herzen verwahrt<br />

und laut in den Tag hinein jubiliert. Und Seine Liebe w ar<br />

v o r meiner da bei meiner Taufe: „Eh ich durch Deine Hand gemacht,<br />

da hast Du schon bei Dir gedacht, wie Du mein mächtest<br />

werden". Alles bloß „zur Versöhnung", -. h. nach dem biblischen<br />

Sprachgebrauch: zur Bedeckung „<strong>für</strong> unsere Sünden". G ott sieht<br />

nun nicht mehr auf unsere Sünden; E r sieht nur noch Seinen Sohn,<br />

der <strong>für</strong> uns ins Mittel tritt. S o laßt uns auch bei unserem Nächsten<br />

<strong>die</strong> Sünde bedeckt sehen durch das „Kleid der Gerechtigkeit",<br />

das ihm wie uns selbst keiner mehr herunterreißen kann. Einander<br />

in <strong>die</strong>sem von Gottes Liebe gewirkten Kleide sehen, heißt sich „untereinander<br />

lieben". Liebe entdeckt, was von Gott geboren ist",<br />

„und wer lieb hat, der ist von Gott geboren".<br />

D ie andere Lesung: z. Ioh an n es 4, ; s — r i<br />

?s. W elcher ist das Ebenbild des unsichtbaren<br />

G ottes, der Erstgeborne vor<br />

allen Kreaturen.<br />

)d. Denn durch I h n ist alles geschaffen,<br />

w a s im Himmel und auf<br />

Erden ist, das Sichtbar« und das U n ­<br />

sichtbare, es seien Throne oder Herrschaften<br />

oder Fürstentümer oder O brigkeiten;<br />

es ist alles durch I h n und zu<br />

Ih m geschaffen.<br />

17. Und E r ist v o r allem, und es bestehet<br />

alles in Ih m .<br />

z s. Und E r ist das Haupt des Leibes,<br />

nämlich der <strong>Gemeinde</strong>; E r, welcher ist<br />

der A nfang und der Erstgeborne von<br />

den T oten, auf daß E r in allen D in ­<br />

gen den V orrang hab«.<br />

Denn es ist das W ohlgefallen gewesen,<br />

daß in Ih m all« Fülle wohnen<br />

sollte<br />

Donnerstag nach Iubilate<br />

ro. und alles durch Ihn versöhnet<br />

würde zu Ihm Selbst, es sei auf Erden<br />

oder im Himmel, damit daß Er<br />

Frieden machte durch das Blut an Seinem<br />

Kreuz durch Sich Selbst,<br />

rz. Und euch, <strong>die</strong> ihr weiland Fremde<br />

und Feind« wäret durch <strong>die</strong> Vernunft<br />

in bösen Werken,<br />

rr. nun hat Er euch versöhnet mit<br />

dem Leibe Seines Fleisches durch den<br />

Tod, auf daß Er euch darstellt« heilig<br />

und unsträflich und ohne Tadel vor<br />

Ihm Selbst;<br />

rs. so ihr anders bleibet im Glauben,<br />

gegründet und fest und unbeweglich<br />

von der Hoffnung des Evangeliums,<br />

welches ihr gehöret habt, welches geprediget<br />

ist unter aller Kreatur, <strong>die</strong><br />

unter dem Himmel ist, welches ich,<br />

Paulus, Diener worden bin.<br />

Lol. zs—rz


Woche des Sonntags Jubilare 4,5<br />

Allein in Christus gibt es eine „neue Kreatur". Außer Christus ist<br />

alles „alt"; ein „alter Adam", ein „alter Mensch", „altes Wesen",<br />

„alter Sauerteig", „das Erste", „<strong>die</strong> vorigen Zeiten". M it Christus<br />

aber beginnt eine neue Schöpfung. E r ist der zweite „Adam ,<br />

d. h. das zweite Menschenbild, der das wirklich ist, was der erste<br />

hätte sein sollen: „<strong>Das</strong> Ebenbild des unsichtbaren Gottes", das in allen<br />

Seinen Werken <strong>die</strong> Verbundenheit mit Gott offenbart. Um <strong>die</strong>ser<br />

Verbundenheit willen ist E r <strong>die</strong> erste „neue Kreatur", der „Erstgeborne"<br />

vor allen andern, <strong>die</strong> von ihrem Ursprung an auf Ih n<br />

angewiesen sind und ihr Ziel darin haben, Sein Eigentum zu sein.<br />

Er ist der Anfang des neuen Geschlechts, „das Haupt des Leibes,<br />

nämlich der <strong>Gemeinde</strong>", <strong>die</strong> E r durch Sein W ort aus dem Tode<br />

zu Seinem Leben berufen. Um <strong>die</strong>ses Erstlings willen wissen wir,<br />

daß der Anfang gemacht ist mit einer neuen Schöpfung; darum<br />

„Iubilate!" „Lässet auch ein Haupt sein Glied, welches es nicht<br />

nach sich zieht?"<br />

Die ander« Lesung: Apostelgeschichte 4, >7- rr—ss<br />

Freitag nach Iubilate<br />

ro. Nun aber ist Christus auferstanden<br />

von den Toten und der Erstling worden<br />

unter denen, <strong>die</strong> da schlafen.<br />

rz. Sintemal durch einen Menschen<br />

der Tod und durch «inen Menschen<br />

<strong>die</strong> Auferstehung der Toten kommt.<br />

rr. Denn gleichwie sie in Adam alle<br />

sterben, also werden sie in Christo alle<br />

lebendig gemacht werden.<br />

rs. Ein jeglicher aber in seiner Ordnung:<br />

der Erstling Christus, darnach<br />

<strong>die</strong> Christo angehören, wenn Er kommen<br />

wird;<br />

r4. darnach das Ende, wenn Er das<br />

Reich Gott und dem Vater überantworten<br />

wird, wenn Er aufheben<br />

wird alle Herrschaft und all« Obrigkeit<br />

und Gewalt.<br />

rs. Er muß aber herrschen, bis daß<br />

Er „alle Seine Feinde unter Seine<br />

Füße lege".<br />

rb. Der letzte Feind, der aufgehoben<br />

wird, ist der Tod.<br />

r7. Denn „Er hat Ihm alles unter<br />

Sein« Füße getan", wenn Er aber<br />

saget, daß es alles Untertan sei, ist's<br />

offenbar, daß ausgenommen ist, der<br />

Ihm alles untergetan hat.<br />

rs. wenn aber alles Ihm Untertan<br />

sein wird, alsdann wird auch der<br />

Sohn Selbst Untertan sein Dem, der<br />

Ihm alles untergetan hat, auf daß<br />

Gott sei alles in allen.<br />

?. Lor. zs, ro—rr<br />

Der alte Mensch, der erste Adam, hat durch seine Sünde <strong>die</strong> ganze<br />

Schöpfung verdorben und dem Tode in <strong>die</strong> Hände gespielt. Der<br />

neue Mensch, der zweite Adam, der Christus Gottes, hat durch Seinen


4!S<br />

Woche des Sonntags Iubilate<br />

Gehorsam und widerstand gegen den Satan <strong>die</strong> W elt wieder heimgeholt<br />

und dein Tode entrissen. Erbsünde und Erbtod verbindet <strong>die</strong><br />

einzelnen Glieder der Geschlechterkette des ersten Menschen. <strong>Das</strong> „Erbteil<br />

der Heiligen im Licht", das Leben, durchpulst <strong>die</strong> Glieder am<br />

Leibe des Auferstandenen. In Ihm werden sie „alle lebendig<br />

gemacht werden". Denn: „Vater, Ich will, daß, wo Ich bin, auch<br />

dre bei M ir seien, <strong>die</strong> Du M ir gegeben hast", w enn wir auch jetzt<br />

noch sterben müssen, es ist nur noch eine Hrage Zech bis der<br />

letzte 8emd, der Tod, völlig „aufgehoben" und entmächtigt wird:<br />

Seiner Blüte ist <strong>die</strong> Wurzel bereits abgeschnitten, darum m uß sie<br />

über kurz oder lang zugrundcgehen. Es ist Ostern geworden m unserem<br />

Lande, darum „ein Spott der Tod ist worden". Darüber lasset<br />

uns jauchzen und fröhlich sein!<br />

Die andere Lesung: I. M ose !,<br />

s i ; r, z— z<br />

Sonnabend nach Iubilate<br />

l- Und ich sah einen neuen Himmel<br />

und ein« neue Erde; denn der erste<br />

Himmel und <strong>die</strong> erste Erde verging,<br />

und das M eer ist nicht mehr. ^<br />

r. Und ich, Johannes, sah <strong>die</strong> heilige<br />

Stadt, das neu« Jerusalem, von Gott<br />

aus dem Himmel herabfahren, bereitet<br />

als eine geschmückte Braut ihrem<br />

Mann.<br />

s . Und hörte ein« große S tim m e von<br />

dem S tu h l, <strong>die</strong> sprach: S ie h e da, <strong>die</strong><br />

Hütte G ottes bei den Menschen! Und<br />

E r w ird bei ihnen w ohnen, und sie<br />

werden S e in Volk sein, und E r Selbst,<br />

G ott m it ihnen, w ird ihr G ott sein;<br />

4. und G ott w ird abwischen alle Tränen<br />

von ihren Augen, und der Tod<br />

wird nicht mehr sein, noch Leid noch<br />

Geschrei noch Schmerz wird mehr<br />

sein: denn das Erste ist vergangen,<br />

ö. Und der auf dem Stuhl saß, sprach:<br />

Siehe, Ich mache alles neu! Und Er<br />

spricht zu mir: Schreibe; denn <strong>die</strong>se<br />

Worte sind wahrhaftig und gewiß!<br />

b. Und Er sprach zu mir: Es ist geschehen.<br />

Ich bin das A und das O,<br />

der Anfang und das Ende. Ich will<br />

dem Durstigen geben von dem Brunnen<br />

des lebendigen Wassers umsonst.<br />

7. w er überwindet, der wird's alles<br />

ererben, und Ich werd« sein Gott sein,<br />

und Er wird Mein Sohn sein.<br />

Offbg. r,, 7<br />

Die „neue Lreatur" in Christus ist der Anfang der Verwandlung<br />

alles Geschaffenen. Christi <strong>Gemeinde</strong> hat <strong>die</strong> selige Verheißung,<br />

daß <strong>die</strong> ganze Schöpfung heimgeholt werden wird in<br />

ihren Ursprung, „auf daß das Ende sich zum Ansang füge wie ein<br />

güldener Ring", w o <strong>die</strong> Sünden vergeben sind und darum (ja,<br />

darum!) auch der Tod und darum (ja, darum!) „Leid noch Geschrei


Woche Ses Sonntags Iubilate<br />

4Z7<br />

noch Schmerz nicht mehr" sind, ist „<strong>die</strong> Hütte Gottes bei den Menschen".<br />

Der Welterlösung folgt <strong>die</strong> Weltvollendung: Der Schauplatz<br />

unserer Rümpfe wird zum Tempel Gottes, <strong>die</strong> Stätte unserer<br />

Hrem dlingschaft zur neuen Gottesstadt, <strong>die</strong> Rrcuzgemeinde zur triumphierenden<br />

Rirche. Um <strong>die</strong>ser Aussicht willen wollen wir getrost und<br />

freudig unsere Straße ziehen; in , m it und unter jener Hoffnung<br />

ist den „neuen Kreaturen" jede Zeit „Freudenzeit".<br />

Die andere Lesung: Rönier z,<br />

—rb s


4?«<br />

Woche des Sonntags Kantate<br />

Vierter Sonntag nach Ostern / Kantate<br />

w ie der dritte, so trägt auch der vierte Sonntag der österlichen<br />

Freubenzeit einen jubelnden Namen. Kantate heißt: „Singet"!<br />

„Singet dem Herrn ein neues Lied, denn E r tut Wunder" (ps. gr, ;).<br />

Nicht <strong>die</strong> neu erwachende Natur mit all ihren köstlichen Formen und<br />

Farben, auch nicht der Mensch und alle Kreatur in ihrem wundersamen<br />

Lebensbau, sondern <strong>die</strong> Wiedergeburt und Erneuerung eines<br />

von Gott losgelösten und abgestorbenen Menschenlebens ist Gottes<br />

größtes Wunderwerk. Darum: „Gelobt sei Gott, der Vater unseres<br />

Herrn Iesu Christi, der uns nach Seiner großen Barmherzigkeit<br />

wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch <strong>die</strong> Auferstehung<br />

Iesu Christi von den Toten" (). p e tr.), s).<br />

Die christliche Kirche ist eine singende Kirche. „Auf ein neu W underwerk<br />

gehört ein neu Lied, Dank und predigt". Angefangen hat das<br />

neue Lied in den Tagen der Auferstehung Christi, als der Morgen der<br />

neuen W elt mit Hellem Lichtstrahl aufging und <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> in der<br />

Morgenfrühe singend über den Gräbern ihren Vstergottes<strong>die</strong>nst hielt.<br />

E s ist in der Geschichte der Kirche immer wieder neu erklungen, besonders<br />

seit den Tagen der Reformation. Aus der betenden Arbeit<br />

am W ort Gottes wächst der Iubelton des reformatorischen Liedes.<br />

E s spricht nicht von frommen Gefühlen, sondern verkündet Gottes<br />

große Taten. Solange <strong>die</strong> Kirche singt, glaubt sie auch, und solange<br />

sie glaubt, singt sie.<br />

Singet dem Herrn ein neues Lied, denn Er tut Wunder.<br />

s. Nun aber gehe Ich hin zu Dem, der<br />

Mich gesandt hat; und niemand unter<br />

euch fraget Mich: w o gehest Du hin?<br />

S. Sondern weil Ich solches zu euch<br />

geredet habe, ist euer Herz voll<br />

Trauerns worden.<br />

7. Aber Ich sag« euch <strong>die</strong> Wahrheit:<br />

Es ist euch gut, daß Ich hingehe.<br />

Denn so Ich nicht hingehe, so kommt<br />

der Tröster nicht zu euch; so Ich aber<br />

<strong>Das</strong> Evangelium<br />

P sa lm g§, )<br />

geh«, will Ich Ihn zu euch senden.<br />

§. Und wenn derselbe kommt, wird<br />

er <strong>die</strong> Welt strafen um <strong>die</strong> Sünde<br />

und um <strong>die</strong> Gerechtigkeit und um das<br />

Gericht:<br />

g. um <strong>die</strong> Sünde, daß sie nicht glauben<br />

an Mich;<br />

;o. um <strong>die</strong> Gerechtigkeit aber, daß Ich<br />

zum Vater geh« und ihr Mich hinfort<br />

nicht mehr sehet;


Sonntag Lantate<br />

; i. um das Gericht, daß der Fürst<br />

<strong>die</strong>ser Welt gerichtet ist.<br />

;r. Ich habe euch noch viel zu sagen;<br />

aber ihr könnet's jetzt nicht tragen.<br />

j3. wenn aber jener, der Geist der<br />

Wahrheit, kommen wird, der wird<br />

euch in all« Wahrheit leiten. Denn Er<br />

wird nicht von Sich Gelber reden;<br />

sondern was Er hören wird, das wird<br />

4lS<br />

Er reden, und was zukünftig ist, wird<br />

Er euch verkündigen.<br />

-4. Derselbe wird Mich verklären;<br />

denn von dem Meinen wird Lr's<br />

nehmen und euch verkündigen.<br />

;s. Alles, was der Vater hat, das ist<br />

Mein. Darum habe Ich gesagt: Er<br />

wird's von dem Meinen nehmen und<br />

euch verkündigen. Ioh. Ib, S— 14<br />

Jesus rüstet Seine Jünger auf Seinen Tod und auf das, was noch<br />

Seinem Tode kommen wird. E r selbst geht der Vollendung Seines<br />

Werkes entgegen. Die Jünger aber sind über Sein Weggehen so<br />

traurig, daß sie gar nicht davon sprechen mögen. Jesus tröstet sie.<br />

Der Heilige Geist wird kommen, E r ist „der Tröster". Denn Er<br />

macht, daß unsere Seele größer, reiner, tiefer, im Glauben gewisser<br />

und in der Hoffnung fröhlicher aus der Not hervorgeht. Darum sagt<br />

der Herr: „Es ist gut <strong>für</strong> euch, daß Ich hingehe. Denn wenn Ich<br />

nicht hinginge, kommt auch der Tröster nicht zu euch",<br />

w a s macht den Heiligen Geist zu einem solch vollkommenen Tröster?<br />

Unser Text antwortet: „w enn aber jener kommt, der Geist der<br />

Wahrheit, der wird euch hineinführen in <strong>die</strong> ganze Wahrheit". Erst<br />

der Heilige Geist erschließt den Jüngern den S inn der Sendung<br />

Christi. Erst wenn Pfingsten gekommen ist, wird <strong>die</strong> Offenbarung<br />

des Dreieinigen Gottes vollendet. Der Heilige Geist ist nicht mehr<br />

als Christus Selbst. E r lehrt auch nichts anderes, als was Christus<br />

gelehrt hat. E r nimmt, was E r gibt, nicht aus Seinem Eigenen,<br />

sondern aus Christi Schatzkammer, <strong>die</strong> zugleich <strong>die</strong> Schatzkammer<br />

Gottes ist. Aber der auferstandene Christus, der durch Seinen Geist<br />

der <strong>Gemeinde</strong> gegenwärtig ist, sie regiert und leitet, ist nicht mehr<br />

an <strong>die</strong> Schranken von Raum und Zeit gebunden, in <strong>die</strong> Sein Leib<br />

wie <strong>die</strong> Leiblichkeit aller Menschen eingeschlossen war, solange Er<br />

über <strong>die</strong>se Erde ging. Als der Auferstandene hat E r das Opfer Seines<br />

eigenen Lebens dargebracht. Nun ist Sein Werk vollendet, w e il Tod<br />

und Auferstehung Christi <strong>die</strong> Ärone des Heilswerkes Gottes sind,<br />

darum kann erst der Heilige Geist, d. i. der Geist des auferstandenen<br />

Christus, Seine Jünger in <strong>die</strong> ganze Wahrheit einführen.<br />

Unser Text redet also von der Herrlichkeit der Rirche, <strong>die</strong> durch den<br />

Geist aus der Höhe regiert wird, und von dem Amt, das sie in der<br />

Äraft <strong>die</strong>ses Geistes zu erfüllen hat. Sie soll <strong>die</strong> W elt zur Rechen-


4ro<br />

Woche des Sonntags Kantate<br />

schüft Ziehen wegen der Sünde, wegen der Gerechtigkeit und<br />

wegen des Gerichts, w eiß <strong>die</strong> Welt, was <strong>die</strong>se drei sind) Sie<br />

weiß es nicht! Darum muß <strong>die</strong> Kirche es ihr sagen.<br />

M as ist <strong>die</strong> Sünde) Sünde ist, „daß sie nicht an Mich glauben",<br />

w ieso) Ist nicht Sünde Übertretung der Gebote Gottes oder Ichsucht<br />

oder Gottcntfremdung) Ia , das sind einzelne Sünden oder der<br />

teilweise Ursprung der Sünde, aber nicht <strong>die</strong> Sünde. Inwiefern ist<br />

das aber d i e Sünde, nicht an Christus glauben) w e il nur durch Ih n<br />

offenbar wird, daß <strong>die</strong> W elt unter <strong>die</strong> Macht des Dösen gefallen,<br />

also eine erlösungsbedürftige W elt ist. w e r Christus nicht hört und<br />

kennt, hält <strong>die</strong> W elt nicht <strong>für</strong> so schlimm, er sieht <strong>die</strong> Sünde nicht und<br />

ist eben darum in ihr befangen. Der nimmt auch das Gericht nicht<br />

ernst, das sich auf Golgatha über alles Zleisch vollzogen hat, der weiß<br />

darum nichts von der Erlösung, <strong>die</strong> das Lreuz Christi gebracht hat.<br />

Unter der Sünde sein heißt also: Nicht glauben, daß <strong>die</strong> W elt im<br />

Argen liegt, nicht wahr haben wollen, daß Gott Christus zu ihrer<br />

Erlösung gesandt hat. <strong>Das</strong> ist das Erste, was der Geist Gottes durch<br />

den Mund der Rirche der W elt verkündigt und weswegen E r sie zur<br />

Rechenschaft zieht.<br />

w a s ist Gerechtigkeit) Der Text antwortet: „Daß Ich zum<br />

Vater gehe und ihr Mich hinfort nicht mehr seht", w i r verstehen<br />

unter Gerechtigkeit, daß ein jeder erhält, was ihm gebührt, und dem<br />

andern gibt, was er ihm schuldig ist. w e r könnte somit vor Gott<br />

bestehen) Des Christen Gerechtigkeit ist sein Glaube, der Glaube an<br />

Den, der unschuldig <strong>für</strong> ihn in den Tod, der „zum Vater" gegangen<br />

ist. <strong>Das</strong> macht uns in den Augen Gottes recht, daß w ir uns auf das<br />

verlassen, was Christus <strong>für</strong> uns getan hat. Ohne Ih n können wir<br />

nichts tun. Alle Segenskräfte der Heiligung gehen von Ihm aus.<br />

<strong>Das</strong> ist das Zweite, was <strong>die</strong> Rirche aller Gelbftgerechtigkeit und allen<br />

versuchen der Menschen, sich aus eigener Kraft zu helfen, in der Kraft<br />

des Heiligen Geistes zu verkündigen hat.<br />

w a s ist das Gericht) Der Text antwortet: „Daß der Mrst <strong>die</strong>ser<br />

W elt gerichtet ist". Nicht nur <strong>die</strong> Menschen, auch der Teufel wird<br />

gerichtet. Ia , der Teufel ist schon gerichtet, w ieso) w e il Christus<br />

ihm <strong>die</strong> geheimnisvolle Macht entrissen hat, kraft deren er über alle<br />

Menschen herrscht, w o rin besteht <strong>die</strong>se Macht) Darin, daß er sie erst<br />

versucht, um sie danach, wenn sie schuldig geworden sind, vor Gott<br />

und vor der W elt anzuklagen. Durch seine Anklage wird <strong>die</strong> Sünde


Sonntag Lantale<br />

.jeder<br />

Menschen an <strong>die</strong> w an d geworfen wie in einem Lichtbild und<br />

nun erst doppelt und dreifach schlimm. „Teufel" ist ein griechisches<br />

W ort und heißt zu deutsch „Ankläger". Aber war der Ankläger nicht<br />

auch der Verführer) E r regt doch <strong>die</strong> Menschen widereinander auf<br />

und treibt sie in einen tödlichen Zwiespalt mit sich selbst. Christus<br />

hat durch Sein unschuldiges Leiden und Sterben <strong>die</strong>se Macht des<br />

Bösen gebrochen. Er w irft <strong>die</strong> Sünde nicht an <strong>die</strong> w an d , sondern<br />

begräbt sie in der Vergebung. Laß den Teufel anklagen, so viel er<br />

will. „ w e r an Ih n glaubt, der wird nicht mehr gerichtet; wer aber<br />

nicht glaubt, der ist schon gerichtet, denn er glaubt nicht an den<br />

Namen des eingeborenen Sohnes Gottes". Sollen w ir dem Teufel<br />

noch eine Macht einräumen, <strong>die</strong> er nicht mehr hat, wo w ir doch nur<br />

zu glauben brauchen, daß Christus all unsere Sünde begraben hat)<br />

Sollten w ir nicht in <strong>die</strong>sem Glauben frei und fröhlich sein) Von<br />

<strong>die</strong>ser fröhlichen Hreihcit tzxx Linder Gottes vor der W elt Zeugnis<br />

abzulegen, ist das Dritte, das der Heilige Geist durch den Mund<br />

der Äirche tut.<br />

S o weist der Herr Seine Iünger vorausblickend hin auf das hohe<br />

Amt der Äirche, das ihnen anvertraut werden soll, wenn der Geist<br />

Gottes über sie ausgegossen wird. Sie können es jetzt noch nicht<br />

fassen. Aber um Pfingsten werden sie es erfassen, und dann werden<br />

sie verstehen, was das heißt, daß der Geist sie in alle Wahrheit leiten<br />

wird. Darum sagt E r tröstend und verheißend: „Es ist gut, daß<br />

Ich hingehe".<br />

-ö. Irret nicht, lieb« Bruder.<br />

-7. Alle gut« Gabe und alle vollkommene<br />

Gab« kommt von oben herab,<br />

von dem Vater des Lichts, bei<br />

welchem ist keine Veränderung noch<br />

Wechsel des Lichts und der Finsternis.<br />

;r. Er hat uns gezeuget nach Seinem<br />

Willen durch das W ort der Wahrheit,<br />

auf daß wir wären Erstlinge<br />

Seiner Lreaturen.<br />

Die Epistel<br />

za. Darum, lieb« Brüder, ein jeglicher<br />

Mensch sei schnell, zu hören, langsam<br />

aber, zu reden, und langsam zum Zorn.<br />

ro. Denn des Menschen Zorn tut nicht,<br />

was vor Gott recht ist.<br />

rz. Darum so leget ab alle Unsauberkcit<br />

und alle Bosheit und nehmet das<br />

W ort an mit Sanftmut, das in euch<br />

gepflanzet ist, welches kann eure Seelen<br />

selig machen. Iak. -, -ö—r;<br />

Veränderung, Wechsel und Verfinsterung, das sind <strong>die</strong> Zeichen, unter<br />

denen der Weltlauf steht. Darum ist nichts in ihm von Dauer, nichts<br />

behält in ihm <strong>für</strong> immer seinen Glanz. Darum sind auch alle Gaben


4rr<br />

Woche des Sonntags Lantat«<br />

und Geschenke, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se W elt austeilt, unvollkommen und zweideutig<br />

in ihrem W ert. w ie oft und wie gern täuschen w ir uns darüber!<br />

Nur was von Gott kommt, ist ewig und behält seinen Glanz. Die<br />

etwas von <strong>die</strong>sen Geschenken und Gaben erhalten haben, denen merkt<br />

man es auch an. Stetigkeit, Ruhe und Llarheit sind <strong>die</strong> Kennzeichen<br />

ihres Wesens. Denn daran wird offenbar, daß sie mit der Ewigkeit<br />

Verbindung Haben, <strong>die</strong> unwandelbar ist, wie Gott selbst unwandelbar<br />

ist. S o stellen sie <strong>die</strong> Erstlinge der neuen Schöpfung dar, <strong>die</strong> im auferstandenen<br />

Christus ihren Anfang genommen hat.<br />

Der Apostel spricht davon, worin sich unsere menschliche Unruhe<br />

und Unstetigkeit am schnellsten kundgibt. E s wird gesprochen; aber<br />

man versteht nicht zu hören, dann am wenigsten, wenn Gott Selber<br />

redet. Man sollte schweigen, aber man muß reden. M an sollte Geduld<br />

haben, aber Zorn und Entrüstung flammen auf und richten<br />

Unheil an. Alle Unsauberkeit und Bosheit, <strong>die</strong> in uns sind, kommen<br />

dabei ans Tageslicht. Da zeigt sich dann, daß w ir doch nicht so,<br />

wie w ir sollten, mit der Ewigkeit verbunden sind. Darum ist <strong>die</strong><br />

Mahnung angebracht, das W ort Gottes in Sanftm ut zu hören und<br />

aufzunehmen.<br />

<strong>Das</strong> Lied der Woche<br />

Nun freut euch, lieben Christen gmein<br />

Diese erste Stimme deutschen Lirchengesanges ging wie ein starker<br />

Frühlingswind durch <strong>die</strong> deutschen Lande. Hier spürt es der Christ,<br />

daß es um seine eigenste Sache geht. Diese innere Not ist seine und der<br />

ganzen W elt Not; der angekündigte Trost seine und der Menschheit<br />

Sehnsucht. Niemandem anders, als dem großen Reformator selber,<br />

war es gegeben, das so klar, so kindlich auszusprechen.<br />

Schon in Strophe ) wird es deutlich, daß hier Luther nicht allein<br />

redet, nicht der einzelne Christ, sondern <strong>die</strong> „Lhristengmein" „all in<br />

ein", und daß hier eine Borschaft erklingt, <strong>die</strong> jedem das Entscheidende<br />

seines Lebens verkündet. Der ganzen Christenheit wird <strong>die</strong> gleiche<br />

Freude und Glaubensklarheit zugetraut. Dem entsprechen auch <strong>die</strong><br />

Überschriften, <strong>die</strong> <strong>die</strong>sem Liede in den Gesangbüchern der Reformationszeit<br />

beigelegt sind. „Ein Lied von dem ganzen christlichen Leben",<br />

„Ein fein geistlich Lied, wie der Sünder zur Gnade kommt", „Ein<br />

Danklied <strong>für</strong> <strong>die</strong> höchsten w ohltaten, so uns Gott in Christo ge­


Gottl o den, das ist unser Amt<br />

42S<br />

zeigt hat". E s geht alle an, und es geht um alles, nicht bloß um ein<br />

bedeutsames persönliches Zeugnis Luthers, sondern um das entscheidende<br />

Grunderlebnis jedes Christen. Strophe r und s bereiten es<br />

vor, in Strophe 4—ö wird uns in Form eines Zwiegespräches Gottes<br />

mit Seinem Sohn <strong>die</strong> Heilstat und der Heilsrat vor Augen gestellt.<br />

I n Strophe 7— zo geht das Lied über in ein Zwiegespräch zwischen<br />

Christus und der Menschenseele. Sie wird unmittelbar angesprochen<br />

und erhält den missionarischen Auftrag, das Werk Christi auszubreiten.<br />

„Zur Letze", d. h. zum Abschied, gibt der Schluß der<br />

-0. Strophe den grundsätzlichen Hinweis, daß Gottes W ort in<br />

Christus, auch wo es menschlicher Vernunft nicht entspricht, dennoch<br />

höchste Weisheit ist. Die Melo<strong>die</strong>, eine alte Vsterweise, ist so echt<br />

und in ihrem Gang so klar, wie es das schlichte Bekenntnis des G läubigen<br />

von der Gnade Gottes immer ist, wo lebendige Erfahrung<br />

redet.<br />

<strong>Das</strong> Gebet der Woche<br />

Lieber Herr Gott, der Du <strong>die</strong> Herzen Deiner Gläubigen mit<br />

einerlei Sinn erfüllest, verleih Deinem Volke, daß es mit 8reuden<br />

Deinen willen tue, Dir von ganzem Herzen lobsinge in Psalmen<br />

und Liedern, und in aller Unruhe <strong>die</strong>ser vergänglichen Zeit<br />

dort geborgen sei, wo <strong>die</strong> wahren Freuden sind, durch unsern<br />

Herrn Jesum Christum, der mit Dir und dem Heiligen Geiste<br />

lebet und regieret, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.<br />

-I-<br />

Gott loben, das ist unser Amt<br />

„Der Glaube ruher und feiert nicht, er fähret heraus, redet und prediget, ja,<br />

vor großer Freude sähet er an, dichtet schöne, süße Psalmen, singet liebliche,<br />

lustige Lieder, damit zugleich Gott fröhlich zu loben und zu danken, und auch<br />

<strong>die</strong> Menschen nützlich zu reizen und zu lehren." So schreibt O. Martin Luther.<br />

Er hat dem Gesang in Äirche und Haus den w eg gebahnt. Sein« Zeitgenossen<br />

nannten ihn <strong>die</strong> „wittenbergisch Nachtigall". Seine Lieder flogen von Mund<br />

zu Mund. Nach dem Zeugnis seiner Gegner sind mehr Seelen durch das<br />

Lied als durch <strong>die</strong> predigt des Reformators dem Evangelium gewonnen.<br />

Es war ein „neues" Lied, das der Reformator anstimmte, neu nicht deswegen,<br />

76 <strong>Das</strong> '<strong>Kirchenbuch</strong>


4^4<br />

Mochc des Sonntags Lantat«<br />

nxil «s neue Dichtungen und neue Weisen und eine neue Art des Singen«<br />

in der Muttersprache brachte, sondern neu deswegen, weil es <strong>die</strong> neu erfahren«<br />

Güte Gottes pries, weil es aus einer neuen Lebenshaltung heraus<br />

gesungen wurde, nachdem das Herz des Sängers durch Gottes Gnade neu<br />

geworden war.<br />

Des frommen Liedes »Quell ist <strong>die</strong> Heilig« Schrift. Wer möchte den Segen<br />

ausmessen, der von der großen biblischen Volksdichtung des Psalters<br />

über <strong>die</strong> ganz« Welt gegangen ist und täglich und stündlich geht! Hier singt<br />

nicht «in einzelnes Volk, hier singt <strong>die</strong> große <strong>Gemeinde</strong> Gottes, Seine heilige<br />

Lirche. Hier singen in der Verbundenheit durch Gottes W ort alle <strong>die</strong> Ungezählten<br />

und Unzählbaren, <strong>die</strong> nicht ruhten, bis sie Ruhe und Freude in Ihm,<br />

dem Weltheiland Jesus Christus, gefunden hatten, und <strong>die</strong> nun ihres Glaubens<br />

sich freuen und von ihm kündigen müssen, w er <strong>die</strong> beiden ersten -Kapitel<br />

des Lukas-Lvangeliuma liest, der findet dort in den drei großen Hymnen gleichsam<br />

<strong>die</strong> ersten Advents-, Weihnacht«- und Lpiphaniaslieder, <strong>die</strong> von Menschen<br />

gesungen sind. Über <strong>die</strong>sen Liedern aber klingt mit einer Gewalt, <strong>die</strong> alle<br />

Schönheit Himmels und der Erde in sich zusammenfaßt, aus heiliger Liturgie<br />

vom Throne Gottes her der Gesang der Himmlischen Heerscharen<br />

Ehre sei Gott in der Höhe<br />

und Fried« auf Erden<br />

und den Menschen ein W ohlgefallen!<br />

Lukas 2, Z4.<br />

So hat Gott Selber durch Sein W ort Seine Lirche zum Singen aufgerufen.<br />

Wer da nicht mitsingen mag, ist kein Lind Gottes. Unser Herr Jesus<br />

sang mit den Seinen in schwerer Stunde <strong>die</strong> Lobgesänge Seines Volkes<br />

(Matth. 2v, 30). <strong>Das</strong> war ein Singen andächtigen Sprechens und ein<br />

Sprechen im Lobpreis der Güte Gottes. Wo immer eine christliche <strong>Gemeinde</strong><br />

erstand, vom Heiligen Geist berufen, gesammelt und erleuchtet, da hat sie gesungen<br />

zur Ehre Gottes und ihrer Erbauung, selbst im Dunkel der Latakomben<br />

Roms. Der Apostel Paulus hat als ei» Lennzeichen echter Frömmigkeit<br />

herausgestellt:<br />

Lasset das W ort Christi unter euch reichlich wohnen in aller Weisheit;<br />

lehret und vermahnet euch selbst<br />

m it Psalm en und Lobgesängen und geistlichen lieblichen Liedern<br />

und singet dem Herrn in eurem Herzen.<br />

Lolosser 3, >v.<br />

So wuchs uns wurde das Lirchenlied, ein Echo des Wortes Gottes in der<br />

<strong>Gemeinde</strong>. Soweit <strong>die</strong> Musik der Lirche nichts anderes ist und sein will,<br />

als <strong>die</strong> gehorsam« Antwort auf Gottes erweckendes W ort und seine Weitergabe<br />

an <strong>die</strong> Brüder, ist sie musics sscrs, heilige Musik.


<strong>Das</strong> Lie» der Lirche<br />

42k<br />

Deswegen ist jedes Singen im Gottes<strong>die</strong>nste Verkündigung des Christenglaubens<br />

durch <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> an <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong>, der Alten an <strong>die</strong> Jungen,<br />

der Jungen an <strong>die</strong> Alten, einer Generation an <strong>die</strong> andere. <strong>Das</strong> gilt im vollen<br />

Umfang auch <strong>für</strong> den Chor. Ein Chor, der seine eigene Ehre suchte, hätte<br />

keinen Platz im Gotteshausc. Dem Chor fällt <strong>die</strong> zwiefache Aufgabe zu: Er<br />

ist Liturg und Prediger. Als Liturg führt er zusammen mit dem Pastor <strong>die</strong><br />

betende <strong>Gemeinde</strong>. Zugleich ist er der vcrkünder der Botschaft Gottes. Mit<br />

seinen Zungen darf auch er den unerschöpflichen Reichtum des Evangeliums<br />

künden und deuten helfen. In der Lirche stellt sich alle Lunst unter Gottes<br />

Wort und Auftrag. w o Menschen meinen würden, mit ihren Gaben und<br />

Lräftcn dem Gottes<strong>die</strong>nst erst seine eigentliche Schönheit zu geben, da würden<br />

sie Gottes Ehre antasten. Gott allein ist es, der da alles in allem wirkt.<br />

Er streut Sein Wort in <strong>die</strong> Herzen derer, <strong>die</strong> da singen und sagen. Er gibt<br />

Selber <strong>die</strong> Schönheit der Töne und formen. So erschließt der evangelische<br />

Gottes<strong>die</strong>nst in seiner liturgischen Verkündigung zugleich eine Fülle geheiligter<br />

Freud«, <strong>die</strong> denen „zufällt", <strong>die</strong> am erste» nach dem Reiche Gottes und<br />

nach seiner Gerechtigkeit trachten. Deshalb ist auch <strong>die</strong> Losung allen kirchlichen<br />

Singens und Spielens:<br />

8 oli Oeo Oloria!<br />

Gott allein <strong>die</strong> Ehre!<br />

-I- ,<br />

D a s Lied der Lirche<br />

Die christlich« Lirche ist eine singende Lirche. Ihr Gesang ist Ausdruck gläubigen<br />

Lobpreises, gläubigen Dankes und gläubiger Bitte. Es ist also ein<br />

Glaubenszeugnis und «in Bekenntnis gegenüber einer Welt, <strong>die</strong> entweder<br />

in ihrem Gesang nur sich selbst hören will, oder <strong>die</strong> nicht mehr singen kann,<br />

weil sie in Sorge und Mißglauben verkümmert, oder <strong>die</strong> tändelnd trillert, weil<br />

sie oberflächlich bleiben und dem Ernst der göttlichen Führung aus dem Wege<br />

gehen will, wenn sie nicht gar das Lied dem Satan ausliefert, daß es alle<br />

niederen Triebe ini Menschen wecke. <strong>Das</strong> christliche Lied ist Lampflied gegen<br />

solch niedere Mächte der Sorg« und Sünde. Die Waffen, <strong>die</strong> in ihm blinken,<br />

sind das klare, leuchtende Evangelium, ^o ist das christliche Lied zugleich Gebet<br />

und Verkündigung: Es ruft Christus als unsere» Herrn an und ruft Christus<br />

als unseren Herrn aus!<br />

Deshalb hat das Lied gerade in schwerste» kirchlichen Zeiten seine stärkste<br />

Rraft entfaltet. Christen, <strong>die</strong> der Verfolgung im alten Rom zum «Opfer fielen,<br />

erwarteten singend den Todesstoß des gedungenen Mörders oder den Ansturm<br />

beutegieriger Bestien. Der stürmische Siegeslauf der deutschen Reformation war<br />

im starken Maß« der Schlagkraft des rcformatorischen Liedes zu danken. Die


4rd<br />

Woche des Sonntags Ran täte<br />

Gegner wiederum brachten überall dort, wo sie durchdrängen, auch das Singen<br />

zum Schweigen, sie machten <strong>die</strong> Menschen mundtot. Die Bibel konnte im<br />

Geheime» gelesen werden, aber Singen ist stets lautes und darum öffentliches<br />

Bekenntnis. Die Hugenotten, <strong>die</strong> viel zu nächtlichen Gottes<strong>die</strong>nsten in heimliche<br />

Schluchten des Gebirges schlichen, sangen — leise, andeutend, und doch<br />

war es, als schickten sie ihr Bekenntnis, an den «Ohren der versteckten Häscher<br />

vorbei, in den freien weltenraum hinein, bis vor den Thron Gottes und zu<br />

den Herzen der fernen Glaubensverwandten in anderen Landen. «Oder sie<br />

sangen laut, zumeist ihre tapfer gläubigen Psalmen, wenn sie von den Hängen<br />

ihres Waldgebirges herunterstürzten auf <strong>die</strong> Soldateska eines widerchriftlichen<br />

Bönigs und Landesherr«, der sie mit 8euer und Schwert auszurotten<br />

suchte.<br />

„Gott steht nur auf, der 8«ind entweicht<br />

und Seine Hasser vor Ihm flieh'n",<br />

so sangen sie in ihren Schlachten. Ia, auf dem Scheiterhaufen haben sie gesungen,<br />

ganz laut, bis ihnen der Rauch <strong>die</strong> Stimme erstickte. Als man den<br />

treuen Salzburger Dekennern <strong>die</strong> 8rage stellte, was sie lassen wollten, Glauben<br />

oder Heimat, da trennten sich viele blutenden Herzens von Haus und Hof<br />

und stimmten an Bord des Auswandererschiffes tränenvoll, aber voll trutzigen<br />

Glaubens an ihren Heiland, «in:<br />

Nehmen sie den Leib,<br />

Gut, Ehr', Lind und Weib,<br />

Laß fahren dahin,<br />

Sie haben'« kein' Gewinn.<br />

<strong>Das</strong> Reich muß uns doch bleiben!<br />

So ist es geblieben und so hat es sich wiederholt in den blutigen Verfolgungen<br />

baltischer Christen in neuester Zeit. von der strahlenden Lraft und stählernen<br />

Härte haben unsere Gesangbücher mehr aufbewahrt, als in den <strong>Gemeinde</strong>n<br />

selbst lebendig geblieben ist. Aber immer helfen Notzeiten, das wertvolle<br />

wieder zu sehen und <strong>die</strong> echten Lieder zu entdecken. Luther als ihr Dichter und<br />

Sänger zugleich steht an vorderster Stelle. Sein tvstcrlied „Christ lag in<br />

Todesbanden" können wir nur mit tiefstem verwundern singen, w a s hat<br />

<strong>die</strong>ser Mann an Lühnheiten und gedanklichen Härten gewagt!<br />

Es war ein wunderlich Lrieg,<br />

da Tod tind Leben rungen,<br />

das Leben behielt den Sieg,<br />

es hat den Tod verschlungen.<br />

Die Schrift hat verkündet das,<br />

wie «in Tod den andern fraß.<br />

Ein Spott aus dem Tod ist worden.<br />

Hallelusa!


D as Lied der Lirche 427<br />

„<strong>Das</strong> Leben hat den Tod verschlungen", „ein Tod frag den andern", solche<br />

Lühnheiten hat es wahrlich selbst in den größten Blütezeiten kirchlicher Verkündigung<br />

und den schwersten Notzeiten kirchlichen Lampfes nicht gegeben, und<br />

seit Luther auch nicht wieder! Derselbe Luther verfügt über <strong>die</strong> größte Zartheit,<br />

er dichtet perlen edelster deutscher Lyrik, wie z. D. in seinen Weihnachtsliedern:<br />

Den aller Welt Lreis nie beschloß,<br />

der liegt in Marien Schoß;<br />

Er ist ein Lindlein worden klein,<br />

Der alle Ding erhält allein.<br />

Lyrieleis.<br />

<strong>Das</strong> ewig' Licht geht da herein,<br />

gibt der Welt ein' neuen Schein;<br />

es leucht' wohl mitten in der Nacht<br />

und uns des Lichtes Linder macht.<br />

Lyricleis.<br />

Oder er sammelt <strong>die</strong> Linder um <strong>die</strong> Lrippe des Lhristkindleins und läßt das<br />

jüngste <strong>die</strong> Worte sprechen:<br />

Ach, mein herzliebes Jesulcin,<br />

mach Dir ein rein sanft Bettelei«,<br />

zu ruhn in meines Herzens Schrein,<br />

Daß ich nimmer vergesse Dein.<br />

Die dichterisch« Zartheit hat sich länger erhalten als <strong>die</strong> stählerne Äraft. Hundert<br />

Jahre nach Luthers Tod erklingt es:<br />

Nehmt weg das Stroh, nehmt weg das Heu,<br />

ich will mir Blumen holen,<br />

daß meines Heilands Lager sei<br />

auf lieblichen Violen;<br />

mit Rose», Nelken, Rosmarin<br />

aus schönen Gärten will ich Ihn<br />

von oben her bestreuen.<br />

Und wieder hundert Jahre später:<br />

wieder aufzublühn werd' ich gesät.<br />

Der Herr der Lrntc geht<br />

und sammelt Garben<br />

uns ein,<br />

uns ein, <strong>die</strong> starben.<br />

Halleluja!<br />

Und abermals nach hundert Jahren) Ls regt sich allenthalben, das neue sied<br />

der Lirche will wachsen. Religiös« Lyrik, fromme Lieder der einzelnen Seele


4rr<br />

Woche des Sonntags Rankste<br />

haben wir immer gehabt. Jetzt werden uns Lieder geschenkt, <strong>die</strong> nichts anderes<br />

> wollen, als Ausdruck bekenntmstreuer (gemeinde zu sein. Gb sie Eingang<br />

finden werden in den Gebrauch der Lirche, das steht dahin, viel hängt in jedem<br />

Fall« davon ab, ob sich <strong>die</strong> rechte weise zum rechten Text findet. Aber<br />

daß es auf dem alten Acker der Lirche, der in zg Jahrhunderten so unendlich<br />

viel getragen hat, zu solch neuem und reichem Sprießen kommt, das sehen<br />

«ür mit staunender Freude und demütigen. Dank gegen Gott.<br />

Entscheidend bleibt, daß <strong>die</strong> neue» Lieder auf demselben Boden wachsen! Nachahmung<br />

alter bewährter Formen in musikalischer, Übernahme von Wendungen<br />

und altertümlichen Ausdrücken in sprachlicher Hinsicht bieten keine Gewähr der<br />

Echtheit; denn Formen und Ausdruck wandeln sich mit den Zeiten. Nur was<br />

wirklich „zeitecht" ist, wird auch von den kommenden Jahrhunderten als echt<br />

und <strong>für</strong> sie gültig empfunden. Oie besten Lieder des td. Jahrhunderts sind<br />

auch <strong>für</strong> uns noch echt, obwohl keiner von uns heute so dichten dürfte. Aber<br />

aus den Formen drängt <strong>die</strong> Lraft unverkennbar heraus, <strong>die</strong> sie geschaffen hat.<br />

Und <strong>die</strong> ist <strong>die</strong>selbe heute wie vor 400, wie vor jgoo Jahren: Gottes Geist,<br />

der vom Vater und vom Sohne ausgeht und in Seine auserwählten Werkzeuge<br />

eingeht! Daß wir <strong>die</strong>sen Geist nicht mit irgendeinem Mcnschengeifte verwechseln<br />

und vertauschen, und wäre es der höchste oder tiefste, darauf kommt<br />

gerade in Zeiten chaotischen Ringens lind neuen Werdens alles an. Haben wir<br />

solche Gabe der Unterscheidung) Und wenn wir sie haben, haben wir sie nicht<br />

allzulange verkümmern lassen, daß wir nun unsicher und schwankend geworden<br />

d sind) Auch darin liegt der Segen des regelmäßigen Gebrauchs der wochenkteder.<br />

Der Geist, der sie hervorbrachte und der lebendig aus ihnen spricht, wird<br />

auch uns gewisser, ja gewiß machen. Mit solcher Gewißheit verbindet sich <strong>die</strong><br />

zuversichtliche, begründete Hoffnung, daß <strong>die</strong> Zeit kommt, da Gott Dichter<br />

und Zeugen auch aus unseren Reihen erstehen läßt, lebendige Zeugen da<strong>für</strong>,<br />

daß Gottes lebenschaffender Geist weht! Schon zieht ein frischer Frühlingswind<br />

durch <strong>die</strong> Äirchenmusik; er schenkt uns zugleich <strong>die</strong> Zuversicht, daß<br />

wiederum klar und hell in Lirche und Haus das „neue" Lied erklinge!<br />

-1-<br />

L N o n ta g n a c h K a n t a t e<br />

r. Denn ihr wäret weiland Finsternis;<br />

nun aber seid ihr ein Licht in dem<br />

Herrn.<br />

g. Wandelt wie <strong>die</strong> Linder des Lichts<br />

— <strong>die</strong> Frucht des Geistes ist allerlei<br />

Gütigkeit und Gerechtigkeit und<br />

Wahrheit-'^-,. - .... .. ..........<br />

;o. und prüfet, was da sei wohlgefällig<br />

dem Herrn.<br />

l >. Und habt nicht Gemeinschaft mit<br />

den unfruchtbaren Werken der Finsternis,<br />

strafet sie aber vielmehr.<br />

-r. Denn was heimlich von ihnen geschieht<br />

das ist auch zu sagen schänd lieh


Woche des Sonntags Ran täte<br />

zz. <strong>Das</strong> alles aber wird offenbar, 14. Darum heißt es: „wache auf, der<br />

wenn's vom Licht gestrafet wird; du schlafest, und stehe auf von den<br />

denn alles, was offenbar wird, das Toten, so wird dich Christus erist<br />

Licht. leuchten." Eph. 5, S—-4<br />

Die christliche Äirche hat iin )4- Verse seit alters <strong>die</strong> Überlieferung<br />

eines Morgenliedes der ersten <strong>Gemeinde</strong> gesehen. Menschen, <strong>die</strong> von<br />

dem Herrn Christus angesprochen und von Seinem lebcnschaffenden<br />

und lichtwirkendcn W ort getroffen worden sind, sind nicht mehr<br />

in der „Finsternis", sondern in Seinen Tag versetzt, „ein Licht<br />

in dem Herrn". <strong>Das</strong> Wesen des Lichtes aber ist, zu leuchten. Hier<br />

hat alles Singen der Iünger Iesu seinen tiefsten Grund. „Der Glaube<br />

ruht und feiert nicht, er fährt heraus, redet und predigt, ja vor großer<br />

Hrcude sähet er an, dichtet schöne, süße Psalmen, singet lustige, liebliche<br />

Lieder, damit zugleich Gott fröhlich zu loben und zu danken<br />

und auch <strong>die</strong> Menschen nützlich zu reizen und zu lehren". Aber unsere<br />

Lieder wollen gelebt werden. S o wir durch Gottes Gnade Lichter<br />

sind in dem Herrn, lasset uns „wandeln wie <strong>die</strong> Rinder des Lichts"!<br />

Lob Gottes und „Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der<br />

Finsternis" — das geht nicht zusammen.<br />

Die andere Lesung: I. Timokheus z, itz<br />

- s r g<br />

D ien stag nach Kantate<br />

öd. Viele nun Seiner Iünger, <strong>die</strong> das<br />

höreten, sprachen: <strong>Das</strong> ist eine harte<br />

Rede, wer kann sie hören?<br />

d >. Da Iesus aber bei Sich Selbst<br />

merkt«, daß Seine Jünger darüber<br />

murret«», sprach Er zu ihnen: Ärgert<br />

euch das?<br />

Sr. wie, wenn ihr denn sehen werdet<br />

des Menschen Sohn auffahren dahin,<br />

da Lr zuvor war?<br />

öz. Der Geist ist's, der da lebendig<br />

macht; das Fleisch ist nichts nütz«. Die<br />

Worte, <strong>die</strong> Ich rede, <strong>die</strong> sind Geist<br />

und sind Leben.<br />

64. Aber es sind etliche unter euch, <strong>die</strong><br />

glaube» nicht. (Denn Iesus wußte<br />

von Anfand wohl, welch« nicht glaubend<br />

waren und welcher ihn verraten<br />

würde.)<br />

bs. Und Er sprach: Darum hab' ich<br />

euch gesaget: Niemand kann zu Mir<br />

kommen, es sei ihm denn von Meinem<br />

Vater gegeben,<br />

öö. Von dem an gingen Seiner Iüngcr<br />

viel hinter sich und wandelten hinfort<br />

nicht mehr mit Ihm.<br />

07. Da sprach Iesus zu den Zwölfen:<br />

wollt ihr auch weggehen?<br />

ös. Da antwortet« ihm Simon Petrus:<br />

Herr, wohin sollen wir gehen?<br />

Du hast Worte des ewigen Lebens;<br />

dg. und wir haben geglaubet und erkannt,<br />

daß Du bist Christus, der Sohn<br />

des lebendigen Gottes.<br />

Ioh. S, öo—ög


4»o<br />

Woche des Sonntags Äantate<br />

Nachdem der Herr Christus Seinen Jüngern <strong>die</strong> Bedeutung Seiner<br />

Sendung <strong>für</strong> alle W elt mit den W orten: „Ich bin das Brot des<br />

Lebens" geoffenbart hatte, stellte E r sie in <strong>die</strong> Entscheidung: „ w o llt<br />

ihr auch weggehen?" B is auf den heutigen Tag geht <strong>die</strong> Entscheidung<br />

<strong>für</strong> oder gegen Christus vor sich, und bis zur<br />

Stunde gehen Seiner Iünger viele hinter sich und wandeln hinfort<br />

nicht mehr mit Ihm . Aber wo man erkannt hat, daß <strong>die</strong> Worte,<br />

<strong>die</strong> E r redete und bis heute redet, „sind Geist und sind Lebens<br />

wird man bekennen, was Petrus im Namen der Zwölfe geantwortet<br />

hat. Der Glaube an den, der allein „W orte des Lebens" hat <strong>für</strong><br />

<strong>die</strong> todgebundene Lreatur, ist ja der einzige Ausweg, der uns übrigbleibt,<br />

wo wir nur recht erkannt haben, wie wir Menschen daran sind<br />

auf Erden. Der „Glaube, daß Du bist Christus, der Sohn des lebendigen<br />

Gottes", ist der einzige Standort, auf dem wir wirklich<br />

stehen können in dem Trommelfeuer, das Sünde, Tod und Teufel<br />

täglich auf unsere Stellung legen. „Ich glaube, lieber Herr, hilf<br />

meinem Unglauben!"<br />

Die andere Lesung: Avostelgeschichte zö, ;d—rs<br />

Mittwoch nach Lantate<br />

Lasset das Wort Christi unter euch<br />

reichlich wohnen in aller Weisheit;<br />

lehret und vermahnet euch selbst mit<br />

Psalmen und Lobgesängen und geistlichen<br />

lieblichen Liedern, und singet<br />

dem Herrn in euren Herzen.<br />

-7. Und alles, was ihr tut mit Worten<br />

oder mit Werken, das tut alles<br />

in dem Namen des Herrn Iesu, und<br />

danket Gott und dem Vater durch<br />

Ihn.<br />

ir. Ihr Weiber, seid Untertan euren<br />

Männern in dem Herrn, wie sich's<br />

gebührt.<br />

zg. Ihr Männer, liebet eure Weiber<br />

und seid nicht bitter gegen sie.<br />

ro. Ihr Linder, seid gehorsam den Eltern<br />

in allen Dingen; denn das ist dem<br />

Herrn gefällig.<br />

r>. Ihr Vätcr, erbittert eure Linder<br />

nicht, auf daß sie nicht scheu werden.<br />

rr. Ihr Lnechle, seid gehorsam in<br />

allen Dingen euren leiblichen Herrn,<br />

nicht mit Dienst vor Augen, als den<br />

Menschen zu gefallen, sondern mit<br />

Einfältigkeit des Herzens und mit<br />

Gottesfurcht.<br />

rs. Alles, was ihr tut, das tut von<br />

Herzen als dem Herrn und nicht den<br />

Menschen,<br />

L4. und wisset, daß ihr von dem<br />

Herrn empfahen werdet <strong>die</strong> Vergeltung<br />

des Erbes; denn ihr <strong>die</strong>net dem<br />

Herrn Christo. Lol. s, zb—r,4<br />

„Singet dem Herrn in eurem Herzen" — das geht nicht, ohne daß<br />

nicht der ganze Mensch mit Leib, Seele und Geist daran<br />

beteiligt und davon berührt würde. S o wie eine Bewegung unserer


Woche des Sonntags Lan täte 42-<br />

Hände ganz von selbst unsere W orte begleitet und unterstreicht, so<br />

sollen unsere Werke gleichsam <strong>die</strong> zweite Stimme unseres Liedes sein.<br />

Und insofern das Singen von den Sängern Ein- und Unterordnug<br />

verlangt, wird <strong>die</strong> singende <strong>Gemeinde</strong> zum Abbild der Gemeinschaft<br />

der Lirche überhaupt, w o man mit einem Munde Gottes Lob verkündet,<br />

ist alle Vereinzelung und Absonderung, alle Überheblichkeit<br />

und Anmaßung vorbei. S o ist das neue Lied der <strong>Gemeinde</strong> mit <strong>die</strong>sen<br />

Ermahnungen an <strong>die</strong> Hausgenossen innerlich und unlöslich<br />

verbunden. D a s Gesangbuch und <strong>die</strong> Haustafel, <strong>die</strong> Liturgie<br />

und <strong>die</strong> «Ordnung des alltäglichen Lebens, das<br />

Lob Gottes und <strong>die</strong> Liebe zu den Nächsten gehören zusammen.<br />

Dann wird auch sichtbar, daß unser Singen nicht nur ein<br />

Schmuck unserer Gottes<strong>die</strong>nste, sondern eine Verkündigung Dessen<br />

ist, der mitten in unserem Alltag an den Männern und Frauen, Rindern<br />

und Hausgenossen Seine Wunder wirken will und bis zur<br />

Stunde wirkt.<br />

Die andere Lesung: Lukas ;g, rg—-40<br />

rr. Und Jesus ging zum Tempel<br />

Gottes hinein und trieb heraus alle<br />

Verkäufer und Läufer im Tempel und<br />

stieß um der Wechsler Tische und <strong>die</strong><br />

Stühle der Taubenkrämer<br />

-s. und sprach zu ihnen: Es stehet geschrieben:<br />

„Mein Haus soll ein Bethaus<br />

heißen"; ihr aber habt eine Mördergrube<br />

daraus gemacht.<br />

-4. Und es gingen zu Ihm Blind«<br />

und Lahme im Tempel, und Er heilete<br />

sie.<br />

-s. Da aber <strong>die</strong> Hohenpriester und<br />

D onnerstag nach Kantate<br />

Schriftgelehrten sahen <strong>die</strong> Wunder<br />

<strong>die</strong> Er tat, und <strong>die</strong> Linder, <strong>die</strong> im<br />

Tempel schreie» und sagen: Hosianna<br />

dem Sohn Davids! wurden sie entrüstet<br />

ch. und sprachen zu Ihm: Hörest Du<br />

auch, was <strong>die</strong>se sagen) Jesus sprach zu<br />

ihnen: Ja! Habt ihr nie gelesen: „Aus<br />

dem Mund« der Unmündigen und<br />

Säuglinge hast du Lob zugerichtet")<br />

-7. Und Er ließ sie da und ging zur<br />

Stadt hinaus gen Bethanicn und b'ieb<br />

daselbst. Match, r-, -r—-7<br />

Der Herr muß den Tempel Gottes reinigen, weil Männer in Amt<br />

und w ürden aus dem Bethaus eine „Mördergrube" gemacht haben.<br />

S ie haben ja nichts begriffen von dem, w as Iesus wollte; sie verstecken<br />

sich vor Seinem Evangelium unter ihre eigene Religion und<br />

Weltanschauung. D a s Evangelium bringt Heilung <strong>für</strong><br />

<strong>die</strong> blinde und lahme Kreatur (-4). Der Heiland neigt Sich<br />

über <strong>die</strong> Schwachheit, und der Kleinheit erbarmt E r Sich. „Sehet


452<br />

Woche des Sonntags Kantate<br />

an, liebe Bruder, eure Berufung: Nickt viel weise nach dem Heisch,<br />

nicht viel Gewaltige, nicht viel Edle sind berufen" — aber: „Lasset<br />

<strong>die</strong> Rind lein zu M ir kommen und wehret iknen nicht, denn solcher<br />

ist das Reich Gottes". Ein Lind nimmt ernst, was man ihm sagt,<br />

und es nimmt an, was man ihm schenkt, w a s Wunder, daß <strong>die</strong><br />

beschenkte Rleinheit und Unwürdigkeit jubelt und jauchzt. Sie hat<br />

in Iesus Gott geschaut und den Messias erkannt. „S o ihr nicht<br />

werdet wie <strong>die</strong> Rinder". I h r Lob bereitet dem Herrn den w eg .<br />

Die andere Lesung: 2. Mosc 14, 10—14. 24—5 >; is, 1—5<br />

-4. Der Geist aber des Herrn wich<br />

von Saul, und ein böser Geist vom<br />

Herrn macht« ihn sehr unruhig.<br />

15. Da sprachen <strong>die</strong> Knechte Sauls zu<br />

ihm: Sich«, «in böser Geist von Gott<br />

macht dich sehr unruhig;<br />

1b. unser Herr sage seinen Knechten,<br />

<strong>die</strong> vor ihm stehen, daß sie «inen<br />

Mann suchen, der auf der Harfe wohl<br />

spie!«» könn«, auf daß, wen» der böse<br />

Geist Gottes über dich kommt, er mit<br />

seiner Hand spiele, daß es besser mit<br />

dir werd«.<br />

17. Da sprach Saul zu seinen Knechten:<br />

Sehet nach einem Mann, der des<br />

Saitenspiels kundig ist, und bringet<br />

ihn zu mir.<br />

-8. Darauf antwortet« der Jünglinge<br />

einer und sprach: Siehe, ich habe gesehen<br />

«inen Sohn Isais, des Bethlehemiten,<br />

der ist des Saitenspiels kundig;<br />

ein rüstiger Mann und streitbar<br />

und verständig in seinen Reden und<br />

schön, und der Herr ist mit ihm.<br />

Freitag nach Rantatc<br />

sg. Da sandte Saul Boten zu Isai<br />

und ließ ihm sagen: Sende deine»<br />

Sohn David zu mir, der bei den<br />

Schafen ist.<br />

ro. Da nahm Isai einen Esel mit<br />

Brot und einen Schlauch Wein und<br />

ei» Aiegeiiböcklein und sandte es Saul<br />

durch seinen Sohn David.<br />

21. Also kam David zu Saul und<br />

<strong>die</strong>nt« vor ihm, und er gewann ihn<br />

sehr lieb, und er ward sei» Waffenträger.<br />

22. Und Saul sandte zu Isai und ließ<br />

ihm sagen: Laß David vor mir bleiben;<br />

denn er hat Gnade gefunden vor<br />

meinen Augen.<br />

2 5. Wenn nun der Geist Gottes über<br />

Saul kam, so nahm David <strong>die</strong> Harfe<br />

und spielt« mit seiner Hand; so erquickte<br />

sich Saul, und es ward besser<br />

mit ihm, und der böse Geist wich<br />

von ihm. s. Sam. zb, 14—25<br />

Die Schrift wird nicht müde, uns zum Lobgcsang Gottes aufzurufen.<br />

„Singet dem Herrn ein neues Lied". „Lehret und vermahnet<br />

euch seihst mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen, lieblichen<br />

Liedern und singet dem Herrn in euren Herzen". Die <strong>Gemeinde</strong> des<br />

Herrn aber kann solchen Lobgcsang anstimmen, weil sie allen Grund<br />

dazu hat: Christus als der Herr der Geschichte bat ihr Sckicksal fest


Möcht des Sonntags Rant«tc 4»s<br />

in Seiner Hand. Darüber darf sie von Herzen froh sein. Die <strong>Gemeinde</strong><br />

muß singen. <strong>Das</strong> Lied vertreibt wie bei König S aul den<br />

bösen G eist der Traurigkeit. Im Liede triumphiert <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong><br />

über den bösen Geist der Anfechtung und löst sich innerlich<br />

vom Wesen der vergänglichen Welt.<br />

Die andere Lesung: r. Timotheus r, s—zg<br />

r. Und alsobald war ich im Geist.<br />

Und siehe, ein Stuhl war gesetzt im<br />

Himmel, und auf dem Stuhl saß<br />

Einer,<br />

z. und der dasaß, war gleich anzusehen<br />

wie der Stein Jaspis und Sardcr;<br />

und ein Regenbogen war um den<br />

Stuhl, gleich anzusehen wie «in Smaragd.<br />

,<br />

4. Und UMden Stuhl waren vierundzwanzig<br />

Stühle, und auf den Stühle»<br />

saßen vierundzwanzig Älteste, mit<br />

weißen Kleidern angetan, und hatten<br />

auf ihren Häuptern güldene Kronen.<br />

s. Und von dem Stuhl gingen aus<br />

Blitze, Donner und Stimmen; und<br />

sieben Fackeln mit Feuer brannten vor<br />

dem Stuhl, welches sind <strong>die</strong> sieben<br />

Geister Gottes.<br />

b. Und vor dem Stuhl war ein gläsern<br />

Meer gleich dem Kristall, und<br />

mitte» am Stuhl und um den Stuhl<br />

vier Tier«, voll Augen vorne und<br />

hinten.<br />

7. Und das erst« Tier war gleich<br />

einem Löwen, und das ander« Tier<br />

war gleich einem Kalbe, und das dritte<br />

Sonnabend nach Kantate<br />

hatte «in Antlitz wie ein Mensch, und<br />

das vierte war gleich einem fliegenden<br />

Adler.<br />

s. Und ein jegliches der vier Tiere<br />

hatte sechs Flügel, und sie waren<br />

außenherum und inwendig voll<br />

Augen und hatten keine Ruhe Tag<br />

und Nacht und sprachen: Heilig, Heilig,<br />

heilig ist Gott der Herr, der Allmächtige,<br />

der da war und der da ist<br />

und der da kommt!<br />

g. Und da <strong>die</strong> Tiere gaben preis und<br />

Ehre und Dank Dem, der da auf dem<br />

Stuhl saß, der da lebet von Ewigkeit<br />

zu Ewigkeit,<br />

10. fielen <strong>die</strong> vierundzwanzig Ältesten<br />

nieder vor Dem, der auf dem Stuhl<br />

saß, und beteten an Den, der da lebet<br />

von Ewigkeit zu Ewigkeit, und warfen<br />

ihr« Krone» vor den Stuhl und<br />

sprachen:<br />

>1. Herr, Du bist würdig, zu nehmen<br />

preis und Ehre und Lrast; denn Du<br />

hast alle Dinge geschaffen, und durch<br />

Deinen willen haben sie das Wesen<br />

und sind geschaffen. Vffbg. 4, r—1l<br />

w e r dir Schöpfungsgeschichte (s. M os.;) einmal richtig gelesen hat,<br />

weiß, wie allcGeschöpfegeschaffen wurden zurLhreGottes<br />

und zum Tobe SeinerHerrlichkeit. Da ward <strong>die</strong> Schöpfung<br />

durch den Sündenfall des Menschen gestört. Der Herr Thristtis<br />

aber bringt <strong>die</strong> gefallene Schöpfung durch Sein Erlösungswerk wieder<br />

„heim". Jenen großen ewigen Tag, da alles Geschaffene wieder


434 Woche des Sonntags Kantate<br />

zurückgebracht sein wird in seinen Ursprung, schaut der Seher J o ­<br />

hannes. Durch <strong>die</strong> letzten Verse unseres Abschnittes klingen W ort und<br />

weise unserer Abendmahlsliturgie, während Mensch und Tier Gott<br />

mit dem ewigen „8snctus" — „Heilig" — <strong>die</strong> Ehre geben, alle<br />

Kreaturen niedergelegt werden vor den S tuhl der ewigen Majestät,<br />

leuchtet über <strong>die</strong>ser Herrlichkeit der Regenbogen auf als Zeichen des<br />

unzerstörbaren Friedensbundes des Schöpfers mit Seiner Schöpfung.<br />

All unser Singen hier ist nur Hinweis auf den Jubel der vollendeten<br />

Gerechten und den Lobgesang der himmlischen <strong>Gemeinde</strong>. „Ach nimm<br />

das arme Lob auf Erden, Mein Gott, in allen Gnaden hin. Im Himmel<br />

soll es besser werden, wenn ich bei Deinen Engeln bin. Da sing<br />

ich Dir im höhern Thor viel tausend Halleluja vor".<br />

Die ander« Lesung: z. Lorinther r, b—z z


Sonntag Aogalc 4»8<br />

fünftel Sonntag nach Ostern / Rogate<br />

Aogate heißt: Bittet! Betet!<br />

Beten im Sinne der christlichen Äirche ist kein Auf ins Leere und<br />

kein Sprung ins Dunkle. Der Beter will Gott nicht zwingen, w e r<br />

betet, spricht auch nicht mit seiner eigenen Seele. Beten ist Zwiesprache<br />

zwischen der Äirche Christi und ihrem Herrn, Zwiesprache<br />

mit Gott. Dieses Beten ist nur möglich, weil Christus uns den w eg<br />

zum himmlischen Vater und zum Herzen Seiner Liebe freigemacht<br />

hat. Christus ist erhöht zur Rechten Gottes. E r vertritt <strong>die</strong> Seinen,<br />

<strong>die</strong> mit Ihm verbunden sind, vor Gottes Thron als ihr erstgeborener<br />

Bruder.<br />

Gott, man lobt Dich in der Stille, und Dir bezahlt man Gelübde.<br />

Du erhörest Gebet, darum kommt alles Arisch zu Dir (ps. bs,<br />

r. s).<br />

wenn Ich erhöhet werde von der Erde, so will Ich sie alle zu<br />

Mir ziehen.<br />

Johannes ir, sr<br />

24. Bisher habt ihr nichts gebeten<br />

in Meinem Namen. Bittet, so werdet<br />

ihr nehmen, daß eure Freude vollkommen<br />

sei.<br />

25. Solches hab Ich zu euch durch<br />

Sprichwörter geredet. Es kommt aber<br />

<strong>die</strong> Zeit, daß Ich nicht mehr durch<br />

Sprichwörter mit euch reden werde,<br />

sondern euch frei heraus verkündigen<br />

von Meinem Vater.<br />

rb. An demselbigen Tage werdet ihr<br />

bitten in Meinem Namen. Und Ich<br />

sage euch nicht, daß Ich den Vater<br />

<strong>für</strong> euch bitten will;<br />

27. denn Er selbst, der Vater, hat euch<br />

D as E vangelium<br />

lieb, darum daß ihr Mich liebet und<br />

glaubet, daß Ich von Gott ausgegangen<br />

bin.<br />

2r. Ich bin vom Vater ausgegangen<br />

und kommen in dir Welt; wiederum<br />

verlasse ich <strong>die</strong> Welt und gehe zum<br />

Vater.<br />

2g. Sprechen zu Ihm Seine Iünger:<br />

Siehe, nun redest Du frei heraus und<br />

sagest kein Sprichwort,<br />

so. Nun wissen wir, daß Du alle<br />

Dinge weißt und bedarfst nicht, daß<br />

Dich jemand frag«; darum glauben<br />

wir, daß Du von Gott ausgegangen<br />

bist.<br />

Ioh. jb, 24—so<br />

<strong>Das</strong> Gebet ist das untrügliche Zeichen <strong>für</strong> <strong>die</strong> Lebendigkeit des Glaubens.<br />

w o nicht mehr gebetet wird, ist der Glaube tot. w o noch<br />

gebetet wird, hebt selbst der Zweifel an Gott <strong>die</strong> Verbindung mit


4Sö<br />

Moche des Sonntags Rogatc<br />

Ihm nicht auf. Die Notwendigkeit des Gebets hat Jesus Seine» Jü n ­<br />

gern in vielen W orten immer wieder eingeschärft, und durch Gleichnisse<br />

hat E r ihnen M ut zum Beten gemacht. Solche Gleichnisse sind<br />

das vom bittenden 8rcund (Lukas s—)4) und das vom gottlosen<br />

Richter und der W itw e (Lukas )§, z—s).<br />

Hierauf nimmt unser Textwort Bezug, wen» es in ihm heißt:<br />

„Solches habe Ich zu euch in Gleichnissen geredet. Es kommt aber<br />

<strong>die</strong> Zeit, daß Ich nicht mehr in Gleichnissen mit euch reden werde,<br />

sondern euch frei heraus verkündigen von Meinem Vater. An demselben<br />

Tage werdet ihr bitten in Meinem Namen". Es besteht also<br />

ein Unterschied zwischen der Art und weise, in der Iesus vor S einem<br />

Sterben und Auferstehen Seine Iünger über das Gebet belehrt<br />

hat, und wie sie nachher beten werden. Solange E r noch bei ihnen<br />

weilte auf <strong>die</strong>ser Erde, hat Er ihnen in Gleichnissen Dringlichkeit<br />

und Verheißung des Gebets eingeschärft; als -er Auferstandene gibt<br />

Er ihnen <strong>die</strong> Vollmacht, in Seinem Namen zu beten. „Bisher habt<br />

ihr nichts gebeten in Meinem Namen. Bittet, so werdet ihr nehmen,<br />

daß eure Hreude vollkommen sei". <strong>Das</strong> ist eine neue Gebetsvollmacht,<br />

von ihr wird ganz unumwunden geredet, ohne daß vergleiche aus<br />

dem menschlichen Leben zur Stärkung der Gcbetszuversicht herangezogen<br />

werden, w aru m ? — w e il der auferstandene Christus setz»<br />

zur Rechten Gottes sitzt und Selber der Empfänger der Gebete ist,<br />

<strong>die</strong> Seine <strong>Gemeinde</strong> zu Gott emporsendet. w i r richten zwar unsere<br />

Gebete an Gott den Vater, aber w ir beten im Namen Iesu Christi.<br />

Denn wir fügen hinzu: „Durch unsern Herrn Iesus Christus".<br />

W as ist mit <strong>die</strong>sem Zusatz gemeint? w a s heißt das genauer: I»><br />

Namen Iesu Christi beten? Zunächst muß man es wörtlich erklären.<br />

Etw as im Namen eines andern tun, bedeutet, es in seiner Vollmacht<br />

und an seiner Stelle tun. Nun hat Iesus von Seinem eigenen Gebet<br />

gesagt: „Vater, Ich danke Dir, daß Du Mich erhört hast. Ich weiß,<br />

daß Du Mich a l l e z e i t erhörst", w enn der Herr also Seinen Iüngern<br />

sagt, daß sie künftig in Seinem Namen beten sollen, dann verheißt<br />

E r ihnen zugleich, „daß -er Vater es euch geben wird in Meinen,<br />

Namen". Sie sollen <strong>die</strong>selbe Vollmacht besitzen, <strong>die</strong> Seinem eigenen<br />

Beten innewohnte.<br />

Trifft <strong>die</strong>s aber auf uns und unser Gebet zu? w i r wissen, wie<br />

schwach es ist und wie oft w ir an ihm zweifeln. Daß w ir, wenn<br />

wir beten, hinzufügen: Durch unsern Herrn Iesus Christus, das


Sonntag Rogate 4»7<br />

allein macht unser Gebet noch nicht zu einem Gebet im Namen Jesu.<br />

Es muß also noch etwas anderes damit gemeint sein.<br />

wirklich „im Namen Jesu" betet nur, wer auch in Seinem Geiste<br />

betet. Die Voraussetzung eines solchen Gebets ist, daß einer innerlich<br />

mit Christus ganz eins geworden ist. Dann kommt auf <strong>die</strong> Gebetswortc<br />

nicht viel an, sondern es ist, wie der Apostel Paulus sagt:<br />

„Der Geist hilft unserer Schwachheit auf. Denn wir wissen nicht,<br />

was w ir beten sollen, wie sich's gebührt; sondern der Geist vertritt<br />

uns mit unaussprechlichem Seufzen. Der aber <strong>die</strong> Herzen erforscht,<br />

weiß, worauf des Geistes Ginn gerichtet ist; denn E r vertritt <strong>die</strong><br />

Heiligen, wie es Gott gefällt".<br />

Die meisten von uns sind Anfänger im Beten. Sie haben deshalb<br />

aüch wenig oder gar keine Gcbetscrfahrung. Deshalb machen sie<br />

wohl einmal einen flüchtigen Ansatz zum Beten, hören aber wieder<br />

auf, wenn sie meinen, ihr Gebet sei nicht erhört worden. Denen muß<br />

man <strong>die</strong> Gleichnisse Jesu vor Augen halten, <strong>die</strong> uns mahnen, nicht<br />

nachzulassen, Gott immer wieder in den Vhren zu liegen, bis E r<br />

endlich hört, so wie es der bittende Freund oder <strong>die</strong> W itw e gemacht<br />

haben.<br />

Andere sind eifrige und regelmäßige Beter. Sie haben auch Gebetserhörungen<br />

erlebt und wissen, was <strong>für</strong> eine Macht das Gebet ist.<br />

Aber sie haben im Beten auch Gottes wunderbare Wege kennengelernt<br />

und <strong>die</strong> Erfahrung gemacht, daß E r unser Gebet oft ganz<br />

anders erhört, als w ir es uns dachten. Darum geht es ihnen wie<br />

dem Apostel Paulus. Sie wissen nicht, was und wie sie beten<br />

sollen. E s sind viel zuviel Dinge, <strong>die</strong> ihnen auf dem Herzen liegen,<br />

mehr, als sie behalten können, und so groß, daß sie weit hinausgehen<br />

über das, was sie fassen können. Dennoch treibt es sie, G ott<br />

ihr Herz auszuschütten. Denn es ist nun einmal voll davon. «Oft ist<br />

der Geist auch so müde und der Leib so schwach, besonders in Zeiten<br />

der Ärankheit, daß nur ein Seufzen über <strong>die</strong> Lippen kommt. Da tritt<br />

dann der Geist Gottes Selber <strong>für</strong> uns ein. w i r tun nur unser Herz<br />

auf, und Gott liest darin wie in einem aufgeschlagenen Buche,<br />

w e r so betet, der ist dem Gebet im Namen Iesu sehr nahe. E r bedarf<br />

keines Fürsprechers bei Gott, so daß er zu ihm sagen müßte: Bitte<br />

du <strong>für</strong> uns! E r bedarf auch nicht der Fürsprache Christi. Denn Gott<br />

weiß, worauf seines Geistes S inn gerichtet ist. „Ich sage euch nicht,<br />

daß Icb den Vater <strong>für</strong> eueb bitten will; denn E r Selbst, der Vater,


4>s»<br />

Woche des Sonntags Rogate<br />

hat euch lieb, darum daß ihr Mich liebet, und glaubet, -aß Ich von<br />

Gott ausgegangen bin".<br />

<strong>Das</strong> Gebet ist eine W elt <strong>für</strong> sich. Früheren Geschlechtern ist <strong>die</strong>se<br />

W elt eine selbstverständliche Wirklichkeit gewesen; <strong>die</strong> meisten Menschen<br />

von heute kennen sie überhaupt nicht. Sie glauben an <strong>die</strong> Allmacht<br />

der menschlichen Vernunft, besonders <strong>die</strong> der technischen Vernunft,<br />

aber nicht an <strong>die</strong> Allmacht des lebendigen Gottes. <strong>Das</strong> ist so,<br />

wie wenn ein Mechaniker stolz ist auf <strong>die</strong> Maschine, <strong>die</strong> er zu be<strong>die</strong>nen<br />

hat, aber an den, -er sie entworfen und gemacht hat, überhaupt<br />

nicht denkt. Die größten Gaben, <strong>die</strong> dir Menschheit empfangen<br />

hat, sind erdetet worden. I n der Andacht und im Gebet liegen <strong>die</strong><br />

(Quellen unserer Äraft, — nein, nicht unserer, sondern der -es lebendigen<br />

und schöpferischen Gotteswillens.<br />

Die Epistel<br />

rr. Seid aber Täter des Worts und<br />

nicht Hörer allein, dadurch ihr euch<br />

selbst betrüget.<br />

rs. Denn so jemand ist ein Hörer des<br />

Worts und nicht ein Täter, der ist<br />

gleich einem Mann, der sein leiblich<br />

Angesicht im Spiegel beschauet.<br />

24. Denn nachdem er sich beschauet<br />

hat, gehet er davon und vergisset von<br />

Stund an, wie er gestaltet war.<br />

rs. wer aber durchschauet in das<br />

vollkommen« Gesetz der Freiheit und<br />

darin beharret, und ist nicht ein vergeßlicher<br />

Hörer, sondern ein Täter,<br />

dcrselbig« wird selig sein in seiner Tat.<br />

rb. So sich jemand unter euch lässet<br />

dünken, er <strong>die</strong>ne Gott, und hält seine<br />

Zunge nicht im Zaum, sondern täuschet<br />

sein Herz, des Gottes<strong>die</strong>nst ist<br />

eitel.<br />

27. Ein reiner und unbefleckter Gottes<strong>die</strong>nst<br />

vor Gott, dem Vater, ist<br />

der: <strong>die</strong> Waise» und Witwen in ihrer<br />

Trübsal besuchen und sich von der<br />

Welt unbefleckt behalten.<br />

Jak. ,, 22—27<br />

<strong>Das</strong> Evangelium redet von dem Einssein mit Christus und von der<br />

Vollmacht, di? dem Gebet im Namen Icsu gegeben ist; <strong>die</strong> Epistel<br />

macht den Eindruck, als käme alles auf den menschlichen w illen<br />

an, der dem Hören auch das Tun folgen läßt. Ist das nicht ein<br />

Widerspruch) Nein! Denn derselbe Iakobus, der hier so eindringlich<br />

darauf hinweist, daß Gottes Gesetz nicht bloß gehört, sondern auch<br />

getan sein will, sagt kurz vorher: „Alle gute Gabe und (alle) vollkommene<br />

(Gabe) kommt von oben herab". E r redet ja auch von dem<br />

Gesetz Gottes als von einem Gesetz der Freiheit, das alle, <strong>die</strong> in<br />

der täglichen Erfüllung Seiner Gebote leben, glücklich macht. <strong>Das</strong><br />

Evangelium des heutigen Sonntags, das vom Beten redet, steht also


Sonntag Rogate<br />

4SS<br />

nicht im Widerspruch mit der Epistel, <strong>die</strong> vom Arbeiten und Tun<br />

handelt.<br />

w o bei einem Menschen christliches Reden und »«christliches Handeln<br />

getrennt nebeneinanderstellen, wo Gottes W ort zwar äußerlich<br />

gehört wird, aber praktisch nicht ernst genommen wird, da ist das<br />

ein untrügliches Kennzeichen von Unerlösthcit. Die Wahrheit -es<br />

W ortes Gottes wird dann zum Spiegel der Selbstgefälligkeit; sie<br />

will aber der Spiegel bußfertiger Selbsterkenntnis sein. ^<br />

Je ernster unser Gebet wird, um so klarer ist unser Handeln. Je mehr<br />

wir in Erkenntnis der (Ohnmacht unseres eigenen w ollens alles von<br />

oben erwarten und erbitten, um so mehr dringt Gott in unser Wesen<br />

ein. Erst dadurch kommen wir zu Seiner und unserer Wahrheit.<br />

Denn solange <strong>die</strong>ser Gegensatz zwischen W ort und Tat (Lehre und<br />

Leben) noch besteht, sind wir weder wahr, noch frei, noch glücklich,<br />

sondern unser Sein bleibt behaftet mit dem Auch der Lüge und der<br />

Unfreiheit. Befreit uns aber Gottes Gnade Lurch rechtes Hören zum<br />

rechten Handeln, so überwinden wir in <strong>die</strong>ser 8reiheit sowohl den<br />

äußeren wie den inneren Aiud. Agtt schenkt uns dann, daß wir<br />

glücklich sind in unserem Tun.<br />

D as Lied der W oche<br />

Vater unser im Himmelreich<br />

Als Mann seines Volkes dichtete M artin Luther <strong>für</strong> sein Volk. Erschuf<br />

ihn, den Katechismus zur rechten Unterweisung. Aber er wußte<br />

auch, daß das Volk noch besser behält, was es singen kann. S o gab<br />

er jedem der fünf Hauptstückc im Katechismus auch <strong>die</strong> Gestalt eines<br />

Liedes. <strong>Das</strong> Lied des dritten Hauptftückcs ist Vater unser im Himmelreich.<br />

von den fünf Liedern hat <strong>die</strong>ses <strong>die</strong> größte Volkstümlichkeit<br />

erlangt und bis auf den heutigen Tag bewahrt. Der Dichter geht den<br />

einzelnen Bitten, der Anrede und dem bekräftigenden Amen mit je<br />

einer Strophe nach. Klar und faßlich ist seine Sprache, leicht zu<br />

behalten der 8luß seiner Gedanken, markig der stets männliche Reim.<br />

<strong>Das</strong> Lied ist nicht das, was man einen „genialen W urf" nennt; es<br />

steckt Arbeit dahinter. <strong>Das</strong> zeigt uns <strong>die</strong> eigenhändige Niederschrift<br />

des Dichters mit ihren Streichungen und Verbesserungen. <strong>Das</strong> gleiche<br />

gilt von der Melo<strong>die</strong>. Auck da bat uns das B latt, von seiner Hand


440 Woche des Sonntags Rogate<br />

geschrieben, einen ersten Einfall aufbewahrt, den er dann aber wieder<br />

verwarf, weil er ihm nicht erhaben genug war als Gewand <strong>für</strong><br />

das Herrngebet. S o bringt denn das Schumannsche Gesangbuch<br />

zssg zum ersten Male <strong>die</strong> W orte und mit ihnen zugleich <strong>die</strong> uns<br />

vertraute dorische weise, <strong>die</strong> nicht mehr von ihm zu trennen ist.<br />

<strong>Das</strong> Vaterunser macht uns alle zu Bruder». Nicht anders als so,<br />

daß w ir auf -es Herrn Geheiß Seine W orte auf unsere Lippen<br />

nehmen, und zwar, indem w ir gemeinsam beten, w i r beten, aber<br />

immer nur so, daß wir aufnehmen, was uns geschenkt wird; das Beste<br />

muß doch Gott Gelber tun, muß <strong>die</strong> Herzen anrühren, daß es kein<br />

Lippen<strong>die</strong>nst werde.<br />

Gottes Name wird nur dort geheiligt, wo Sein W ort rein gehalten<br />

wird. Gottes Reich kommt nur dort, wo der Heilige Geist<br />

W ohnung nimmt. Gottes W ille geschieht nur dort, wo des Teufels,<br />

der W elt und unseres Fleisches Wille gebrochen wird. Zum täglichen<br />

B rot gehört alles, was Leib und Leben <strong>die</strong>nt, auch <strong>die</strong> Überwindung<br />

von Sorge, Geiz und Äriegswucher. Versuchung droht<br />

links und rechts, auf beiden, ja auf allen Seiten. Darum sind in<br />

<strong>die</strong>ser W elt immer „Zeit und Tage bös". Zuletzt: w i r beten, ja.<br />

w ir dürfen es wagen, im Namen Gottes!<br />

D as Gebet der W oche<br />

Herr, unser Gott, der Du verheißen hast, uns zu geben, was<br />

wir im Namen Deines Sohnes erbitten, lehre uns recht beten<br />

und Dich mit allen Vollendeten loben und preisen durch Jesum<br />

Christum, Deinen lieben Sohn, unsern Herrn. Amen.<br />

z. D er Ursprung des Gebets.<br />

D a s Gebet*<br />

Der Ursprung unseres Betens liegt nicht bei uns, sondern bei Gott.<br />

Gott hat Sich uns offenbart in Seinem Wort, wir antworten auf <strong>die</strong>se Anrede<br />

Gottes in unserem Gebet. „Gott kann nicht recht erkannt noch angebetet<br />

werden denn von denen, <strong>die</strong> Sein Wort haben, dadurch Er Sich Selbst geoffenbart<br />

hat."


D as Gebet<br />

4 4»<br />

Gottes letztes Wort an uns ist Jesus Christus. Nur durch Christus kennen w»r<br />

Gott. Es gibt keinen andern Gott als den „Vater Jesu Christi". Deshalb<br />

haben <strong>die</strong> Gebete unserer Lirche recht, wenn sie uns beten lehren „im Namen<br />

Jesu" und „durch Jesus Christus". „Durch Jesus Christus" beten wir, weil<br />

Er uns den Zugang zu Gott geöffnet hat. „Durch Msus Christus beten wii<br />

als gerechtfertigte Sünder, <strong>die</strong> um ihre Schuld und ihre Vergebung wissen.<br />

Zugleich bete» wir „im Namen Jesu". <strong>Das</strong> heißt: w ir beten auf Seinen Befehl<br />

hin, wir bete» in Seinem Geist, wir beten auf Weine Verheißung.<br />

Bittet, so wird euch gegeben;<br />

suchet, so werdet ihr finden;<br />

klopfet an, so wird euch aufgekan.<br />

Matthäus 7, 7<br />

„wer in Cbristi Namen betet, der findet Gottes Ohren offen; wer aber abseits<br />

von Christus betet, den, leiht Gott kein Gehör".<br />

Christus aber und Sein Wort haben wir nur durch <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong>, in der<br />

Gottes Heiliger Geist wirkt. Dankbar bekennen wir: Die Lirche lehrte<br />

uns beten, <strong>die</strong> Lirche lehrt uns noch heute <strong>die</strong> Bitte aller Bitten beten:<br />

„Lomm, Heiliger Geist, Herr« Gott!" Wie ein Mensch ohne Volk und Vaterland<br />

verkümmert, so verkümmert ein Christ mit seinem Beten ohne <strong>die</strong> lebendige<br />

Einordnung in <strong>die</strong> Lirche Gottes, <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> Jesu Lbristi.<br />

r. D er Inhalt des Gebets.<br />

von Natur liegt uns Menschen das Bitren an» nächsten. Die Lirche aber<br />

läßt uns zu unserem Bitten hinzufügen: Dank, Fürbitte, Lob.<br />

Gott braucht unsere» Dank nicht, wir aber üben das Danken, wenn wir<br />

Gott danken, so werden uns dabei Gottes Fügungen und Führungen mitten<br />

in unserem eigenen Leben anschaulick. Es ist kein Tag, an dein wir nicht Gott<br />

<strong>für</strong> Sein Wort und <strong>für</strong> vielerlei Gaben des Leibes und der Seele zu danken<br />

hätten. Der Zweifel an Gott und das Müdewerden iin Gebet sind Zeichen<br />

des fehlenden Dankgebets. Deswegen beginnt der Apostel Paulus viele seiner<br />

Briefe mit einem lebendigen Dankgebet (Röin. », r; ». Lor. », 4 ; r. Lor.<br />

,, s usw.). Luther sagt: „Die Hauptbedingung <strong>für</strong> das Gebet ist der Dank<br />

gegen Gott, und daß du <strong>die</strong> wohltaten, <strong>die</strong> du von Gott empfangen hast.<br />

mit Herz und Mund wiederholst."<br />

Durch das Vankgcbct bekomme» wir Mut zu vertrauensvollem Bitten.<br />

Gott, der uns bisher so reich gesegnet hat, wird uns auch ferner nicht lassen.<br />

Die Beter der Bibel sind Vorbilder, <strong>die</strong> uns zeigen, wie wir beten sollen.<br />

Machtvoll ist <strong>die</strong> Gebetskraft der Psalmen im Loben und Danken und Bitten;<br />

machtvoll ihre Hilf« <strong>für</strong> das Beten der angefochtenen Seelen. Wenn wir so<br />

beten, wie in der Bibel gebetet wird, reinigt sich unser Gebet von allen, ichsüchtigen<br />

Begehren und gibt sich ganz in <strong>die</strong> gnadenreiche Hand Gottes.


44r<br />

Mochc des Sonntag s Rogate<br />

Mitten in allem Bitten vergessen wir nicht, um Treue und Kraft <strong>für</strong> das zu<br />

bitten, was Gott uns schon anvertraut und gegeben hat: Familie, Volk, Beruf,<br />

gute Freund«, getreue Nachbarn und dergleichen, auf daß wir als rechte<br />

Verwalter Gottes auf Erden leben, wenn wir recht bitten, so, daß unser<br />

Bitten seine Ausrichtung von Jesus Christus, dem Beter von Gethsemane,<br />

empfängt, dürfen wir sicher sein, daß Gott alle unsere Bitten hört. „wird<br />

nicht geschehen, was wir wollen, so wird geschehen, was besser ist." Deshalb<br />

beten wir Christen: „Dein will« geschehe!"<br />

Die Bitte weitet sich zur Fürbitte. Schon das Lind in seinem Kinderbettchen<br />

betet, sofern es überhaupt das Bete» lernte, <strong>für</strong> seine Mutter und<br />

seinen Vater, w ie Fürbitte zu tun ist, können wir lernen im Gottes<strong>die</strong>nst der<br />

<strong>Gemeinde</strong>, etwa durch das „Allgemeine Kirchengebct" des Gottes<strong>die</strong>nstes. In<br />

<strong>die</strong>sem Lirchengcbet beten wir <strong>für</strong> unser Volk und unsere Obrigkeit, wir bitten<br />

<strong>für</strong> unser« Heimatgemeinde, <strong>für</strong> alle Kranken, Notleidenden, verfolgten und<br />

Sterbenden, wir bitten um das Kommen des Reiches Gottes zu allen Menschen.<br />

Die Seele der Fürbitte wird sein, daß Gott Sein Wort durch Seinen<br />

Heiligen Geist all denen gebe, <strong>für</strong> <strong>die</strong> wir bitten, so daß ihnen zeitliche und<br />

ewige Hilfe zuteil werde. Fürbitte tun heißt Gott alles zutrauen und Ihn als<br />

den Regierer der Welt ehren.<br />

Der Höhepunkt unseres Beten« ist das L o bg ebet. Da denken wir nicht mehr<br />

an uns und unsere Mitmenschen, sondern unser Blick ist einzig auf Gottes<br />

„Reich und Kraft und Herrlichkeit" gerichtet. Die Bibel gibt uns da ein hohes<br />

Vorbild in dem „Magnificat", dem Lobgesang der Maria (Luk. i, 4b—ss):<br />

„Meine Seele erhebet den Herrn, und mein Geist freuet sich Gottes, meines<br />

Heilandes."<br />

3. D a s „Gebet des Herrn".<br />

<strong>Das</strong> Vaterunser, das wir von unseren, Herrn Jesus Christus selbst haben<br />

(Match. S, s—-3), vereint alles: Dank, Bitte, Fürbitte, Lob. Den Dank<br />

finden wir in der Anrede. <strong>Das</strong> Wort „Vater" ist ein Dankgebet besonderer<br />

Art. wenn wir <strong>die</strong>s Wort beten, so klingt es in uns: w ir danken Dir,<br />

ewiger Gott, daß Du Dich uns offenbart hast und wir Dich „Vater" nennen<br />

dürfen. Mit dankbarem Herzen beten wir <strong>die</strong> weiteren Worte der Anrede.<br />

„Unser": w ir dürfen mit der ganzen Christenheit auf Erden vor Gott<br />

treten. „Der Du bist im Himmel": w ir haben einen Vater, der ewig und<br />

allmächtig und der Herr aller Herren ist.<br />

Die Bitten, <strong>die</strong> zugleich Fürbitten sind, beginne» mit den drei hohen<br />

Bitten um Gottes Ehr« und das Heil der Welt. „Geheiligt werde Dein<br />

Name" — „Dein Reich komme" — „Dein Wille geschehe wie im Himmel<br />

also auch auf Erden". Es folgen <strong>die</strong> vier Bitten unseres persönlichen Lebens.<br />

Wir bitten <strong>für</strong> unser leibliches, schuldbeladenes, angefochtenes und todgeweihtes<br />

Leben: „Unser täglich Brot gib uns heute" — „Und vergib uns unsere Schul-


Da» Gebet<br />

44S<br />

den, wie wir vergeben unseren Schuldiger»" — „Und führe uns nicht in<br />

Versuchung" — „Sondern erlöse uns von dem Übel".<br />

Der Beschluß ist «in freudiger Lobpreis, der mit einem zuversichtlichen<br />

„Amen" endet. —<br />

<strong>Das</strong> Vaterunser behütet unser Beten vor der verflachung, das Wort Gottes<br />

macht unser Beten neu und weit und tief. So schließt sich der Rreis immer<br />

enger um Christus. <strong>Das</strong> Wort Gottes gibt unserem Gebet neuen Inhalt<br />

und neu«' Weisung, und durch das Gebet dringen wir immer tiefer in den<br />

Reichtum des Gottcswortes ein.<br />

4. D ie «Ordnung in deinem Gcbetsleben.<br />

Die Schrift ruft uns zu:<br />

Betel ohn« Unterlaß!<br />

I. Thcssalonicher s, 17<br />

<strong>Das</strong> ist das herrliche Ziel unseres Gebctslebens. Es bedeutet natürlich nicht<br />

ein äußeres Aneinanderreihen von möglichst vielen Gebeten oder eine Wiederholung<br />

gleicher Gebete. Es heißt viel»,ehr, daß unser ganzes Leben ein Leben<br />

in und mit Gott werden soll. „Ein Christ hat allezeit den Geist des<br />

Gebets bei sich, daß sein Her; in solchem steten Seufzen und Bitten stehet<br />

zu Gott, ob er gleich ißt, trinkt, arbeitet." Damit wir aber <strong>die</strong>sem Ziel näher<br />

kommen, muß unser Gebersleben den w eg innerer und äußerer «Ordnung<br />

kennen.<br />

Innerlich vorbereitet sind wir zum Gebet, wenn in uns Glaube an Gott<br />

und Lieb« zum Nächsten wohnt. Jesus sagt uns, daß wir erst dann vor<br />

Gottes Angesicht treten sollen, nachdem wir uns mit unserem Bruder versöhnt<br />

haben.<br />

Zur inneren koinmt <strong>die</strong> äußere «Ordnung, w ir falten <strong>die</strong> Hände und<br />

geben uns damit in Gottes Hand. w ir neigen das Haupt in Ehrfurcht vor<br />

Gott. Wir beugen unsere Änie vor Gott als Zeichen unserer inneren Beugung<br />

vor dem Bönig aller Lönige. — w ir suchen zum Gebet <strong>die</strong> Stätten der<br />

Stille auf, <strong>die</strong> Still« der Einsamkeit und <strong>die</strong> Stille der Gemeinschaft. —<br />

Wir kennen bestimmte Gcbetszeiten, da der Mensch, der nicht zu bestimmten<br />

Zeiten betet, auch nicht zu unbestimmter Zeit betet, w ir nehmen des Morgens<br />

den Tag aus Gottes Hand und legen ihn des Abends in Gottes Hand zurück.<br />

Diese Hand schenkt uns unser täglich Brot.<br />

Luthers Rat lautet: „Darum ist's gut, daß inan frühmorgens lasse das Gebet<br />

das erst« und des Abends das letzte Werk sein, und hüte sieh mit 8leiß<br />

vor <strong>die</strong>sen falschen, betrüglichen Gedanken, <strong>die</strong> da sagen: Harre ein wenig,<br />

über eine Stunde will ich beten, ich muß <strong>die</strong>s oder das zuvor fertigen; denn<br />

mit solchen Gedanken kommt man vom Gebet in <strong>die</strong> Geschäfte, <strong>die</strong> halten<br />

und umfangen dann «inen, daß aus dem Gebete des Tages nichts wird."


444 Woche des Sonntags Rogate<br />

s. Dcr Segen des Gebets.<br />

Gott segnet uns reichlich und überreichlich durch das Gebet.<br />

Des Gerechte» Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist.<br />

Iakobus s, ;b<br />

Ein Segen des Gebets ist, daß wir in, Gebet Gottes Größe und unsere<br />

Lleinheit erkennen. „Also lehrt uns das Gebet, daß wir beide, u n s und<br />

Gott, erken neu." In der Fürbitte macht Gott unser Herz weit und war»,<br />

und fähig zum Lieben und zum vergeben. Dabei tut uns Gott<br />

so oft mitten im Gebet <strong>die</strong> Auge» auf <strong>für</strong> den weg, den wir gehen sollen.<br />

In der Bibel wird nicht nur gesagt, daß Menschen beten, sondern es wird auch<br />

berichtet, wie zu dem Beten das Handeln Gottes kommt. <strong>Das</strong> kleine<br />

Wörtlein „Und", das den, Beten oft folgt, ist ein feiner Hinweis darauf.<br />

Gott ist alles in allem: Er weckt unser Gebet — Er segnet unser Beten!<br />

Darum:<br />

Haltet an an, Gebet!<br />

Römer -r, zr<br />

>. Und es begab sich, daß Er war an<br />

einem »Ort und betet«. Und da Er<br />

aufgehöret hatt«, sprach Seiner Jünger<br />

einer zu Ihm: Herr, lehre uns<br />

beten, wie auch Johannes seine Jünger<br />

lehnte.<br />

r. Er aber sprach zu ihnen: wenn ihr<br />

betet, so sprecht: Unser Vater im Himmel,<br />

Del» Name werde geheiliget.<br />

Dein Reich komme. Dein Wille geschehe<br />

auf Erden wie im Himmel.<br />

s. Gib uns unser täglich Brot immerdar.<br />

4. Und vergib uns unser« Sünden;<br />

den» auch wir vergeben allen, <strong>die</strong> uns<br />

schuldig sind. Und führe uns nicht in<br />

Versuchung, sonder» erlöse uns von<br />

dem Übel.<br />

5. Und Er sprach zu ihnen: welcher<br />

ist unter euch, der einen Freund hat<br />

und ginge zu ihm zu Mitternacht und<br />

4-<br />

M on tag »ach R ogate<br />

spräche zu ihn,: Lieber Freund, leihe<br />

mir drei Brot«;<br />

d. denn es ist mein Freund zu mir<br />

kommen von der Straß«, und ich habe<br />

nicht, das ich ihm vorlege; —<br />

7. und er drinnen würde antworten<br />

und sprechen: Mache mir keine Unruhe!<br />

Die Tür ist schon zugeschlossen,<br />

und meine Lindlein sind bei mir in<br />

der Lämmer; ich kann nicht aufstehen<br />

und dir gebe»!?<br />

Ich sage euch: Und ob er nicht aufstehet<br />

und gibt ihn,, darum daß er<br />

sein Freund ist, so wird er doch um<br />

seines unverschämten Geilens willen<br />

aufstehen und ihn, geben, wieviel er<br />

bedarf.<br />

S- Und Ich sage euch auch: Bittet, so<br />

wird euch gegeben; suchet, so werdet<br />

ihr finden; klopfet an, so wird euck,<br />

aufgcra»<br />

.10. Denn wer da bittet, der nimmt;


Woche des Sonntags Rogate<br />

4as<br />

und wer da suchet, der findet; und<br />

wer da anklopfet, dem wird aufgctan.<br />

w o bittet unter euch ein Sohn<br />

den Vater ums Brot der ihm einen<br />

Stein da<strong>für</strong> biete? Und, so er um<br />

einen Fisch bittet, der ihm eine<br />

Schlange <strong>für</strong> den Asch biete?<br />

ir. Oder, so er um «in Ei bittet, der<br />

ihm einen Skorpion da<strong>für</strong> biete?<br />

j3. So denn ihr, <strong>die</strong> ihr arg seid,<br />

könnet euren Lindern gute Gaben geben,<br />

wieviel mehr wird der Vater im<br />

Hiinmel den Heiligen Geist geben denen,<br />

<strong>die</strong> Ihn bitten! Luk, > - 3<br />

V Iir dürfen <strong>die</strong> Bitte der Jünger um Gebetsbelehrung nicht aus<br />

einer gelegentlichen Verlegenheit heraus verstehen. Vielmehr wird in<br />

<strong>die</strong>ser Bitte unsere Gcbetsnot offenbar: „VOir wissen nicht, w a s wir<br />

beten sollen, w ie sich's gebührt". In beiden, gibt Christus uns Hilfe,<br />

in dem lV as und in dem VOie. Dadurch sind wir auf Gottes VIort<br />

geworfen. Aus der Heiligen Schrift lernen wir, um was wir<br />

beten sollen, weil <strong>die</strong> Heilige Schrift uns unsere wahre Not zeigt.<br />

Aus dem W ort der Verheißung schöpfen wir <strong>die</strong> Zuversicht, daß wir<br />

Sünder Gott in unseren Nöten um Hilfe bitten dürfen, w enn <strong>die</strong><br />

Menschen bei der ihnen angeborenen Bösartigkeit schon dem beständig<br />

Bittende» helfen, wie viel mehr wird der gute Gott Seinen Rindern<br />

auf ihre Bitte geben!<br />

Die andere Lesung: Markus i i, rr—rd<br />

D ienstag nach Rogate<br />

>3, Leidet jemand unter euch, der bete;<br />

ist jemand gutes Muts, der singe Psalmen.<br />

14. Ist jemand krank, der ruf« zu sich<br />

<strong>die</strong> Ältesten von der <strong>Gemeinde</strong> und<br />

lasse sie über sich beten und salben<br />

mit Ol in dem Namen des Herrn,<br />

zs. Und das Gebet des Glaubens<br />

wird dem Rranken helfen, und der<br />

Herr wird ihn aufrichten; und so er<br />

hat Sünden getan, werden sie ihm<br />

vergeben sein.<br />

zö. Bekenne einer dem andern seine<br />

Sünden und betet <strong>für</strong>einander, daß ihr<br />

gesund werdet. Des Gerechten Gebet<br />

vermag viel, wenn es ernstlich ist.<br />

-7. Llia war ein Mensch gleich wie<br />

wir; und er betete ein Gebet, daß es<br />

nicht regnen sollte, und es regnete<br />

nicht auf Erden drei Iahre und sechs<br />

Monate.<br />

>z. Und er betete abermals, und der<br />

Himmel gab den Regen, und <strong>die</strong> Erde<br />

brachte ihre Frucht.<br />

Lieben Brüder, so jemand unter<br />

euch irren würde von der Wahrheit,<br />

und jemand bekehrte ihn,<br />

ro. der soll wissen, daß, wer den<br />

Sünder bekehret hat von dem Irrtum<br />

seines W« es, der hat einer Seele vorn<br />

Tode geholfen und wird bedecken <strong>die</strong><br />

Menge der Sünden. Jak. s, ?3—-ro<br />

Die Gläubigen hüben allezeit <strong>die</strong> selige Erfahrung des Propheten<br />

machen dürfen, daß ikr Gebet durch „<strong>die</strong> VIolken" dringt und den


44b<br />

Woche des Sonntags Rogate<br />

Himmel „öffnet". Um <strong>die</strong>ser Erhörung willen sind sie Gottes Handlanger<br />

auf Erden. Daß w ir doch solch seliger Begnadung allezeit<br />

gewiß wären und unter ihr F ü rb itte einlegten <strong>für</strong> alle, <strong>die</strong> in<br />

Krankheit oder Sünde gebunden sind: Unsere Fürbitte hat <strong>die</strong> Verheißung,<br />

daß sie „dem Kranken helfen" und eine „irrende Seele vom<br />

Tode retten" soll. w i r dürfen im Vertrauen auf Gottes gnädige<br />

Zusage Fürbitte tun; Gott tut das Seine und hört uns. wieviel<br />

unser Gebet vermag, „so es ernstlich ist", das bezeugt das große<br />

Heer der durch <strong>die</strong> Fürbitte der Gemeinschaft Entbundenen und „Bekehrten".<br />

„ w ie gar kräftig ist es bei Gott, daß ein armer Mensch mit<br />

der hohen Majestät im Himmel so reden soll und vor Ihm nicht erschrecken,<br />

sondern wissen, daß ihn Gott freundlich anlache um Jesus<br />

Christus willen, Seines lieben Sohnes, unseres Herrn und Heilands!<br />

Da muß das Herz und Gewissen nicht zurücklaufen, nicht von wegen<br />

seiner Unwürdigkeit im Zweifel stehen, noch sich lassen abschrecken,<br />

sondern im Herzen gewiß da<strong>für</strong> halten, schließen und glauben, daß<br />

w ir allbereit erhört sind, was w ir im Glauben an Christus gebeten<br />

haben".<br />

Die ander« Lesung: Kolosse,- 4, r—ö<br />

M ittwoch nach Rogate<br />

I. So ermähne ich nun, daß man vor<br />

allen Dingen zuerst tue Bitte, Gebet,<br />

Fürbitte und Danksagung <strong>für</strong> alle<br />

Menschen,<br />

r. <strong>für</strong> <strong>die</strong> Könige und <strong>für</strong> alle Obrigkeit,<br />

auf daß wir «in geruhig und<br />

stilles Leben führen mögen in aller<br />

Gottseligkeit und Ehrbarkeit.<br />

3. Denn solches ist gut und angenehm<br />

vor Gott, unserem Heiland,<br />

4. welcher will, daß allen Menschen<br />

geholfen werde und zur Erkenntnis<br />

der Wahrheit komme».<br />

s. Denn es ist ein Gott und ei»<br />

Mittler zwischen Gott und den Menschen,<br />

nämlich der Mensch Christus<br />

Jesus,<br />

b. der Sich Selbst gegeben hat <strong>für</strong> alle<br />

zur Erlösung, daß solches zu seinerzeit<br />

geprediget würde;<br />

7. dazu ick gesetzt bin ein Prediger und<br />

Apostel (ich sag« <strong>die</strong> Wahrheit in<br />

Christo und lüge nichts, «in Lehrer<br />

der Heiden im Glauben und in der<br />

Wahrheit.<br />

r. So will ich nun, daß <strong>die</strong> Männer<br />

beten an allen Orten und aufheben<br />

heilige Hände ohne Zorn und Zweifel.<br />

-. Tim. r, r<br />

D ie <strong>Gemeinde</strong> Jesu ist Gebets gemeinde. Es gibt kein Geschehen,<br />

das sie nicht vor Gott brächte, um es von Seinem Lichte<br />

klären und von Seiner Liebe segnen zu lassen. <strong>Das</strong> erfahrene Gute<br />

tut ihre Lippen auf, daß ihr Mund in Anbetung und Danksagung


Christi Himmclfahrl 447<br />

Seinen Ruhm verkündige. <strong>Das</strong> widerfahrene Übel läßt sie Tag und<br />

Nacht in Bitte und Fürbitte rufen, daß G ott Seine Auserwählten<br />

errette „in einer Lürze". Der Tag und <strong>die</strong> Nacht sind Sein. Und<br />

so wie das Gebet -er Lirche alle Dinge des Lebens umfaßt, so<br />

schließt es auch alle Menschen ein. Da nun einmal „groß Fried ohn<br />

Unterlaß" ist und „all Fehd" zwischen Himmel und Erde „ein Ende<br />

hat", darf es auch <strong>für</strong> sie keine Grenzen und Schranken mehr geben.<br />

Im Gehorsam gegen den w illen ihres Herrn betet sie <strong>für</strong> <strong>die</strong> Obrigkeit<br />

in der Überzeugung, damit Volk und S taat den notwendigsten<br />

und segensreichsten Dienst zu tun, (den <strong>die</strong> erste <strong>Gemeinde</strong> dem<br />

christenfeindlichen Raiser nicht versagt hat). Diese Bereitschaft der<br />

christlichen Fürbitte hat Grund und Vorbild in der unbeschränkten<br />

Erbarmung dessen, der eben „will, daß allen Menschen geholfen<br />

werde" und „Sich selbst gegeben hat <strong>für</strong> alle zur Erlösung", w eil<br />

<strong>die</strong> predigt des Evangeliums allem Fleische gilt, darum lasset uns<br />

auch <strong>für</strong> alle betende Hände aufheben an allen Orten!<br />

Die andere Lesung: Johannes ) 7, j-r «<br />

-h<br />

Lhristi Himmelfahrt<br />

Die Apostelgeschichte beginnt ihr Zeugnis von dem werden der<br />

christlichen Lirche mit der Geschichte von der Himmelfahrt Christi.<br />

Lukas, der Arzt, der auch das Evangelium geschrieben hat, nennt<br />

<strong>die</strong>ses Evangelium seine „erste Rede" und den „Anfang" des W irkens<br />

Christi. Der Anfang reicht bis dahin, da Christus aufgenommen<br />

wurde in <strong>die</strong> Herrlichkeit Gottes. Damit bekundet Lukas, daß<br />

der erhöhte Christus nun als himmlischer Lönig durch Seinen Heiligen<br />

Geist in der <strong>Gemeinde</strong> weiterwirkt bis zum Ende der Tage.<br />

M it der Himmelfahrt Christi enden <strong>die</strong> 40 Tage, in denen der Auferstandene<br />

Seinen Iüngern leiblich erschien; sie bereitet gleichzeitig<br />

auf Pfingsten, das ist auf den Tag der Ausgicßung des Heiligen<br />

Geistes, vor. S o ist sie zugleich Abschied und Verheißung.<br />

Seid ihr nun mit Christus auferstanden, so suchet, was droben<br />

ist, da Christus ist, sitzend zu der Rechten Gottes.<br />

Lolosser s, r


44« Woche des Sonntags Rogate<br />

-4. Zuletzt, da <strong>die</strong> Life zu Tische saßen,<br />

offenbarte Lr sich und schalt ihren<br />

Unglauben und ihres Herzens Härtigkeit,<br />

daß sie nicht geglaubt hatten<br />

denen, <strong>die</strong> Ih n gesehen hatten auferstanden.<br />

zs. Und Er sprach zu ihnen: Gehet<br />

hin in alle W elt und prediget das<br />

Evangelium aller Lreatur.<br />

zb. w e r da glaubet und getauft wird,<br />

der wird selig werden; wer aber nicht<br />

glaubet, der wird verdammt werden.<br />

-7- Die Zeichen aber, <strong>die</strong> da folgen<br />

werden denen, <strong>die</strong> da glauben, sind<br />

<strong>die</strong>: in Meinem Namen werden sie<br />

D a s E v a n g e l i u m<br />

Teufel austreiben, mit neuen Zungen<br />

reden,<br />

;r. Schlangen vertreiben; und so sie<br />

etwas Tödliches trinken, wird's ihnen<br />

nicht schaden; auf <strong>die</strong> Äranken werden<br />

sie <strong>die</strong> Hände legen, so wird's besser<br />

mit ihnen werden.<br />

fg. Und der Herr, nachdem Er mit<br />

ihnen geredet hatte, ward Er aufgehoben<br />

gen Himmel und sitzet zur rechten<br />

Hand Gottes.<br />

ro. S ie aber gingen aus und predigten<br />

an allen Orten; und der Herr<br />

wirkte mit ihnen und bekräftigte das<br />

W ort durch mitfolgenöe Zeichen.<br />

Mark. zö, f4— ro<br />

viele Menschen fragen uns Christen: w ie sollen wir uns das denken,<br />

daß Christus gen Himmel gefahren ist und zur Rechten Gottes sitzt 7<br />

Sie sagen: An <strong>die</strong>sem Punkte ist doch offenbar, daß <strong>die</strong> Bibel jenes<br />

alte Weltbild voraussetzt, das sich den Himmel wie eine große, über<br />

der Erdoberfläche gewölbte Lugcl vorstellt. Sonst hat es keinen<br />

Sinn, zu sagen, daß Christus von der Erde „gen Himmel" gefahren<br />

ist. Dieses Weltbild ist aber seit Äopernikus überwunden. Die Erde<br />

ist doch nur einer unter vielen Sternen im W eltall, und es gibt<br />

darüber gar keinen „Himmel".<br />

Alle Vorstellungen der Menschen vom wcltganzen bleiben stets unvollkommen.<br />

Denn niemand vermag bis an <strong>die</strong> Grenzen der W elt<br />

vorzudringen, niemand vermag ihren Raum und ihre Zeitdauer auszumessen,<br />

niemand kann ihren Ursprung und ihr Ende ergründen.<br />

Deshalb wechseln <strong>die</strong> menschlichen Weltbilder im Laufe der Zeiten.<br />

Der Glaube an Christi Himmelfahrt und an Sein Sitzen zur Rechten<br />

Gottes hat damit nichts zu tun. E r überläßt <strong>die</strong>se Frage den Gelehrten.<br />

Daß Christus gen Himmel gefahren ist und nun zur Rechten Gottes<br />

sitzt, heißt darum nicht, daß der Himmel ein besonderer Raum sei.<br />

„Himmelfahrt" bedeutet, daß der Herr zu Dem zurückgekehrt ist, von<br />

Dem L r ausging. Ebenso ist der Platz zur Rechten Gottes kein<br />

besonderer O rt in <strong>die</strong>sem himmlischen Raum, sondern das Zeichen


Christi Himmelfahrt<br />

44g<br />

her Würde, <strong>die</strong> Gott dem Auferstandenen verliehen hat. W as will<br />

unser Glaube damit sagen? — <strong>Das</strong> bat Christus Gelbst ausgesprochen,<br />

als E r Seinen Jüngern zum letzten Male erschien: „M ir<br />

ist gegeben alle Gewalt im Himmel und aus Erden; darum gehet hin<br />

in alle W elt und lehrt alle Völker lind tauft sie im Namen des<br />

Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes". W ir haben also<br />

einen Herrn in; Himmel, durch den Gott wie durch Seine „rechte<br />

Hand" alles lenkt und regiert, was auf Erden geschieht. Der Apostel<br />

Paulus sagt das so: „Christus ist das Ebenbild Gottes, des Unsichtbaren,<br />

der Erstgeborene aller Kreaturen. Denn in Ihm ist alles geschaffen,<br />

was im Himmel und auf Erden ist, das Sichtbare und das<br />

Unsichtbare, Throne, Mächte, Urelemcnte und Gewalten. <strong>Das</strong> alles<br />

ist durch Ih n und auf Ih n hin geschaffen". Auf <strong>die</strong>sen unseren Herrn<br />

im Himmel vertrauen w ir, wenn w ir beten, an Ih n glauben w ir als<br />

unseren Fürsprecher und Helfer. E r sendet von Seinem Platz zur<br />

Rechten Gottes alle Gaben des Segens, <strong>die</strong> das Leben des einzelnen<br />

Christen und <strong>die</strong> Geschichte Seiner <strong>Gemeinde</strong> begleiten.<br />

Bevor Christus zu Gott zurückkehrt, gibt E r Seinen Jüngern einen<br />

Auftrag. E r sendet sie hinaus in alle W elt. Dieser Auftrag des auferstandenen<br />

Christus unterscheidet sich von dem, den Jesus einst zu<br />

Seinen Lebzeiten Seinen Jüngern gegeben hatte, als E r sie aussandte.<br />

Damals hatte E r ausdrücklich gesagt: „Geht nicht den Weg<br />

zu den Heiden und betretet nicht <strong>die</strong> Stätte der Samariter". Jetzt<br />

aber soll das Evangelium „aller Kreatur" gepredigt werden. W arum<br />

<strong>die</strong>ser Unterschied? W eil erst das Kreuz auf Golgatha offenbar gemacht<br />

hat, daß nicht <strong>die</strong> Juden allein das auserwahlte Volk sind,<br />

sondern aus aller Kreatur <strong>die</strong> Menschen, <strong>die</strong> an Christus als den<br />

Sohn Gottes und ihren Erlöser glauben. Ferner bekommt <strong>die</strong> christliche<br />

Verkündigung jetzt das Merkmal der Ausschließlichkeit: „w er<br />

glaubt und sich taufe» läßt, wird errettet werden; wer nicht glaubt,<br />

wird verdammt werden". W arum ? — w e il Gott durch Auferstehung<br />

und Himmelfahrt Christi Sein endgültiges W ort gesprochen<br />

hat. E r hat Ih n auf den Platz zu Seiner Rechten erhöht; kein<br />

anderer als E r kann und wird <strong>die</strong>sen Platz einnehmen. Ihm allein<br />

ist <strong>die</strong> Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben. Darum darf<br />

unser Glaube mit <strong>die</strong>sem harten Entweder-Oder vor <strong>die</strong> Menschen<br />

treten und sagen: Man kann nicht an Jesus Christus glauben und<br />

neben Ibm andere Religionsstifter oder große Männer der Geschichte


450 Möcht d«s Sonntags Rogate<br />

als göttliche Vffenbarungsträger verehren. <strong>Das</strong> ist der S inn unseres<br />

Glaubens an Christi Himmelfahrt.<br />

Die Jünger erkalten zugleich mit dem Auftrag eine Verheißung.<br />

Ihnen sollen wunderbare Gaben geschenkt werden. Als solche werden<br />

genannt: Teufelsaustreibungen, Zungenreden, ein anderes Verhältnis<br />

zu den Tieren und Pflanzen, <strong>die</strong> dem Menschen sonst Schaden zu<br />

bringen pflegen, Lrankenheilungen. Nimmt man das Zungenreden<br />

aus, so haben alle <strong>die</strong>se ,,nachfolgenden Zeichen" ihre Eigentümlichkeit<br />

darin, daß das Böse über <strong>die</strong>, auf denen Gottes Geist ruht, keine<br />

Macht mehr hat. Die Teufel ertragen ihre Gegenwart nicht, bösartige<br />

Tiere vergessen <strong>die</strong> Angst, <strong>die</strong> sie bösartig macht. Sie werden<br />

zahm in ihrer Hand. Selbst giftige pflanzen schaden ihnen nicht.<br />

Rrankheiten weichen, wo sie <strong>die</strong> Hand auflegen. <strong>Das</strong> sind <strong>die</strong> Gaben,<br />

<strong>die</strong> dem W orte „nachfolgen". Sie bewahrheiten und bekräftigen «s<br />

aus der Vollmacht dessen, dem alle Gewalt im Himmel und auf<br />

Erden gegeben ist.<br />

Ist das W ahrheit? w i r möchten Beweise da<strong>für</strong> haben. Solche Beweise<br />

gibt es in der Geschichte der Lirche, wenngleich nicht zu allen<br />

Zeiten. Oder weiß auch einer von u n s etwas davon, wie alles ganz<br />

anders wird um ihn herum, wo das W ort von dem, den Gott zu<br />

Sciner^echten erhöht hat, eine lebendige Wirklichkeit ist?<br />

Die Epistel<br />

?. Die erste Rede hab ich getan, lieber<br />

auf <strong>die</strong> Verheißung des Vaters,<br />

Theophilus, von all« dem, das welche ihr habt gehöret, sprach Er,<br />

Jesus anfing, beides, zu tun und zu von M ir;<br />

lehren,<br />

s. denn Johannes hat mit Masser<br />

r. bis an den Tag, da Er aufgenommen<br />

ward, nachdem Lr den<br />

getauft, ihr aber sollt mit dem Heiligen<br />

Geiste getauft werden nicht lange<br />

Aposteln, welche Lr hatte erwählet,<br />

nach <strong>die</strong>sen Tagen,<br />

durch den Heiligen Geist Befehl getan<br />

hatte,<br />

b. Die aber, so zusammenkommen w a ­<br />

I. welchen Er Sich nach Seinem Leiden<br />

lebendig erzeiget hatte durch<br />

ren, fragten Ih n und sprachen: Herr,<br />

wirst Du auf <strong>die</strong>s« Zeit wieder aufrichten<br />

das Reich Israel?<br />

mancherlei Erweisungen, und ließ<br />

sich sehen unter ihnen vierzig Tage<br />

lang und redete mit ihnen vom Reich<br />

7. Er sprach aber zu ihnen: E s gebühret<br />

euch nicht, zu wissen Zeit oder<br />

Gottes.<br />

Stunde, welch« der Vater Seiner<br />

4. Und als Er sie versammelt hatte,<br />

befahl Lr ihnen, daß sie nicht von<br />

Macht vorbehalten hat;<br />

r. sondern ihr werdet <strong>die</strong> Rraft des<br />

Jerusalem wichen, sondern warteten Heiligen Geistes empfahen, welcher


Christi Himmelfahrt 4S,<br />

auf euch kommen wird, und werdet<br />

Meine Zeugen sein zu Jerusalem und<br />

in ganz Judäa und Samarien und<br />

bis an das Ende der Erde.<br />

g. Und da Er solches gesagt, ward Lr<br />

aufgehoben zusehends, und eine Wolke<br />

nahm Ih n aus vor ihren Augen weg.<br />

zo. Und als sie Ih m nachsahen gen<br />

Himmel fabrend, siehe, da stunden bei<br />

ihnen zween Männer in weißen M eldern,<br />

- 1. welche auch sagten: Ih r Männer<br />

von Galiläa, w as stehet ihr und sehet<br />

gen Himmel) Dieser Jesus, welcher<br />

von euch ist aufgenommen gen Himmel,<br />

wird kommen, wie ihr Ih n gesehen<br />

habt gen Himmel fahren.<br />

Ap. Gcsch. ,,<br />

Der Auferstandene redet in den 40 Tagen, in denen L r Seinen Jü n ­<br />

gern leiblich erschien, mit ihnen von der größten Hoffnung, <strong>die</strong> das<br />

Herz bewegt, E r redet vom Reiche Gottes. Als <strong>die</strong> 40 Tage zu<br />

Ende gehen, gibt E r ihnen den Befehl, Jerusalem nicht zu verlassen,<br />

bis sich <strong>die</strong>se ihre Hoffnung und <strong>die</strong> Verheißung Gottes erfüllt. Aber<br />

w ie erfüllt sie sich) Die Jünger denken an das weitende und verstehen<br />

unter dem Reiche Gottes <strong>die</strong> wiederaufrichtung des Reiches<br />

Israel, w i r Menschen bleiben ja immer, wenn w ir uns <strong>die</strong> Zukunft<br />

ausmalen, von dem abhängig, was aus der Vergangenheit an<br />

Großem und Schönem in unserer Erinnerung lebt. Der Herr aber<br />

lenkt ihre Gedanken nach vorne. Auf den Traum von der Wiedererrichtung<br />

des alten davidischen Reiches geht E r gar nicht ein, und<br />

vom Weltende sagt er: „<strong>Das</strong> hat G ott Sich vorbehalten; euch<br />

kommt es nicht zu, Zeit und Stunde seines Eintretens zu wissen!"<br />

Um so dringlicher aber weist E r sie hin auf <strong>die</strong> Ausgießung des<br />

Heiligen Geistes. Sie steht in wenigen Tagen bevor. Deshalb<br />

sollen sie Jerusalem nicht verlassen. Denn sie sollen nicht als<br />

Einzelne, sondern als <strong>Gemeinde</strong> den Heiligen G eist<br />

empfangen, während <strong>die</strong> Jünger also in alten Vorstellungen<br />

rückwärtsblickender Erinnerung befangen sind, sagt ihnen Jesus, ohne<br />

daß sie es jetzt schon verstehen: Alle Verheißungen der Propheten<br />

vom kommenden Gottesrcich auf Erden werden sich erfüllen, wenn<br />

Gottes Heiliger Geist über <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> der Jünger kommt und<br />

<strong>die</strong> Rirche Jesu Christi geboren wird. Sie ist der Anfang der Herrschaft<br />

Gottes auf Erden. <strong>Das</strong> w ar's, was <strong>die</strong> Propheten Iesaia<br />

(44, s- 4), Hesekiel (,;, ,g; 8b, rb—27), Ioel (3, ;), Sacharja (-2, so)<br />

gemeint haben, wenn sie davon redeten, daß am Ende der Tage<br />

Gottes Geist solle ausgegossen werden über alles Heisch. I n der<br />

Auferstehung Christi nahm <strong>die</strong>ses Reich seinen Anfang; der gen Himmel<br />

gefahrene und zur Rechten Gottes sitzende Christus sendet um


4°r<br />

Woche S«s Sonntags Rogat«<br />

Pfingsten Seinen Geist, damit das Haupt, das im Himmel ist, auf<br />

<strong>die</strong>ser Erde in der christlichen <strong>Gemeinde</strong> Seinen Leib hat. Pfingsten<br />

aber weist hin auf <strong>die</strong> Wiederkunft Christi am Ende aller Tage.<br />

Denn erst dann wird, was hier auf Erden Stückwerk bleibt, seiner<br />

Vollendung entgegengehen. S o sind <strong>die</strong> großen Ereignisse der Heilsgeschichte<br />

in den großen Festtagen Lirche miteinander verbunden.<br />

D a s L ie d d e s T a g e s<br />

Auf <strong>die</strong>sen Tag bedenken wir,<br />

daß Christ gen Himmel gfahren<br />

Martin Luthers Beispiel, das Evangelium auf allerlei weise zu<br />

treiben, vornehmlich durchs Lied, fand freudigen Widerhall allenthalben.<br />

S o war der Bürgermeister von Konstanz eifrig bemüht um<br />

das Werk der Reformation, und Iohannes Zwick, der Prediger,<br />

verfaßte <strong>für</strong> seine S tadt das erste Gesangbuch. Darin stand erstmalig,<br />

unter den Liedern vor oder nach der predigt, sein kraftvoller<br />

Himmelfahrtsgesang mit seiner ebenbürtigen weise eines unbekannten<br />

Sängers, <strong>die</strong> uns beide auf dem Wege über Straßburgs berühmte<br />

Druckerwerkstatt erhalten geblieben sind.<br />

Auch in seinem Liede predigt Iohannes Zwick. E r behandelt darin <strong>die</strong><br />

Tatsache der Himmelfahrt Christi. Dabei verliert er sich nicht in<br />

farbige Ausmalerei von Einzelheiten, läßt uns überhaupt nicht den<br />

äußeren Vorgang miterleben. Nicht das rätselvolle w ie ist ihm<br />

wichtig, sondern der Eingriff Gottes, der Christus zum Lönig über<br />

alle Welten einsetzte. Dieser Eingriff Gottes macht ihm M ut, zu<br />

beten, zu bitten um väterliche Bewahrung. Freude erfüllt sein Herz,<br />

denn der w e g „ist gemacht". Christus hat ihn vollenden dürfen,<br />

damit, daß E r <strong>die</strong> Himmelspforten aufstieß. Nun kommt alles auf<br />

<strong>die</strong> rechte gläubige Nachfolge an. Denn nur in ihr verwirklicht sich<br />

schon hier auf Erden der erste Schritt unserer Heimkehr zum Vater.<br />

Die Freude läßt den Dichter schon jetzt das Ziel schauen: Gott Vater<br />

und Sohn und wir bei Ihm ! E s ist ihm an <strong>die</strong>sem „freudenreichen<br />

Tag" fast weihnachtlich zumute: das Werk des Vaters, das im nächtlichen<br />

S tall begann, erfüllt sich in der Heimkehr des Sohnes bei<br />

Seiner Auffahrt. Aber seine letzte Vollendung wird es erst finden,<br />

wenn der Freudentag der endgültigen Heimkehr anbrechen wird <strong>für</strong>


<strong>Das</strong> dreifach« Amt Christi 4°s<br />

alle, <strong>die</strong> Gott in Ewigkeit zu Sich nehmen wird kraft der Auferstehung<br />

Seines Christus, auf daß sie seien, wo E r ist.<br />

<strong>Das</strong> österliche Halleluja, dreimal am Ende jeder Strophe gesungen,<br />

schließt an <strong>die</strong>sem Tage den inneren Äreis der österlichen Freudenzeit.<br />

D as Gebet des Tages<br />

A l l m ä c h t i g e r G o t t , w i r b i t t e n D i c h , v e r l e i h , d a ß u n s e r S i n n<br />

a ll e z e i t d a h in ste h e , w o h i n d e r H e r r d ie s e s Festes m i t R u h m u n d<br />

p r e i s ist e i n g e g a n g e n , u n d d a ß w i r d o r t , w o h i n w i r h ie r im<br />

G l a u b e n t r a c h t e n , u n s e r n e w i g e n A u f e n t h a l t f in d e n , d u r c h J e ­<br />

s u m C h r i s t u m , D e i n e n S o h n , d e r i n E i n i g k e i t d e s H e ilig e n<br />

G e i s t e s m i t D i r le b e t u n d h e r r sc h e t i n E w i g k e i t . A m e n .<br />

-i-<br />

und:<br />

D as dreifache Amt Christi<br />

I n Ih m wohnet <strong>die</strong> ganze M lle der Gottheit leibhaftig.<br />

Uolosscr r, g<br />

Aus Seiner Hülle haben w ir alle genommen Gnad« um Gnade.<br />

Iohannes z, ib<br />

I n <strong>die</strong>se» beiden W orten faßt sich das ganze Werk der Erlösung zusammen,<br />

dessen M ittler zwischen G ott und uns Menschen der Herr Jesus Christus ist.<br />

Die Auch« macht das Lrlösungswerk des Heilandes den Gläubigen deutlich<br />

durch <strong>die</strong> Lehr« vom dreifache» Amt Christi: dem Prophetischen, dem<br />

priesterlichen und dem Löniglichen Amte.<br />

>. Am Anfang steht das Prophetische Amt: „Nachdem vor Zeiten G ott<br />

manchmal und mancherlei w eise geredet hat zu den Vatern durch <strong>die</strong> P ropheten,<br />

hat Er am letzten in <strong>die</strong>sen Tagen zu uns geredet durch den Sohn"<br />

iHcbr. i, G ott hat geredet! Damit ist der Dienst der Propheten des Alten<br />

Testamentes beschrieben, denen G ott von Geschlecht zu Geschlecht — von den<br />

ersten in der Bibel genannten Zeugen des Glaubens (s. M os. ro, 7) bis<br />

auf Johannes den Täufer — Seinen w ille n kundgetan hat (Amos Z, 7).<br />

Diese Lundgebung des göttlichen w ille n s hat einen von Beginn der W elt<br />

bestimmten Grund und «in über alle Geschichte der Menschen herrschendes<br />

Ziel: G ott w ill den Rat Seines Heils vor allen Völkern offenbaren (Ies.


4°4 Woche des Sonntags Rogate<br />

4S, r ; — rs). Darum erwählt L r sich zunächst e i n Volk zu Seinem Volk<br />

(Hosts i i, i ; r. M os. ro, r) und gibt ihm in den Propheten <strong>die</strong> Zeugen<br />

Seiner Offenbarung. Als aber <strong>die</strong>ses Volk immer wieder und immer mehr<br />

trotz aller gnädigen Heimsuchung G ottes in Ungehorsam und Unglauben gegen<br />

<strong>die</strong> predigt der Propheten sich verstockt, ist <strong>die</strong> Zeit erfüllt, daß Lr mit<br />

Seinem S o h n „den Propheten" sendet, von dem M ost geweissagt (s. Most<br />

)S, zs) und den der Iesaja der babylonischen Gefangenschaft als den wahren<br />

„Lnecht Gottes" geschaut hat, der „das Recht wahrhaftig lehren wird"<br />

(Ics. 4r, s).<br />

Als der, der selber „das W ort Gottes" ist, tritt der Herr Jesus Christus mit<br />

Seiner predigt von der Gottesherrschaft (Mark. I, ;s ; M atth. s — 7) in<br />

das Amt des verheißenen Propheten «in, — „der in <strong>die</strong> W elt kommen soll"<br />

(Ioh . S, 14), der sich mächtig erweist von Taten und W orten (Luk. 44, sg)><br />

der gekommen ist, „das Gesetz und <strong>die</strong> Propheten zu erfüllen" (Match, s, -7).<br />

Darum ist Seine Verkündigung von einer so in Gottes Heil gesammelten<br />

Lraft, daß Seine W ort« „Geist und Leben", ja „W orte des ewigen Lebens"<br />

(Icch. b, Ss. bs) sind, von denen L r sagen kann: „Himmel und Erde werden<br />

vergehen, aber Meine W orte werden nicht vergehen" (Matth. 24, ss). Diese<br />

W orte des Herrn Jesus Christus fließen aus der unmittelbaren und ununterbrochenen<br />

Gemeinschaft mit G ott, von der bezeugt werden darf:<br />

Niemand hat G ott je gesehen,<br />

der eingeborne S oh n ,<br />

der in des Vaters Schoße ist,<br />

der hat es uns verkündigt.<br />

Iohannes ;, zr<br />

r. Neben <strong>die</strong>sem Prophetischen Amt, in dem der Herr Jesus Christus <strong>die</strong> vollkommene<br />

und abgeschlossene Offenbarung des Heils gebracht hat, steht nun<br />

als zweites nach dem Zeugnis der Schrift S ein Priesterlichts Amt,<br />

das <strong>die</strong> Versöhnung predigt.<br />

Schon im Alten Testament ist aller Gottes<strong>die</strong>nst und aller Gottesglaube beherrscht<br />

von dem Gedanken des Opfers, das nicht nur ein Ausdruck der anbetenden<br />

Hingabe (Speise-, Trank- und Brandopfer) in Dank und Bitte, sondern<br />

ein Bekenntnis der Sünde (Sünd- und Schuldopfer) in Reue und Buße<br />

darstellt. Dabei ist <strong>die</strong> entscheidende Bedeutung solches Opfers <strong>die</strong> stellvertretende<br />

Genugtuung in der Hingabe eines Opfertieres, das anstatt<br />

des eigenen, vor G ott verwirkten Lebens dargebracht wird (Hebr. g,<br />

7 ff.). Den Höhepunkt des gottes<strong>die</strong>nstlichen Lebens im Alten Testament bildet<br />

darum das große Versöhnungsopfer, das einmal im Jahre der Hohepriester<br />

im Allerheiligsten darzubringen hatte, „zu versöhnen <strong>die</strong> Siinde des Volkes"<br />

(Hebr. r, ,7).


<strong>Das</strong> dreifach« Amt Christi<br />

4SS<br />

Auf <strong>die</strong>sen Grundgedanken von der Notwendigkeit des «vpfers <strong>für</strong> <strong>die</strong> Versöhnung<br />

der Sünden des ganzen Volkes wie des einzelnen Frommen beruht<br />

nun <strong>die</strong> prophetische W eissagung von dem „leidenden Lnecht" Gottes, der<br />

stellvertretend sein eigenes Leben opfert, indem er <strong>die</strong> Sünden aller trägt<br />

und sühnt, aber auch durch seinen sühnenden Tod <strong>die</strong> Sünder heilt und erlöst<br />

(Ies. ss).<br />

Dieses priesterlichc Amt des stellvertretenden Leidens und Sterbens hat der<br />

Herr Iesus Christus auf Sich genommen. Lr gibt Sich Selbst als (vpfergabe.<br />

I n <strong>die</strong>sem S in ne ist Lr „das Lamm, das der W elt Sünde trägt" ( I o h .), 2 g),<br />

Lr ist „der gute Hirte, der sein Leben läßt <strong>für</strong> <strong>die</strong> Schafe" (Ioh- )0, zz),<br />

Lr hat S e in Leben gegeben „zu einer Lclösung <strong>für</strong> viele" (M atth. 20, 24).<br />

I n der Taufe am Iordan fängt <strong>die</strong>ses priesterlichc Amt schon an, da Lr bereits<br />

„alle Gerechtigkeit erfüllt" hat (M atth. s, ;s), indem „G ott Ih n zur<br />

Sünde gemacht hat, auf daß w ir würden in Ih m <strong>die</strong> Gerechtigkeit, <strong>die</strong> vor<br />

G ott gilt" (2. L or. s, r ;). Der mit den Sündern in Reih und Glied getreten<br />

ist, w ill damit <strong>für</strong> sie alle einstehen: „Der Gerechte <strong>für</strong> den Ungerechten"<br />

0 . petr. s, i;)> um sich „mit Seinem heiligen teuren Blut" — „als eines<br />

unschuldigen und unbefleckten Lammes" (). petr. z, ig) — G ott in Seinem<br />

Versöhnungsopfer darzubringen.<br />

Deshalb erfüllt sich im unschuldigen Leiden und Sterben des Herrn Iesus<br />

Christus das rechte Sühneopfer, das in der Freiwilligkeit der Selbsthingabc<br />

(). petr. 2, 24), im Gehorsam gegen den w ille n des Vaters (Hebr. s, s), in<br />

der Stellvertretung <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> (Röm. s, 2s) unsere „ewige Lrlösung"<br />

erbracht hat (Hebr. g, -2). S o ist Iesus Christus in Seinem priesterlichen<br />

Amt <strong>die</strong> „Versöhnung <strong>für</strong> unsere Sünden, nicht allein aber <strong>für</strong> <strong>die</strong> unseren,<br />

sondern auch <strong>für</strong> <strong>die</strong> der ganzen W elt" (;. Io h . 2, 2).<br />

G ott war in Christo<br />

und versöhnt« <strong>die</strong> W elt mit Ih m selbst.<br />

2. Lorinther s, jg<br />

s. Die Lrönung des Lrlösungswerkes stellt aber das Löniglichc Amt<br />

des Herrn Christus dar, der selbst — wie es in einem Liede heißt — „L önig<br />

in drei Reichen ist": dein „Reich der Allmacht", dem „Reich der Gnade" und<br />

dem „Reich der Herrlichkeit".<br />

Der S o h n Gottes, der Sich in Seinem völligen Gehorsam erniedrigt hat<br />

bis zum Tod am Äreuz, der gelitten hat, gekreuzigt, gestorben und begraben<br />

und zur Hölle — d. h. in das Totenreich — gefahren ist, ist in Seiner Auferstehung<br />

und Himmelfahrt von G ott „erhöht" und zur Rechten des Allmächtigen<br />

Vaters gesetzt, daß Lr „der Herr sei", dem alle Line sich beugen,<br />

und den alle Zungen bekennen sollen im Himmel und auf Lrden und unter<br />

der Lrd« (Phil. 2, s — l l>. Darum ist das Äönigtum Christi das Zeichen Seiner<br />

Vollmacht in der Regierung der W elt: Er ist der, der über Seine Feinde<br />

17 Oae <strong>Kirchenbuch</strong>


4sb<br />

Woche des Sonntags Rogate<br />

herrscht (ps. ;;o ) und dem „alle Gewalt gegeben ist im Himmel und auf<br />

Erden" (Match. 2S, ff.).<br />

w i e der Herr Iesus Lhristus aber im „Reiche der göttlichen Allmacht" im<br />

W eltregiment sitzt, so herrscht L r auch im „Reich der Gnade" im besonderen<br />

über Seine <strong>Gemeinde</strong>, zu der Lr immer wieder in der Taufe und im Heiligen<br />

Abendmahl „kommt" (M atth. 2), S) und bei der Lr bis an der W elt<br />

Ende mit Seinem Geist und Seinen Gaben ist (Match, 2S, 20). Indem Lr<br />

so aus allen Völkern Sich Seine <strong>Gemeinde</strong> durch das Evangelium beruft und<br />

mit dem Heiligen Geist sammelt und erhält (Io h . fd, zs f.), bringt Lr <strong>die</strong><br />

Gnade, <strong>die</strong> Er in göttlicher „Majestät mit allumfassender Macht wirkt", zur<br />

Herrschaft.<br />

Endlich wird S ein Königtum im „Reich der Herrlichkeit" vollkommen offenbar<br />

werden, wenn Lr am Ende der Tage wiederkommen und Seine gesamte<br />

Lönigsherrschaft dem Vater zu Füßen legen wird (-. Lor. is , 34 ff.).<br />

B is zu <strong>die</strong>sem Zeitpunkt steht <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> noch in der Erwartung und<br />

wandelt „im Glauben und nicht im Schauen" ihres himmlischen L önigs. Die<br />

Glieder <strong>die</strong>ser <strong>Gemeinde</strong> dürfen bekennen: „ w i r sind schon selig, doch in der<br />

Hoffnung" (Röm. s, 24). Der Grund aber ihrer Seligkeit ist schon heute<br />

und hier in aller Anfechtung und Versuchung <strong>die</strong>ser W elt und <strong>die</strong>ses Lebens<br />

<strong>die</strong> Rechtfertigung, <strong>die</strong> gewiß sein darf: als der Lünig Seiner <strong>Gemeinde</strong> tritt<br />

Jesus <strong>für</strong>bittenü vor G ott <strong>für</strong> <strong>die</strong> Seinen ein. Lr ist der „Fürsprecher bei dem<br />

Vater" (I. Io h . 2, z), Lr ist „zur Rechten G ottes und vertritt uns" (Röm.<br />

4, 34). S o ist <strong>die</strong>ser Herr Jesus Lhristus L önig und Priester in einein, und<br />

<strong>die</strong> Schrift nennt Ih n darum den „Großen Hohenpriester", von dem es heißt:<br />

Dieweil w ir denn einen großen Hohenpriester haben,<br />

Jesum, den Soh n Gottes, der gen Himmel gefahren ist,<br />

so lasset uns halten an dem Bekenntnis.<br />

Hebräer 4, -4<br />

-i-<br />

Hreitag nach Himmelfahrt<br />

1. Er sagte ihnen aber ein Gleichnis<br />

davon, daß man allezeit beten und<br />

nicht laß werden solle,<br />

2. und sprach: E s war ein Richter<br />

in einer Stad t, der <strong>für</strong>chtet« sich nicht<br />

vor G ott und scheute sich vor keinem<br />

Mensche».<br />

3. E s w ar aber eine W itw e in derselbigen<br />

Stadt, <strong>die</strong> kam zu ihm und<br />

sprach: Rette mich von meinem<br />

Widersacher!<br />

4. Und er wollte lange nicht. Darnach<br />

aber dacht« er bei sich selbst: Ob<br />

ich mich schon vor G ott nicht <strong>für</strong>chte,<br />

noch vor keinem Menschen scheue,<br />

s. <strong>die</strong>weil aber mir <strong>die</strong>se W itw e so


Mache des Sonntags Rogate<br />

viel Müh« machet, will ich sie retten,<br />

auf daß sie nicht zuletzt komme und<br />

betäub« mich.<br />

ö. Da sprach der Herr: Höret hie,<br />

was der ungerechte Richter saget:<br />

7. Sollte aber Gott nicht auch retten<br />

Seine Auserwähleten, <strong>die</strong> zu Ihm Tag<br />

4ö7<br />

und Nacht rufen, und sollte Lr's mit<br />

ihnen verziehen?<br />

S. Ich sage euch: Er wird sie erretten<br />

in einer Rürze. Doch wenn des Menschen<br />

Sohn kommen wird, meinest<br />

du, daß Er auch werde Glauben finden<br />

auf Erden? Luk. i s, 1—5<br />

Die Rinder Gottes können viel von den Rindern der W elt lernen.<br />

Die W itwe, von der unser Text erzählt, befindet sich in völliger<br />

Hoffnungslosigkeit, w ehrlos, wie eine W itw e ist, wird sie von<br />

ihrem Widersacher bedrängt. Dazu ist der Richter, bei dem sie Schutz<br />

sucht, ein Mann, der nicht nach Gerechtigkeit verfährt. Aber in solcher<br />

Hoffnungslosigkeit wird sie nicht müde, den ungerechten Richter so<br />

lange anzurufen, bis er ihr tatsächlich hilft. — Die Rinder Gottes<br />

aber werden in ihren mancherlei Nöten so schnell müde zum Gebet.<br />

Und doch sollen sie beharren in anhaltendem Gebet. Solchem<br />

Beten ist <strong>die</strong> Verheißung gegeben: E r wird sie erretten in Rürze.<br />

Die andere Lesung: Rolosser z, -7—-rs<br />

Sonnabend nach Himmelfahrt<br />

)5. Darum auch ich, nachdem ich gehöret<br />

habe von dem Glauben bei euch<br />

an den Herrn Jesum und von eurer<br />

Liebe zu allen Heiligen,<br />

)ö. höre ich nicht auf, zu danken <strong>für</strong><br />

euch, und gedenke euer in meinem Gebet,<br />

)7. daß der Gott unsers Herrn Jesu<br />

Christi, der Vater der Herrlichkeit,<br />

gebe euch den Geist der Weisheit und<br />

der «Offenbarung zu Seiner Selbst Erkenntnis<br />

zr. und erleuchtete Augen eures Verständnisses,<br />

daß ihr erkennen möget,<br />

welche da fei <strong>die</strong> Hoffnung eures Berufs,<br />

und welcher sei der Reichtum<br />

Seines herrlichen Erbes an Seinen<br />

Heiligen,<br />

;g. und welche da sei <strong>die</strong> überschwengliche<br />

Größe Seiner Rraft an uns, <strong>die</strong><br />

wir glauben nach der Wirkung Seiner<br />

mächtigen Stärke,<br />

ro. welche Lr gewirket hat in Christo,<br />

da Lr Ihn von den Toten auferwecket<br />

hat und gesetzt zu Seiner Rechten im<br />

Himmel<br />

r>. über alle Fürstentümer, Gewalt,<br />

Macht, Herrschaft und alles, was genannt<br />

mag werden, nicht allein in<br />

<strong>die</strong>ser Welt, sondern auch in der zukünftigen;<br />

rr. und hat alle Dinge unter Seine<br />

Füße getan und hat Ihn gesetzt zum<br />

Haupt der <strong>Gemeinde</strong> über alles,<br />

rs. welch« da ist Sein Leib, nämlich<br />

<strong>die</strong> Fülle Des, der alles in allem erfüllt.<br />

Lph. «, is—rs<br />

Iesu königliche Herrschaft über alles, was im Himmel und auf Erden<br />

ist, wirkt sich in Seiner <strong>Gemeinde</strong> aus. Die Rirche ist <strong>die</strong> Stätte, wo


4sr<br />

iVoche des Sonntags Rogate<br />

der „Reichtum Seines herrlichen Erbes an Seinen Heiligen" offenbar<br />

wird; sie ist das Gefäß <strong>für</strong> <strong>die</strong> „überschwengliche Größe Seiner<br />

Äraft" und <strong>für</strong> <strong>die</strong> „Wirkung Seiner mächtigen Stärke", von der<br />

Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten künden. Und w ir alle sind Teile<br />

<strong>die</strong>ses Gefäßes und Steine jener Stätte — wer das sieht und<br />

hört, erfährt und erlebt, der kann nicht aufhören zu danken <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />

Hülle der Wunder, <strong>die</strong> Gott über Seine <strong>Gemeinde</strong> ausgegossen<br />

hat, wird aber auch nicht aufhören zu bitten, daß Gott allenthalben<br />

erleuchtete Augen und den Geist der Weisheit schenken möge, damit<br />

Freund und Feind erkenne: „<strong>Das</strong> erste ist vergangen, siehe, es ist<br />

alles neu geworden!" Unser Dank und unsere Bitte kreisen um <strong>die</strong>se<br />

Welterneuerung unter dem Szepter dessen, dem alle Dinge unter<br />

Seine Füße getan sind; dann wird unser Danken freudiger, unser<br />

Bitten getroster und unser gesamtes Beten siegesgewisscr sein. Rogate,<br />

betet! steZem ksdenus! w i r haben einen Rönig!<br />

Die ander« Lesung: Lolosser s, l—i c>


Sonntag E x a u d i<br />

4Sg<br />

Sechster Sonntag nach Ostern / Exaudi<br />

Lxaudi: „Herr, erhöre mich" (ps. 27, 7—gs). Die <strong>Gemeinde</strong> harrt<br />

auf <strong>die</strong> Gabe des Heiligen Geistes. Lhristus hat das Heuer angezündet<br />

auf Erden (Lukas zr, 4tz), nun wartet sie auf das Aufleuchten feiner<br />

Hlamme. Sie spürt den Hauch der Auferstehung von den Toten und<br />

wartet auf das wehen des pfingstgeistes. S o betet sie: Romin,<br />

Heiliger Geist, Herre Gott!<br />

Solange <strong>die</strong>se W elt steht, bleibt <strong>die</strong> Lirche auf Erden eine „w artende<br />

<strong>Gemeinde</strong>", w i r Christen sind Linder Gottes, aber es „ist<br />

noch nicht erschienen, was w ir sein werden", w i r sind noch ferne<br />

vom Vaterhaus, w i r leben in der Hreiheit des Glaubens, aber nicht<br />

des Schauens. w i r sind dessen gewiß, was w ir erhoffen; aber es<br />

ist nicht in unsere Hand gegeben. Deshalb ist unsere Hoffnung ein<br />

geduldiges und zuversichtliches w arten.<br />

w e r kann warten) Der Unglaube kann es nicht. E r will Zeichen<br />

und Wunder sehen. Der Aberglaube kann es nicht. Angst und Zweifel<br />

lasten auf ihm. Die Schwarmgeistern kann es nicht. Sie kennt weder<br />

Geduld noch Gehorsam gegen Gott. w arten kann nur der Glaube,<br />

den Iesus Lhristus Selber in uns weckt durch Seinen Heiligen Geist.<br />

E r ist ein „Angeld" bessert, was noch kommt.<br />

Ich will ausgießen den Geist der Gnade und des Gebets.<br />

Sacharja 12, so<br />

rS. Wenn aber der Tröster kommen<br />

wird, welchen Ich euch senden werde<br />

vom Vater, der Geist der Wahrheit,<br />

der vom Vater ausgehet, der wird<br />

zeugen von Mir.<br />

27. Und ihr werdet auch zeugen; denn<br />

ihr seid von Anfang bei Mir gewesen.<br />

?. Solches hab Ich zu euch geredet,<br />

daß ihr euch nicht ärgert,<br />

r. Sie werde» euch in den Bann tun.<br />

Es kommt aber <strong>die</strong> Zeit, daß, wer<br />

D as Evangelium<br />

euch tötet, wird meinen, er tue Gott<br />

einen Dienst dran.<br />

3. Und solches werden sie euch darum<br />

tun, daß sie weder Meinen Vater noch<br />

Mich erkennen.<br />

4. Aber solches habe Ich zu euch geredet,<br />

auf daß, wenn <strong>die</strong> Zeit kommen<br />

wird, ihr dran gedenket, daß Ich's<br />

euch gesagt habe. Solches aber habe<br />

Ich euch von Anfang Nicht gesagt;<br />

denn Ich war bei euch.<br />

Ioh. ) 8, 2d—;ö, 4


4bo<br />

Mache des Sonntags Lxaudi<br />

Der Heilige Geist, den der Herr Seinen Jüngern um Pfingsten zu<br />

senden verspricht, ist der Tröster. L r gibt Gewißheit des Glaubens,<br />

zündet das Heuer Liebe an und weckt <strong>die</strong> Hoffnung. Aber der<br />

Heilige Geist ist zugleich Bekenner und macht <strong>die</strong>, auf denen L r ruht,<br />

zu Bekennern. M it dem Bekennen aber kommt der Lampf und mit<br />

dem Rampf das Leiden. <strong>Das</strong> griechische W ort, das der Text mit<br />

„Zeugnis ablegen" wiedergibt, ist dasselbe W ort, das w ir gebrauchen,<br />

wenn w ir von „Märtyrern" reden. Ein „M ärtyrer" ist ursprünglich<br />

nichts anderes als ein „Zeuge" Christi. Erst während der<br />

Lhristenverfolgungen hat sich <strong>die</strong>ser Begriff verengt, so daß fortan<br />

das W ort „Märtyrer" <strong>die</strong> Bedeutung eines „Blutzeugen" bekommt,<br />

d. h. eines Bekenners, -er mit seinem Blute <strong>für</strong> Lhristus Zeugnis<br />

abgelegt hat.<br />

Zwischen dem Bekennen und dem Märtyrerwerdcn besteht ein Zusammenhang.<br />

w e r öffentlich <strong>für</strong> Lhristus Zeugnis ablegt, muß Verfolgung<br />

leiden. „Sie werden euch in den Bann tun". <strong>Das</strong> bedeutet«<br />

damals Ausstoßung aus der Volksgemeinschaft, w ie hart und bitter<br />

ist das! Denn wer liebt nicht sein Volk und seine Muttersprache) Doch<br />

der Herr sagt: Dabei wird es nicht bleiben. „Ls kommt sogar <strong>die</strong><br />

Stunde, daß jeder, der euch tötet, glauben wird, er täte Gott einen<br />

Dienst damit". Der Pharisäer Saulus mag es wirklich als seine<br />

gottgewollte Pflicht betrachtet haben, daß er <strong>die</strong> Steinigung -es<br />

Stephanus leitete.<br />

Dies sagt der Herr Seinen Jüngern voraus und fügt hinzu: „D a­<br />

mit ihr nicht in Ärgernis geratet". <strong>Das</strong> W ort Ärgernis bedeutet<br />

etwas anderes, als wenn w ir sagen: Ich habe mich geärgert. Die<br />

Bibel meint mit Ärgernis, daß einer an Gott irre wird. Andern<br />

Menschen Ärgernis geben, heißt im Sprachgebrauch der Bibel, sie<br />

an Gott irre machen. Schließlich steckt das auch hinter unserem<br />

menschlichen Ärger. Denn wenn w ir uns an Menschen ärgern,<br />

weil sie uns Unrecht tun oder verletzen, so steht der Arger an Gott<br />

im Hintergründe, w i r murren dann und fragen: w aru m läßt Gott<br />

soviel Unrecht zu, wenn L r Gott ist) Aller menschlicher Arger<br />

kommt aus dem Unglauben, w e r sich ärgert, hat noch nicht <strong>die</strong> Rraft<br />

des Heiligen Geistes, <strong>die</strong> zu leiden weiß, Geduld hat und das Böse<br />

mit Gutem überwindet.<br />

Rein Mensch ist frei von Ärger und gefeit gegen alles Ärgernis,<br />

auch w ir Lhristen nicht, w ie sollte es nicht dahin kommen, daß w ir


Boniitag Lxaudi 46?<br />

in unserem Glauben an Gott irre werden, wenn wir selber unschuldig<br />

leiden müssen oder andere, <strong>die</strong> wir lieb haben, unschuldig leiden<br />

sehen! <strong>Das</strong> weiß der Herr auch. Darum hat E r Seinen Iüngern<br />

vorausgesagt, daß <strong>die</strong>s alles kommen müsse, „damit ihr daran<br />

denkt, wenn es so weit ist, daß Ich es euch gesagt habe". Darum weist<br />

E r auch hin auf <strong>die</strong>sen Zusammenhang zwischen Bekennen und Leiden<br />

und sagt im voraus: Derselbe Heilige Geist, der zum Bekennen treibt,<br />

führt ins Leiden hinein: „Ein Christ kann ohne Leid nicht sein".<br />

Dies wissen wir wohl und haben es oft gesungen. Dennoch ist es<br />

<strong>für</strong> jeden Einzelnen von uns schwer, zu erlernen, wenn es Wirklichkeit<br />

wird. Liegt aber der Schatten des Ärgernisses auf dir, so laß<br />

dir gesagt sein, was alle großen Männer der Lirche, einer wie der<br />

andere, aus der Erfahrung ihres Glaubens und Lebens immer wiederholt<br />

haben: Es ist ein Zeichen der Lrwählung, wenn einer um<br />

Christi willen Unrecht leidet. Ebenso steht es mit der Lirche. Zeiten,<br />

in denen sie sich einer öffentlichen Anerkennung erfreut, sind in der<br />

Regel keine Gnadenzeiten <strong>für</strong> sie. Lommt es aber dahin, daß <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong><br />

Icsu Christi um Seinetwillen unschuldig Unrecht leidet, dann<br />

ruht Christi Geist auf ihr. von außen gesehen erscheint sie dann wie<br />

eine zerstreute Herde und hat doch einen Hirten, -er sie besser leitet,<br />

als Menschen und menschliche Äunst es vermöchten, w i r fragen<br />

oft: w o ist denn jene <strong>Gemeinde</strong> der Heiligen, <strong>die</strong> w ir meinen, wenn<br />

wir mit den Worten des dritten Artikels bekennen: „Ich glaube an<br />

Eine l>eilige allgemeine Lirche!") Hier <strong>die</strong> Antwort: w o Menschen<br />

sich zur Wahrheit Gottes bekennen und um <strong>die</strong>ses Bekenntnisses<br />

willen zu Unrecht Verfolgung leiden.<br />

Der Herr sagt am Schluß: „Solches habe Ich euch zu Anfang noch<br />

nicht gesagt, denn Ich war ja noch bei euch". L r hat zunäcbst <strong>die</strong><br />

Last des Leidens ganz allein getragen. S o wie E r gelitten hat,<br />

braucht keiner von uns zu leiden; auch dann nicht, wenn es in<br />

den Tod geht. Auch dann folgt er ja noch den Spuren seines Herrn<br />

nach, der ihm voranging. Lhristus war ganz allein, als E r nach<br />

Golgatha ging. w i r sind nicht allein, wenn der Tod kommt. Er,<br />

der von den Toten Auferstandene, ist dann bei uns.<br />

Auch <strong>die</strong> W elt hat inzwischen aus dem sieghaften Leiden der<br />

Christen gelernt, was <strong>für</strong> eine Macht das unschuldige Leiden ist.<br />

w i r begegnen deshalb heute oftmals einem Mißbrauch des W ortes<br />

Märtyrer, w ahres Märtyrertum ist aber nur da, wo einer um


4ör<br />

Woche des Sonntags Lxaudi<br />

Gottes und Christi willen leidet. Es ist nie ein selbstgewähltes Leiden.<br />

Darum soll sich kein Christ dazu drängen, Märtyrer zu werden; aber<br />

keiner soll sich auch davor <strong>für</strong>chten. Es ist geboten, daß wir uns zu unserem<br />

Herrn bekennen. <strong>Das</strong> andere kommt, wann, wo und wie E r will.<br />

r. So seid nun mäßig und nüchtern<br />

zum Gebet, vor allen Dingen aber<br />

habt untereinander eine brünstige<br />

Liebe; denn <strong>die</strong> Liebe deckt auch der<br />

Sünden Meng«.<br />

g. Seid gastfrei untereinander ohne<br />

Murmeln.<br />

>0. Und <strong>die</strong>net einander, ein jeglicher<br />

mit der Gabe, <strong>die</strong> er empfangen hat,<br />

Die Epistel<br />

als <strong>die</strong> guten Haushalter der mancherlei<br />

Gnad« Gottes;<br />

so jemand redet, daß cr's rede<br />

als Gottes Wort; so jemand «in Amt<br />

hat, daß er's tu« als aus dem Vermögen,<br />

das Gott darreichet, aus daß<br />

in allen Dingen Gott gepriesen werd«<br />

durch Jesum Christ, welchem sei Ehre<br />

lind Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit!<br />

Amen. -. petr. 4, r—<br />

<strong>Das</strong> Leiden um Christi willen ist das eine Lennzeichen -er wahren<br />

Lirche, <strong>die</strong> Liebe das andere. Sie ist <strong>die</strong> vornehmste aller Gaben des<br />

Geistes. Christliche Liebe ist tatbereite Liebe. Tatbereit sein heißt, <strong>die</strong><br />

Not des andern recht erkennen und danach schnell und helfend zugreifen.<br />

Solche Liebe deckt der Sünden Menge zu. w i r haben <strong>die</strong><br />

Redensart: Man solle oder wolle <strong>die</strong>s oder das mit dem Mantel der<br />

Liebe zudecken. Sie stammt aus <strong>die</strong>ser Stelle des Petrusbriefes. Aber<br />

wenn man etwas bloß mit Schweigen übergeht, so ist es darum<br />

noch nicht vergeben. S o verstehen w ir aber in der Regel den „Mantel<br />

der Liebe". Der Apostel dagegen sagt, daß Gott uns <strong>die</strong> große Menge<br />

unserer Sünde verzeiht, wenn E r sieht, daß <strong>die</strong> Rraft der Liebe Christi<br />

in uns ist. Umgekehrt sagt der Apostel Paulus, daß selbst <strong>die</strong> größte<br />

Weisheit, das größte Opfer, ja sogar <strong>die</strong> Preisgabe des Lebens nichts<br />

sind, wenn keine Liebe dabei ist. Die Liebe deckt der Sünden Menge<br />

zu, aber der Mangel an Liebe kann durch nichts zugedeckt werden.<br />

S o urteilt Gott über uns.<br />

Gastfreiheit! Sie ist stets ein Merkmal der Christen gewesen. Denn<br />

sie ist eine Betätigungsweise der Liebe. <strong>Das</strong> kärgste Mahl und das<br />

ärmlichste Schlafgemach werden reich, wo <strong>die</strong> Gemeinschaft im Geiste<br />

Christi da ist. w o sie nicht da ist, da ist auch das Haus des reichsten<br />

Mannes eine ungastliche Stätte.<br />

Rede und Amt! Sie sind auch Gaben des Geistes. Der eine hat <strong>die</strong>se,<br />

der andere jene. M it jeder kann einer dem ander» <strong>die</strong>nen. Aber jede


Sonntag Lxaudi<br />

4bs<br />

Gabe, <strong>die</strong> der einzelne hat, bekommt einen bitteren Beigeschmack,<br />

wenn man spürt, daß ihr Besitzer mit ihr prunk machen will. w e r<br />

<strong>die</strong> Gabe hat zu reden, etwa als Prediger des W ortes Gottes, der<br />

möge es ohne Eitelkeit tun. Gottes W ort, nicht sein eigenes W ort<br />

soll er reden. Ebenso in allen andern Dingen und Ämtern. Nur was<br />

aus der Kraft Gottes kommt und zur Ehre Gottes getan wird, hat<br />

Segen. Denn nicht uns, sondern Ihm allein gehört alle Ehre und<br />

Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit.<br />

D as Lied der Woche<br />

wär Gott nicht mit uns <strong>die</strong>se Zeit<br />

Einer Nachdichtung des -24. Psalms von seinem Mitarbeiter Justus<br />

Ionas läßt Luther in <strong>die</strong>sem Liede eine eigene Übertragung von gesammelter<br />

Rürze folgen. Luthers musikalischer Berater Iohann<br />

w alther bringt es zuerst und mit einer wahrscheinlich von Luther<br />

selbst geschenkten weise in seinem „wittenbergisch Geistlich Gesangbüchlein"<br />

von )S24. Spätere Ausgaben haben <strong>die</strong> heute übliche dem<br />

Texte sehr angemessene Mollweise eingebürgert,<br />

w ie im Psalm selber, so wird auch in dem nach ihm gedichteten<br />

Liede dem Gottesvolk (das bedeutet hier „Israel") „rechter Art" Zuversicht<br />

und Dank <strong>für</strong> <strong>die</strong> Rettung in den Mund gelegt. Immer ist <strong>die</strong><br />

Kirche Christi beides: „so ein armes Häuflein", aber auch jene Schar<br />

von Siegern, auf deren Schild geschrieben steht: Gott mit uns!<br />

Drohend wälzt sich <strong>die</strong> breite Hlut -er Hemde heran. Aber wie ein<br />

Vogel dem Garn, so entgeht <strong>die</strong> Rirche dem jähen Schlünd des Verderbens.<br />

„Uns ist bange, aber w ir verzagen nicht" (r. Ror. 4, 8).<br />

„Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde<br />

gemacht hat". Alle Zurüstung auf Pfingsten besteht darin, daß <strong>die</strong><br />

<strong>Gemeinde</strong> betend auf das Kommen des Geistes wartet. — Dieses<br />

Trostlied aus den Tagen der Vater weist solchem gläubigen w arten<br />

den rechten w e g zum verheißenen „Tröster", dem Heiligen Geist.<br />

D as Gebet der Woche<br />

Ewiger Gott, gnädiger Vater, der Du Deinen Heiligen Geist<br />

und ein neu Gesetz in unser Herz zu geben verheißen hast, wir<br />

bitten Deine milde Güte, Du wollest Deine armen Rinder mit


4V4<br />

VVoche des Sonntags Exaudi<br />

Deinem Gnadengeist beseligen und unsere Herzen trösten und<br />

erhalten, daß w ir bei Deinem W o rt m it Freudigkeit beharren<br />

und D ir in Geduld mit w ahrer Anrufung allezeit <strong>die</strong>nen, durch<br />

Jesum Christum, unsern Herrn. Amen.<br />

ch<br />

Der Heiligt Geist<br />

Der Himmel ist durch'» Wort des Herrn gemacht<br />

und all sein Heer durch den (Feist Seines Mundes.<br />

Psalm 3?, d<br />

Auf dem ersten Blatt der Bibel steht zu lesen: (Aottes Geist schwebte über den<br />

Wasser». Durch Ihn ist <strong>die</strong> Schöpfung der Welt geschehen. Deshalb nennt das<br />

Niranische Glaubensbekenntnis den Geist einen Schöpfer: „Und sich glaube)<br />

an den Schöpfer, den Heiligen Geist."<br />

z. Der Prophet stellt <strong>für</strong> das Ende der Tage in Aussicht, daß der Geist<br />

Gottes ausgegossen werden soll auf alles Fleisch (Ioel s, i). Die Ausgießung<br />

des Geistes wird eine wende der Zeiten sein. Eine neue Zeit soll kommen,<br />

an der <strong>die</strong> des Alten Bundes noch keinen Anteil hat.<br />

Der Apostel Johannes deutet auf <strong>die</strong>se Zeitenwende, wenn er spricht: „Der<br />

Heilige Geist war noch nicht; denn Jesus war noch nicht verklärt" (Joh.<br />

7, 3g). S o ist <strong>die</strong> Ausgießung des Heiligen Geistes (Ap. Gesch. r) <strong>die</strong> L r ö -<br />

nung des Lebens Werkes Jesu. Nach Seiner Auferstehung wurde Er<br />

verklärt. Nachdem Er verklärt war, goß Gott Seinen Geist aus. Die Weissagung<br />

war erfüllt.<br />

w a s bedeutet <strong>die</strong> Ausgießung des Heilige» Geistes <strong>für</strong> unser Heil) Jesus<br />

Christus sagt: „Ich will den Vater bitte», und Er soll euch eine» anderen<br />

Tröster geben, daß Er bei euch bleibe ewiglich" (Joh. -4, l S). Jesus Christus<br />

ist der erste Tröster. Als Er gen Himmel fuhr, ging Er von Seinen Jüngern.<br />

Er blieb also nicht dauernd bei ihnen. Aber Gott sandte den Geist, der<br />

Ihn ersetzt«. Dem stand das Sterben nicht bevor, welches Jesus erleiden<br />

mußte. Er bleibt bei Jesu Jüngern bis zum Jüngsten Tage. Der Heilige Geist<br />

ist <strong>für</strong> <strong>die</strong> Jünger <strong>die</strong> Gegenwart Jesu Christi unter ihnen.<br />

Darum sagt Jesus vom Heiligen Geist, Er werde <strong>die</strong> Jünger alles lehren<br />

und an alles erinnern, was Jesus ihnen gesagt habe (Joh. -4, rb).<br />

Denn <strong>die</strong> Jünger Jesu lebten schon zu Seinen Lebzeiten aus Seinem Wort.<br />

Nachdem Er gen Himmel gefahren war, brauchten sie <strong>die</strong>ses Wort genau so,<br />

wie vorher. Und der Geist gab es ihnen. So ist es zu erklären, daß Jesus sagen<br />

kann, der Geist solle Ihn verklären (Joh. lö, -4).<br />

Am höchsten spendet -er Geist jedoch seinen Trost darin, daß Er das Her;


Der Heilige Geist<br />

4b s<br />

zur Wohnung Gottes macht. Jesus sagt: „Er bleibet bei euch und<br />

wird in euch sein" (Joh. 44, -7). <strong>Das</strong> legt Er selbst dahin aus, daß Er<br />

und Sein Vater durch den Geist kommen werde», um in den Jüngern zu<br />

wohne».<br />

2. An dem Tage, an welchen, der Geist ausgegossen wurde, entstand <strong>die</strong><br />

heilige <strong>Gemeinde</strong> und Lirche Jesu Christi (Ap. Gesch. 2). Sie zerbrach<br />

in ihrer Entstehung bereits den Zaun und machte den Eingang der Heiden<br />

in <strong>die</strong> Lirche Jesu Christi frei. Angehörige aller Völker hörten am pfingsttage<br />

dasselbe Wort. <strong>Das</strong> war ein Zeichen, daß Gott nun begann, aus aller<br />

Welt Sich Sein Volk, Seine <strong>Gemeinde</strong> und Lirche zu sammeln.<br />

Die Lirche Christi ist das Geheimnis des Heiligen Geistes. Sie ist Zusammenfassung<br />

von Menschen, <strong>die</strong> an Christus glauben. Lein Bild menschlicher<br />

Gemeinschaft paßt <strong>für</strong> <strong>die</strong> Versammlung der Gläubigen, <strong>die</strong> der Geist schafft!<br />

— Die Lirche ist durch des Heiligen Geistes Einwohnen der „Leib Christi"<br />

(Lph. ?, rz; 4, )r), an dem Er selbst das Haupt ist. Aber auch <strong>die</strong>s Bild<br />

begreift das Geheimnis der Lirche nicht. — Die Lirche wird als „Braut<br />

Christi" (L)ffbg. 2f, 2) bezeichnet, <strong>die</strong> Ihm zugeführt wird. Aber auch so<br />

kann ihr Geheimnis nicht ergründet werden. Den» nur der Geist begreift und<br />

umfaßt <strong>die</strong>ses Geheimnis.<br />

In Christi Lirche werden Sünden umsonst vergeben. Menscheitz <strong>die</strong><br />

Sünder sind, erlasse» sie durch ihr Wort anderen Sündern (Joh. 20, 23).<br />

Denn der Geist regiert <strong>die</strong> Lirche (Joh. 20, 22), Er hat sie frei gemacht<br />

von» Buchstaben des Gesetzes. Und in der Vergebung der Sünden schenkt Er<br />

ihr und ihren Gliedern <strong>die</strong> Freiheit, so daß sie als Gottes liebe Linder Ihn<br />

bitten, wie sonst auch Linder ihren Vater.<br />

So faßt der Geist <strong>die</strong> Jünger Jesu a ls <strong>die</strong> Freien zusammen in der heiligen<br />

Lirche. «Vbschon sie eine Gemeinschaft sind und immer enger zusammenwachsen,<br />

sind sie doch Einzelne, von denen jeder <strong>für</strong> sich Gott lieb und<br />

wert ist, wie ein einiges Lind. <strong>Das</strong> wisse» sie auch. Denn der Geist versiegelt<br />

sie. Er macht sie ihres Heils und ihrer Lindschaft gewiß. So werden sie<br />

Zeugen <strong>für</strong> andere, <strong>die</strong> auch noch gewonnen werden sollen, und sind ein lebendiges<br />

Feuer, das um sich greift, bis es <strong>die</strong> ganz« Welt ergriffen hat (Luk.<br />

j2, 4g) und sie zum Gericht bereitet.<br />

Dann wird Christus wiederkommen (Joh. -4 , 2S). <strong>Das</strong> Wirken des Geistes<br />

wird vollendet in der Auferstehung des Fleisches und im ewigen Leben auf<br />

einer neuen Welt.<br />

Ich glaube an den Heiligen Geist,<br />

Eine b eilige, christliche Lirche, <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> der Heiligen,<br />

Vergebung der Sünden,<br />

Auferstehung des Fleisches<br />

und ein ewiges Leben.<br />

A m c n.


4bb<br />

Woche des Sonntags Exaudi<br />

M ontag nach Lxaudi<br />

1 ). D enn Ich w eiß w oh l, w a s Ich<br />

<strong>für</strong> Gedanken über euch habe, spricht<br />

der Herr: Gedanken des Friedens und<br />

nicht des Leides, daß Ich euch gebe<br />

das Ende, des ihr w artet.<br />

14. Und ihr werdet Mich anrufen und<br />

hingehen und M ich bitten, und Ick<br />

w ill euch erhören.<br />

13. I h r werdet M ich suchen und fin ­<br />

den. D enn so ihr M ich von ganzem<br />

Herzen suchen werdet,<br />

j4 . so w ill Ich M ich von euch finden<br />

lassen, spricht der Herr.<br />

Ier. 4g, ,i—>4<br />

Die Linder Gottes kennen auch <strong>die</strong> Anfechtung, in der sie am W eltregiment<br />

Christi verzweifeln möchten. I n solche Anfechtung geraten<br />

sie um des Leides und der Gefängnisse willen, <strong>die</strong> über <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong><br />

kommen. Deshalb haben sie ohne Unterlaß <strong>die</strong> Tröstung und<br />

Aufrichtung durch das W ort nötig. Im W ort erkennen sie, daß<br />

Leiden über <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> kommen müssen. Durchs W ort lernen sie,<br />

daß Gott allein das Maß der Leiden bestimmt. Aus dem W ort empfangen<br />

sie <strong>die</strong> Tröstung, daß Seine Gedanken doch Gedanken des<br />

Hriedens sind. Dazu sind <strong>die</strong> Leiden uns <strong>die</strong>nlich, daß w ir um so<br />

besser den 8 rieden erkennen, den Gott uns geben will.<br />

S o lernen wir zu dem zu rufen, der sich von uns finden lassen will.<br />

D ie ander« Lesung: Philippe« s , 17— 4 ; ; 4, ;<br />

D ienstag nach Exaudi<br />

ir . S o euch <strong>die</strong> W e lt hasset, so wisset,<br />

daß sie M ich vor euch gehasset hat.<br />

1g. w ä r e t ihr von der W e lt, so hätte<br />

<strong>die</strong> W e lt das Ih re lieb; <strong>die</strong>weil ihr<br />

aber nicht von der W e lt seid, sondern<br />

Ich habe euch von der W e lt erwählet,<br />

darum hasset euch <strong>die</strong> W elt.<br />

40. Gedenket an M ein W o r t, das Ich<br />

euch gesagt habe: „Der Rnecht ist nicht<br />

größer denn sein Herr." Haben sie<br />

M ich verfolget, sie werden auch euch<br />

verfolgen; haben sie M ein W o r t gehalten,<br />

so werden sie eures auch halten.<br />

4 s. Aber das alles werden sie euch<br />

run um M eines N am ens w illen; denn<br />

sie kennen Den nicht, der M ich gesandt<br />

hat.<br />

44. w e n n Ich nicht kommen wäre<br />

und hätte es ihnen gesaget, so hätten<br />

sie kein« S ü n d e; nun aber können sie<br />

nichts vorw enden, ihre S ü n d e zu entschuldigen.<br />

43. w e r M ich hasset, der hasset auch<br />

M einen Vater.<br />

44. Hätte Ich nicht <strong>die</strong> W erke getan<br />

unter ihnen, <strong>die</strong> kein andrer getan hat,<br />

so hätten sie keine S ü n d e; nun aber<br />

haben sie es gesehen und hassen doch<br />

beide, M ich und M einen Vater.<br />

45. Doch daß erfüllet werde der<br />

Spruch, in ihren, Gesetze geschrieben:<br />

„ S ie hassen mich ohn« Ursache".<br />

I o h . - s , zr— 43


Woche des Sonntags E r a u d i 4b?<br />

Die <strong>Gemeinde</strong> Iesu Christi hat in der W elt das gleiche Los, das<br />

ihr Herr gehabt hat. Dadurch wird deutlich, daß sie zu Ihm gehört.<br />

Die W elt ist dem Herrn mit Haß begegnet, sie hat Ih n verfolgt<br />

und ans Äreuz geschlagen. Sie hat das getan, weil sie den nicht in<br />

ihrer Mitte dulden konnte, der ihre Sünde offenbar machte. Dadurch<br />

hat sie ihre Feindschaft gegen Gott sichtbar werden lassen. Die Feindschaft<br />

gegen Gott und <strong>die</strong> Sünde der Menschen werden allein an der<br />

Stellung zu Christus und Seiner <strong>Gemeinde</strong> offenbar. S o kann <strong>die</strong><br />

<strong>Gemeinde</strong> aus dem Haß und der Verfolgung, <strong>die</strong> ihr von der W elt<br />

her widerfahren, in der tröstlichen Gewißheit befestigt<br />

werden, daß sie der gesegnete Leib des lebendigen Herrn ist.<br />

Die ander« Lesung: s. Mose 34, z—s<br />

1§. Linder, es ist <strong>die</strong> letzte Stunde!<br />

Und wie ihr gehöret habt, daß der<br />

Widecchrist kommt, so sind nun viel«<br />

widcrchristen worden; daher erkennen<br />

wir, daß <strong>die</strong> letzte Stunde ist.<br />

;g. Sie sind von uns ausgegangen,<br />

aber sie waren nicht von uns. Denn<br />

wo sie von uns gewesen wären, so<br />

wären sie ja bei uns blieben; aber es<br />

sollte offenbar werden, daß sie nicht<br />

alle von uns sind.<br />

20. Und ihr habt <strong>die</strong> Salbung von<br />

Dem, der heilig ist, und wisset alles,<br />

r z. Ich habe euch nicht geschrieben,<br />

als wüßtet ihr <strong>die</strong> Wahrheit nicht;<br />

sondern ihr wisset sie und wisset, daß<br />

keine Lüg« aus der Wahrheit kommt.<br />

22. Wer ist «in Lügner, wenn nicht,<br />

der da leugnet, daß Jesus der Christ<br />

sei? <strong>Das</strong> ist der Widerchrist, der den<br />

Vater und den Sohn leugnet.<br />

23. wer den Sohn leugnet, der hat<br />

auch den Vater nicht; wer den Sohn<br />

bekennet, der hat auch den Vater.<br />

24. w a s ihr nun gehöret habt von<br />

M i t t w o c h n a c h E x a u d i<br />

Anfang, das bleib« bei euch. So bei<br />

euch bleibet, was ihr von Anfang gehöret<br />

habt, so werdet ihr auch bei<br />

dem Sohn und Vater bleiben.<br />

25. Und das ist <strong>die</strong> Verheißung, <strong>die</strong><br />

Er uns verheißen hat: das ewige<br />

Leben.<br />

2b. Solches hab ich euch geschrieben<br />

von denen, <strong>die</strong> euch verführen.<br />

27. Und <strong>die</strong> Salbung, <strong>die</strong> ihr von<br />

Ihm empfangen habt, bleibet bei euch,<br />

und ihr bedürfet nicht, daß euch jemand<br />

lehr«; sondern wie euch <strong>die</strong> Salbung<br />

alles lehret, so ist's wahr und<br />

ist keine Lüg«, und wie sie euch gclehret<br />

hat, so bleibt bei Oemsclbigen.<br />

24. Und nun, Äindlein, bleibet bei<br />

Ihm, auf daß, wenn Er offenbaret<br />

wird, wir Freudigkeit haben und nicht<br />

zu Schanden werden vor Ihm in Seiner<br />

Zukunft.<br />

2g. So ihr wisset, daß Er gerecht ist,<br />

so erkennet auch, daß, wer recht tut,<br />

der ist von Ihm geboren.<br />

?. Ioh. r, - 4—2g<br />

Die Anfechtung der <strong>Gemeinde</strong> wird um so größer sein, je näher das<br />

Ende kommt. Größer als <strong>die</strong> Versuchung von außen durch Leiden und


4VS<br />

________ ____________wochedesS o n n t a g s E p a u ö i<br />

Haß ist <strong>die</strong> Anfechtung von innen. Gefährlicher als <strong>die</strong> äußeren Feinde<br />

sind <strong>die</strong> Wider-Christen, durch <strong>die</strong> der Widerchrist schon heute sein<br />

verderbliches Werk unter uns tut. Die Widerchristen kommen mitten<br />

aus der <strong>Gemeinde</strong> und sind doch nicht deren Glieder. Sie sind daran<br />

zu erkennen, daß sie Christus nicht den einzigen Sohn Gottes, den<br />

alleinigen Erlöser und Herrn der Menschen sein lassen. Die mit dem<br />

Heiligen Geist gesalbte wahre <strong>Gemeinde</strong> Jesu Christi läßt sich durch<br />

<strong>die</strong> Widerchristen nicht irre machen. Unter der Hoffnung<br />

des ewigen Lebens wartet sie dem Kommen des Weltrichters entgegen.<br />

Die andere Lesung: f. Rorincher zs, ;—-s<br />

SS. Da sprach Jesus zu ihnen: Ich<br />

bin noch eine kleine Zeit bei euch, und<br />

dann gehe Ich hin zu Dem, der Mich<br />

gesandr hat.<br />

34. Ihr werdet Mich suchen und nicht<br />

finden; und da Ich bin, könnet ihr<br />

nicht hinkommen.<br />

ss. Da sprachen <strong>die</strong> Juden untereinander:<br />

Wo will <strong>die</strong>ser hingehen, daß<br />

wir Ihn nicht finden sollen? w ill Er<br />

zu den Zerstreuten unter den Griechen<br />

gehen und <strong>die</strong> Griechen lehren?<br />

sö. Was ist das <strong>für</strong> eine Rede, daß<br />

Er saget: „Ihr werdet Mich suchen<br />

D o n n e r s t a g n a c h L x a u d i .<br />

und nicht finden; und wo Ich bin,<br />

da könnet ihr nicht hinkommen"?<br />

S7. Aber am letzten Tage des festes,<br />

der am herrlicheren war, trat Jesus<br />

auf, rief und sprach: wen da dürstet,<br />

der komme zu mir und trinke!<br />

sz. wer an Mich glaubet, wie <strong>die</strong><br />

Schrift saget, von des Leibe werden<br />

Ströme des lebendigen Wassers<br />

fließen.<br />

sg. <strong>Das</strong> sagte er aber von dem Geist,<br />

welchen «mpfahcn sollten, <strong>die</strong> an Ihn<br />

glaubten; denn der Heilige Geist war<br />

noch nicht da, denn Jesus war noch<br />

nicht verkläret. Joh. 7, ss—sg<br />

I n <strong>die</strong>ser Rede von Seinem Heimgang ist ein eigenartigen W iderspruch<br />

enthalten. Denn einerseits sagt Jesus, daß keiner von Seinen<br />

Zuhörern dahin kommen wird, wohin E r Selber geht. Andererseits<br />

aber fordert er <strong>die</strong> Durstigen auf, zu Ihm zu kommen und zu trinken,<br />

w enn wir <strong>die</strong>sen scheinbaren Widerspruch durchschaut haben, dann<br />

haben w ir Pfingsten verstanden. Denn keiner von uns kann so nahe<br />

und besonders bei G ott sein, wie Jesus Christus, der Sohn Gottes,<br />

bei Seinem Vater sein konnte. Aber wegen <strong>die</strong>ser besonderen Nähe<br />

zu Seinem Vater vermag nun Jesus auch von dort her einen besonderen<br />

Reichtum auszuteilen und den Durst der Trostlosen und<br />

Elenden zu stillen. Ja, E r vermag <strong>die</strong> Menschen so reich zu machen,


Woche des Sonntags E r a u d i 4V§<br />

daß <strong>die</strong>, welche an Ih n glauben, selber zu Segensquellcn werden<br />

f ü r andere Menschen um sie her. <strong>Das</strong> ist <strong>die</strong> Macht des<br />

Heiligen Geistes, des größten Geschenkes Jesu an Seine <strong>Gemeinde</strong>,<br />

mit dem E r sie beschenkt, um sie noch reicher zu machen, als sie es<br />

in Seiner leiblichen Gegenwart gewesen ist.<br />

Die andere Lesung: 4. Mssc ro, r—1:<br />

34. Und was soll ich mehr sage»)<br />

Die Zeit würd« mir zu kurz, wenn ich<br />

sollte erzählen von Gideon und Barak<br />

und Simson und Jephthah und David<br />

und Samuel und den Propheten,<br />

ss. welche haben durch den Glauben<br />

Rönigreiche bezwungen, Gerechtigkeit<br />

gcwirket, Verheißungen erlanget, der<br />

Löwen Rachen verstopfet,<br />

34. des Feuers Lraft ausgelöscht, sind<br />

des Schwerts Schärfe entronnen, sind<br />

kräftig worden aus der Schwachheit,<br />

sind stark worden im Streit, haben<br />

der Fremden Heere darniedergelegt.<br />

33. Weiber haben ihre Toten durch<br />

Auferstehung wiederbekommen. Andere<br />

aber sind zerschlagen und haben keine<br />

Erlösung angenommen, auf daß sie<br />

F r e i t a g n a c h L x a u d i<br />

<strong>die</strong> Auferstehung, <strong>die</strong> besser ist, erlangeten.<br />

3S. Etliche haben Spott und Geißeln<br />

erlitten, dazu Bande und Gefängnis;<br />

37. sie wurden gestciniget, zerhackt,<br />

zerstochen, durchs Schwert getötet; sie<br />

sind umhergegnagen in Schafpelzen<br />

und Ziegenfellen, mit Mangel, mit<br />

Trübsal, mit Ungemach<br />

3 8. (deren <strong>die</strong> Welt nicht wert war)<br />

und sind im Elend gegangen in den<br />

wüsten, auf den Bergen und in den<br />

Rlüfte» und Löchern der Erde.<br />

3 g. Dies« alle baden durch den Glauben<br />

Zeugnis überkommen und nicht<br />

empfangen <strong>die</strong> Verheißung,<br />

40. darum daß Gott etwas Besseres<br />

<strong>für</strong> uns zuvor ersehen hat, daß sie<br />

nicht ohne uns vollendet würden.<br />

Hebr. 34—40<br />

Die Bibel zeigt uns eine lange Reihe vielgestaltiger Geschichten. <strong>Das</strong><br />

1 Rapite! des Hebräerbriefes ist wie eine gedrängte Auswahl solcher<br />

Berichte, <strong>die</strong> der <strong>Gemeinde</strong> in <strong>die</strong> Erinnerung gerufen werden. lB as<br />

sollen sie uns? S ie berichten von der Macht des Heiligen Geistes,<br />

in der <strong>die</strong> Menschen zu furchtlosen und fröhlichen Zeugen Gottes<br />

werden und Gottes Taten tun dürfen. Diese Äraft des Glaubens ist<br />

nicht vergangen und gegenwärtig. I n <strong>die</strong>sem Glauben sind <strong>die</strong> Glieder<br />

der <strong>Gemeinde</strong> Brüder; sie stehen Schulter an Schulter vor Gottes<br />

Angesicht, auch wenn sie durch Iahrhunderte voneinander getrennt<br />

sind. Um <strong>die</strong>sen Glauben, um <strong>die</strong> wirkende Äraft Gottes<br />

bittet <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> Jesu. Sie steht unter der Verheißung der<br />

ersten Pfingsten.<br />

Die ander« Lesung: Philippe« r, xr—zs


470 Woche des Sonntags E x a u d i<br />

-7. Die Elend«» und Armen suchen<br />

Wasser, und ist nichts da; ihre Zunge<br />

verdorret vor Durst. Aber Ich, der<br />

Herr, will sie erhören; Ich, der Gott<br />

Israels, will sie nicht verlassen,<br />

?r. sonder» Ich will Wasserflüsse auf<br />

den Höhen öffnen und Brunnen mitten<br />

auf den Feldern und will <strong>die</strong><br />

Sonnabend nach Lxaudi<br />

wüst« zu Wasserseen machen und das<br />

dürre Land zu Wasserquellen;<br />

ro. auf daß man sehe und erkenne<br />

und merke und verstehe zumal, daß<br />

des Herrn Hand habe solches getan<br />

und der Heilig« in Israel habe solches<br />

geschaffen. ' Ies. 4?, -7- ro<br />

Gott blickt immer auf <strong>die</strong>jenigen, welche Ihn brauchen.<br />

<strong>Das</strong> sind nicht immer <strong>die</strong>selben, <strong>die</strong> viel von Ihm reden oder gar<br />

viel von Ihm zu wissen vorgeben, sondern oft <strong>die</strong>jenigen, welche<br />

arm und elend, hungrig und durstig sind. Ihnen wendet Gott Seine<br />

Fürsorge zu und verheißt ihnen, daß E r ihren Durst stillen will. Er<br />

will <strong>die</strong> Trostlosen trösten, <strong>die</strong> Schwachen stärken und <strong>die</strong> kleine mutlose<br />

Gottesgemeinde mit M ut und Äraft erfülle», w enn G ott das<br />

tut, dann ist das vor den Augen der W elt ein Wunder, an dem man<br />

den wahren lebendigen Gott erkennen kann. E r ist der Vater, der Sich<br />

um Seine Geschöpfe kümmert und nicht über uns mit schwerem<br />

Schicksalsschritt hinwrgschreitet. Auch w ir sollen Gottes Güte erkennen,<br />

der <strong>die</strong> Not der Seinen wendet und auf Seine Rirchc den<br />

Segen Seines Geistes ausgießt.<br />

Die andere Lesung: Hesekiel sb, rr—27


<strong>Das</strong> Heilig« pfiugstfesr 47?<br />

<strong>Das</strong> Heilige pfingftfeft<br />

Der Name Pfingsten kommt von dem griechischen W ort pentecoste,<br />

d. h. so. Tag (nach Ostern). Altar und Ränzel haben ihren weißen<br />

Schmuck aus der österlichen Freudenzeit eingetauscht gegen das R o t<br />

der „feurigen Zungen", <strong>die</strong> Farbe -es Heiligen Geistes und der Bibelfeste.<br />

Am ersten Pfingsten geschah das Wunder, daß Gottes Geist von<br />

Menschen Besitz ergriff, pfingstgeist ist nickt Mcnschettgeist, sondern<br />

der Geist Gottes, der <strong>die</strong> W elt erneuert.<br />

<strong>Das</strong> pfingstwunder geschah, als <strong>die</strong> Jünger „einmütig beieinander"<br />

waren. Der Heilige Geist wurde der <strong>Gemeinde</strong> gegeben. <strong>Gemeinde</strong><br />

und Rirche werden in der griechischen Sprache mit demselben W ort<br />

bezeichnet: <strong>die</strong> durch Gottes W ort gerufene und durch den Heiligen<br />

Geist gesammelte Christenheit auf Erden, w i r leben in unserem<br />

Glauben aus dem W ort Gottes, das <strong>die</strong> Lirche begründet.<br />

Der Heilige Geist ist der Geist Iesu Christi. E r ist ein Geist der<br />

Wahrheit und führt zur Erkenntnis der Sünde. Er ist ein Geist der<br />

Liebe und tröstet durch Vergebung der Sünde, w o <strong>die</strong>ser Geist der<br />

Wahrheit und der Liebe unter den Menschen wirkt, da ist der auferstandene<br />

Christus Selbst gegenwärtig, gemäß dem W ort: „W o<br />

zwei oder drei versammelt sind in Meinem Namen, da bin Ich<br />

mitten unter ihnen".<br />

Nur da, wo Christus durch Seinen Heiligen Geist Selber gegenwärtig<br />

ist, ist <strong>die</strong> wahre Rirche. w o der Geist Christi nicht regiert,<br />

ist W elt oder Schein-Rirchc. Nur <strong>die</strong> wahre Lirche hat <strong>die</strong> Vollmacht<br />

Christi zur predigt der Buße und zur Vergebung der Sünden,<br />

<strong>die</strong> Schein-Rirche hat sie nicht, w i r Menschen können Gottes Geist<br />

nicht herabzwingcn, aber wir können darüber wachen, daß Gottes<br />

W ort lauter und rein gepredigt und <strong>die</strong> Sakramente recht verwaltet<br />

werden. Die Sorge um <strong>die</strong> rechte Lehre, das fleißige Hören des<br />

W ortes und das Empfangen der Sakramente geschehen unter dem<br />

Gebet:<br />

Veni crestor Spiritus<br />

Romm, Gott Schöpfer, Heiliger Geist


472 <strong>Das</strong> Heilige pfingstfest<br />

Erster Pfingsttag<br />

E s soll nicht durch Heer oder L raft, sondern durch M einen Geist<br />

geschehen, spricht der Herr.<br />

D a s E v a n g e l i u m<br />

ZS. Jesus antwortet« und sprach zu<br />

ihm: wer Mich liebet, der wird Mein<br />

Wort halten; und Mein Vater wird<br />

ihn lieben, und w ir werden zu ihm<br />

kommen und Wohnung bei ihm<br />

machen.<br />

24. wer aber Mich nicht liebet, der<br />

hält Mein« Worte nicht .Und das<br />

Wort, das ihr höret, ist nicht Mein,<br />

sondern des Vaters, der Mich gesandt<br />

hat.<br />

rs. Solches hab« Ich zu euch geredet,<br />

weil Ich bei euch gewesen bin.<br />

rd. Aber der Tröster, der Heilige<br />

Geist, welchen Mein Vater senden<br />

wird in Meinem Namen, derselbige<br />

wird euch alles lehren und euch erinnern<br />

alles des, das Ich euch gesagt<br />

habe.<br />

27. Den Frieden lasse Ich euch, Meinen<br />

Frieden gebe Ich euch. Nicht geb«<br />

Sacharja 4, tz<br />

Ich euch, wie <strong>die</strong> Welt gibt. Euer<br />

Herz erschrecke nicht und <strong>für</strong>cht« sich<br />

nicht.<br />

24. Ihr habt gehöret, daß Ich euch<br />

gesagt habe: Ich gehe hin und komme<br />

wieder zu euch. Hättet ihr Mich lieb,<br />

so würdet ihr euch freuen, daß Ich<br />

gesagt habe: „Ich gehe zum Vater";<br />

denn der Vater ist größer denn Ich.<br />

2g. Und nun hab Ich's euch gesaget,<br />

eb« denn es geschieht, auf daß, wenn<br />

es nun geschehen wird, ihr glaubet.<br />

3 0. Ich werd« nicht mehr viel mit<br />

euch reden; denn es kommt der Fürst<br />

<strong>die</strong>ser Welt und hat nichts an Mir.<br />

sz. Aber auf daß <strong>die</strong> Welt erkenne,<br />

daß Ich den Vater liebe und Ich also<br />

tue, wie Mir der Vater geboten hat:<br />

stehet auf und lasset uns von hinnen<br />

geh«».<br />

Ioh. )4, rs—s;<br />

Um Pfingsten feiert <strong>die</strong> Lirche ihren Geburtstag. Sie soll sich an<br />

<strong>die</strong>sen. Tage dessen erinnern, was sie zur Äircke ,nackt und wodurch<br />

allein sie Rirche Icsu Christi bleibt.<br />

Solange sie aus <strong>die</strong>ser Erde ist, besteht <strong>die</strong> Gefahr, daß sie das<br />

vergißt und sich ihrer Umwelt angleicht. Geschieht das, so verweltlicht<br />

sie. Der Geist Iesu Christi weicht dann aus ihr; der Geist <strong>die</strong>ser<br />

W elt ergreift von ihr Besitz. Sie weiß nicht mehr, was Heiliger<br />

Geist ist, sondern predigt und handelt aus Menschengeist. S o wird<br />

sie kraftlos und ohnmächtig. Sie versucht wohl, mit der W elt in<br />

weltlichen Dingen in Wettbewerb zu treten, erlebt aber, daß <strong>die</strong><br />

Linder der W elt sich auf ihr eigen Geschlecht besser verstehen als <strong>die</strong><br />

Linder des Lichts. Deshalb ist <strong>die</strong> Lirche ihnen in weltlichen Dingen


1- pfittgsttKg 473<br />

stets unterlegen. <strong>Das</strong> zu erkennen, kann <strong>für</strong> sie oft sehr bitter sein;<br />

aber es ist gut und heilsam. Denn es lehrt sie auf das W ort merken.<br />

Im W orte Christi ist ihr eine Macht gegeben, über <strong>die</strong> <strong>die</strong>se W elt<br />

nicht verfügt.<br />

Dies W ort muß <strong>die</strong> Lirche aber auch „halten". Manche sagen: w a s<br />

kann darin <strong>für</strong> eine Macht liegen 7 S agt es nicht immer wieder dasselbe<br />

7 Redet es nicht ständig von Sünde und Sündenvergebung 7<br />

W as nützt uns das 7 w a s ist Sünde, und wozu braucht man Vergebung<br />

der Sünde 7 Doch das kommt nur daher, daß <strong>die</strong> Lirche das<br />

W ort Christi ihnen nicht deutlich genug ausgelegt und freimütig<br />

genug verkündigt hat. Nennt sie <strong>die</strong> Sünde der W elt mit Namen<br />

und „straft" sie sie, wie ihr befohlen ist, dann reden <strong>die</strong> Leute nicht<br />

so. versäumt sie aber <strong>die</strong>sen Äcfehl ihres Herrn, dann „hält" sie auch<br />

Sein W ort nicht mehr in treuen Händen, sondern gleicht einem Arzt,<br />

der seinem Patienten nicht zu sagen wagt, woran er leidet, es vielleicht<br />

selber nicht einmal weiß, und deshalb mit untauglichen Mitteln<br />

an ihn, herumkuriert. Solche Ärzte nennen w ir Kurpfuscher. Es gibt<br />

auch geistliche Kurpfuscher, w ehe den armen Menschen, <strong>die</strong> ihnen<br />

n, <strong>die</strong> Hände fallen! w enn dagegen <strong>die</strong> Kirche Christi W ort wirklich<br />

hält, dann machen Gott und Christus bei ihr Wohnung. Dann<br />

ist ihr W ort nicht mehr Mcns ch en -, sondern Gottes wort. Gottes<br />

W ort aber ist eine Macht, manchmal wie ein Hammer, der 8c!sen<br />

zertrümmert, manchmal wie <strong>die</strong> linde Hand einer Mutter, <strong>die</strong> ihr<br />

krankes Lind tröstet.<br />

W as bedeutet das aber, und wie sollen w ir es machen, daß wir<br />

Christi W ort halten 7 Der Herr antwortet: Ih r müßt Mich lieben!<br />

Denn „wenn einer Mich liebt, der wird Mein W ort halten". Linige<br />

sagen: <strong>Das</strong> wichtigste am Christentum ist <strong>die</strong> Nächstenliebe, und<br />

weil in den W orten Christi soviel von Nächstenliebe <strong>die</strong> Rede ist,<br />

darum ist es gut, Sein W ort zu halten. Christus Selber aber sagt<br />

umgekehrt: E rst Mich lieben; alles andere folgt daraus. Christus<br />

lieben bedeutet: von der W elt innerlich getrennt sein, nichts von ihr,<br />

sondern alles von Ihm erhoffen, nicht auf sie, sondern allein auf<br />

Ihn vertrauen. Tut ein Mensch das, so kommen Christus und Gott<br />

zu ihm und machen bei ihm Wohnung. S ie sind es dann, <strong>die</strong> aus<br />

ihm reden und durch ihn handeln. S o wird Christi W ort „gehalten",<br />

nicht bloß im Kopf, sondern auch im Herzen, nicht bloß in,<br />

Reden, sondern auch im Handeln, „ w e r Mich nicht liebt, der hält


474 <strong>Das</strong> Heilige pfi „ gstfc st<br />

auch Meine Worte nicht". Dessen Lopf denkt <strong>die</strong>s oder jenes, aber<br />

das Herz fühlt anders; dessen Mund redet so oder so, aber <strong>die</strong> Hand<br />

tut, was sie will. E s ist keine Vollmacht in ihm.<br />

„Solches habe Ich zu euch geredet, derweil Ich bei euch gewesen<br />

bin. Aber der Tröster, der Heilige Geist, welchen Mein Vater senden<br />

wird in Meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch erinnern<br />

alles des, was Ich euch gesagt habe". Die große Vollmacht,<br />

<strong>die</strong> im W orte Lhristi liegt, hat der Herr Seinen Iüngcrn nicht als<br />

Einzelnen, E r hat sie Seiner <strong>Gemeinde</strong> gegeben. Erst wenn Pfingsten<br />

kommt, werden sie <strong>die</strong>s alles richtig verstehen; erst der Heilige<br />

Geist, der über alle Iünger ausgegossen wird, soll es sie lehren,<br />

w a s bedeutet das)<br />

„Als der Tag der Pfingsten erfüllet war, da waren sie beieinander<br />

an einem Ort". S o w ar's beim ersten pfingstfest, so ist es immer,<br />

wenn Gottes Geist <strong>die</strong> Lirche erneuert. E r treibt uns dann in <strong>die</strong><br />

Gemeinschaft, damit w ir zusammen auf Sein W ort hören, es<br />

miteinander stu<strong>die</strong>ren und lerne». Dadurch wird verhindert, daß<br />

<strong>die</strong> große Vollmacht, <strong>die</strong> im W orte Lhristi liegt, durch menschliche<br />

Willkür verfälscht wird. Denn in der Gemeinschaft unter dem W ort<br />

hilft einer dem andern. Dem allzu Ängstlichen wird M ut gemacht,<br />

dem allzu Äühnen Zaum und Zügel angelegt, der Traurige wird<br />

getröstet und der Glückhafte gewarnt. Aus dem Leben heraus, nicht<br />

bloß dem eigenen, sondern auch dem des andern, wird Lhristi W ort<br />

gedeutet und verstanden. Gottes Geist legt es uns in der Gemeinschaft<br />

so aus, daß w ir nachher nicht einmal sagen können, wer <strong>die</strong>s<br />

und wer jenes „zuerst" ausgesprochen hat. Aber <strong>die</strong> Wahrheit, <strong>die</strong><br />

w ir erkannt haben, geht mit uns wie ein schützender Engel, pfingstzeiten<br />

der Lirche sind Zeiten -er Gemeinschaft unter dem W ort.<br />

E s ist dann aber immer auch noch ein anderes Zeichen da. <strong>Das</strong> ist<br />

der Friede. Damit ist nicht der Friede der W elt gemeint. Denn <strong>die</strong><br />

W elt hat auch in Friedenszeiten keinen wirklichen Frieden. Darum<br />

sagt Lhristus hier mit besonderer Betonung: „Meinen Frieden gebe<br />

Ich euch" und setzt <strong>die</strong> Art, wie E r schenkt, ausdrücklich der Art<br />

entgegen, wie <strong>die</strong> W elt schenkt. Alle Gaben der W elt sind vorläufig,<br />

bedingt und vergänglich, <strong>die</strong> Gaben Lhristi aber endgültig,<br />

bedingungslos und ewig. Der Friede Lhristi bedeutet auch nicht, daß<br />

<strong>die</strong> Lirche mit der W elt Frieden haben soll. <strong>Das</strong> kann nicht sein,<br />

wenn sie Lhristi W ort recht verkündigt; das war auch bei Lhristus


!> Pflügst tag 47°<br />

Selbst nicht so. Als E r <strong>die</strong>se W orte sprach, ging er dem Tode entgegen<br />

und hat Seine Rede so geschlossen: „Ich werde nicht ^nehr<br />

viel mit euch reden; denn es kommt der 8ürst <strong>die</strong>ser W elt. . . . Steht<br />

auf und lasset uns von hinnen gehn".<br />

w a s ist dann aber mit <strong>die</strong>sem Frieden Lhristi gemeint ? — Daß man<br />

wie E r über den Tod hinausschaut in <strong>die</strong> ewige W elt Gottes.<br />

„Hättet ihr Mich lieb, so würdet ihr euch freuen, daß Ich zum<br />

Vater gehe; denn der Vater ist größer denn Ich".<br />

S o hat <strong>die</strong> Lirche von ihrem Herrn an ihrem Geburtstage drei<br />

Geschenke erhalten: Sein W ort mitsamt dem Heiligen Geist als<br />

dessen Ausleger, <strong>die</strong> Gemeinschaft unter dem W ort und den Frieden<br />

der ewigen W elt. w en n sie <strong>die</strong>se drei Geschenke treu bewahrt, so<br />

wird sie davon leben bis an das Ende aller Tage und eine Vollmacht<br />

haben, größer als alle Mächte <strong>die</strong>ser W elt.<br />

D ie Epistel<br />

j. Und als der Tag der Pfingsten<br />

erfüllet war, waren sie alle einmütig<br />

beieinander.<br />

t. Und es geschah schnell ein Brausen<br />

vom Himmel als eines gewaltigen<br />

Windes und erfüllte das ganze Haus,<br />

da sie saßen.<br />

3. Und es erschienen ihnen Zungen,<br />

zerteilet wie von Feuer; und Er fetzte<br />

sich auf einen jeglichen unter ihnen;<br />

4. und wurden alle voll des Heiligen<br />

Geistes und fingen an, zu predigen<br />

mit andere» Zungen, nachdem<br />

der Geist ihnen gab auszusprechen.<br />

s. Es waren aber Juden zu Jerusalem<br />

wohnend, <strong>die</strong> waren gottcs<strong>für</strong>chtige<br />

Männer aus allerlei Volk,<br />

das unter dem Himmel ist.<br />

b. Va nun <strong>die</strong>s« Stimme geschah, kam<br />

<strong>die</strong> Menge zusammen und wurden bestürzt;<br />

denn es hört« ein jeglicher, daß<br />

sie mit seiner Sprache redeten.<br />

7. Sie entsetzten sich aber alle, verwunderten<br />

sich und sprachen untereinander:<br />

Sieh«, sind nicht <strong>die</strong>se alle, <strong>die</strong><br />

da reden, aus Galiläa?<br />

z. w ie hören wir denn ein jeglicher<br />

seine Sprache, darinnen wir geboren<br />

sind?<br />

g. Parther und Meder und Elamiter,<br />

und <strong>die</strong> wir wohnen in Mesopotamien<br />

und in Iudäa und Lappadozien,<br />

pontus und Asien,<br />

;o. phrygien und Pamphylien, Ägypten<br />

und an den Enden von Libyen<br />

bei Lyren« und Ausländer von Rom,<br />

11. Juden und Iudengenossen, Lreter<br />

und Araber: wir hören sie mit<br />

unseren Zungen <strong>die</strong> großen Taten<br />

Gottes reden.<br />

;r. Sie «nrsetzten sich aber alle und<br />

wurden irre und sprachen einer zu dem<br />

andern: w a s will das werden?<br />

;s. Die andern aber hatten's ihren<br />

Spott und sprachen: Sie sind voll<br />

süßes Weins. Ap. Gesch. r j—zs<br />

<strong>Das</strong> Rede» in fremden Zungen ist das große pfingstwunder.<br />

w a s ist unter dem „Zungenreden" zu verstehen? Der Apostel Paulus


47° <strong>Das</strong> Heilig« pf j » gstfr st<br />

g ib t u n s im 14. R a p ite l d e s z. Ä o r in th e r b r ie f e s eine deu tlich e B e ­<br />

sch reib u n g d a v o n . S i e scheint a u f d en ersten B lick n ic h t m it dem<br />

ü b e re in z u s tim m e n , w a s h ie r e rz ä h lt w ir d . D e n n P a u l u s sch ild ert u n s<br />

d a s Z u n g e n re d e n n ic h t a ls ein R e d e n in fre m d e n S p r a c h e n , so n d e rn<br />

a l s d a s A u ssp rc c h e n g e h e im n is v o lle r A h n u n g e n u n d R e g u n g e n des<br />

G e m ü ts , f ü r w elche <strong>die</strong> g e w ö h n lic h e n W o r t e d e r m enschlichen<br />

S p r a c h e n ic h t a u s re ic h e n , w e r so red et, m a c h t d en E in d ru c k , d a ß er<br />

„ a u ß e r sich" sei. D e r A p o stel ta d e lt d a s Z u n g e n re d e n n ic h t; er bes<br />

tä tig t v ie lm e h r, d a ß au ch er e tw a s v o n d em „ A u ß e r-s ic h -se in " w e iß .<br />

A b e r er w a r n t d a v o r , d a s Z u n g e n re d e n z u ein er s tä n d ig e n G e w o h n ­<br />

h e it z u m a c h e n , u n d g ib t d en R a t , w e n n ein er so rede, solle ein<br />

a n d e re r m it W o r t e n d e r g e w ö h n lic h e n S p r a c h e e rk lä ren , w a s ih n<br />

b e w e g t u n d w a s e r m e in t.<br />

A ls G o t t e s H e ilig e r G e is t u m P f in g s te n ü b e r <strong>die</strong> I ü n g e r k am , w a r e n<br />

auch S p ö t t e r u n te r d en Z u sc h a u e rn . D ie s a g te n : „ S i e sin d v o ll süßen<br />

W e i n s " . S i e h a tte n a ls o v o n d en J ü n g e r n I e s u den selben E in d ru c k ,<br />

d a ß sie „ a u ß e r sich " w a r e n . N u r s a g te n sie es in ein er häß lich en<br />

w e i s e . A n d e re , <strong>die</strong> d a b e i w a r e n u n d z u h ö r te n , f r a g te n v e r w u n d e r t:<br />

„ S i n d d a s n ic h t la u te r G a l i l ä e r ? " w o r a n k o n n te n sie d a s erkennen!'<br />

D o c h v e rm u tlic h a n d e r M u n d a r t . D ie I ü n g e r h a b e n a lso<br />

u m P f in g s te n in d e n L a u te n ih r e r e ig e n e n M u tte rs p ra c h e g ered et,<br />

w i e h ä tte n sie au ch in so v ie le n S p r a c h e n a u f e in m a l sprechen<br />

so llen 7 M a n k a n n doch in verschiedenen S p r a c h e n im m e r n u r n a c h ­<br />

e in a n d e r red en . D a r u m h a t d a s p f i n g s t w u n d e r sicherlich n ic h t d a rin<br />

b estan d en , d a ß <strong>die</strong> I ü n g e r plötzlich in S p r a c h e n reden k o n n te n , <strong>die</strong><br />

sie nich t g e le rn t h a tte n , so n d e rn d a r in , d a ß <strong>die</strong> a n d e r n v e r s t a n d e n ,<br />

w a s jene, v o m H e ilig e n G e is t g e trie b e n , in L a u te n ih r e r g a lä lä isc h c n<br />

M u n d a r t a u s s p ra c h e n . D a s s a g t au ch d er T e x t, w e n n m a n ih n g e ­<br />

n a u ü b ersetzt. D e n n es h e iß t d o r t : „ S i n d sie n ic h t a lle G a lilä e r , <strong>die</strong><br />

d a re d e n ? w i e hören w i r es ein jeder in d er S p r a c h e , in d e r w i r<br />

g eb o ren s in d ? "<br />

D a s ist ein W u n d e r , w i e g e h t es z u ? — I n a ll <strong>die</strong>sen M ensch en<br />

w a r e in g ro ß e s H e ils v e r la n g e n . S i e w a r e n nach I e r u s a le m g ek o m ­<br />

m e n , u m d a s H e il z u suchen. N u n schenkt G o t t es ih n e n . S i e h ö re n ,<br />

v ersteh en u n d fassen , w a s sie im ein zeln e n g a r n ic h t b e g re ife n . D a s<br />

ist d a s g ro ß e W id e r s p ie l zu d em , w a s d e r P r o p h e t I e s a i a s seinerzeit<br />

d em V o lk e I s r a e l s a g te : „... - a ß sie n ic h t sehen m it ih re n A u g e n ,<br />

noch h ö re n m it ih re n «O hren, noch v ersteh en m it ih re m H e rz e n " . U n d


p fingstlag 477<br />

es ist <strong>die</strong> E r f ü l l u n g d e r V e r h e iß u n g d e s P r o p h e te n H esekiel: „ I c h w i l l<br />

euch ein n e u e s H e rz u n d ein en n e u e n G e is t in euch g eben u n d w i l l<br />

d a s stein ern e H e rz a u s e u re m Fleisch w e g n e h m e n u n d euch ein H e rz<br />

a u s H eisch g eb e,,. I c h w i l l M e in e n G e is t in euch g eben u n d w i l l<br />

solche L eute a u s euch m a c h e n , <strong>die</strong> in M e in e n G e b o te n w a n d e ln u n d<br />

M e in e R ech te h a lte n u n d d a n a c h tu n " . E s ist <strong>die</strong> U m k e h ru n g dessen,<br />

w a s G o t t t a t , a l s d ie M en sch en d en R ie s e n tu r in zu B a b e l b a u e n<br />

w o llte n . D a m a ls S p r a c h v e r w i r r u n g , setzt E in m ü tig k e it u n te r dem<br />

W o r t .<br />

w e n n sich d ie s im Leben ein es ein zeln en M e n sch en e re ig n e t, d a n n<br />

erleb t er sein p e rsö n lic h e s P f in g s te n . L ernen w i r G o t t e s W o r t v e r ­<br />

stehen, d a n n g e h t es im G r u n d e im m e r so. w e n n es in d er G eschichte<br />

d er R irch e d a h in k o m m t, d a ß G o t t e s W o r t in ih r u n d d u rch sie<br />

leb en d ig w i r d , d a n n e rle b t sie p f in g s tz e ite n . G o t t red et d a n n , u n d<br />

sie v e rste h t S e i n W o r t , d a s ih r b is d a h in u n v e rs tä n d lic h w a r w ie<br />

Z u n g e n re d e n . M i t ein en , M a le w i r d d a s f ü r sie d a s A lle r w e n ig s te ,<br />

w a s b is d a h in g e r in g g each tet o d er g a r v e rs p o tte t w a r .<br />

D as Lied der Woche<br />

Äomm, Heiliger Geist, Herre Gott<br />

L u th e r w a r F orscher u n d D ic h te r in ein er P e r s o n . A n <strong>die</strong> a lte p f in g s t-<br />

A n tip h o n „Vorn 8sn cte" (d. h .: R o m m , H e ilig e r G e ist) le g t L u th e r<br />

<strong>die</strong> bessernde H a n d . S o w i r d sie g a n z sein L ied. D a s festtäg lich e<br />

G la u b e n s b e k e n n tn is , d a s N ic ä n u m , b e z e u g t in seinem d r itte n A r ­<br />

tikel den H e ilig e n G e is t m it d er A n re d e : „ U n d sich g la u b e ) a n den<br />

H e rr n , d en H e ilig e n G e is t" . D a s W e s e n d es H e ilig e n G e iste s ist<br />

ü b e rg ro ß e L ic h tfü lle , w ie S o n n e n g la s t. S e i » W e r k ist <strong>die</strong> S a m m ­<br />

lu n g „ d e s " einen V o lk e s G o t t e s a u s d er V ie lh e it v o n „ a lle r W e l t<br />

Z u n g e n " . „ I n einem G la u b e n " , so sa g te <strong>die</strong> v o rlu th e risc h e V o r ­<br />

la g e . L u th e r ist „ d e r " G la u b e w ic h tig e r a ls <strong>die</strong> w e ltu m s p a n n e n d e E i n ­<br />

h e it d e r m itte la lte rlic h e n R irch e. D ie se r sein G la u b e leb t v o n der<br />

s tä n d ig sich e rn e u e rn d e n E r le u c h tu n g d u rch den H e ilig e n G e is t; er<br />

b e w ä h r t sich in dem s tä n d ig g e ü b te n E r w e i s tä tig e r L iebe. G la u b e<br />

u n d Liebe g e h ö re n z u e in a n d e r u n d sin d beide w ie ein leu ch ten d u n d<br />

v e rz e h re n d F e u e r. M a n k an n n u r d a r u m b itte n , im m e r a u f s neue<br />

v o n ih m e n tz ü n d e t u n d e r g r if f e n zu w e rd e n .


47« <strong>Das</strong> Heilig« pfingstfest<br />

S i e beide, d es H e ilig e n (F eistes h e ilig e s L icht u n d h e ilig e Liebe, geben<br />

L u th e r V e r a n la s s u n g , seine G e d a n k e n in z w e i n e u h in zu g ed ich teten<br />

S t r o p h e n w e ite r a u s z u b r e ite n . I h m ist G o t t e s W o r t h ell a u f g e ­<br />

leuchtet u n d z u r entscheidenden R r a f t sein es L eb en s g e w o rd e n . I n<br />

<strong>die</strong>sem L icht h a t er d e n h im m lisch en V a te r e rk a n n t, dem sein H e rz<br />

kindlich z u g e ta n is t; in <strong>die</strong>sem L icht ist L h r is tu s sein a lle in ig e r M e iste r<br />

g e w o rd e n , <strong>die</strong> rechte w e h r g e g e n a lle V e rfä ls c h u n g d es E v a n g e liu m s .<br />

D a s frö h lic h m ach en d e G eschenk d es H e ilig e n G e is te s w ir k t a b e r auch<br />

im H e rz e n d es G lä u b ig e n <strong>die</strong> fro h e W illig k e it z u m christlichen D ie n st.<br />

D a r in k a n n d en G la u b e n d e n au ch <strong>die</strong> T r ü b s a l n ic h t ir r e m ach en , noch<br />

v ie l w e n ig e r <strong>die</strong> m enschliche U n z u lä n g lic h k e it („ d e s Fleisches B l ö d i g ­<br />

keit"). E r w e iß , „ d e r G e is t h ilf t u n se re r S c h w a c h h e it a u f " . D e r G e ist<br />

ist <strong>die</strong> sie g h a fte W a f f e g e g e n T o d u n d T e u fe l. E r s tä h lt u n seren M u t .<br />

E r lä ß t u n s au ch a n u n se re m E n d e frö h lic h triu m p h ie re n .<br />

<strong>Das</strong> Gebet der Woche<br />

Herr Gott, himmlischer Vater, der Du an <strong>die</strong>sem Tage <strong>die</strong><br />

Herzen Deiner Gläubigen durch den Heiligen Geist erleuchtet<br />

und gelehrt hast, laß auch uns durch Deinen Heiligen Geist zu<br />

rechter Wahrheit gelangen und uns an Seinem Troste und<br />

Seiner Lraft allezeit erfreuen, durch Deinen lieben Sohn, Jesum<br />

Christum, unsern Herrn. Amen.<br />

-I-<br />

Die Lirche<br />

>. Der Ursprung der Rirche:<br />

Die Lirche ist das Werk des Heiligen Geistes,<br />

w o liegt der Ursprung der Lirche) Woher ist sie) w a s ist ihre Geburtsstunde)<br />

woher speist sich ihr Leben an ihrem Anfang und all <strong>die</strong> Zeit ihrer<br />

Geschichte) Die Antwort gibt uns der dritte Artikel des Apostolischen Glaubensbekenntnisses<br />

mit den, Satz: „Ich glaube an den Heiligen Geist" und weil ich<br />

an Ih n glaube, „an «ine heilige, allgemein« christliche Lirche". <strong>Das</strong> heißt: Ich<br />

glaube, daß der Heilige Geist der Schöpfer der Lirche ist. Im Nicänischen<br />

Glaubensbekenntnis wird der Heilige Geist der „lebendigmachende Geist" genannt.<br />

Es ist der Geist, der das Tote zum Leben weckt. Dieser Heilige Geist<br />

ist es, der <strong>die</strong> Lirche in das Leben gerufen hat und sie bis zur Stunde in das<br />

Leben ruft und sie am Leben erhält.


Die Lirche<br />

Die alt«» Bekenntnisse der Lirche geben <strong>die</strong>se Antwort nach dem Ursprung<br />

der Lirche nicht etwa willkürlich aus irgendeinem menschlich frommen Tiefsinn<br />

heraus, sondern aus der Heiligen Schrift. Dort wird uns der Ursprung<br />

der Rirche bezeugt eben in der Ausgießung des Heiligen Geistes auf jene<br />

verwaiste und in mannigfacher Anfechtung geängstete Iüngerschar, <strong>die</strong> aber<br />

unter der Verheißung ihres erhöhten Herrn in Hoffnung versammelt war:<br />

sie wartet« auf den Tröster, den Heiligen Geist, der ausgegossen werden sollte<br />

auf <strong>die</strong> Zeugen und Prediger Iesu Christi und auf alle, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se Heilsbotschaft<br />

hörten und glaubten. Nicht aus Lraft und Willen des Menschengeistes<br />

der versammelten Iünger, nicht von unten her, sondern von oben her, senkrecht<br />

aus der Höhe des Himmels, aus der Lraft des Heiligen Geistes geschah<br />

es, daß jene kleine Schar von Männern, <strong>die</strong> Zeugen der Auferstehung des am<br />

Lreuz Umgebrachten geworden waren, plötzlich anfingen zu predigen, in <strong>die</strong><br />

Welt Hinauszurufen <strong>die</strong> großen Taten Gottes, <strong>die</strong> in dem Namen Jesus<br />

Lhristus befaßt sind. Nicht ein Sturm menschlicher religiöser Begeisterung,<br />

sondern:<br />

Es geschah schnell ein Brausen vom Himmel als eines gewaltigen Windes<br />

und erfüllte das ganze Haus, da sie saßen.<br />

Apostelgeschichte r, r<br />

Nicht <strong>die</strong> Beredsamkeit der Menschenzunge machte sie zu Boten des Gottesheiles,<br />

sondern das Geheimnis jener ganz anderen „Zungen", <strong>die</strong> sich auf<br />

einen jeglichen von ihnen setzten. <strong>Das</strong> Geheimnis Dessen, der mit Geist und<br />

Heuer tauft, ist es, in dem der Ursprung der predigt und der Ursprung der<br />

Lirche beschlossen ist.<br />

Wo der Heilige Geist das Wunder wirkte, daß das Wort von der Auferstehung<br />

des Gekreuzigten gepredigt, gehört und geglaubt wurde, wurde <strong>die</strong> Lirche<br />

geboren. Und da, wo das zu allen Zeiten und an allen Orten geschah und geschieht<br />

bis zu <strong>die</strong>ser Stunde und geschehen wird bis an den Tag, wo <strong>die</strong> Zeit<br />

der Lirche Platz macht der Ewigkeit des Reiches Gottes - da kommt <strong>die</strong><br />

Lirche in das Leben und hat sie ihr Wesen, das nicht von Menschen stammt,<br />

sondern von dem Herrn, der ihr Schöpfer, ihr Heiland und ihr Hirte ist.<br />

wer das verstanden hat, wird den Ursprung der Rsrche nicht verwechseln<br />

mit der Geburt und dem Wachstum menschlicher Gemeinschaften, <strong>die</strong> wir<br />

als Gemeinschaften des Blutes oder des Geistes kennen, <strong>die</strong> von Gott gewollt<br />

sind und von der Güte und Treue und von der Langmut Gottes leben. Die<br />

Lirche ist nicht gewachsen aus dem Boden <strong>die</strong>ser Erde und ihrer Geschichte,<br />

sondern sie ist <strong>die</strong> Schöpfung und <strong>die</strong> neue Pflanzung des Geistes, den sie<br />

anruft in dem Gebet: „Lomm, Schöpfer Geist!" Es gibt wohl allerlei Gemeinschaften<br />

des Geistes, in denen sich Menschen zusammenfinden, <strong>die</strong> sich<br />

miteinander verbunden wissen durch gemeinsame Gesinnung, gemeinsame Ziele,<br />

mit den, Hremdwort zu reden: durch gemeinsame Ideen und Ideale. In all


4»0 <strong>Das</strong> Heilig« pfingstfest<br />

<strong>die</strong>se» Gemeinschaften ist der Mensch selber Gründer und Stifter. Sie haben<br />

ihren Ursprung in menschlicher Erkenntnis, menschlichem willen und menschlicher<br />

Sehnsucht. Die Lirche aber ist nicht ein Gebild« etwa der letzten religiösen<br />

Sehnsucht nach der Gemeinschaft aller wahrhaft Frommen, sondern das Werk<br />

des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist, der <strong>die</strong> Menschen, auch <strong>die</strong>, <strong>die</strong> sich<br />

<strong>für</strong> „religiös" halten, davon überführt, daß sie auf der Flucht vor Gott<br />

waren und auf der Flucht vor dem Bruder — Er bringt sie nun in der Lirche<br />

heim zu dem Gott, den sie verließen, und bringt sie zusammen mit den Brütern,<br />

<strong>die</strong> sie in ihrer Selbstsucht nicht kannten und fanden. Der Turmbau zu<br />

Babel, mit dem <strong>die</strong> Menschen den Himmel stürmen wollten, verfiel dem Zorn<br />

Gottes und stürzt« zusammen. Die Menschen verfielen der Verwirrung der<br />

Sprachen, daß ein Bruder den andern nicht mehr verstand. Aber in der<br />

Lirche baut Gott einen Dom durch alle Zeiten und Geschlechter. Er heilt<br />

den Riß zwischen den Zerstreuten und bringt sie wieder zusammen. Er sammelt<br />

ein Volk, das Er Sein Volk nennt, das Volk Seines Eigentums, jenes<br />

priesterliche und königliche Volk, das der erste Petrusbrief uns bezeugt:<br />

Ihr aber seid das auserwählte Geschlecht, das königliche Priestertun,,<br />

das heilige Volk, das Volk des Eigentums,<br />

daß ihr verkündigen sollt <strong>die</strong> Tugenden des,<br />

der euch berufen hat zu Seinem wunderbaren Licht,<br />

<strong>die</strong> ihr weiland nicht «in Volk wäret, nun aber Gottes Volk seid,<br />

und weiland nicht in Gnaden wäret, nun aber in Gnaden seid.<br />

?. Petrus r, g. -o<br />

Es gefällt Gott wohl, Menschen zu dem Volk zu rufen, das Er „Sein Eigentum"<br />

nennt, dem Er sich anverlobt als sein Gott und Retter, dem Er <strong>die</strong><br />

Treu« hält, obwohl <strong>die</strong>ses Volk ein über das andere Mal Ihm <strong>die</strong> Treu«<br />

bricht und Ihm den Glauben und Gehorsam versagt. Die Geschichte des<br />

Alten Bundes ist <strong>die</strong> Geschichte des Sieges der Treue Gottes über alle menschliche<br />

Urtreue. Sie (<strong>die</strong> Geschichte des Alten Bundes) ist eine einzige Weissagung<br />

hin auf jenes Volk Gottes des Neuen Bundes, den Gott durch Lhristus<br />

mit der ganzen in Schuld und Not geratenen Menschheit schloß, auf daß alle,<br />

<strong>die</strong> an den Sohn Gottes glauben, als das neue Gottesvolk ihren Lönig<br />

lieben und preisen. Nachdem das Volk des Alten Bundes seinen Lönig an<br />

das Lrcuz genagelt hatte, wird ein neues Gottesvolk, <strong>die</strong> Lirche, durch <strong>die</strong><br />

Schöpftermacht des Heiligen Geistes geboren, aus allen Völkern berufen und<br />

gesammelt.<br />

Und Ich habe noch andere Schafe, <strong>die</strong> sind nicht aus <strong>die</strong>sem Stall«;<br />

und <strong>die</strong>selben muß Ich herführen, und sie werden Meine Stimme hören<br />

und wird Eine Herd« und Ein Hirte werden.<br />

Iohannes ;o, ;b


Die Rirche 4»?<br />

<strong>Das</strong> ist <strong>die</strong> Lirche! w o immer der Name I-sn Lhristi als der Name des<br />

Einen Heilands verkündigt wird, da wird das Volk Gottes gesammelt bis<br />

auf den Tag, da das Reich Lhristi in seiner Herrlichkeit durchbricht und offenbar<br />

wird. So wahr <strong>die</strong> Glieder der Lirche dein Volk, dem sie angehören,<br />

geben, was ihm zukommt, so wahr wissen sie sich dem Einen Herrn zu<br />

eigen, der der Herr aller Mächte <strong>die</strong>ser Welt ist. Dieser Herr gehört mir<br />

Seinem Volk auf eine weise zusammen, wie wir sie sonst unter Menschen<br />

nicht finden, von dem Geheimnis der Einheit Iesu Lhristi mit Seinem<br />

Volk spricht <strong>die</strong> Heilige Schrift, wenn sie <strong>die</strong> Rirche bezeugt als den „Leib<br />

des Herrn", der „ihr Haupt ist".<br />

r. vorn Wesen der Lirche:<br />

Die Rirche ist der Leib Lhristi.<br />

Hier stehen wir vor dem eigentlichen Geheimnis der Lirche. Hier muß jedem,<br />

der Obren hat zu hären, deutlich werden, daß es um <strong>die</strong> Rirche wirklich ein<br />

ander Wesen ist als um alle menschlichen Gemeinschaften sonst, wenn <strong>die</strong><br />

Heilige Schrift <strong>die</strong> Lhristen als <strong>die</strong> Glieder an dem Leib Iesu Lhristi bezeichnet<br />

und <strong>die</strong> Rirche selbst als den Leib ihres Herrn, so meint sie das im wörtlichen<br />

Sinn, nicht etwa als ein Gleichnis und Sinnbüd.wo Glieder sich selber<br />

losreißen, müssen sie absterben und verdorren und sind keine Glieder mehr.<br />

w eil <strong>die</strong> Lirche der Leib ist, dessen Haupt Jesus Lhristus ist, heißt sie<br />

„heilig", auf daß sie sich Ihm, ihrem Herrn, „heilige", d. h. Ihm allein<br />

gehöre, Seiner Stimme vertraue und gehorche, Ihn über alles liebe und lobe:<br />

daß <strong>die</strong> Heiligen zugerichtet werden zum Werk des Amts,<br />

dadurch der Leib Lhristi erbauet werde.<br />

Lpheser 4, lt<br />

w eil der Herr, der ihr <strong>die</strong> Sünde vergibt, der <strong>die</strong> verlorenen rettet, <strong>die</strong><br />

Zerstreuten sammelt und <strong>die</strong> Toten auferweckt, ihr Haupt und selbst das<br />

Leben und Wesen Seines Leibes ist, darum steht <strong>die</strong> Rirche im Glaubensartikel,<br />

so daß wir sprechen und bekennen: „Ich glaube an Eine heilige<br />

christliche Lirche".<br />

Als <strong>die</strong> Glieder an einem Leib sind <strong>die</strong> Lhristen miteinander vereinigt in<br />

jener Bruderschaft, <strong>die</strong> nicht in der Verwandtschaft des Rörpers oder des<br />

Geistes gründet, sondern in einer 8«niilie von Schwestern und Brüdern, deren<br />

Schöpfer der Heilige Geist ist, in der Gemeinschaft, in der das Vaterunser<br />

gebetet wird. Es ist nicht zu verwundern, wenn jemand, der <strong>die</strong>se ungeheuren<br />

Aussagen vom Wesen der Lirche mit dem Ohr menschlicher Vernunft hört,<br />

den Lspf schüttelt und rätselnd oder auch empört fragt: Wo denn? w ie denn?<br />

Die Rirche, <strong>die</strong> er vor Augen sieht, dünkt ihm gar nicht heilig, sondern voller<br />

Not und Schuld, zerspalten und uneins, oft genug abtrünnig, mit der Welt<br />

auf eine weise verflochten, <strong>die</strong> mit ihrem Ursprung und ihrem Wesen ganz<br />

unvereinbar ist. Stünde und fiele <strong>die</strong> Lirche mit dem Leben und Wesen ihrer


Glieder, der Lhristen, ss möchte sie freilich längst gefallen, ja nie erstanden<br />

sein. Nun aber ist ihr gnadenreiches Geheimnis Er, Jesus Lhristus Selbst,<br />

der das Haupt Seines Leibes ist. Auf Ihn gilt es, hier zu sehen und auf<br />

Seine göttliche Gegenwart in der Rirche zu merken. Gegenwärtig aber ist Er<br />

in Seinem Wort und Sakrament. Darum gilt es, zu erkennen, was das<br />

Augsburgische Bekenntnis in seinem 7. Artikel sagt: „Die Rirche ist <strong>die</strong><br />

versammlung'allerGläubigen.bcjwelcher das Evangelium<br />

rein gepredigt und <strong>die</strong> heiligen Sakra in ente laut des Evangeliums<br />

gereicht werden." <strong>Das</strong> ist der Rernsatz, mit dem unsere rcformatorischen<br />

Vater ihren Glauben an <strong>die</strong> Rirche bekannten, <strong>die</strong> ewig bleiben<br />

wird. Die Rirche ist <strong>die</strong> Schar derer, unter der Er, Jesus Lhristus Selbst,<br />

gegenwärtig ist, und <strong>die</strong> Ihn, den Gegenwärtigen, im Glauben anbetet. Es<br />

waren 'wahrlich kein« Heiligen, und <strong>die</strong> sich da<strong>für</strong> hielten, gehörten nicht zu<br />

der -Herde des guten Hirten. Es war ein verlorener Haufe der Arme», der<br />

Leidtragenden, der Hungernden und Dürstenden, der Aussätzige», der Zöllner<br />

und Sünder, über denen Er Sein „selig sind" sprach. So ist der um Sein<br />

Wort und Sakrament geschartc Haufe nicht «in frommer Verein oder eine<br />

fromme Gemeinschaft, <strong>die</strong> sich aus ihren gemeinsamen religiöse» Bedürfnissen<br />

heraus Zusammengefunden hätten zur gemeinsamen Befriedigung ihrer Sehnsucht.<br />

Gerade das Wort, das da gepredigt und gehört wird, macht ja offenbar<br />

<strong>die</strong> Verlorenheit aller Menschen, <strong>die</strong> nur durch das Wort von der Vergebung<br />

der Sünden gerettete Menschen heißen und sind.<br />

Lbristus Selber ist der Sprecher Seines Wortes und ist Selbst das Wort, das<br />

zu uns kommt. Er Selbst ist der, -er da in der Taufe handelt und der Sich<br />

gibt im Heiligen Abendmahl. Vergeblich wird alle menschliche Sehnsucht Gott<br />

in jener Höh« suchen, <strong>die</strong> der Geist des gefallenen Menschen eben nicht erklimmen<br />

und erfliegen kann. vergeblich werden menschliche Leistungen und<br />

Vpfer versuchen, <strong>die</strong> Gegenwart Gottes zu beschwören und Seinen Segen<br />

auf <strong>die</strong> Erde herabzuzwingen. <strong>Das</strong> Wort der Heiligen Schrift, das von Ihm,<br />

Jesus Lhristus, zeugt, <strong>die</strong> predigt, <strong>die</strong> Seinem Auftrag gemäß das Wort auslegt<br />

und verkündigt, <strong>die</strong> Sakramente, <strong>die</strong> nach Seinen, königlichen Befehl<br />

vollzogen werden, sind <strong>die</strong> Stätte und das Mittel Seiner unsagbar erbarmungsreichen<br />

Herablassung und Gegenwart.<br />

Die Lirche sammelt sich nicht um menschliche Gedanken und Ideale, sondern<br />

Gott selbst ist ihr Mittelpunkt, und der Heilige Geist ist es, der uns zu <strong>die</strong>ser<br />

Mitte schart und vereinigt. Es sind <strong>die</strong> von Gott erwählten und von der<br />

Gegenwart Lhristi gesegneten und erfüllten Handlungen, in denen Gott an<br />

uns handelt in Seinem unermeßlichen Erbarmen. Darum ist es der Lirche verwehrt<br />

und verboten, durch menschliche Zusätze oder Abstriche, durch menschliche<br />

Gedanken und Ideale an Wort und Sakrament etwas ändern zu wollen.<br />

Sie würde sich und all«, <strong>die</strong> zu ihr kommen, damit nur betrügen. Die Rirche<br />

ist <strong>die</strong> Schar derer, bei denen das Wort Gottes lauter und rein gepredigt wird,


. pfingsttag 483<br />

und in der über dem Sakrament nichts anderes in Rraft und Geltung ist,<br />

als der Befehl und <strong>die</strong> Einsetzung Iesu Lhristi als des Herrn <strong>die</strong>ser Sakramente.<br />

Darum dürfen wir aber auch glauben, daß uns in der Rirche, in der wir getauft<br />

sind, <strong>die</strong> Eine christliche Rirche umschließt, solange nur Wort und Sakrament<br />

Leben und Lehre <strong>die</strong>ser Rirche bestimmen, wenn wir <strong>die</strong>ser Rirche auch<br />

in ihrer Rnechtsgestalt <strong>die</strong> Treue halten, gelten uns <strong>die</strong> Worte der Heiligen<br />

Schrift:<br />

So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge,<br />

sondern Bürger mit den Heiligen und Gottes Hausgenossen,<br />

erbauet auf dem Grund der Apostel und Propheten,<br />

da Jesus Lhristus der Eckstein ist,<br />

auf welchem der ganze Bau ineinandergefüget wächst<br />

zu einem heiligen Tempel in dem Herrn,<br />

auf welchem auch ihr mit erbaut werdet<br />

zu einer Behausung Gottes im Geist.<br />

Lphcser r, zg—er<br />

Zweiter pfingfttag<br />

Es soll nicht durch Heer oder Rraft, sondern durch Meinen Geist<br />

geschehen, spricht der Herr.<br />

Sacharja 4. b<br />

lv. Also hat Gott <strong>die</strong> Welt geliebet,<br />

daß Er Seinen eingebornen Sohn<br />

gab, auf daß alle, <strong>die</strong> an Ihn glauben,<br />

nicht verloren werden, sondern das<br />

ewig« Leben haben.<br />

17. Denn Gott hat Seinen Sohn<br />

nicht gesandt in <strong>die</strong> Welt, daß Er<br />

<strong>die</strong> Welt richt«, sondern daß <strong>die</strong> Welt<br />

durch Ihn selig werd«.<br />

-8. wer an Ihn glaubet, der wird<br />

nicht gerichtet; wer aber nicht glaubet,<br />

der ist schon gerichtet, denn er<br />

glaubet nicht an den Namen des eingebornen<br />

Sohns Gottes.<br />

D as Evangelium<br />

ld. <strong>Das</strong> ist aber das Gericht, daß<br />

das Licht in <strong>die</strong> Welt kommen ist,<br />

und <strong>die</strong> Menschen liebeten <strong>die</strong> Finsternis<br />

mehr denn das Licht; denn ihre<br />

Werke waren böse.<br />

ro. Wer Arges tut, der hasset das<br />

Licht und kommt nicht an das Licht,<br />

auf daß seine Werke nicht gestrafet<br />

werden.<br />

r;. w er aber <strong>die</strong> Wahrheit tut, der<br />

kommt an das Licht, daß seine Werke<br />

offenbar werden; denn sie sind in Gott<br />

getan.<br />

Joh. s, -ö—rz<br />

D ie R irc h e ist n ic h t n u r d e r G e f a h r a u sg e se tz t, d a ß sie sich d e r W e l t<br />

in n e rlic h a n g le ic h t, so n d e rn ebensosehr d er a n d e rn , d a ß sie zu G e ric h t<br />

sitzt ü b e r a ll d a s B ö s e , d a s in ih r ist, a b e r keine Liebe zu den M e n -


4S4<br />

<strong>Das</strong> Heilige p f i ngstf« st<br />

schen h a t, <strong>die</strong> in d e r W e l t leben m ü ssen . B e id e s ist e in Z eichen d a f ü r ,<br />

d a ß es ih r a n G la u b e n m a n g e lt, d a ß sie d a r u m n ic h t m e h r w e iß ,<br />

w e s G e is te s R in d sie ist. D ie v e rw e ltlic h te L irc h e h a t einen I r r ­<br />

g la u b e n . D e s h a lb v e r lie r t sie d a s V e r m ö g e n d e r U n te rsc h e id u n g z w i ­<br />

schen dem G e iste L h r is ti u n d d em G e iste <strong>die</strong>ser W e l t . D ie lieblose,<br />

richtende R irc h e h a t einen schw achen G la u b e n . D e n n sie g la u b t n ich t,<br />

d a ß L h r is tu s <strong>die</strong> W e l t w irk lic h ü b e r w u n d e n h a t, v ie l g rü n d lic h e r,<br />

a ls es je ein M en sch d u rch V e r u r te ile n , R ic h te n u n d N e in s a g e n v e r ­<br />

m öchte. D a r u m fe h lt es ih r a n Freiheit, w o kein sta rk er G la u b e ist,<br />

d a ist auch keine F re ih e it. U n fre ih e it k o m m t a u s A n g s t u n d tr e n n t,<br />

christliche F re ih e it a u s G la u b e n u n d L iebe. S i e v e rb in d e t. O h n e G l a u ­<br />

ben , F re ih e it u n d Liebe k an n n ie m a n d <strong>die</strong> W e l t ü b e rw in d e n , w i e<br />

m a c h t u n s d e r T e x t d a s k la r )<br />

J e s u s h a t m it N ik o d e m u s ein G e sp rä c h g e f ü h r t ü b e r d a s R eich<br />

G o tte s , ü b e r W ie d e r g e b u r t u n d H e ilig e n G e is t. A ls f ro m m e r I u d c<br />

h a tte N ik o d e m u s b e stim m te V o rs te llu n g e n v o m R eich e G o tte s , w a s<br />

sa g te <strong>die</strong> S c h r i f t ? — w e n n G o t t e s R eich k o m m t, so w i r d G o t t zuerst<br />

<strong>die</strong> V ö lk e rw e lt ric h te n . D a n n w i r d E r S e i n V o lk re c h tfe rtig e n v o r den<br />

g o ttlo s e n H e id e n u n d S e in e n N a m e n v o r d en A u g e n d er g a n z e n<br />

W e l t v e rh e rrlic h e n . V o n <strong>die</strong>sem G e ric h t sa h N ik o d e m u s n ic h ts .<br />

D a r u m h ie lt e r J e s u s z w a r f ü r ein en g ro ß e n L e h re r, jedoch n ic h t f ü r<br />

den v e rh e iß e n e n M e s s ia s .<br />

J e s u s a b e r s a g t ih m : D u kennst G o t t n ic h t ric h tig . D i r ist E r ein<br />

G o t t d e s G e r ic h ts . A b e r G o t t h a t keine F reu d e a m R ic h te n u n d V e r ­<br />

d a m m e n . E r lie b t <strong>die</strong> W e l t . E r lie b t sie so seh r, d a ß E r S e in e n S o h n<br />

f ü r sie d a h in g e b e n w i l l . w e r a n I h n g la u b t, so ll n ic h t v e rlo re n g e h e n ,<br />

so n d e rn d a s e w ig e L eben h a b e n . E r l ö s u n g , n ic h t V e r d a m m u n g d er<br />

W e l t ist d a s Z ie l, d a s E r im A u g e b a t.<br />

A b e r w o b le ib t d a n n d a s G e r ic h t? I s t G o t t e s L iebe eine u n te rsc h ie d s­<br />

lose L ieb e? N ik o d e m u s sp rich t <strong>die</strong>sen E i n w a n d n ic h t a u s , a b e r er<br />

lie g t ih m w o h l a u f d e r Z u n g e . D a r u m a n t w o r t e t J e s u s d a r a u f , o h n e<br />

d a ß e r ih n a u sg e sp ro c h e n h a t. N e in ! D a s G e ric h t k o m m t. E s h a t<br />

s o g a r schon b e g o n n e n . E s ist kein b lo ß z u k ü n ftig e s , so n d e rn e in g e g e n ­<br />

w ä r tig e s G e ric h t, d a s im m e r f o r t g eschieht. „ D a s ist d a s G e ric h t, d a ß<br />

d a s L ich t in d ie W e l t g ek o m m en ist, u n d <strong>die</strong> M e n sch en lie b te n <strong>die</strong><br />

F in s te rn is m e h r a l s d a s L ic h t; d e n n ih re W e rk e w a r e n b ö se", w a s<br />

f ü r e in L ic h t? — D a s v o n den W o r t e n u n d W e r k e n J e s u a u s s tr a h lt,<br />

w e n n sie u n s v e rk ü n d ig t w e rd e n , u n d d a s v o m R r e u ; a u f G o lg a th a


. pfingfttag 4Lö<br />

h e ra b in u n se r L eben leu ch tet, w e n n w i r d a v o rg e s te llt w e rd e n . D ie s<br />

L icht w ä r e ein G e r ic h t? — I a , d e n n es f ü h r t eine S c h e id u n g h e r­<br />

bei. „ w e r A r g e s t u t , d e r h a ß t d a s L icht u n d k o m m t n ic h t a n s L icht,<br />

a u f d a ß seine W e rk e n ic h t g e s tra ft w e r d e n " . D ie b ösen W e rk e<br />

„ s tra fe n " h e iß t, sie o f f e n b a r m ach e n , a u s d em D u n k e l d er N a c h t, in<br />

d em sie geschehen sin d , a n s h elle T a g e s lic h t zieh en , a u f d a ß G o t t u n d<br />

M en sch en sie sehen. D a s w o lle n <strong>die</strong> M e n sc h e n n ic h t g e rn e . D e s h a lb<br />

verkriechen sie sich in <strong>die</strong> F in s te rn is . „ S i e lie b te n <strong>die</strong> F in s te rn is m e h r<br />

a l s d a s L ic h t; d e n n ih re W e rk e w a r e n b ö se".<br />

E s g ib t a b e r au ch a n d e re . D ie k o m m en g ern e a n d a s L icht u n d „ t u n<br />

<strong>die</strong> W a h r h e i t " . R a n n m a n d e n n <strong>die</strong> W a h r h e i t au ch tu n , n ic h t b lo ß<br />

s a g e n ? — M ja , w e n n m a n seine S ü n d e „ s tr a f e n " lä ß t u n d sich o ffe n<br />

zu ih r bek en n t. D a s ist ein T u n d e r W a h r h e i t , w o d a s geschieht,<br />

z e ig t sich d a n n s o fo rt, d a ß d a s v o n L h r is tu s a u s g e h e n d e L icht n ich t<br />

b lo ß h e ll, so n d e rn au ch w a r m m a c h t. E s ist n ic h t n u r W a h r h e i t ,<br />

so n d e rn auch L iebe, es ist W a h r h e i t u n d Liebe in ein em . U n d w a r u m ?<br />

— W e i l G o t t d a h in te r ste h t. S o lc h e W e rk e sin d , au ch w e n n sie<br />

S ü n d e w a r e n , „ i n G o t t g e ta n " . D e n n w e n n G o t t S ü n d e v e r g ib t,<br />

d a n n streicht E r sie n ic h t n u r a u s , so n d e rn lie b t d en S ü n d e r n u n erst<br />

recht, w a r u m ? — w e i l er <strong>die</strong> W a h r h e i t g e ta n h a t. D e n n d a s ist<br />

unsere u n d d e r W e l t W a h r h e i t v o r G o t t : L a u te r S ü n d e r , <strong>die</strong> der<br />

E r lö s u n g b e d ü rfe n !<br />

S e lts a m e s G e r ic h t! I a , a b e r m e in st d u , d a ß a m E n d e a lle r T a g e<br />

b eim I ü n g s t c n G e ric h t e t w a s a n d e re s g esch ieh t? — G a n z g e w iß<br />

n ic h t. A uch d a n n w i r d n u r <strong>die</strong> W a h r h e i t o ffe n b a r g e m a c h t, <strong>die</strong><br />

W a h r h e i t d e in e s u n d m e in e s L ebens u n d <strong>die</strong> d e r g a n z e n W e l t , jedoch<br />

m it d em U n tersch ied , d a ß d ie, <strong>die</strong> sich jetzt v o r d em L ichte L h ris ti<br />

in <strong>die</strong> F in s te rn is v erkriechen w ie <strong>die</strong> T ie re d e r N a c h t, d a n n o ffe n b a r<br />

w e rd e n müssen. D a r u m : „ w e r (h ie r schon) a n I h n g la u b t, d er<br />

w i r d n ic h t (m e h r) g e ric h te t; w e r a b e r n ic h t g la u b t, d e r ist schon g e ­<br />

ric h te t, d en n er g la u b t n ic h t a n d en N a m e n d es e in g e b o re n e n S o h n e s<br />

G o t t e s " . E n tg e h e n w i r d d e m G e ric h t keiner,<br />

w i r h ö re n n ic h t, w a s N ik o d e m u s d a r a u f g e a n tw o r te t h a t. A b er<br />

w i r so llen u n s m erk en , w a s L h r is tu s s a g t, w e n n <strong>die</strong> B o s h e it <strong>die</strong>ser<br />

W e l t u n s b itte r m a ch en w i l l . S o l l e n w i r ü b e r sie z u G e ric h t sitzen?<br />

D a s k o m m t u n s n ic h t z u u n d ist au ch n ic h t n ö tig . D a s L icht, d a s<br />

v o n L h r is tu s a u s g e h t, ric h te t sie v o n selbst. W o h l a b e r so llen w i r<br />

d ies L icht leu ch ten lassen , d a ß es <strong>die</strong> d u n k le u n d kalte W e l t erleuchte


48V<br />

<strong>Das</strong> Heilig« pfingftfest<br />

u n d w ä r m e . W a h r h e i t ist d a s erste, Liebe d a s letzte W o r t , d a s <strong>die</strong><br />

L irc h e im N a m e n ih r e s H e r r n zu reden h a t.<br />

S o ist <strong>die</strong> B o ts c h a f t d e s ersten p f in g s tf c ie r ta g e s m it d er d es z w e ite n<br />

v e rb u n d e n , w e n n <strong>die</strong> R irc h e ih re n H e r r n lie b t u n d S e i n W o r t<br />

h ä lt, b le ib t sie b e w a h r t v o r b lin d e r W e ltf r e u d ig k e it, w e n n sie es<br />

in S e in e m G e iste , d . i. im G e iste d e r W a h r h e i t u n d d e r Liebe v e r ­<br />

k ü n d ig t, b le ib t sie b e w a h r t v o r W e l t - u n d M e n sc h e n h a ß . H iir sich<br />

g e n o m m e n , ist b eid es v e rk e h rt, w e r k an n sich <strong>die</strong>ser W e l t o h n e E i n ­<br />

sch rän k u n g fre u e n , u n d w e r d a r f sie o h n e S c h u ld h a sse n ? G o t t e s<br />

G ed an k e ü b e r sie ist ih re E r l ö s u n g , u n d <strong>die</strong> ist in I e s u s L h ris tu s<br />

geschehen.<br />

Die Epistel<br />

44. Und Er hat uns geboten, zu predigen<br />

dem Volk und zu zeugen, daß<br />

Lr ist verordnet von Gott «in Richter<br />

der Lebendigen und der Toten.<br />

45. von <strong>die</strong>sem zeugen alle Propheten,<br />

daß durch Seinen Namen alle, <strong>die</strong> an<br />

Ihn glauben, Vergebung der Sünden<br />

empfahen sollen.<br />

44. Da Petrus noch <strong>die</strong>se Worte redet«,<br />

fiel der Heilige Geist auf all«,<br />

<strong>die</strong> dem Wort zuhöreten.<br />

45. Und <strong>die</strong> Gläubigen aus der Beschneidung,<br />

<strong>die</strong> mit Petrus kommen<br />

waren, entsetzten sich, daß auch auf<br />

<strong>die</strong> Heiden <strong>die</strong> Gabe des Heiligen<br />

Geistes ausgegossen ward;<br />

4ö. denn sie höreten, daß sie mit Zungen<br />

redeten und Gott hoch priesen.<br />

Da antwortete Petrus:<br />

47. Mag auch jemand das Wasser<br />

wehren, daß <strong>die</strong>se nicht getauft werden,<br />

<strong>die</strong> den Heiligen Geist empfangen<br />

haben, gleichwie auch wir?<br />

48. Und befahl sie zu taufen in dem<br />

Namen des Herrn.<br />

Ap. Gesch. zo, 4:—48<br />

w a s ist d e r H a u p t i n h a l t d e r christlichen V e rk ü n d ig u n g ? E s ist<br />

w ic h tig , d a ß sich d ie L irc h e <strong>die</strong>se Frage g e ra d e a m p f in g s tta g e v o r ­<br />

le g t. E s k ö n n te sein, d a ß in i h r v ie le s v o n J e s u s L h r is tu s e rz ä h lt<br />

w i r d , a b e r g e ra d e n ic h t, w a s d en H a u p t i n h a l t d e r christlichen V e r ­<br />

k ü n d ig u n g a u s m a c h t. D e r A p o ste l s a g t es u n s in z w e i S ä tz e n : G o t t<br />

h a t I e s u s L h r is tu s z u m R ic h te r d e r L eb en d ig en u n d d er T o te n g e ­<br />

m a c h t, u n d v o n I h m bezeu g en a lle P r o p h e te n , d a ß in S e in e m N a m e n<br />

a lle , <strong>die</strong> a n I h n g la u b e n , V e r g e b u n g d e r S ü n d e e m p fa n g e n so llen .<br />

D ie christliche B o ts c h a f t ist d e m n ach in erster L in ie n ich t ein B e ric h t<br />

v o n d em , w a s d e r g ö ttlic h e M en sch I e s u s v o n N a z a r e th g e ta n h a t,<br />

so n d e rn sie ist <strong>die</strong> B o ts c h a f t v o n I e s u s L hristus a l s u n serem k ö n ig ­<br />

lichen R ic h te r u n d H e r r n .<br />

w i r d w ä h r e n d ein es R r ie g c s in F e in d e s la n d eine S t a d t besetzt, so<br />

e rlä ß t d er neue L o m m a n d a n t seine V e r o r d n u n g . I n ih r t u t er den


. P fingsttag 4S7<br />

Einwohnern seinen Namen kund und nach welchen Gesetzen er über<br />

ihr Tun und Lassen, Leben und Treiben entscheiden will. S o hat Gott<br />

durch <strong>die</strong> Auferweckung Iesu Christi erklärt: E r ist euer Richter;<br />

wer sich zu I h m bekennt, dem soll alles vergeben sein, w as er Böses<br />

getan hat. Der Hauptinhalt der christlichen Verkündigung ist keine<br />

Lehre, sondern eine Willenskundgebung oder Proklamation des allmächtigen<br />

Gottes. Alle Christenlehre tut nichts anderes, als daß<br />

sie den S inn <strong>die</strong>ser Proklamation erläutert.<br />

Die Heiden, <strong>die</strong> <strong>die</strong>s hörten, haben es so verstanden. Noch während<br />

Petrus redete, fiel der Heilige Geist auf sie. Sie hörten Gottes B otschaft<br />

und glaubten ähr. Ih r Glaube machte sie auch froh. Diesem<br />

Richter wollten sie sich gerne anvertrauen. Sie lobten Gott und<br />

fingen an, in Zungen zu reden. <strong>Das</strong> hörten einige Iudenchristen. Sie<br />

glaubten auch an Christus, und doch wunderten sie sich, „daß <strong>die</strong><br />

Gabe des Heiligen Geistes auch auf <strong>die</strong> Heiden ausgegossen ward",<br />

w aren <strong>die</strong>se Heiden wirklich genügend vorbereitet <strong>für</strong> den Glauben?<br />

Hatten sie alles verstanden? Mußten sie nicht erst ihre heidnischen<br />

Gewohnheiten ändern? Soviel A'agen, soviel Bedenklichkeiten. Aber<br />

Petrus setzt sich darüber hinweg. Gott hat Selber durch Seinen<br />

Heiligen Geist entschieden, „ w e r will da dem Wasser wehren, daß<br />

sie nicht getauft werden?" „Und er befahl, sie zu taufen auf den<br />

Namen Iesu Christi".<br />

<strong>Das</strong> w ar «ine Tat von großer Tragweite. Deshalb hat sie Lukas<br />

uns auch erzählt. Sie bedeutet, -aß <strong>die</strong> Taufe <strong>für</strong> wichtiger erklärt<br />

wird als <strong>die</strong> Beschneidung, ja daß sie mit der Zeit in der christlichen<br />

<strong>Gemeinde</strong> an deren Stelle tritt, „ w e r da glaubt und getauft wird,<br />

soll errettet werden (im Gericht); wer nicht glaubt, soll verdammt<br />

werden". S o sagt seitdem <strong>die</strong> Botschaft der Äirche.<br />

Manche von uns meinen, <strong>die</strong>se Bedenken -er Iudenchristen zeugten<br />

doch von einem kleinlichen Geist. Aber das kommt uns nur so vor,<br />

weil uns <strong>die</strong> Fragen und Gedankengänge von damals fremd geworden<br />

sind. Geht es uns aber nicht ganz ähnlich, wenn <strong>die</strong> Vorurteile<br />

berührt werden, an denen w ir leiden? I n einer Beziehung<br />

hat sich in der heutigen Christenheit <strong>die</strong> Lage gerade umgekehrt. Damals<br />

waren <strong>die</strong> Heidenchristen in -er Minderheit, heute sind es <strong>die</strong><br />

Iudenchristen. Und wie steht es in den Ländern, in denen <strong>die</strong> Gegensätze<br />

zwischen der weißen und den farbigen Rassen <strong>die</strong> Gemeinschaft<br />

der Christen untereinander ständig zu zersprengen drohen? w äre doch<br />

lö <strong>Das</strong> Rtrchenbuch


4§s<br />

<strong>Das</strong> Heilig« pfing st fest<br />

auch in all <strong>die</strong>sen Hallen cj„ ^ mutiger und freier Mann wie Petrus<br />

da, welcher sagt: „M ag auch jemand das Wasser wehren, daß <strong>die</strong>se<br />

nicht getauft werden, <strong>die</strong> den Heiligen Geist empfangen haben gleichwie<br />

w ir?" Letzteres ist allerdings <strong>die</strong> Bedingung, von der <strong>die</strong> christliche<br />

<strong>Gemeinde</strong> in allen solchen Hallen niemals abgehen sollte.<br />

D as Lied des Tages<br />

Äomm, Gott Schöpfer, Heiliger Geist<br />

Hast alle pfingstlieder sind Bittliedcr, weil <strong>die</strong> Gaben des Heiligen<br />

Geistes über sich Hinausweisen. Luther hat hier einen uralten lateinischen<br />

Hymnus aus dem ö. Iahrhundert neu gestaltet. Die einzelnen<br />

Strophen besingen <strong>die</strong> Gaben des Heiligen Geistes: E r macht uns<br />

als Geist der Gnaden der Vergebung vor Gott gewiß (z), E r tritt<br />

seelsorgerlich ein <strong>für</strong> den von der Erde geschiedenen Christus, der ihn<br />

selber einen Tröster nennt (r), E r ist ein Geist der Wahrheit (s),<br />

birgt in Sich siebenfache Tugenden (4), gibt <strong>die</strong> Gabe der Unterscheidung<br />

der Geister (s), stärkt im Glauben(ö) und Lobpreis (7) des Dreieinigen<br />

Gottes.<br />

D as Gebet des Tages<br />

Allmächtiger G o tt, w ir bitten Dich, Du wollest Deinen Heiligen<br />

Geist in unsere Herzen geben, daß E r uns nach Deinem w ille n<br />

regiere und führe, in aller Anfechtung tröste und wider allen<br />

Irrtu m zu Deiner W ahrheit leite, auf daß w ir im Glauben<br />

fest bestehen, in der Liebe und allen guten Werken zunehmen<br />

und endlich selig werden durch unsern H errn Jesum Christum,<br />

der m it D ir und dem Heiligen Geiste lebet und regieret von<br />

Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.<br />

-iw<br />

e r gehört zur Äirche?<br />

Es ist das wahrlich «ine bedrängende Frage, und wohl denen, <strong>die</strong> sich von<br />

ihr bedrängen und beunruhigen lassen! Es sind ja <strong>die</strong> zerbrochenen und zerschlagenen<br />

Herzen und <strong>die</strong> Menschen des geängsteten Geistes, <strong>die</strong> der Heilige<br />

Geist <strong>die</strong> Antwort voll ewigen Friedens hären läßt. w er gehört zur Lirch«?<br />

Es ist hier eine zwiefache Antwort zu hören, so aber, daß das Heil darin<br />

liegt, <strong>die</strong> zwiefache Antwort als <strong>die</strong> eine Antwort zu hören und zu glauben,


Wer gehört zur Lirche?<br />

4SS<br />

als <strong>die</strong> sie uns von Gott gesagt und angeboten wird. Line zwiefache Antwort<br />

ist sie eigentlich nur, wenn wir auseinanderreißen, was nach Gottes gnädigem<br />

willen zueinander gehört: <strong>die</strong> Taufe, durch <strong>die</strong> wir Glieder der Lirche werden,<br />

und den Glauben, der von der Taufe unabtrennbar ist, wenn <strong>die</strong> Taufe das<br />

sein und bleiben soll, was sie nach ihrer Gotteskraft sein und bleiben will.<br />

wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden;<br />

wer aber nicht glaubet, der wird verdammt werden.<br />

Markus sd, jb<br />

Zur Lirche gehört, wer getauft wird, wen der Vater in Jesus Christus zum<br />

Linde und Lrben Seines ewigen Reiches annimmt ohne alles menschliche Zutun<br />

und Begreifen. In <strong>die</strong> Lirche wird man sa nicht aufgenommen wie in<br />

einen verein, und wer <strong>die</strong> Taufe auf <strong>die</strong>se Art verstehen wollte, hätte sie eben<br />

nicht verstanden. Aber <strong>die</strong> Gabe Gottes will angenommen und geglaubt sein.<br />

Wenn anders wir <strong>die</strong>sem Herrn gehören, so sind wir zum Gehorsam des<br />

Glaubens gerufen, wenn anders wir durch <strong>die</strong>s Testament zu Lrben eingesetzt<br />

sind, so will das Lrbc mit dankenden und lobenden Händen empfangen und<br />

gerühmt sein. wer seine Taufe nicht glaubt, der kann sie zwar nicht ungeschehen<br />

machen, wohl aber sich den Segen in einen Fluch verwandeln. Recht<br />

verstanden ist es also ganz unmöglich, aus der Lirche, in <strong>die</strong> hinein einer<br />

getauft ist, wieder auszutreten, wie man aus einem verein austritt, wenn<br />

einem <strong>die</strong> Mitgliederbeiträge zu hoch geworden sind, oder wenn man sich an<br />

den Statuten geärgert hat. Wohl kann jemand in äußerem Sinne <strong>die</strong> Rechte<br />

und pflichten von sich werfen, <strong>die</strong> mit der Gliedschaft der Lirche verbunden<br />

sind, aber eins kann er nicht, ob er auch mit -er Stirn seines Trotzes dagegen<br />

anläuft: <strong>die</strong> Tatsache seiner Taufe wieder umstoßen. Sie wird sich ihm entweder<br />

zum Heil oder zum Unheil auswirken.<br />

Darum gehören zur Lirche alle, <strong>die</strong> das glauben, was Gott in Christus an<br />

ihnen getan hat und in Seiner Gnade täglich tut.<br />

viele sind berufen, aber wenige sind auserwählet.<br />

Matthäus ro, lö<br />

Die Masse, auch <strong>die</strong> Masse der Getauften, geht nicht in eins mit der kleinen<br />

Schar derer, <strong>die</strong> ihre Tauf« glauben. Die Gnade Gottes ist und bleibt wahr,<br />

aber eine Lüge ist das sogenannte Christentum der christlichen Masse, <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />

wohl kaum etwas gleichgültiger, unwesentlicher und unwirksamer ist, als ausgerechnet<br />

ihre Taufe, und das wahrlich nicht nur bei denen, <strong>die</strong> eines Tages<br />

aus der ihnen gleichgültig oder verhaßt gewordenen Lirche austceten, sondern<br />

auch bei vielen, allzuvielen unter denen, <strong>die</strong> zur Lirche eigentlich nur noch<br />

deshalb gehören, weil sie noch nicht ausgetreten sind.<br />

Ls ist verständlich, wie mancher immer wieder eine Scheidung vollziehe»<br />

möchte zwischen den wahren Christen und den Scheinchristen, zwischen denen,<br />

<strong>die</strong> getauft sind und glauben, und denen, <strong>die</strong> den Lrbbrief der Taufe auf


4A0<br />

<strong>Das</strong> Heilig« pfingstfest<br />

<strong>die</strong> Straße werfen oder ihn in Stücke reißen möchten. Hier aber gilt es,<br />

sich demütigen zu lassen und anzuerkennen, daß <strong>die</strong> Vollmacht zu einer solchen<br />

Scheidung des Gerichtes nur der Richter und Retter selbst hat, und daß jeder,<br />

der hier in menschlichein Zorn und Eifer den Richter spielen will, sich nur<br />

vorsehen soll, daß er nicht selbst bei der Scheidung auf jene Seite gestellt wird,<br />

<strong>die</strong> er <strong>für</strong> sich nicht vermutete. Denn das gerade ist das Geheimnis der wahren<br />

Lirche: <strong>die</strong> sich hier richten lassen, an denen der Heilige Geist Sein Straf--<br />

anit vollzieht, das sind <strong>die</strong> durch Gnade und nichts als Gnade Geretteten,<br />

an denen eben derselbe Heilige Geist sein Trostamt übt. Es kommt der Tag,<br />

da alle Lüg« und Heuchelei offenbar werden wird vor dem Stuhl des Richters.<br />

Dann ist <strong>für</strong> <strong>die</strong>, <strong>die</strong> auf Seinen Namen getauft sind und an Ihn glauben,<br />

keine andere Rettung als bei dem Richter, der <strong>für</strong> uns hingerichtet wurde,<br />

auf daß Seine Lirche Ihn preist als ihren Retter.<br />

-ch<br />

D e r dritte Artikel:<br />

von der Heiligung.<br />

Ich glaube an den Heiligen G e ist, eine heilige, christliche<br />

Lirche, <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> der Heiligen, Vergebung<br />

der Sünden, Auferstehung des Fleisches und ein ewiges<br />

Leben. Amen.<br />

W a s ist das?<br />

Ich glaube,<br />

daß ich nicht aus eigener Vernunft noch Rraft an Icsum Christum,<br />

meinen Herrn, glauben oder zu Ihm kommen kann;<br />

sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen,<br />

mit Seinen Gaben erleuchtet,<br />

im rechten Glauben geheiliget und erhalten;<br />

gleichwie er <strong>die</strong> ganze Christenheit auf Erden berufet, sammelt, erleuchtet,<br />

heiliget<br />

und bei Iesu Christo erhält im rechten einigen Glauben;<br />

in welcher Christenheit E r inir und allen Gläubigen täglich alle<br />

Sünden reichlich vergibt<br />

und am Iüngsten Tage mich und alle Toten auferwecken wird,<br />

und mir samt allen Gläubigen in Christo ein ewiges Leben geben<br />

wird.<br />

<strong>Das</strong> ist gewißlich wahr.<br />

-s-


Woche d«s pfingstfestes<br />

4Sl<br />

4 r. Sie blieben aber beständig in der<br />

Apostel Lehr« und in der Gemeinschaft<br />

und im Brotbrechen und im Gebet.<br />

48. Es kam auch alle Seelen Furcht<br />

an, und geschahen viel Wunder und<br />

Zeichen durch <strong>die</strong> Apostel.<br />

44. Alle aber, <strong>die</strong> gläubig waren worden,<br />

waren beieinander und hielten<br />

alle Dinge gemein.<br />

45. Ihre Guter und Habe verkauften<br />

sie und teileten sie aus unter alle,<br />

nachdem jcderinann not war.<br />

D ienstag nach Pfingsten<br />

4b. Und sie waren täglich und stets<br />

beieinander einmütig im Tempel und<br />

brachen das Brot hin und her in<br />

Häusern,<br />

47. nahmen <strong>die</strong> Speise und lobeten<br />

Gott mit Freuden und einfältigem<br />

Herzen und hatten Gnade bei dem<br />

ganzen Volk. Der Herr aber tat hinzu<br />

täglich, <strong>die</strong> da selig wurden, zu der<br />

Gemeine. Ap. Gesch. r, 42—47<br />

Die christliche <strong>Gemeinde</strong> siegt, wenn sie eine betende <strong>Gemeinde</strong> ist.<br />

<strong>Das</strong> lehrt uns das Bild, welches <strong>die</strong> Apostelgeschichte von den ersten<br />

Tagen der christlichen <strong>Gemeinde</strong> entwirft, w i r erkennen, welche<br />

Rräfte in der ersten <strong>Gemeinde</strong> wirksam waren und w ie - e r Heilige<br />

Geist eine <strong>Gemeinde</strong> regieren kann und sie tröstet in<br />

aller Bedrängnis. Da sind W ort und Sakrament <strong>die</strong> lebendige<br />

Speise, <strong>die</strong> Gott darreicht. Der Heilige Geist ist in den Herzen wirksam,<br />

wirkt Wunder und Zeichen, erzeugt Taten der Liebe und verleiht<br />

der <strong>Gemeinde</strong> eine so große Rraft, daß viele Unentschiedene und<br />

viele Heiden zu gläubigen Christen werden. Dieser Bericht von der<br />

ersten <strong>Gemeinde</strong> zeigt uns, wovon eine <strong>Gemeinde</strong> lebt und wodurch<br />

sie wächst: durch <strong>die</strong> Gemeinschaft unter dem W ort. Getröstet und<br />

getragen durch das W ort der Barmherzigkeit, steht <strong>die</strong> erste Christengemeinde<br />

mitten unter dem Drohen der Gegner im Frieden Gottes.<br />

Die andere Lesung: Johannes ;e, g—17<br />

Als sie aber zum Volk redeten, traten<br />

zu ihnen <strong>die</strong> Priester und der<br />

Hauptmann des Tempels und <strong>die</strong><br />

Sadduzäer<br />

r. (<strong>die</strong> verdroß, daß sie das Volk lehreten<br />

und verkündigten an Iesu <strong>die</strong><br />

Auferstehung von den Toten)<br />

8. und legeten <strong>die</strong> Hände an sie und<br />

setzten sie ein bis auf morgen; denn es<br />

war setzt Abend.<br />

M ittw och nach Pfingsten<br />

4. Aber viel« unter denen, <strong>die</strong> dem<br />

Wort zuhöreten, wurden gläubig;<br />

und ward <strong>die</strong> Zahl der Männer bei<br />

fünftausend.<br />

s. Als es nun kam auf den Morgen,<br />

versammelten sich ihre Obersten und<br />

Ältesten und Schriftgelehrten gen Jerusalem,<br />

ö. Hannas, der Hohepriester, und Laiphas<br />

und Johannes und Alexander


4gr<br />

Woche des pfingstfestes<br />

und wie viel ihrer waren vom Hohenpriestergeschlechte:<br />

7. und stellet«» sie vor sich und fragten<br />

sie: Aus welcher Gewalt oder in<br />

welchem Namen habt ihr das getan)<br />

r. Petrus, voll des Heiligen Geistes,<br />

sprach zu ihnen: Ihr «Obersten des<br />

Volkes und ihr Ältesten von Israel,<br />

y. so wir heute werden gerichtet über<br />

<strong>die</strong>ser Wohltat an dem kranken Menschen,<br />

durch welch« er ist gesund worden,<br />

zo. so sei euch und allem Volk von<br />

Israel kundgetan, daß in dem Namen<br />

Iesu Christi von Nazareth, welchen<br />

ihr gekreuziget habt, den G ott von<br />

den Toten auferweckct hat, steht <strong>die</strong>ser<br />

allhi« vor euch gesund.<br />

<strong>Das</strong> ist der Stein, von euch Bauleuten<br />

verworfen, der zum Eckstein<br />

worden ist.<br />

zr. Und ist in keinem Andern Heil,<br />

ist auch kein andrer Name unter dem<br />

Himmel den Menschen gegeben, darinnen<br />

w ir sollen selig werden.<br />

Ap. Gesch. 4» ?— ?r<br />

w o in der Rraft des Heiligen Geistes große Taten geschehen, werden<br />

solche Menschen, <strong>die</strong> nicht in der Gewalt des Heiligen Geistes stehen,<br />

davon beunruhigt. Sie werden genötigt, nach der Rraft, nach der<br />

Gewalt zu fragen, <strong>die</strong> in solchen Taten wirksam ist, oder sie fragen<br />

nach der äußeren oder inneren Berechtigung, eine solche Bewegung<br />

zu entfachen. I n <strong>die</strong>ser Frage aber meldet sich Feindschaft und w id erstand,<br />

meldet sich der Rampf an, den <strong>die</strong> Menschen Gottes<br />

auf Erden zu bestehen haben, welche Waffen haben sie<br />

in <strong>die</strong>sem Rampfe) Sie haben als einzige Waffe das Zeugnis<br />

ihres Glaubens: Jesus Christus ist <strong>die</strong> Rraft unseres Wirkens, wie<br />

E r uns auch das Recht dazu gibt. w o das Zeugnis von Ihm als dem<br />

Grundstein, dem alleinigen Heil, in der Macht des Geistes unerschrocken<br />

abgelegt wird, da gibt Gott den Sieg. w i r bitten »m den<br />

Geist, in dem Petrus und nach ihm unzählige andere Glaubcnszeugen<br />

ihr Zeugnis abgelegt haben.<br />

Die ander« Lesung: Apostelgeschichte S, I—iS<br />

D onnerstag nach Pfingsten<br />

sS. Sie sahen aber an <strong>die</strong> Freudigkeit<br />

des Petrus und Johannes und<br />

verwunderten sich; denn sie waren gewiß,<br />

daß es »»gelehrte Leute und<br />

Laien waren, und kannten sie auch<br />

wohl, daß sie mit Jesu gewesen<br />

waren.<br />

14. Sie sahen aber den Menschen, der<br />

gesund war worden, bei ihnen stehen<br />

und hatten nichts dawider zu reden.<br />

?S. Da hießen sie sie hinausgehen aus<br />

dein Rat und handelten miteinander<br />

und sprachen:<br />

Id. w a s wollen wir <strong>die</strong>sen Menschen<br />

tun) Denn das Zeichen, durch sie geschehen,<br />

ist kund, offenbar allen, <strong>die</strong><br />

zu Jerusalem wohnen, und wir könnend<br />

nicht leugnen.<br />

;7. Aber auf daß es nicht weiter «inreiß«<br />

unter das Volk, lasset uns ernst-


Woche des pfingstfestes<br />

lieh sie bedräuen, daß sie hinfort keinem<br />

Menschen von <strong>die</strong>sem Namen<br />

sagen.<br />

ir. Und riefen ihnen und geboten<br />

ihnen, daß sie sich allerdinge nicht hören<br />

ließen noch lehreten in dem Name»<br />

Jesu.<br />

1g. Petrus aber und Johannes antwortete»<br />

und sprachen zu ihnen:<br />

Richtet ihr selbst, ob's vor Gott recht<br />

sei, daß wir euch mehr gehorchen denn<br />

Gott.<br />

4gs<br />

20. w ir können's ja nicht lassen, daß<br />

wir nicht reden sollen» was wir ge,<br />

sehen und gehöret haben.<br />

21. Aber sie dräuetcn ihnen und ließen<br />

sie gehen und fanden nicht, wie<br />

sie sie peinigten, um des Volkes willen;<br />

denn sie lobeten alle Gott über<br />

dem, das geschehen war.<br />

22. Denn der Mensch war über vierzig<br />

Jahre alt, an welchem <strong>die</strong>s Zeichen<br />

der Gesundheit geschehen war.<br />

Ap. Gesch. 4, 13— 22<br />

Jesus Christus, durch den Heiligen Geist in Seiner <strong>Gemeinde</strong> wirksam,<br />

schafft Tatsachen, welche <strong>die</strong> Gegner der <strong>Gemeinde</strong> nicht wegleugnen<br />

können. Die Mittel der Gegner, <strong>die</strong> Apostel zu »erschrecken<br />

und zu verstören, versagen völlig. Die Apostel loben Gott über allem,<br />

was ihnen widerfahren ist. w oher kommt das? Diese Zeugen haben<br />

<strong>die</strong> überragende Macht Jesu Christi so spürbar und unwiderstehlich<br />

erfahren, daß sie genau wissen, daß <strong>die</strong>se Macht göttlich ist. w o<br />

Gott ihnen einen Auftrag gibt, führen sie ihn aus und<br />

schämen sich dessen nicht. Sie können innerlich nicht anders,<br />

mögen andere es verstehen oder nicht.<br />

Die ander« Lesung: Apostelgeschichte 4, 23—3;<br />

17. Und Er ist kommen, hat verkündiget<br />

im Evangelium den Frieden euch,<br />

<strong>die</strong> ihr fern« wäret, und denen, <strong>die</strong><br />

nahe waren;<br />

-4. denn durch Ihn haben wir den<br />

Zugang alle beide in einem Geiste zum<br />

Vater.<br />

1g. So seid ihr nun nicht mehr Gäste<br />

und Fremdling«, sondern Bürger mit<br />

den Heiligen und Gottes Hausgenossen,<br />

Freitag nach Pfingsten<br />

20. erbauet auf den Grund der Apostel<br />

und Propheten, da Jesus Christus der<br />

Eckstein ist,<br />

2-. auf welchem der ganze Bau ineinandergefüget<br />

wächst zu einem heiligen<br />

Tempel in dem Herrn,<br />

22. auf welchem auch ihr mit erbauet<br />

werdet zu einer Behausung Gottes im<br />

Geist. Lph. 2, 17—22<br />

Durch Gottes Gnade ist es geschehen, daß w ir d a s Bürgerrecht<br />

in der Heimat Gottes besitzen und Familienglieder in Seinem<br />

Hause geworden sind. w i r sind durch <strong>die</strong>se Gnade in das Haus<br />

Gottes selber eingebaut und ein Stück des Tempels Gottes in der<br />

W elt geworden. W ie hoch wird hier <strong>die</strong> Berufung des Christen


4g4<br />

Woche -es pfingstfestes<br />

gestellt! w ie groß ist sein Amt! w e r auf dem Grund der Apostel<br />

und Propheten steht, steht auf dem Grund, den Gott Selber gelegt<br />

hat. Iedes Haus ein Stück des „Tempels Gottes", das heißt eine<br />

Hausgemeinde, in welcher durch W ort und Tat <strong>die</strong> Gnade Gottes<br />

in Christus gepriesen werden will.<br />

Die ander« Lesung: Apostelgeschichte -o, 4r—4s s<br />

; l. Du Llende, über <strong>die</strong> all« Wetter<br />

gehen, und du Trostlose! Siehe, Ich<br />

will deine Steine wie einen Schmuck<br />

lege» und will deinen Grund mit Saphiren<br />

legen<br />

und deine Zinnen aus Lristallen<br />

machen und dein« Tore von Rubinen<br />

und alle deine Grenzen von erwähleten<br />

Steinen,<br />

-3. und alle deine Linder gelehrt vom<br />

Herrn und großen Frieden deinen<br />

Lindern.<br />

?4. Du sollst durch Gerechtigkeit bereitet<br />

werden. Du wirst ferne sein von<br />

Gewalt und Unrecht, daß du dich davor<br />

nicht darfst <strong>für</strong>chten, und von<br />

Sonnabend nach Pfingsten<br />

Schrecken, denn es soll nicht zu dir<br />

nahen.<br />

;s. Siehe, wer will sich wider dich<br />

rotten und dich überfallen, so sie sich<br />

ohne Mich rotten)<br />

;ö. Siehe, Ich schaffe es, daß der<br />

Schmied, so <strong>die</strong> Lohlen im Feuer aufblaset,<br />

«ine Waffe draus mache nach<br />

seinem Handwerk; und ich schaffe es,<br />

daß der verderber sie zunichte mache.<br />

-7. Line jegliche Waffe, <strong>die</strong> wider dich<br />

zubereitet wird, der soll nicht gelingen;<br />

und all« Zunge, so sich wider<br />

dich setzt, sollst du im Gericht verdammen.<br />

<strong>Das</strong> ist das Lrb« der Lncchte<br />

des Herrn und ihre Gerechtigkeit von<br />

Mir, spricht der Herr. Iesaias ö, 3<br />

D e r Herr wendet Sich zu den Elenden und Trostlosen,<br />

weil E r <strong>für</strong> <strong>die</strong>se Not Hilfe bereit hat, nicht immer so, wie w ir es<br />

erwarten. E r beschenkt auf Seine weise. E r will <strong>die</strong> Seinen reich<br />

machen an innerer Äraft; ihr Leid wird ihr Schmuck, ihr Erdenleben<br />

gekrönt von den perlen Seiner Barmherzigkeit. Gott gibt den großen<br />

Frieden, den <strong>die</strong> W elt nicht geben kann, und eine Gerechtigkeit, <strong>die</strong><br />

größer ist als <strong>die</strong>, welche <strong>die</strong> W elt geben kann. Denn allein Gott ist<br />

es, der da gerecht macht. E r errettet uns in allen „Angriffen"; ergibt<br />

uns <strong>die</strong> Zuversicht: E s kann mir nichts geschehen, als w as E r<br />

hat ersehen und was mir selig ist. w i r sind unter Gottes besonderem<br />

Schutz. Die an Pfingsten gegründete <strong>Gemeinde</strong> ist <strong>die</strong> S tadt Gottes,<br />

selbst dann, nein, gerade dann, wenn lauter Llende und Trostbedürftige<br />

in ihr Zuflucht suchen.<br />

Die ander« Lesung: Apostelgeschichte r> )4—rs


Trinitatis<br />

4g5<br />

Die TrmrtatlszeLt<br />

Tag der heiligen Dreieinigkeit / Trinitatis<br />

Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth; alle Lande sind Seiner<br />

Ehre voll.<br />

Jesaias v, s<br />

Es war aber «in Mensch unter den<br />

Pharisäern mit Namen Nikodemus,<br />

ein Oberster unter den Juden.<br />

r. Der kam zu Jesu bei der Nacht<br />

und sprach zu Ihn,: Meister, wir wissen,<br />

daß Du bist ein Lehrer von Gott<br />

kommen; denn niemand kann <strong>die</strong> Zeichen<br />

tun, <strong>die</strong> Du tust, es sei denn<br />

Gott mit ihm.<br />

3. Jesus antwortet« und sprach zu<br />

ihm: wahrlich, wahrlich, Ich sage<br />

dir: Es sei denn, daß jemand von<br />

neuem geboren werde, kann er das<br />

Reich Gottes nicht sehen.<br />

4. Nikodemus spricht zu Ihm: w ie<br />

kann ein Mensch geboren werden,<br />

wenn er alt ist? Rann er auch wiederum<br />

in seiner Mutter Leib gehen und<br />

geboren werden?<br />

s. Jesus antwortet«: wahrlich, wahrlich,<br />

Ich sage dir: Es sei denn, daß jemand<br />

geboren werde aus Wasser und<br />

Geist, so kann er nicht in das Reich<br />

Gottes kommen.<br />

5. w a s vom 8leisch geboren wird,<br />

das ist Arisch; und was vom Geist<br />

geboren wird, das ist Geist.<br />

7. Laß dich's nicht wundern, daß Ich<br />

dir gesagt hab«: Ihr müsset von<br />

neuem geboren werden.<br />

D as Evangelium<br />

s. Der wind bläset, wo er will, und<br />

du hörest sein Sausen wohl; aber du<br />

weißt nicht, von wannen er kommt<br />

und wohin er fähret. Also ist ein jeglicher,<br />

der aus dem Geist geboren ist.<br />

g. Nikodemus antwortete und sprach<br />

zu Ihm: w ie mag solches zugehen?<br />

ic>. Jesus antwortet« und sprach zu<br />

ihm: Bist du ein Meister in Israel<br />

und weißt das nicht?<br />

11. wahrlich, wahrlich, Ich sage dir:<br />

w ir reden, das wir wissen, und zeugen,<br />

das wir gesehen haben; und ihr<br />

nehmet unser Zeugnis nicht an.<br />

-r. Glaubet ihr nicht, wenn Ich euch<br />

von irdischen Dingen sage, wie würdet<br />

ihr glauben, wenn Ich euch von<br />

himmlischen Dingen sagen würde?<br />

-I. Und niemand fähret gen Himmel,<br />

denn der vom Himmel herniederkommen<br />

ist, nämlich des Menschen Sohn,<br />

der im Himmel ist.<br />

14. Und wie Mose in der wüste eine<br />

Schlange erhöhet hat, also muß<br />

des Menschen Sohn erhöhet werden,<br />

;s. auf daß alle, <strong>die</strong> an Ihn glauben,<br />

nicht verloren werden, sondern das<br />

ewige Leben haben.<br />

Joh. 8, ,5


Woche des Trinitatisfestes<br />

Der christliche Glaube ist Glaube an den Dreieinigcn Gott. w ie<br />

kann drei eins und eins drei sein? fragt <strong>die</strong> Vernunft. Sie vermag<br />

es nicht zu fassen. Der Glaube aber sagt so: W er Gott erkennen<br />

will, muß Jesus Christus anschauen; und wer <strong>die</strong> Herrlichkeit Jesu<br />

Christi erschauen will, dem muß der Heilige Geist <strong>die</strong> Augen auftun.<br />

E s ist ein und derselbe Gott, — der <strong>die</strong> W elt erschuf, der in<br />

Menschengestalt als Iesus von Nazareth über <strong>die</strong>se Erde ging und<br />

der im W ort und Sakrament der christlichen <strong>Gemeinde</strong> zu dir redet<br />

und an dir handelt. Aber E r offenbart Sich in <strong>die</strong>ser Dreiheit.<br />

Du möchtest gerne wissen, wie Gott an Sich, d. i. unabhängig von<br />

Seiner Offenbarung ist, und wie in Ihm Schöpfer, Sohn und Heiliger<br />

Geist eins sind? — W arte bis zum Ende aller Tage! Dann<br />

werden alle, denen der Glaube an Seine Offenbarung ein reines<br />

Her; gegeben hat, Ik n von Angesicht zu Angesicht schauen. Eher<br />

nicht! Jetzt können wir, wenn w ir zu Gott wollen, immer nur im<br />

Glauben den W eg zurückgehen, von uns zu Gott, den Gott Selbst<br />

zuerst in Seiner Offenbarung vorwärts, von Sich zu uns gegangen<br />

ist. Diesen W eg des Glaubens lehrt unser Text uns erkennen.<br />

Nikodemus w ar ein angesehener Pharisäer und Oberster unter den<br />

Iuden. Der kam während der Nacht zu Iesus. w aru m wählt er<br />

<strong>die</strong> nächtliche Stunde? Sicherlich nicht bloß aus Angst, daß andere<br />

ihn sehen könnten. E r hat eine Frage §uf dem Herzen, mit der er<br />

allein nicht fertig wird. Die will er in Ruhe durchsprechen mit Dem,<br />

von dem er weiß: „Du bist ein Lehrer, von Gott gekommen; denn<br />

niemand kann <strong>die</strong> Zeichen tun, <strong>die</strong> Du tust, es sei denn Gott mit<br />

ihm". Aber er kommt gar nicht dazu, seine Frage auszusprechen.<br />

Iesus antwortet ihm, bevor er gefragt hat. Der Herr weiß: Wenn<br />

einer s o kommt, bei der Nacht, und mit einer solchen Anrede, dann<br />

kann's nur eine Frage sein, <strong>die</strong> ihn bewegt: <strong>die</strong> nach dem Reiche<br />

Gottes. Sie bewegt ja alle Frommen, nicht zum wenigsten <strong>die</strong> Pharisäer.<br />

E s geht hier auch nicht um Lehren. W as man aus der Schrift<br />

vom Reiche Gottes wissen kann, das weiß Nikodemus. E s geht<br />

darum, wie das Wirklichkeit wird, was <strong>die</strong> Schrift lehrt und<br />

sagt.<br />

Und so kommt aus dem Munde Iesu <strong>die</strong> Antwort, ehe <strong>die</strong> Frage<br />

gestellt ist: „wahrlich, wahrlich, Ich sage dir: w enn jemand nicht<br />

von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen",<br />

w ie ein schwerer Felsblock liegt <strong>die</strong>se Antwort da. Nikodemus ver­


Tri »itatis<br />

steht sie nicht. Denn er denkt nicht aus der Erfahrung des Glaubens,<br />

sondern w ill's mit seiner Vernunft begreifen. Für <strong>die</strong> Vernunft aber<br />

ist Wiedergeburt ein Unding, „w ie kann ein Mensch geboren werden,<br />

wenn er alt ist)" Nikodemus w ar wohl selbst schon ein Greis, ergraut<br />

im Mühen um <strong>die</strong> Frage nach Reiche Gottes. Da erklärt<br />

es ihm der Herr: E s ist nicht <strong>die</strong> natürliche Geburt gemeint (<strong>die</strong> aus<br />

Fleisch und Blut), sondern <strong>die</strong> aus „Wasser und Geist". Aus Wasser)<br />

— Ia , aus dem Wasser der Heiligen Taufe. Und aus Geist) — Ia ,<br />

aus dem Geiste Gottes, der mit und bei dem Wasser der Taufe ist. —<br />

Stilles Verwundern auf dem Gesicht des Nikodemus! Darum der<br />

Herr: „Laß dich's nicht wundern, daß Ich dir gesagt habe: Ih r<br />

müßt von neuem geboren werden. Der Geist geistet, wo E r will, und<br />

du hörst Sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, von wannen E r<br />

kommt und wohin E r fährt. Also ist ein jeglicher, -er aus dem Geist<br />

geboren ist". — Niemand gehört von Natur, aus Grund seiner<br />

Geburt oder anderer Vorzüge zum Volke und Reiche Gottes. Der<br />

HeMge Geist muß ihn erst berufen und erleuchten. <strong>Das</strong> tut Er, wann<br />

und wo E r will und unsere Stunde gekommen ist. Dann wird uns<br />

auch der Segen unserer Taufe bewußt, in welcher der Name des<br />

Dreieinigen Gottes über uns gesprochen wurde.<br />

Nikodemus fragt weiter: „Aber w ie geht das zu)" Da ist nun das<br />

verwundern bei dem Herrn. E r fragt zurück: „Du bist ein »Meister<br />

in Israel« (wir würden sagen: ein Professor -er Theologie) und<br />

weißt das nicht)" Lies -och <strong>die</strong> Geschichten von den Erzvätern, von<br />

Moses, dem großen Gottesmann, von Elias, dem gewaltigen Propheten,<br />

von David, dem königlichen Psalmendichter. Ihrer natürlichen<br />

Geburt und ihrem Wesen nach waren sie lauter Menschen mit vielen<br />

Schwächen und Fehlern. Aber ihre Wiedergeburt aus dem Heilige»<br />

Geist hat sie mitsamt all ihrer Schwächen, Fehlern und Sünden<br />

in <strong>die</strong> Heilige Schrift gebracht, w a s steht denn über dem S). Psalm,<br />

jenem großen Bußgebet eines B önigs) — „Da -er Prophet Nathan<br />

zu ihm kam, als er w ar zu Bathseba gegangen". <strong>Das</strong> ist das<br />

schlichte Geheimnis der Wiedergeburt: „Alles, was vom Fleisch geboren<br />

wird, das ist Fleisch; und was vom Geist geboren wird, das<br />

ist Geist". Ein Gottesgelehrter sollte das wissen.<br />

Da meldet sich plötzlich <strong>die</strong> Stimme des Evangelisten wie <strong>die</strong> eines<br />

Lindes, das bis dahin schweigend der Unterhaltung der Erwachsenen<br />

zugehört hat, und sagt: „wir (er meint: wir Lhristen) reden, was<br />

4S7


4gr<br />

Woche des Trinitatisfestes<br />

w ir wissen, und bezeugen, was w ir gesehen haben; aber (Gott<br />

sei's geklagt) ihr nehmt unser Zeugnis nicht an". Dann tritt er<br />

wieder bescheiden in den Hintergrund und läßt den Herrn allein fortfahren:<br />

Ih r habt Mich ja schon nicht verstanden, als Ich durch<br />

Gleichnisse von irdischen Dingen <strong>die</strong> Geheimnisse des Reiches Gottes<br />

deuten wollte; „wie würdet ihr glauben, wenn Ich euch von himmlischen<br />

Dingen reden würde", ganz direkt und ohne Gleichnis? —<br />

S o verborgen ist vor den Augen des natürlichen Menschen das geheimnisvolle<br />

wirken des Heiligen Geistes! Und dabei ist Gott uns<br />

doch in I h m am nächsten, und es ist doch auch so einfach, wenn<br />

man's erfahren hat.<br />

Aber woran liegt das? — Zuletzt immer daran, daß der natürliche<br />

Mensch meint, er müsse von sich aus in den Himmel hineinsteigen<br />

und Gottes Reich mit Gewalt herunterholen. E r weiß eben nicht,<br />

daß „niemand gen Himmel fahren kann, denn -er vom Himmel hcrniedergekommen<br />

ist, nämlich des Menschen Sohn". E r glaubt auch<br />

nicht, daß Gott Selbst Sich auf Golgatha mit der sündigen Menschheit<br />

versöhnt hat und in Tod und Auferstehung Christi mit ihr eins<br />

geworden ist. w a s Moses in der w üste mit der Schlange tat, war<br />

ein Sinnbild da<strong>für</strong>, w e r's aber weiß, den hat der Heilige Geist<br />

ganz von selbst zur Erkenntnis Christi, zur zweiten Person der Heiligen<br />

Dreifaltigkeit geführt. Aber E r geht dann gleich noch einen<br />

Schritt weiter und sagt uns nun auch von Gott Hem Schöpfer jene<br />

tröstliche Botschaft, <strong>die</strong> uns <strong>die</strong>se W elt stets verhüllt, so daß wir<br />

oftmals glauben möchten, nicht Gott, sondern der Teufel habe sie<br />

geschaffen und regiere sie: „Also hat Gott <strong>die</strong> W elt geliebt, daß<br />

E r Seinen eingeborenen Sohn gab, auf daß alle, <strong>die</strong> an Ih n glauben,<br />

nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben".<br />

Wiedergeburt durch den Heiligen Geist, Glaube an Gott den Sohn,<br />

Gewißheit um Gott, den allmächtigen Schöpfer und Regierer -er<br />

W elt und unseres Lebens! — I n der Lehre kann man davon immer<br />

nur nacheinander reden; aber in der Erfahrung ist es eins, so wie es<br />

ein und derselbe Gott ist, der Sich uns in <strong>die</strong>ser dreifachen weise<br />

offenbart.<br />

Die Epistel<br />

33. M welch «in« Tief« des Reich- lich sind Sein« Gerichte und unertums,<br />

beide, der Weisheit und Er- forschiich Seine Wege!<br />

kenntnis Gottes! w ie gar unbegreif- 34. Denn wer hat des Herrn Sinn


T r i >»i t a t i s<br />

4gg<br />

erkannt, oder wer ist Sein Ratgeber sö. Denn von Ihm und durch Ihn<br />

gewesen)<br />

und zu Ihm sind alle Dinge. Ihm<br />

ss. Oder wer hat Ihm was zuvor sei Ehre in Ewigkeit l Amen.<br />

gegeben, daß ihm werd« wieder ver-<br />

Röm. >I, ss—sd<br />

gölten)<br />

D iese W o r t e sin d ein e in z ig e r L o b p re is d es D r e ie in ig e n G o tte s . H ä tte<br />

sich je ein M en sch a u sd e n k c n k ö n n e n , d a ß G o t t in S e i n e r «O ffenb<br />

a r u n g g e ra d e <strong>die</strong>sen w e g g eh en w ü r d e , u m <strong>die</strong> g e fa lle n e M e n sc h ­<br />

h e it v o n S ü n d e u n d T o d z u erlö sen u n d m it ih r e in s z u w e r d e n ) D e n<br />

w e g in ein sch w ach es M en sch en leb en , d a s a m Ä re u z a u f G o lg a th a<br />

e n d e te ) H ä tte je e in e r a h n e n k ö n n en , d a ß v o n <strong>die</strong>sein M en sch en <strong>die</strong><br />

Ä r ä f te d es H e ilig e n G e is te s a u s g e h e n w ü r d e n , <strong>die</strong> <strong>die</strong> W e l t e ro b e rt<br />

h a b e n ) N ie m a ls ! M e n sc h e n denken sich G o t t g a n z a n d e r s , a l s E r<br />

u n s in C h r is tu s erschienen ist u n d im H e ilig e n G e iste a n u n s w ir k t.<br />

D a r u m : „< v , w e lc h eine T ie fe - e s R e ic h tu m s , d e r W e is h e it u n d<br />

d er E r k e n n tn is G o t t e s ! w i e g a r u n b e g re iflic h sin d S e in e G e ric h te<br />

u n d u n e rfo rsc h lic h S e i n e W e g e ! " D ie I u d e n h a b e n e s n ic h t v e r ­<br />

sta n d e n . S i e m e in te n , sie m ü ß te n sich G o t t e s H e il ver<strong>die</strong>nen, u n d<br />

h a b e n sich w a h r h a f t i g redlich d a r u m b e m ü h t. A b e r „ w e r h a t I h n »<br />

e tw a s z u v o r g e g e b e n , d a ß ih m w e rd e w ie d e r v e r g o lte n " ) G o t t e s G ü te<br />

ist g r u n d lo s u n d w i l l a l s g ru n d lo s e G ü te a n g e n o m m e n sein, so w ie<br />

sie sich u n s in C h r is tu s o f f e n b a r t, w e r d a s e rfa h re n h a t, begreift<br />

n ic h t, a b e r er betet an und dankt: „ v o n I h m u n d d u rc h I h n u n d<br />

zu I h m sin d a lle D in g e . I h m sei E h r e in E w ig k e it! A m e n " .<br />

D a s Lied der W oche<br />

W i r g la u b e n a ll a n E in e n G o t t<br />

M a r t i n L u th e rs Lied z u m z w e ite n H a u p tstü c k d e s K a te c h is m u s leg t<br />

d a s g esu n g e n e B e k e n n tn is d es H e ilig e n christlichen G la u b e n s d er G e ­<br />

meinde in d e n M u n d : „ w i r g la u b e n a ll a n E in e n G o t t " . D ie<br />

g a n z e L irc h e b e z e u g t d a r in m it ju b e ln d e m D a n k a lle w o h l t a t e n<br />

G o tte s , d es S c h ö p f e r s , in d e m sie b e k e n n t: „ E s steh t a lle s in S e i n e r<br />

M a c h t! " I n I e s u s C h r is tu s , d em S o h n e G o t t e s , d e r v o m H e ilig e n<br />

G e is t e m p fa n g e n u n d v o n d e r I u n g s r a u M a r i a g e b o ren w u r d e .<br />

S e in e m S t e r b e n u n d A u fe rste h e n o f f e n b a r t sich G o t t e s E r lö s e r w ille .<br />

I h n betet „ d ie g a n z e C h ris te n h e it a u f E r d e n " a n . S i e leb t h ie r „ im<br />

E le n d " , d. h . in d e r f r e m d e , a b e r sie w a n d e r t g e trö ste t u n d g e ­


soo<br />

Woche des Trinitatisfestes<br />

leitet durch den Heiligen Geist ihrer ewigen Heimat entgegen. I n<br />

<strong>die</strong>sen drei Strophen bekennt <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> <strong>die</strong> Summe ihres Glaubens:<br />

w i r glauben all an Einen Gott, an Iesum Christ, an den<br />

Heiligen Geist!" Die <strong>Gemeinde</strong> singt das Lied an allen großen Festtagen<br />

der Lirche, besonders dann, wenn einer der Grundartikel ihres<br />

Glaubens angegriffen wird.<br />

D a s G e b e t d e r W o c h e<br />

E w i g e r , D r e i e i m g e r G o t t , V a t e r , S o h n u n d H e ilig e r G e is t.<br />

D u h a s t u n s g e s c h a f f e n , e r lö s t u n d g e h e ilig t , w i r d a n k e n D i r f ü r<br />

D e in e G n a d e , f ü r d ie F ü lle D e i n e r G a b e n u n d b i t t e n D ic h , D u<br />

w o lle s t u n s e re A u g e n e rle u c h te n , d a ß w i r s c h a u e n D e in e G e h e i m ­<br />

n isse , D e in e H e r r lic h k e it a n b e te n u n d e n d lic h B ü r g e r w e r d e n d e r<br />

h im m lis c h e » S t a d t , d a w i r m i t n e u e n Z u n g e n D ic h lo b e n u n d<br />

p re is e n w e r d e n , d u r c h u n s e r n H e r r n J e s u m C h r i s t u m , d e r m i t<br />

D i r u n d d e m H e i l i g e n G e is te le b e t u n d r e g ie r e t, v o n E w i g k e i t<br />

z u E w i g k e i t . A m e n .<br />

-i-<br />

D i e h e ilig e D r e ie in ig k e it<br />

In der Heiligen Schrift steht nirgends das Wort „Dreieinigkeit". Wohl<br />

aber redet <strong>die</strong> Heilige Schrift von einem Gott und doch daneben auch von<br />

dem „Vater" und dem „Sohne" und dem „Heiligen Geist", aber so, daß man<br />

es merkt: Überall, wo sie von dem „Vater", dem „Sohn" und dem „Heiligen<br />

Geist" redet, meint sie den einen Gott, außer dem kein andrer ist. Und überall,<br />

wo sie von „Gott" redet, meint sie den „Vater", den „Sohn" und den<br />

„Heiligen Geist".<br />

wenn <strong>die</strong> Christenheit Gott als den „Dreieinigen" bezeichnet, so bringt sie<br />

damit zum Ausdruck, daß sie «inen unbegreiflichen Gott anbetet. «Oft haben<br />

<strong>die</strong> Menschen sich ihren Gott erfunden, aber jeden Gott, den sie erfanden, haben<br />

sie auch begriffen. Die Christen aber beten einen Gott an, den niemand begreift.<br />

Die Heiden suchen sich selbst und <strong>die</strong> Welt zu begreifen und hoffen,<br />

dabei einen Gott zu finden, der zugleich mit den Menschen und zugleich mit<br />

der Welt gefunden wird. Die Christen wissen, daß selbst <strong>die</strong> tiefste Durchsicht<br />

durch <strong>die</strong> Welt und <strong>die</strong> höchste Einsicht in den Menschen Gott nicht<br />

berührt. Man wird eher begreifen, daß drei gleich eins ist, als daß man<br />

Gott begreift.<br />

Aber <strong>die</strong>ser unbegreifliche Gott, der im Geheimnis wohnt, wird doch offenbar.


Die heilige Dreieinigkeit<br />

so;<br />

Er wird im Wort an Seinen Werken erkannt als der „Vater", als der<br />

„Sohn" und als der „Heilig« Geist". Er bewahrt Sein Geheimnis nicht <strong>für</strong><br />

Sich. Er kommt unter <strong>die</strong> Menschen. Und wo Er unter <strong>die</strong> Menschen kommt,<br />

kommt Er in Seiner ganzen Majestät. <strong>Das</strong> Geheimnis Gottes ist unter den<br />

Seinen, denen Er Sich offenbart. Denn wo von Gott als dem „Vater" oder<br />

als dem „Sohne" oder als dem „Heiligen Geiste" geredet wird, meint man<br />

in der Christenheit den offenbaren Gott. Spricht <strong>die</strong> Christenheit von der<br />

Heiligen Dreieinigkeit, so will sie sagen, daß der unbegreifliche Gott offenbar<br />

geworden ist.<br />

wenn Gott so Sein Geheimnis lüftet, dann gibt Er Sich damit doch nicht<br />

den Menschen preis. Der Vater sandte den Sohn; der Geist vom Vater und<br />

vom Sohn regiert <strong>die</strong> Rirche und bereitet <strong>die</strong> Welt zum Gericht und damit<br />

zur Erneuerung. Der Vater ist nicht der Sohn, der Sohn ist nicht der Heilige<br />

Geist. Es ist jeder <strong>für</strong> sich Gott. Einer weist auf den andern hin. Und<br />

doch ist nur ein Einiger, ewiger Gott. So bleibt mitten in der «Offenbarung<br />

Gottes Geheimnis gewahrt. Er nimmt den Menschen in Seine Gemeinschaft,<br />

aber kein Mensch gewinnt Macht an Ihm, <strong>die</strong> Gott nicht Selbst <strong>die</strong>sem Menschen<br />

gibt.<br />

Der Vater sandte Seinen Sohn. Der Sohn sprach:<br />

Niemand kommt zum Vater, denn durch Mich.<br />

Johannes ;4, b<br />

Der Sohn erweckte und berief <strong>die</strong> Apostel. Der Apostel sprach:<br />

Niemand kann Iesum einen Herrn heißen,<br />

ohne durch den Heiligen Geist.<br />

;. Lorinther -r, z<br />

So verschwindet Gottes w eg mit uns immer mehr im Geheimnis. Und<br />

doch ist es der w eg unseres irdischen Lebens. Denn dort, in unserem irdischen<br />

Leben, ereignet es sich, daß der Vater uns dem Sohne zutreibt; und Iesu<br />

Wort wird erfüllt:<br />

Alles, was Mir Mein Vater gibt, das kommt zu Mir.<br />

Johannes 6, s/<br />

<strong>Das</strong> ist der Äreis des Wirkens der Heiligen Dreifaltigkeit: Der Vater treibt<br />

<strong>die</strong> Menschen zum Sohn, durch den Sohn kommen sie zum Vater, aber den<br />

Sohn lernen sie einen Herrn heißen durch den Heiligen Geist. Dieser Lreis<br />

hat keinen Anfang und kein Ende. w er in ihm steht, ist in der göttliches<br />

Bewegtheit. Der ganze Gott wirkt. Der Vater, der Sohn, der Heilige Geist<br />

wirken; aber der Line wirkt auf den Andern hin. Da ist keine Teilung und<br />

kein Stillstand, sondern ein ganzer, ewiger, lebendiger Gott.<br />

Du kannst dasselbe auch von einer andern Seite her sagen: Es ist der<br />

Vater, der dich bereitet hat, der dich erhält und dein Leben gestaltet. Es ist


sor<br />

Woche des Trinitatisfestes<br />

der Sohn, der <strong>für</strong> dich starb und auferstand. Es ist der Heilige Geist, der<br />

dich zum Glauben an Iesus Christus bringt. Aber in <strong>die</strong>sem Glauben findest<br />

du den Vater wieder, den du in deinem irdischen Leben verlörest. Da siehst<br />

du dann in eben <strong>die</strong>sem Leben <strong>die</strong> Ärippc gestellt und das Äreuz aufgerichtet.<br />

Du trittst hinzu, — und findest <strong>die</strong> heilige <strong>Gemeinde</strong> als des Heiligen Geistes<br />

Werk. So ist der Vater, der Sohn und der Heilige Geist «in Einiger Gott.<br />

Ihr wirken ist ein Wirken; denn der eine wirkt auf den andern hin. wer<br />

in <strong>die</strong>s wirken sich hineinstellen läßt, der hat sie alle drei in Einem, oder er<br />

hat nichts.<br />

<strong>Das</strong> ist der Sinn jenes wahren Wortes aus dem großen christlichen Bekenntnis:<br />

„wer da will selig werden, der muß vor allen Dingen<br />

den rechten christlichen Glauben haben, wer denselben nicht<br />

ganz und rein hält, wird ohn« Zweifel ewiglich verloren<br />

sein". Mit <strong>die</strong>sen Worten fordert das Bekenntnis nicht von uns eine bestimmte<br />

Überzeugung, sondern es bezeugt uns, daß <strong>die</strong> Wirksamkeit des Oreieinigen<br />

Gottes in Seiner «Offenbarung der einzige «Ort unserer Seligkeiten ist.<br />

4- Höre, Israel, der Herr, unser Gott,<br />

ist ein einiger Herr.<br />

s. Und du sollst den Herrn, deinen<br />

Gott, liebhaben von ganzem Herzen,<br />

von ganzer Seele, von allem vermögen.<br />

ö. Und <strong>die</strong>se Wort«, <strong>die</strong> Ich dir heute<br />

gebiet«, sollst du zu Herzen nehmen<br />

7. und sollst sie deinen Lindern einschärfen<br />

und davon reden, wenn du<br />

in deinem Haus« sitzest oder auf dem<br />

Wege gehest, wenn du dich niederlegest<br />

oder aufstehest,<br />

s. und sollst sie binden zum Zeichen<br />

auf dein« Hand, und sollen dir ein<br />

Denkmal vor deinen Augen sein,<br />

g. und sollst sie über deines Hauses<br />

Pfosten schreiben und an <strong>die</strong> Tore.<br />

;o. wenn dich nun der Herr, dein<br />

Montag nach Trinitatis<br />

Gott, in das Land bringen wird, das<br />

er deinen vätern Abraham, Isaak<br />

und Iakob geschworen hat, dir zu<br />

geben, groß« und feine Städte, <strong>die</strong> du<br />

nicht gebauet hast,<br />

j f. und Häuser, alles Guts voll, <strong>die</strong><br />

du nicht gefüllet hast, und ausgehaltene<br />

Brunnen, <strong>die</strong> du nicht ausgehalten<br />

hast, und Weinberge undVlbcrge,<br />

<strong>die</strong> du nicht gepflanzet hast, daß<br />

du issest und satt werdest:<br />

zr. so hüte dich, daß du nicht des<br />

Herrn vergessest, der dich aus Agyptenland,<br />

aus dein Diensthaus, geführet<br />

hat;<br />

;s. sondern sollst den Herrn, deinen<br />

Gott, <strong>für</strong>chten und Ihm <strong>die</strong>nen und<br />

bei Seinem Namen schwören.<br />

5. Mose 6, 4—-3<br />

D a r i n ist d ie V e r k ü n d ig u n g des A lte n T e s ta m e n ts siegreich g ew esen ,<br />

d a ß sie d en E in e n G o t t a l s S c h ö p f e r u n d H e r r n d e r g a n z e n W e l t<br />

u n d a ll dessen, w a s im H im m e l u n d a u f E r d e n u n d u n te r d e r E rd e<br />

ist, v e rk ü n d ig t h a t. D a ß d ie christliche R irc h e v o n d em D re ie in ig e n


Woche des Trinitatisfestes<br />

»os<br />

redet, z e ig t u n s <strong>die</strong> M e u n d T ie fe d ieses E in e n , u n erso rsch ltch en<br />

G o tte s . D i e O f f e n b a r u n g Ie s u Christi hat un s das Herz<br />

des E in e n G o t t e s , des V a t e r s , o ffe n b a rt und den w e g<br />

zu I h m gezeigt. D e r v o m H im m e l h e r a u sg e g o sse n e H e rltg e M i s t<br />

h a t <strong>die</strong> G e m e in d e C h r is ti a u f E r d e n m it d e m Leben G o t t e s m B e ­<br />

r ü h r u n g g e b ra c h t. A b e r <strong>die</strong> E in h e it G o t t e s ist u n s in a lled em n u r<br />

g rö ß e r u n d m ä c h tig e r g e w o rd e n . D a r u m ist auch <strong>die</strong> E r f ü l l u n g d es<br />

w i l l e n s G o t t e s n ic h t a n d e r s g e w o rd e n , seit w i r C h r is tu s kennen.<br />

N u r können w i r es jetzt noch v ö llig e r b e g re ife n . U n d a u ch a lle G u te<br />

G o tte s , d ie u n s in u n se re m Leben b e g e g n e t u n d m it d e r w i r irdisch<br />

geseg n et sin d , w e is t u n s a u f keinen a n d e r n G o t t h in a l s D e n , d er<br />

u n s in C h r is tu s erschienen ist. I h n so llen w i r n ie v erg essen , sollen<br />

I h n im m e r besser kennen u n d lieben lern e n .<br />

Die ander« Lesung: Lphcser s»I4—r;<br />

D i e n s t a g n a c h T r i n i t a t i s<br />

Ich lasse euch aber wissen, welch<br />

einen Lampf ich habe um euch und<br />

um <strong>die</strong> zu Laodizea und all«, <strong>die</strong><br />

mein« Person im Fleisch nicht gesehen<br />

haben,<br />

r. auf daß ihre Herzen ermähnet und<br />

zusammengefasset werden in der Liebe<br />

und zu all«m Reichtum des gewissen<br />

Verstandes, zu erkennen das<br />

Geheimnis Gottes, des Vaters, und<br />

Christi,<br />

z. in welchem verborgen hegen alle<br />

Schätze der Weisheit und der Erkenntnis.<br />

4 - Ich sage aber davon, auf daß euch<br />

niemand betrüg« mit vernünftigen<br />

Reden.<br />

s. Denn ob ich wohl nach dem Falsch<br />

nicht da bin, so bin ich doch im Geist<br />

bei euch, freue mich und seh« eure Ordnung<br />

und euren festen Glauben an<br />

Christum.<br />

tz. w ie ihr nun angenommen habt<br />

den Herrn Christum Jesum, so wandelt<br />

in Ihm<br />

7. und seid gewurzelt und erbauet in<br />

Ihm und fest im Glauben, wie ihr<br />

gelehret seid, und seid in demselbigen<br />

reichlich dankbar.<br />

r. Sehet zu, daß euch niemand beraube<br />

durch <strong>die</strong> Philosophie und lose<br />

Verführung nach der Menschen Lehre<br />

und nach der Welt Satzungen, und<br />

nicht nach Christo,<br />

g. Denn in Ihm wohnet <strong>die</strong> ganze<br />

Fülle der Gottheit leibhaftig.<br />

Rol. r,<br />

E s ist b e g re iflic h , d a ß d e r christliche G o tte s g e d a n k e , d e r v o m D re r-<br />

e in ig e n G o t t w e iß u n d le h r t, im m e r w ie d e r d ie M e n sch en in tiefes<br />

N a c h sin n e n v ersetzt h a t. D ie se s N a c h s in n e n a b e r b ra c h te g a n z besondere<br />

B e d r o h u n g e n des schlichten, e in fä ltig e n christlichen<br />

G l a u b e n s m i t sich. D e n n es w u r d e ein A n la ß z u m „ S p e k u lie re n


504 Woche d« s Trinitatisfestes<br />

g e le h rte r R ö p fe . w o l l t e m a n sich d a r a u f stützen , so w ü r d e d a s , g a n z<br />

ab g eseh en v o n d e r V e r f ü h r u n g , m enschliche L eh ren d e r O f f e n b a r u n g<br />

G o tte s v o rz u z ie h e n , doch w ie d e r b e d eu ten , d a ß d a s C h ris te n tu m d er<br />

p h ilo so p h isc h G e b ild e te n h ö h e r stü n d e a l s d a s d e r e in f ä ltig g lä u b ig e n<br />

S e e le n . L in e v ö llig e Z e r r e iß u n g d e r E in h e it d e r R irc h e , d es L eibes<br />

C h ris ti, w ä r e <strong>die</strong> F o lg e . V o r <strong>die</strong>ser G e f a h r w a r n t d a r u m d e r A p o stel<br />

<strong>die</strong> S e in e n . E r w e is t w o h l a u f d ie T ie fe n d e s g ö ttlic h e n G e h e im n isse s<br />

h in , a b e r n u r , u m a u ch d en G r o ß e n u n d R lu g e n bescheiden z u m achen<br />

u n d ih n e n zu z e ig e n , d a ß d e r christliche G la u b e , d e r d a s a lle in ig e H e il<br />

f ü r T ö ric h te u n d f ü r w e i s e ist, d a m it auch a lle W e i s h e it u n d E r ­<br />

k e n n tn is d e r M en sch en u m sc h lie ß t, d ie d en N a m e n „ W e i s h e i t " u n d<br />

„ E r k e n n tn is " erst d a n n z u R e c h t t r ä g t , w e n n sie a u s dem g ö ttlic h e n<br />

W o r t , a u s d e r F ü lle I e s u C h ris ti sch ö p ft u n d D ie n e rin ist a m G e ­<br />

h e im n is G o t t e s . M enschliche E r k e n n tn is , d ie sich n ic h t v o m W o r t e<br />

G o t t e s le ite n lä ß t, ist leerer W a h n u n d f ü h r t in <strong>die</strong> I r r e .<br />

Die ander« Lesung: z. Röntge s, jS s. 2ö—so.<br />

25. Au dersrlbigen Zeit antwortete Iesus<br />

und sprach: Ich preis« Dich, Vater<br />

und Herr Himmels und der Erde, daß<br />

Du solches den weisen und Rlugen<br />

verborgen haft und hast es den Unmündigen<br />

offenbaret.<br />

rb. Ia, Vater; denn es ist also wohlgefällig<br />

gewesen vor Dir.<br />

27. Alle Dinge sind Mir übergeben<br />

von Meinem Vater. Und niemand<br />

kennet den Sohn denn nur der Vater;<br />

und niemand kennet den Vater<br />

M ittw och nach T rinitatis<br />

denn nur der Sohn und wem es der<br />

Sohn will offenbaren,<br />

rr. Lommt her zu Mir all«, <strong>die</strong> ihr<br />

mühselig und beladen seid; Ich will<br />

euch erquicken.<br />

rg. Nehmet auf euch Mein Ioch und<br />

lernet von Mir; denn Ich bin sanftmütig<br />

und von Herzen demütig; so<br />

werdet ihr Ruh« finden <strong>für</strong> eure<br />

Seelen.<br />

30. Denn Mein Ioch ist sanft, und<br />

Mein« Last ist leicht.<br />

Match. -1, rs—so<br />

D ie R lu g e n , V e rs tä n d ig e n u n d G e le h rte n g en ieß en keine V o r z u g s ­<br />

ste llu n g in d e r christlichen G e m e in d e , w e n n tie fe re W e i s h e i t u n d<br />

h ö h ere B i l d u n g auch eine h ö h ere S t u f e d e s C h r is te n tu m s m itte ile n<br />

k ö n n te, so w ä r e <strong>die</strong> E in h e it d e r G e m e in d e a m E n d e a n g e la n g t. E s<br />

ist freilich auch n ic h t u m g e k e h rt so, d a ß T o r h e it u n d U n e rfa h re n h e it<br />

<strong>die</strong> V o ra u s s e tz u n g w ä r e , u m a n <strong>die</strong> O f f e n b a r u n g G o t t e s in I e s u s<br />

C h ris tu s z u g la u b e n . E s k o m m t a u f d iesem w ic h tig s te n L eb en sg eb iet<br />

a u f <strong>die</strong> g eistig e F ä h ig k e it d e s M en schen entscheidend n ic h t a n , so n d e rn


Woche des Trinitatisfestes<br />

sos<br />

L lu g e w ie T ö ric h te , A lte w ie U n e rfa h re n e , G e b ild e te u n d U n g e b ild e te<br />

sin d a llz u m a l a u f « in en e in z ig e n w e g v e rw ie s e n , n ä m lic h d a r a u f ,<br />

d a ß I e s u s u n s den V a t e r z e ig t, u n d d a ß w i r u n s v o n I h m <strong>die</strong> A u g e n<br />

u n se re s G la u b e n s ö ffn e n lassen , w i r so llen u n d d ü r f e n u n s d em<br />

H e r r n I e s u s C h r is tu s g a n z a n v e r tr a u e n . D ie s geschieht d a d u rc h , d a ß<br />

w i r m it u n se re n S o r g e n u n d Ä n g ste n u n d L asten z u I h m k o m m en<br />

u n d u n se r L eben u n te r <strong>die</strong> R e g e l I e s u stellen , w i r w e rd e n a lle a u f<br />

<strong>die</strong>se w e i s e R u h e fin d e n f ü r u n se re S e e le n . U n d <strong>die</strong>se R u h e in G o t t<br />

d u rch C h r is tu s ü b e rb ie te t d en g a n z e n R e iz , d en <strong>die</strong> E r f o rs c h u n g d er<br />

T ie fe n d e r G o t t h e i t a u f u n s a u s ü b e n m a g .<br />

Die ander« Lesung: Ephcser 4,<br />

b<br />

D onnerstag nach Trinitatis<br />

22. Und der Herr redete mit Mos«<br />

und sprach:<br />

rs. Sage Aaron und seinen Söhnen<br />

und sprich: Also sollt ihr sagen zu<br />

den Lindern Israel, wenn ihr sie segnet:<br />

24. Der Herr segne dich und behüte<br />

dich;<br />

rs. der Herr lasse Sein Angesicht<br />

leuchten über dir und sei dir gnädig;<br />

2b. der Herr hebe Sein Angesicht<br />

über dich und geb« dir Frieden.<br />

27. Denn ihr sollt Meinen Name»<br />

auf <strong>die</strong> Rinder Israel legen, daß Ich<br />

sie segne. 4- Mose b, 22—27<br />

E s ist eine M e in u n g , <strong>die</strong> sich d u rc h <strong>die</strong> g a n z e B ib e l h in d u rc h z ie h t,<br />

d a ß w i r G o t t k ennen, w e n n w i r S e i n e n N a m e n w is s e n . I m N a m e n<br />

G o t t e s ist ein S tü c k d e r E r k e n n tn is G o t t e s , S e i n e r E h r e , S e in e r<br />

H u ld beschlossen. D a r u m w e is t a u ch G o t t in u n se re m S c h r i f t a b ­<br />

sc h n itt <strong>die</strong> P r ie s te r a n , - a ß sie S e in e n N a m e n a u f <strong>die</strong> R in d e r des<br />

V o lk e s G o t t e s legen so lle n . D e n n w e n n d ieser N a m e u n s z u O h r<br />

u n d H e rz e n d r i n g t , d a n n leu ch tet u n s G o t t e s A n g e sich t, u n d w i r<br />

erkennen, d a ß G o t t in S e i n e r G ü te u n s z u g e w a n d t ist. D a n n w i r d<br />

u n se r H e rz v o n D a n k u n d v o n d em G e f ü h l - e r G e b o rg e n h e it Erf<br />

ü llt. D e n n d u r c h d e n N am en des H e r r n , in d e m w i r so g e ­<br />

seg n et w e rd e n , sind w i r behütet in a lle n S t ü r m e n d e r A eit.<br />

I n d em N a m e n d es H e r r n ist u n s e in L ich t im D u n k e l <strong>die</strong>ser Z e it a n ­<br />

g e z ü n d e t, sin d w i r erle u c h te t. I n d e m N a m e n d ieses H e r r n ist der<br />

F riede in u n s a u f g e g a n g e n , d en <strong>die</strong> W e l t n ic h t g eb en k an n . Dieser<br />

N a m e G o t t e s aber ist u n s in I e s u s o ffen b art. S e i n N a m e<br />

ist e s , d e r ü b e r a lle N a m e n ist. I n I h m sin d w i r g eseg n et.<br />

Die andere Lesung: ?. Timotheus s, 14—>»


soö<br />

Freitag nach Trinitatis<br />

Woche des Trinitatisf«st«s<br />

s. Gelobet sei Gott und der Vater<br />

unseres Herrn Iesu Christi, der uns<br />

gesegnet hat mit allerlei geistlichem<br />

Segen in himmlischen Gütern durch<br />

Christum;<br />

4. wie Er uns denn erwählet hat<br />

durch Oenselbigen, ehe der Welt Grund<br />

gelegt war, daß wir sollten sein heilig<br />

und unsträflich vor Ihm in der<br />

Lieb«;<br />

s. und Er hat uns verordnet zur<br />

Lindschaft gegen Ihn selbst durch Jesum<br />

Christ, nach dem Wohlgefallen<br />

Seines willens,<br />

b. zu Lob Seiner herrlichen Gnade,<br />

durch welch« Er uns hat angenehm<br />

gemacht in dem Geliebten,<br />

7. an welchem wir haben <strong>die</strong> Erlösung<br />

durch Sein Blut, <strong>die</strong> Vergebung<br />

der Sünden nach dem Reichtum<br />

Seiner Gnad«,<br />

s. welche uns reichlich widerfahren ist<br />

durch allerlei Weisheit und Klugheit;<br />

g. und Er hat uns wissen lassen das<br />

Geheimnis Seines Willens nach Seinem<br />

Wohlgefallen, so Er Sich vorgesetzt<br />

hatt« in Ihm,<br />

-0. daß es ausgeführet würde, da <strong>die</strong><br />

Zeit erfüllet war, auf daß alle Ding«<br />

zusammen verfasset würden in Christo,<br />

beide, das im Himmel und auf Erden<br />

ist, durch Ihn,<br />

- durch welchen wir auch zum Erbteil<br />

kommen sind, <strong>die</strong> wir zuvor verordnet<br />

sind nach dem Vorsatz des, der<br />

alle Ding« wirket nach dem Rat Seines<br />

willens,<br />

-r. auf daß wir etwas seien zu Lob<br />

Seiner Herrlichkeit, <strong>die</strong> wir zuvor auf<br />

Christum hofften;<br />

jS. durch welchen auch ihr gehöret<br />

habt das Wort der Wahrheit, das<br />

Evangelium von eurer Seligkeit;<br />

durch welchen ihr auch, da ihr glaubetet,<br />

versiegelt worden seid mit dem<br />

Heiligen Geist der Verheißung,<br />

-4. welcher ist das Pfand unseres Erbes<br />

zu unserer Erlösung, daß wir Sein<br />

Eigentum würden zu Lob Seiner<br />

Herrlichkeit. Eph. f, S—-4<br />

E s ist eine a u ß e ro rd e n tlic h e B o ts c h a f t, m i t d e r d e r L p h e s e rb rie f e in ­<br />

setzt, d a ß n ä m lic h z w isc h e n d e r u n e r h ö r t tie fe n , u n d u rc h sc h a u b a re n<br />

G eschichte, <strong>die</strong> G o t t m i t S e i n e r S c h ö p f u n g h a tte , u n d u n se re m H e il<br />

ein Z u s a m m e n h a n g b esteh t. A u f u n s h a t e s G o t t a b g eseh en , u n s<br />

w i l l E r d a b e i h a b e n , w e n n E r <strong>die</strong> W e l t in I e s u s C h r is tu s r e tte t; a u f<br />

u n s h a t e s B e z u g , w e n n in d e r F ü lle d e r Z e it G o t t d i e a u sein -<br />

a n derfallend e, durch <strong>die</strong> S ü n d e zerstörte W e l t wieder<br />

in Christus z u s a m m e n fa ß te . E s ist, w ie w e n n e in F a m ilie n ­<br />

v a te r a m H ö h e p u n k t sein es L eben s L in d e r u n d L in d e s k in d e r u m sich<br />

s a m m e lt, w e il er sie b e i sich h a b e n w i l l , au ch w e n n d ie L le in e n u n d<br />

R le in ste n d erselben d ie Z u s a m m e n h ä n g t seines L eb en s n ic h t ü b e r­<br />

blicken. S o k ö n n en au ch w i r n ic h t ü b erblicken, w ie tie f <strong>die</strong> Z u s a m m e n ­<br />

h ä n g e u n se re s H e ils s in d ; a b e r so v ie l so llen u n d d ü rfe n w i r doch<br />

v o m E v a n g e liu m w is s e n , d a ß w i r m i t d e m G e iste d e r V e rh e iß u n g<br />

zu G o t t e s E ig e n tu m v e rsie g e lt s in d , n u n g a n z u n d g a r I h m g e ­


Woche des Trinitatisfestes<br />

S07<br />

h ö re n u n d auch a l s S e in e R in d e r leben so lle n . D e n n d e r P l a n G o tte s ,<br />

in dem auch u n s e r H e il v o rg e se h e n ist, ist g rö ß e r, a l s w i r v ersteh en<br />

k önnen.<br />

Die ander« Lesung: -. Johannes s, 6—-3<br />

Sonnabend nach T rinitatis<br />

;z. Zuletzt, lieben Bruder, freuet euch, dem heiligen Rüg. Es grüßen euch<br />

seid vollkommen, tröstet euch, habt alle Heiligen,<br />

einerlei Sinn seid friedsam! S o wird >3. Die Gnade unseres Herrn Jesu<br />

der Gott der Liebe und des Friedens Christi und <strong>die</strong> Liebe Gottes und <strong>die</strong><br />

mit euch sein.<br />

Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei<br />

zr. Grüßet euch untereinander mit mit euch allen! Amen.<br />

r. Ror. -3, jj—-3<br />

w e n n C h riste n ih re G e m e in sc h a ft p fle g e n , d a n n v e rm ö g e n sie dab ei<br />

auch w e ite R ä u m e u n d g ro ß e U n tersch ied e, ja G e g e n sätze z u ü b e r­<br />

w in d e n . S i e k ö n n en sich ü b e r w e ite E n tf e r n u n g e n h in ü b e r e rm ä h n e n<br />

u n d trö s te n , selbst d a n n , w e n n sie e in a n d e r g a r n ic h t kennen. D e n n<br />

sie sin d d u r c h d e n G l a u b e n an den D re ie in ig e n G o t t m i t ­<br />

einander verbunden. D a b e i z e ig t sich so rech t, d a ß d e r G la u b e<br />

a n den D re ie in ig e n G o t t kein leeres G c d a n k c n g e b ä u d e f ü r ü b erk lu g e<br />

L eute ist, so n d e rn ein fach <strong>die</strong> G r ö ß e G o t t e s u n d d ie V ie lh e it d er<br />

G n a d e n g a b e n k u n d g ib t, m i t d enen a lle G lie d e r d e r C h riste n g e m e in d e<br />

g eseg n et sin d . S o ist auch d e r a l te h r w ü r d ig e G r u ß z u v e rste h e n , m it<br />

dem h ie r d e r A p o ste l d en r . Ä o r in th e r b r ie f beschließt, m it dem heu te<br />

noch <strong>die</strong> P r e d ig e r d e s W o r t e s G o t t e s <strong>die</strong> G e m e in d e z u g rü ß e n<br />

p fle g e n . „ D ie G n a d e u n se re s H e r r n I e s u C h r is ti" ist u n s a lle n g e ­<br />

m e in sa m u n d d e r höchste B e sitz , den w i r h a b e n . „ G o t t e s L iebe" e n t­<br />

z ü n d e t auch d ie S e in e n zu h erzlich er Liebe u n te re in a n d e r, u n d d e r<br />

„ H e ilig e G e is t" s c h a fft, d a ß <strong>die</strong> G e m e in d e n im G la u b e n e in e s S i n n e s<br />

sin d .<br />

Die ander« Lesung: Hesekiel l, 4—ö. rr—rr


sor<br />

Woche des z. Sonntags nach Trinitatis<br />

Erster Sonntag nach Trinitatis<br />

w e r euch höret, der höret Mich, und w er euch verachtet, der<br />

verachtet M ich; w er aber Mich verachtet, der verachtet D en,<br />

der Mich gesandt hat.<br />

Lukas -o, zö<br />

D a s E v a n g e l i u m<br />

)g. Es war aber «in reicher Mann, der<br />

kleidet« sich mit Purpur und köstlicher<br />

Leinwand und l«bt« alle Tage herrlich<br />

und in Freuden.<br />

20. Es war aber «in Arm«r mit Name»<br />

Lazarus, der lag vor seiner Tür<br />

voller Schwären<br />

2;. und begehrt« sich zu sättigen von<br />

den Brosamen, <strong>die</strong> von des Reichen<br />

Tische fielen; doch kamen <strong>die</strong> Hunde<br />

und lecket«» ihm sein« Schwären.<br />

22. Es begab sich aber, daß der Arme<br />

starb und ward getragen von den Engeln<br />

in Abrahams Schoß. Der Reiche<br />

aber starb auch und ward begraben.<br />

2S. Als er nun in der Hölle und in<br />

der «Qual war, hub er seine Augen<br />

auf und sah Abraham von fern« und<br />

Lazarus in seinem Schoß.<br />

24. Und er rief und sprach: Vater<br />

Abraham, erbarme dich mein und<br />

send« Lazarus, daß er das Äußerst«<br />

seines Fingers ins Wasser tauche und<br />

kühl« »nein« Zunge; denn ich leide Pein<br />

in <strong>die</strong>ser Flamm«.<br />

2K. Abraham aber sprach: Gedenke,<br />

Sohn, daß du dein Gutes empfangen<br />

hast i» deinem Lebe», und Lazarus dagegen<br />

hat Böses empfangen; nun aber<br />

wird er getröstet, und du wirst gepeiniget.<br />

rö. Und über das alles ist zwischen<br />

uns und euch «ine große Lluft befestiget,<br />

daß <strong>die</strong> da wollten von hinnen<br />

hinabführen zu euch, könnten nicht,<br />

und auch nicht von dannen zu uns<br />

herüberführen.<br />

27. Da sprach er: So bitte ich dich,<br />

Vater, daß du ihn sendest in meines<br />

Vaters Haus;<br />

2s. denn ich hab« noch fünf Brüder,<br />

daß er ihnen bezeuget, auf daß sie nicht<br />

auch kommen an <strong>die</strong>sen «Qrt der «Qual.<br />

29. Abraham sprach zu ihm: Sie haben<br />

Mos« und <strong>die</strong> Propheten; laß sie<br />

dicselbigen hören.<br />

so. Er aber sprach: Nein, Vater<br />

Abraham; sondern wenn einer von<br />

den Toten zu ihnen ginge, so würden<br />

sie Buße tun.<br />

sz. Er sprach zu ihm: Hören sie<br />

Mose und <strong>die</strong> Propheten nicht, so<br />

werden sie auch nicht glauben, ob jemand<br />

von den Toten aufstünde.<br />

Luk. zd, zg—sz<br />

w i e sc h w e r f ä llt es u n s M e n sc h e n k in d e rn , ern stlich zu g la u b e n , w a s<br />

<strong>die</strong> H e ilig e S c h r i f t v o n d e r W irk lic h k e it d e r e w ig e n W e l t d e s R eich es<br />

G o tte s s a g t. D e n n <strong>die</strong> m eisten v o n u n s h a lte n n u r d a s f ü r W ir k lic h ­<br />

keit, w a s sie m it ih re n S i n n e n v e rn e h m e n u n d m i t ih re n H ä n d e n<br />

g re ife n k ö n n en . S i e rechnen n ic h t m it G o t t e s G e r ic h t u n d V e r g e ltu n g<br />

u n d verg essen schnell d a s W o r t C h r is ti: E rs te w e rd e n Letzte u n d


Sonntag nach Trinitatis<br />

sog<br />

Letzte E rs te sein. D a r u m ste llt u n s d er H e r r in d ieser G eschichte <strong>die</strong><br />

W irk lic h k e it d er e w ig e n W e l t v o r A u g e n , so d e u tlic h , - a ß m a n d a r ­<br />

ü b e r erschrecken k ö n n te.<br />

E s g ib t v iele reiche L eute in d e r W e l t . w i e d ie m eisten v o n ih n e n ,<br />

so w a r au ch d e r, v o n d em h ie r e rz ä h lt w i r d . E r n a h m seinen R e ic h ­<br />

tu m a l s e t w a s S e lb s tv e rs tä n d lic h e s h in u n d lebte, w ie reiche M e n ­<br />

schen leben.<br />

E i n B e tte la r m e r la g v o r sein er T ü r . w a s w a r d a r a n B e s o n d e r e s )<br />

E s g ib t zu v iele A rm e in d e r W e l t . M a n k a n n sich n ic h t u m a lle<br />

k ü m m e rn ; m a n h a t w ic h tig e re D in g e zu tu n . L a z a r u s w a r sa auch<br />

n ic h t n u r a r m ; e r w a r a u ß e rd e m noch k ran k . E i n G r u n d m e h r, sich<br />

n ich t m it ih m zu b efassen. R o n n te m a n je m a n d z u m u te n , ih n z u b e ­<br />

r ü h r e n ? w a r ' s n ic h t schon eklig g e n u g m i t a n z u se h e n , w ie <strong>die</strong><br />

H u n d e seine S c h w ä r e n leckten! E i n v e r lu m p te r , sch m u tzig er, seuchenb<br />

e h a fte tc r B e t t l e r , w a s w e ite r ?<br />

E in e s T a g e s k o m m t f ü r beide d a s E n d e , e rse h n t v ie lle ich t v o n dem<br />

e in e n , zu f r ü h v ie lle ic h t f ü r d en a n d e rn . A b e r d e r T o d f r a g t ja n ic h t<br />

u n d m a c h t au ch keinen U n tersch ied zw isch en reich u n d a r m . D e r A rm e<br />

s ta rb . B e k a m er ein a n s tä n d ig e s B e g r ä b n i s ? D a v o n w i r d n ic h ts e r­<br />

z ä h lt. D o ch G o t t e s E n g e l tr a g e n ih n in G o t t e s Frieden. D e r R eiche<br />

sta rb auch u n d „ w a r d b e g ra b e n " . S ic h e r seh r p r u n k v o ll u n d fe ie r­<br />

lich. D o ch a l s er sich w ie d e rfin d e t, ist e r in d e r H ö lle ,<br />

w a r d er R eiche ein b e so n d e rs b ö ser u n d d e r A rm e ein b e so n d e rs<br />

g u te r M e n sc h ? D a v o n steh t n ic h ts d a . D e r H e r r s a g t n u r , d a ß sich<br />

in d er E w ig k e it d a s S c h ic k sa l b eid er u m k e h rt. D e r R eiche h a t im<br />

D ie s s e its sein G u t e s e m p fa n g e n . E r n a h m 's h in , a l s m ü ß te es so<br />

sein, dan k te G o t t n ic h t u n d h a lf dem k ranken B e ttle r n ic h t, - e r v o r<br />

seiner T ü r la g . E r h a tte v ie l G e ld . D o ch w a s t a t er d a m it? E r lebte<br />

h errlich u n d in F re u d e n u n d ließ G o t t ein en g u te n M a n n sein. N u n<br />

e r f ä h r t er, w ie b lin d , e n g h e rz ig u n d kalt ih n sein G e ld g e m a c h t<br />

h a t. — D e r A rm e d a g e g e n h a t a lle N o t d es L eben s schmecken m ü ssen ,<br />

R ä l t r u n d H itze, H u n g e r u n d R ra n k h e it, O b d a c h lo sig k e it u n d V e r ­<br />

a c h tu n g d er M en sch en . E r le b te ! A b e r w a r d a s ein Leben z u n e n n e n ?<br />

D en n o ch h a t er b is z u m E n d e a u s g e h a lte n . D a f ü r w i r - er jetzt<br />

g e trö ste t.<br />

I n d er E w ig k e it keh rt sich a lle s u m . O b d er a rm e L a z a r u s w o h l<br />

m a n c h m a l einen v e rla n g e n d e n B lick a u f d en reichen M a n n g e w o rfe n<br />

h a t, a ls sie beide noch le b te n , w e n n er, in P u r p u r gekleidet, a n ih m


jo<br />

w o ch e d « s j . S o n n t a g s » a ch T r in ita tis<br />

v o r ü b e r g in g ? J e t z t q u ä lt i h n kein V e r la n g e n m e h r, w o h l a b e r<br />

sc h a u t d e r R e i c h e se h n sü ch tig z u ih m h in ü b e r, w a s w i l l er d e n n ?<br />

E i n w e n ig L in d e ru n g seiner D u a l , ein w e n ig W a s s e r f ü r seine<br />

d ü rsten d e Z u n g e ! I m irdischen L eben h a t er n ie zu b itte n b ra u c h e n .<br />

J e tz t b itte t er. A b e r seine B i t t e w i r d a b g e le h n t. L a z a r u s kann n ich t<br />

h e rü b e rk o m m e n . D ie R l u f t zw isch en H im m e l u n d H ö lle ist noch v ie l,<br />

v ie lm a l g r ö ß e r a l s <strong>die</strong> zw isch en reich u n d a r m .<br />

D a s sie h t d e r reiche M a n n ein . E r b e g re ift, d a ß er seine S t r a f e<br />

v e rd ie n t h a t. D a r u m v erz ic h te t e r f ü r sich selbst. A b e r d a fa lle n ih m<br />

seine B r ü d e r z u H a u s e ein . D ie leben jetzt noch g e n a u so, w ie e r d a ­<br />

m a ls leb te, u n d w isse n n ic h t, w a s ih n e n b e v o rs te h t. A u f E r d e n<br />

kan n te er kein M itle id , jetzt f a ß t es ih n . A lso b itte t er A b r a h a m :<br />

S c h ic k ' doch d e n L a z a r u s z u m e in e n B r ü d e r n , „ d a ß e r sie w a r n e , a u f<br />

d a ß n ic h t auch sie k om m en a n <strong>die</strong>sen D r t d e r D u a l " . D o c h A b ra h a m<br />

a n t w o r t e t : w o z u ein en b eso n d eren B o t e n ? w a s sie w is s e n m ü sse n ,<br />

ist ih n e n g e s a g t. E s steh t in d en 10 G e b o te n u n d in den S c h r if te n<br />

d er P r o p h e te n . D a r a u f sollen sie h ö re n .<br />

D a w i r d <strong>die</strong> S t i m m e d e s R eich en noch v ie l fle h e n d e r. D ie zehn<br />

G e b o te u n d <strong>die</strong> W o r t e d e r P r o p h e te n h a t er ja au ch g e k a n n t u n d doch<br />

n ic h t d a r a u f g e h ö r t. A lso m e in t er, sie g e n ü g e n n ic h t. A b e r w e n n<br />

jen er L a z a r u s , d e r im m e r v o r d e r T ü r la g , w e n n m a n h in a u s g in g<br />

u n d ü b e r dessen A nblick m a n sich so o f t g e ä r g e r t h a t, — ja , w e n n d e r<br />

zu m e in e n B r ü d e r n g in g e u n d ih n e n sa g te , w ie es h ie r in d er E w i g ­<br />

keit ist, d a n n w ü r d e n sie g la u b e n . D e n n den kennen sie. (A lso h a t er<br />

ih n selber auch g esehen, a l s e r noch lebte, u n d w e iß d a s jetzt, w i e<br />

b a ld v e rg a ß e r 's frü h e r!) D o c h A b r a h a m le h n t z u m d r itte n M a le<br />

a b : „ H ö r e n sie M o s e s u n d <strong>die</strong> P r o p h e te n n ic h t, so w e rd e n sie auch<br />

n ic h t g la u b e n , w e n n je m a n d v o n den T o te n a u fe rs tü n d e " . N e in , g e ­<br />

w i ß n ic h t! S i e w ü r d e n L a z a ru s f ü r ein G e sp e n st h a lte n , im ersten<br />

A ugenblick erschrecken u n d d a n n lach en . S o se h r sin d ih re A u g e n g e ­<br />

b le n d e t v o m S c h e in d e r W irk lic h k e it <strong>die</strong>ser W e l t .<br />

U n d w ie ste h t es m i t u n s u n d u n se re n A u g e n ?<br />

D ie Epistel<br />

>v. Gott ist Lieb«; und wer in der uns, daß wir eine Freudigkeit haben<br />

Lieb« bleibet, der bleibet in Gott am Tage des Gerichts; denn gleichund<br />

Gott in »hm.<br />

wie Er ist, so sind auch wir in <strong>die</strong>-<br />

-7. Darinnen ist <strong>die</strong> Liebe völlig bei ser Welt.


Sonntag nach Trinitatis<br />

je. Furcht ist nicht in der Lieb«, sondern<br />

<strong>die</strong> völlig« Liebe treibet <strong>die</strong> Furcht<br />

aus; denn <strong>die</strong> Furcht hat Pein. wer<br />

sich aber <strong>für</strong>chtet, der ist nicht völlig<br />

in der Liebe.<br />

)g. Lasset uns Ihn lieben, denn Er hat<br />

uns zuerst geliebet.<br />

ro. So jemand spricht: „Ich liebe<br />

Gott" und hasset seinen Bruder, der<br />

ist ein Lügner. Denn wer seinen Bruder<br />

nicht liebet, den er siehet, wie kann<br />

er Gott lieben, den er nicht siehet)<br />

r;. Und <strong>die</strong>s Gebot haben wir von<br />

Ihm, daß, wer Gott liebet, daß der<br />

auch seinen Bruder lieb«.<br />

,. Ioh. 4, sb -r .<br />

S o l l t e n w i r n ic h t erschrecken, w e n n w i r a n d ie U m k e h ru n g a lle s<br />

Ird is c h e n denken, <strong>die</strong> in d e r E w ig k e it e in tre te n w i r d ) W a s w i r d<br />

d a n n m e in , w a s d e in S ch ick sal s e in ) E s ist g u t, w e n n w i r u n s d a s<br />

deu tlich v o r A u g e n stellen.<br />

A b e r w i r so llen n ic h t im S ch reck en u n te rg e h e n , n ic h t in s G r ü b e ln<br />

u n d S p in tis ie r e n g e ra te n . D e n n g ä n z lic h u n b e re c h e n b a r ist u n se r<br />

e w ig e s S c h ic k sa l n ic h t. D e r A p o ste l s a g t u n s , w e r keine A n g s t zu<br />

h a b e n b ra u c h t v o r d e m I e n s c i t s . G o t t ist kein G o t t d e r W illk ü r .<br />

E r h a t u n s o ffe n b a r g e m a c h t, w a s f ü r M a ß s tä b e u n d G esetze d a<br />

d rü b e n g e lte n .<br />

„ G o t t ist L iebe, u n d w e r in d e r Liebe b le ib t, - e r b le ib t in G o t t u n d<br />

G o t t in ih m . D a r i n ist <strong>die</strong> Liebe v ö llig bei u n s , - a ß w i r eine F re u ­<br />

d ig k eit h a b e n a m T a g e d es G e r ic h ts " . D a r a n a ls o k a n n st d u m erken,<br />

w ie es u m dich in d e r E w ig k e it d e re in st b estellt sein w i r d , o b Liebe<br />

in d ir ist. D e n n w e r a u s d e r Liebe le b t, d e r le b t g e n a u so in <strong>die</strong>ser<br />

W e l t w ie G o t t , a l s e r M e n sc h w u r d e . D a ist kein U n tersch ied . E r<br />

ist e s S e l b s t , - e r in d e in e r Liebe le b t u n d w ir k t, w i e so llte a ls o ,<br />

w e r Liebe h a t, sich v o r d e m G e ric h t fü rc h te n !<br />

D a s k an n m a n n ic h t b lo ß g la u b e n u n d h o f f e n ; m a n k a n n es sp ü re n .<br />

Liebe u n d F u rc h t v e r tr a g e n e in a n d e r n ic h t, „ s o n d e rn d ie v ö llig e Liebe<br />

tre ib t <strong>die</strong> F u rc h t a u s " . S i e h ' sie d i r a n , <strong>die</strong> M ä n n e r u n d F ra u e n ,<br />

a u s denen d ie Liebe L h r is ti d en E le n d e n leuchtete w ie ein L e u c h ttu rm<br />

ein em S c h i f f , d a s in S e e n o t ist! L a u te r fu rc h tlo se , frö h lic h e M e n ­<br />

schen, u n d kin d lich er a l s ein L i n d . M a n s a g t: L in d e r kennen keine<br />

G e f a h r ; a b e r <strong>die</strong>se M ä n n e r u n d F ra u e n kannten sie w o h l, s o g a r<br />

besser a l s a n d e re M e n sc h e n ; a b e r sie h a tte n keine Angst v o r ih r .<br />

w e n so llen w i r lie b e n ) D e r A p o ste l a n t w o r t e t : „ L a ß t u n s I h n<br />

lie b e n ; d e n n E r h a t u n s z u e rst g e lie b t" . A b e r fre ilic h ! M a n c h e r s a g t<br />

d a s so le ic h th in : „ I c h liebe G o t t " . D a b e i ist sein H e rz v o lle r H a ß<br />

g eg en seinen B r u d e r . D e r l ü g t ! D e n n e r lie b t au ch G o t t n ic h t w ir k ­<br />

lich. Liebe ist im m e r p raktisch u n d tr e ib t z u m H a n d e ln . G o t t können


6-r_______________ W oche - e s z. Sonntags nach Trinitatis<br />

w i r n ic h ts L ieb es a n t u n . D e n n w i r k ö n n en I h n ja n ic h t sehen. A b er<br />

dem B r u d e r o d e r - e r S c h w e s te r , <strong>die</strong> u n s tä g lic h b e g e g n e n , k önnen<br />

w i r w o h l L iebes a n tu n . D e n n <strong>die</strong> sehen w i r . A lso w i r d <strong>die</strong> Liebe<br />

z u G o t t o f f e n b a r a n d e r Liebe z u m B r u d e r . A ls Liebe g e h t G o t t<br />

d u rch <strong>die</strong>se W e l t , in C h r is tu s u n d in a lle n d en en , <strong>die</strong> S e in e w a h r e n<br />

J ü n g e r sin d .<br />

S o z e ig t u n s d er A p o stel G o t t e s W irk lic h k e it in d e r W irk lic h k e it<br />

u n se re s irdischen L eb en s. D u k an n st es m erk en , w e n n d u I h m b e­<br />

g e g n e st, o b d u I h n a u ch n ic h t sehen k a n n st, w o Liebe ist, d a ist<br />

G o t t . D a s b e fre it a lle , d ie a u s d e r L iebe leben, v o n jeder U n g e w iß ­<br />

h e it ü b e r d a s J e n s e its u n d g ib t ih n e n e in frö h lic h e s H e rz .<br />

Leben w i r n u n a u s d er L iebe, u n d h a b e n w i r ein frö h lic h e s H e r z ?<br />

D a s L ie d d e r W o c h e<br />

N u n b itte n w i r d en H e ilig e n G e is t<br />

D ie erste S t r o p h e <strong>die</strong>ses g la u b e n s s ta rk e n in n ig e n p f in g s tg e b e ts M a r ­<br />

tin L u th e r s s ta m m t a u s d e m h o h e n M itte la lte r . D e r b e rü h m te P r e ­<br />

d ig e r B e rth o lt» v o n R e g e n s b u r g (gest. z r / r ) s a g t rü h m e n d v o n i h r :<br />

„ E s ist ein g a r n ü tzlich er G e s a n g ; i h r s o llt ih n je lä n g e r d e sto lieb er<br />

sin g e n u n d s o llt ih n a lle m i t g a n z e r A n d a c h t u n d in n ig e m H e rz e n<br />

zu G o t t s in g e n u n d ru fe n . E s w a r ein g u te r Hund u n d ein n ü tzlich er<br />

H u n d , u n d es w a r ein w e is e r M a n n , d e r d a sse lb e L ied z u e rst (er-)<br />

f a n d " . D a s Lied g ib t Z e u g n is v o n d en G a b e n - e s H e ilig e n G e iste s<br />

a n S e in e betende G e m e in d e . D iese G a b e n s in d : D e r „ re c h te " ein ig e<br />

G la u b e , d er rechte, e in ig e H e r r , d a s rechte, e in ig e „ V a te r la n d " , <strong>die</strong><br />

rechte „ e in e " G e m e in d e (R irc h e ) u n d ih r rech ter, e in ig e r T r o s t im<br />

„ E le n d " (d . b e d e u te t: H rem de) d ieses L eb en s, in d er A n g s t d e s S t e r ­<br />

b e n s , in S c h a n d e u n d N o t d es g ö ttlic h e n G e r ic h ts . D ie M e lo d ie<br />

s c h w in g t in d er ersten , lic h te n I n n i g k e i t e in e s g lä u b ig e n p f i n g s t ­<br />

g e b e ts.<br />

D a s G e b e t d e r W o c h e<br />

A llm ä c h t i g e r , e w i g e r G o t t , d e r D u u n s d ie V e r h e i ß u n g D e in e s<br />

g ö ttlic h e n L e b e n s g e sc h e n k t h a s t , g i b u n s , w i r b i t t e n D ic h , D e i ­<br />

n e n H e ilig e n G e i s t , d a ß w i r u n s d u rc h D e i n W o r t a u fw e c k e n<br />

la s s e n , d u rc h s ta rk e n G l a u b e n a n D e i n e n S o h n d a s e w ig e L e b e n


vom geistlich«» Amt<br />

ergreifen und in I h m selig werden, um Jesu Christi, unseres<br />

Herrn w illen , der m it D ir und dem Heiligen Geist lebet und<br />

regieret von Ew igkeit zu Ewigkeit. Amen.<br />

-Iv<br />

o m geistlichen Amt<br />

»-S<br />

Oit Wahrheit vom lebendigen Gott, dem Vater Jesu Christi, und von<br />

Seiner «Offenbarung weiß kein Mensch aus sich selbst. Sie muß, nachdem Gott<br />

sie aus freier Gnade der Welt geschenkt hat, den Menschen verkündigt werden.<br />

Sonst bleiben <strong>die</strong> Menschen, deren Herz bewußt oder unbewußt immer wie<br />

der Hirsch nach frischem Wasser nach dem wahren Gott schreit (ps. 4>r),<br />

rettungslos bei den Götterbildern, <strong>die</strong> aus -er Sehnsucht, Angst und Ideenwelt<br />

ihres eigenen Wesens geboren sind und <strong>die</strong> von einem Irrtum zum andern<br />

führen. Darum hat der auferstandene Herr selbst <strong>die</strong> Verkündigung<br />

Seiner Heilsbotschaft befohlen (Match, rr, >s—ro): „Mir ist gegeben alle<br />

Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und lehret alle Völker<br />

und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen<br />

Geistes; und lehret sie halten alles, was Ich euch befohlen habe. Und siehe, Ich<br />

bin bei euch all« Tage bis an der Welt Ende". Demgemäß lehrt das Bekenntnis<br />

der «v.-luth. Lirche (Augsburgische Lonfession V>: „Gott hat das Predigtamt<br />

eingesetzt, Evangelium und Sakrament gegeben, dadurch Er als durch<br />

Mittel den Heiligen Geist gibt, welcher den Glauben, wo und wann Er will,<br />

in denen, so das Evangelium hören, wirket". Demnach ist es Gottes Wille,<br />

daß Sein w o t gepredigt und dadurch Seine <strong>Gemeinde</strong>, <strong>die</strong> „eine heilige,<br />

allgemein« christliche Lirche, <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> der Heiligen", gebaut werde, wenn<br />

also <strong>die</strong> Christenheit das Evangelium verkündigt, so tut sie nicht nach ihres<br />

Herzens Gutdünken und Meinung etwas, was sie vielleicht auch lassen<br />

oder ändern könnt«, sondern es ist ihr geboten bei ihrer Seelen Seligkeit. Und<br />

sie hört auf, Christenheit, <strong>Gemeinde</strong> Christi, Lirche Gottes zu sein, wenn<br />

sie aufhört, das Evangelium in der Welt zu bezeugen,<br />

r. Den Auftrag, das Evangelium zu predigen, hat <strong>die</strong> Lirche Christi in ihrer<br />

Gesamtheit. Denn sie ist der Leib, an dem Christus das Haupt ist (Eph.<br />

4, zs—;b). Durch sie will nach Seiner Gnade der erhöhte Herr Selbst Sein<br />

Werk unter den Menschen treiben. Demgemäß hat <strong>die</strong> Lirche das Amt wahrzunehmen,<br />

das „<strong>die</strong> Versöhnung predigt" und alle Menschen aufruft: „Lasset<br />

euch versöhnen mit Gott!" (r. Ror. s, ?r ff.). Dies „Amt", das geistliche<br />

Amt der Lirche, ist nicht «ine Hcrrschaftsbefugnis, wie es sonst im Sprachgebrauch<br />

<strong>die</strong>ses Wortes liegt, sondern ein Dienst, wie auch das Neue Testament<br />

etwa nach r. Ror. s, -4 <strong>die</strong>s „Amt" in Wahrheit „Diakonia", d. h.<br />

„Dienst", nennt. An vielen Stellen bezeugt <strong>die</strong> Schrift <strong>die</strong>sen Dienstauftrag,


s l 4<br />

__________ W oche d es ). Sonntags nach Trinitatis<br />

B. auch Mark. -S, is; Luk. 10, zö; Lph. 4, 14; Joh. ro, r i ; Ap.-<br />

Gesch. 1, z. Allein in der Erfüllung <strong>die</strong>ses Auftrages, des Dienstes am Wort,<br />

hat <strong>die</strong> Lirche ihr Leben.<br />

3. In <strong>die</strong>ser Welt, wie sie nun einmal ist: eine Welt ichhafter Menschen, kann<br />

<strong>die</strong> Lirche Christi <strong>die</strong>sen ihren Auftrag nur ausrichten in der Form fester Ordnungen,<br />

<strong>die</strong> sie selber — nicht nach menschlicher Willkür, sondern in der<br />

Verantwortung vor dem Herrn der Lirche, Jesus Christus, — sich gibt. Denn<br />

wenn sich jedes ihrer Glieder willkürlich berufen fühlte, den Dienst, den <strong>die</strong><br />

Lirche im Ganzen hat, nach seinem eigenen Gutdünken selbst auszuführen, so<br />

hätten wir sehr schnell ein allgemeines Durcheinander und eine völlige Auflösung<br />

vor uns. Als sich in der korinthischen <strong>Gemeinde</strong> auch nur etwas von<br />

<strong>die</strong>ser Eigenmächtigkeit einzelner zeigte (vgl. !. Ror. 1!—14), mußte Paulus<br />

scharf eingreifen. „Gott ist nicht ein Gott der Unordnung", mußte er schreiben<br />

(>4, 33). wenn dir verschiedenen Gaben, <strong>die</strong> der Heilige Geist gibt (14, rd),<br />

zum gemeinsame» Nutzen (zr, 7) und zur wechselseitigen Besserung (10, r3)<br />

<strong>die</strong>nen sollen, so müssen sie sich zusammcnordncn und ineinanderfügen wie <strong>die</strong><br />

verschiedenen Glieder an einem Leib ()r, ;r ff.). Die Ordnung in der Lirche<br />

schafft ganz gewiß nicht <strong>die</strong> Gaben des Geistes (auch <strong>die</strong>sen Irrtum haben<br />

manche in der Lirche gehabt!), vielmehr müssen <strong>die</strong> Gaben das erste sein, und<br />

<strong>die</strong> Ordnungen, <strong>die</strong> wir Menschen machen, müssen sich nach ihnen richten.<br />

Darum wird eine wache Lirche, wenn Gottes Gerichte sie treffen, willig und<br />

gehorsam nach den Weisungen fragen, <strong>die</strong> Gott ihr unter ihren geschichtlichen<br />

Widerfahrnissen durch Sein Wort geben will, und auch bereit sein, ihre äußeren<br />

Ordnungen, <strong>die</strong> ja nicht heilig und unantastbar sind, nach bester Erkenntnis<br />

umzuformen. Entscheidend bleibt, daß sie <strong>für</strong> jede Zeit das brauchbare irdene<br />

Gefäß sind, in denen der köstliche Schatz des göttlichen Wortes allen hungrigen<br />

und durstigen Seelen recht dargereicht werden kann.<br />

4. <strong>Das</strong> geistlich« Amt, das der Lirche aufgetragen ist, hat auch in unseren<br />

verfaßten evangelisch-lutherischen Lirchen seine bestimmten Ordnungen und<br />

Formen gefunden, in denen das Evangelium gepredigt (Mark. zb, is), <strong>die</strong><br />

Sündenvergebung zugesprochen (Match, -ö, lg und ir, i§) und <strong>die</strong> Sakrament«<br />

verwaltet werden (Match, rs, ig; 1. Lor. 1l, r3 ff.). Ob nämlich <strong>die</strong><br />

Pfarrer predigen, taufen, Beichte oder Abendmahl halten und Seelsorge treiben<br />

oder <strong>die</strong> Volksmissionare als Evangelisten arbeiten oder <strong>die</strong> Heidenmissionare<br />

in <strong>die</strong> Fremde ziehen, ob <strong>die</strong> Bischöfe und Rirchenräte <strong>die</strong> Lirche nach<br />

Gottes Wort leiten oder <strong>die</strong> Lirchcnältesten und Lirchenvertrcter <strong>für</strong> <strong>die</strong> Ordnung<br />

im <strong>Gemeinde</strong>leben sorgen, ob <strong>die</strong> Lehrer <strong>die</strong> Linder im Evangelium<br />

unterweisen oder <strong>die</strong> Pfarrer Lonfirmandenunterricht halten oder <strong>die</strong> Helfer<br />

im Lindergottes<strong>die</strong>nft den Lleinen den Heiland vor <strong>die</strong> Augen malen oder<br />

<strong>die</strong> Jugendarbeiter mit jungen Menschen zur Dibelarbeit zusammen sind, ob<br />

<strong>die</strong> Pfarrer ihr« <strong>Gemeinde</strong>glieder und Lranken besuchen oder freie <strong>Gemeinde</strong>helfer<br />

Besuchs<strong>die</strong>nst und Blätterverbreitung wahrnehmen, es geschieht alles


v o m geistlichen Amt<br />

s-s<br />

in Erfüllung des «inen Auftrages und in Wahrnehmung des einen Amtes,<br />

das der Herr Seiner Rirche gegeben hat: daß durch <strong>die</strong> Bezeugung des Evangeliums<br />

in aller Welt und auf allerlei weise Menschen zu Seinen Jüngern<br />

gemacht werden. Auch <strong>die</strong> Führung der Rirchenbücher, <strong>die</strong> Einziehung der<br />

Rirchensteuern und <strong>die</strong> Erledigung aller kirchlichen Verwaltungsarbeiten darf<br />

nimmermehr ihren Zweck in sich selbst haben, auch sie steht im Dienst <strong>die</strong>ser<br />

einen großen geistlichen Aufgabe. Auch <strong>die</strong> weltlichen Dinge im Leben der<br />

kirchlichen (Organisation, <strong>die</strong> auf <strong>die</strong>ser Erde nun einmal nicht zu entbehren<br />

sind, empfangen ihr« Berechtigung und ihre Ausrichtung von dem geistlichen<br />

Amt her, das der Rirche gegeben ist.<br />

5. Wenn <strong>die</strong>ses Amt recht wahrgenommen werden soll, so muß es auf viele<br />

Personen verteilt werden. Denn es muß ja an vielen (Orten und zu ganz verschiedenen<br />

Zeiten, mit sehr verschiedenartigen Aufgaben und in mancherlei<br />

wechselnden Formen getan werden. Es gibt aber bei der Zusammenordnung<br />

der verschiedenen Arbeiter im Dienst der Rirche kein Führcrprinzip nach dem<br />

Vorbild weltlicher (Ordnungen. Denn in der Rirche Christi geht es nach Jesu<br />

Wort: „Einer ist euer Meister, Christus, ihr aber seid alle Brüder...Der<br />

Größte unter euch soll euer Diener sein" (Match, rs, r—ir). <strong>Das</strong> schließt<br />

nicht etwa aus, daß es in ihr geistliche Autorität und verantwortliche Führung<br />

gibt, aber läßt <strong>die</strong> Anwendung äußeren Zwanges und menschlicher Herrschsucht<br />

nicht zu. Bischöfe wie Pfarrer wie Rirchenälteste haben jeweils ihren<br />

verschiedenartigen Dienst zu tun nach dem Auftrag des göttlichen Herrn, vor<br />

dem sie alle in letzter Verantwortung stehen; aber sie haben ihn zu tun in<br />

den (Ordnungen, <strong>die</strong> ihre Rirche sich gegeben hat.<br />

6. Der Pfarrer ist der Hirt (Pastor) seiner <strong>Gemeinde</strong>. Er leitet sie als Prediger<br />

und Seelsorger. Rraft der Berufung, <strong>die</strong> ihm <strong>die</strong> Rirche durch <strong>die</strong> Rirchcnlcitung<br />

gibt ((Ordination), hat er das Amt der öffentlichen Wortverkündigung und<br />

der Sakramentsverwaltung sowie das Amt der Schlüssel. Im Notfall kann er<br />

von Nicht-(vrdiniert«n auch in der Sakramentsverwaltung vertreten werden<br />

(;. B. Nottaufe). Er wird sein Amt nur recht wahrnehmen können,<br />

wenn er selbst von ganzem Herzen in dem Glauben lebt, den er bezeugen soll,<br />

wenn er tief und lebendig in der Schrift wurzelt, deren Botschaft er als treuer<br />

Zeuge zu verkündigen hat, und wenn er dazu auch <strong>die</strong> nötige Durchbildung,<br />

wissenschaftlich« Schulung und <strong>die</strong> sonstigen Fähigkeiten hat, <strong>die</strong> zu <strong>die</strong>sem Amt<br />

gehören. In den „Pastoralbriefen", z. B. I. Timotheus Z, i ff.; r. Timotheus<br />

r, - ff. und Titos i , 6 ff. sind den Trägern des Predigtamtes köstliche Weisungen<br />

<strong>für</strong> ihren Dienst und ihr Leben gegeben. Und im (Ordinationsgelübde<br />

verpflichtet sich der lutherische Pfarrer ausdrücklich dazu, das Wort Gottes<br />

nach Schrift und Bekenntnis lauter und rein zu lehren, <strong>die</strong> Sakramente der<br />

Einsetzung gemäß zu verwalten, das Beichtgeheimnis treulich zu wahren und<br />

der <strong>Gemeinde</strong> mit einem frommen und gottseligen Leben voranzugehen. An<br />

<strong>die</strong> Heilige Schrift also ist er gebunden, ob er predigt oder unterrichtet, ob


s;b______________ Woche des z. Sonntags nach Trinitatis<br />

er seelsorgerlich berät oder mahnt oder tröstet, ob er taust oder traut oder am<br />

Sarge spricht. Davon darf er sich durch keinen Widerspruch der Menschen abbringen<br />

lassen (Joh. 10, ir ff.; i. Thess. r, 4; Gal. i, 10). w o Verwirrung<br />

im Glauben und Unordnung im Ckristenlebcn in der <strong>Gemeinde</strong> einbrechn'<br />

wollen, da hat er dem zu wehren und den Irrenden und verführten zurecht<br />

zu helfen, soweit er vermag (Ap. Gcsch. ro, rr; Tim. 4, zd; Tit. ?, g ff.;<br />

Röm. ir, 7; Gal. S, 1). w o aber bußfertig« Herzen <strong>die</strong> Vergebung ihrer Sünden<br />

suchen, da hat er ihnen <strong>die</strong> im Sterben und Auferstehen Jesu Christi geschehen«<br />

Erlösung vollmächtig zuzusprechen (Matth. id, ig; Job. ro, rs;<br />

r. Ror. s, ro). Auf allen wegen, <strong>die</strong> Gott gibt, hat er Jungen und Alten<br />

an ihrem Glauben zu <strong>die</strong>nen und, damit er das könne, selbst anzuhalten am<br />

Umgang mit der Schrift und am Gebet, damit <strong>die</strong> Quelle und das Licht seines<br />

eigenen Lebens in dem lebendigen Gott sei (ps. 3d, 10). Bei alledem aber<br />

wird er als Christ und als Träger eines öffentlichen Amtes <strong>die</strong> Pflichten gegen<br />

Volk und Staat nicht aus dem Auge lassen.<br />

7. Der Bischof ist der „psstor psstorum", der Hirte der Hirten. Sein Pfarramt<br />

ist <strong>die</strong> ganze Landeskirche. Darum ist sein wesentlichster Auftrag, den er<br />

mit der ihm zugeordneten Rirchenbehördc wahrzunehmen hat, der, daß er<br />

über der rechten, schriftgcmäßen Verkündigung und der gewissenhaften Dienstausübung<br />

aller Pfarrer in seinem Rirchengebiet wache, daß er ein treuer Seelsorger<br />

der Seelsorger sei und ihnen beratend und wegweisend in ihrem Amte<br />

zur Seit« stehe. Mit Fleiß hat er da<strong>für</strong> zu sorgen, daß <strong>die</strong> rechten Rräfte im<br />

«Organismus der Rirche an <strong>die</strong> rechte Stelle kommen, und nicht zuletzt, daß<br />

der Nachwuchs <strong>für</strong> das Pfarramt <strong>die</strong> rechte Ausbildung und Betreuung finde.<br />

». Die <strong>Gemeinde</strong>ältesten (Rirchenvertreter) haben mit dem Pfarrer zusammen<br />

<strong>die</strong> Verantwortung <strong>für</strong> <strong>die</strong> rechte und sacbgemäße «Ordnung in der <strong>Gemeinde</strong><br />

bis hin zur geschäftlichen Verwaltung mitzutragen, wenn sie ihr Amt wirklich<br />

vor Gott führen, wird es ihnen nicht um persönliche Geltung und öffentliche<br />

Ehren dabei gehen, sondern darum, daß <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> im Glauben lebendig<br />

werde und zu ihrer Aufcrbauung alles Menschenmögliche in treuem<br />

Dienst getan werde. Und sie werden zusammen mit den freiwilligen Helfern<br />

aller Art s« nach den Gaben, <strong>die</strong> ihnen Gott gegeben hat, und nach der Zeit<br />

und Rraft, <strong>die</strong> sie haben, z» jedem notwendigen Dienst in der <strong>Gemeinde</strong> zur<br />

Verfügung stehen.<br />

g. wenn so <strong>die</strong> Bischöfe mit ihren Rirchenbehördc», <strong>die</strong> Pfarrer, <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong>ältestcn<br />

und <strong>die</strong> Gemcindehelfer aller Art nach ihren Gaben und Aufgaben<br />

treu und gehorsam iin Dienste ihres Herrn Jesus Christus zusammenwirken,<br />

dann dürfen sie im getrosten vertrauen auf <strong>die</strong> Verheißungen ihres<br />

Herrn gewiß sein, daß der Dienst, der ihnen im geistlichen Amt der Rirche<br />

aufgetragen ist, recht geschieht, und daß ihre Arbeit nicht vergeblich ist in dem<br />

Herrn (z. Ror. ;s, sr).<br />

-«-


Woche des<br />

Sonntags nach Trinitatis<br />

M on tag nach dem ersten S o n n ta g nach T rinitatis<br />

-4. Vu aber bleibe i» dem, das du<br />

gelernet hast und dir vertrauet ist,<br />

sintemal du weißt, von wem du gelernet<br />

hast.<br />

-S. Und weil du von Rind auf <strong>die</strong><br />

Heilig« Schrift weißt, kann dich <strong>die</strong>selbig«<br />

unterweisen zur Seligkeit durch<br />

den Glaube» an Christum Jesum.<br />

;ö. Denn all« Schrift, von Gott eingegeben,<br />

ist nütze zur Lehre, zur<br />

Strafe, zur Besserung, zur Züchtigung<br />

in der Gerechtigkeit,<br />

-7. daß ein Mensch Gottes sei vollkommen,<br />

zu allem guten Werk geschickt.<br />

r. Tim. s, -4—?7<br />

Gott redet zu uns durch Sein W ort. N u r in <strong>die</strong>sem Wort<br />

hören wir Ihn. I n bewegter Zeit standhaft und unbeirrt <strong>die</strong>ses<br />

W ort zu verkündigen, war dem jungen Timotheus auferlegt. Dazu<br />

ist er unterwiesen worden durch den Apostel Iesu Christi. Sein Amt<br />

war schwer. Die Wahrheit wurde unterdrückt, und Irrlehre in<br />

mancherlei Gestalt ging um. welche Richtschnur war dem Timotheus<br />

<strong>für</strong> seine Verkündigung gegeben? Allein das W ort! welche Schutzwehr<br />

hatte er gegen <strong>die</strong> Fälschung der rechten Lehre? Allein <strong>die</strong> stänstige<br />

Übung mit und an der Schrift! Diese Übung kannte Timotheus<br />

von Rind auf. Darum war er tüchtig zum Amt. Denn auch <strong>die</strong> Irrlehrer<br />

aller Zeiten benutzen <strong>die</strong> Schrift als Beleg und zur Rechtfertigung<br />

ihrer Gedanken. Sie reißen einzelne Schriftstellen aus dem<br />

Zusammenhang des Ganzen und legen sie auf ihre weise aus. Iedc<br />

Stelle der Heiligen Schrift muß aber durch <strong>die</strong> Schrift selber ausgelegt,<br />

nach dem Zusammenhang der ganzen biblischen Botschaft verstanden<br />

werden. Auch <strong>für</strong> uns gilt es, durch rechte Übung <strong>die</strong> Schrift<br />

recht zu gebrauchen, w i r sollten in ihr nicht unsere Gedanken und<br />

wünsche suchen, sondern allein Christus. Nur so gewinnen w ir den<br />

lebendigen Glauben an Ih n , werden w ir recht unterwiesen zur Seligkeit.<br />

Dann werden w ir stehenbleiben in dem, was wir gelernt haben.<br />

Dann wachsen auch in unserem Leben <strong>die</strong> Früchte xi„eg gesunden <strong>Gemeinde</strong>lebens,<br />

nämlich Lehre, Zucht und gute Werke.<br />

Die ander« Lesung: r. Petrus ;b—r;<br />

D ienstag nach dem ersten S o n n ta g nach T rinitatis<br />

-k. Ach, Herr, Du weißt es; gedenke daß ich um Deinetwillen geschmäht<br />

an mich und nimm Dich mein an und werd«.<br />

räche mich an meinen Verfolgern, ft. Dein Wort ward »nein« Speise,<br />

Nimm mich auf und verzeuch nicht da ich's empfing; und Dein Wort ist<br />

Deine» Zorn über sie; denn vu weißt, meines Herzens Freude und Trost;


Sjk<br />

denn ich bin ja nach Deinem Namen<br />

genannt, Herr, Gott Zebaoth.<br />

?7- Ich habe mich nicht zu den Spöttern<br />

gesellet noch mich mit ihnen gefreuet,<br />

sondern bin allein blieben<br />

vor Deiner Hand; denn Du hattest<br />

mich gefüllt mit Deinem Grimm,<br />

zr. Warum wäret doch mein Leiden<br />

so lange, und mein« Wunden sind so<br />

gar böse, daß sie niemand heilen kann?<br />

Du bist mir worden wie ein Born,<br />

der nicht mehr quellen will.<br />

-g. Darum spricht der Herr also: w o<br />

du dich zu Mir hältst, so will Ich<br />

Mich zu dir halten, und sollst Mein<br />

Woche des ;. Sonntags nach Trinitatis<br />

Prediger bleiben. Und wo du <strong>die</strong><br />

frommen lehrest sich sondern von den<br />

bösen Leuten, so sollst du Mein Mund<br />

sein. Und ehe du solltest zu ihnen fallen,<br />

so müssen sie eher zu dir fallen,<br />

ro. Denn Ich habe dich wider <strong>die</strong>s Volk<br />

zur festen, ehernen Mauer gemacht; ob<br />

sie wider dich streiten, sollen sie dir<br />

doch nichts anhaben; denn Ich bin bei<br />

dir, daß Ich dir helfe und dich errett«,<br />

spricht der Herr,<br />

rz. und will dich erretten aus der<br />

Hand der Bösen und erläsen aus der<br />

Hand der Tyrannen.<br />

Ier. ;s, - s - r ;<br />

Du aber bleibe! w a s <strong>die</strong>se Mahnung an den jungen Timotheus in<br />

der Zeit der Anfechtung bedeutet, zeigt <strong>die</strong> heutige Tageslesung. „Dein<br />

W ort ist meines Herzens Hreude und Trost!" w ar einst <strong>die</strong> Erfahrung<br />

Ieremias in seinem prophetischen Amt gewesen. Aber dann w ar sein<br />

W eg immer einsamer geworden. Die Sonderung von den Spöttern<br />

und Verächtern des lebendigen Gottes hatte ihm Schmähungen und<br />

Verfolgungen eingebracht. Darüber w ar der Zweifel in seine Seele<br />

gekommen, und das W ort Gottes wurde ihm wie ein Born, der<br />

kein Wasser mehr gab. Dunkelheit erfüllte seine Seele, und <strong>die</strong> Anfechtung<br />

drohte ihn zu ersticken, w ie der Schrei eines Ertrinkenden<br />

erklingt der Ruf des Propheten aus der Nacht seiner Einsamkeit zu<br />

G ott: „Herr, Du weißt es — gedenke an mich!" Und Gottes Antwort?<br />

Sie besteht in -er erneuten Zusage: „Ich b in m it d ir!",<br />

in dem erneuten Auftrag: „Du sollst Mein Prediger bleiben!" Der<br />

Ruf des einsannn Gottesmanncs darf auch unser Ruf sein, so oft<br />

<strong>die</strong> Wasser der Trübsale oder <strong>die</strong> lähmende Macht des Unglaubens<br />

uns zu verschlingen drohen.<br />

Die andere Lesung: Hesekiel r, -—7<br />

M ittw och nach dem ersten S o n n ta g nach T rinitatis<br />

27. Und der Vater, der Mich gesandt euch wohnend; denn ihr glaubet Dem<br />

hat, derselbige hat von Mir gezeuget. nicht, den Er gesandt hat.<br />

Ihr habt nie weder Seine Stimme sg. Suchet in der Schrift; denn rhr<br />

gehöret noch Seine Gestalt gesehen, meinet, ihr habt das ewige Leben drinsr.<br />

und Sein Wort habt ihr nicht in nen, und sie ist's, <strong>die</strong> von Mir zeuget;


Woche des Sonntags nach Trinitatis s?S<br />

40. und ihr wollt nicht zu Mir<br />

kommen, daß ihr das Leben haben<br />

möchtet.<br />

4-. Ich nehm« nicht Ehr« von Menschen;<br />

4r. aber ich kenn« euch, daß ihr nicht<br />

Gottes Lieb« in euch habt.<br />

43. Ich bin kommen in Meines Vaters<br />

Namen, und ihr nehmet Mich nicht<br />

an. So ein anderer wird in seinem<br />

eigenen Namen kommen, den werdet<br />

ihr annehmen.<br />

44. w ie könnet ihr glauben, <strong>die</strong> ihr<br />

Ehre voneinander nehmet? Und <strong>die</strong><br />

Ehre, <strong>die</strong> von Gott allein ist, suchet<br />

ihr nicht)<br />

4s. Ihr sollt nicht meinen, daß Ich<br />

euch vor dem Vater verklagen werde;<br />

es ist einer, der euch verklaget, der<br />

Mose, auf welchen ihr hoffet.<br />

4b. Wenn ihr Mose glaubtet, so<br />

glaubtet ihr auch Mir; denn er hat<br />

von Mir geschrieben.<br />

47. So ihr aber seinen Schriften nicht<br />

glaubet, wie werdet ihr Meinen Worten<br />

glauben) Ioh. b, 57—47<br />

<strong>Das</strong> lebendige Gotteswort, das ist Iesus Christus, ist schon im Alten<br />

Testament im Gesetz und in den Propheten von Gott bezeugt worden.<br />

Aber <strong>die</strong> Iuden haben Gottes Stimme aus der Heiligen Schrift nicht<br />

gehört. Darum haben sie Gottes Heilsplan nicht begriffen. Sie sind<br />

blind gewesen und haben keinen lebendigen Gottesglauben gehabt,<br />

w o aber wird uns der w e g zum rechten Glauben erschlossen) Iesus<br />

sagt es uns: S u c h e t in d er Schrift! Sie allein gibt uns <strong>die</strong><br />

Renntnis und Erkenntnis des w illens Gottes. Echtes, ehrliches<br />

Suchen in der Schrift bleibt nicht ohne Frucht. E s führt uns zur<br />

Erkenntnis der Wahrheit, zum Finden des Lebens. Darum tadelt<br />

Iesus <strong>die</strong> Iuden und läßt ihre eigenen Lehrer als Ankläger auftreten,<br />

weil sie Seine Botschaft verworfen haben. An Ihm strahlt hell der<br />

Glanz der göttlichen Herrlichkeit. Dieser Glanz, der schon im Alten<br />

Testament vorweg leuchtet, behält seine Leuchtkraft, <strong>die</strong> auch uns<br />

zur Llarheit in Gott ruft.<br />

Die andere Lesung: Apostelgeschichte s, rb—55<br />

D onnerstag nach dem ersten S o n n ta g nach Trinitatis<br />

;. Darnach sondert« der Herr andere<br />

siebenzig aus und sandte sie je zween<br />

und zween vor Ihm her in alle Städte<br />

und Orte, da Er wollte hinkommen,<br />

r. und sprach zu ihnen: Die Ernte ist<br />

groß, der Arbeiter aber sind wenige.<br />

Bittet den Herrn der Ernte, daß Er<br />

Arbeiter aussende in Seine Ernte.<br />

3. Gehet hin; siehe. Ich sende euch<br />

ly <strong>Das</strong> Rirche,»buch<br />

als <strong>die</strong> Lämmer mitten unter <strong>die</strong><br />

Wölfe.<br />

4. Tragt keinen Beutel noch Tasche<br />

noch Schuhe und grüßet niemand auf<br />

der Straße.<br />

5. w o ihr in ein Haus kommt, da<br />

sprecht zuerst: Friede sei in <strong>die</strong>sen»<br />

Häusel<br />

b. Und so daselbst wird «in Lind des


Woche der z. Sonntag« nach Trinitatis<br />

sr><br />

Areitag nach dem ersten S o n n ta g nach T rinitatis<br />

7. Einem jeglichen aber unter uns ist<br />

gegeben <strong>die</strong> Gnade nach dem Maß der<br />

Gabe Christi.<br />

S. Darum heißt es: „Er ist aufgefahren<br />

in <strong>die</strong> Höhe und hat das Gefängnis<br />

gefangen geführet und hat den<br />

Menschen Gaben gegeben,<br />

g. Daß Er aber aufgefahren ist, was<br />

ist's, denn daß Er zuvor ist hinuntergefahren<br />

in <strong>die</strong> untersten Örter der<br />

Erde?<br />

10. Der hinuntergefahren ist, das ist<br />

Derselbig«, der aufgefahren ist über alle<br />

Himmel, auf daß Er alles erfüllte,<br />

ss. Und Er hat etliche zu Aposteln gesetzt,<br />

etliche aber zu Propheten, etliche<br />

zu Evangelisten, etliche zu Hirten und<br />

Lehrern,<br />

zr. daß <strong>die</strong> Heiligen zugerichtet werden<br />

zum Werk des Amts, dadurch der<br />

Leib Christi erbauet werde,<br />

s3. bis daß wir alle hinankommen zu<br />

einerlei Glauben und Erkenntnis des<br />

Sohns Gottes und ein vollkommener<br />

Mann werden, der da sei im Maße<br />

des vollkommenen Alters Christi,<br />

Z4- auf daß wir nicht mehr Linder<br />

seien und uns wägen und wiegen lassen<br />

von allerlei wind der Lehre durch<br />

Schalkheit der Menschen und Täuscherei,<br />

damit sie uns erschleichen, zu verführen.<br />

)S. Lasset uns aber rechtschaffen sein<br />

in der Liebe und wachsen in allen<br />

Stücken an Dem, der das Haupt ist,<br />

Christus.<br />

Eph. 4, 7—?s<br />

<strong>Das</strong> lebendige Gotteswort wird durch Menschen gepredigt, <strong>die</strong> das<br />

Amt der Verkündigung bekleiden. Diejenigen aber, welche <strong>die</strong>ses Amt<br />

versehen, haben sich nicht selbst dazu gewählt, sondern sind vorn<br />

Herrn Christus dazu berufen. E r selbst ist es gewesen, der gesetzt hat:<br />

etliche zu Aposteln, etliche zu Propheten, etliche zu Evangelisten,<br />

etliche zu Hirten und Lehrern. E s ist eine Gnade Gottes, daß E r<br />

Ämter und Gaben gibt. Iedes Amt, sei es das höchste oder geringste,<br />

hat nur dann einen Sinn, wenn es dazu <strong>die</strong>nt, durch <strong>die</strong> predigt<br />

des W ortes den „Leib Christi", das ist Seine <strong>Gemeinde</strong> auf Erden,<br />

zu bauen. Dessen soll <strong>die</strong> Christenheit aller Zeiten eingedenk sein<br />

und sich nicht zerreißen lassen weder durch Ehrgeiz noch durch allerlei<br />

w in d falscher Lehre. D e r Leib Christi wird erbaut durch<br />

das recht gepredigte W ort im Amt der <strong>Gemeinde</strong>, w e r<br />

darum das Predigtamt verwirft, greift Christus an, der <strong>die</strong>ses Amt<br />

gesetzt hat, damit Seine <strong>Gemeinde</strong> gelenkt und regiert werde, von<br />

Christus eingesetzt! Darauf allein steht <strong>die</strong> w ürde und Unantastbarkeit<br />

des evangelischen Predigtamtes jeglicher Gestalt.<br />

Dir ander« Lesung: Matthäus rö, si—zS


Woche des Sonntags nach Trinitatis srs<br />

D ie erste Bitt«:<br />

Geheiliget werde Dein Name.<br />

w as ist das?<br />

Gottes Name ist zwar an ihm selbst heilig;<br />

aber wir bitten in <strong>die</strong>sem Gebet, daß er auch bei uns heilig werde.<br />

wie geschieht das?<br />

w o das W ort Gottes lauter und rein gelehret w ir-,<br />

und w ir auch heilig als <strong>die</strong> Linder Gottes danach leben;<br />

das hilf uns, lieber Vater im Himmel,<br />

w e r aber anders lehret und lebet, denn das W ort Gottes lehret,<br />

der entheiliget unter uns den Namen Gottes;<br />

davor behüte uns, himmlischer Vater!


°r4<br />

Woche des r. Sonntags nach Trinitatis<br />

Zweiter Sonntag nach Trinitatis<br />

Lom m et her zu M ir alle, <strong>die</strong> ihr mühselig und beladen seid, Ich<br />

w ill euch erquicken.<br />

Matthäus i), rr<br />

zs. Da aber solches hörte einer, der<br />

mit zu Tisch saß, sprach er zu Ihm:<br />

Selig ist, der das Brot isset im Reich<br />

Gottes!<br />

-ö. Er aber sprach zu ihm: Es war<br />

ein Mensch, der machte ein groß<br />

Abendmahl und lud viele dazu.<br />

;7. Und sandte seinen Lnecht aus zur<br />

Stunde des Abendmahls, zu sagen den<br />

Geladenen: Lommt, denn es ist alles<br />

bereit!<br />

-r. Und sie fingen an, all« nacheinander<br />

sich zu entschuldigen. Der erste<br />

sprach zu ihm: Ich habe «inen Acker<br />

gekauft uns muß hinausgehen und ihn<br />

besehen; ich bitte dich, entschuldige<br />

mich.<br />

)tz. Und der andere sprach: Ich habe<br />

fünf Ioch Ochsen gekauft, und ich gehe<br />

jetzt hin, sie zu besehen; ich bitte dich,<br />

entschuldig« mich.<br />

D as Evangelium<br />

ro. Und der dritte sprach: Ich habe<br />

ein Weib genommen, darum kann ich<br />

nicht kommen.<br />

r>. Und der Lnecht kam und sagt«<br />

das seinem Herrn wieder. Da ward<br />

der Hausherr zornig und sprach zu seinem<br />

Lnecht«: Gehe aus schnell auf<br />

<strong>die</strong> Straßen und Gassen der Stadt<br />

und führe <strong>die</strong> Armen und Lrüppel<br />

und Lahmen und Blinden herein.<br />

rr. Und der Lnecht sprach: Herr, es<br />

ist geschehen, was du befohlen hast; es<br />

ist aber noch Raum da.<br />

rs. Und der Herr sprach zu dem<br />

Lnecht«: Gehe aus auf <strong>die</strong> Landstraßen<br />

und an <strong>die</strong> Zäun« und nötig« sie, hereinzukommen,<br />

auf daß mein Haus voll<br />

werde.<br />

24- Ich sage euch aber, daß der Männer<br />

keiner, <strong>die</strong> geladen sind, mein<br />

Abendmahl schmecken wird.<br />

Luk. -4, ;s—r4<br />

Dies Gleichnis redet nicht nur von einem Abendmahl, sondern es ist<br />

von Iesus auch bei Tisch während eines Abendessens in großer Gesellschaft<br />

erzählt worden. Ein Oberster -er Pharisäer hatte Ih n gebeten,<br />

mit ihm am Sabbat „das B rot zu essen", und viele vornehme<br />

Leute seiner Bekanntschaft dazu eingeladen. E r wollte wohl dem berühmten<br />

Mann aus Nazareth eine Ehre antun und dabei gleichzeitig<br />

seinen Hreundeii Gelegenheit geben, Ih n näher kennenzulernen.<br />

Aber <strong>die</strong> Einladung des Pharisäers steht nicht unter einem glücklichen<br />

Stern. Zuerst ist da ein wassersüchtiger Mann, der geheilt sein will,<br />

und Iesus heilt ihn auch wirklich, obwohl Sabbat ist. Dann tadelt<br />

E r <strong>die</strong> Gäste, weil E r merkt, wieviel ihnen auf <strong>die</strong> Tisch- und Rangordnung<br />

ankommt, und schließlich sagt Er, es sei überhaupt nicht


. Sonntag nach Trinitatis srs<br />

richtig, seine Bruder, Freunde, Verwandten und Nachbarn einzuladen,<br />

<strong>die</strong> selber reich seien und Einladung mit Einladung vergelten<br />

könnten. M an solle statt dessen lieber <strong>die</strong> Armen, <strong>die</strong> Lrüppel, <strong>die</strong><br />

Lahmen und Blinden zu sich bitten. Die könnten es einem nicht<br />

vergelten; aber da<strong>für</strong> werde Gott es vergelten „in der Auferstehung<br />

der Gerechten".<br />

Damit ist das Stichwort gefallen. Einer, „der mit zu Tische saß",<br />

nimmt es freudig auf, um dem Gespräch schnell eine andere Wendung<br />

zu geben. E r sagt: „Heil dem, der das B rot ißt im Reiche Gottes!"<br />

vielleicht haben der Hausherr und <strong>die</strong> andern Gäste erleichtert aufgeatmet.<br />

Nun ist man ja bei dem Thema, um dessentwillen man zusammengekommen<br />

war. Denn vom Reiche Gottes wollte man <strong>die</strong>sen<br />

Iesus aus Nazarelh doch reden hören, w a s wird E r sagen?<br />

Da erzählt Iesus das Gleichnis. „E s war ein Mensch, der machte<br />

ein großes Abendmahl und lud viele dazu ein". Ein Mensch l welcher<br />

denn? „Und sandte seinen Lnecht aus zur Stunde des Abendmahls,<br />

zu sagen zu den Geladenen: Lommt, denn es ist alles bereit!" S einen<br />

Lnecht? w e n meint E r mit dem Lnecht? „Und sie fingen an,<br />

alle nacheinander sich zu entschuldigen". Aber warum? <strong>Das</strong> tut man<br />

doch in der Regel nicht, wenn man eingeladen wird. „Der erste sprach<br />

zu ihm: Ich habe mir einen Acker gekauft und muß hingehen und<br />

ihn besehen; ich bitte dich, entschuldige mich. Und der andere sprach:<br />

Ich habe mir fünf Ioch (Ochsen gekauft . . . Und der dritte . .." Alle<br />

nacheinander? Dann sind <strong>die</strong>se Entschuldigungen lauter Vorwände.<br />

Sie haben nicht kommen wollen. „Und der Lnecht kam und sagte<br />

es seinem Herrn wieder". Noch einmal der Lnecht! Ist das etwa der<br />

„Lnecht Gottes", von dem Iesaias redet, und soll das heißen, daß<br />

es Leute gibt, <strong>die</strong> eine Einladung Gottes ablehnen? w e r kann<br />

das sein? „Da ward der Hausherr zornig und sprach zu seinem<br />

Lnecht: Geh' schnell hinaus auf <strong>die</strong> Straßen und Gassen der Stadt<br />

und führe <strong>die</strong> Armen und Lrüppel und Blinden und Lahmen herein".<br />

Schon wieder <strong>die</strong> „Armen, Lrüppel, Lahmen und Blinden", von<br />

denen E r eben gesagt hat, daß man sie anstatt seiner reichen „Freunde,<br />

Brüder, verwandten und Nachbarn" einladen solle, w ill E r etwa<br />

behaupten, daß <strong>die</strong> Gottes Gäste seien und w ir nicht? „Und der<br />

Lnecht sprach: Herr, es ist geschehen, was du befohlen hast; es ist<br />

aber noch Raum da". Geht <strong>die</strong> Geschichte noch weiter? Eigentlich<br />

ist sie doch schon zu Ende. „Und der Herr sprach zu dem Lnecht:


srb<br />

Woche des r. Sonntags nach Trinitatis<br />

Geh' aus auf <strong>die</strong> Landstraßen und an <strong>die</strong> Zäune und nötige sie, hereinzukommen,<br />

auf daß mein Haus voll werde". „Landstraßen und<br />

Zäune", was meint er damit) Und sogar genötigt, nicht bloß<br />

eingeladen sollen <strong>die</strong> Leute werden, <strong>die</strong> von da kommen) „Denn Ich<br />

sage euch, daß der Männer keiner, <strong>die</strong> geladen waren, Mein Abendmahl<br />

schmecken wird". Nun ist es heraus! „Mein" Abendmahl, sagt<br />

Er. Also stellt E r Sich Selbst auf Gottes Seite, w ir , <strong>die</strong> frommen<br />

Pharisäer, sollen <strong>die</strong> sein, <strong>die</strong> Gottes Einladung ablehnen. Arme,<br />

Lrüppel, Lahme und Blinde wie jenen wassersüchtigen will E r berufen;<br />

nicht genug damit, selbst auf <strong>die</strong> Straßen und Zäune will E r<br />

schicken, um sogar <strong>die</strong> Heiden heranzuholen!<br />

S o hat der Herr auf den scheinbar so gläubigen und frommen Ausruf<br />

jenes Pharisäers geantwortet, welcher sagte: „Heil dem, der das<br />

B rot ißt im Reiche Gottes!" E r hatte sich wohl nicht viel dabei<br />

gedacht. Es w ar so eine Redensart gewesen, wie sie fromme Leute<br />

oftmals machen. Nun hat er aber genug, um darüber nachzudenken,<br />

und alle seine Freunde und Gesinnungsgenossen mit ihm.<br />

Zweierlei magst du aus <strong>die</strong>ser Geschichte lernen. E s geschieht manchmal<br />

auch uns, daß w ir zu einer solchen vornehmen Gesellschaft eingeladen<br />

werden. Ablehnen kann man nicht (das hat -er Herr auch<br />

nicht getan); aber man fühlt sich leise bedrückt. Denn eigentlich gehört<br />

man da nicht hin; man sieht auch vieles, was nicht richtig ist.<br />

Aber man w agt nichts zu sagen, weil man befangen ist. Die Leute<br />

sind so vornehm und wissen ihre W orte so gut zu setzen. Nun sieh,<br />

wie der Herr so gar nicht befangen w ar und wie E r Seine W orte<br />

besser zu setzen wußte als alle anderen, w enn dir also dergleichen<br />

geschieht, dann sprich, bevor du gehst, ein kurzes Gebet und sage so:<br />

Ach, Herr, gib Du mir <strong>die</strong> rechten W orte in den Mund! Auch <strong>die</strong><br />

vornehmen Leute bedürfen Deines Heils. Amen! Danach geh' getrost,<br />

wohin du gerufen wirst.<br />

wichtiger als <strong>die</strong>s ist das andere. Sieh' zu, daß du dich der Botschaft<br />

und den Boten Gottes gegenüber nicht genau so benimmst wie jene<br />

frommen Pharisäer. Sie hatten soviel über Gott und Gottes Reich<br />

geredet, daß sie Ih n nicht erkannten, als E r in Gestalt Seines Sohnes<br />

zu ihnen kam. Und wie geht's in der L irch e zu) Als Luther kam,<br />

sagten <strong>die</strong> berühmten Theologen und Lirchenpolitiker seiner Zeit:<br />

w a s will <strong>die</strong>ser Augustinermönch) — w i r brauchten keine G laubensspaltung<br />

zu haben, wenn sie in ihm einen Boten Gottes er­


. Sonntag nach Trinitatis 527<br />

kannt hätten, der sie zur Buße rief. Und wie pflegt es heute den<br />

Männern und Frauen gehen, denen Gott <strong>die</strong> Vollmacht Seines<br />

W ortes in den Mund gegeben hat? Nicht viel anders!<br />

Merke dir aber <strong>die</strong>s!


Woche des r. Sonntags nach Trinitatis<br />

Zwar kommt es nicht immer bis zu <strong>die</strong>sem Äußersten. O ft wird<br />

von uns nicht mehr verlangt als das Opfer irdischer Güter: w e r<br />

auch dazu nicht bereit ist, wie darf der das W ort Liebe in den<br />

Mund nehmen)! S o drängt uns gerade <strong>die</strong>ser Apostel, wenn er von<br />

den Geheimnissen des Glaubens redet, daß w ir ihre Auflösung nicht<br />

in bloßen Worten, sondern in der Wirklichkeit unseres alltäglichen<br />

Lebens suchen.<br />

D as Lied der Woche<br />

Äonnnt her zu M ir, spricht Gottes Sohn<br />

I n <strong>die</strong>sem Liede spricht der Herr Selbst lockend und hilfreich zu<br />

Seiner <strong>Gemeinde</strong> gemäß den W orten aus dem Evangelium M atthäus<br />

ff, rs —so. E r schenkt ihr Seine frohe Botschaft als W egzehrung<br />

auf der gefahrvollen Lrdenwanderung und hilft ihr, wenn<br />

sie im Äamps mit der W elt treu zum W orte Gottes steht. Georg<br />

Grünewaldt, ein Tiroler Schuhmacher, der im Iahre isso um seines<br />

Glaubens willen hingerichtet wurde, hat vermutlich <strong>die</strong>ses Lied gedichtet.<br />

D as Gebet der Woche<br />

Allmächtiger G ott, w ir bitten Dich, gib Deiner <strong>Gemeinde</strong> Deinen<br />

Geist und göttliche W eisheit, daß Dein W o rt unter uns<br />

laufe und wachse und m it aller Freudigkeit, wie sich's gebührt,<br />

gepredigt lind Deine heilige christliche <strong>Gemeinde</strong> dadurch gebessert<br />

werde, auf daß w ir init beständigem Glauben D ir <strong>die</strong>nen<br />

und im Bekenntnis Deines N am ens bis ans Ende verharren,<br />

durch Jesum Christum, Deinen S o h n , unsern Herrn. Amen.<br />

ch<br />

Der S o n n tag<br />

Du sollst den Leiertag heiligen!<br />

i. Alle Gebote Gottes sind eine wohltat Gottes. Sie sind Richtschnur <strong>für</strong> das<br />

Leben der Menschen untereinander, w er im harten <strong>Das</strong>einskampf nicht seinen<br />

regelmäßigen Sonntag hat, erkennt und begreift das oft schneller und besser<br />

als mancher, der am Sonntag frei ist von seiner Berufsarbeit.


Der Sonntag<br />

srg<br />

Der Sonntag ist uns verordnet als Ruhetag. Gott erlaubt uns, in der<br />

Arbeit <strong>für</strong> den Unterhalt des Lebens eine pause zu machen. Damit hat uns<br />

Gott eine groß« wohltat erwiesen. Indem Gott <strong>die</strong>s tut, stellt Er dahinter<br />

Seine Verheißung: Reiner soll meinen, daß Sonntagsarbeit nötig sei, um<br />

sein« Nahrung zu sichern. Sicher ist letzten Endes unsere Nahrung nur, wo<br />

Gott sie gibt. Menschliches „Sorgen" hilft gar nicht, so gewiß wir zum Arbeiten<br />

geboren sind und alle Lräfte anspannen sollen. Am Sonntag ruhen,<br />

heißt: Gott vertrauen; am Sonntag ohne Not arbeiten, heißt: Seine Güte<br />

mißbrauchen.<br />

r. w ir Christen nennen den Sonntag den „Tag Christi". Als <strong>die</strong> erste Christengemeinde<br />

sich endgültig trennte von dem Volk, das ihren Heiland ans Lreuz<br />

gebracht hatt«, bekundete sie das auch in Sitte und Brauchtum, indem sie<br />

nun den ersten Tag der Woche, den Sonntag, an dem sie schon gewohnt war,<br />

der Auferstehung Christi zu gedenken, zu ihrem regelmäßigen 8eiertag<br />

machte. So trägt der Sonntag an sich österlichen Charakter. Er ist der Tag<br />

des Auferstandenen, des Siegers über den Tod. Die <strong>Gemeinde</strong>, <strong>die</strong> am Sonntag<br />

zusammenkommt, will das Evangelium des Siegers Christus hören. Die<br />

8eierstill« des Sonntags ist getragen von der 8r«"de des Glaubens an<br />

einen Herr» und Erlöser, der alle Unruhe und alles Leid der Welt mit Seinem<br />

Wort überwindet, wer den Sonntag nicht heiligt durch das Hören des<br />

Wortes Gottes, der verachtet <strong>die</strong> Lrlösungstat Christi.<br />

s. Indem so der Sonntag Ruhetag und 8reudentag zugleich ist, weist er<br />

hin auf jenen Tag, an dem alle irdische Arbeit ihr Ende findet. Am Sonntag<br />

ahnen wir im Glauben «in Stück von dem „neuen Himmel"<br />

und der „neuen Erde", <strong>die</strong> einst <strong>die</strong>se Welt ablösen werden, in denen<br />

„kein Leid noch Geschrei noch Schmerz" mehr sein werden (tvffbg. ri, 4),<br />

da Arbeit wieder zum Spiel wird, Spiel in jenem Sinn, i» dem <strong>die</strong> Arbeit<br />

im Para<strong>die</strong>se „heiliges Spiel" war.<br />

<strong>Das</strong> ist der Sonntag: Tag der Ruh«, Tag des Bekenntnisses zu Jesus<br />

Christus, Tag der Erwartung der kommenden Dinge.<br />

D a s dritte Gebot:<br />

Du sollst den Feiertag heiligen.<br />

W a s ist das)<br />

w i r sollen Gott <strong>für</strong>chten und lieben, daß w ir <strong>die</strong> predigt und Sein<br />

W ort nicht verachten,<br />

sondern dasselbe heilig halten, gerne hören und lernen.<br />

-i-<br />

-I-


530 Woche des r. Sonntags nach Trinitatis<br />

M ontag nach dem 2. S o n n tag nach T rinitatis<br />

1. In den Tagen aber, da der Jünger<br />

viel wurden, erhub sich ein Murmeln<br />

unter den Griechen wider <strong>die</strong> Hebräer,<br />

darum daß ihre Witwen übersehen<br />

wurden in der täglichen Handreichung,<br />

r. Da riefen <strong>die</strong> Zwölfe <strong>die</strong> Menge der<br />

Iüngec zusammen und sprachen: Es<br />

taugt nicht, daß wir das Wort Gottes<br />

unterlassen und zu Tische <strong>die</strong>nen.<br />

3. Darum, ihr lieben Brüder, sehet<br />

unter euch nach sieben Männern, <strong>die</strong><br />

ein gut Gerücht haben und voll Heiliges<br />

Geistes und Weisheit sind,<br />

welche wir bestellen mögen zu <strong>die</strong>ser<br />

Notdurft.<br />

4. w ir aber wollen anhalten am Gebet<br />

und am Amt des Worts.<br />

ö. Und <strong>die</strong> Rede gefiel -er ganzen<br />

Meng« wohl; und erwähleten Stephanus,<br />

einen Mann voll Glaubens und<br />

Heiligen Geistes, und Philippus und<br />

pcochorus und Nikanor und Timon<br />

und parmenas und Nikolaus, den Judengenossen<br />

von Antiochien.<br />

S. Diese stelleten sie vor <strong>die</strong> Apostel,<br />

und beteten und legten <strong>die</strong> Hände auf<br />

sie.<br />

7. Und das Wort Gottes nahm zu,<br />

und <strong>die</strong> Zahl der Jünger ward sehr<br />

groß zu Jerusalem. Es wurden auch<br />

viel Priester dem Glauben gehorsam.<br />

Ap. Gesch. d, 7<br />

Der Dienst am W o rt und Sakrament ist in der <strong>Gemeinde</strong> der erste<br />

und wichtigste. Um des Wortes willen sind dir Christen<br />

beieinander. Die Versammlung um das W o rt des Herrn steht<br />

unter der Verheißung, daß der lebendige Christus in Seiner <strong>Gemeinde</strong><br />

unsichtbar gegenwärtig ist. Die Glieder der <strong>Gemeinde</strong> sind<br />

einander mit brüderlicher, helfender Liebe zugetan. Der gegenseitigen<br />

Hilfe in der <strong>Gemeinde</strong> <strong>die</strong>nt das Amt der Diakonen. Ursprünglich<br />

versahen <strong>die</strong> Apostel beide Ämter, aber das Anwachsen der <strong>Gemeinde</strong><br />

machte eine Arbeitsteilung notwendig. — Die Urgemeinde w ar zweisprachig.<br />

Sie bestand aus Familien, -je nur griechisch sprachen, weil<br />

sie aus westlichen Ländern gekommen waren, und aus solchen, <strong>die</strong><br />

nur aramäisch sprachen. Letztere waren zunächst in der Mehrzahl.<br />

Zu ihnen gehörten auch <strong>die</strong> Apostel. Die W itwen des griechisch<br />

sprechenden Teils durften nicht zu kurz kommen. Schon drohte Unzufriedenheit.<br />

Um des Friedens und der Liebe willen wählt darum <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong><br />

auf Bitten der Apostel aus ihrer Mitte Diakonen, w ie hoch das<br />

Diakonenamt gewertet wird, zeigt sich darin, -aß <strong>für</strong> <strong>die</strong>ses Amt<br />

nur Männer in Frage kommen, <strong>die</strong> ein gut Gerücht haben und voll<br />

Heiligen Geistes und Wahrheit sind. Au <strong>die</strong>sen gehörte Stcphanus,<br />

der erste Märtyrer. S o wurde <strong>die</strong> Spannung überwunden, <strong>die</strong> Ge-


Woche des r. Sonntags nach Trinitatis<br />

ss?<br />

meinde breitete sich aus, und das W ort Gottes wurde vollmächtig<br />

gepredigt und durch Früchte gesegnet.<br />

Die ander« Lesung: Sprüche tz, ?o<br />

D ienstag nach dem r. S o n n tag nach T rinitatis<br />

?7. Bewahr« deinen Fuß» wenn du<br />

zum Hause Gottes gehest, und komm,<br />

daß du hörest. <strong>Das</strong> ist besser denn<br />

der Narren Opfer; denn sie wissen<br />

nicht, was sie Böses tun.<br />

s, -. Sei nicht schnell mit deinem<br />

Munde und lag dein Herz nicht eilen,<br />

etwas zu reden vor Gott; denn Gott<br />

ist im Himmel und du aus Erden;<br />

darum laß deiner Worte wenig sein.<br />

r. Denn wo viel Sorgen ist, da komme»<br />

Träume; und wo viel Worte<br />

sind, da höret man den Narren.<br />

s. wenn du Gott ein Gelübde tust,<br />

so verzeuch nicht, es zu halten; denn<br />

Er hat kein Gefallen an den Narren,<br />

w a s du gelobest, das halt.<br />

4. Es ist besser, du gelobest nichts,<br />

denn daß du nicht hältst, was du gelobest.<br />

s. Laß deinem Mund nicht zu, daß er<br />

dein Fleisch verführe; und sprich vor<br />

dem Engel nicht: Es war «in versehen.<br />

Gott möcht« erzürnen über deine<br />

Stimme und verderben alle Werke<br />

deiner Hände. pred. 4» ?7 ? S , s<br />

Unser wochenspruch könnte falsch verstanden und dahin ausgelegt<br />

werden, als ob Sich Christus mit Seiner Verheißung in <strong>die</strong> Abhängigkeit<br />

der Menschen begeben hätte: M an brauche bloß in Seinem<br />

Namen zusammenzukommen, und man sei mit Ihm vereint. Hier<br />

weist uns der Tagestext den rechten w eg . w e r Gott wirklich ernst<br />

nimmt, weiß von dem Unterschied: „G ott ist im Himmel und du<br />

auf Erden". Diese klare und nüchterne Aussage bewahrt uns vor<br />

allem selbstherrlichen verfügen über Gott. w enn es dem fernen Gott<br />

gefallen hat, uns nahe zu sein, so oft w ir im Namen Iesu um Sein<br />

W ort versammelt sind, dann gilt es immer, um <strong>die</strong>sen Abstand zu<br />

wissen: „Bewahre deinen Fuß, wenn du zum Hause Gottes gehst".<br />

Gott ist heilig! Für den, der sich nicht der vergebenden Gnade Christi<br />

getröstet, ist es schrecklich, in <strong>die</strong> Hände des lebendigen Gottes zu<br />

fallen, denn Gott ist unser Richter. Sind wir um das W ort Gottes<br />

versammelt, schweigt alle Betriebsamkeit und verstummt alles eigene<br />

Menschenwort! „Romm, daß du h ö rst!" Hören ist das Eine,<br />

was not ist. Hören w ir, dann wissen w ir: Gottes Erbarmen hängt<br />

nicht an unserem Geloben und versprechen, sondern einzig an Seiner<br />

Gnade. Soll unser Zusammenkommen um das W ort gesegnet sein,


532<br />

Woche des 2. Sonntags nach Trinitatis<br />

dann muß es bestimmt bleiben durch den w illen, Gottes W ort „zu<br />

hören und zu bewahren".<br />

Die andere Lesung: Iesaias si, 17—23<br />

M ittw och nach dem r. S o n n tag nach T rinitatis<br />

-2. Denn gleichwie ein Leib ist, und<br />

hat doch viel Glieder, alle Glieder aber<br />

eines Leibes, wiewohl ihrer viel sind,<br />

sind sie doch «in Leib: also auch<br />

Christus.<br />

!S. Denn wir sind durch « inen Geist<br />

alle zu einem Leibe getauft, wir<br />

seien Iuden oder Griechen, Rnechte<br />

oder Freie, und sind alle zu einem<br />

Geist getränket.<br />

?4- Denn auch der Leib ist nicht<br />

ein Glied, sondern viele.<br />

lS. So aber der Fuß spräche: Ich bin<br />

kein« Hand, darum bin ich des Leibes<br />

Glied nicht, — sollte er um deswillen<br />

nicht des Leibes Glied sein?<br />

>d. Und so das Ohr spräche: Ich bin<br />

kein Auge, darum bin ich nicht des<br />

Leibes Glied, — sollte es um deswillen<br />

nicht des Leibes Glied sein?<br />

?7- wenn der ganze Leib Auge wär«,<br />

wo bliebe das Gehör? S o er ganz<br />

Gehör wäre, wo bliebe der Geruch?<br />

-s. Nun aber hat Gott <strong>die</strong> Glieder<br />

gesetzt, ein jegliches sonderlich am<br />

Leibe, wie Er gewollt hat.<br />

lg. So aber all« Glieder ein Glied<br />

wären, wo bliebe der Leib?<br />

20. Nun aber sind der Glieder viel;<br />

aber der Leib ist einer.<br />

2;. Ls kann das Auge nicht sagen zu<br />

der Hand: Ich bedarf dein nicht; oder<br />

wiederum das Haupt zu den Füßen:<br />

Ich bedarf euer nicht.<br />

22. Sondern vielmehr <strong>die</strong> Glieder des<br />

Leibes, <strong>die</strong> uns dünken <strong>die</strong> schwächsten<br />

zu sein, sind <strong>die</strong> nötigsten;<br />

23. und <strong>die</strong> uns dünken am wenigsten<br />

ehrbar zu sein, densclbigen legen wir<br />

am meisten Ehre an; und <strong>die</strong> uns übel<br />

anstehen» <strong>die</strong> schmücket man am meisten.<br />

24. Denn <strong>die</strong> uns wohl anstehen, <strong>die</strong><br />

bedürfen'« nicht. Aber Gott hat den<br />

Leib also vermenget und dem dürftigen<br />

Glied am meisten Ehre gegeben,<br />

25. auf daß nicht eine Spaltung in,<br />

Leibe sei, sondern <strong>die</strong> Glieder <strong>für</strong>einander<br />

gleich sorgen.<br />

2b. Und soein Glied leidet, so leide»<br />

alle Glieder mit; und so ein Glied<br />

wird herrlich gehalten, so freuen sich<br />

alle Glieder mit.<br />

-. Lor. ?2, ;2—2b<br />

w o Menschen durch ihre Taufe, das gepredigte W ort und durch den<br />

Empfang des Heiligen Abendmahls mit dem lebendigen Herrn vereinigt<br />

sind, da sind sie auch untereinander in echter Gemeinschaft verbunden.<br />

Diese Verbundenheit läßt jedem seine Art und Begabung und<br />

hebt <strong>die</strong> natürlichen Unterschiede nicht aus. Dennoch ist an der <strong>Gemeinde</strong><br />

Iesu durch den Heiligen Geist eine Gemeinschaft geschaffen, <strong>die</strong> über<br />

alle äußeren Unterschiede hinweg <strong>die</strong> Bruderschaft des Leibes<br />

Lhristi darstellt. An <strong>die</strong>sem Leib hat jedes Glied seine eigene Aufgabe,<br />

und jedes Glied, auch wenn es den bescheidensten Dienst verrichtet, ist<br />

<strong>für</strong> <strong>die</strong> Erhaltung des Leibes gleich notwendig. Darum darf es in der


Woche der r. Sonntags nach Trinitatis<br />

»zz<br />

<strong>Gemeinde</strong> Jesu keine Verstimmung geben, weil der Dienst eines Gliedes<br />

gegenüber dem des andern zu gering erscheinen mag. Ebensowenig<br />

darf es Überheblichkeit geben, weil der Dienst eines andern Gliedes<br />

besonders wichtig erscheint. Aller Dienst der Glieder am Leibe Christi<br />

ist ein wechselseitiger Dienst, und nur dann ist das Leben einer <strong>Gemeinde</strong><br />

gesund, wenn in ihr Starke und Schwache in gleicher weise<br />

Raum haben. <strong>Das</strong> wird daran deutlich, daß das, was ein Glied<br />

trifft, fei es nun Leid oder Freude, als Heimsuchung der ganzen <strong>Gemeinde</strong><br />

empfangen und getragen wird.<br />

Die andere Lesung: Epheser s, zs—ro<br />

Donnerstag nach dem 2. Sonntag nach Trinitatis<br />

;4. Darum mein« Liebsten, fliehet von<br />

dem Götzen<strong>die</strong>nst!<br />

is. Als mit den Llugen rede ich; richtet<br />

ihr, was ich sag«.<br />

-ö. Der gesegnete Reich, welchen wir<br />

segnen, ist der nicht <strong>die</strong> Gemeinschaft<br />

des Bluts Christi? <strong>Das</strong> Brot, das wir<br />

brechen, ist das nicht <strong>die</strong> Gemeinschaft<br />

des Leibes Christi?<br />

Denn «i n Brot ist's, so find wir<br />

viele ein Leib, <strong>die</strong>weil wir alle<br />

eines Brots teilhaftig sind.<br />

Sehet an den Israel nach dem<br />

Fleisch! welche <strong>die</strong> Opfer essen, sind<br />

<strong>die</strong> nicht in der Gemeinschaft des Altars?<br />

Ig. w a s soll ich denn nun sagen?<br />

Soll ich sagen, daß der Götze etwas<br />

sei oder daß das Götzenopfcr etwas<br />

sei?<br />

ro. Aber ich sag«: w a s <strong>die</strong> Heiden<br />

opfern, das opfern sie den Teufeln,<br />

und nicht Gotlc. Nun will ich nicht,<br />

daß ihr in der Teufel Gemeinschaft<br />

sein sollt.<br />

ri. Ihr könnt nicht zugleich trinken<br />

des Herrn Reich und der Teufel Reich;<br />

ibr könnt nicht zugleich teilhaftig sein<br />

des Herrn Tisches und der Teufel<br />

Tisches.<br />

rr. Oder wollen wir dem Herrn<br />

trotzen? Sind wir stärker denn Er?<br />

?. Ror. 10, ,4—rr<br />

Die Feier des Heiligen Abendmahls ist <strong>für</strong> Paulus der Ausgangs­<br />

Punkt <strong>für</strong> ein wichtiges seelsorgerliches Anliegen. Durch das Abendmahl<br />

werden w ir Ein Leib mit Christus, w enn <strong>die</strong> Glieder des<br />

Leibes Christi sich am Gottes<strong>die</strong>nst der Heiden beteiligen, ist das,<br />

als gehörten sie einem doppelten Leib an. Es bedeutet daher eine E ntweihung,<br />

ja einen Mißbrauch des Sakraments, wenn <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong><br />

nicht weiß zu „unterscheiden den Leib des Herrn", wenn sie nicht den<br />

Bruch mit der Anbetung der falschen Götter wirklich und ganz vollzieht.<br />

Dieser Bruch ist notwendig; macht <strong>die</strong> Teilnahme an der<br />

Abendmahlsfeier heilig, so muß <strong>die</strong> nachträgliche Teilnahme am<br />

Opfer der Heiden, ein Rest alter übler Sitte, unheilig machen. —


334 Woche des r. Sonntags nach Trinitatis<br />

Line Mahnung auch <strong>für</strong> <strong>die</strong> nachfolgenden Geschlechter: Gottes<strong>die</strong>nst,<br />

der nicht ausschließlich dem Vater Iesu Lhristi <strong>die</strong>nt, ist Teufels<strong>die</strong>nst.<br />

Eine Macht zwischen Gott und dem Teufel gibt es nicht.<br />

Der Apostel stellt <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> mit ganzem Ernst vor <strong>die</strong>ses entscheidende<br />

Entweder-Oder. Alles andere, auch wenn es im Namen<br />

einer angeblichen christlichen Freiheit geschieht, betrügt <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong><br />

um <strong>die</strong> gesegnete Feier -es Heiligen Abendmahls und ist Herausforderung<br />

des lebendigen Gottes.<br />

Die andere Lesung: I. Lorinthcr ir, 27—3;; >3, 3<br />

Freitag nach dem 2. S o n n ta g nach Trinitatis<br />

44- Nun freue ich mich in meinem<br />

Leiden, das ich <strong>für</strong> euch leide, und erstatte<br />

an meinem Fleisch, was noch<br />

mangelt an Trübsalen in Christo, <strong>für</strong><br />

Seinen Leib, welcher ist <strong>die</strong> Gemeine,<br />

rs. welcher ich ein Diener worden bin<br />

nach dem göttlichen Predigtamt, das<br />

mir gegeben ist unter euch, daß ich das<br />

Wort Gottes reichlich predigen soll,<br />

r6. nämlich das Geheimnis, das verborgen<br />

gewesen ist von der Welt her<br />

und von den Zeiten her, nun aber ist<br />

es offenbart Seinen Heiligen,<br />

27. welchen Gott gewollt hat kundtun,<br />

welcher da sei der herrliche Reichtum<br />

<strong>die</strong>ses Geheimnisses unter den Heiden,<br />

welches ist Christus in euch, der da<br />

ist <strong>die</strong> Hoffnung der Herrlichkeit.<br />

44. Den wir verkündigen und vermahnen<br />

all« Menschen und lehren alle<br />

Menschen mit aller Weisheit, auf daß<br />

wir darstellen einen jeglichen Menschen<br />

vollkommen in Christo Iesu;<br />

4 g. daran ich auch arbeit« und ringe,<br />

nach der Wirkung Des, der in mir<br />

kräftigstes, wirkt. Lol. z, 44—49<br />

Gott offenbart Sich in Seinem W ort, und <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong>, <strong>die</strong> S einem<br />

W ort glaubt und aus ihm lebt, ist -er Ort, an dem Gottes<br />

Herrlichkeit sichtbar wird. Zweierlei ist es, worin in unserer Tageslesung<br />

<strong>die</strong> Herrlichkeit des Herrn in der <strong>Gemeinde</strong> aufleuchtet.<br />

Erstens: Die <strong>Gemeinde</strong> hat Teil am Leiden ihres Herrn.<br />

Paulus, der Vater der <strong>Gemeinde</strong>, ist im Gefängnis. <strong>Das</strong> bedeutet<br />

Leid <strong>für</strong> <strong>die</strong> einen, Anfechtung <strong>für</strong> <strong>die</strong> andern. Paulus aber freut sich<br />

seiner Leiden, w aru m ? w e il er darin Genosse Christi ist. w e il <strong>die</strong><br />

<strong>Gemeinde</strong> in allem Leid um des Evangeliums willen des Rreuzes<br />

und der Auferstehung ihres Herrn teilhaftig wird. w e il alle Leiden<br />

um des Evangeliums willen das vollenden, was an Trübsalen dem<br />

Leibe Lhristi noch fehlt, und damit <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> der siegreichen<br />

Wiederkunft ihres Herrn um einen Schritt näher gebracht wird.<br />

Diese enge Gemeinschaft mit ihrem unsichtbaren Herrn ist -er heimliche<br />

Reichtum der <strong>Gemeinde</strong>. Zweitens: Die <strong>Gemeinde</strong> hat Teil


Woche des 2. Sonntags nach Trinitatis<br />

SS5<br />

an t>er kommenden Herrlichkeit ihres Herrn; sie hat <strong>die</strong> Hoffnung der<br />

himmlischen Herrlichkeit. I n dem zerbrechlichen Gefäß der <strong>Gemeinde</strong><br />

von Rolossä wohnt <strong>die</strong>ser kostbarste Schatz. Die Herrlichkeit <strong>die</strong>ser<br />

Hoffnung bleibt denen verborgen, <strong>die</strong> sich außerhalb der Rraft -es<br />

wirkenden W ortes Gottes stellen. E s erfüllt aber mit jubelnder<br />

Hreude und mit einer unerschütterlichen Getrostheit <strong>die</strong>jenigen, welche<br />

sich der predigt des Evangeliums und der Lehre der göttlichen<br />

Weisheit öffnen und nicht müde werden, sich um <strong>die</strong>se Verkündigung<br />

zu sammeln.<br />

Die ander« Lesung: Römer ;r, i—S<br />

Sonnabend nach dem r. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

is. Und führte mich hin im Geist<br />

auf einen großen und hohen Berg und<br />

zeigt« mir <strong>die</strong> große Stadt, das heilige<br />

Jerusalem, herniederfahren aus dem<br />

Himmel von Gott,<br />

I<strong>die</strong> hatt« <strong>die</strong> Herrlichkeit Gottes.<br />

Und ihr Licht war gleich dem alleredelsten<br />

Stein, einem hellen Jaspis.<br />

22. Und ich sah keinen Tempel darinnen,<br />

denn der Herr, der allmächtige<br />

Gott, ist ihr Tempel, und das Lamm.<br />

2 3. Und <strong>die</strong> Stadt bedarf keiner<br />

Sonne noch des Mondes, daß sie ihr<br />

scheinen; denn <strong>die</strong> Herrlichkeit Gottes<br />

erleuchtet sie, und ihr« Leuchte ist das<br />

Lamm.<br />

24. Und <strong>die</strong> Heiden, <strong>die</strong> da selig werden,<br />

wandeln in demselbigen Licht;<br />

und <strong>die</strong> Rönige auf Erden werden<br />

ihre Herrlichkeit in <strong>die</strong>selbige bringen.<br />

Und Er zeigte mir «inen läutern<br />

Strom des lebendigen Wassers, klar<br />

wie «in Rristall; der ging von den»<br />

Stuhl Gottes und des Lammes.<br />

r"Mitten auf ihrer Gasse auf beiden<br />

Seiten des Stroms stund Holz des Lebens,<br />

das trug zwölfmal Früchte und<br />

brachte sein« Früchte M x Monate; und<br />

<strong>die</strong> Blätter des Holzes <strong>die</strong>neten zu der<br />

Gesundheit der Heiden.<br />

3. Und wird kein Verbanntes mehr<br />

sein. Und der Stuhl Gottes und des<br />

Lammes wird darinnen sein; und<br />

Seine Rnechte werden Ihm <strong>die</strong>nen<br />

4. und sehen Sein Angesicht; und Sein<br />

Name wird an ihren Stirnen sein.<br />

5. Und wird keine Nacht da sein, und<br />

werden nicht bedürfen einer Leuchte<br />

oder des Lichts der Sonne; denn Gott<br />

der Herr wird sie erleuchten, und sie<br />

werden regieren von Ewigkeit zu<br />

Ewigkeit.<br />

Offbg. r?, zo.z;. 22—24; rr,z—s<br />

Die <strong>Gemeinde</strong>, welche sich um das lebendige Gotteswort sammelt<br />

und der Gegenwart ihres erhöhten Herrn gewiß ist, weiß, daß sie<br />

einst sichtbar mit ihrem Herrn vereinigt sein wird. <strong>Das</strong> wird eintreten,<br />

wenn das Ziel alles Erdenkampfes, <strong>die</strong> himmlische<br />

Gottesstadt, <strong>die</strong> Stätte, <strong>die</strong> Christus den Seinen bereitet hat, erreicht<br />

sein wird. Im Geiste sieht Iohannes <strong>die</strong>se himmlische S tadt<br />

von ferne. Am irdischen Bilde macht rr ihre Herrlichkeit deutlich.


SAH___________<br />

Woche des r. Sonntags nach Tr inItati«<br />

w a r dort der Tempel der Mittelpunkt, waren dort Sonne und<br />

Mond <strong>die</strong> Lichtquellen, war dort der Treffpunkt der Menschen aus<br />

aller W elt Zungen, um Gott in Seinem Tempel anzubeten, so<br />

braucht <strong>die</strong> ewige Gottesstandt keinen Tempel mehr, denn Gott ist<br />

ihr gegenwärtig in Seiner Herrlichkeit; so braucht sie auch nicht<br />

mehr Sonne und Mond, denn Thristus Selbst ist das Licht der erhöhten<br />

<strong>Gemeinde</strong>; so bedarf sie auch nicht mehr der Pilgerscharen, <strong>die</strong><br />

<strong>für</strong> kurze Frist im Heiligtum Gäste waren, denn dann werden <strong>die</strong><br />

Heiden, <strong>die</strong> durch den Glauben an Thristus gerettet sind, dort ihre<br />

ewige Heimat haben, w ie in der ewigen S tadt Gottes das Licht<br />

in unendlicher Fülle strömt, so quillt dort auch das Leben in gewaltiger<br />

Lraft. <strong>Das</strong> zeigen <strong>die</strong> Bilder vom lebenspendenden Strom<br />

und vom ewig fruchtbringenden Baum. Licht und Leben sind <strong>die</strong><br />

Kennzeichen der kommenden Herrlichkeit, aber sie sind es in ungebrochener<br />

Lraft, weil der Zorn Gottes, der über der vergänglichen<br />

Erde lastet, aufgehoben ist durch das B lut des Opferlammes Thristus.<br />

Die ander« Lesung: Lukas ;g, i—10


3. Sonntag nach Trinitatis S37<br />

Dritter Sonntag nach Trinitatis<br />

D es Menschen S o h n ist kommen, zu suchen und selig zu machen,<br />

das verloren ist.<br />

Lukas ttz, .10<br />

D a s Evangelium<br />

Es nahcten aber zu Ihm allerlei<br />

Zöllner und Sünder daß sie Ihn höreten.<br />

r. Und <strong>die</strong> Pharisäer und Schriftgelehrten<br />

murreten und sprachen: Dieser<br />

nimmt <strong>die</strong> Sünder an und isset mit<br />

ihnen.<br />

3. Er sagte aber zu ihnen <strong>die</strong>s Gleichnis<br />

und sprach:<br />

4. Welcher Mensch ist unter euch, der<br />

hundert Schafe hat und, so er der<br />

eins verlieret, der nicht lasse <strong>die</strong> neunundncunzig<br />

in der wüst« und hingehe<br />

nach dem Verlornen, bis daß er's<br />

finde)<br />

s. Und wenn er's gefunden hat, so<br />

leget er's auf seine Achseln mit Freuden.<br />

d. Und wenn er heimkommt, rufet er<br />

seinen Freunden und Nachbarn und<br />

spricht zu ihnen: Freuet euch mit nur;<br />

denn ich hab« mein Schaf gefunden,<br />

das verloren war.<br />

7- Ich sage euch: Also wird auch<br />

Freud« im Himmel sein über einen<br />

Sünder, der Buße tut, vor neunundneunzig<br />

Gerechten, <strong>die</strong> der Buße nicht<br />

bedürfen.<br />

s. Oder welch Weib ist, <strong>die</strong> zehn<br />

Groschen hat, so sie der einen verlieret,<br />

<strong>die</strong> nicht ein Licht anzünde und<br />

kehr« das Haus und suche mit Fleiß,<br />

bis daß sie ihn finde)<br />

g. Und wenn sie ihn gefunden hat,<br />

rufet sie ihren Freundinnen und Nachbarinnen<br />

und spricht: Freuet euch mir<br />

mir; denn ich hab« meinen Groschen<br />

gefunden, den ich verloren hatte,<br />

zo. Also auch, sage Ich euch,<br />

wird Freude sein vor den Engeln<br />

Gottes über einen Sünder,<br />

der Buße tut.<br />

Luk. -s, ;o<br />

w a s Iesus hier im Gleichnis erzählt, kommt oftmals auch in unserem<br />

Leben vor. Aber dann kann es geschehen, daß man zu dem, der<br />

so handelt wie der Mann mit den hundert Schafen, also redet:<br />

w aru m läufst du dem einen verlorenen Schaf so lange nach und<br />

läßt <strong>die</strong> andern derweil ohne Schutz) w illst wohl <strong>die</strong> andern auch<br />

noch verlieren) w e r weiß, ob du das eine wiederfindest! E s ist<br />

gewiß schon lange umgekommen und von wilden Tieren gefressen.<br />

W as liegt aber auch an dem einen) Auf eins mehr oder weniger<br />

kommt es nicht an, wenn man hundert hat.<br />

Oder <strong>die</strong> Frau, <strong>die</strong> eine Drachme (--- etwa I Mark, Luther sagt<br />

„Groschen") verlor und wegen der einen Mark das ganze Haus auf<br />

den Nopf stellt. Normte es nicht sein, daß ihr Mann zu ihr sagte: Nun


5sr_______________ W oche des s. Sonntags nach Trinitatis<br />

laß doch <strong>die</strong> nutzlose Sucherei! <strong>Das</strong> kostet ja mehr Zeit und Rraft,<br />

als <strong>die</strong> ganze Mark wert ist. Aber dann antwortet <strong>die</strong> Frau: w ie<br />

kannst du das sagen! Du weißt nicht, wie mühsam ich mir das Markstück<br />

zusammen mit den andern neun erspart habe, und nun ist es<br />

fort. Ich m uß es wiederhaben.<br />

S o schildert uns der Herr <strong>die</strong> Liebe Gottes zu den Sündern, <strong>die</strong><br />

alle Vernunft übersteigt. Die Vernunft sieht wohl auch, wie <strong>die</strong><br />

Menschen durch <strong>die</strong> Sünde in Not und Elend geraten. Sie sucht auch<br />

zu helfen. Aber schließlich sagt sie: E s gibt einen Grad der Verwahrlosung,<br />

bei dem alle menschliche Hilfe vergebens ist; man müßte denn<br />

<strong>die</strong> ganze Umwelt ändern, durch <strong>die</strong> <strong>die</strong> Menschen verführt werden.<br />

Aber wer kann das?<br />

S o etwa mögen auch <strong>die</strong> Pharisäer gedacht und „gemurrt" haben,<br />

als sie sahen, daß das Volk der Zöllner und Sünder sich gern in<br />

Iesu Nähe aufhielt. Die Zöllner waren ja auch Opfer ihrer Umwelt,<br />

w ir würden sagen, Opfer eines falschen „Systems", nämlich<br />

des römischen Steuersystems, das sie ständig in Versuchung führte,<br />

mehr zu nehmen, „denn gesetzt war". Die Pharisäer hatten keine<br />

Macht über sie. Also straften sie sie mit gesellschaftlicher Ächtung.<br />

Äann man sie nicht hindern, ihr böses Handwerk zu betreiben, weil<br />

<strong>die</strong> Römer sie schützen, dann soll man wenigstens keinen Verkehr mit<br />

ihnen haben. <strong>Das</strong>selbe gilt — in etwas anderer weise — von den<br />

öffentlichen „Sündern".<br />

Iesus denkt und handelt anders. E r duldet <strong>die</strong> „Zöllner und S ü n ­<br />

der" nicht nur in Seiner Nähe, sondern läßt Sich von ihnen einladen,<br />

ißt und trinkt mit ihnen am gleichen Tisch. Dadurch zerbricht E r den<br />

Pharisäern <strong>die</strong> einzige und letzte Waffe, <strong>die</strong> sie den Zöllnern und<br />

Sündern gegenüber zu haben meinen. M an kann es schon verstehen,<br />

daß sie aufgebracht sind. w a s <strong>für</strong> einen schlimmen Eindruck muß das<br />

auf das Volk machen! werden <strong>die</strong> Leute nicht glauben, es sei ganz<br />

gleichgültig, ob man Gottes Gebote halte oder nicht) w ird es nicht<br />

den letzten Rest ihrer Widerstandskraft gegen <strong>die</strong> römische Gewaltherrschaft<br />

untergraben und den stummen Protest dagegen unglaubwürdig<br />

machen)<br />

Iesus rechtfertigt Sein Verhalten durch <strong>die</strong> Gleichnisse vom verlorenen<br />

Schaf und Groschen. Gott ist kein Pharisäer. E r denkt und<br />

handelt mit den Sündern weder „vernünftig", noch „moralisch",<br />

noch hat er politische Hintergedanken. E r sieht in ihnen nichts als


s. Sonntag nach Tri» itatis ssg<br />

verlorene Ulenschen, <strong>die</strong> Ihm auch dann noch zugehören, wenn sie<br />

sich verirrt haben. Er liebt sogar <strong>die</strong> Sünder, und zwar, so seltsam<br />

das ist, gerade weil sie sich verirrt haben und verlorengegangen zu<br />

sein scheinen. E s geht Ihm mit ihnen wie der 8rau mit ihrem<br />

Groschen, dem Mann mit seinem Schaf und (wenn w ir's noch nicht<br />

verstehen wollen, weil das eine bloß ein verlorenes Ding, das andere<br />

bloß ein Tier ist) wie dem Vater mit seinem verlorenen Sohn. <strong>Das</strong><br />

muß jeder verstehen. Denn ein Sohn ist <strong>für</strong> den Vater ein Sohn,<br />

mag er es selber auch nicht mehr sein wollen. — persönliche<br />

Liebe ist das, was Gottes Wesen ausmacht. Sie hat kein w arum .<br />

Nur eins darf hierbei nicht vergessen werden: daß <strong>die</strong> Zöllner und<br />

Sünder verlorene Binder Gottes sind. E s könnte ja sein, daß<br />

es einigen von ihnen glatt einging, wie Iesus den moralischen Hochmut<br />

der Pharisäer dämpfte. Aber Sünder rechtfertigen und Sünde<br />

rechtfertigen, das ist zweierlei. Sünder können gerechtfertigt werden,<br />

wenn sie wissen und zugeben, daß sie verlorene Gotteskinder<br />

sind; aber Sünde kann und darf man nie rechtfertigen wollen. Es<br />

besteht Gefahr, daß w ir beides miteinander verwechseln, oder es<br />

kommt ganz von selbst dahin, wenn einer viel mit solchen Menschen<br />

umgeht. Dann wird <strong>die</strong> christliche Sünderlicbe zu allgemein<br />

menschlichem Mitgefühl. Solch ein Mitgefühl geht oft dazu über,<br />

das Böse so hinzustellen, als sei es gar nicht wirklich böse, sondern<br />

nur ein Unglück, das den einen trifft, den andern nicht. Dies hat<br />

der Herr nie getan. Darum sind <strong>die</strong> Zöllner und Sünder auch nie so<br />

zu Ihm gekommen, als wäre E r ihr Advokat <strong>für</strong> das Böse, das sie<br />

taten. Sie kamen zu Ih m als Sünder, <strong>die</strong> Vergebung suchten und<br />

empfingen.<br />

Dies hebt der Herr noch einmal deutlich hervor, wenn E r am Schluß<br />

beider Gleichnisse sagt: „E s wird im Himmel und vor den Engeln<br />

Gottes Freude sein über einen Sünder, der Buße tu t" .<br />

Die Gleichnisse vom verlorenen Schaf und Groschen sind zwar zu<br />

den Pharisäern hin gesprochen. Aber <strong>die</strong> Zöllner und Sünder standen<br />

dabei und hörten sie mit. Sie mögen ihnen noch mehr zu Herzen gegangen<br />

sein als manches Bußwort, das zu ihnen gesprochen wurde.<br />

Denn nichts rührt unser Herz so sehr wie d ie Liebe, welche <strong>die</strong><br />

Wahrheit unseres Lebens offenbar macht,<br />

w enn doch auch <strong>die</strong> Lirche und w ir Christen in allen ähnlichen<br />

Fällen immer den rechte» w e g fänden, der zwischen moralischer ver-


_______________ W oche des s. Sonntags nach Teinitatis<br />

urteilung und falschem Mitgefühl hindurchführtl E r ist nicht immer<br />

leicht zu finden.<br />

D ie Epistel<br />

S. So demütiget euch nun unter <strong>die</strong><br />

gewaltige Hand Gottes, daß Er euch<br />

erhöhe zu Seiner Zeit.<br />

7. Alle eure Sorge werfet auf Ihn;<br />

denn Er sorget <strong>für</strong> euch.<br />

s. Seid nüchtern und wachet; denn<br />

euer Widersacher, der Teufel, gehet<br />

umher wie ein brüllender Löwe und<br />

suchet, welchen er verschling«,<br />

g. Dem widerstehet, fest im Glauben,<br />

und wisset, daß «ben<strong>die</strong>selbigen Leiden<br />

über eure Brüder in der Welt gehen.<br />

-0. Der Gott aber aller Gnade, der<br />

uns berufen hat zu Seiner ewigen<br />

Herrlichkeit in Christo Jesu, derselbig«<br />

wird euch, <strong>die</strong> ihr «ine kleine Zeit leidet,<br />

vollbereiten, stärken, kräftigen,<br />

gründen.<br />

s). Demselbigen sei Ehre und Macht<br />

von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.<br />

-. petr. s, b—<br />

In <strong>die</strong>sen Sätzen liegt viel tiefe Weisheit und Erfahrung des Glaubens.<br />

Es gibt Zeiten, in denen Gottes Hand schwer auf den Lhristen<br />

und auf der christlichen <strong>Gemeinde</strong> liegt. Dann will unser natürlicher<br />

Mensch aufbegehren in Ungeduld und Zorn und Entrüstung über <strong>die</strong><br />

Ungerechtigkeit, <strong>die</strong> uns widerfährt. Aber der Apostel mahnt zum<br />

demütigen Sichfügen, nicht unter Menschen, sondern unter Gottes<br />

Hand, und setzt aus seiner Erfahrung den Trost hinzu: Gott bringt<br />

<strong>die</strong>, <strong>die</strong> sich so gedemütigt haben, zu Seiner Zeit auch wieder zu<br />

Ehren.<br />

Der Apostel denkt indes nicht nur an <strong>die</strong> Zornmütigen, sondern auch<br />

an jene andern Naturen, bei denen der Lummer nach innen schlägt.<br />

Diese mahnt er, daß sie ihren Rummer auf G ott werfen und Ihm<br />

ihre Sorgen überlassen sollen. Denn ob w ir geneigt sind, aufzubegehren<br />

und zornig zu werden oder der Schwermut anheimzufallen<br />

— beides ist eine Versuchung. Der Teufel lauert dahinter, um<br />

uns zu 8all zu bringen, und im Grunde fehlt es in beiden Fällen<br />

am Glauben. Nur im Glauben an Gott kann man dem Teufel<br />

widerstehen.<br />

Noch etwas anderes weiß der Apostel aus der Erfahrung seines<br />

Glaubens, w enn uns ein hartes Geschick trifft, so meinen wir stets,<br />

es ginge uns allein so schlimm. Denn jeder Mensch kennt nur das<br />

von Grund auf, was er selber erleidet. Darum ist ihm das Leid so<br />

neu, wenn es ihn trifft. Der Apostel aber sagt: Nicht bloß du allein,<br />

in der ganzen W elt müssen <strong>die</strong> Lhristen leiden. Dann schließt er mit<br />

der großen Verheißung: Gott hat euch berufen; E r wird, wenn <strong>die</strong>


Seelsorge<br />

kurzen Tage des Leidens vorüber sind, das auch vollenden, was<br />

E r in euch angefangen hat. Denn Ihm gehört alle Macht, und Er<br />

allein ist der Herr der W elt. Glaubst du das?<br />

D a s Lied der W oche<br />

Allein zu Dir, Herr Iesu Christ<br />

Ein Beichtlied des Diakonus an S t. Thomas in Straßburg, Ronrad<br />

Hubert, eines Mitarbeiters des dortigen Reformators M artin Bucer.<br />

I n herzlich warmer Sprache und andringendem Ernst wendet sich<br />

hier der verlorene und verdammte Mensch im Glauben an seinen<br />

alleinigen Heiland. Mit ihm betet hier <strong>die</strong> ganze Äirche inmitten<br />

ihrer Leiden und Rümpfe. <strong>Das</strong>selbe Älagen und Flehen klingt in der<br />

Melo<strong>die</strong> wider.<br />

D as Gebet der W oche<br />

Allmächtiger und barmherziger G o tt, der D u nicht w illst, daß jemand<br />

verloren werde, sondern daß sich jedermann zur Buße kehre,<br />

gib, daß w ir aus Deinem W orte allezeit unsere m annigfaltige<br />

S ü n d e erkennen, auch zu wahrhaftiger Reue den Trost D eines<br />

Geistes und G laubens inniglich wieder ergreifen, auf daß w ir<br />

in Deinem S o h n gerecht lind durch Ih n selig werden, der D u<br />

m it Ih m und dem Heiligen Geiste lebest und herrschest, immer<br />

und ewiglich. Amen.<br />

4-<br />

Scelsorge<br />

I. Jesus ist der erste Seelsorger, w er aber mit Ihm eine Aufzählung großer<br />

Seelsorger beginnen und dabei das Leiden, Sterben und Auferstehen Iesu<br />

verdecken möchte, wird nie begreifen, was <strong>die</strong> christliche Äirche unter Seelsorge<br />

versteht. Jesus vollendet Sein scelsorgerlichcs Werk in Seiner Gehorsamstat<br />

am Lrcuz. Hier ist in einzigartiger weise ein <strong>für</strong> allemal deutlich<br />

geworden:<br />

Des Menschen Sohn ist kommen,<br />

zu suchen und selig zu machen, das verloren ist.<br />

Lukas fg, zo


5 4 2 _______________W oche d es 3. S onntags nach Trinitatis<br />

So sehen wir Ihn in Seinem Hirtenamt dem verlorenen Glied Seiner<br />

Herde nachgehen. So bekennen wir uns zu Ihm als dem „guten Hirten"<br />

(Ioh. 10, ir>, „der sein Leben läßt <strong>für</strong> seine Schafe". Auf <strong>die</strong>sem Wege<br />

hat Er „Gebet und Tränen" geopfert (Hebr. S, 7) und ist ein „Hirte und<br />

Bischof" li. petr. 2, rs) unserer Seelen geworden. „Ihr seid teuer erkauft"<br />

(1. Ror. ö, 20), das ist das Ziel der Seelsorge Iesu. Solche Seelsorge<br />

ist nicht nur auf <strong>die</strong> Seele, sondern den ganzen Menschen gerichtet, wie er<br />

vor Gott steht. Es ist «in Irrweg menschlichen Denkens, wenn unter dem<br />

Eindruck von dem unvergleichlichen Wert der einzelnen Menschensecle <strong>die</strong><br />

Seelsorge als <strong>die</strong> Aufgabe verstanden wird, über <strong>die</strong> Seele zu wachen, und so<br />

in einer bloßen Seelenpflege aufgeht. Indem Iesus Seih seelsorgerliches Werk<br />

durch Äreuz und Auferstehung mit der Erlösung des Menschen vollendet<br />

und es mit der Berufung in <strong>die</strong> Gotteskindschaft krönt, hat Er inmitten<br />

Seiner <strong>Gemeinde</strong> das A m t der Versöhnung aufgerichtet, an das sich<br />

sede christliche Seelsorge gebunden weiß.<br />

r. Echte Seelsorge geschieht im Namen Iesu. Er gab Seiner <strong>Gemeinde</strong> den<br />

Auftrag, und wehe ihr, wollt« sie sich ihn nehmen'lassen oder ihn sich selber<br />

verkürzen! Im Auftrag Iesu liegt <strong>die</strong> ecbke würde der Seelsorge. Sie ist<br />

mit jeglichem andern Tun unvergleichbar und verträgt nicht den Lärm. Die<br />

Gemeinschaft am Evangelium ist ihre einzige tragende und treibende Rraft.<br />

Irrende und zagende Menschen zu Iesus leiten, sie nach Versuchung und<br />

8all neu unter Iesu Lebensmacht stellen, sie durch Buße und Vergebung<br />

hindurch der Gottesgemcinschaft gewiß machen, das ist das köstliche Werk<br />

<strong>die</strong>ser Seelsorge im Namen Iesu. Sie verliert jeden privaten Anspruch, wie sie<br />

auch nie und nimmer den Menschen in der Vereinzelung und Vereinsamung<br />

stehen läßt. Geängstete Gewissen, blutende Herzen, wunde Seelen haben ebenso<br />

wenig ein eigenes Recht in der <strong>Gemeinde</strong>, wie Selbstsicherheit und Selbstruhm;<br />

unter der Last der Sünde und Schuld wie auf der Höhe selbstgerechten<br />

Scheins gedeihen nicht 8riede und 8reude. Echte Seelsorge führt den Menschen<br />

in <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> Iesu hinein, wo Gottes Wort und Sakrament sich<br />

wirksam erweist und neues Leben schenkt. Seelsorge im Namen Iesu ist<br />

Seelsorge im Dienst Seiner <strong>Gemeinde</strong>, daß sie in allen Ängsten <strong>die</strong>ser<br />

Welt erbaut werde:<br />

Und auch ihr, als <strong>die</strong> lebendigen Steine,<br />

bauet euch zum geistlichen Hause und zum heiligen Priestcrtum,<br />

zu opfern geistliche Gpfer, <strong>die</strong> Gott angenehm sind,<br />

durch Iesum Christum.<br />

?. Petrus r, s<br />

Ihr Sinn ist, „daß ihr Glauben und Hoffnung zu Gott haben mächtet"<br />

lf. petr. 1, 21). Alle Seelsorge weist zuletzt auf Den, welcher „der Welt<br />

Sünde trägt" (Ioh. ?, rg).


Seelsorge<br />

S4S<br />

s. Evangelische Seelsorge weiß sich an das Wort des Apostels gebunden:<br />

„Nicht, daß wir Herren seien über euren Glauben, sondern wir sind Gehilfen<br />

eurer freude" (r. Äor. ;, 24). So hat uns <strong>die</strong> Reformation den w eg<br />

zur evangelischen Seelsorge wieder gewiesen. Sie hat in der Tröstung der<br />

angefochtenen Gewissen ihr Hauptanliegen. Hier bleibt Christus allein<br />

der „Hirte und Bischof" der Seelen, und in Seiner Nachfolge ist <strong>die</strong> ganze<br />

<strong>Gemeinde</strong> zur Seelsorge berufen. In Jesu <strong>Gemeinde</strong> hat ein Glied dem<br />

andern zu <strong>die</strong>nen, einer des andern Last zu tragen (Gal. b, r>, sich zu<br />

freuen mit den fröhlichen und zu weinen mit den weinenden (Röm. -r, zs)<br />

und zu vergeben von ganzem Herzen ein jeglicher seinem Bruder seine fehler<br />

(Matth. -r, ss.<br />

Im Auftrage der <strong>Gemeinde</strong> steht der Pfarrer in seinem seelsorgerlichen<br />

Amt. Ihm werden bei seiner Berufung <strong>die</strong> einzelnen Seelen der <strong>Gemeinde</strong><br />

besonders aufs Herz gelegt, von <strong>die</strong>sem geordneten Seelsorgeamt gilt es<br />

insonderheit: „So jemand ein Amt hat, daß er's tue als aus dem vermögen,<br />

das Gott darreicht, auf daß in allen Dinge» Gott gepriesen werd«<br />

durch Jesum Christum" (I. petr. 4, z l), dazu das andere: „Dieweil wir<br />

ein solches Amt haben,.. . so werden wir nicht müde" (r. Lor. 4, z). So darf<br />

der Pfarrer Seelsorger und Beichtvater seiner pfarrkinder sein. Daneben und<br />

unter seiner Pflege wirkt sich Luthers Wort von dem priestertum aller<br />

Gläubigen aus und gewinnt, da auch immer Seelsorge an Seelsorgern not<br />

ist und viel« Nothelfcc sich anbieten, entscheidende Bedeutung <strong>für</strong> das innere<br />

Leben der evangelischen <strong>Gemeinde</strong>. Die Lebendigkeit der <strong>Gemeinde</strong> äußert sich<br />

nicht zuletzt in der seelsorgerlichen Verantwortung der einzelnen Glieder<br />

u»tcr«inand«r.<br />

4. Seelsorge ist immer auf einen bestimmten Menschen und auf den einzelnen<br />

bestimmten fall gerichtet. Es gibt keine Not menschlichen Lebens,<br />

in der der Mensch der Seelsorge nicht bedürfe oder vor der <strong>die</strong> Seelsorge<br />

Halt machen müsse. In <strong>die</strong>sem Sinne hat <strong>die</strong> Seelsorge keine Grenzen und<br />

weiß sich ebenso in den großen wie in den kleinen Sorgen des Lebens zuin<br />

Dienst berufen. Ohne <strong>die</strong> klare und deutliche Beziehung zu einem bestimmten<br />

Anliegen verflüchtigt sich das scelsorgerliche Gespräch zu verblassender<br />

Rede. Der scelsorgerliche Dienst vollzieht sich in der Regel unter vier<br />

Augen, ohne notwendig darauf beschränkt zu sein. Dabei mögen dem Seelsorger<br />

seelenkundliche Beobachtungsgabe, innere Beweglichkeit und Offenherzigkeit<br />

<strong>die</strong>nlich sein, — wer aber nicht selber unter dem Lreuz Iesu gestanden<br />

und dort <strong>die</strong> Barmherzigkeit Gottes erfahren hat, wird ein „Seelsorger"<br />

ohne Seelsorge bleiben. Nur aus der Tiefe lebendigen Glaubens und eigenen<br />

Getröstetseins fließt der Strom echter Seelsorge zum Segen derer, <strong>die</strong> keine<br />

Hoffnung haben und des Trostes bedürfen.<br />

Es liegt nicht immer offen zutage, wer der Seelsorge bedarf. Nicht jeder<br />

öffnet sich <strong>für</strong> eine seelsorgerliche Aussprache, <strong>die</strong> der privatbeichte nahe


544 W oche des s. Sonntags »ach Teinitatis<br />

kommt, viel kirchliches Handln geschieht notgedrungen im Vorfeld rechter<br />

Seelsorge. Die Kirche treibt solche Arbeit in der Hoffnung, daß der harte<br />

Boden je und je gelockert werde. Aber wo immer <strong>die</strong> Fürbitte <strong>für</strong> den Bruder<br />

erwacht und Menschen zusammen im Namen Jesu beten, da öffnet Lr Selbst<br />

auch der Seelsorge das Tor. Er tritt mitten ein und spricht:<br />

„Friede sei mit euch!"<br />

Johannes ro, rö<br />

Mit Seinem Geist und Seinen Gaben lenkt Lr Selber das Herz des Fragenden<br />

und gibt das rechte Wort dem, der da antwortet. <strong>Das</strong> ist echte seelsorgerliche<br />

Begegnung, <strong>die</strong> von dem stillen Gebet um <strong>die</strong> Gegenwart Christi<br />

durchzogen ist. Unter Seinem Angesicht bleibt sie wahrhaftig und treu in<br />

der Lieb« und in der inneren Keuschheit.<br />

ch<br />

M ontag nach dem 3 . S o n n ta g nach T rinitatis<br />

-3. Und Er ging wicderum hinaus an<br />

das Meer, und alles Volk kam zu<br />

Ihm, und Lr lehrte sie.<br />

-4- Und da Jesus vorüberging, sah<br />

Lr Lern, den Sohn des Alphäus, am<br />

Zoll sitzen und sprach zu ihm: Folg«<br />

Mir nach! Und er stund auf und folget«<br />

Ihm nach.<br />

z s. Und es begab sich, da Lr zu Tische<br />

saß in Seinem Hause, setzten sich viele<br />

Zöllner und Sünder zu Tisch mit Jesu<br />

und Seinen Jüngern, denn ihrer waren<br />

viel«, <strong>die</strong> Ihm nachfolgcten.<br />

sb. Und <strong>die</strong> Schriftgelehrten und Pharisäer,<br />

da sie sahen, daß Lr mit den<br />

Zöllnern und Sündern aß, sprachen<br />

sie zu Seinen Jüngern: warum isset<br />

und trinket Lr mit den Zöllnern und<br />

Sündern?<br />

) 7- Da das Jesus hörte, sprach Lr zu<br />

ihnen: Die Starken bedürfen keines<br />

Arztes, sondern <strong>die</strong> Kranken. Ich bin<br />

kommen, zu rufen <strong>die</strong> Sünder zur<br />

Buße, und nicht <strong>die</strong> Gerechten.<br />

Mark. r, -3—-7<br />

<strong>Das</strong> ist eine ärgerliche Geschichte <strong>für</strong> <strong>die</strong> Pharisäer. Da sitzt <strong>die</strong>ser<br />

Zöllner, ein Mensch, der sich in den Dienst der 8remdherrschcr gestellt<br />

hat, der seine eigenen Volksgenossen ausbeutet und betrügt, der gehaßt<br />

und verachtet wird: Zöllner und Sünder. Und gerade den ruft<br />

Iesus. Ja, noch mehr, E r geht zu ihm ins Haus, ißt bei ihm zusammen<br />

mit vielen anderen Menschen von ähnlich schlechtem Ruf und<br />

schämt Sich <strong>die</strong>ser Gesellschaft nicht. — Einen Heiland, -er sich zur<br />

Güte und Größe der Menschheit bekennt, läßt <strong>die</strong> W elt gelten. Aber<br />

hier? — Iesus schämt Sich der Sünder nicht! Also will E r<br />

Sich auch unser nicht schämen. Oder halten wir uns selber <strong>für</strong> so


Woche des s. Sonntags nach Trinitatis_______________84s<br />

gut, wie es <strong>die</strong> Pharisäer taten) Dann müßten w ir uns ärgern, und<br />

dann müßten w ir draußen stehen, denn Iesus kam, um Sünder seligzumachen.<br />

Herr Christus, erbarme Dich über uns!<br />

Die ander« Lesung: Lukas 7, 3ö—-so<br />

Dienstag nach dem 3. Sonntag nach Trinitatis<br />

d. Aber <strong>die</strong> Linder Israel taten <strong>für</strong>der<br />

übel vor dem Herrn und <strong>die</strong>netcn den<br />

Daalim und den Astharoth und den<br />

Göttern zu Syrien und den Göttern<br />

zu Sidon und den Göttern Moabs<br />

und den Göttern der Linder Ammon<br />

und den Göttern der Philister und<br />

verließen den Herrn und <strong>die</strong>neren Ihm<br />

nicht.<br />

7. Da ergrimmte der Zorn des Herrn<br />

über Israel, und verkaufte sie unter<br />

<strong>die</strong> Hand der Philister und der<br />

Linder Ammon.<br />

r. Und sie zertraten und zerschlugen<br />

<strong>die</strong> Linder Israel von dem Iahr an<br />

wohl -r Jahre, nämlich all« Linder<br />

Israel jenseit dem Jordan, im Lande<br />

der Amoritcr, das in Gilead liegt,<br />

g. Dazu zogen <strong>die</strong> Linder Ammon<br />

über den Jordan und stritten wider<br />

Juda, Benjamin und wider das Haus<br />

Ephraim, also, daß Israel sehr geängstet<br />

ward.<br />

10. Da schrien <strong>die</strong> Linder Israels zu<br />

dem Herrn und sprachen: w ir haben<br />

an Dir gesündiget; denn wir haben<br />

unsern Gott verlassen und den<br />

Baalim ge<strong>die</strong>net.<br />

;z. Aber der Herr sprach zu den Lindern<br />

Israel: Haben euch nicht auch gezwungen<br />

<strong>die</strong> Ägypter, <strong>die</strong> Amoriter,<br />

<strong>die</strong> Linder Ammon, <strong>die</strong> Philister,<br />

>r. <strong>die</strong> Sidonier, <strong>die</strong> Amalekiter und<br />

Maoniter, und Ich half euch aus ihren<br />

Händen, da ihr zu Mir schrieet)<br />

13. Und doch habt ihr Mich verlassen<br />

und andern Göttern ge<strong>die</strong>net; darum<br />

will Ich euch nicht mehr helfen.<br />

-4. Gehet hin und schreiet <strong>die</strong> Götter<br />

an, <strong>die</strong> ihr erwählet habt; laßt euch<br />

<strong>die</strong>selben helfen zur Zeit eurer Trübsal,<br />

zs. Aber <strong>die</strong> Linder Israel sprachen<br />

zu dem Herrn: w ir haben gesündigt,<br />

mache es nur Du mit uns, wie Dir's<br />

gefällt; allein errette uns zu <strong>die</strong>ser Zeit.<br />

lö. Und sie taten von sich <strong>die</strong> fremden<br />

Götter und <strong>die</strong>netcn dem Herrn.<br />

Und es jammerte Ihn, daß Israel so<br />

geplagt ward. Richt, jo, S—<br />

E s ging dem Volke schlecht. Die Feinde bedrängten es, und es konnte<br />

sich ihrer nicht erwehren, w o ran lag das) An unfähigen Führern,<br />

an des Volkes geringer Zahl)<br />

Die Schrift sagt: Der Zorn des Herrn ergrimmte über sie, weil sie<br />

den lebendigen Gott vergaßen und da<strong>für</strong> andere Religionen, andere<br />

von Menschen gemachte und erdachte Götter annahmen. Deshalb<br />

kamen <strong>die</strong> Feinde über sie und wurden übermächtig. Nun zeigt sich,<br />

welchen Tausch das Volk gemacyt hat, als es Gott vergaß und sich<br />

Götzen zuwandte, w a s können alle von Menschen gemachten und


S4ö<br />

Woche des 3. Sonntags «ach Trinitatis<br />

erdachten G ö tz e n h e lfe n ) S i e sin d t o t ! W e r ih n e n v e r tr a u t, ist b e­<br />

tr o g e n . D a r u m h i n w e g m it ih n en u n d z u r ü c k z u m l e b e n d i g e n<br />

G o t t , d em V a t e r u n seres H e r r n I e s u C h r is ti!<br />

H e r r C h r is tu s , e r h a lte u n s u n d u n ser V o lk in D e in e m W o r t !<br />

Die andeie Lesung: Timothcus ir—17<br />

M i t t w o c h n a c h d e m 3 . S o n n t a g n a c h T r i n i t a t i s<br />

Und Er sprach: Ein Mensch hatte<br />

zween Söhn«.<br />

?r. Und der jüngste unter ibnen sprach<br />

zu dem Vater: Gib mir, Vater, das<br />

Teil der Güter, das mir gehört. Und<br />

er teilte ihnen das Gut.<br />

ZS. Und nicht lang danach sammelt«<br />

der jüngste Sokn alles zusammen und<br />

zog fern« über Land, und daselbst<br />

brachte er sein Gut um mit prassen.<br />

?4- Da er nun all das Sein« verzehret<br />

hatte, ward eine große Teurung<br />

durch dasselbige ganz« Land, und er<br />

fing an zu darben.<br />

?«. Und ging hin und hängte sich an<br />

einen Bürger dessclbigen Landes, der<br />

schickte ihn auf seinen Acker, der Säue<br />

zu hüten.<br />

Id. Und er begehrte seinen Bauch zu<br />

füllen mit Trebern, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Säue aßen,<br />

und niemand gab sie ihm.<br />

17. Da schlug er in sich und sprach:<br />

wieviel Taglöbncr hat mein Vater,<br />

<strong>die</strong> Brot <strong>die</strong> Hülle haben, und ich verderbe<br />

in> Hunger!<br />

zz. Ich will mich aufmachen und zu<br />

meinem Vater gehen und zu ihm sagen:<br />

Vater, ich babe gesündigct in den<br />

Himmel und vor dir,<br />

lg. und bin hinfort nicht mehr wert,<br />

daß ich dein Sohn heiße; mache mich<br />

als einen deiner Taglöhner!<br />

ro. Und er macht« sich auf und kam<br />

zu seinem Vater. Da er aber noch ferne<br />

von dannen war, sah ihn sein Vater,<br />

und es jammert« ihn, lief und fiel<br />

ihm um seinen Hals und küßte ihn.<br />

r;. Der Sohn aber sprach zu ihm:<br />

Vater, ich hab« gesündigt in den Himmel<br />

und vor dir; ich bin hinfort nicht<br />

mehr wert, daß ich dein Sohn heiße.<br />

rr. Aber der Vater sprach zu seinen<br />

Unechten: Bringet das beste Uleid hervor<br />

und tut es ihm an, und gebet<br />

ihm einen Hingerreif an seine Hand<br />

und Schuhe an seine Hüße,<br />

rs. und bringet ein gemästet Ualb her<br />

und schlachtet'»; lasset uns essen und<br />

fröhlich sein!<br />

24. Denn <strong>die</strong>ser mein Sohn war tot<br />

und ist wieder lebendig worden, er<br />

war verloren und ist gefunden worden.<br />

Und fingen an, fröhlich zu sein.<br />

rs. Aber der älteste Sohn war auf<br />

dem Helde. Und als er nah« zum Hause<br />

kam, härte er das Gesänge und den<br />

Reigen;<br />

rd. und rief zu sich der Unechte einen<br />

und fragte, was das wär«.<br />

r7. Der aber sagt« ihm: Dein Bruder<br />

ist kommen, und dein Vater hat ein gemästet<br />

Ralb geschlachtet, daß er ihn<br />

gesund wieder hat.<br />

rs. Da ward er zornig und wollte<br />

nicht hineingehen. Da ging sein Vater<br />

heraus und bat ihn.<br />

rg. Er aber antwortet« und sprach<br />

zum Vater: Siehe, soviel Jahre <strong>die</strong>ne<br />

ich dir und habe dein Gebot noch nie<br />

übertreten; und du hast mir nie einen<br />

Bock gegeben, daß ich mit meinen<br />

Hreunden fröhlich wär«,<br />

so. Nun aber <strong>die</strong>ser dein Sohn<br />

kommen ist, der sein Gut mit Huren<br />

verschlungen hat, hast du ihm ein gemästet<br />

Ralb geschlachtet.


Woche des 2. Sonntags nach Trinitatis<br />

3?. Er aber sprach zu ihm: Mein Muts sein; denn <strong>die</strong>ser dein Bruder<br />

Sohn, du bist allezeit bei mir, und war tot und ist wieder lebendig woralles,<br />

was mein ist, das ist dein. den; er war verloren und ist wiedersr.<br />

Du solltest aber fröhlich und gutes gefunden. Luk. 11—2r<br />

E s ist d em S o h n zu e n g g e w o r d e n im V a t e r h a u s , rr m ö ch te frei<br />

sein v o n der lä s tig e n Z u c h t. D a r u m fo r t a u s d em H a u s e ! D r a u ß e n<br />

winkt <strong>die</strong> Freiheit.<br />

S e l t s a m ist <strong>die</strong>se F r e ih e it. E s g e h t n ich t o h n e den V a t e r ; der m u ß<br />

d em S o h n d a s G u t a u s t e ile n , ih m <strong>die</strong> T ü r z u r F reih e it a u fm a c h e n .<br />

F u rch tb ar ist <strong>die</strong>se F r e ih e it. E s g e h t doch n ich t o h n e den V a t e r ; d a s<br />

G u t ist b a ld a u fg e z e h r t, d a n n k o m m t der H u n g e r , d a n n ist s o g a r<br />

d a s S c h w e in e f u t t e r g u t g e n u g . U n d d a n n k o m m t der b itter e w e g<br />

a u s der „ F r e ih e it" n ach H a u se .<br />

E rk e n n e n w i r in d em v e r lo r e n e n S o h n u n s selbst w ie d e r , d ie w i r<br />

a u s G o t t e s Z u c h t in d ie „ F r e ih e it" streb en ? D e s V a t e r s A r m e w a r e n<br />

o ffe n fü r den v e r lo r e n e n S o h n . F ü r u n s sin d sie a u ch o ffe n , d en n<br />

G o t t e r b a r m t S i c h der S ü n d e r . H e r r C h r is tu s , la ß u n s den<br />

W e g z u m V a t e r fin d e n !<br />

»<br />

Die andere Lesung: Markus r, zr<br />

Donnerstag nach dem s. Sonntag nach Trinitatis<br />

w a s sagen wir denn von unserem<br />

Vater Abraham, daß er gefunden habe<br />

nach dem Fleisch?<br />

r. <strong>Das</strong> sagen wir: Ist Abraham durch<br />

<strong>die</strong> Werke gerecht, so hat er wohl<br />

Ruhm, aber nicht vor Gott.<br />

2. Was saget denn <strong>die</strong> Schrift?<br />

„Abraham hat Gott geglaubtt, und<br />

das ist ihm zur Gerechtigkeit gerechnet".<br />

4. Dem aber, der mit Werken umgehet,<br />

wird der Lohn nicht aus Gnade<br />

zugerechnet, sondern aus Pflicht.<br />

s. Dem aber, der nicht mit Werken<br />

S47<br />

umgehet, glaubet aber an Den, der<br />

<strong>die</strong> Gottlosen gerecht macht, dem wird<br />

sein Glaube gerechnet zur Gerechtigkeit.<br />

S. Nach welcher Weise auch David<br />

sagt, daß <strong>die</strong> Seligkeit sei allein des<br />

Menschen, welchem Gott zurechnet <strong>die</strong><br />

Gerechtigkeit ohne Zutun der Werke,<br />

da Lr spricht:<br />

7. „Selig sind <strong>die</strong>, welchen ihre Ungerechtigkeiten<br />

vergeben sind, und welchen<br />

ihre Sünden bedecket sind!<br />

r. Selig ist der Mann, welchem Gott<br />

<strong>die</strong> Sünde nicht zurechnet!"<br />

Röm. 4, r<br />

w a r u m h a t G o t t d ie E r z v ä t e r e r w ä h l t ? U m ih rer G ü t e u n d R e c h t-<br />

sch a ffe n h e it w i l le n ? w i r lesen auch G esch ich ten v o n ih n e n , d ie n ich t<br />

v o n G ü t e z e u g e n , w a r u m w a r G o t t m it D a v i d ? A u ch v o n ih m<br />

w e iß <strong>die</strong> S c h r i f t S ü n d e zu e r z ä h le n . E r w ä h l t d e n n G o t t S ü n d e r ?


54s<br />

Woche -es 3. Sonntags nach Trinitatis<br />

J a , a u s G n a d e n im m t G o t t S ü n d e r a n , E r v e r g ib t ih n e n ih re F eh ler.<br />

J e n e M ä n n e r h a b en a u f <strong>die</strong>se G n a d e v e r t r a u t u n d n ich t a u f<br />

ir g e n d e in e ig e n e s v e r d ie n s t , w e l c h e s v e r d ie n s t k ö n n te auch e in<br />

M e n sch h a b en v o r G o t t ) U n d so lch es V e r tr a u e n a u f S e i n e G n a d e<br />

— d ie S c h r i f t n e n n t e s G la u b e n — h a t G o t t ih n e n a n g e r e c h n e t a l s<br />

G e r e c h tig k e it trotz a lle r ih r er S ü n d e n . G o t t lä ß t n ic h t m it S i c h<br />

h a n d e ln ! E r entscheidet a u s freier B a r m h e r z ig k e it ü b er d a s e w ig e<br />

S c h ic k sa l e in e s M e n sch e n ,<br />

v e r g i b u n s a lle u n sere S c h u l d , o H e r r !<br />

Die andere Lesung: Römer 4,<br />

rs<br />

Freitag nach dem s. Sonntag nach Trinitatis<br />

7. So wir aber im Licht wandeln,<br />

wie Er im Licht ist, so haben wir<br />

Gemeinschaft untereinander, und das<br />

Blut Iesu Christi, Seines Sohnes,<br />

macht uns rein von aller Sünde,<br />

s. So wir sagen, wir haben keine<br />

Sünde, so verführen wir uns selbst,<br />

und <strong>die</strong> Wahrheit ist nicht in uns.<br />

g. So wir aber unsere Sünden bekennen,<br />

so ist Lr treu und gerecht, daß<br />

Lr uns <strong>die</strong> Sünden vergibt und reiniget<br />

uns von aller Untugend.<br />

?0. So wir sagen, wir haben nicht<br />

gesündiget, so machen wir Ibn zum<br />

Lügner, und Sein Wort ist nicht in<br />

uns.<br />

r, 1. Meine Rindlein, solches schreibe<br />

ich euch, auf daß ihr nicht sündiget.<br />

Und ob jemand sündigt, so haben wir<br />

einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesum<br />

Christ, der gerecht ist.<br />

r. Und derselbige ist <strong>die</strong> Versöhnung<br />

<strong>für</strong> unser« Sünden, nicht allein aber<br />

<strong>für</strong> <strong>die</strong> unseren, sondern auch <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />

der ganzen Welt.<br />

Ioh. r, 7—;o; r, r<br />

D e r A p o s te l redet u n s a n a l s M e n sch e n , d ie a u s der F in s te r n is i n s<br />

L icht g etr e te n sin d . I n der F in ste r n is w a r e n w i r b lin d , a b er im L icht<br />

k ö n n en w i r seh en . U n d d a sehen w i r , d a ß w i r n ic h t a lle in s in d ;<br />

neb en u n s ist d er a n d e r e, der N ä c h ste , der B r u d e r , m i t d em w i r G e ­<br />

m e in sch a ft h a b en s o lle n . D a sehen w i r u n s selb er, a lle Flecken a n<br />

u n s ; w i r m erken, d a ß u n ser R e d e n v o n u n serer G ü t e u n d R e i n ­<br />

h e it L ü g e u n d S e lb s t b e t r u g w a r , w i r seh en ein s a l s S ü n d e r . U n d<br />

w i r seh en en d lich u n d v o r a lle m D e n , der S e l b e r d a s L icht ist,<br />

I e s u s C h r is tu s , dessen B l u t u n s r e in m a c h t v o n a lle r S ü n d e , u n d<br />

der u n s selber z u L in d e r n d e s L ich tes m a c h t.<br />

A l s R i n d e r d e s L ich tes s o lle n w i r w a n d e ln .<br />

H e r r C h r is tu s , la ß D e in L icht leu ch ten in u n serer F in s te r n is !<br />

Die andeee Lesung: Römer s, 1—z >


Woche des 3. Sonntags nach Trinitatis<br />

Sonnabend nach dem 3. Sonntag nach Trinitatis<br />

7. Ach, Herr, unsere Missetaten haben's<br />

ja ver<strong>die</strong>net; aber hilf doch um Deines<br />

Namens willen! Denn unser Ungehorsam<br />

ist groß, damit wir wider<br />

Dich gesündiget haben,<br />

s. Du bist der Trost Israels und sein<br />

Nothelfer; warum stellest Du Dich,<br />

als wärest Du ein Gast im Lande<br />

Z4S<br />

und als ein szrenider, der nur über<br />

Nacht darinnen bleibt?<br />

g. warum stellest Du Dich als «in<br />

Held, der verzagt ist, und als ein<br />

Riese, der nicht helfen kann? Du bist<br />

ja doch unter uns, Herr, und wir<br />

heißen nach Deinem Namen; verlaß<br />

uns nicht! Ier. ?4, 7—g<br />

G o t t h a t S i c h v o n S e i n e m V o lk gek eh rt, w e i l sich S e i n V o lk v o n<br />

I h m kehrte. N o t u n d U n g lü c k ist h e r e in g e b r o c h e n , G o t t sa n d te es<br />

a ls S t r a f e ; n u r L r k ann e s w ie d e r w e n d e n . A b er w e r s o ll I h n<br />

r u fe n ? D a s V o lk t u t e s n ic h t. D a t r it t der P r o p h e t e in m it seiner<br />

H ü r b itte . L r bekennt v o r G o t t seine u n d sein e s V o lk e s g r o ß e<br />

S c h u ld . L r b e r u ft sich a u s G o t t e s M a c h t u n d S t ä r k e , <strong>die</strong> g r ö ß e r<br />

ist a l s a lle irdische N o t . L r b e r u ft sich a u f G o t t e s g n ä d ig e V e r ­<br />

h e iß u n g , <strong>die</strong> L r S e i n e m V o lk z u g e s a g t h a t, u n d b itte t I h n u m<br />

V e r g e b u n g .<br />

D e r P r o p h e t z e ig t u n s d e n rechten V I e g : N ic h t sch elten ü b er frem d e<br />

S c h u l d , so n d e r n u n seres B r u d e r s u n d u n seres V o lk e s S c h u ld m it<br />

u n serer e ig e n e n z u s a m m e n im G e b e t v o r G o t t t r a g e n . S o d ü r fe n<br />

w i r a u f G o t t e s H ilf e h o f fe n .<br />

H e r r C h r is tu s , erhöre u n ser R u f e n !<br />

Die ander« Lesung: Icsaias sg, jd—r;


530 Woche des 4. Sonntags nach T rinitatis<br />

vierter Sonntag nach Trinitatis<br />

E i n e r t r a g e d e s a n d e r n L a s t , s o w e r d e t ih r d a s G e s e tz C h r is ti<br />

e r f ü lle n .<br />

Galater S, r<br />

D a s E v a n g e l i u m<br />

3b. Darum seid barmherzig, wie auch<br />

euer Vater barmherzig ist.<br />

37. Richtet nicht, so werdet ihr auch<br />

nicht gerichtet, verdammt nicht, so<br />

werdet ihr nicht verdammt, vergebet,<br />

so wird euch vergeben.<br />

3«. Gebt, so wird euch gegeben. Ein<br />

voll, gedrückt, gerüttelt und überflüssig<br />

Maß wird man in euren Schoß geben;<br />

denn eben mit dem Maß, da ihr<br />

mit messet, wird man euch wieder<br />

messen.<br />

3g. Und Lr sagte ihnen «in Gleichnis:<br />

Mag auch «in Blinder einem Blinden<br />

den w eg weisen) werden sie nicht<br />

all« beide in <strong>die</strong> Grube fallen)<br />

40. Der Jünger ist nicht über seinen<br />

Meister; wenn der Jünger ist wie sein<br />

Meister, so ist er vollkommen.<br />

4j. w a s siehest du aber einen Splitter<br />

in deines Bruders Allste, und des<br />

Balkens in deinem Auge wirst du nicht<br />

gewahr)<br />

4r. Oder wie kannst du sagen zu deinem<br />

Bruder: Halt stille, Bruder, ich<br />

will den Splitter aus deinem Aug«<br />

ziehen, — und du siehest selbst nicht<br />

den Balken in deinem Aug«) Du<br />

Heuchler, zeuch zuvor den Balken aus<br />

deinem Auge und besiehe dann, daß<br />

du den Splitter aus deines Bruders<br />

Auge ziehest! Luk. S, 3b—4a<br />

N ic h t rich ten , n ich t v e r u r te ile n , im m e r w ie d e r v e r g e b e n , schenken,<br />

o h n e D a n k z u e r w a r t e n , — w e r kann d a s ) D a r u m s a g e n e in ig e ,<br />

d ie Forderungen J e s u seien u n e r fü llb a r , auch d ie L h r iste n k ö n n ten<br />

n ich t d a n ach leb en . U n d a u ß e r d e m : w o l l t e m a n sie v e r w ir k lic h e n ,<br />

d a n n m ü ß te m a n ja R e c h t u n d R e c h tsp r e c h u n g a b sc h a ffen , d en U n t e r ­<br />

schied z w isc h e n M e in u n d D e in g a n z b eiseite s te lle n , a u f jed en , a u ch<br />

den b e rech tig ten T a d e l v erzic h te n u s w . D e s h a lb kann m a n m a n c h m a l<br />

a u s d em M u n d e der G e g n e r d e s christlichen G la u b e n s u n d d er L ir c h e<br />

b e id es n e b e n e in a n d e r h ö r e n . S i e erklären d ie F o r d e r u n g e n I e s u fü r<br />

ü b ertrieb en u n d k la g e n g le ic h z e itig d ie L h r iste n a n , w e i l sie n ich t nach<br />

ih n e n leb en . B e id e s p a ß t e ig e n tlic h n ich t z u e in a n d e r . A b er d a r u m<br />

k ü m m ert m a n sich n ich t.<br />

N u n sin d in d iesen u n d ä h n lic h e n E in w ä n d e n z w e i F r a g e n d u r c h -<br />

e i n a n d er g e m e n g t , d ie g e n a u a u s e i n a n d e r g e h a lte n w e r d e n m ü s ­<br />

sen . D ie ein e f r a g t , o b e s m ö g lic h ist, d ie g a n z e W e l t im S i n n e der<br />

sittlic h e n F o r d e r u n g e n u m z u g e sta lte n , <strong>die</strong> I e s u s in der B e r g p r e d ig t


4. Sonntag nach Trinitatis ss?<br />

e n tw ic k e lt h a t u n d v o n denen u n ser T e x t a u s d em L u k a s e v a n g e liu m<br />

e in ig e w ie d e r g ib t . D ie andere ist, o b u n d w i e M e n sch e n , d ie im<br />

G la u b e n m it C h r is tu s e in s g e w o r d e n sin d u n d u n te r der L e itu n g<br />

S e i n e s H e ilig e n G e is t e s steh en , in d ieser W e l t S e i n e n W e is u n g e n<br />

g e m ä ß leb en k ön n en .<br />

w a s d a s erste a n g e h t , so s a g e n w i r L h r iste n : D a s ist u n m ö g lic h ,<br />

je d e n fa lls f ü r M e n sch e n . D e n n s o la n g e <strong>die</strong>se W e l t ste h t, w i r d a u ch<br />

d ie S ü n d e in ih r u n d ü b er d ie M e n sch e n r e g ie r e n . D a r u m w i r d u n d<br />

m u ß e s in ih r im m e r R e c h t s a n w ä lt e u n d R ic h te r , M e in u n d D e in ,<br />

L o b u n d T a d e l g e b e n , w e r im N a m e n der christlichen L iebe den<br />

v e r s u c h m a c h t, d ie s a lle s a b z u sc h a ffe n , en d et b e im G e g e n t e il, n ä m ­<br />

lich in W i llk ü r u n d G e w a l t . D e n n d ie christliche L iebe ist keine a l l ­<br />

g e m e in e W e lt o r d n u n g oder e in G r u n d s a tz z u r U m g e s t a lt u n g d ieser<br />

W e l t . L eu te, d ie d a s m e in e n , n e n n e n w i r L h r iste n S c h w ä r m e r u n d<br />

ih r en G la u b e n S c h w ä r m e r e i. D e n n d ie n e u e W e l t , in der e s keinen<br />

S t r e i t u m R e c h t u n d U n rech t m e h r g ib t , a u ch n ic h t den U n tersch ied<br />

z w isc h e n M e in u n d D e in , n o ch L o b u n d T a d e l, e r w a r te n w i r n ich t<br />

v o n M e n sch e n , so n d e r n v o n G o t t . S i e k o m m t erst, w e n n S e i n R e ic h<br />

k o m m t. D a r u m betrach ten w i r e s in d ieser W e l t sch on a l s ein en<br />

g r o ß e n G e w i n n , w e n n es e in g le ic h e s R e c h t f ü r a lle , gerechte u n d<br />

unerschrockene R e c h t s a n w ä lt e u n d R ic h te r g ib t , w e n n ein e w e is e R e ­<br />

g ie r u n g d ie G e g e n sä tz e z w isc h e n reich u n d a r m nach R r ä f t e n m ild e r t<br />

u n d d u rch e in e g u te E r z ie h u n g d a s ju n g e G esch lech t durch Z u c h t,<br />

w i s s e n u n d R ö n n e n bescheiden, e h r e r b ie tig u n d k lu g m a c h t.<br />

E t w a s g a n z a n d e r e s ist e s , w e n n ein er f r a g t , o b d e n n d ie L h r iste n<br />

selber nach den W e is u n g e n I e s u leb en , u n d w i e sie e s fe r t ig b r in g e n .<br />

H ie r m ü ssen w i r n u n zu n ä ch st b ekennen, d a ß u n s d a s s c h w e r g e n u g<br />

w i r d u n d d a ß w i r o f t m a l s , ja fa st tä g lic h f ü h le n , w i e w i r h in te r<br />

d em zu rü ck b leib en , w a s u n ser H e r r v o n u n s fo r d e r t, w i r sch äm en<br />

u n s d a n n , d a ß w i r I h m U n eh re g e m a c h t h a b e n . A b e r w i r sin d ja<br />

a u c h M e n sch e n . A l s solche b r in g e n w i r e s v ie lle ic h t ü b er u n s , a n d e r n<br />

a b sich tlich kein U n rech t z u z u f ü g e n ; a b er o h n e B itte r k e it d a s U n rech t<br />

e in fa c h zu leid e n , d a s a n d ere u n s z u f ü g e n , d a s g e h t o f t ü b er u n sere<br />

R r a f t . w i r suchen n ie m a n d z u kränken u n d z u b e le id ig e n ; a b er a lle n<br />

H o h n u n d S p o t t der a n d e r n o h n e A r g e r h in z u n e h m e n , w i e s c h w e r<br />

ist d a s ! w i r sin d b e m ü h t, so z u leb en , d a ß n ie m a n d u n s e t w a s<br />

v o r w e r f e n k a n n ; a b er im m e r den M u n d z u h a lte n , w e n n w i r seh en ,<br />

w i e andere s ü n d ig e n , d a s sch ein t auch u n s o f t z u v ie l v e r la n g t , w i r<br />

20 <strong>Das</strong> Rtrchenbuch


ssr<br />

Woche des 4. Sonntags nach Trinitatis<br />

a r b eite n u n d sin d s p a r s a m , d a m it w i r n ie m a n d z u r L ast f a lle n ; aber<br />

im m e r w ie d e r g eb en u n d schenken, w e s se n T asche h ä lt d a s a u s )<br />

D e n n o c h w is s e n w i r , d a ß w i r d ie s a lle s s o lle n , u n d d a ß ein e g r o ß e<br />

V e r h e iß u n g d a r a u f lie g t , w e n n w i r e s tu n . D a r u m w is s e n w i r a u ch ,<br />

d a ß w i r es n ich t a u s e ig e n e r R r a f t v e r m ö g e n , so n d e r n n u r im G l a u ­<br />

b en a n D e n , der u n s d a r in v o r a u s g e g a n g e n ist. w a s f ü r ein e<br />

V e r h e iß u n g u n d w a s fü r e in G l a u b e ) — D ie v o n der e w ig e n W e l t ,<br />

in d ie G o t t u n s d urch I e s u s C h r is tu s b eru fen h a t. D e n n d a s m e in t<br />

der H e r r , w e n n E r s a g t : „ R ic h te t n ic h t, so w e r d e t ih r (d e r m a le in st)<br />

a u ch n ic h t g erich tet, v e r d a m m t n ic h t, so w e r d e t ih r (d e r m a le in st)<br />

auch n ich t v e r d a m m t, v e r g e b t , so w ir d ^ d erm a lein st) euch v e r g e b e n .<br />

G e b t , so w ir d (d e r m a le in st) euch g eg e b e n . E i n v o l l , ged rü ck t, g e ­<br />

r ü tte lt u n d ü b e r flie ß e n d M a ß w ir d m a n euch in d en S c h o ß g eb en ;<br />

m i t eb en d e m M a ß , m it d e m ih r m e ß t, w ir d m a n euch (d e r m a le in st)<br />

w ie d e r (z u )m e sse n " . S o sin d a ls o <strong>die</strong> sittlic h e n Horderungen I e s r i<br />

n ic h t im L ichte d ieser W e l t , so n d ern im L ichte der E w ig k e it z u v e r ­<br />

steh en . A n sie s o lle n w i r i m m e r denken b ei a lle m , w a s w i r sa g e n<br />

u n d t u n . N u r im G la u b e n a n sie h a b en w i r auch d ie Ä r a f t , z u tu n ,<br />

w a s I e s u s v o n u n s fo r d e r t.<br />

w e i l a b er <strong>die</strong> M e n sc h e n d ieser W e l t <strong>die</strong> E w ig k e it n ich t sehen u n d<br />

auch n ich t bedenken, d a r u m h a lte n sie <strong>die</strong>se H o rd er u n g e n f ü r u n m ö g ­<br />

lich . v o n ih n e n s a g t d er H e r r jedoch, d a ß sie b lin d seien u n d ü b erh<br />

a u p t ein a n d e r keine r ic h tig e n W e is u n g e n g eb en k ö n n en . „ R a n n auch<br />

e in B lin d e r ein em B l in d e n d en w e g w e i s e n ) w e r d e n sie n ich t beide<br />

i n d ie G r u b e f a l le n ) " w i e recht h a t E r d a r in ! D e n n w i e steht e s<br />

m i t a ll den sch ön en sittlic h e n G r u n d s ä tz e n , d ie sich d ie M en sch en<br />

selber a u f s t e lle n ) S i n d sie n ic h t im m e r m e h r e in Z eich en fü r d a s ,<br />

w a s sie z w a r m ö c h te n , in W ir k lic h k e it a b er n ic h t t u n ) w i e v i e l<br />

W a h r h e it ist in a ll ih r e n I d e a l e n )<br />

„ E in I ü n g e r ist n ic h t w i e sein M e is te r ; w e n n er a u s g e le r n t h a t, ist<br />

er w i e sein M e iste r " . A ls o w e r d e n w i r a ls I ü n g e r I e s u la n g s a m<br />

u n d m ü h s e lig a n f a n g e n m ü ssen , v o n I h m z u ler n e n u n d u n s d a b e i<br />

s tä n d ig S e i n e H ilf e e r b itte n , w i r w e r d e n d a n n g e w iß e t w a s v o n<br />

d e m z u sta n d e b r in g e n , w a s E r u n s v o r g e le b t h a t. E s ist n ich t w a h r ,<br />

d a ß a ll e L h r iste n ih r e m M e iste r U n eh re m a ch en ,<br />

w i r w e r d e n d a n n a u ch erleb en , d a ß S e i n e V e r h e iß u n g e n n ich t n u r<br />

fü r d ie E w ig k e it g e lte n , son d e r n z u w e ile n auch sch on in d ieser W e l t<br />

W a h r h e it w e r d e n , w e n n m a n w e iß , d a ß ein er n ic h t rich tet, n ich t


4- Sonntag nach Trinitatis 553<br />

v e r u r t e ilt , im m e r z u v e r b e r g e n b ereit ist, s te ts ein e o ffe n e H a n d h a t,<br />

— o , d a s sp rich t sich b a ld h e r u m ! M a n kann d a n n r u h ig a u ch e in ­<br />

m a l n e in s a g e n , w e n n 's u n b e d in g t n ö t ig ist. D a s kann m ö g lic h sein .<br />

A b er w i e v i e l S e g e n g e h t trotzd em v o n solch en M e n sch e n a u s , u n d<br />

w i e v i e l D a n k ern ten sie n eb en a lle m U n d a n k ! D ie g r o ß e W e l t w e iß<br />

u n d m erkt fr e ilic h n ic h t v ie l d a v o n . A b er w o z u s o llte n sie es auch<br />

w i s s e n ?<br />

Die Epistel<br />

-s. Denn ich halte es da<strong>für</strong>, daß <strong>die</strong>ser<br />

Zeit Leiden der Herrlichkeit nicht<br />

wert sei, <strong>die</strong> an uns soll offenbaret<br />

werden.<br />

-g. Denn das ängstliche Harren der<br />

Lreatur wartet auf <strong>die</strong> «Offenbarung<br />

der Linder Gottes.<br />

ro. Sintemal <strong>die</strong> Lreatur unterworfen<br />

ist der Eitelkeit ohne ihren willen,<br />

sondern um deswillen, der sie unterworfen<br />

hat auf Hoffnung,<br />

rf. Denn auch <strong>die</strong> Lreatur frei werden<br />

wird von dein Dienst des vergänglichen<br />

Wesens zu der herrlichen<br />

zreiheit der Linder Gottes.<br />

rr. Denn wir wissen, daß all« Lreatur<br />

sehnet sich mit uns und ängstet<br />

sich noch immerdar.<br />

rs. Nicht allein aber sie, sondern auch<br />

wir selbst, <strong>die</strong> wir heben des Geistes<br />

Erstlinge, sehnen uns auch bei uns<br />

selbst nach der Äindschaft und warten<br />

auf unseres Leibes Erlösung.<br />

Röm. r, -r—rs<br />

E s h a t e in m a l Z e ite n g e g e b e n , d ie g a n z e r fü llt w a r e n v o n d e m , w a s<br />

sie <strong>die</strong> S c h ö n h e it u n d H a r m o n ie der N a t u r n a n n te n . A b er k a n n ten<br />

sie <strong>die</strong> N a t u r w ir k lic h ? H errsch t in ih r w ir k lic h der S i n n , o d er<br />

h errscht d ie S in n lo s ig k e it ü b er sie ? E s sch ein t fa st s o , a l s sei e s ein e<br />

M o d e sa c h e , d a ß <strong>die</strong> M e n sch e n d a s eine M a l so , d a s a n d ere M a l<br />

g a n z e n tg e g e n g e setz t ü b er d ie N a t u r d en k en ; d en n h e u te g ib t e s solch e,<br />

d ie ih re e ig e n e B r u t a l i t ä t d a m it v e r te id ig e n , d a ß sie sa g e n , d ie N a t u r<br />

sei a u ch b r u ta l.<br />

D e r A p o s te l P a u l u s sieh t d ie N a t u r m it d en A u g e n dessen , der sich<br />

selber nach E r lö s u n g a u s sein em L eibe seh n t. S e i n S i n n ist g a n z a u f<br />

d ie E w ig k e it g e r ic h te t, u n d im L ichte d ieser E w ig k e it sieh t er auch<br />

d ie W e l t der s tu m m e n L r e a t u r . E r f ü h lt , d a ß sie sich m it ih m s e u f­<br />

zen d u n d k la g en d der e w ig e n W e l t en tg eg en streck t. A b er sie k a n n sich<br />

selber n ic h t h e lfe n . D e n n sie w i r d n ich t eher b e fr e it, a l s b is <strong>die</strong><br />

L in d e r G o t t e s b e fr e it w e r d e n . W o h l a b er ist d em A p o s te l d a s M i t -<br />

seu fzen u n d M itk la g e n der p f la n z e n - u n d T i e r w e lt , d a s er m it sein em<br />

g e is tig e n O h r h ö r t, e in Z eich en , d a ß d ie E r lö s u n g e in m a l k o m m en<br />

m u ß . D e n n <strong>die</strong> stu m m e L r e a t u r h a t sich ja n ic h t f r e i w i l l i g d em<br />

I o c h der V e r g ä n g lic h k e it u n t e r w o r f e n , G o t t S e l b e r h a t d a s g e ta n ,


S54<br />

W oche d es 4. Sonntags nach Trinitatis<br />

w e i l L r auch m it ih r G e d a n k e n d e s F r ie d e n s im S i n n e h a t. S o ist<br />

d a s S e u f z e n der L r e a tu r e in G r u n d m e h r fü r d ie G e w i ß h e i t u n serer<br />

christlichen H o f f n u n g .<br />

<strong>Das</strong> Lied der Woche<br />

L o m m , G o t t S c h ö p f e r , H e ilig e r G e is t !<br />

D a s ist w ie d e r e in p f i n g s t lie d M a r t in L u th e r s . D a s g e h e im n is v o lle<br />

w i r k e n d e s H e ilig e n G e is te s a l s d e s S c h ö p f e r s u n d L e b e n s b r u n n e n s,<br />

d e s F e u e r s ^ L irch e w ir d h ier a n g e b e te t u n d e r fle h t. L r e in ig t <strong>die</strong><br />

C h r is te n h e it, L r k ä m p ft f ü r sie u n d le ite t sie a ls ih r g ö ttlic h e r R a t ­<br />

g eb er.<br />

w o d ie se s L ied n ic h t im G e sa n g b u c h ste h t, s in g e n w i r :<br />

Z euch e in z u D e in e n T o r e n<br />

P a u l G e r h a r d t s p f in g s t lie d m it den b eid en in den S t r o p h e n z— s<br />

u n d ö— 11 sich e n tfa lte n d e n B i t t e n : S e i m e in e s H e r z e n s G a s t ! E r ­<br />

f ü lle d ie G e m ü te r m it rein er G la u b e n s z ie r ! D ie P l a g e n d e s D r e i ß ig ­<br />

jä h r ig e n L r ie g c s sin d ih r H in t e r g r u n d , d ie F ü r b itte fü r a lle V ö lk e r<br />

u n d L ä n d er, fü r a lt u n d j u n g , fü r H ä u se r u n d H e r z e n , ja auch fü r<br />

d ie W id e r s a c h e r der C h r iste n h e it ist ih r b eso n d eres A n lie g e n , — e in<br />

g o tte s d ie n s tlic h e s , in sein er M e lo d ie b e w e g t e s G e m e in d e g e b e r fü r<br />

L r i e g s - u n d F r ie d e n sz e ite n .<br />

<strong>Das</strong> Gebet der Woche<br />

Herr Gott, der Du denen, <strong>die</strong> Dich lieben, unsichtbare Güter bereitet<br />

hast, geuß Deiner Liebe Brunst in unsere Herzen, auf daß<br />

wir Dich in allem und über alles lieben und also Deine Verheißung<br />

erlangen, <strong>die</strong> überschwenglich ist über alles, das wir<br />

bitten und verstehen durch unsern Herrn Jesum Christum, Deinen<br />

Sohn, welcher init Dir und dem Heiligen Geiste lebet und<br />

regieret in Ewigkeit. Amen.<br />

-l-


Die harrende Lreatur<br />

Die harrende Lreatur<br />

Denn das ängstliche Harren der Lreatur<br />

wartet auf <strong>die</strong> Offenbarung der Rinder Gottes.<br />

Römer r, -g<br />

? wenn in ländlichen Gegenden <strong>die</strong> Leiche des Hofbauers aus dem Haust<br />

getragen wird, brechen nicht nur <strong>die</strong> Menschen, sondern oft auch <strong>die</strong> Tiere<br />

in wehe Schmerzenslaut« aus. Auf eine sehr erschütternde weise kommt<br />

bei <strong>die</strong>ser Gelegenheit <strong>die</strong> tiefe Verbundenheit zwischen uns und der unter<br />

unsere Hand gegebenen Lreatur zum Ausdruck. Die Bibel betont <strong>die</strong>sen Zusammenhang,<br />

wenn in der zur Buße aufgerufenen Stadt Ninive Menschen<br />

und Vieh fasten müssen und Gott <strong>die</strong> Bußklage der Menschen und das hungrige<br />

„heftige" Schreien der Tiere in Seiner Barmherzigkeit erhört (Iona<br />

3, r).<br />

Dazu bedenken wir, daß wir Menschen selbst nichts anderes sind als Lreatur:<br />

Lebewesen, <strong>die</strong> ihren Atem nur solange behalten, als Gott, der Schöpfer<br />

und Erhalter, ihnen denselben verleiht. Wir mögen wohl „auch im Tosen<br />

des Sturmes der Tiere LIageruf vernehmen, der <strong>die</strong> Hilfe Gottes anruft<br />

und Ihn bittet, daß Lr offenbaren wolle, was Lr Seinen Lindern gibt,<br />

gleichwie <strong>die</strong> Schrift sagt, daß Gott auch <strong>die</strong> Stimme der Raben höre<br />

(vs- -4 7, g)- wollten wir aber darob das Hoffen, Harren und Seufzen der<br />

Menschen überhören, so würde aus jenem Mitgefühl mit der Natur eine<br />

Phantasterei".<br />

Der Apostel Paulus, der selbst an Leib und Seele soviel Leid erfuhr, hat<br />

sicher oft über <strong>die</strong> Frage nachgedacht, <strong>die</strong> in jenem Gilvesterlied ihren ergreifenden<br />

Ausdruck gefunden hat:<br />

warum es soviel Leiden, so kurzes Glück nur gibt?<br />

warum denn immer scheiden, wo wir so sehr geliebt?<br />

S o manches Aug' gebrochen und mancher Mund nun stumm,<br />

der erst noch hold gesprochen — du armes Herz, warum?<br />

Auch ander« Menschen, besonders <strong>die</strong> großen arischen Denker In<strong>die</strong>ns, hat<br />

<strong>die</strong> Frage „ach dem Leid aller Lreatur tief bewegt. Sie haben <strong>die</strong> Antwort<br />

nicht gefunden. Sie haben wohl geraten: Finde dich mit deinem Schicksal<br />

ab! Sie haben gepredigt: vergiß dich und <strong>die</strong> Welt! Ertrinken. . . versinken<br />

...!<br />

r. Die Bibel hat eine ganz andere Anschauung von dem bittere» Leid <strong>die</strong>ser<br />

Welt. Für <strong>die</strong> Propheten und Apostel ist das Leiden nicht etwas Unabänderliches,<br />

sondern nur ein Anfang. Deshalb vergleicht Paulus <strong>die</strong> Schmerzen<br />

der Erde mit den Schmerzen einer Gebärenden und sagt, wie der griechische<br />

Urtext lautet: Die Lreatur liegt in wehen (Luther übersetzt: „ängstet<br />

sich", vgl. auch Ioh. zö, rz ff.). Freilich ruht nun nicht etwa in dem<br />

sss


ssö<br />

Woche des 4. Sonntags nach Trinitatis<br />

Leiden als solchem irgendeine Verheißung. Unser einziger Trost im Leben<br />

und Sterben aller Lreatur ist vielmehr unser Herr Iesus Lhristus. So wie<br />

Sein Leib in wunderbarer Verklärung dem Grabe entstieg, so wie alle Gläubigen<br />

nach der Erklärung v. Martin Luthers zum dritten Artikel in Lhristus<br />

ein ewiges Leben haben und so als <strong>die</strong> Söhn« Gottes offenbar werden sollen,<br />

so glauben wir, daß <strong>die</strong> Auferweckungskraft Gottes auch den ganzen Bereich<br />

des Lebens, der seit Adams 8all zum Tode verordnet ist, umfaßt.<br />

Der allmächtig« Gott ist ja nicht nur der Gott der Lirchc, sondern der<br />

Schöpfer und Erlöser der ganzen Welt. w ie man sich in der alten Äirche<br />

wohl an, Osterfest auch an den Tag der Weltschöpfung erinnerte, so sehen<br />

wir als Iünger des Auferstandenen auch <strong>die</strong>se ganze sterbende und vergehende<br />

Welt im leuchtenden Widerschein der Auferweckung. w ir gehen<br />

hier wohl durch «in „Jammertal", aber — <strong>die</strong>se 8ortsetzung des Psalmwortes<br />

wird leider oft vergessen — wir machen daselbst Brunnen (ps. 84, 7)-<br />

S o wird aus dem „ängstlichen Harren" durchaus wieder im Sinne des<br />

griechischen Sprachgefühls, das den Apostel bei der Niederschrift <strong>die</strong>ser prophetischen<br />

Wort« beseelte, ein „sehnsüchtiges Erwarten". Die schönen Sommerlieder<br />

unserer Airche geben <strong>die</strong>ser Vorfreude der Linder Gottes mitten in<br />

<strong>die</strong>ser vergänglichen Zeit beredten ausdruck:<br />

Herzlich tut mich erfreuen <strong>die</strong> liebe Sommerzeit,<br />

wenn Gott wird schön verneuen alles zur Ewigkeit.<br />

Den Himmel und <strong>die</strong> Erd« wird Gott neu schaffen gar,<br />

all Lreatur soll werden ganz herrlich, schön und klar.<br />

-i-<br />

Montag nach dem 4. Sonntag nach Trinitatis<br />

1. Jesus aber ging an den vlberg.<br />

r. Und frühmorgens kam Lr wieder<br />

in den Tempel, und alles Volk kam<br />

zu Ihm; und Er setzte Sich und lehrte<br />

sie.<br />

S. Aber <strong>die</strong> Schciftgelehrten und Pharisäer<br />

brachten «in Weib zu Ihm, im<br />

Ehebruch ergriffen, und stelleten sie ins<br />

Mittel dar<br />

4. und sprachen zu Ihm: Meister, <strong>die</strong>s<br />

Weib ist ergriffen auf frischer Tat in,<br />

Ehebruch. '<br />

5. Mose aber hat uns im Gesetz geboten,<br />

solch« zu steinigen, w a s sagest<br />

Du?<br />

ö. <strong>Das</strong> sprachen sie aber, Ihn zu versuchen,<br />

auf daß sie eine Sache zu Ihm<br />

hätten. Aber Jesus bückte Sich nieder<br />

und schrieb mit dem Knger auf <strong>die</strong><br />

Erde.<br />

7. Als sie nun anhielten, Ihn zu fragen,<br />

richtete Er Sich auf und sprach<br />

zu ihnen: w er unter euch ohne Sünde<br />

ist, der werfe den ersten Stein<br />

auf sie.<br />

s. Und bückte sich wieder nieder und<br />

schrieb auf <strong>die</strong> Erde.<br />

g. Da sie aber das höreten, gingen sie<br />

hinaus (von ihrem Gewissen überführt),<br />

einer nach dem andern, von


Woche des 4. Sonntags nach Trinitatis<br />

SS7<br />

den Ältesten an bis zu den Geringsten;<br />

und Iesus ward gelassen allein<br />

und das Weib im Mittel stehend,<br />

so. Iesus aber richtete Sich auf; und<br />

da Lr niemand sah denn das Weib,<br />

sprach Lr zu ihr: Weib, «0 sind sie,<br />

deine verklaget? Hat dich niemand<br />

verdammt?<br />

N- Sie aber sprach: Herr, niemand.<br />

Iesus aber sprach: So verdamme Ich<br />

dich auch nicht; gehe hin und sündig«<br />

hinfort nicht mehr! Ioh. §, ;—;;<br />

w o L h r is tu s v o n der S ü n d e red et, d a brechen <strong>die</strong> G e w is s e n a u f ,<br />

E in e r nach d em a n d e r n g e h t, v o n sein em G e w is s e n ü b e r fü h r t, h in ­<br />

a u s . D i e S ü n d e steht im m e r in u n serer M i t t e w i e je n es W e i b , d a s<br />

a u f frischer T a t e r ta p p t w u r d e . A b er w i r h a b en n ich t d a s A m t e in e s<br />

R ic h te r s . D e n n auch u n ser G e w is s e n ist g eb ra n d m a r k t. E i n e r ist<br />

R i c h t e r , d a s ist L h r is t u s . A b e r d ie se r E i n e i st B a r m h e r z i g ­<br />

keit. w e n n E r d em g e fa lle n e n M e n sch e n B a r m h e r z ig k e it e r w e ist,<br />

so w o l le n auch w i r e s t u n u n d <strong>die</strong> M e n sc h e n zu L h r is tu s fü h r e n a l s<br />

z u m H e lfe r , v o n d em w i r selbst H ilf e e m p fa n g e n h a b e n . D a s ist <strong>die</strong><br />

rechte A r t , christlich zu h a n d e ln . N ic h t R ic h te r , so n d e r n H e lfe r sein ,<br />

n ic h t m it d em E if e r d er S e lb s tg e r e c h tig k e it, so n d ern a u s D a n k über<br />

d ie selb stcrfa h ren e R e i n i g u n g d em a n d e r n z u m S e e ls o r g e r w e r d e n .<br />

D a kann L h r is tu s S e i n e B o t s c h a f t s a g e n , u n d G o t t lä ß t e s durch u n s<br />

a n ih m g e lin g e n .<br />

Die andere Lesung: Markus zi, 24—rb<br />

Dienstag nach dem 4. Sonntag nach Trinitatis<br />

Ich dachte aber solches bei mir, daß<br />

ich nicht abermals in Traurigkeit zu<br />

euch käm«.<br />

r. Denn so ich euch traurig mach«,<br />

wer ist, der mich fröhlich mach«,<br />

ohne der da von mir betrübet wird?<br />

S. Und dassclbig« hab« ich euch geschrieben,<br />

daß ich nicht, wenn ich käme,<br />

traurig sein müßte, über welchen ich<br />

mich billig soll freuen; sintemal ich<br />

mich des zu euch allen versehe, daß<br />

meine Freude euer aller Freude sei.<br />

4. Denn ich schrieb euch in großer<br />

Trübsal und Angst des Herzens mit<br />

viel Tränen; nicht, daß ihr solltet betrübet<br />

werden, sondern auf daß ihr<br />

<strong>die</strong> Lieb« erkennetet, welche ich habe<br />

sonderlich zu euch.<br />

s. So aber jemand «ine Betrübnis hat<br />

angerichtet, der hat nicht mich betrübet,<br />

sondern zum Teil — auf daß ich<br />

nicht zu viel sag« — euch alle.<br />

S. Es ist aber genug, daß derselbige<br />

von vielen also gestcafet ist,<br />

7. daß ihr nun hinfort ihm desto mehr<br />

vergebet und tröstet ihn, auf daß er<br />

nicht in allzu großer Traurigkeit versinke.<br />

4. Darum ermähne ich euch, daß ihr<br />

<strong>die</strong> Lieb« an ihm beweiset,<br />

g. Denn darum hab« ich euch auch geschrieben,<br />

daß ich erkennet«, ob ihr<br />

rechtschaffen seid, gehorsam zu sein in<br />

allen Stücken.<br />

z o. welchem aber ihr etwas vergebet,


SbS<br />

Woche -es 4. Sonntags nach Trinitatis<br />

dem vergebe ich auch. Denn auch ich, 11. auf daß wir nicht übervorteilet<br />

so ich etwas vergebe jemand, das ver- werden von dem Satan; denn uns ist<br />

geb« ich um euretwillen, an Christi nicht unbewußt, was «r im Sinn hat.<br />

Statt, r. Lor. r,<br />

<strong>Das</strong> W ort von der Zucht hatte in der <strong>Gemeinde</strong> eine starke Wirkung<br />

gehabt. Zucht muß sein. Gott hat uns den „Geist der Zucht" gegeben<br />

(r. Tim. ;,7). Danach hatte <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> in Äorinth gehandelt. Danach<br />

müßte auch heute <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> handeln; denn <strong>die</strong> Zucht ist<br />

ein unerläßliches Hilfsmittel zur Buße. Aber <strong>die</strong> Zucht<br />

muß in der Liebe geschehen, sonst richtet sie statt Besserung nur Verhärtung<br />

oder Elend an. Übt <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> Zucht, so muß das Ende<br />

der Zucht <strong>die</strong> Vergebung an Christi S ta tt sein. Darauf muß alle<br />

Zucht abzielen. Dadurch unterscheidet sie sich vom Richten. Durch<br />

Zucht, getrieben und beseelt von heiliger Liebe, wird der Gefährdete<br />

gewarnt, der Schwache gestärkt und der Gefallene wieder zurückgebracht.<br />

Ist <strong>die</strong>se Arbeit getan, so rechnen Lhristen einander das<br />

Böse nicht zu; sonst ziehen sich <strong>die</strong> Risse in das Gcmeindeleben, und<br />

der Teufel klemmt sich drein.<br />

Die ander« Lesung: Lolosscr 3, I r—>s<br />

M i t t w o c h n a c h d e m 4. S o n n t a g n a c h T r i n i t a t i s<br />

z. Und David zog hinauf von bannen<br />

und barg sich auf den Berghohen zu<br />

Lngedi.<br />

r. Da nun Saul wiederkam von den<br />

Philistern, ward ihm gesagt: Siehe,<br />

David ist in der wüst« Lngedi.<br />

3 . Und Saul nahm dreitausend junger<br />

Mannschaft aus ganz Israel und<br />

zog hin, David samt seinen Männern<br />

zu suchen auf den Felsen der Gemsen.<br />

4. Und da er kam zu den Schafhürden<br />

am weg«, war daselbst eine Höhle,<br />

und Saul ging hinein, sein« Füße zu<br />

decken. David aber und seine Männer<br />

saßen hinten in der Höhle.<br />

s. Da sprachen <strong>die</strong> Männer Davids<br />

zu ihm: Siehe, das ist der Tag, davon<br />

der Herr dir gesagt hat: „Siehe,<br />

Ich will deinen Feind in deine Hände<br />

geben, daß du mit ihm tust, was dir<br />

gefällt". Und David stund auf und<br />

schnitt leise «inen Zipfel vom Rock<br />

Sauls.<br />

6. Aber danach schlug ihm sein Herz,<br />

daß er den Zipfel Sauls hatte abgeschnitten,<br />

7. und er sprach zu seine» Männern:<br />

<strong>Das</strong> lasse der Herr ferne von mir sein,<br />

daß ich das tun sollte und meine Hand<br />

legen an meinen Herrn, den Gesalbten<br />

des Herrn; denn er ist der Gesalbte<br />

des Herrn.<br />

s. Und David wies sein« Männer von<br />

sich mit Worten und ließ sie nicht sich<br />

wider Saul auflehnen. Da aber Saul<br />

sich aufmachte aus der Höhl« und ging<br />

des Weges,<br />

g. machte sich darnach David auch auf<br />

und ging aus der Höhle und rief Saul<br />

hintennach und sprach: Mein Herr


Woche des 4. Sonntags nach Trinitatis<br />

Lönig! Saul sah hinter sich. Und<br />

David neigte sein Antlitz zur Erde und<br />

fiel nieder<br />

zo. und sprach zu Saul: warum gehorchst<br />

du der Menschen Wort, <strong>die</strong> da<br />

sagen: David sucht dein Unglück?<br />

Siehe, heutigestages sehen deine<br />

Augen, daß dich 'der Herr heut« hat<br />

in meine Hand gegeben in der Höhle,<br />

und es ward gesagt, daß ich dich sollt«<br />

erwürgen. Aber es ward dein verschont;<br />

denn ich sprach: Ich will<br />

mein« Hand nicht an meinen Herr»<br />

legen, denn er ist der Gesalbte des<br />

Herrn.<br />

-r. Mein Vater, siehe doch den Zipfel<br />

von deinem Rock in meiner Hand, daß<br />

ich dich nicht erwürgen wollt«, da ich<br />

den Zipfel von deinem Rock schnitt.<br />

Erkenne und sieh, daß nichts Böses<br />

in meiner Hand ist, noch keine Übertretung.<br />

Ich hab« auch an dir nicht<br />

gesündigt, und du jagst mein« Seele,<br />

daß du sie wegnehmest.<br />

- 3. Der Herr wird Richter sein zwischen<br />

mir und dir und mich an dir<br />

rächen; aber meine Hand soll nicht<br />

über dir sein.<br />

z4. w ie man sagt nach dem alten<br />

Sprichwort: „Von Gottlosen kommt<br />

ss g<br />

Untugend". Aber meine Hand soll<br />

nicht über dir sein.<br />

>s. wem ziehst du nach, Lönig von<br />

Israel? wem jagst du nach? Einem<br />

toten Hund, einem einzigen Floh.<br />

;d. Der Herr sei Richter und richte<br />

zwischen mir und dir und sehe darein<br />

und führe meine Sache aus und rett«<br />

mich von deiner Hand.<br />

-7. Als nun David solche Worte zu<br />

Saul hatte ausgeredet, sprach Saul:<br />

Ist das nicht dein« Stimme, mein<br />

Sohn David? Und Saul hub auf sein«<br />

Stimme und weinte<br />

zs. und sprach zu David: Du bist gerechter<br />

denn ich: du hast mir Gutes<br />

bewiesen; ich aber habe dir Böses bewiesen<br />

;<br />

ig. und du hast mir heut« angezeigt,<br />

wie du Gutes an mir getan hast, daß<br />

mich der Herr hatte in deine Hände<br />

beschlossen und du mich doch nicht erwürgt<br />

hast.<br />

ro. Wie sollt« jemand seinen Feind<br />

finden und ihn lassen «inen guten w eg<br />

gehen? Der Herr vergelte dir Gutes<br />

<strong>für</strong> <strong>die</strong>sen Tag, wie du an mir getan<br />

hast.<br />

Sam. r4, r—ro<br />

<strong>Das</strong> Böse soll nicht mit Bösem gerächt werden, w e r in der Nachfolge<br />

Christi steht, soll es überwinden mit Gutem. Ein Handstreich<br />

hätte genügt, und David wäre mit seinem Gegner fertig geworden.<br />

S o aber schont er das Leben, das ihm in <strong>die</strong> Hände gegeben war.<br />

Als er es offenbart, sieht sein Feind sich überwunden. Zwar findet<br />

cr auch dadurch nicht zurück, er ist schon zu sehr Lnecht der Sünde<br />

geworden. Aber der andere hat sich ein gutes unverletztes Gewissen<br />

gewahrt. <strong>Das</strong> ist <strong>für</strong> uns eine Hauptsache, w i r sollen nicht n u r<br />

a u f den Erfolg, sondern zugleich aufs Gewissen sehen.<br />

W er unter Verfolgung, Haß und Unrecht zu leiden hat, sieht hier<br />

seinen w e g gezeichnet, w i r tragen <strong>die</strong> doppelte Verantwortung: <strong>für</strong><br />

uns und <strong>für</strong> den, der sich an uns versündigt.<br />

Die ander« Lesung: Matthäus s, rs—rtz


söo<br />

Woche des 4. Sonntags nach Trinitatis<br />

D onnerstag nach dem 4. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

?S. Sündiget aber dein Bruder an<br />

dir, so geh« hin und strafe ihn zwischen<br />

dir und ihm allein. Höret er dich,<br />

so hast du deinen Bruder gewonnen,<br />

-ö. Höret er dich nicht, so nimm noch<br />

einen oder zween zu dir, auf daß alle<br />

Sache bestehe auf zweier oder dreier<br />

Zeugen Munde.<br />

-7. Höret er <strong>die</strong> nicht, so sage es der<br />

Gemeine. Höret er <strong>die</strong> Gemeine nicht,<br />

so halt ihn als einen Heiden und<br />

Zöllner.<br />

-S. wahrlich, Ich sage euch: w a s ihr<br />

auf Erden binden werdet, soll auch<br />

im Himmel gebunden sein, und was<br />

ihr auf Erden lösen werdet, soll auch<br />

im Himmel los sein.<br />

weiter sage Ich euch: w o zween<br />

unter euch eins werden auf Erden,<br />

warum es ist, daß sie bitten wolle»,<br />

das soll ihnen widerfahren von Meinem<br />

Vater im Himmel,<br />

ro. Denn wo zween oder drei versammelt<br />

sind in Meinem Namen, da<br />

bin Ich initten unter ihnen.<br />

Match, -r, ;s—20<br />

tVenn sich jemand an uns versündigt, so haben wir an ihm eine<br />

Aufgabe, w i r sollen an ihm brüderliche Zucht üben, ihn aufsuchen,<br />

ihm das Unrecht vor Augen halten und sehen, -aß w ir seine Seele<br />

gewinnen. Damit er uns hört, sollen wir, wenn w ir allein es nicht<br />

vermögen, erfahrene Lhristen zuziehen. Dringen w ir nicht durch, so<br />

bleibt nach Christi Weisung <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong>zucht. Diese <strong>Gemeinde</strong>zucht<br />

ist weithin versäumt. <strong>Das</strong> ist eine große Not unserer Lirche.<br />

w o wirkliche <strong>Gemeinde</strong>n sind, ist auch <strong>Gemeinde</strong>zucht, w i r können<br />

sie nicht herbeiführen. Sie ist ein Werk des Heiligen Geistes. Aber<br />

w ir müssen <strong>die</strong> biblische Anweisung hören und um <strong>die</strong> Lraft und<br />

den Beistand des Heiligen Geistes bitten. Christliche Zucht führt<br />

nicht zu Rechthaberei, wenn sie im Geiste Christi geübt wird. Sie<br />

geschieht ja zum Heil des Nächsten. Alle brüderliche Zucht,<br />

auch <strong>die</strong> des schweigenden W artens, soll zur Bereinigung führen,<br />

soll der Vergebung den w eg bereiten. <strong>Das</strong> gilt wie auf<br />

Erden, so im Himmel.<br />

Die ander« Lesung: Matthäus ;§, 23—35<br />

Freitag nach dem 4. S o n n ta g nach T rinitatis.<br />

>. Ist nun bei euch Ermahnung in<br />

Christo, ist Trost der Liebe, ist Gemeinschaft<br />

des Geistes, ist herzlich«<br />

Liebe und Barmherzigkeit,<br />

2. >o erfüllet meine Hreudc, daß ihr<br />

ernes Sinnes seid, gleiche Liebe<br />

habt, einmütig und einhellig seid.<br />

z. Nichts tut durch Zank oder eitle<br />

Ehre; sondern durch Demut achte einer<br />

den andern höher denn sich selbst,<br />

4. und ein jeglicher sehe nicht auf das<br />

Seine, sondern auch auf das, was des<br />

andern ist. Phil. 2, , —4


Woche des 4. Sonntag nach Trinitatis<br />

sö f<br />

w ahrhaft geistliches Leben, das in der Nachfolge Christi gewonnen<br />

wird, führt immer zum Wachstum der <strong>Gemeinde</strong>. Hier hat es seine<br />

Heimat, seinen Nährboden. Anders wird nie <strong>Gemeinde</strong> gebaut, als<br />

daß durch das wirken des Heiligen Geistes „hinzugetan werden, <strong>die</strong><br />

da gläubig geworden sind". Eins der schönsten und wichtigsten Stücke<br />

des geistlichen Lebens ist der Brudersinn. Lhristen sollen eines<br />

Sinnes sein, gleiche Liebe haben, einmütig, einhellig sein. Brudersinn<br />

geht auf Lhristus zuerst, w e r dorthin strebt, gewinnt Einheit,<br />

w o E r im Mittelpunkt steht, sind wir geeint. Da verschwindet<br />

der Zank, auch der konfessionelle Hader, w i r werden im<br />

Geiste eins, auch bei menschlich verschiedener Form. Die Einheit der<br />

Konfessionen ist <strong>die</strong> Wahrheit Christi. Da verschwindet auch <strong>die</strong><br />

„eitle Ehre". Brudersinn geht über auf den Bruder, w i r sollen den<br />

Bruder achten und <strong>für</strong> ihn sorgen, weil Lhristus ihn wert hält.<br />

Da wird <strong>Gemeinde</strong> gebaut. Brudersinn hilft vorwärts und aufwärts.<br />

Die ander« Lesung: Lukas rz, 33. 3 4- 3g—46<br />

S o n n a b e n d n a c h d e m 4. S o n n t a g n a c h T r i n i t a t i s<br />

Darum, 0 Mensch, kannst du dich<br />

nicht entschuldigen, wer du auch bist,<br />

der da richtet; denn worinnen du<br />

einen andern richtest, verdammst du<br />

dich selbst; sintemal du eben dasselbige<br />

tust, das du richtest.<br />

r. Denn wir wissen, daß Gottes Urteil<br />

ist recht über <strong>die</strong>, so solches tun.<br />

3. Denkest du aber, 0 Mensch, der du<br />

richtest <strong>die</strong>, so solches tun, und tust<br />

auch dasselbige, daß du dem Urteil<br />

Gottes entrinnen werdest?<br />

4. Oder verachtest du den Reichtum<br />

Seiner Güte, Geduld und Langmütigkeit?<br />

weißt du nicht, daß dich Gottes<br />

Güte zur Buße leitet?<br />

s. Du aber nach deinem verstockten<br />

und unbußfertigen Herzen häufest dir<br />

selbst den Zorn auf den Tag des Zornes<br />

und der Offenbarung des gerechten<br />

Gerichtes Gottes,<br />

b. welcher geben wird einem jeglichen<br />

nach seinen Werken:<br />

7. preis und Ehre und unvergängliches<br />

Wesen denen, <strong>die</strong> mit Geduld<br />

in guten Werken trachten nach dem<br />

ewigen Leben;<br />

z. aber denen, <strong>die</strong> da zänkisch sind und<br />

der Wahrheit nicht gehorchen, gehorchen<br />

aber der Ungerechtigkeit, Ungnade<br />

und Zorn;<br />

g. Trübsal und Angst über all« Seelen<br />

der Menschen, <strong>die</strong> da Böses tun,<br />

vornehmlich der Juden und auch der<br />

Griechen.<br />

10. preis aber und Ehre und Friede<br />

allen denen, <strong>die</strong> da Gutes tun, vornehmlich<br />

den Juden und auch den<br />

Griechen.<br />

z I. Denn es ist kein Ansehen der Person<br />

vor Gott. Röm. r, z—;;


_______________Woche des 4. Sonntags nach Trinitatis<br />

Ein stark hervortretendes Merkmal des „natürlichen", h. des nicht<br />

von Gott beherrschten Menschen ist das Richten über andere. Diese<br />

Sünde haftet unendlich vielen an bis zum Tode. Sie entspringt einer<br />

falschen Sicherheit vor Gott; denn der Richtende vergißt, daß er ja<br />

auch seine Hehler -je Gott wohl bekannt sind; oder sie ist der<br />

törichten Meinung, durch das Richten <strong>die</strong> eigenen Schwächen vor<br />

Gott und Menschen verbergen und sich als Vorkämpfer des Guten<br />

ausweisen zu können. Aber der Apostel sagt: w o rin du einen andern<br />

richtest, verdammst du dich selbst.<br />

Nicht derjenige richtet, der Gutes gut und Böses böse nennt, der<br />

aus der heillosen vermengung zwischen Gutem und Bösem <strong>die</strong> klare<br />

Grenzlinie zwischen Wahrheit und Lüge zieht. <strong>Das</strong> heißt: Sich im<br />

Gehorsam zu Gottes W ort bekennen. Richten aber heißt: Über den<br />

W ert des Nächsten reden, wie es nur Gott zusteht, w e r richtet,<br />

mißt mit zweierlei Maß. L r rechnet damit, -aß Gott an ihn den<br />

Maßstab der Güte anlegt, während er an den Bruder den M aßstab<br />

der Unbarmherzigkeit anlegt. S o stehen wir, indem w ir richten,<br />

zum andern wie der Schalksknecht zu seinem Mitknecht. Uns selber<br />

ist große Barmherzigkeit widerfahren, w ir selber üben große Unbarmherzigkeit!<br />

Und doch gehen w ir alle dem Gericht entgegen. Gottes Gericht<br />

wird jeden nach seinen eigenen Werken richten. L r wird<br />

das ewige Leben geben denen, <strong>die</strong> Ih n <strong>für</strong>chten und lieben, <strong>die</strong> ewige<br />

Verdammnis aber allen, <strong>die</strong> Seine Güte und Sein Gericht verachten.<br />

B is zu dem Tage Seines Gerichts aber ist — Heilszeit, gleichviel,<br />

ob uns Gottes Verzeihung oder unsere Sünde gepredigt wird.<br />

Die andere Lesung: Matthäus s, 43—4;


s. Sonntag nach Trinitatis sbs<br />

Fünfter Sonntag nach Trinitatis<br />

w e r seine Hand an den P flu g legt und sieht zurück, der ist nicht<br />

geschickt zum Reiche G ottes.<br />

Lukas g, 62<br />

D a s E v a n g e l i u m<br />

!. Es begab sich aber, da sich das<br />

Volk zu Ihm drang, zu hören das<br />

Wort Gottes, und Lr stund am See<br />

Gcnezareth<br />

r. und sah zwei Schiffe am See<br />

stehen; <strong>die</strong> Fischer aber waren ausgetreten<br />

und wuschen ihre Netze;<br />

3. trat Lr in der Schiff« eines,<br />

welches Simone war, und bat ihn,<br />

daß er's ein wenig vom Lande führte.<br />

Und Lr setzt« Sich und lehrt« das Volk<br />

aus dem Schiff.<br />

4. Und als Lr hatte aufgehört zu<br />

reden, sprach Lr zu Simon: Fahr« auf<br />

<strong>die</strong> Höh« und werfet eure Netze aus,<br />

daß ihr einen Aug tut!<br />

b. Und Simon antwortet« und sprach<br />

zu Ihm: Meister, wir haben <strong>die</strong> ganze<br />

Nacht gearbeitet und nichts gefangen;<br />

aber auf Dein Wort will ich das Netz<br />

auswerfen.<br />

d. Und da sie das taten, beschlossen sie<br />

ein« groß« Menge Fische, und ihr Netz<br />

zerriß.<br />

7. Und sie winkten ihren Gesellen, <strong>die</strong><br />

im anderen Schiff waren, daß sie kämen<br />

und hülfen ihnen ziehen. Und sie<br />

kamen und füllet«» beide Schiffe voll,<br />

also daß sie sanken.<br />

s. Da das Simon Petrus sah, fiel er<br />

Iesu zu den Listen und sprach: Herr,<br />

geh« von mir hinaus! Ich bin ein<br />

sündiger Mensch.<br />

g. Denn es war ihn ein Schrecken<br />

ankommen, und all«, <strong>die</strong> mit ihm<br />

waren, über <strong>die</strong>sem Fischzug, den sie<br />

miteinander getan hatten;<br />

;o. desselbigengleichcn auch Iakobus<br />

und Johannes, <strong>die</strong> Söhne des Zebedäus,<br />

Simons Gesellen. Und Jesus<br />

sprach zu Simon: Fürchte dich nicht!<br />

Denn von nun an wirst du Menschen<br />

sahen.<br />

Und sie führet«» <strong>die</strong> Schiffe zu<br />

Lande und verließen alles und folgeren<br />

Ihm nach.<br />

Luk. s, z—i;<br />

Die Geschichte vom großen Fischzug sollte besser <strong>die</strong> Geschichte von<br />

der Berufung des Petrus heißen. Denn was ist darin das größere<br />

Wunder, daß Petrus unerwartet so viele Asche fängt, oder daß der<br />

Herr den Mann zu Seinem Iünger gewinnt, von dem E r später<br />

gesagt hat: „Du bist Petrus. Auf <strong>die</strong>sen Felsen will ich bauen Meine<br />

<strong>Gemeinde</strong>") Petrus heißt soviel wie „Felsen", von keinem der Iünger<br />

Iesu erzählen uns <strong>die</strong> Evangelien soviel wie von ihm; und w as er<br />

später <strong>für</strong> <strong>die</strong> junge Christengemeinde bedeutet hat, berichtet uns <strong>die</strong><br />

Apostelgeschichte, w i e wurde <strong>die</strong>ser Mann zu einem Iünger Iesu)<br />

Eigentlich hieß er gar nicht Petrus, sondern Simon, Sohn des Io -<br />

hannes. Den Namen Lephas oder Petrus hat erst Iesus ihm ge-


St>4<br />

Woche des s. Sonntags nach Trinitakis<br />

geben. E r w ar ein Ascher vom See Genezareth. Eines Tages nun<br />

predigt Iesus gerade an der Stelle, wo er seine Boote liegen hat. E r<br />

ist eben damit beschäftigt, seine Netze zu waschen. Denn er war in<br />

der Nacht draußen gewesen zum Aschen. Da drängt das Volk den<br />

Herrn aus lauter Begierde, Ih n zu hören, beinahe ins Wasser. Iesus<br />

tritt in eins der Fischerboote und bittet Simon, dessen Besitzer, ein<br />

wenig vom Lande abzustoßen, damit <strong>die</strong> Leute nicht nachkommen können.<br />

Petrus unterbricht seine Arbeit und tut, worum Jesus ihn bittet.<br />

S o vollendet der Herr vom Schiff aus seine Rede.<br />

Es scheint nun zunächst so, als ob Iesus Sich <strong>für</strong> <strong>die</strong>se kleine Gefälligkeit<br />

habe bedanken wollen. E r sagt zu Sim on: „Ähre hinaus<br />

auf <strong>die</strong> Höhe und werft eure Netze aus, daß ihr einen Zug tut". Aber<br />

das klingt gar nicht mehr wie eine Bitte, sondern schon wie ein<br />

Befehl. Nicht eine kleine Gefälligkeit, sondern Gehorsam und G lauben<br />

heischt der Herr. Petrus w ar ein erfahrener Ascher. E r wußte,<br />

daß das Fischerhandwerk in der Dunkelheit oder im ersten Morgengrauen<br />

getan sein will. Auch hatte er eine anstrengende Nacht hinter<br />

sich und in ihr nichts gefangen. S oll er jetzt bei hellichtem Tage noä><br />

einmal hinausfahren? E r hat seine Zweifel und spricht sie aus. Aber<br />

auch er hat den Worten Jesu gelauscht, während er seine Netze wusch.<br />

Darum fügt er hinzu: „Meister, auf Dein W ort hin will ich das<br />

Netz auswerfen".<br />

Da geschieht das große Wunder. Sie fangen eine Menge Fische, so<br />

viele, daß <strong>die</strong> Netze reißen. Petrus muß seine Gesellen im andern<br />

Boot heranwinken, daß sie ziehen helfen; er kann's mit den Leuten,<br />

<strong>die</strong> mit ihm in seinem Boote sind, allein nicht schaffen. Als nun der<br />

glitzernde Reichtum der vielen Fische beide Boote bis an den Rand<br />

füllt, da erschrickt er vor dem Wunder. Nein, nicht bloß vor dem<br />

Wunder, sondern daß Der, der es getan hat, mit ihm im Boote sitzt.<br />

E s treibt ihn auf <strong>die</strong> Änie. Über seine Lippen kommen <strong>die</strong> W orte:<br />

„Herr, geh' von mir fort! Ich bin ein sündiger Mensch",<br />

w a s <strong>für</strong> eine seltsame Wirkung! M an könnte sich denken, daß Petrus<br />

dem Herrn dankbar <strong>die</strong> Hand gereicht hätte, oder daß er Ihm vor<br />

Freude um den Hals gefallen wäre. Aber was er empfindet, ist etwas<br />

ganz anderes. E r fühlt, daß er nicht mit Dem in demselben Boot<br />

sitzen darf, durch den Gottes Finger so sichtbar am Werke ist. Christi<br />

Güte und <strong>die</strong> Nähe Dessen, durch den Gott Wunder tut, treibt ihn<br />

zum Bekenntnis seiner Sünde.


5. Sonntag nach Trinitatis sös<br />

Einige meinen, <strong>die</strong> Bekehrung des Menschen müsse immer auf ein<br />

und <strong>die</strong>selbe weise vor sich gehen. Zuerst müsse er zur Erkenntnis<br />

seiner Sünde und danach zum Glauben an Gottes Gnade geführt<br />

werden. Daraus machen sie dann eine „Methode". Der Erfolg ist<br />

aber meistens, daß es weder zu einer ehrlichen Sündenerkenntnis noch<br />

zu einem freien und fröhlichen Glauben an Gottes Gnade kommt.<br />

Denn es ist ja alles der Bekehrungsmethode zu verdanken; Gott<br />

Selbst war in keinem von beiden. Hier sehen wir, daß Christus es bei<br />

Petrus genau umgekehrt gemacht hat. I n lauter Güte und Liebe ist<br />

E r ihm nahegekommen, und gerade das beschämt ihn tief. E s gibt<br />

also hierin keine „Methode". Gottes Heiliger Geist wirkt, wie E r<br />

will. Nur das eine macht uns <strong>die</strong>se Geschichte vom großen Aschzug<br />

klar. w o Gott zufaßt, da faßt E r stets mit beiden Händen zu, der<br />

strafenden und der gütigen Hand. Sein Zorn ist nie ohne Seine Liebe,<br />

und in Seiner Liebe wird uns fühlbar, wie sehr wir Seinen Zorn<br />

ver<strong>die</strong>nt haben. Daß w ir <strong>die</strong>ses beides nie vergessen möchten!<br />

Petrus hat einen großen Hang getan, aber -er Herr auch. E r sagt<br />

nun zu ihm: „Hürchte -ich nicht! Denn von nun an sollst du Menschen<br />

fangen". Darauf werden <strong>die</strong> Boote ans Land gebracht, und<br />

Petrus mitsamt seinen Gesellen verläßt alles und folgt Ihm nach.<br />

w ie merkwürdig ist das! Der größte Hischzug seines Lebens ist <strong>für</strong><br />

Petrus zugleich der letzte; er ist selber dabei <strong>für</strong> einen andern Dienst<br />

eingefangen worden. Denn nun wird der Hischcr vom See Genezareth<br />

zu einem Iünger Iesu, danach zu einem Apostel und wird es bleiben,<br />

bis er <strong>für</strong> Christus in den Tod geht. w a s liegt alles dazwischen, von<br />

<strong>die</strong>sem Tage seiner Berufung an bis zu dem Tage, da er in Rom<br />

den Tod eines Märtyrers starb!<br />

Auf seltsame weise hat Iesus Seinen ersten Iünger gewonnen. Es<br />

geht ganz genau so zu, wie E r es später in den beiden Gleichnissen<br />

vom Schatz im Acker und von der köstlichen perle geschildert hat.<br />

Petrus fand den Schatz und <strong>die</strong> perle und gab <strong>für</strong> sie alles andere<br />

auf — mit tausend Hreuden. S o geht es allen echten Iüngcrn Iesu.<br />

Auch <strong>für</strong> sie gibt es freilich manchmal Zeiten, in denen sie mit Kummer<br />

feststellen: w i r haben uns <strong>die</strong> ganze Nacht geplagt, und es<br />

war alles vergebens. Aber dann erhält einer von ihnen den Befehl,<br />

das Netz noch einmal auszuwerfen. Nach allen Regeln der Erfahrung<br />

wird's nichts nützen. Aber er tut's, weil es der Herr gebietet. Und<br />

nun ist es, als ob <strong>die</strong> Menschen gerade auf ihn und sein W ort ge-


öbb_______________Woche des s. Sonntags nach T rinitatis<br />

wartet hätten, w e r weiß, woher sie alle kommen! w e r weiß, wie<br />

das zugeht!<br />

S o liegt in <strong>die</strong>ser Geschichte eine große Verheißung <strong>für</strong> <strong>die</strong> Diener<br />

der Lirche. Sie sollen nur nicht müde werden und Christi Befehl<br />

gehorchen. Rommt es dann, daß sich Seine Verheißung erfüllt, dann<br />

werden sie, wenn sie rechte Iünger Iesu sind, gerade dadurch zur<br />

Buße getrieben. Sie wissen nun, daß der lebendige Gott mit ihnen<br />

ist. <strong>Das</strong> beschämt sie tief und macht sie bescheiden. Denn es ist nicht<br />

ihr ver<strong>die</strong>nst, was sie erreicht haben, sondern Gottes Werk. Darum<br />

leuchten ihre Augen, auch wenn sie bekennen: „Herr, geh' von mir<br />

fort! Ich bin ja nur ein sündiger Mensch". Rechte Buße ist stets<br />

befreiende Buße, und befreiende Buße macht froh.<br />

8. Endlich aber seid allesamt glcichgesmnet,<br />

mitleidig, brüderlich, barmherzig,<br />

freundlich.<br />

g. vergeltet nicht Böses mit Bösem<br />

oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern<br />

dagegen segnet und wisset, daß<br />

ihr dazu berufen seid, daß ihr den Segen<br />

erbet.<br />

-o. Denn wer leben will und gute<br />

Tage sehen, der schweige seine Zunge,<br />

daß sie nichts Böses rede, und seine<br />

Lippen, daß sie nicht trügen.<br />

-z. Er wende sich vom Bösen und<br />

tue Gutes; er suche Frieden und jage<br />

ihm nach.<br />

D ie Epistel<br />

zr. Denn <strong>die</strong> Augen des Herrn merken<br />

auf <strong>die</strong> Gerechten und Seine<br />

«Ohren auf ihr Gebet; das Angesicht<br />

aber des Herrn stehet wider <strong>die</strong> da<br />

Böses tun.<br />

sJ. Und wer ist, der euch schaden<br />

könnte, so ihr dem Guten nachkommet?<br />

-4. Und ob ihr auch leidet um Gerechtigkeit<br />

willen, so seid ihr doch selig.<br />

Fürchtet euch aber vor ihrem Trotzen<br />

nicht und erschreckt nicht;<br />

-5. heiliget aber Gott den Herrn in<br />

euren Herzen. s. pctc. s, 8—sS s<br />

Der Apostel hat jedem einzelnen Stande, Herren und Knechten, M ännern<br />

und brauen, seine väterliche Mahnung mitgegeben. Nun wendet<br />

er sich an <strong>die</strong> ganze <strong>Gemeinde</strong>. Darum sagt er: „Endlich aber allesamt".<br />

w i e sollen sie miteinander leben? „Gleichgesinnt, mitleidig,<br />

brüderlich, barmherzig, demütig, nicht Böses mit Bösem, Scheltwort<br />

mit Scheltwort vergelten, sondern statt dessen segnen". Lehrt man's<br />

um, dann sieht's so aus: Streit und Zank, Schadenfreude, Neid und<br />

Mißgunst, Lieblosigkeit bis zur Roheit, Stolz und hochfahrendes<br />

Wesen, auf einen groben Rlotz ein grober Lcil, Schimpfworte und<br />

8lüche!


s. Sonntag nach Trinitatis 5H7<br />

Die W elt meint: w e r etwas erreichen will, kommt anders nicht<br />

durch. Der Apostel aber sagt: „ w e r leben will und gute Tage sehen,<br />

der schweige seine Zunge, daß sie nichts Böses rede, und seine Lippen,<br />

daß sie nicht trügen. E r wende sich vom Bösen und tue Gutes;<br />

er suche den Frieden und jage ihm nach". S o steht es in einem Psalm,<br />

und so hat er's selbst in seinem eigenen Leben erfahren, w e r von<br />

beiden hat recht) Frage dich selber.<br />

w aru m aber hat der Apostel recht und nicht <strong>die</strong> W elt) — Weil<br />

Gott über unserem menschlichen <strong>Das</strong>ein steht. Seine „Augen merken<br />

auf <strong>die</strong> Gerechten und Seine «Ohren auf ihr Gebet; das Angesicht<br />

aber des Herrn steht wider <strong>die</strong>, <strong>die</strong> Böses tun". Vergiß das nie!<br />

Aber geschieht nicht auch viel Unrecht, das G ott nicht gleich straft)<br />

Der Apostel sagt: L> ja! „Aber wenn ihr auch leidet um Gerechtigkeit<br />

willen, so seid ihr doch selig. Fürchtet euch vor ihrem Trotzen nicht<br />

und erschreckt nicht; heiligt aber den Herrn Christus in euren Herzen".<br />

w a s meint er damit) — Daß wir Christen in solchen Fällen<br />

in aller Stille daran denken sollen, wieviel Unrecht unser Herr Selber<br />

erlitten hat, ohne zu klagen. Geschieht uns dasselbe, so werden w ir<br />

darin Ihm gleich, und E r wird Sich dann zu uns bekennen am<br />

Jüngsten Tage, wenn alles offenbar wird. Du sagst: <strong>Das</strong> ist schwer!<br />

Gewiß, das ist es. Aber es liegt auch Gottes Segen darauf.<br />

D as Lied der W oche<br />

Herzlich lieb hab ich Dich, 0 Herr<br />

Sein Dichter ist M artin Schalling, Pastor zu Straßburg, Regensburg<br />

und Nürnberg (-532— zdos). Im Anschluß an Psalm fs, 2;<br />

7s , 25—2tz, an das Bekenntnis des Apostels Thomas (Ioh. 20, 28),<br />

an Psalm 25, 2, an <strong>die</strong> Litanei der Lirche sowie an das Evangelium<br />

vom reichen Mann und armen Lazarus (Luk. )ö, 3?) breitet<br />

das Lied <strong>die</strong> Hingabe des ganzen Lhristenlebens an den Herrn<br />

Christus aus. Die <strong>Gemeinde</strong> wird seine Melo<strong>die</strong> liebgewinnen, wenn<br />

sie erkennt, daß das österliche Bekenntnis des Thomas (Ioh. 20, 28):<br />

„Mein Herr und mein Gott!" gewaltig aus ihr redet. Die 3. Strophe<br />

läßt uns in der Hingabe christlicher Hoffnung <strong>die</strong> Vollendung des<br />

Reiches Gottes erschauen. Sie ist <strong>die</strong> Brücke aus der Sterbensangst<br />

des Larfreitags zum Sieg der Auferstehung.


_____________W oche des s. Sonntags nach Trinitatis<br />

D as Gebet der W oche<br />

Herr G o tt, himmlischer Vater, w ir bitten Dich. D u wollest uns<br />

den Geist der W ahrheit und des Friedens verleihen, auf daß w ir<br />

von ganzem Herzen, w a s D ir gefällt, erkennen und dem m it<br />

allen Lräften allein nachfolgen mögen durch Jesum Christum,<br />

Deinen S o h n , unsern Herrn. Amen.<br />

-l-<br />

D a s B ekenntnis der Rirche.<br />

Als <strong>die</strong> Jünger Jesu nach Pfingsten begannen, öffentlich zu predigen und<br />

Äranke zu heilen, wurden sie vor den Hohen Rat gebracht und gefragt: „Aus<br />

welcher Gewalt oder in welchem Namen habt ihr das getan?" Ihre Antwort<br />

war: „In dem Namen Iesu Christi von Nazareth, welchen ihr gekreuziget<br />

habt, den Gott von den Toten auferweckt hat" (Ap. Gesch. 4, zo). Diese Berufung<br />

auf den Auftrag des Herrn und das damit verbundene Glaubenszeugnis,<br />

das Seine Erlösungstat preist, nennen wir ein Bekenntnis.<br />

Iede Verkündigung des Wortes Gottes ist als ein Bekenntnis zu bezeichnen.<br />

Die <strong>Gemeinde</strong> ist in <strong>die</strong> Welt gesandt, zu bekennen, daß Iesus Christus<br />

der Herr sei, und durch <strong>die</strong>ses Bekenntnis zur Nachfolge aufzurufen. Die erst«<br />

Christenheit faßte <strong>die</strong> Botschaft, <strong>die</strong> sie zu bringen hatte, in den Worten zusammen:<br />

„Iesus Christus, der Herr". Diese vier Worte enthalten im<br />

Lern <strong>die</strong> ganz« Verkündigung der Lirche, sie sind gewissermaßen das 8eldzeichen<br />

oder das Symbol, um das sich <strong>die</strong> Christenheit aller Zeiten sammelt,<br />

w ir finden sie u. a. wieder in der Erklärung Luthers zum r. Artikel des Glaubens,<br />

<strong>die</strong> mit dem Satz beginnt: Ich glaube, daß Iesus Christus . . . sei mein<br />

Herr. Die Iünger bekennen: „w ir haben geglaubt und erkannt, daß Du bist<br />

Christus, der Sohn des lebendigen Gottes" (Ioh. S, gg). So verkündigt der<br />

Apostel Paulus: „... daß in dem Namen Iesu sich beugen sollen aller derer<br />

Lnie, <strong>die</strong> im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind, und alle<br />

Zungen bekenne» sollen, daß Iesus Christus der Herr sei, zur Ehr« Gottes<br />

des Vaters" (Phil. r, -o—;;).<br />

Aus dem Bekenntnis „Iesus Christus der Herr" erwuchs schon in der alten<br />

Christenheit das erste tcinitarische Bekenntnis, das Taufbekenntnis. Der<br />

Täufling wird dem Herrn und Heiland Iesus Christus übergeben, im Namen<br />

des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Auf <strong>die</strong>ses Taufbekenntnis<br />

geht unser „Apostolisches Glaubensbekenntnis" zurück, das somit<br />

zu den ältesten Bekenntnissen der Christenheit gehört.


<strong>Das</strong> Bekenntnis der Lirche<br />

sög<br />

w ie ist es zu weiteren Bekenntnissen gekommen) Der Widersacher Gottes<br />

sucht ständig <strong>die</strong> Einheit der Lirche, <strong>die</strong> Einheit des Leibes Christi zu zerstören.<br />

Es schleichen sich Irrtümer und Irrlehren in <strong>die</strong> Lirche ein — wie<br />

sollte es anders sein unter sündigen Menschen —, das Verständnis der Heiligen<br />

Schrift wurde verdunkelt, Spaltungen in der <strong>Gemeinde</strong> drohten and traten<br />

ein, weil eben das alte Bekenntnis nicht mehr in der gleichen weise verstanden<br />

wurde. In solcher Not weiß sich <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> an <strong>die</strong> Heilig« Schrift gewiesen.<br />

Sie ist gegenüber aller Lehre und allen Bekenntnissen der Lirche Norm<br />

und Richtschnur. <strong>Das</strong> Forsche» in der Schrift steht unter der Verheißung des<br />

Heiligen Geistes. Spaltungen und Irrtümer können nur überwunden werden<br />

durch ernstes Forschen in der Schrift unter Anrufung des Heiligen Geistes.<br />

So entstehen in Zeiten des Irrtums und der Jerspaltung aus dem neugefundenen<br />

Verständnis der Heiligen Schrift neue Sätze des Bekenntnisses.<br />

Die Christenheit erklärt in Stunden der Anfechtung: „S o und nicht anders<br />

verstehen wir <strong>die</strong> Heilige Schrift". Aus <strong>die</strong>sem „So und nicht anders"<br />

entstand in den Auseinandersetzungen um <strong>die</strong> Lehre von der Person<br />

Christi das nicänische und das athanasianische Bekenntnis. „So und nicht<br />

anders" lehrt <strong>die</strong> Christenheit auf Erden über <strong>die</strong> Person ihres Heilandes, wie<br />

in <strong>die</strong>sen „Symbolen" oder Bekenntnissen niedergelegt. „So und nicht anders<br />

verstehen wir <strong>die</strong> Heilige Schrift" erklärten <strong>die</strong> Väter der Reformation, als<br />

sie vor Laiser und Reich zur Rechenschaft gefordert wurden über ihren Glauben<br />

(„Augsburgische Lonfession" , 5 30). Aus <strong>die</strong>sem „So und nicht anders"<br />

erwuchsen <strong>die</strong> Anweisungen Luthers zum Unterricht der <strong>Gemeinde</strong>n, <strong>die</strong> Latechismen<br />

(isry), <strong>die</strong> wir zu den Bekenntnissen unserer Lirche» zählen, —<br />

erwuchsen <strong>die</strong> Schmalkaldischen Artikel (jssy), <strong>die</strong> auf einer Reichssynodc<br />

das Schriftverständnis der Reformation bezeugen sollten, „so und nicht anders"<br />

erklärt <strong>die</strong> Lonkor<strong>die</strong>nformel (,577) gegenüber allerlei Irrtümern und<br />

Verkürzungen der Heiligen Schrift, <strong>die</strong> auch im eigenen Lager eintraten. Bekenntnisse<br />

sind Zeichen der Wachsamkeit der Lirche über dem ihr<br />

anvertrauten Schatz des lauteren Evangeliums. In den Schmalkaldischen Artikeln<br />

finden wir auch jenen Fundamentalsatz der Reformation, der <strong>für</strong> alle<br />

Bekenntnisse und Bekenntnisbildungen gilt: „<strong>Das</strong> Wort Gottes begründet<br />

<strong>die</strong> Artikel des Glaubens, und außerdem niemand, und käme ein Engel vom<br />

Himmel!"<br />

Bekenntnisse entstehen also in Abwehr des Irrtums und als ein Zeugnis vor<br />

der fragenden Welt. Sie sind das Feldzeichen der Lirche: „<strong>Das</strong> lehren,<br />

glauben und bekennen wir". <strong>Das</strong> Bekenntnis ist also ein öffentlicher<br />

Glaubensakt der Lirche. Es ist gewirkt vom Heiligen Geist. Als der<br />

Apostel Petrus auf <strong>die</strong> Frage des Herrn, wer Er sei, antwortet: „Du bist<br />

Christus, des lebendigen Gottes Sohn", da antwortet Iesus: „Fleisch und<br />

Blut hat dir das nicht offenbart, sondern Mein Vater im Himmel". <strong>Das</strong> Bekenntnis<br />

ist also eine Glaubensaussage, nicht menschlicher Vernunft entstam-


S70<br />

Woche des S. Sonntags nach Triuitatis<br />

inend, sondern ein Werk des Heiligen Geistes an den Menschen. <strong>Das</strong> Gebet<br />

nm ein rechtes Bekenntnis ist ein Gebet an den Heiligen Geist um das reckte<br />

Verständnis der Heiligen Schrift.<br />

<strong>Das</strong> Bekenntnis der Äircbe hat trennende und sammelnde Ärafl zugleich. Es<br />

scheidet <strong>die</strong> Irrlehre aus der Lirche aus, es sammelt alle <strong>die</strong>, <strong>die</strong> denselben<br />

Glauben bekennen. Mit dem Bekenntnis weist sich <strong>die</strong> Lirche vor der Welt<br />

aus: nach dem Verständnis unserer Bekenntnisse wird in unseren <strong>Gemeinde</strong>»<br />

gepredigt. Deshalb gehört <strong>die</strong> Nennung des Bekenntnisses in das «Qrdinationsgelöbnis<br />

des Pastors. Die Tatsache der drei allgemeinen Bekenntnisse der<br />

Christenheit ist «in ständiger Ruf an <strong>die</strong> getrennten Lirchcn, nicht müde zu<br />

werden, nach dem Einen Herrn und der Einen Herde zu fragen.<br />

Die Frage nach dem Bekenntnis ist <strong>die</strong> Frage „gch ox,,, Glauben, w er sich<br />

heute zum Bekenntnis der Lutherischen Lirche hält, bekennt damit, daß er<br />

keine andere Rechtfertigungslehre <strong>für</strong> schriftgcmäß hält, als <strong>die</strong> Lehre von der<br />

Rechtfertigung des Sünders allein aus dem Glauben, daß er außer der Heiligen<br />

Schrift, der «Quelle und Norm unseres Glaubens, keine andere «Quelle<br />

der Verkündigung der Lirche anerkennt, daß er Jesus Christus als den Einen<br />

Herrn Himmels und der Erde glaubt.<br />

Zeiten der Unruhe in Glaubensdingcn weisen uns auf <strong>die</strong> Bekenntnisse der<br />

Väter und durch sie auf <strong>die</strong> Heilige Schrift, deren Wahrheit immer neu bekannt<br />

werden will. Die Bekenntnisse der väter erschließen uns das Schriftverständnis,<br />

sie rufen uns zu eigenem Zeugnis gegenüber allen Irrtümern, <strong>die</strong><br />

sich in <strong>die</strong> Lirche einschleichen möchten, sie rufen uns zur Treue gegenüber<br />

öem Wort Gottes und der lauteren Verkündigung, sie rufen zum Forschen in<br />

der Schrift und zum Glauben an <strong>die</strong> lebendigmachende Lraft des Heiligen<br />

Geistes.<br />

Z» den Bekenntnissen der Lutherischen Lirche werden gerechnet:<br />

i. Die drei ökumenischen Symbole<br />

<strong>Das</strong> Apostolicum,<br />

<strong>Das</strong> Nicänum,<br />

<strong>Das</strong> Athanasianum.<br />

r. Die Augsburgische Konfession und <strong>die</strong> Apologie.<br />

Z. Die beiden Katechismen.<br />

4- Die Schmalkaldischen Artikel (mit dem Traktat von der Gewalt und<br />

«Qbrigkeit des Papstes).<br />

s. Die Ronkor<strong>die</strong>nformel.


Woche des s. Sonntags nach Trinitatis S7,<br />

M on tag nach d«m s. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

4. Und des Herrn Wort geschah zu<br />

mir und sprach:<br />

5. Ich kannte dich, ehe denn Ich dich<br />

im Mutterleibe bereitete, und sonderte<br />

dich aus, eh« denn du von der Mutter<br />

geboren wurdest, und stellt« dich zum<br />

Propheten unter <strong>die</strong> Völker.<br />

b. Ich aber sprach: Ach, Herr Herr,<br />

ich tauge nicht, zu predigen; denn ich<br />

bin zu jung.<br />

7. Der Herr sprach aber zu mir: Sage<br />

nicht: „Ich bin zu jung"; sondern du<br />

sollst gehen, wohin Ich dich sende,<br />

und predigen, was Ich dich heiße,<br />

r. Fürchte dich nicht vor ihnen; denn<br />

Ich bin bei dir und will dich erretten,<br />

spricht der Herr.<br />

g. Und der Herr reckte Seine Hand<br />

aus und rührte meinen Mund und<br />

sprach zu mir: Siehe, Ich lege Meine<br />

Wort« in deinen Mund.<br />

;o. Sieh«, Ich setze dich heute <strong>die</strong>ses<br />

Tages über Völker und Rönigrciche,<br />

daß du ausreißen, zerbrechen, verstören<br />

und verderben sollst und bauen und<br />

pflanzen.<br />

z l. Und es geschah des Herrn Wort<br />

zu mir und sprach: Ieremia, was<br />

siehest du) Ich sprach: Ich sehe einen<br />

wackern Stab.<br />

;r. Und der Herr sprach zu mir: Du<br />

hast recht gesehen; denn Ich will<br />

wacker sein über Mein Work, daß<br />

Ich's tue.<br />

I«r. ), 4^?r<br />

Gott kennt den Propheten, bevor er lebt. Der Baumeister kennt ein<br />

Haus, bevor auch nur eine S pur davon da ist. Lein Mensch aber<br />

kennt einen andern Menschen, bevor er lebt. <strong>Das</strong> kann Gott allein.<br />

W ir bilden wohl Häuser und tote Dinge, Gott aber allein schenkt<br />

das Leben. E r kennt uns Menschen deshalb, bevor wir bereitet sind.<br />

Gott hat Seinen Diener Ieremias nicht nur vorher gekannt, sondern<br />

ihn auch zum Herold Seiner Majestät bestimmt vor den Völkern.<br />

Dieser aber sagt: „<strong>Das</strong> ist zu viel <strong>für</strong> mich. Ich bin jung. Mein<br />

W ort ist schwach". Gott nimmt <strong>die</strong>sen Widerspruch nicht an. w e r<br />

Gottes Auftrag erhält, erfährt mit ihm Gottes Verheißung, w e r<br />

im Dienste Gottes steht, ist stärker als der Stärkste <strong>die</strong>ser W elt. Der<br />

Prophet soll nur hingehen, wohin der Herr ihn schickt. E r soll nur<br />

das sagen, was ihn der Herr zu sagen heißt. Gott ist ja bei ihm;<br />

was er sagen soll, legt E r ihm in den Mund. E r Selber wacht darüber,<br />

daß es also geschehe, so gewiß wie jener Zweig, der den Augen<br />

des jungen Propheten erscheint, grünt und wächst.<br />

Die andere Lesung: Markus g, 3 §—4 ><br />

D ien stag nach dem s. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

7. Und der Engel des Herrn kam zum s. Und er stund auf und aß und trank<br />

andernmal wieder und rührte ihn, und und ging durch Lraft derselben Speise<br />

sprach: Stehe auf und iß! Denn du vierzig Tage und vierzig Nächte bis<br />

hast einen großen Weg vor dir. an den Berg Gottes Horeb


S 7r<br />

g. und kam daselbst in ein« Höhle und<br />

blieb daselbst über Nacht. Und siehe,<br />

das Wort des Herr» kam zu ihm und<br />

sprach zu ihm: Was machst du hie,<br />

Llia?<br />

;o. Er sprach: Ich habe geeifert um<br />

den Herrn, den Gott Zebaoth; denn<br />

<strong>die</strong> Linder Israel haben Deinen Bund<br />

verlassen und Deine Altäre zerbrochen<br />

und Deine Propheten mit dem<br />

Schwert erwürget, und ich bin allein<br />

über blieben, und sie stehen danach,<br />

daß sie mir mein Leben nehmen.<br />

I >. Er sprach: Geh« heraus und tritt<br />

auf den Berg vor den Herrn! Und<br />

siehe, der Herr ging vorüber und ein<br />

großer, starker wind, der <strong>die</strong> Berge<br />

zerriß und <strong>die</strong> Helfen zerbrach, vor dem<br />

Herrn her; der Herr aber war nicht<br />

im winde. Nach dem winde aber<br />

kam ein Erdbeben; aber der Herr war<br />

nicht im Erdbeben.<br />

;r. Und nach dem Erdbeben kam ein<br />

Heuer; aber der Herr war nicht im<br />

Heuer. Und nach dem Heuer kam ein<br />

still sanftes Sausen.<br />

;s. Da das Ella hörte, verhüllt« er<br />

sein Antlitz mit seinem Mantel und<br />

ging heraus und trat in <strong>die</strong> Tür der<br />

Höhle. Und siehe, da kam eine Stimme<br />

zu ihm und sprach: w a s hast du hie<br />

zu tun, Llia?<br />

-4. Er sprach: Ich habe um den<br />

Herrn, den Gott Zebaoth, geeifert;<br />

denn <strong>die</strong> Linder Israel haben Deinen<br />

Bund verlassen, Deine Altäre zerbrochen,<br />

Deine Propheten mit dem<br />

Schwert erwürget, und ich bin allein<br />

Woche des 5. Sonntags nach Trinitatis<br />

über blieben, und sie stehen danach,<br />

daß sie mir das Leben nehmen.<br />

-s. Aber der Herr sprach zu ihm:<br />

Gehe wiederum deines Weges durch<br />

<strong>die</strong> wüste gen Damaskus und gehe<br />

hinein und salb« Hasael zum Lönig<br />

über Syrien,<br />

?ö. UndIeh», den Sohn Nimsis, zum<br />

Lönig über Israel, und Llisa, den<br />

Sohn Saphats, von Abel-Mehola,<br />

zum Propheten an deiner Statt.<br />

-7- Und soll geschehen, daß, wer dem<br />

Schwert Hasaels entrinnet, den soll<br />

Ichu töten, und wer dem Schwert<br />

Iehus entrinnet, den soll Elisa töten,<br />

-s. Und Ich will lassen über bleiben<br />

siebentausend in Israel: alle Lnice, <strong>die</strong><br />

sich nicht gebeuget haben vor Baal,<br />

und allen Mund, der ihn nicht gelüstet<br />

hat.<br />

zg. Und er ging von dann«» und fand<br />

Llisa, den Sohn Saphats, daß er<br />

pflügte mit zwölf Jochen vor sich<br />

hin; und er war selbst bei dem zwölften.<br />

Und Llia ging zu ihm und warf<br />

seinen Mantel auf ihn.<br />

ro. Er aber ließ <strong>die</strong> Rinder und lief<br />

Llia nach und sprach: Laß mich meinen<br />

Vater und meine Mutter küssen,<br />

so will ich dir nachfolgen. Er sprach<br />

zu ihm: Gehe hin und komme wieder;<br />

bedenk«, was ich dir getan hab«!<br />

r?. Und er lief wieder von ihm und<br />

nahm ein Ioch Rinder und opferte es<br />

und kochte das Hleisch mit dem Holzwerk<br />

an den Rindern und gab's dem<br />

Volk, daß sie aßen. Und macht« sich<br />

auf und folget« Llia nach und <strong>die</strong>netc<br />

ihm. ^ Lön. ;g, 7—r;<br />

Nach menschlicher Berechnung ist alles umsonst gewesen, was Elias<br />

als Prophet seinem Volke gesagt und an ihm getan hat. Mehr noch:<br />

E s ist das Gegenteil von dem eingetreten, wozu der Prophet gesandt<br />

war. Der Bund Gottes ist gebrochen, <strong>die</strong> Altäre Gottes sind<br />

zerstört, <strong>die</strong> Propheten, <strong>die</strong> das Volk zurückriefen, sind erwürgt, Elias<br />

steht einsam und verlassen in Lebensgefahr vor seinen Verfolgern.


Woche des s. Sonntags nach Trinitatis<br />

57s<br />

Verzweiflung möchte ihn packen, heiliger Zorn schüttelt ihn. Ietzt<br />

muß Gott ein furchtbares Gericht halten, oder E r ist nicht Gott.<br />

E s kommt ein Sturm , und es kommt ein Erdbeben über das Volk;<br />

es kommt Arieg und Blutvergießen; aber <strong>die</strong>, <strong>die</strong> Gott <strong>die</strong> Treue<br />

halten, werden bewahrt. Gott naht Sich Seinem Volke im sanften<br />

Hauch Seiner Gnade, aller Bosheit zum Trotz. Gott erhält<br />

Sein Volk nach Seinem ewigen Plan. S o hat es der P rophet<br />

erfahren. I n erneutem Vertrauen fügt er sich in Gottes R atschluß;<br />

in verstärktem Glaubensgehorsam geht er weiter dem Dienste<br />

nach, den Gott ihm aufgetragen hat.<br />

Die andere Lesung: Johannes !S, ir—rs<br />

M ittw och nach dem s. S o n n tag nach T rinitatis<br />

rb. So <strong>für</strong>chtet euch denn nicht vor<br />

ihnen. Es ist nichts verborgen, das<br />

nicht offenbar werde, und ist nichts<br />

heimlich, das man nicht wissen<br />

werd«.<br />

27. w a s Ich euch sag« in der Finsternis,<br />

das redet im Licht; und was<br />

ihr höret in das Vhr, das predigt auf<br />

den Dächern.<br />

rr. Und <strong>für</strong>chtet euch nicht vor denen,<br />

<strong>die</strong> den Leib töten und <strong>die</strong> Seele<br />

nicht mögen töten; <strong>für</strong>chtet euch aber<br />

vielmehr vor dem, der Leib und Seele<br />

verderben mag in <strong>die</strong> Hölle,<br />

rg. Lauft man nicht zween Sperlinge<br />

um einen Pfennig) Dennoch fällt<br />

derselbigen keine auf <strong>die</strong> Erde ohne<br />

euren Vater.<br />

so. Nun aber sind auch eure Haare<br />

auf dem Haupt alle gezählet.<br />

Sf. So <strong>für</strong>chtet euch denn nicht; ihr<br />

seid besser denn viel Sperling«.<br />

sr. Wer nun Mich bekennet vor den<br />

Menschen, den will Ich bekennen vor<br />

Meinem himmlischen Vater.<br />

SS. wer Mich aber verleugnet vor<br />

den Menschen, den will Ich auch verleugnen<br />

vor Meinem himmlischen<br />

Vater.<br />

Match, zo, rb—ss<br />

Iesus sendet Seine zwölf Apostel aus und gibt ihnen Sein W ort<br />

mit auf den w eg . Dreimal sagt E r zu ihnen mit großem Nachdruck:<br />

„Fürchtet euch nicht!" E r weiß, sie werden Angst haben in<br />

der W elt. w o v o r) Angst vor der Feindschaft der W elt, vor dem<br />

Äreuz, das daraus kommt, Angst, um Christi willen Leib und Leben<br />

zu verlieren. <strong>Das</strong> Evangelium muß ans Licht, und das bedeutet<br />

Sturm in der W elt. Fürchtet euch nicht! Ich sende euch und stehe<br />

euch auch bei. w e r kann euch schaden) Fürchtet euch aber vor dem<br />

Satan, der euch verderben kann und nicht ruht, bis er euch vom<br />

Bekenntnis zu M ir abwendig gemacht hat. N ich t Verfolgung<br />

um Christi willen ist euer verderben, sondern das


574 Woche des 5. Sonntags nach Trinitatis<br />

Wohlergehen in der Nachfolge des Satans, in der<br />

Verleugnung Christi und in der Gleichgültigkeit gegen<br />

Ih n .<br />

Die ander« Lesung: Lukas g, s;—57 s<br />

D onnerstag nach dem s. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

>. So bezeug« ich nun vor Gott und<br />

dem Herrn Iesu Christo, der da zukünftig<br />

ist, zu richten <strong>die</strong> Lebendigen<br />

und <strong>die</strong> Toten mit Seiner Erscheinung<br />

und mit Seinem Reich:<br />

r. predige das Wort, halt an, es<br />

sei zu rechter Zeit oder zur Unzeit;<br />

strafe, dräu«, ermähne mit aller Geduld<br />

und Lehre.<br />

S. Denn es rvird eine Zeit sein, da sie<br />

<strong>die</strong> heilsame Lehr« nicht leiden werden;<br />

sondern nach ihren eigenen Lüsten<br />

werden sie ihnen selbst Lehrer aufladen,<br />

nach dem ihnen <strong>die</strong> «Ohren<br />

sticken,<br />

4. und werden <strong>die</strong> «Ohren von der<br />

Wahrheit wenden und sich zu den fabeln<br />

kehren.<br />

5. Du aber sei nüchtern allenthalben,<br />

leid« dich, tue das Werk eines evangelischen<br />

Predigers, richte dein Amt redlich<br />

aus.<br />

r. Tim. 4, -—5<br />

Niemand empfängt <strong>die</strong> Gnade Iesu nur <strong>für</strong> sich. Erfahrung der<br />

Gnade verpflichtet. Die beschwörende Mahnung des Apostels an<br />

Timotheus hat zunächst den Pfarrern und Missionaren, darüber hinaus<br />

aber jedem Christen Entscheidendes zu sagen. Die ganze <strong>Gemeinde</strong><br />

ist dem wiederkommenden Christus verantwortlich da<strong>für</strong>, daß<br />

das W ort Gottes recht gepredigt werde in seiner ganzen Lraft, <strong>die</strong><br />

<strong>die</strong> Sünde straft und den Ernst des Gerichts nicht verschweigt, mit<br />

aller Geduld, <strong>die</strong> eine Frucht erfahrenen Gnade ist, mit aller<br />

Lehre, <strong>die</strong> den w e g Gottes klar weist. Die Reinheit der Botschaft<br />

<strong>die</strong>nt der w e ll, <strong>die</strong> das rettende W ort braucht, <strong>die</strong>nt vor allem der<br />

<strong>Gemeinde</strong>, <strong>die</strong> in Llarheit und Nüchternheit schlecht und recht ihres<br />

Weges gehen soll. Immer wieder droht der Rirche <strong>die</strong> Gefahr, daß<br />

man den herben Ernst des Gotteswortes erweicht und es nach menschlichen<br />

wünschen verfälscht wird, daß es durch „Fabeln" ersetzt wird,<br />

von Menschen erdacht und zur Verherrlichung der Menschen geschrieben.<br />

Dawider ruft Paulus auf zur Nüchternheit. <strong>Das</strong><br />

echte Gotteswort hat nichts dichterisch Berauschendes, es zeigt den<br />

Menschen in seiner nüchternen Wirklichkeit, Gott in Seiner heiligen<br />

Majestät, w e r es predigt, stößt auf widerstand. E r muß willig<br />

sein, wenn Gott es so will, zu leiden.<br />

Die andere Lesung: Matthäus<br />

r 7—so


Wocbe des s. Sonntags nach Trinitatis<br />

Freitag nach dem s. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

34. Ihr sollt nicht wähnen, daß Ich<br />

kommen sei, Frieden zu senden aus <strong>die</strong><br />

Erde. Ich bin nicht kommen, Frieden<br />

zu senden, sondern das Schwert.<br />

3 6. Denn Ich bin kommen, den Menschen<br />

zu erregen wider seinen Vater<br />

und <strong>die</strong> Tochter wider ihre Mutter<br />

und <strong>die</strong> Schnur wider ihre Schwiegen<br />

3b. Und des Menschen Feinde werden<br />

seine eigenen Hausgenossen sein.<br />

37. Wer Vater oder Mutter mehr<br />

liebet denn Mich, der ist Mein nicht<br />

wert; und wer Sohn oder Tochter<br />

mehr liebet denn Mich, der ist Mein<br />

nicht wert.<br />

35. Und wer nicht sein Äre uz auf<br />

sich nimmt und folget Mir nach, der<br />

ist Mein nicht wert.<br />

3g. wer sein Leben findet, der wird's<br />

5 7 s<br />

verlieren; und wer sein Leben verliert<br />

um Meinetwillen, der wird's<br />

finden.<br />

40. w er euch aufnimmt, der nimmt<br />

Mich auf; und wer Mich aufnimmt,<br />

der nimmt Den auf, der Mich gesandt<br />

hat.<br />

4). wer einen Propheten aufnimmt<br />

in eines Propheten Namen, der wird<br />

eines Propheten Lohn empfahen. Wer<br />

einen Gerechten aufnimmt in eines<br />

Gerechten Namen, der wird eines Gerechten<br />

Lohn empfahen.<br />

4r. Und wer <strong>die</strong>ser Geringsten einen<br />

nur mit einem Becher kaltes Wassers<br />

tränkt in eines Iüngers Namen,<br />

wahrlich, Ich sage euch, es wird ihm<br />

nicht unbelohnet bleiben.<br />

Matth. 10, 34—42<br />

„Friede auf Erden", so sangen <strong>die</strong> Engel über der Rrippe des Heilands.<br />

„Selig sind <strong>die</strong> Friedensstifter", so klingt's in der Bergpredigt.<br />

„Meinen Frieden gebe Ich euch", so sagt's der Herr den Seinen. —<br />

Hier hören w ir das Gegenteil! E s ist falsch, zu meinen, Iesus sei<br />

gekommen, Frieden zu senden auf Erden. E r bringt das Schwert.<br />

M it heiligem Ernst scheidet E r Sich von den Pharisäern, selbst in<br />

<strong>die</strong> Familien bringt Er Zwiespalt. — Der Schlüssel zu <strong>die</strong>sem Geheimnis<br />

liegt in Seiner Person. E s gilt, Ih n lieben über alles,<br />

über alle Menschen, auch über <strong>die</strong> Nächsten, lieben über alle Dinge,<br />

auch über das eigene Leben. Dabei erkennen w ir zweierlei: <strong>Das</strong><br />

Schwert des Geistes, das Iesus bringt, <strong>die</strong>nt nicht einer gewaltsamen<br />

Ausbreitung des Glaubens; es ist das W ort, das W ort<br />

der Wahrheit, w e r das führt, muß auf Dampf und Leid gefaßt<br />

sein. Zum andern: D a s Wort vom Schwert hebt das Wort<br />

vom Frieden nicht auf. w e r unter den Steinwürfcn beten kann:<br />

„Herr, behalte ihnen <strong>die</strong>se Sünde nicht!", der h a t den Frieden, welcher<br />

höher ist als alle Vernunft. Daß aber Lohn verheißen wird<br />

denen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Lhristuszeugen um solches ihres Dienstes willen aufnehmen,<br />

darf nicht stolz machen. <strong>Das</strong> verbieten schon <strong>die</strong> Namen<br />

<strong>die</strong>ser Lhristusboten: Prophet, Gerechter, Iünger. Prophet wird man


S7§ Woche des s. Sonntags nach Trinitatis<br />

durch Gottes Auftrag, gerecht durch Gottes vergeben, Iünger durch<br />

Iesu W ahl. Sie alle haben ihr Leben an Christus „verloren" und so<br />

ihr Leben „gefunden".<br />

Die andere Lesung: Lukas g, -s—rS<br />

Sonnabend nach dem s.<br />

rs. Es ging aber viel Volks mit Ihm;<br />

und Er wandte Sich und sprach zu<br />

ihnen:<br />

rd. So jemand zu Mir kommt und<br />

hasset nicht seinen Vater, Mutter,<br />

Weib, Linder, Bcüder, Schwestern,<br />

auch dazu sein eigen Lebe», der kann<br />

nicht Mein Iünger sein.<br />

2 7- Und wer nicht sein Lreuz trägt<br />

und Mir nachfolget, der kann nicht<br />

Mein Jünger sein.<br />

rr. wer ist aber unter euch, der einen<br />

Turm bauen will und sitzt nicht zuvor<br />

und überschlaget <strong>die</strong> Losten, ob<br />

er's hab«, hinauszuführen?<br />

rg. Auf daß nicht, wo er den Grund<br />

gelegt hat und kann's nicht hinausführen,<br />

alle, <strong>die</strong> es sehen, fangen an,<br />

sein zu spotten,<br />

so. und sagen: Dieser Mensch hub an<br />

S o n n ta g nach Trinitatis<br />

zu bauen, und kann's nicht hinausführe».<br />

sz. Oder welcher Lönig will sich begeben<br />

in einen Streit wider einen andern<br />

Lönig und sitzt nicht zuvor und<br />

ratschlaget, ob er könne mit zehntausend<br />

begegnen dem, der über ihn<br />

kommt mit zwanzigtauscnd?<br />

3r. Wo nicht, so schickt er Botschaft,<br />

wenn jener noch ferne ist, und bittet<br />

um Frieden.<br />

33. Also auch ein jeglicher unter euch,<br />

der nicht absaget allem, das er hat,<br />

kann nicht Mein Iünger sein.<br />

3 4. <strong>Das</strong> Salz ist ein gut Ding; wo<br />

aber das Salz dumm wird, womit<br />

wird man's würzen?<br />

33. Es ist weder auf das Land noch<br />

in den Mist nütze, sondern man wird's<br />

wegwerfen, w er Ohren hat, zu hören,<br />

der höre! Luk. 14, rs—33<br />

Derselbe Iesus, der immer wieder alle Mühseligen und Beladenen<br />

mit lockender Liebe zu Sich lädt, allen Dürstenden Erquickung verheißt,<br />

ruft hier in <strong>die</strong> Menge ein warnendes W ort hinein, ja, ein<br />

W ort der Abschreckung, llberlegt's euch wohl! v o r einem B au wird<br />

ein Lostenanschlag gemacht, vor einem Lrieg wägt man das Kräfteverhältnis!<br />

E s kostet viel, ein Christ zu sein! w a s kostet's denn?<br />

Alles! w e r nicht kann absagen allem, was er hat, kann nicht Mein<br />

Iünger sein! wieder spüren w ir <strong>die</strong> Gotteshoheit des ersten Gebotes<br />

um den Gottessohn: „Über alle Dinge" — über <strong>die</strong> Familie,<br />

über das Leben, über <strong>die</strong> Ehre — darauf zielt das W ort „Äreuz".<br />

Sind denn Familie, Leben, Ehre nicht gottgeschenkte w erte, denen<br />

wir nach Gottes w illen und Ordnung verpflichtet sind? Gewiß!<br />

Niemand bindet uns fester in Gottes Ordnung als Iesus. <strong>Das</strong>


Woche des s. Sonntags nach Trinitatis<br />

S77<br />

Absagen ist so zu verstehen: w o Iesus kommt, bricht der<br />

neue Himmel und <strong>die</strong> neue Erde an, <strong>die</strong> uns verheißen sind.<br />

Alle Ordnungen unseres Lebens sind gnädige Ordnungen Gottes,<br />

Ordnungen aus Zeit, nicht Ordnungen aus Seiner ewigen Herrlichkeit.<br />

E r schenkt uns Vater, Mutter, Weib, Lind, damit w ir bewahrt<br />

werden aus <strong>die</strong>sen Tag, damit w ir untereinander das W ort von der<br />

kommenden Erlösung weitersagen. Hier aber setzt der Widersacher<br />

«in: E r will uns verführen, <strong>die</strong> Wiederkunft Christi zu vergessen<br />

und <strong>die</strong> irdischen Ordnungen als ewig zu preisen. Dann werden sie<br />

nicht zum Segen, sondern sie trennen von Christus. Deshalb hier<br />

<strong>die</strong> harten W orte: „ w e r nicht hasset ..." . Unüberhörbar richtet<br />

Christus Seine Botschaft aus.<br />

Die ander« Lesung: Matthäus 7, r4—27


57« Woche des S. Sonntags nach Trinitatis<br />

Sechster Sonntag nach Trinitatis<br />

Fürchte dich nicht, denn Ich habe dich erlöst; Ich habe dich bei<br />

deinem Namen gerufen; du bist Mein!<br />

Irsaias 43, 1<br />

D a s E v a n g e l i u m<br />

20. Denn Ich sag« «uch: Es sei denn<br />

eure Gerechtigkeit besser denn der<br />

Schriftgelehrten und Pharisäer, so<br />

werdet ihr nicht in das Himmelreich<br />

kommen.<br />

2f. Ihr habt gehört, daß zu den Alten<br />

gesagt ist: „Du sollst nicht töten; wer<br />

aber tötet, der soll des Gerichts schuldig<br />

sein."<br />

22. Ich aber sag« euch: wer mit seinem<br />

Bruder zürnet, der ist des Gerichts<br />

schuldig; wer aber zu seinem<br />

Bruder sagt: Racha! der ist des Rats<br />

schuldig; wer aber sagt: Du Narr!<br />

der ist des höllischen Keuers schuldig.<br />

r3. Darum, wenn du dein« Gabe auf<br />

dem Altar opferst und wirst allda eingedenk,<br />

daß dein Bruder etwas wider<br />

dich habe,<br />

24. so laß allda vor dem Altar dein«<br />

Gabe und gehe zuvor hin und versöhne<br />

dich mit deinem Bruder, und<br />

alsdann komm und opfre deine Gabe.<br />

25. Sei willfertig deinem Widersacher<br />

bald, <strong>die</strong>weil du noch bei ihm auf dem<br />

Wege bist, auf daß dich der Widersacher<br />

nicht dermaleins überantworte<br />

dem Richter, und der Richter überantworte<br />

dich dem Diener, und werdest<br />

in den Lecker geworfen.<br />

2b. Ich sage dir wahrlich: Du wirst<br />

nicht von dannen herauskommen, bis<br />

du auch den letzten Heller bezahlest.<br />

Match, s, 20—rtz<br />

„ w e n n eure G e r e c h tig k e it n ich t besser ist d e n n d ie der S c h r iftg e le h r t e n<br />

u n d P h a r is ä e r . . . " ! I s t u n sere G e r e c h tig k e it w ir k lic h b e sse r )<br />

E s h a n d e lt sich in u n serem T e x t w o r t u m d ie rechte A u s l e g u n g d e s<br />

fü n f t e n G e b o t s : „ D u so llst n ic h t tö te n " . N e h m e n w i r n u n e in m a l<br />

a n , je m a n d h a b e ein en a n d e r n M e n sch e n u m g e b r a c h t, u n d w i r s o llte n<br />

d a r ü b e r u n ser U r te il a b g e b e n , w i e v ie le reden u n d denken d a n n s o :<br />

T ö t e n u n d T ö t e n ist nicht d a ss e lb e , so n d e r n es k o m m t d a b e i e r ste n s<br />

d a r a u f a n , w i e es ein er m a ch t, o b in e in e m eh rlich en Z w e ik a m p f o d e r<br />

m it fe ig e r H in t e r lis t ; z w e it e n s d a r a u f , w a s ih n z u sein er T a t g e ­<br />

tr ie b e n h a t, o b sie in der N o t w e h r gesch ah o d er in p lötzlich er Z o r n ­<br />

a u f w a l l u n g o d er z u f o lg e e in e s la n g e a u f E i s g e le g te n H a s s e s ; d r itte n s<br />

d a r a u f, w a s d er T ä te r fü r Z w e c k e h a tte , o b er d e n E r m o r d e te n<br />

b erau b en o d er sich a n ih m rächen w o l l t e , o d e r o b er g a r u m e in e s<br />

h o h e n I d e a l s w i l le n ein en M o r d b e g in g . G u t ! E i n w e ltlic h e r R ic h te r<br />

w i r d d ie s a lle s b erücksichtigen m ü ssen , b e v o r er sein U r te il f ä l lt .<br />

A b er k o m m t er d a m it a n e in E n d e , so d a ß er sa g e n d ü r fte : I c h b in


ö. Sonntag nach Trinitatis s?g<br />

g a n z gerech t g e w e s e n ) U n d g ib t e s n ich t geschickte A d v o k a te n , <strong>die</strong><br />

selbst in v e r z w e if e lt e n Fällen ggx <strong>die</strong>se G e sic h tsp u n k te so i n s Licht<br />

z u rücken v er ste h e n , d a ß m a n sch ließ lich S c h w a r z u n d w e i ß n ich t<br />

m e h r u n tersch eid en k a n n ) w i e v ie le M en sch e n g la u b e n ih n e n n u r<br />

a llz u g e r n e , u n d w a s fü r e in geschickter A d v o k a t ist erst u nsere<br />

V e r n u n f t , w e n n sie in e ig e n e r S a c h e red et! w i e v e r m a g sie sich d a<br />

a lle s z u r e c h tz u le g e n ! w i e k lu g w is s e n w i r u n s zu en tsc h u ld ig e n<br />

u n d d en andern a n z u k la g e n ! w i e g er n e g la u b e n w i r sch ließ lich<br />

selbst den h a lb e n W a h r h e it e n , d ie w i r a n d e r n ein zu red en v ersu c h e n !<br />

A ls o ist d ie F r a g e w o h l b e r e c h tig t, o b unsere G e r e c h tig k e it w i r k ­<br />

lich besser ist a l s <strong>die</strong> der S c h r iftg e le h r t e n u n d P h a r is ä e r .<br />

S i e ist u m keinen D e u t besser. E s ist d e s h a lb ein g r o ß e r I r r t u m ,<br />

zu m e in e n , d a ß d ie S c h r iflg e le h r t e n u n d P h a r is ä e r a lle la u te r H eu ch ler<br />

g e w e s e n seien in d em G in n e , d a ß sie b e w u ß t u n d a b sich tlich d a s<br />

G e g e n t e il v o n d em ta te n , w a s sie leh rte n . V ie lm e h r ist d ie S a c h e so :<br />

w i e w i r im m e r w ie d e r v o r der F r a g e steh en , o b d ie I d e a le u n d<br />

sittlic h e n M a ß s tä b e , <strong>die</strong> w i r ö ffe n tlic h v er tr e te n u n d h o c h h a lte n , sich<br />

m it den T a tsa ch en d es w ir k lic h e n L eb en s v e r e in b a r e n la sse n , so sta n d en<br />

s i e v o r der F r a g e , w i e sich G o t t e s G e b o te a u f d a s w ir k lic h e L eben<br />

der M en sch en a n w e n d e n lie ß e n , w i r s a g e n : M a n kann n ich t im m e r<br />

so h a n d e ln , w i e m a n e ig e n tlic h s o llte ; m a n m u ß m a n c h m a l f ü n f<br />

g era d e sein la sse n . R l i n g t e s d a n n n ic h t, so k la p p t e s d o ch . S i e<br />

s a g te n : G o t t e s G e b o te sin d h e ilig u n d u n a n ta s tb a r . G e w i ß ! A b er<br />

w e n n m a n d a n a ch s o ll leb en k ö n n en , d a n n m u ß m a n sie f ü r jeden<br />

e in z e ln e n F a ll b e so n d e r s a u s le g e n , d a s ein e M a l so , d a s a n d ere M a l<br />

a n d e r s , d ie ein en e t w a s str e n g e r , d ie a n d e r n e t w a s m ild e r . D a r ü b e r<br />

kann m a n streiten , w a s d a b ei h e r a u sk o m m t, ist b ei u n s u n d bei<br />

ih n e n d a sselb e : jene h a lb e o d e r v ie r te l G e r e c h tig k e it, v o n w e lc h e r der<br />

H e r r s a g t, d a ß m a n m it ih r n ich t i n s H im m e lr e ic h k o m m en könne.<br />

I s t sie H e u c h e le i) G e w i ß ! N u r ein e, v o n der d i e g a n z e W e l t<br />

v o l l ist, n ich t b lo ß e in z e ln e M e n sch e n .<br />

D a s h a t I e s u s g e w u ß t . D a r u m h a t er d ieser h euchlerischen menschlichen<br />

G e r e c h tig k e it d i e G e r e c h tig k e it g e g e n ü b e r g e s te llt, d ie v o r<br />

G o t t g il t . w i r M e n sch e n seh en , w a s v o r A u g e n ist, G o t t a b er<br />

sie h t d a s H e r z a n . w i r seh en d ie T a t , n ach d em sie gesch eh en ist,<br />

u n d suchen sie n a c h tr ä g lic h zu erk lären ; G o t t a b er sieh t d en w i l l e n ,<br />

der z u r T a t f ü h r t , b e v o r sie geschehen ist. V o r S e i n G e r ic h t<br />

g e h ö r t n ich t erst d er, der e in en a n d e r n to tg e sc h la g e n hat, so n d e r n


sso<br />

Woche öcs b. Sonntags nach Trinitatis<br />

sch on d e r , der Z o r n u n d H a ß g e g e n ih n im H e r z e n t r ä g t , v o n<br />

S e i n e n H o h e n R a t k o m m t m a n n ic h t erst, w e n n m a n b e r e its ein en<br />

M o r d b e g a n g e n hat, son d e r n sch on , w e n n m a n z u sein em B r u d e r<br />

s a g t : „ D u L u m p " o d e r: „ D u S c h u f t " . D a r u m s o lle n w i r , b e v o r<br />

w i r v o r S e i n h e ilig e s A n g e s ic h t tr e te n — b eim «O pfer im T e m p e l<br />

oder (h eu te) b eim H e ilig e n A b e n d m a h l — , a lle s i n s R e in e b r in g e n ,<br />

w a s u n s v o n u n serem B r u d e r tr e n n t. E s ist besser, w i r sch ieben d a s<br />

«O pfer o d er den G a n g z u m H e ilig e n A b e n d m a h l a u f , b is w i r d a s<br />

g e ta n h a b e n . S o n s t n im m t G o t t d a s «O pfer n ich t a n ; so n st v e r ­<br />

w a n d e lt E r d en S e g e n d e s H e ilig e n A b e n d m a h ls in e in e n A u c h .<br />

D e n n E r sieh t i n s H e r z . „ S e i w i l l f ä h r i g d ein em W id e r s a c h e r bald"!<br />

D e r T o d k önnte z w isc h e n euch tr e te n , u n d d a n n k o m m t d ie S a c h e , <strong>die</strong><br />

euch tr e n n t, v o r den e w ig e n R ic h te r . D a g ib t es keine m en sch lich en<br />

A d v o k a te n .<br />

N u n sa g st d u : w e n n d er a n d ere a b er n ich t w i l l ) D a r a u f ist zu<br />

a n t w o r t e n : w a n n sa g st d u d a s ) B e v o r d u ü b e r h a u p t ein en V ersu c h<br />

g em a c h t h a st oder n a c h h e r ) S a g s t d u e s v o r d e m v e r s u c h , d a n n bist<br />

d u g e n a u so ein H eu c h ler w i e d ie G c h r iftg e le h r te n u n d P h a r is ä e r ,<br />

v ie lle ic h t noch ein sch lim m e r e r . D e n n d u h a st ja d e in e s H e r r n k lares<br />

W o r t . S a g s t d u es aber nachher, u n d d ein G a n g w a r w ir k lic h<br />

v e r g e b e n s , d a n n t r if f t dich a lle r d in g s keine S c b u ld m e h r . D a n n m a g s t<br />

d u g e tr o st z u m H e ilig e n A b e n d m a h l k o m m en .<br />

D u s a g st w e it e r : w e n n e s n u n a lle so m a c h te n , d a n n b rauch te es<br />

ja g a r keine R ic h te r u n d R e c h t s a n w ä lt e m e h r z u g eb en . G e w i ß n ic h t!<br />

A b er w ä r e d a s d en n s c h lim m ) D o c h d a r u m b rauch st d u keine S o r g e<br />

z u h a b e n ; alle m a c h e n e s n ic h t s o . S o l a n g e <strong>die</strong>se W e l t steh t,<br />

w i r d e s d a r u m auch im m e r m en sch lich es G e r ic h t, m en sch lich e R ic h te r<br />

u n d R e c h t s a n w ä lt e g e b e n . S o l a n g e a b er C h r isti W o r t recht v e r ­<br />

k ü n d ig t w ir d — es w i r d n ic h t v e r g e h e n b is a n s E n d e a lle r T a g e — ,<br />

w i r d u n s g o t t lo b a u ch der Unterschied z w isc h e n m en sch lich er G e ­<br />

rech tig k eit u n d der G e r e c h tig k e it, d ie v o r G o t t g il t , klar v o r A u g e n<br />

b le ib e n . D a s ist e in g r o ß e r u n d g e w a lt ig e r S e g e n , f ü r d en w i r<br />

u n serem H e r r n g a r n ich t g e n u g danken k ö n n en . D e n n w e n n d a s n ich t<br />

w ä r e , w a s w ü r d e d a n n a u s u n seren m en sch lich en B e g r i f f e n v o n<br />

R e c h t u n d U n r e c h t) w i e sch w a n k en d sin d sie, w e n n u n sere m en sch ­<br />

liche V e r n u n f t ihre a lle in ig e A u s le g e r in ist! U n d w a s w ü r d e a u s<br />

u n serem m en sch lich en D a s e in , w e n n im G e w i s s e n d er M en sch en<br />

d a s R e c h t r e g ie r te , d a s in B ü c h e r n u n d G e se tz e s s a m m lu n g e n g e ­


. Sonntag nach Trinitatis sr?<br />

sch rieben ste h t? D a r ü b e r denke e in m a l n a c h ! D u w ir s t n ic h t d a m it<br />

z u E n d e k o m m e n . A b er w e n n d u a u ch n u r e in w e n i g e s d a v o n b e ­<br />

g r if f e n h a st, w ir s t d u ein w e n i g besser v ersteh en , w e s h a lb d ie ch ristliche<br />

G e m e in d e in jedem G o tte s d ie n s t , so b a ld d a s E v a n g e liu m v e r ­<br />

lesen ist, s in g t : „ L o b sei D i r , o C h riste" .<br />

3. wisset ihr nicht, daß alle, <strong>die</strong> wir<br />

in Jesum Christ getauft sind, <strong>die</strong> sind<br />

in Seinen Tod getauft?<br />

4- So sind wir ja mit Ihm begraben<br />

durch <strong>die</strong> Tauf« in den Tod, auf daß,<br />

gleichwie Christus ist auferweckt von<br />

den Toten durch <strong>die</strong> Herrlichkeit des<br />

Vaters, also sollen auch wir in einem<br />

neuen Leben wandeln.<br />

S. So wir aber samt Ihm gepflanzet<br />

werden zu gleichem Tod«, so werde»<br />

wir auch Seiner Auferstehung gleich<br />

sein,<br />

v. <strong>die</strong>weil wir wissen, daß unser alter<br />

Mensch samt Ihm gekreuziget ist, auf<br />

daß der feindliche Leib aufhöre, daß<br />

wir hinfort der Sünde nicht <strong>die</strong>nen.<br />

D i e E p i s t e l<br />

7. Denn wer gestorben ist, der ist gercchtfertiget<br />

von der Sünde,<br />

s. Sind wir aber mit Christo gestorben,<br />

so glauben wir, daß wir auch<br />

mit Ihm leben werden,<br />

9. und wissen, daß Christus, von den<br />

Toten erwecket, hinfort nicht sterbet;<br />

der Tod wird hinfort über Ihn nicht<br />

herrschen.<br />

10. Denn das Er gestorben ist, das<br />

ist Er der Sünde gestorben zu<br />

einem Mal; das Er aber lebet, das<br />

lebet Er Gott.<br />

z i. Also auch ihr, haltet euch da<strong>für</strong>,<br />

daß ihr der Sünde gestorben seid und<br />

lebet Gott in Christo Jesu, unserm<br />

Herrn. Röm. S, s—11<br />

G r o ß ist - e r S e g e n d e s W o r t e s C h r is ti, eb en so g r o ß a b e r der G e g e n<br />

S e i n e r S a k r a m e n te . D e r A p o s te l sp rich t h ie r v o n der H e ilig e n T a u f e ,<br />

w a s b ed eu tet e s , - a ß w i r a u f d en N a m e n I e s u C h r is ti g e t a u f t s in d ?<br />

D e r T e x t s a g t s o : „ w i r a lle , d ie w i r a u f C h r is tu s g e t a u f t sin d , sin d<br />

in S e i n e n T o d h in e in g e t a u f t ; w i r sin d m it I h m durch d ie T a u f e<br />

in den T o d h in e in b e g ra b e n , d a m it, eb en so w i e C h r is tu s w i e d e r -<br />

a u f erweckt w u r d e v o n d en T o t e n durch d e s V a t e r s H e r r lic h k e it,<br />

a u c h w i r f o r t a n in e in e m neuen L eben w a n d e ln " . F ü r Christus<br />

w a r S e i n S t e r b e n e ig e n tlic h n u r ein e T a u f e . D e n n E r g in g ja<br />

durch den T o d h in d u rch zu ein em n e u e n L eben. I n d iesem n e u e n L eben<br />

ist I h m a lle G e w a l t im H im m e l u n d a u f E r d e n g e g e b e n . F ü r u n s<br />

ist d ie T a u f e e in S t e r b e n u n d A u fer ste h e n m it C h r is tu s . D e n n so w i e<br />

w i r jetzt sin d , k ö n n en w i r n ic h t L in d e r d e s R e ic h e s G o t t e s w e r d e n ,<br />

w e i l Fleisch u n d B l u t d a s R e ic h G o t t e s n ic h t ererb en k ö n n e n . A ls o<br />

b ed eu tet d ie T a u f e , d a ß w i r A n t e il h a b e n a n d e m , d a s zu erst a n I e s u s<br />

C h r is tu s in S e i n e m S t e r b e n u n d A u fer ste h e n geschehen ist.


«r<br />

Woche des ö. Sonntags nach Trinitatis<br />

D u fr a g s t : D ie T a u f e ist a b er doch a » m ir v o llz o g e n w o r d e n , a l s<br />

ich noch ein u n m ü n d ig e s L in d w a r . w i e kann sie so g r o ß e D in g e<br />

t u n ? D e r A p o ste l a n t w o r t e t : D u bist in ih r m it d em sterbenden u n d<br />

a u fe r sta n d e n e n C h r is tu s „ z u s a m m e n g e w a c h s e n " (L u th e r ü b e r ­<br />

setzt: m it I h m „ g e p f la n z t " ) . D a r u m g esch ieh t fo r ta n a n d ir , w a s<br />

zu erst a n I h m g esch ah . — A b er w i e g esch ieh t e s ? — D a d u r c h , d a ß<br />

d u S e i n e r G e m e i n d e z u g c h o r st, e in „ G lie d m a ß " a n S e i n e m<br />

Leibe b ist. D e n n S e i n e G e m e in d e ist S e i n „ L eib " . — S o l l t e d a s<br />

a lle in s o v ie l a u s m a c h e n ? — I a ! w e n n d u in d ieser G e m e in d e C h r isti<br />

W o r t h ö r st, so k o m m st d u g a n z v o n selbst u n te r d ie L e itu n g S e i n e s<br />

H e ilig e n G e is t e s . D e r t i l g t d a s D o s e in d ir u n d w eckt d a s G u t e<br />

z u m L eben. E r m a c h t, d a ß der a lte M en sch tä g lic h in d ir sterben<br />

m u ß u n d d a ß der n eu e le b e n d ig w ir d . D a s h a st d u doch sch on selbst<br />

g em erk t, w e n n G o t t e s W o r t dich t r a f , n ich t w a h r ? — B r a u c h e ich<br />

d a b ei selbst n ic h ts w e i t e r z u t u n ? — N e i n ! w e n n d u n u r d ie V e r ­<br />

b in d u n g z u m L eibe C h r is ti n ich t a b r eiß e n lä ß t , C h r isti W o r t r e g e l­<br />

m ä ß ig h ö rst u n d a m S a k r a m e n t d e s H e ilig e n A b e n d m a h ls ^ teiln im m st,<br />

d a s B e t e n n ich t v e r g iß t , so t u t G o t t e s H e ilig e r G e is t a lle s a n d ere<br />

a n d ir g a n z a lle in , bei d em ein en la n g s a m u n d a llm ä h lic h , b ei d e m<br />

a n d e r n durch ein en p lötzlich en U m b r u c h sein e s g a n z e n W e s e n s . E s<br />

ist n ich t e in m a l g u t , w e n n d u d ir w e g e n d ein er v ie le n M ä n g e l u n d<br />

S c h w ä c h e n selber v ie le S o r g e n m a ch st. C h r isti W o r t s a g t d ir sch on ,<br />

w o sie sitzen . N im m s t d u a n , w a s E r d ir s a g t, d a n n so llst d u g e ­<br />

w i ß g la u b e n , d a ß C h r is ti L eben sch on in d ir ist. D e n n w e n n d ie<br />

W a h r h e it S e i n e s W o r t e s d a s B ö s e in d ir a n s L ich t z ie h t u n d den<br />

a lte n M e n sch e n in d ir z u m S t e r b e n b r in g t , lä ß t e s a u ch b e r e its<br />

d a s G u t e k eim en . C h r is tu s ist der S ü n d e e i n f ü r a l l e m a l g e ­<br />

sto r b e n . A ls o denke a u ch d u n ic h t in eh r lä n g e r a n d a s , w a s h in te r d ir<br />

lie g t . D a s ist auch g e sto r b e n u n d t o t . w a s d u n u n leb st, d a s leb st d u<br />

G o t t in C h r is tu s I e s u s . — D u s a g st: w i e m e r k w ü r d ig ! D a s ist<br />

e ig e n tlic h v ie l e in fa c h e r , a l s ich e s m ir g ed a ch t h a tte . — I a , g la u h e<br />

n u r , es ist v ie l ein fa c h e r , g r ö ß e r u n d h errlich er, a ls d u e s d ir jem<br />

a ls a u sü en k en k ö n n test. E s k o m m t eben v o n G o t t u n d n ich t v o n<br />

M e n sch e n , w a s v o n G o t t k o m m t, ist im m e r ein fa c h u n d g r o ß .<br />

<strong>Das</strong> Lied der Woche<br />

C h r ist, u n ser H e r r , z u m I o r d a n kam


Die heilige Taufe<br />

srs<br />

D a s ist e in s der L a t e c h is m u s lic d e r M a r t in L u th e r s : d a s L ied z u m<br />

4 . H a u p tstü ck v o m S a k r a m e n t der H e ilig e n T a u f e . D e r H e ilig e G e is t<br />

ist der T ä u f e r . U n sere h e ilig e T a u f e ste h t u n m itte lb a r n eb en der T a u f e<br />

d e s H e r r n I e s u s im I o r d a n . S i e ist der G r u n d u n seres C h r is te n ­<br />

g la u b e n s u n d L h r iste n lc b e n s. S i e g e b ie te t d ie christliche U n t e r w e is u n g<br />

u n d E r z ie h u n g a lle r G e t a u f t e n . S i e ist der g o ttg esch en k te A n f a n g<br />

u n serer A u fe r s te h u n g durch C h r is ti B l u t u n d T o d . D ie s e s L ied s o llte<br />

b ei jeder S p e n d u n g d e s S a k r a m e n t s der H e ilig e n T a u f e im G o t t e s ­<br />

h a u s g e s u n g e n w e r d e n .<br />

w o d ie se s L ied n ic h t im G e sa n g b u c h steh t, d ie n t a l s L ied der W o c h e :<br />

I c h b in g e t a u f t a u f D e in e n N a m e n<br />

S e i n e Ü b ersch rift la u t e t : „ Z u r tä g lic h e n E r n e u e r u n g - e s T a u f -<br />

b u n d e s " . E s blickt a u f d ie v o llz o g e n e H e ilig e T a u fe zurück u n d e r ­<br />

n e u e r t d a s T a u f g e lö b n is m it ern stem E n ts c h lu ß fü r d ie Z u k u n ft.<br />

T a u f e , L o n f ir m a t io n u n d B e w ä h r u n g im letzten S t ü n d l e i n , d a s<br />

g e h ö r t z u s a m m e n .<br />

<strong>Das</strong> Gebet der Woche<br />

Allmächtiger, ewiger Gott, der Du <strong>die</strong> ganze Christenheit durch<br />

Deinen Heiligen Geist heiligest und regierest, erhöre unser Gebet<br />

und gib gnädiglich, daß sie mit allen ihren Gliedern in reinem<br />

Glauben, in Heiligkeit und Gerechtigkeit, so Dir gefällig istz<br />

durch Deine Gnade Dir <strong>die</strong>ne, um Jesu Christi, Deines Sohnes,<br />

unsers Herrn und Heilands, willen. AMen.<br />

. -I-<br />

Die heilige Tauf«<br />

M a s ist <strong>die</strong> Taufe? — Line göttliche Handlung. Nicht Menschen<br />

haben sie erfunden. Iesus Christus hat sie Seinen Iüngern geboten im Blick<br />

auf alle Völker: Taufet sie! Darum ist sie mit Gottes Lrlösungswcrk und<br />

Seinem klaren Heilsplan aufs engste verbunden und menschlichem Grübeln<br />

entzogen. Sie gehört zu den Heiligtümern der Christenheit. Litern und Paten,<br />

<strong>die</strong> samt der gläubigen <strong>Gemeinde</strong> Zeugen der Handlung sind, sollen darauf<br />

merken, wenn der Geistliche nach dem Befehl Christi «in kleines Menschenkind<br />

21 <strong>Das</strong> <strong>Kirchenbuch</strong>


884<br />

Woche des b. Sonntags nach Trinitatis<br />

also anredet: „Ich taufe dich in dem Namen des Vaters und des<br />

Sohnes und des Heiligen Geistes". Der Herr selber ist dann in<br />

unserer Mitte, wir hören Seine Stimme. Denn Christus sagt: „Wer euch<br />

hört, der hört Mich" (Luk. io, ib>. In solcher Stunde dürfen wir glauben:<br />

„Gewiß ist der Herr an <strong>die</strong>sem L>rt — hier ist <strong>die</strong> Pforte des Himmels",<br />

vom Augenblick der Tauf« an bleibt der Himmel über uns aufgetan. Der<br />

Ruf der Taufstund« geht bald leiser, bald lauter mit uns durch unser ganzes<br />

Leben. Wenn Luther dunkle Schwermut überfiel, tröstete er sich mit der<br />

Gewißheit: Der dich bei deinem Namen rief: Du, Martine, hat in der Taufe<br />

einen Bund mit dir gemacht — Er verläßt dich nicht, Er spricht:<br />

Fürchte dich nicht,<br />

denn Ich habe dich erlöset,<br />

Ich habe dich bei deinem Namen gerufen — du bist Mein!<br />

Icsaias 43, z<br />

w a s gibt Gott in der Taufe? — Er gibt uns <strong>die</strong> beiden großen<br />

Gaben Seiner Gnade: Vergebung der Sünden und Heiligen<br />

Geist.<br />

<strong>Das</strong> gibt Er Uns „in, mit und unter dem Wässer", sobald Sein Wort erklingt,<br />

und wenn das gläubige Her; solche Gaben in Ehrfurcht annimmt.<br />

<strong>Das</strong> Wasser ist nicht nur «in Zeichen der Reinigung. Die Taufe Iohannis<br />

des Täufers bedeutete zwar mehr als <strong>die</strong> äußerlichen Waschungen seiner Zeit,<br />

sie war «in« Taufe zur Buße. Die christliche Taufe dagegen ist eine Taufe der<br />

Wiedergeburt. Luther sagt im Linnen Latechismus: „Es (das Untertauchen<br />

im Wasser) bedeutet, daß der alte Adam zn uns durch tägliche Reue<br />

und Buße soll ersäufet werden und sterben mit allen Sünden und bösen<br />

Lüsten; und wiederum täglich herauskommen und auferstehen «in neuer Mensch,<br />

der in Gerechtigkeit und Reinigkeit vor Gott ewiglich lebe". E s geht um<br />

Sterben und Auferstehen. Iesus ließ Sich taufen, um Sich dadurch<br />

in Gemeinschaft mit allen anderen Menschen unter das Gesetz des Todes zu<br />

stellen. Denn der Tod ist der Sünde Sold. Er hat Sein Leiden und Sterben<br />

Selbst mit Seiner Taufe verglichen (Luk. lr, so). Auch „wir sind samt<br />

Christus durch <strong>die</strong> Tauf« begraben in den Tod, auf daß, gleichwie Christus<br />

ist von den Toten auferwecket durch <strong>die</strong> Herrlichkeit des Vaters, also sollen<br />

auch wir in einem neuen Leben wandeln" (Röm. b, 4). Damit wird über<br />

unser« menschliche Art, wie wir sie von unserer Geburt her an uns tragen,<br />

ein sehr hartes Urteil gefällt: sie ist des Todes wert und muß sterben! Und<br />

zugleich wird uns «in ganz neuer Anfang gesetzt: wir werden in das neue<br />

Leben Christi hineingetaucht. <strong>Das</strong> neue Leben wirkt in uns Gottes Heiliger<br />

Geist. „Ich will Meinen Geist auf deinen Samen gießen und Meinen Segen<br />

auf deine Nachkommen" (Ies. 44, 3). S o heilt uns der Herr durch <strong>die</strong> Taufe<br />

von der Sünde, <strong>die</strong> uns von allen Seiten umgibt und in uns ist. Indem wir


Die heilig« Tauft<br />

srin<br />

Gemeinschaft der Gläubigen leben, werden wir durch Seinen Heiligen<br />

Geist wiedergeboren zu einem neuen Menschen, w er <strong>die</strong> Taufe verachtet,<br />

der verachtet Christi Gebot, w er das Anrecht auf <strong>die</strong> Taufe von menschlichen<br />

und völkischen Erwägungen abhängig macht, übertritt Sein Gebot. Denn Er<br />

hat gesagt: Taufet all« Völker! w o <strong>die</strong> Taufe im Glauben empfangen wird,<br />

gilt Christi Verheißung:<br />

Sieh«, Ich mach« alles neu.<br />

Offenbarung r), s<br />

Was Er sagt, das hält Er gewiß.<br />

welchen „tätigen" Anteil hat der Mensch am Taufgeschehen?<br />

— wer da glaubt undLetauft wird, der wird selig werden,<br />

wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.<br />

Immer wieder ist im Laufe der Lirchengeschicht« <strong>die</strong> 8rage aufgeworfen,<br />

ob zur vollen Wirkung der Tauf« nicht auch der wache, offen bekannte Glaube<br />

des Täuflings als Voraussetzung gehört. Rönnen aber Linder schon glauben?<br />

Und wenn nicht, kann es darin eine Stellvertretung geben durch Eltern und<br />

Paten? Ist nicht <strong>die</strong> Erwachsenentaufe, wie sie auf dem Missionsfeld geübt<br />

wird, <strong>die</strong> wahr«, <strong>die</strong> Lindertaufe aber <strong>die</strong> falsch« Taufe? w ar nicht der weg<br />

des frommen Lämmerers der Lönigin Äandaze, der zuerst von Philippus<br />

unterwiesen wird in der Schrift, dann seinen Glauben bekennt und daraufhin<br />

erst getauft wird, der einzig zulässige Taufweg? (Ap. Gesch. S, rö—40).<br />

<strong>Das</strong> ist <strong>die</strong> 8rage der Wiedertäufer aus der Reformationszeit und der Baptisten.<br />

Luther hielt es hierin mit der Lirche der väter. Sie wagten den<br />

Schritt zur Lindertaufe in dem Geist dessen, der <strong>die</strong> Lindlein zu Sich<br />

kommen ließ. Durch <strong>die</strong> Lindertaufe wir- <strong>die</strong> Allmacht und Hoheit Gottes<br />

«bezeugt: Gottes Gnade ist stets zuvorkommende Gnade. „Es liegt<br />

nicht an jemandes wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen" (Röm.<br />

g» ?b). So ist uns gerade <strong>die</strong> Lindertaufe ein sichtbares Unterpfand der<br />

Gnade Gottes, <strong>die</strong> unserem schwachen Glauben vorausgeht, gemäß den Worten<br />

der Schrift:<br />

Ihr habt Mich nicht erwählet,<br />

sondern Ich hab« euch erwählet und gesetzt,<br />

daß ihr hingehet und 8rucht bringet und eure 8rucht bleibe.<br />

Iohannes -s, -ö<br />

Lasset uns Ihn lieben,<br />

denn Er hat uns erst geliebet.<br />

j. Johannes 4, -g<br />

ri»<br />

-«-


»rö<br />

Woche -es S. Sonntags nach Trinitatis<br />

D a s v i e r t e H a u p ts tü c k<br />

v o m S a k r a m e n t der H e ilig e n T a u fe .<br />

Zum ersten.<br />

w a s i s t d i e T a u f e )<br />

D i e T a u f e ist n ic h t a lle in schlecht W a s s e r , so n d ern sie ist d a s W a s s e r<br />

in G o t t e s G e b o t g efa sset u n d m i t G o t t e s W o r t v e r b u n d e n .<br />

w e l c h e s ist denn solch W o r t G o t t e s )<br />

D a u n ser H e r r C h r istu s sp rich t M a t t h ä i a m letzten :<br />

G e h e t h in in a lle W e l t , u n d leh ret a lle V ö lk e r , u n d ta u fe t sie im<br />

N a m e n d e s V a t e r s u n d d e s S o h n e s u n d d e s H e ilig e n G e is t e s .<br />

^ - i . ' ' -<br />

Zum andern.<br />

w a s gibt oder nützet <strong>die</strong> T a u f e )<br />

S i e w ir k e t V e r g e b u n g der S ü n d e n , e r lö se t v o m T o d e u n d T e u fe l<br />

u n d g ib t d ie e w ig e S e lig k e it a lle n , d ie e s g la u b e n , w i e d ie W o r t e<br />

u n d V e r h e iß u n g G o t t e s la u te n .<br />

w e l c h e s sind denn solche W o r t e und V e r h e i ß u n g<br />

Gottes)<br />

D a u n ser H e r r C h r is tu s sp rich t M a r c i a m letzten :<br />

w e r d a g la u b e t u n d g e t a u f t w i r d , der w i r d selig w e r d e n ;<br />

a b er n ic h t g la u b e t , der w i r d v e r d a m m t w e r d e n .<br />

w<br />

Zum dritten.<br />

i e kann W a s s e r solche g ro ß e D i n g e tun)<br />

w e r<br />

W a s s e r t u t ' s fr e ilic h n ic h t, so n d e r n d a s W o r t G o t t e s , so in it u n d<br />

b ei d em W a s s e r ist, u n d der G la u b e , so solch em W o r t e G o t t e s im<br />

W a s s e r t r a u e t; d en n o h n e G o t t e s W o r t ist d a s W a s s e r schlecht<br />

W a s s e r u n d keine T a u f e ; a b er m it d e m W o r t e G o t t e s is t's ein e<br />

T a u f e , d a s ist: e in g n a d en reich W a s s e r d e s L eb en s u n d e in B a d der<br />

n eu en G e b u r t im H e ilig e n G e is te ; w i e S t . P a u l u s s a g t z u T i t o im<br />

d r itte n R a p it e l:


Woche des S. Sonntags nach Trinitatis<br />

SL7<br />

G o t t m a c h t u n s s e lig durch d a s B a d d er W ie d e r g e b u r t u n d E r ­<br />

n e u e r u n g d es H e ilig e n G e is t e s , w e lc h e n E r a u s g e g o s s e n h a t ü b er u n s<br />

reichlich durch I e s u m C h r is tu m , u n sern H e ila n d , a u f d a ß w i r durch<br />

d e s se lb ig e n G n a d e g erech t u n d E r b e n seien d e s e w ig e n L eb en s n ach<br />

der H o f f n u n g . D a s ist g e w iß lic h w a h r .<br />

Zum vierten.<br />

w a s bedeutet denn solch W a s s e r t a u f e n ?<br />

E s b ed eu tet, d a ß der a lte A d a m i n u n s durch tä g lic h e R e u e u n d<br />

B u ß e s o ll e r sä u fe t w e r d e n u n d sterben m it a lle n S ü n d e n u n d b ö se n<br />

L ü ste n ; u n d w ie d e r u m tä g lic h h e r a u sk o m m e n u n d a u ferste h e n e in<br />

n eu er M e n sch , der in G e r e c h tig k e it u n d R e in ig k e it v o r G o t t e w ig lic h<br />

leb e.<br />

w o stehet das geschrieben?<br />

S t . P a u l u s z u d en R ö m e r n a m sechsten sp rich t:<br />

w i r sin d s a m t C h r isto durch d ie T a u f e b e g ra b e n in den T o d , a u f d a ß ,<br />

g le ic h w ie C h r is tu s ist a u fer w e c k e t v o n d en T o t e n durch d ie H e r r lic h ­<br />

keit d e s V a t e r s , a ls o s o lle n a u ch w i r in e in em n eu e n L eben w a n d e ln .<br />

ch<br />

Montag nach dem b. Sonntag nach Trinitatis<br />

Und NUN spricht der Herr, der dich<br />

geschaffen hat: Fürcht« dich nicht, denn<br />

Ich habe dich erlöset; Ich habe dich<br />

bei deinem Namen gerufen; du bist<br />

Mein!<br />

r. Denn so du durch Wasser gehest,<br />

will Ich bei dir sein, daß dich <strong>die</strong><br />

Ströme nicht sollen ersäufen; und so<br />

du ins Feuer gehest, sollst du nicht<br />

brennen, und <strong>die</strong> Flamme soll dich<br />

nicht versengen.<br />

3. Denn Ich bin der Herr, dein Gott,<br />

der Heilig« in Israel, dein Heiland.<br />

Ich habe Ägypten <strong>für</strong> dich als Lösegeld<br />

gegeben, Mohren und Seba an deine<br />

Statt.<br />

4. Weil du so wert bist vor Meinen<br />

Augen geachtet, mußt du auch herrlich<br />

sein, und Ich hab« dich lieb; darum<br />

geb« Ich Menschen an deine Statt und<br />

Völker <strong>für</strong> deine Seele,<br />

s. So <strong>für</strong>chte dich nun nicht; denn Ich<br />

bin bei dir. Ich will vom Morgen<br />

deinen Samen bringen und will dich<br />

vom Abend sammeln<br />

tz. und will sagen gegen Mitternacht:<br />

Gib her! und gegen Mittag: Wehre<br />

nicht! Bringe Mein« Söhne von<br />

ferne her und Meine Töchter von der<br />

Welt Lud«,<br />

7. alle, <strong>die</strong> mit Meinem Namen genannt<br />

sind, <strong>die</strong> Ich geschaffen habe zu<br />

Meiner Herrlichkeit und sie zubereitet<br />

und gemacht. I«s- 44, - - 7


srs<br />

Woche des b. Sonntags nach Trinitatis<br />

Vielfach ist es Sitte, daß <strong>die</strong> Eltern den Namen eines Neugeborenen<br />

geheimhalten bis zur Taufe. Der Brauch hat einen tiefen Sinn.<br />

Namengebung ist Recht des Besitzers. Daß das Lind zum ersten<br />

Male mit seinem Namen angeredet wird da, wo man in Gottes<br />

Auftrag an ihm handelt, zeigt an: E s ist Eigentum Gottes, der<br />

sein Schöpfer und Erlöser ist. E s gehört zu dem Gottesvolk, dessen<br />

Heilsstand allein in Gottes Wahl und Anruf seinen Grund<br />

hat, nicht in menschlichem Entschluß und menschlicher<br />

Leistung. Diesen Tatbestand bezeugt unser prophetisches W ort dem<br />

Gottesvolk des Alten Bundes in der Gefangenschaft: Ich habe dich<br />

bei deinem Namen gerufen, du bist Mein — Ich, -er Herr -er Geschichte,<br />

in dessen Hand alle Völker sind. Am Anfang der Geschichte<br />

des Volkes steht nicht ein heroisches Zeitalter, sondern <strong>die</strong> Erlösung<br />

aus Ägypten, <strong>die</strong> allein Gottes Tat ist. Und <strong>die</strong> Erlösung aus Babel,<br />

<strong>die</strong> hier verheißen wird, vollzieht E r. — M it dem Gottesvolk der<br />

Christenheit ist es nicht anders. Gott schenkt Anteil an Seiner E r­<br />

lösung in der Heiligen Taufe, <strong>die</strong> den Lhristenstand begründet ohne<br />

Zutun des Menschen. Und E r wird in der Vollendung Sein Volk<br />

aus der Zerstreuung sammeln. <strong>Das</strong> bekennen w ir im Ratechismus:<br />

„nicht aus eigener Vernunft und Lraft". <strong>Das</strong> macht demütig, und<br />

das macht getrost. Auf Gottes Gnade ist verlaß.<br />

Die andere Lesung: Titus 3, 4—7<br />

D ienstag nach dem ö. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

rs. Um <strong>die</strong> Mitternacht aber beteten<br />

Paulus und Silas und lobeten Gott.<br />

Und es hörelen sie <strong>die</strong> Gefangenen,<br />

rb. Schnell aber ward ein großes<br />

Erdbeben, also daß sich bewegcten <strong>die</strong><br />

Grundfesten des Gefängnisses. Und<br />

von Stund an wurden alle Türen<br />

aufgetan und aller Band« los.<br />

27. Als aber der Lerkermeistrr aus<br />

dem Schlaf« fuhr und sah <strong>die</strong> Türen<br />

des Gefängnisses aufgetan, zog er das<br />

Schwert aus und wollte sich selbst<br />

erwürgen; denn er meinte, <strong>die</strong> Gefangenen<br />

wären entflohen,<br />

rr. Paulus aber rief laut und sprach:<br />

Tu dir nichts Übels; denn wir sind<br />

all« hie!<br />

rg. Er fordert« aber ein Licht und<br />

sprang hinein und ward zitternd und<br />

fiel Paulus und Silas zu den 8 üßen<br />

30. und führte sie heraus und sprach:<br />

Lieben Herren, was soll ich tun, daß<br />

ich selig werd«)<br />

Sie sprachen: Glaube an den<br />

Herrn Jesum Christum, so wirst du<br />

und dein Haus selig!<br />

sr. Und sagten ihm das Wort des<br />

Herrn und allen, <strong>die</strong> in seinem Hause<br />

waren.<br />

3 3. Und er nahm sie zu sich in derselbigen<br />

Stunde der Nacht und wusch<br />

ihnen <strong>die</strong> Striemen ab; und er ließ<br />

sich taufen und alle <strong>die</strong> Seinen alsobald.


Woche des S. Sonntags nach Trinitatis<br />

srg<br />

34. Und führte sie in sein Haus und<br />

setzt« ihnen einen Tisch und freute sich<br />

mit seinem ganzen Hause, daß er an<br />

Gott gläubig worden war.<br />

35. Und da es Tag ward, sandten<br />

<strong>die</strong> Hauptleut« Stadt<strong>die</strong>ner und sprachen:<br />

Laß <strong>die</strong> Menschen gehen!<br />

3ö. Und der Kerkermeister verkündigte<br />

<strong>die</strong>s« Rede Paulus: Die Hauptleute haben<br />

hergesandt, daß ihr los sein sollt.<br />

Nun ziehet aus und gehet hin mit<br />

8ried«n!<br />

37. Paulus aber sprach zu ihnen: Sie<br />

haben uns ohn« Recht und Urteil öffentlich<br />

gestäupet, <strong>die</strong> wir doch Römer<br />

sind, und in das Gefängnis geworfen,<br />

und sollten uns nun heimlich<br />

ausstoßen? Nicht also; sondern lasset<br />

sie selbst kommen und uns hinausführen!<br />

3S. Die Stadt<strong>die</strong>ner verkündigten<br />

<strong>die</strong>s« Wort« den Hauptleuten. Und sie<br />

<strong>für</strong>chteten sich, da sie höreten, daß sie<br />

Römer wären,<br />

3g. und kamen und redeten ihnen zu,<br />

führeten sie heraus und baten sie, daß<br />

sie auszögen aus der Stadt.<br />

40. Da gingen sie aus dem Gefängnis<br />

und gingen zu der Lydia. Und da<br />

sie <strong>die</strong> Brüder gesehen hatten und getröstet,<br />

zogen sie aus.<br />

Ap. Gesch. Id, 25—40<br />

Wenn irgendein Christ es bestätigen kann, daß wir nicht aus eigener<br />

Vernunft und Lraft zu Iesus Christus kommen können, dann ist<br />

es der Gefängniswärter von Philippi. w e r ihm am Tage der Einlieferung<br />

des Paulus gesagt hätte: Morgen wirst du zu -er <strong>Gemeinde</strong><br />

gehören, <strong>die</strong> <strong>die</strong>ser Mann hier sammelt — an dessen Verstand<br />

hätte er gezweifelt. W ie kam es denn? E r mag sich gewundert haben<br />

über <strong>die</strong> sonderbaren „Verbrecher", <strong>die</strong> um Mitternacht ihren Gott<br />

mit Lobgesängen priesen, obwohl <strong>die</strong>ser Gott sie nicht vor dem Gefängnis<br />

bewahrt hatte. Aber den entscheidenden Angriff auf sein<br />

Herz brachten <strong>die</strong> Ereignisse der Nacht, <strong>die</strong> ihn zur Verzweiflung<br />

trieben, so daß er sich das Leben nehmen wollte. <strong>Das</strong> Bleiben -er<br />

Gefangenen bewahrte ihn vor der Schande, als unzuverlässiger<br />

W ärter dazustehen. E r ahnte, daß ihr Verhalten mit ihrem Gottesglauben<br />

zusammenhing. S o fragt er aus erschüttertem Herzen nach<br />

dem w e g zum Heil, das sie so fröhlich und gelassen machte. Sie<br />

nennen ihm den Lhristusnamen und sagen ihm und den Seinen das<br />

W ort des Herrn. Und dann wurde er getauft. Seine christliche E r­<br />

kenntnis mag noch recht unvollkommen gewesen sein nach dem kurzen<br />

Unterricht — aber des Entscheidenden war er gewiß: Gott hat<br />

mich angenommen. E r freute sich, daß er an Gott gläubig geworden<br />

war, aus Gnaden. Gott kann im Sturm gewinnen!<br />

— Und -aß danach der Bürgermeister <strong>die</strong> Ehre des Paulus öffentlich<br />

wiederherstellen mußte, um <strong>die</strong> -er Apostel so tapfer kämpfte, wie er


Dg0<br />

Woche des S. Sonntags nach Trinitatis<br />

tapfer litt, das wird dem neu gewonnenen Lhristen und der ganzen<br />

<strong>Gemeinde</strong> auch ein Grund zur Hrcude gewesen sein. Die Bereitschaft,<br />

um Christi willen Schmach zu tragen, hindert den Lhristen nicht,<br />

<strong>für</strong> seine Ehre zu kämpfen.<br />

Die andere Lesung: l. Petrus s, z s-r r<br />

M ittw och nach dem b. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

;s. Und sie brachten Lindlein zu Ihm, is. wahrlich, Ich sage euch: Wer das<br />

daß Er sie anrühret«. Die Jünger aber Reich Gottes nicht «mpfähet als ein<br />

fuhren <strong>die</strong> an, <strong>die</strong> sie trugen. Lindlein, der wird nicht hineinkommen.<br />

-4. Da es aber Iesus sah, ward Er<br />

unwillig und sprach zu ihnen: Laßt <strong>die</strong> -S. Und Er herzte sie und legte <strong>die</strong><br />

Rindlcin zu Mir kommen und wehret Hände auf sie und segnete sie.<br />

ihnen nicht; denn solcher ist das Reich<br />

Gottes-<br />

Mark. -o, ;s—?d<br />

Diese kurze Geschichte, <strong>die</strong> w ir bei jeder Taufe hören, hat <strong>für</strong> uns<br />

einen lieblichen Schimmer wie den eines lichten H r ü h lin g sm o rg en s.<br />

S o haben <strong>die</strong> Maler den Vorgang gern dargestellt. I n Wirklichkeit<br />

liegt über der Begegnung Gewitterspannung. Die Iüngcr „fuhren<br />

<strong>die</strong> an", <strong>die</strong> <strong>die</strong> Rinder brachten. Und Iesus ward „unwillig"<br />

über <strong>die</strong> Iünger. <strong>Das</strong> ist gar nicht „lieblich", sondern weist hin<br />

auf eine tiefe Gegensätzlichkeit zwischen den Iüngern und Iesus. Um<br />

was geht es) Iesus sagt es: Um das, was Iesu Sache ist, um das<br />

Reich Gottes, w a s sollen dabei Linder? Die können ja nichts mitbringen<br />

und keine Leistung vorweisen, ja, sie verstehen nicht einmal<br />

etwas davon — so meinen <strong>die</strong> Iünger. Aber das wäre menschlich<br />

gedacht. A u f unser verstehen, Leisten und Mitbringen<br />

kommt gar nichts an, wenn es ums Himmelreich geht. Auch der<br />

Erwachsene kommt nur hinein, wenn er willig ist, sich beschenken<br />

zu lassen, anspruchslos, vertrauensvoll, mit der Demut des Rindes,<br />

dem das Empfangen selbstverständlich ist. Darum hat <strong>die</strong>se Geschichte<br />

bei der heiligen Taufe schon ihre rechte Stelle, obwohl in rhr gar<br />

nicht von der Taufe <strong>die</strong> Rede ist. I n der heiligen Taufe wird es<br />

ganz deutlich: Zu Christus kommen w ir nicht durch unser, sondern<br />

durch Gottes Tun.<br />

Die andere Lesung: Galater s, rS—rg


Woche des S. Sonntags nach Trinitatis 5g,<br />

D onnerstag nach dem b. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

4r. Und Er hat uns geboten, zu piedigen<br />

dem Volk und zu zeuge», daß Er<br />

ist verordnet von Gott ein Richter<br />

der Lebendigen und der Toten.<br />

43. Von Diesem zeugen alle Propheten,<br />

daß durch Seinen Namen alle,<br />

<strong>die</strong> an Ihn glauben, Vergebung der<br />

Sünden «mpfahen sollen.<br />

44. Da Petrus noch <strong>die</strong>se Worte redete,<br />

fiel der Heilige Geist auf alle,<br />

<strong>die</strong> dem Wort zuhoreten.<br />

45. Und <strong>die</strong> Gläubigen aus der Beschneiüung,<br />

<strong>die</strong> mit Petrus kommen<br />

waren, entsetzten sich, daß auch auf<br />

<strong>die</strong> Heiden <strong>die</strong> Gabe des Heiligen<br />

Geistes ausgegossen ward;<br />

4b. denn sie höreten, daß sie mit Zungen<br />

redeten und Gott hoch priesen.<br />

Da antwortet« Petrus:<br />

47. Mag auch jemand das Wasser<br />

wehren, daß <strong>die</strong>se nicht getauft werden,<br />

<strong>die</strong> den Heiligen Geist empfangen<br />

haben gleichwie auch wir)<br />

44. Und befahl, sie zu taufen in dem<br />

Namen des Herrn.<br />

Ap. Gcsch. ?0, 4r—4 ! a<br />

Die christliche Äirche ruht auf den großen Taten Gottes, <strong>die</strong> sie<br />

in ihren hohen Asten feiert. Zum Schauplatz <strong>die</strong>ser Taten hat Gott<br />

ein bestimmtes Volk erwählt, nicht weil es so besonders vortrefflich<br />

war, sondern weil E r es so wollte. Er ist der Herr, der Sich keine<br />

Vorschriften machen läßt. Aber schon das Alte Testament bezeugte,<br />

-aß das in <strong>die</strong>sem Volke bereitete Heil Gottes <strong>für</strong> Angehörige<br />

aller Völker bestimmt ist. S o mußte <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> Jesu, <strong>die</strong><br />

ihren w e g innerhalb Israels antrat, es lernen, in <strong>die</strong> w eite zu<br />

gehen. Den ersten Schritt auf <strong>die</strong>sem Wege schildert das -0. Äapitel<br />

der Apostelgeschichte, dessen Schluß <strong>die</strong> heutige Lesung bildet,<br />

w i r spüren, wie schwer der <strong>Gemeinde</strong> <strong>die</strong>ser erste Schritt wurde,<br />

daß er nicht Ergebnis menschlichen planens war. Gott Selbst handelt,<br />

zuerst vorbereitend durch <strong>die</strong> Geschichten, <strong>die</strong> Petrus und Äornelius<br />

erlebten, dann unter der predigt des Petrus durch <strong>die</strong> Geistmitteilung<br />

an <strong>die</strong> Hörer, <strong>die</strong> an der Art ihres Lobprcises Gottes erkennbar<br />

wurde. S o kann Petrus mit gutem Gewissen <strong>die</strong>se Heiden<br />

taufen lassen auf den Namen des Herrn, der zur Aufnahme in der<br />

<strong>Gemeinde</strong> Seiner Erlösten <strong>die</strong> Heilige Taufe befohlen hat. — Auf<br />

dem Wege, der hier beschritten ward, gab es noch manche Schwierigkeiten<br />

zu überwinden. Aber im Verlauf von 40 Jahren w ar <strong>die</strong> Lösung<br />

der Christengemeinde von der jüdischen <strong>Gemeinde</strong> vollzogen,<br />

ohne daß doch das gegebene Gotteserbe preisgegeben wurde. S o<br />

konnte auch zu uns Deutschen das Evangelium kommen, das uns<br />

unserem gottgegebenen Volkstum nicht entfremdet!<br />

Die ander« Lesung: Markus jd, -4—-r


sgr<br />

Woche des b. Sonntags nach Trinitatis<br />

Freitag nach dem d. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

S. w ie ihr nun angenommen habt den<br />

Herrn Christum Jesum, so wandelt<br />

in Ihm<br />

7. und seid gewurzelt und erbauet in<br />

Ihm und fest im Glauben, wie ihr<br />

gelehret seid, und seid in demselbigcn<br />

reichlich dankbar.<br />

s. Sehet zu, daß euch niemand beraube<br />

durch <strong>die</strong> Philosophie und lose<br />

Verführung nach der Menschen Lehre<br />

und nach der Welt Satzungen und<br />

nicht nach Christo.<br />

H. Denn in Ihm wohnet <strong>die</strong> ganze<br />

Fülle der Gottheit leibhaftig,<br />

i o. und ihr seid vollkommen in Ihm,<br />

welcher ist das Haupt aller Fürstentümer<br />

und «Obrigkeit;<br />

12. indem daß ihr mit Ihm begraben<br />

seid durch <strong>die</strong> Taufe; in welchem ihr<br />

auch seid auferstanden durch den Glauben,<br />

den Gott wirket, welcher Ihn<br />

auferweckt hat von den Toten.<br />

-3. Und hat euch auch mit Ihm lebendig<br />

gemacht, da ihr tot wäret in<br />

den Sünden und in der Vorhaut eures<br />

Fleisches; und hat uns geschenkt alle<br />

Sünden. Rol. r, b—io s. -r.<br />

von Christus, dem „Ehrenkönig", heißt es in einem Liede unseres<br />

Gesangbuches: „Der hat alles, der Dich hat". Eben das sagt der<br />

Apostel den Lhristen in Kolossä: Ih r seid vollkommen — ausgefüllt<br />

— in Ih m ; in Ihm wohnt <strong>die</strong> ganze Fülle der Gottheit leibhaftig<br />

— nicht als Idee, sondern als Wirklichkeit, w e r in dem<br />

Glauben steht, wer es bekennt: Iesus Christus — mein Herr, der<br />

braucht keine gedanklichen Kunststücke, um G ott zu erkennen, und<br />

keine Extraleistungen, um Gott zu gefallen. Ia , derlei Kunststücke und<br />

Leistungen sind nicht nur überflüssig, sondern gefährlich. Darum<br />

warnt der Apostel vor denen, <strong>die</strong> — das Bekenntnis zu Christus unangetastet<br />

lassend — dergleichen empfehlen zur Ergänzung und Vervollkommnung<br />

des Lhristenstandes. Sobald w ir uns darauf einlassen,<br />

wenn man sagt: „Christus und etwas anderes" — sind w ir<br />

betrogen und verführt, sind weg von dem, der „der w e g " ist.<br />

Christus allein! D e r h a t alles, der Dich hat! w a s alles der<br />

Christ an Christus hat, sagt der Apostel in drei Bildern: Dem Lebensraum,<br />

in dem geborgen er wandelt, herumgeht, ohne daß er je<br />

ans Ende kommt; dem Boden, in dem er wurzelt, in dem er Halt<br />

und Nahrung hat; dem festen Grund, auf dem er aufcrbauen kann<br />

— wahrhaftig Grund genug zum „dankbar" sein! Den Anteil an<br />

<strong>die</strong>sem Reichtum schenkt uns <strong>die</strong> Heilige Taufe. Durch <strong>die</strong> auf Christi<br />

Befehl vollzogene Handlung werden w ir Ihm eingegliedert, so -aß<br />

w ir mit hineingezogen werden in Sein Sterben und Sein Auferstehen<br />

— nicht in Gedanken, sondern leibhaftig, in Wirklichkeit,


Woche d«s d. Sonntags nach Trinitatis_______________ sgs<br />

so daß der alte Adam in uns täglich stirbt und der neue Mensch<br />

täglich herauskommt. M it dem Segen der Taufe werden wir nie<br />

fertig!<br />

Die ander« Lesung: Johannes z, I—r<br />

Sonnabend nach dem ö. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

g. wisset ihr nicht, daß <strong>die</strong> Ungerech- rer noch <strong>die</strong> Räuber werden das Reich<br />

ten werden das Reich Gottes nicht Gottes ererben,<br />

ererben) Lasset euch nicht verführen! Und solche sind euer etliche gr-<br />

Weder <strong>die</strong> Hurer noch <strong>die</strong> Abgöttischen wcsen; aber ihr seid abgewaschen, ihr<br />

noch <strong>die</strong> Ehebrecher noch <strong>die</strong> weich- seid geheiliget, ihr seid gerecht worden<br />

ling« noch <strong>die</strong> Lnabenschänder durch den Namen des Herrn Jesu und<br />

-o. noch <strong>die</strong> Diebe noch <strong>die</strong> Geizigen durch den Geist unseres Gottes,<br />

noch <strong>die</strong> Trunkenbold« noch <strong>die</strong> Laste- ;. Ror. S, g—<br />

Man kann den Reichtum der königlichen Gnade Gottes in Christus<br />

nicht überschwenglicher preisen, als Paulus es hier den Christin in<br />

Lorinth tut. Ih r seid abgewaschen — und von was <strong>für</strong> schrecklichem<br />

Schmutz! Ih r sei- geheiligt, d. h. zu Gottes Eigentum geworden —<br />

heraus aus der Lnechtschaft schlimmster Mächte! Ih r seid gerechtfertigt<br />

— freigesprochen von schwerster Schuld! <strong>Das</strong> „aber" am<br />

Anfang des Satzes bezeichnet den tiefsten Einschnitt, der sich denken<br />

läßt. Diesen ganzen Reichtum haben <strong>die</strong> Leser des Apostels empfangen<br />

in der Heiligen Taufe. S ie geschieht ja auf den Namen<br />

des Herrn Iesus, der der Versöhner und Erlöser ist; und sie<br />

ist das Bad der neuen Geburt im Heiligen Geist. M it ihr hebt<br />

ein neuer Stand und ein neues Leben an, der Stand und<br />

das Leben der Gotteskindschaft mit dem Erbrecht am Reiche Gottes.<br />

Paulus erinnert daran in ernster Seelsorge: Lasset euch nicht verführen!<br />

Auch <strong>für</strong> Seine Linder bleibt der gnädige Gott der Heilige,<br />

der <strong>die</strong> enterbt und von Seinem Lönigreich ausschließt, <strong>die</strong> Seinem<br />

Rönigswillen ungehorsam sind. w e r getauft ist, „entsagt dem<br />

Teufel, seinem wcsen und seinen Werken", wie es in der Taufliturgie<br />

heißt, w i r tun gut, uns täglich zu prüfm, was es <strong>für</strong> uns am<br />

heutigen Tage bedeutet, dem Teufel zu entsagen und Gottes heilsamm<br />

w illen nach Seinen Geboten zu tun.<br />

Die ander« Lesung: Lpheser Z, lt —r;


Stz4<br />

Woche des 7. Sonntags nach Trinitatis<br />

Siebenter Sonntag nach Trinitatis<br />

Begebet eure Glieder zum Dienst der Gerechtigkeit, daß sie heilig<br />

werden.<br />

Römer b, zg<br />

Au der Zeit, da viel Volks da war<br />

und hatten nichts zu essen, rief Iesus<br />

Seine Iünger zu Sich und sprach zu<br />

ihnen:<br />

r. Mich jammert des Volks; denn sie<br />

haben nun drei Tag« bei Mir beharret<br />

und haben nichts zu essen;<br />

s. und wenn Ich sie ungegessen von<br />

Mir heim ließe gehen, würden sie auf<br />

dem Wege verschmachten; denn etliche<br />

sind von ferne kommen.<br />

4. Seine Iünger antworteten Ihm:<br />

woher nehmen wir Brot hie in der<br />

wüste, daß wir sie sättigen?<br />

5. Und Er fragte sie: Wie viel habt<br />

ihr Brote? Sie sprachen: Sieben.<br />

D a s E v a n g e l i u m<br />

S. Und Er gebot dem Volk, daß sie<br />

sich auf <strong>die</strong> Erd« lagerten. Und Er<br />

nahm <strong>die</strong> sieben Brote und dankte und<br />

brach sie und gab sie Seinen Iüngern,<br />

daß sie <strong>die</strong>selbigcn vorlegten; und sie<br />

legten dem Volk vor.<br />

7. Und hatten «in wenig Fischlein;<br />

und Lr dankte und hieß <strong>die</strong>selbigcn<br />

auch vortragen.<br />

s. Sie aßen aber und wurden satt<br />

und huben <strong>die</strong> übrigen Brocken auf,<br />

sieben Rörb«.<br />

g. Und ihrer waren bei viertausend,<br />

<strong>die</strong> da gegessen hatten; und Er ließ<br />

sie von Sich. Mark. r, z—g<br />

Die wüste, von der im Text geredet wird, ist eine öde Steinwüste.<br />

Da ist kein Baum und kein Strauch; <strong>die</strong> Sonne brennt darauf den<br />

ganzen Tag, und ein glühender w in d weht oftmals über sie her.<br />

I n <strong>die</strong>se w üste sind viertausend Menschen Iesus nachgefolgt, um<br />

Sein W ort zu hören. Drei Tage lang haben sie nichts Richtiges zu<br />

essen gehabt. M an hätte sich denken können, daß sie gemurrt hätten,<br />

so wie seinerzeit <strong>die</strong> Rinder Israel murrten, als Moses sie durch <strong>die</strong><br />

Wüste führte. Aber sie haben über dem W orte Iesu alles andere<br />

vergessen. S o groß ist ihr Verlangen nach der Heilsbotschaft vom<br />

Reiche Gottes.<br />

Da ist es Iesus selbst, der daran denkt, -aß sie auch etwas zu essen<br />

haben müssen. E r will sie nicht ungegessen heimschicken, damit nicht<br />

unterwegs einer vor Hunger liegen bleibt und es nachher heißt:<br />

E r hat wohl <strong>für</strong> unsere Seele gesorgt, aber nicht <strong>für</strong> unseren Leib.<br />

Also fängt E r Selber an, zu Seinen Iüngern davon zu reden.<br />

Aber <strong>die</strong> Iünger sehen nicht, wie man da helfen soll. Sie sagen:<br />

„w oher nehmen w ir B rot hier in der w üste, daß w ir sie sättigen?"


7. Sonntag nach Trinitatis sgs<br />

Doch Iesus fragt nur: „wie viele Brote habt ihr?" Sie antworten:<br />

„Sieben!" Ach, was sind sieben Brote unter viertausend<br />

hungrige Menschen!<br />

Da heißt Iesus das Volk sich lagern, nimmt <strong>die</strong> sieben Brote, bricht<br />

sie in Stücke und läßt sie durch Seine Iünger austeilen. <strong>Das</strong>selbe<br />

macht E r mit ein paar Aschen, -je sich auch noch finden. E s ist eine<br />

karge Mahlzeit. Dennoch essen alle und werden satt; sa, es bleibt sogar<br />

noch viel übrig. Sollte man's glauben, daß wirklich viertausend<br />

Menschen gegessen haben und satt geworden sind? — Sie sind es,<br />

und nun gehen sie heimwärts, voller Dank da<strong>für</strong>, daß Iesus sie<br />

geistig und leiblich gespeist hat. E r Selbst besteigt mit Seinen Iü n ­<br />

gern ein Schiff und fährt in eine andere Gegend.<br />

Erklären kann man <strong>die</strong>s Wunder nicht. W ohl aber erklärt uns <strong>die</strong>se<br />

Geschichte von der wunderbaren Speisung in der w üste, was Iesus<br />

gemeint hat, wenn E r in der Bergpredigt sagt: „Darum sollt ihr<br />

nicht sorgen und sagen: w a s werden w ir essen, was werden w ir<br />

trinken, womit werden wir uns kleiden? . . . Euer himmlischer Vater<br />

weiß, daß ihr -es alles bedürfet". E s ist nicht leicht, in <strong>die</strong>ser W elt<br />

ohne Sorge zu leben. Denn ob w ir gleich sagen, daß unsere Sorgen<br />

uns drücken, w ir lieben sie doch auch und können nur schwer von<br />

ihnen lassen. Aber wieviel erreichen w ir damit? E s hat schon mancher<br />

gemeint, er hätte „Vorrat auf viele Iahre" wie der reiche Lornbauer,<br />

und wie schnell w ar alles dahin! w enn wirklich Not ist, hilft Gott<br />

denen aus der Not heraus, <strong>die</strong> als Seine Linder zu allererst nach dem<br />

Reiche Gottes und Seiner Gerechtigkeit trachten, so wie es auch<br />

<strong>die</strong>se viertausend Menschen in der w üste getan haben. Nicht immer<br />

genau so wunderbar, wie es hier geschah, aber doch auch so, daß<br />

man nachher staunen muß, wie es möglich war, daß man so gnädig<br />

hindurchgekommen ist. w e r das genauer wissen will, lasse sich etwas<br />

von der Entstehungsgeschichte der Detheler Anstalten und vom alten<br />

Bodelschwingh erzählen. Besser aber ist es noch, er sieht einmal sein<br />

eigenes Leben daraufhin an, wie viele Speisungs-, Llcidungs- und<br />

Wohnungswunder darin schon geschehen sind. E s sind sicherlich<br />

welche geschehen, w en n keine großen, so doch kleine. <strong>Das</strong> hängt von<br />

dem Einsatz ab, den w ir <strong>für</strong> Christus und Seine Sache gewagt<br />

haben, und von dem Glauben, mit dem w ir uns auf <strong>die</strong> Wahrheit<br />

Seines W ortes verließen. Es geht das eine Mal so und das andere<br />

M al so zu. Gottes Güte ist alle Morgen neu.


Sgb<br />

W oche des 7. Sonntag s na ch Trinita ti s<br />

Die Geschichte von der wunderbaren Speisung in der w üste steht<br />

auch im vierten Evangelium. Der Evangelist Iohannes sieht noch<br />

etwas anderes darin als <strong>die</strong>s, daß Iesus nicht bloß <strong>für</strong> das seelische,<br />

sondern auch <strong>für</strong> das leibliche W ohl derer sorgt, <strong>die</strong> Ihm nachfolgen.<br />

E r legt den Anger auf das, was Jesus tat, als Er das B rot und<br />

<strong>die</strong> Asche austeilen ließ. „Und E r nahm <strong>die</strong> sieben Brote und dankte<br />

und brach sie und gab sie Seinen Iüngern". Älingt das nicht genau<br />

so wie beim Heiligen Abendmahl? Und weiter! Im vierten Evangelium<br />

heißt es: „E s w ar aber nahe das passah". An das künftige<br />

passahmahl und <strong>die</strong> Speisung mit dem Manna fühlen sich also <strong>die</strong><br />

Leute erinnert, als Iesus sie in der w üste speist. Darum denken sie<br />

auch an <strong>die</strong> Verheißung aus dem s.Buch Mose ()S, ;s), in der es<br />

heißt: „Einen Propheten wie mich wird der Herr, dein Gott, dir erwecken<br />

aus dir und deinen Brüdern; dem sollt ihr gehorchen". S ie<br />

sagen: „<strong>Das</strong> (nämlich Iesus) ist wirklich der Prophet, der in <strong>die</strong> W elt<br />

kommen soll". E r hat an uns dasselbe getan, was einst Moses tat.<br />

Beide Male w ar große Not, beide Male war man in -er wüste,<br />

beide Male geschah ein Wunder, und außerdem ist Ostern nahe, das<br />

Fest der Hoffnung auf <strong>die</strong> endliche Erfüllung aller Verheißungen<br />

Gottes. Darum geschah <strong>die</strong>se Speisung vielleicht doch nicht nur, um<br />

<strong>die</strong> hungrigen Menschen satt zu machen, sondern w ar ein Sinnbild<br />

des großen „Liebesmahls" im kommenden Gottesreich. S o haben es<br />

<strong>die</strong> Leute nach dem Bericht des vierten Evangeliums verstanden. Im<br />

Glauben daran haben sie das Brot, das der Herr ihnen gab, gegessen<br />

und sind davon satt geworden.<br />

w i r sollen also, wenn wir <strong>die</strong>se Geschichte von der wunderbaren<br />

Speisung hören, auch an das Heilige Abendmahl denken, wir es der<br />

Evangelist Iohannes tut. Es ist ein großes Wunder, daß wir im<br />

Essen und Trinken Seines Leibes und Blutes mit unserem Herrn<br />

eins werden können. Dies Wunder des Heiligen Abendmahls hängt<br />

auch mit dem Spcisungswunder zusammen, das übernatürliche S a ttwerden<br />

mit dem natürlichen Sattwerden. Denn durch wen läßt Gott<br />

<strong>die</strong> Hungrigen speisen, <strong>die</strong> Durstigen tränken, <strong>die</strong> Nackenden bekleiden,<br />

<strong>die</strong> Äranken pflegen und <strong>die</strong> Obdachlosen aufnehmen? Durch <strong>die</strong>, in<br />

denen Seine Liebe wirksam ist. Und wo ist Seine Liebe lebendig?<br />

I n Seiner <strong>Gemeinde</strong> durch Seinen Heiligen Geist. Die aber kannst<br />

du sehen, wenn sie sich sammelt, um satt zu werden im Essen und<br />

Trinken des Leibes und Blutes Christi. Im Abendmahl erfahren wir


7. Sonntag nach Trinitatis Kg7<br />

Christi Liebt. Darum kommt alle Liebe der Lhristen aus der Gemeinschaft,<br />

<strong>die</strong> sie im Abendmahl miteinander und mit ihrem Herrn<br />

haben.<br />

D ie Epistel<br />

-g. Ich muß menschlich davon reden<br />

um der Schwachheit willen eures<br />

Fleisches. Gleichwie ihr eure Glieder<br />

begeben habet zu Dienste der Unreinigkeit<br />

und von einer Ungerechtigkeit zu<br />

der andern, also begebet auch nun eure<br />

Glieder zu Dienste der Gerechtigkeit,<br />

daß sie heilig werden,<br />

ro. Denn da ihr der Sünde Unechte<br />

wäret, da wäret ihr frei von der<br />

Gerechtigkeit.<br />

ei. w a s hattet ihr nun zu der Zeit<br />

<strong>für</strong> Frucht? welcher ihr euch jetzt schämet;<br />

denn das End« derselbigen ist<br />

der Tod.<br />

rr. Nun ihr aber seid von der Sünde<br />

frei und Gottes Unechte worden, habt<br />

ihr eure Frucht, daß ihr heilig werdet,<br />

das Ende aber das ewige Leben.<br />

r>?. Denn der Tod ist der Sünde<br />

Sold; aber <strong>die</strong> Gabe Gottes ist das<br />

ewige Leben in Christo Icsu, unserem<br />

Herrn.<br />

Röm. b, jg—rs<br />

Die christliche Lirche redet soviel von „Heiligung". Aber was bedeutet<br />

das? Muß man da ein besonders „heiliger" Mensch werden,<br />

immer fromme Sprüche im Munde führen und sich wichtig tun mit<br />

seiner Frömmigkeit? Nein! Die das tun, sind meistens gar keine echten<br />

Iünger Jesu. Der Apostel spricht hier auch nicht mit hohen, klingenden<br />

Worten darüber, sondern sagt ausdrücklich, er wolle ganz<br />

„menschlich" davon reden, w ie tut er das?<br />

E r erinnert <strong>die</strong> römischen Lhristen an das Leben, das sie früher gelebt<br />

haben, und stellt ihnen das Leben vor Augen, das sie nun leben<br />

sollen. Früher gingen sie das eine M al in den Zirkus zu den Gladiatorenkämpsen,<br />

schrien und tobten, wenn sie sahen, wie <strong>die</strong> Schaufechter<br />

sich gegenseitig umbrachten; ein anderes M al gingen sie in <strong>die</strong><br />

heißen Bäder und ließen sich dort den neuesten Rlatsch erzählen,'<br />

wieder ein anderes M al gab's etwas auf den Straßen zu sehen.<br />

Schlechte Witze, Prozesse, Ehebrüche, hier zu wenig, dort zu viel Arbeit,<br />

— damit brachten sie ihr Leben hin. <strong>Das</strong> nennt Paulus „Dienst<br />

der Unreinheit". E r führt von einer Ungerechtigkeit zur andern. Dann<br />

fragt der Apostel weiter: w a s hattet ihr damals davon? — Nichts<br />

Gutes! Heute schämt ihr euch deswegen. Denn das Ende von alledem<br />

ist der geistliche und leibliche Tod.<br />

Und wie ist es jetzt? vieles von dem, worin sie früher Freude<br />

suchten, ist ihnen zuwider geworden. Da<strong>für</strong> aber haben sie andere,<br />

bessere Freuden gefunden. Sie wissen, was Freundschaft, Gemein­


sgr<br />

Woche des 7. Sonntags nach Trinitatis<br />

schüft und brüderliche Liebe sind. Fragen sind in ihnen lebendig geworden,<br />

<strong>die</strong> sie vorher nicht kannten; Erkenntnisse sind ihnen gekommen,<br />

<strong>die</strong> sie nicht einmal ahnten; eine Hoffnung ist ihnen geworden,<br />

<strong>die</strong> alle menschlichen Hoffnungen übersteigt. <strong>Das</strong> ist der<br />

„Dienst der Gerechtigkeit". E r gibt ihnen einen Vorgeschmack des<br />

ewigen Lebens. Denn Gottes Wahrheit schauen und in der Liebe<br />

leben, das ist <strong>die</strong> Ewigkeit. S o ist „der Tod der Sünde Sold; aber <strong>die</strong><br />

Gabe Gottes ist das ewige Leben in Christo Iesu, unserem Herrn".<br />

Sollten wir nun nicht verstehen, was Heiligung ist? Oder muß<br />

erst einer kommen, der auch zu uns und mit Bezug auf unser Leben<br />

„menschlich", d. i. deutlich und eindrücklich davon redet? E s dürfte<br />

nicht allzu schwer sein.<br />

D a s Lied der W oche<br />

Durch Adams Fall ist ganz verderbt<br />

E s hat unserer Lirche Lazarus Spengler (gest. - 5 3 4 ), Ratsschreiber<br />

in Nürnberg, gegeben. Der Dichter war ein Freund M artin Luthers,<br />

dem er während der Reichstage zu w o rm s und Augsburg beistand.<br />

w o <strong>die</strong>s Lied nicht im Gesangbuch steht, kann gesungen werden:<br />

O Gott, Du frommer Gott<br />

Sein Dichter, der schlesische Pastor Iohann Heermann, erduldete im<br />

Dreißigjährigen Lriege mit seiner <strong>Gemeinde</strong> und seinem Hause viel<br />

Leid. Aus den schweren Ärankheiten seines Lebens bittet er um einen<br />

gesunden Leib mit unverletzter Seele und reinem Gewissen. Sein Lied<br />

ist durch und durch gesund, gewissenhaft und aufrichtig, <strong>für</strong> gute<br />

und böse Tage, aufrecht, gerade und tapfer, am Schluß innig und<br />

fest in seiner Lhristenhoffnung.<br />

D a s Gebet der W oche<br />

Allmächtiger, ewiger G ott, der Du allein große W under tust,<br />

gieß aus den Geist Deiner heilsamen Gnade über Deine Diener<br />

und <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong>n, <strong>die</strong> ihnen befohlen sind, und damit sie Die<br />

in der W ahrheit w ohlgefällig seien, so tränke sie allezeit mit<br />

dem Tau Deines S eg en s, durch unsern Herrn Jesum Christum.<br />

Amen.


Eltern- und Patenamt<br />

sgg<br />

Eltern- und patenam t<br />

z. Luther sagt in seinem Großen Ratechismus zum 4. Gebot: „Diesem vaterund<br />

Mutterstand hat Gott den preis gegeben, vor allen Ständen, <strong>die</strong> unter<br />

ihm sind . . . also, daß Er Vater und Mutter scheidet und auszeichnet vor<br />

allen anderen Personen auf Erden und neben Sich setzt".<br />

Gerade von Luther dürfen wir es lernen, <strong>die</strong> Dinge und Gaben des natürlichen<br />

Lebens als Geschenk Gottes zu sehen und sie hinzunehmen im Lichte<br />

des z. Artikels unseres Glaubensbekenntnisses. Wann erkennen es Lhristen<br />

besser und tiefer: „Ich glaube, daß mich Gott geschaffen hat samt allen<br />

Lreaturen..." als dann, wenn sie als Eltern ein Lindlein in den Armen<br />

halten dürfen! Da fühlen sie sich und ihr Elternamt hineingestellt in <strong>die</strong> große<br />

Schöpfung Gottes. Der Glaubende erkennt beides: daß er Geschöpf und zugleich<br />

Werkzeug Gottes ist, durch das Gott Seine Schöpfung weiterführt.<br />

<strong>Das</strong> Elternamt ist Gäbe und Aufgabe zugleich,<br />

vielfach wird beim Ausblick in <strong>die</strong> Zukunft des Rindes <strong>die</strong> natürliche Seite<br />

des Lebens stark gewcrtet und betont. <strong>Das</strong> hat freilich sein volles Recht. Aber<br />

Lhristen wissen um den Zusammenhang der äußeren und inneren Seite des<br />

Lebens. Sie wissen, daß nur aus innerlich gesunden Familien ein gesundes<br />

Volk erwächst. Da aber können sie ihre Augen vor den Wirklichkeiten des<br />

Lebens nicht verschließen. Gerade auch im Familienkreis rrcho neben allem<br />

Segen <strong>die</strong> andere Seite des Lebens am ehesten gesehen, w ir können an der<br />

Tatsache nicht vorbeigehen, daß das Verhältnis des Menschen zu Gott durch<br />

<strong>die</strong> Sünde von Grund aus gestört ist! welche Eltern hätten das<br />

nicht schon an sich selber schmerzlich empfunden! Nun gar, wo ihr Amt<br />

ihnen <strong>die</strong> Aufgabe stellt, Erzieher und Vorbild zu sein! w ie froh und dankbar<br />

sind Eltern, wenn sie bei ihrem Linde hohe Begabungen und Zähigkeiten<br />

der vorfahren, wertvolles Erbgut sich durchsetzen sehen. Aber immer<br />

wieder mischt sich in <strong>die</strong>se Freude bitterer Schmerz darüber, daß neben dem<br />

wertvollen Erbgut das Böse steht. Die „Sünden der Väter", vielleicht <strong>die</strong><br />

eigenen, stehen im Linde vor uns auf und klagen uns an. Wie erschüttert und<br />

ratlos stehen Vater und Mutter vor der ersten Lüge ihres Lindes!<br />

Gottes Wort stellt uns vor das Leben, wie es wirklich ist. <strong>Das</strong> Menschenleben<br />

in seiner Gottfcrne und Sündhaftigkeit läßt uns Ausschau halten nach<br />

dem Einzigen, der das Gottesebenbild trug, der <strong>die</strong> Macht der<br />

Sünde zerbrach und uns <strong>die</strong> Möglichkeit eines neuen Lebens gegeben hat.<br />

Die Last der Verantwortung läßt christliche Eltern auf Lhristus schauen, d e n<br />

Erzieher über alle Erzieher, <strong>die</strong> feste Brücke, ja „den weg" (Ioh. ?4, ö), der<br />

uns davor bewahrt, im Sumpf des Lebens zu versinken.<br />

<strong>Das</strong> christliche Elternamt bekommt erst dann seinen letzten Sinn, wenn es<br />

dem Befehl Lhristi gehorsam ist: „Lasset <strong>die</strong> Lindlein zu Mir kommen<br />

und wehret ihnen nicht" (Match, ig, 14). <strong>Das</strong> kann nur sein bei solchen


oo<br />

VIoche des 7. Sonntags nach Trinitatis<br />

Vatern und Müttern, <strong>die</strong> Iesus Christus selber als den Herrn über ihr<br />

eigenes Leben anerkannt haben und sich zu Ihm immer erneut durch Wort<br />

und Wandel bekennen. Christliches Elternamt hat seine vornehmste Aufgabe<br />

darin, <strong>die</strong> Rinder in Gottesfurcht aufzuerziehen, sie christlich denken, christlich<br />

urteilen, christlich handeln, christlich beten und arbeiten zu lehren und den<br />

Glauben an Christus allezeit wach zu halten. Ein Fehltritt der Eltern, «ine<br />

festgewurzelte Sünde bei Vater oder Mutter oder auch nur ein ungenützter<br />

Augenblick, eine übersehene Gelegenheit — sie können ein Lind <strong>für</strong> seine Lebenszeit<br />

verwirren und vergiften und im Glauben hemmen, wie umgekehrt<br />

ein rechtes Wort gottes<strong>für</strong>chtiger Eltern zur rechten Zeit den Lindern reichen<br />

Segen <strong>für</strong> Zeit und Ewigkeit erschließen kann. <strong>Das</strong> christliche Elternamt<br />

hat den Auftrag, <strong>die</strong> Linder, <strong>die</strong> Gott verliehen, besser gesagt, g e liehen hat,<br />

Ih m wiederum zuzuführen.<br />

Die Fülle und Herrlichkeit des Herrn Christus entfaltet sich auch hier auf<br />

der Erde nur in Seiner <strong>Gemeinde</strong>, und nur in der Gemeinschaft kann<br />

sich christliches Leben überhaupt auswirken. „<strong>Gemeinde</strong>" ist da, wo zwei oder<br />

drei in Iesu Namen Gemeinschaft pflegen, ist da, wo einzelne sich betend<br />

und singend in <strong>die</strong> „Rirche" eingliedern. Da sind dann nicht nur <strong>die</strong> Lebenden<br />

beisammen, sondern es gesellen sich alle <strong>die</strong>jenigen dazu, <strong>die</strong> uns vorangegangen<br />

sind mit dem Zeichen des Glaubens und nach Gottes Rat „<strong>die</strong><br />

Leone des Lebens" (ivsfbg. r, 10) davongetragen haben. Aus aller derer<br />

Herzen leuchtet <strong>die</strong> Liebe und <strong>die</strong> Wahrheit des Heilandes in strahlendem<br />

Glänze! Deswegen werden.christliche Eltern ihren Dienst immer zugleich<br />

darin sehen, ihr« Linder einzuführen in Leben und Glauben der christlichen<br />

<strong>Gemeinde</strong>. Sie werden ihnen künden lassen <strong>die</strong> neuschaffende Macht, <strong>die</strong><br />

Christus an „Lhristen" und Heiden ausübt, und ihnen helfen, <strong>die</strong> predigt<br />

und Gottes Wort zu hören und zu lernen. Sie werden ihnen helfen beim<br />

Beten, werden helfen, das Sakrament der Taufe im Glauben zu ergreifen.<br />

Welch reich« Ansätze <strong>für</strong> eine christliche Unterweisung und Erziehung bietet da<br />

gerade <strong>die</strong> eigene Taufe des Lindes!<br />

Die christliche Belehrung kann nicht früh genug einsetzen. Sie beginnt,<br />

wenn das Lindlein noch zu den Füßen der Mutter sitzt. Es muß <strong>die</strong><br />

Botschaft vom Heiland zuerst wie immer wieder durch der lieben Mutter<br />

Mund vernehmen! wenn <strong>die</strong> Mutter ihm <strong>die</strong> Bilder des Linderfreundes<br />

und später auch des Lreuzesträgers und des Auferstandenen zeigt und deutet,<br />

so gehören <strong>die</strong>se Stunden zu den entscheidendsten des Lebens. Hier nimmt<br />

das Lind mit der ganzen Inbrunst des Glaubens auf, was ihm von Christus<br />

verkündet wird. w a s «in Lind in jenen Jahren von seiner Mutter lernte,<br />

das vergißt es nicht, w as hier versäumt wurde, wird niemals nachgeholt.<br />

Die christlich« Gebetserziehung setzt ebenso früh ein, vielleicht noch<br />

früher, als <strong>die</strong> christliche Unterweisung. Sie nimmt ihren Anfang in der<br />

elterlichen Gcbctsübung überhaupt. Es gibt fromme Litern, <strong>die</strong> «in gemein­


Eltern- und Patenamt<br />

Sosames<br />

Abendgebet schon über der wieg« des Lindes sprechen und nicht erst<br />

warten, bis das Lindchen älter wird und nun selbst beten will. Da wächst<br />

ein Rind in das geübte Gebet hinein, da wächst es auf in der hohen Gewißheit,<br />

daß Vater und Mutter heiligen Dienst an ihm vollziehen — als Christi<br />

Stellvertreter! Es ist nicht auszusagen, was das <strong>für</strong> das Verhältnis des<br />

Lindes zu Vater und Mutter und <strong>für</strong> das weitere Verhalten des Rindes<br />

überhaupt bedeutet!<br />

r. Neben dem Elternamt steht das christliche Patenamt. In ihm wird<br />

deutlich, daß <strong>die</strong> christlich« Familie eine Zelle der christlichen <strong>Gemeinde</strong> ist.<br />

Mit der Durchführung der Rindertaufe bildete sich in der Rirche <strong>die</strong>ses Amt<br />

heraus. Dir Paten sollen <strong>die</strong> christliche Erziehung des Lindes fördern helfen<br />

und im Verhinderungsfall« Elternstclle an den Lindern ausüben.<br />

Ernste Besinnung auf <strong>die</strong> Bedeutung des Patenamtes tut not! <strong>Das</strong> Patenamt<br />

wird zur Lüge gemacht, wenn Paten genannt und zugelassen werden,<br />

<strong>die</strong> sich über <strong>die</strong> christliche und kirchliche Verantwortung ihres Patenamtes<br />

hinwegsetzen oder solche gar bewußt abweisen. Blicken wir immer wieder auf<br />

den Sinn und <strong>die</strong> Entstehung des Patenamtes, damit wir aus solchen Unwahrhaftigkciten<br />

herauskommen! Neben den oben genannten pflichten hatten<br />

<strong>die</strong> Paten <strong>die</strong> Aufrichtigkeit des Taufbcwerbers beziehungsweise seiner Eltern<br />

zu bezeugen, seine Unterweisung zu überwachen und ihm später als Helfer<br />

und Vorbilder im Glauben bei treuer Fürbitte und tätiger Fürsorge zur Seite<br />

zu stehen. Findet im Patenamt <strong>die</strong> Verpflichtung und Verantwortung ihren<br />

Ausdruck, <strong>die</strong> <strong>die</strong> christlich« <strong>Gemeinde</strong> <strong>für</strong> ihre getauften Glieder trägt»<br />

dann kann auch Träger des Patenamtes nur sein, wer selber in lebendiger<br />

Verbindung mit seiner eigenen Lirchengemeinde steht.<br />

Es ist mit Dank gegen Gott zu begrüßen, wenn <strong>die</strong> Rirche dazu übergeht,<br />

über «inen der <strong>Gemeinde</strong> nicht bekannten Paten vorher den Nachweis des<br />

heimatlichen Pfarramtes zu fordern, daß der vorgeschlagene Pate ein lebendiges<br />

Glied seiner eigenen <strong>Gemeinde</strong> ist. wenn Menschen einander auch nicht ins<br />

Her; sehen können — das ist nur Gott möglich —, dann ist doch wenigstens<br />

ein Ansatz gewonnen, der Verwahrlosung des Patenamtes entgegen zu wirken.<br />

Eltern- und Patenamt stehen beide unter der ernsten Mahnung -es Lutherwortes:<br />

„An ihren Lindern können sich <strong>die</strong> Eltern (und nicht weniger<br />

<strong>die</strong> Paten!) den Himmel oder — <strong>die</strong> Hölle ver<strong>die</strong>nen!"


vor<br />

Woche V«s 7. Sonntags nach Tri nitatis<br />

M on tag nach dem 7. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

-r. So lasset nun <strong>die</strong> Sünde nicht<br />

herrschen in eurem sterblichen Leibe,<br />

ihr Gehorsam zu leisten in seinen<br />

Lüsten.<br />

-3. Auch begebet nicht der Sünde eure<br />

Glieder zu Waffen der Ungerechtigkeit,<br />

sondern begebet euch selbst Gott,<br />

als <strong>die</strong> da aus den Toten lebendig<br />

sind, und eure Glieder Gott zu Waffen<br />

der Gerechtigkeit.<br />

)4. Denn <strong>die</strong> Sünde wird nicht herrschen<br />

können über euch, sintemal ihr<br />

nicht unter dem Gesetze seid, sondern<br />

unter der Gnade.<br />

-S. w ie nun) Sollen wir sündigen,<br />

<strong>die</strong>weil wir nicht unter dem Gesetz,<br />

sondern unter der Gnade sind) <strong>Das</strong><br />

sei ferne!<br />

?v. wisset ihr nicht: welchem ihr euch<br />

begebet zu Lnechten in Gehorsam, des<br />

An echte seid ihr, dem ihr gehorsam<br />

seid, es sei der Sünde zum Tode oder<br />

dem Gehorsam zur Gerechtigkeit)<br />

- 7- Gott sei aber gedanket, daß ihr<br />

Knecht« der Sünde gewesen seid, aber<br />

nun gehorsam worden von Herzen<br />

dem Vorbild« der Lehre, welchem ihr<br />

ergeben seid.<br />

)§. Denn nun ihr frei worden seid<br />

von der Sünde, seid ihr Knechte worden<br />

der Gerechtigkeit.<br />

Röm. tz, - r —<br />

E s ist nicht wahr, -aß -er christliche Glaube nur den „Geist" wichtig<br />

nähme und den Leib verachten lehrte. G ott hat uns nicht als Geister<br />

geschaffen, sondern als ganze lebendige Menschen. Darum macht Sein<br />

Herrenanspruch auch nicht halt vor irgendeinem Bereich unseres <strong>Das</strong>eins.<br />

Darum gehört Ihm auch der Leib ebenso unverbrüchlich wie<br />

<strong>die</strong> Seele und der Geist. <strong>Das</strong> Auge, das Ohr, <strong>die</strong> Hand, der Friß,<br />

alle Glieder, alle Kräfte unseres Leibes sind zum Dienste Gottes<br />

gerufen, w i r können sie zu Gottes Dienst und Lob gebrauchen, und<br />

wir können sie mißbrauchen zum Dienst einer von Gott gelösten<br />

Ichsucht. Christfest: schließt <strong>die</strong> innere Unmöglichkeit ein, unser leibliches<br />

Leben und alltägliches Handeln dem w illen des heiligen Gottes<br />

zu entziehen. Christus ist nicht gekommen, um uns von Gott loszumachen,<br />

sondern um u n s m it Seele und Leib an Gott zu<br />

binden.<br />

Die anderc Lesung: Matthäus 8, -4—17<br />

D ien stag nach dem 7. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

- 0. So lasset nun niemand euch Ge- was zukünftig war; aber der Körper<br />

wissen machen über Speise oder über selbst ist in Lhristo.<br />

Trank oder über bestimmten Feier- zs. Lasset euch niemand dsa Ziel vertagen<br />

oder Neumonden oder Sab- rücken, der nach eigener Wahl einher­<br />

... gehet in Demut und Geistlichkeit der<br />

-7. welches ist der Schatten von dem, Engel, des er nie kcins gesehen hat,


Woche des 7. Sonntags nach Trinitatis<br />

Sos<br />

und ist ohne Ursache aufgeblasen in<br />

seinem fleischlichen Sinn<br />

)g. und hält sich nicht an dem Haupt,<br />

aus welchem der ganze Leib durch Gelenk«<br />

und Fugen Handreichung empfählt<br />

und zusammengehalten wird und<br />

Also wächst zur göttlichen Größe,<br />

ro. So ihr denn nun abgestorben seid<br />

mit Christo den Satzungen der Welt,<br />

was lasset ihr euch denn fangen mit<br />

Satzungen, als lebtet ihr noch in der<br />

Welt)<br />

r;. (Die da sagen:) „Du sollst das<br />

nickt angreifen, du sollst das nicht<br />

kosten, du sollst das nicht anrühren",<br />

rr. welches sich doch alles unter Händen<br />

verzehrt; und sind Menschengebote<br />

und Lehren,<br />

rs. welche haben einen Schein der<br />

Weisheit durch selbsterwählcte Geistlichkeit<br />

und Demut und dadurch, daß<br />

sie des Leibes nicht verschonen und<br />

den» Fleisch nicht seine Ehre tut zu<br />

seiner Notdurft. Lol. r, -b—rZ<br />

w e r zu Christus gehört, wird mit seinem ganzen Leben, seinem<br />

Denken und seinem Tun in eine neue Ordnung gestellt. E r ist Glied<br />

am Leibe Christi; er wird nicht mehr regiert von allerlei fremden<br />

Mächten, sondern sein Leben steht unter der Führung Gottes. Christus<br />

hat es uns möglich gemacht, daß w ir uns <strong>die</strong>ser Führung ganz anvertrauen<br />

und uns nicht erschrecken lassen durch allerlei fremde Geister<br />

und Herren, <strong>die</strong> uns versklaven wollen, w i r sind frei geworden von<br />

den „Satzungen der W elt", von „der Menschen Gebote und Lehren".<br />

W ie oft machen w ir uns in unserem Denken und Tun abhängig von<br />

dem, was „<strong>die</strong> andern" tun! w ie viele Menschen verknechten sich<br />

selber, indem sie sich abhängig machen von vergänglichen Meinungen<br />

und von Tagesparolen, <strong>die</strong> morgen vergessen sind! w e r sich<br />

an Christus hält, ist hindurchgelangt zu der wirklichen Freiheit der<br />

Linder Gottes, w e r sich von Ihm führen läßt, wird recht geführt,<br />

auch wenn er ganz allein ginge. Darum: „Lasset euch niemand das<br />

Ziel verrücken!" Geht nicht einher „nach eigener W ahl", sondern<br />

laßt euch führen von dem W ort des Herrn. E s ist ein Licht aus<br />

unserem Wege und unseres Fußes Leuchte!<br />

Die ander« Lesung: ;. Timothcus 4, ;—>><br />

M ittw och nach dem 7. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

zs. Der Leib aber nicht der Hurerei, !S. wisset ihr nicht, daß eure Leiber<br />

sondern dem Herrn, und der Herr dem Christi Glieder sind) Sollte ich nun<br />

Leib«.<br />

<strong>die</strong> Glieder Christi nehmen und Hu-<br />

,4. Gott aber hat den Herrn aufer- rmglieder draus machen) <strong>Das</strong> sei<br />

wecket und wird uns auch auferweckcn<br />

durch Seine Lraft.<br />

ferne.<br />

sb. Oder wisset ihr nicht, daß, wer


H04<br />

an der Hurt hangtt, der istein Leib<br />

mit ihr) Denn „es werden", spricht<br />

Er, „<strong>die</strong> zwei ein Fleisch sein".<br />

-7. w er aber dem Herrn anhanget,<br />

der ist « i n Geist mit ihm.<br />

Fliehet <strong>die</strong> Hurerei! Alle Sünden,<br />

<strong>die</strong> der Mensch tut, sind außer seinem<br />

Leib«; wer aber huret, der sündiget<br />

an seinem eigenen Leibe.<br />

Woche des 7. Sonntags nach T r initatis<br />

sg. Oder wisset ihr nicht, daß euer<br />

Leib ein Tempel des Heiligen Geistes<br />

ist, der in euch ist, welchen ihr habt<br />

von Gott, und seid nicht «»«er selbst)<br />

20. Denn ihr seid teuer erkauft; darum<br />

so preiset Gott an eurem Leib«<br />

und in eurem Geiste, welche sind<br />

Gottes. z. Lor. d, zsd—20<br />

klVir sind keine Leibverächter. w i r geben dem Leibe freilich auch<br />

nicht <strong>die</strong> heillose „8reiheit", sich nach Willkür auszuleben. Gehört<br />

unser Leib schon nach dem Gesetz der Schöpfung Gott dem Herrn,<br />

so ist er erst recht Sein Eigentum nach dem Recht -er Erlösung. E s<br />

ist der <strong>für</strong>chterlichste Selbstbetrug, wenn jemand glaubt, hier getrennte<br />

Haushaltungen führen zu können. Jede Zuchtlosigkeit, jede<br />

unreine Regung und Handlung stört, ja zerstört unsere Gemeinschaft<br />

mit Lhristus. Christus hat uns freigemacht. Eben deshalb will<br />

Er das Haus nicht mit der Sünde teilen. Entweder wir<br />

nehmen unsere Gedanken, W orte und Werke in heilige Zucht — oder<br />

wir verlieren Ihn. E s gibt keine Möglichkeit, <strong>die</strong> Härte <strong>die</strong>ses E ntweder-Oder<br />

zu mildern. Aber wer Lhristus zum alleinigen Herrn<br />

seines Lebens macht, spürt Seine Barmherzigkeit, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Härte des<br />

„Entweder-Oder" verwandelt in <strong>die</strong> kostbaren Früchte des Glaubens.<br />

Die ander« Lesung: I. Mose 1, 2S—3;<br />

D onnerstag nach dem 7.<br />

24. wisset ihr nicht, daß <strong>die</strong>, so in den<br />

Schranken laufen, <strong>die</strong> laufen alle, aber<br />

einer erlanget das Lleinod) Laufet<br />

nun also, daß ihr es ergreifet!<br />

23. Ein jeglicher aber, der da kämpfet,<br />

enthält sich alles Dinges; jene also,<br />

daß sie eine vergängliche Lrone cmpfahen,<br />

wir aber «ine unvergängliche.<br />

S o n n tag nach T rinitatis<br />

2ö. Ich laufe aber also, nicht als aufs<br />

Ungewiss«; ich fechte also, nicht als der<br />

in <strong>die</strong> Luft streichet;<br />

27. sondern ich betäub« meinen Leib<br />

und zähme ihn, daß ich nicht den andern<br />

predig« und selbst verwerflich<br />

werde. j. Lor. g, 24—27<br />

welche Mühen und Anstrengungen, welche schwierigen Übungen<br />

nehmen doch Menschen auf sich, um es bei wettkämpfen, bei denen<br />

es aus <strong>die</strong> Rraft und Geschicklichkeit des Leibes ankommt, andern<br />

zuvorzutun, obwohl es sich dabei nur um einen recht flüchtigen


Woche des 7. Sonntags nach Trinitatis<br />

dos<br />

Ruhm handelt! Gleichwohl mögen sich Lhristen dadurch mahnen<br />

lassen, daß sie an <strong>die</strong> Erreichung des ewigen Zieles, zu dem<br />

sie berufen sind, andauerndes Streben und gesammelte Äräft zu setzen<br />

haben. Da besteht <strong>die</strong> Gefahr der großen Worte, von den hohen<br />

Dingen des Evangeliums läßt sich mit begeisterten, fortreißenden,<br />

geistvollen Worten reden, und dann folgt vielleicht darauf ein klägliches<br />

Versagen, eine traurige Erschlaffung, ein haltloses Sichgehenlasscn<br />

oder sogar Hingebung an ein Genußleben. E s bedarf auch<br />

das geistige und leibliche Leben ernster Zucht, damit aus<br />

seinen Schwachheiten, Begehrlichkeiten und Trieben nicht ein W iderspruch<br />

gegen <strong>die</strong> Verkündigung des Evangeliums entstehe. <strong>Das</strong> W ort<br />

ist nicht recht gehört, wenn es nicht das Leben regiert.<br />

Die andere Lesung: Matthäus z o, rb—33<br />

Freitag nach dem 7. S o n n ta g nach Trinitatis<br />

,. Ich ermähn« euch nun, lieben Bruder,<br />

durch <strong>die</strong> Barmherzigkeit Gottes,<br />

daß ihr eure Leiber begebet zum (Opfer,<br />

das da lebendig, heilig und Gott<br />

wohlgefällig sei, welches sei euer vernünftiger<br />

Gottes<strong>die</strong>nst.<br />

r. Und stellet euch nicht <strong>die</strong>ser Welt<br />

gleich, sondern verändert euch durch<br />

Erneuerung eures Sinnes, auf daß ihr<br />

prüfen möget, welches da sei der gute,<br />

wohlgefällig« und vollkommene Golreswille.<br />

Röm. >r, l—r<br />

Wüßten wir nichts von Gott, so bliebe unser Leben unter der heimlichen<br />

Knechtschaft der Sorge um Leib und Leben. Ein bedeutsamer<br />

Denker sagte nicht ohne Grund, <strong>die</strong> treibende Grundkraft des menschlichen<br />

<strong>Das</strong>eins sei <strong>die</strong> Sorge, von der Sklaverei <strong>die</strong>ser Sorge befreit<br />

der Glaube an Gott, der Sich in Iesus Lhristus „uns zum<br />

Vater gegeben hat". I n Seinen Händen sind wir geborgen, mitten<br />

in der Unruhe und Angst <strong>die</strong>ser W elt. Alle unsere Lasten sind auf<br />

Ih n geworfen. Deshalb braucht ein Christ sich durch <strong>die</strong> Sorge<br />

um Leib und Leben nicht mehr hindern zu lassen an der Erfüllung<br />

seiner höchsten Lebenspflicht: Gott zu ehren und Lhristus zu bekennen<br />

in W ort und Tat, im wirken und im Leiden. Seine Sache<br />

ist bei Gott aufgehoben. E r ist der Mann, der <strong>die</strong> Hände frei<br />

hat zu wirklichem Heldentum.<br />

Die ander« Lesung: Johannes -9, I—b


öoö<br />

Woche des 7. Sonntags nach Trinitatis<br />

Sonnabend nach dem 7. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

43. So dich aber deine Hand ärgert,<br />

so haue sie ab! Es ist dir besser, daß<br />

du ein Lrüppel zum Leben eingehest,<br />

denn daß du zwo Hände habest und<br />

fahrest in <strong>die</strong> Hölle, in das ewig«<br />

8euer,<br />

44. da ihr wurm nicht stirbt und<br />

ihr Heuer nicht verlöscht.<br />

45. Ärgert dich dein Fuß, so hau« ihn<br />

ab! Es ist dir besser, daß du lahm zum<br />

Leben eingehest, denn daß du zween<br />

8üße habest und werdest in <strong>die</strong> Hölle<br />

geworfen, in das ewige 8euer,<br />

4S. da ihr w urm nicht stirbt und ihr<br />

Heuer nicht verlöscht.<br />

47. Ärgert dich dein Auge, so wirf<br />

es von dir! Es ist dir besser, daß du<br />

einäugig in das Reich Gottes gehest,<br />

denn daß du zwei Augen habest und<br />

werdest in das höllisch« Heuer geworfen,<br />

4;. da ihr Wurm nicht stirbt und ihr<br />

Heuer nicht verlöscht.<br />

4g. Es muß ein jeglicher mit Heuer gesalzen<br />

werden, und alles (Opfer wird<br />

mit Salz gesalzen. Mark. g, 43—49<br />

<strong>Das</strong> ist eins von den schärfsten und härtesten W orte Iesu. Begreiflich<br />

genug ist es, daß sich dagegen Bedenken und Widerspruch<br />

erheben. Um so mehr ist darauf zu hören, was Iesus sagt. Darüber<br />

bedarf es keines W ortes, daß es nicht als ein Rat zur Selbstverstümmelung<br />

zu verstehen ist. Aber es zeigt wie in einem mächtigen,<br />

alles entdeckenden Licht, dem nicht auszuweichen ist, von welchen<br />

Gefahren der Mensch umdroht ist, wie leicht er sein ewiges Ziel verfehlen<br />

kann. Gerade aus dem leiblichen Leben können<br />

schwere Versuchungen kommen, <strong>die</strong> ins Verderben zu führen<br />

vermögen. Die (Organe und Glieder, <strong>die</strong> ihm verliehen sind, und<br />

deren er ja <strong>für</strong> sein <strong>Das</strong>ein bedarf, können ihn wie mit unheimlichen<br />

Verführungskünsten zu einer „Vergaffung in <strong>die</strong> Lreatur" bringen,<br />

daß ihm darüber Gott und Sein heiliger Wille gänzlich verdeckt wird<br />

und er in <strong>die</strong> Irre geht. Gott und das Ziel, zu dem E r berufen hat,<br />

verlangen volle Entschiedenheit. „Trachtet am ersten nach dem Reiche<br />

Gottes und nach seiner Gerechtigkeit".<br />

Die andere Lesung: Lorinthcr ;s, 44—4g


. Sonntag nach Trinitatis S07<br />

Achter Sonntag nach Trinitatis<br />

W an d elt w ie <strong>die</strong> Linder des Lichts. D ie Frucht des Geistes ist<br />

allerlei Gütigkeit und Gerechtigkeit und W ahrheit.<br />

Lpheser s, g<br />

,5. Sehet euch vor vor den falschen<br />

Propheten, <strong>die</strong> in Schafskleidern zu<br />

euch kommen, inwendig aber sind sie<br />

reißend« Wölfe.<br />

zb. An ihren Früchten sollt ihr sie<br />

erkennen. Rann man auch Trauben lesen<br />

von den Dornen oder Feigen von<br />

den Disteln?<br />

-7. Also ein jeglicher guter Baum<br />

bringet gut« Früchte; aber ein fauler<br />

Baum bringet arg« Früchte.<br />

,2. Lin guter Baum kann nicht arg«<br />

Früchte bringen, und «in fauler Baum<br />

kann nicht gute Früchte bringen,<br />

g. Lin jeglicher Baum, der nicht gute<br />

rüchte bringet, wird abgehauen und<br />

ins Feuer geworfen.<br />

<strong>Das</strong> Evangelium<br />

20. Darum an ihren Früchten sollt ihr<br />

sie erkennen.<br />

ri. Ls werden nicht all«, <strong>die</strong> zu Mir<br />

sagen: Herr, Herr! in das Himmelreich<br />

kommen, sondern <strong>die</strong> den Willen<br />

tun Meines Vaters im Himmel,<br />

rr. Ls werden viele zu Mir sagen an<br />

jenem Tage: Herr, Herr! haben wir<br />

nicht in Deinem Namen geweissagt,<br />

haben wir nicht in Deinem Namen<br />

Teufel ausgetrieben, haben wir nicht<br />

in Deinem Namen viel Taten getan?<br />

23. Dann werde Ich ihnen bekennen:<br />

Ich habe euch noch nie erkannt; weichet<br />

alle von Mir, ihr Übeltäter!<br />

Matth. 7, , 5— 23<br />

Prediger heißt auf lateinisch prseckiostor, und <strong>die</strong>s lateinische W ort<br />

ist eine schlichte Übersetzung des griechischen W ortes Prophet. <strong>Das</strong><br />

predigt aint des Neuen Bundes oder der Rirche ist also eine Fortsetzung<br />

des Propheten amtes im Alten Bunde. Propheten sind keine<br />

„W ahrsager" in dem Sinne, wie w ir <strong>die</strong>s W ort in der Regel verstehen,<br />

sondern Boten Gottes. Ihnen ist <strong>die</strong> Aufgabe gegeben, der<br />

W elt aus Seinen W orten <strong>die</strong> Wahrheit zu sagen. Sie halten ihr<br />

Gottes Gesetz und Verheißung vor Augen. Sie tun kund, wie Gott<br />

<strong>die</strong> Sünde straft und daß E r bereit ist, dem Sünder zu verzeihen,<br />

wenn er bereut. Eben dasselbe tun <strong>die</strong> Propheten des Neuen Bundes<br />

— das sind <strong>die</strong> rechten Prediger der Rirche — auch. Sie unterscheiden<br />

sich von den Propheten des Alten Bundes nur dadurch, daß ste auf<br />

<strong>die</strong> Person und das Werk Iesu Christi zurückblicken und Sein W ort<br />

ständig vor Augen haben, während jene Ihn nur vorblickend erahnen


6^2_______________ W oche des r. Sonntags nach Trin itatis<br />

konnten. Nun weißt du, was unter dem „geistlichen Amt" zu verstehen<br />

ist.<br />

w ie es im Alten Bunde falsche oder „Lügenpropheten" gegeben hat,<br />

so gibt es auch im Neuen Bunde falsche Prediger. Vor ihnen warnt<br />

der Herr, wenn E r sagt: „Sie kommen in Schafskleidern; inwendig<br />

aber sind sie reißende Wölfe".<br />

w illst du wissen, wie solche falschen Propheten aussehen, was sie<br />

zu sagen pflegen und wie sie auftreten, dann lies das rs. Lapitel<br />

des Propheten Ieremia. Merke dir genau, was dort steht: „ Ih r w e g<br />

ist wie ein glatter w e g iin Hinstern, darauf sie gleiten und fallen". —<br />

„Von den Propheten in Jerusalem kommt Heuchelei aus ins ganze<br />

Tand". „Gehorchet nicht den Worten der Propheten, so euch weissagen.<br />

Sie betrügen euch, denn sie predigen ihres Herzens Gesicht<br />

und nicht aus des Herrn Mund. Sie sagen denen, <strong>die</strong> Mich lästern:<br />

Der Herr hat's gesagt, es wird euch wohl gehen, und allen, <strong>die</strong> nach<br />

ihres Herzens Dünkel wandeln, sagen sie: Es wird kein Unglück über<br />

euch kommen!"— „Ein Prophet, der Träume hat, der erzähle Träum«;<br />

wer aber Mein W o rt hat, der predige Mein W ort recht, w ie reimen<br />

sich Stroh und Weizen zusammen) spricht der Herr. Ist Mein W ort<br />

nicht wie ein Heuer, spricht der Herr, und wie ein Hammer, der Helfen<br />

zerschmeißt)"<br />

w ie groß ist <strong>für</strong> alle Prediger der Lirche <strong>die</strong> Versuchung, daß sie<br />

den w e g der falschen Propheten beschreiten! Einige denken bei sich:<br />

Man kann das -och heute nicht so schroff sagen, wie es in der Bibel<br />

steht. Es würde den oder jenen verletzen, ihn vielleicht gar aus der<br />

Lirche vertreiben und mich in Schwierigkeiten bringen. Darum muß<br />

man es etwas sanfter, vorsichtiger, gebildeter ausdrücken, in einigen<br />

Hätten auch verschweigen. Dann weichen <strong>die</strong> Gedanken sofort vom<br />

W orte Gottes ab und gehen ihre eigenen Wege. M it welchem E r­<br />

folg) — Daß das Ärgernis der christlichen Wahrheit umgangen<br />

ist und -aß <strong>die</strong> Leute am Ende sagen: w o zu brauche ich in <strong>die</strong><br />

Lirche zu gehen) Geistvolle Reden verstehe ich nicht, oder, wenn ich<br />

sie durchaus hören will, kann ich sie auch anderswo hören, sogar<br />

besser als in der Lirche. Da ist dann das W ort des Herrn wahr geworden:<br />

„ w o nun das Salz dumm wird, womit sott man's salzen)<br />

E s ist hinfort zu nichts nütze, denn daß man es hinauswerfe und lasse<br />

es <strong>die</strong> Leute zertreten".<br />

Es gibt freilich auch den andern Hall, daß ein Prediger des W ortes


». Sonntag nach Trinitatis dog<br />

Gottes seiner persönlichen Streitlust, seinem Unmut und Ärger auf<br />

der Ränzel Raum gibt. L s mag viel Wahrheit sein in dem, w as<br />

er sagt; aber <strong>die</strong> Art, wie er es sagt, ist doch nicht aus der W ahrheit<br />

Christi. S ie zeugt nicht davon, daß er sich selber mit unter<br />

<strong>die</strong> Sünder rechnet, daß er erst sich selbst gepredigt hat, bevor<br />

er andern predigt. S ie zeigt vielmehr, daß er nicht nur <strong>die</strong> Sünden,<br />

sondern daß er <strong>die</strong>sen oder jenen Sünder persönlich treffen wollte.<br />

Lr hat wohl M ut zur Wahrheit, aber keine Äraft zur Liebe. Darum<br />

hat er nicht <strong>die</strong> volle Wahrheit. Solche Prediger des W ortes Gottes<br />

sind auch falsche Propheten. Du kannst sie daran erkennen, -aß sie<br />

meist ins Gegenteil verfallen, sobald sie sich ihre Hörner abgestoßen<br />

haben. Hüte dich vor ihnen ebenso wie vor den andern!<br />

Die wahren und <strong>die</strong> falschen Propheten sind oft schwer auseinanderzuhalten.<br />

Darum gibt dir der Herr ein untrügliches Merkmal: „An<br />

ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!" w a s meint Lr mit den<br />

„Früchten"? Meint Lr damit, daß wir nicht so sehr auf <strong>die</strong> W orte<br />

als vielmehr auf <strong>die</strong> Werke des Predigers achten sollen? — <strong>Das</strong><br />

mag sicherlich manchmal ein gutes Rennzeichen sein. Denn wenn einer<br />

ganz anders handelt, als er redet, so ist er sicherlich ein schlechter und<br />

wenig überzeugender Prediger des W ortes Gottes. Aber kannst du<br />

alles Tun und Lassen eines andern Menschen kennen, und ist es deine<br />

Aufgabe, hinter ihm her zu spionieren und dein Urteil davon abhängig<br />

zu machen, w as <strong>die</strong> Leute sagen? Sicherlich nicht! Also ist<br />

mit den Früchten etwas anderes gemeint.<br />

Die Früchte eines Predigers des W ortes Gottes sind das, w as er<br />

bei seinen Hörern bewirkt. D as merkst du zuerst an dir selber, w en n<br />

er richtig gepredigt hat, dann hat er dir eine Wahrheit über dich<br />

selbst gesagt. S ie tut dir vielleicht weh; -u mußt dir überlegen,<br />

ob du sie annehmen oder ablehnen willst. Denn du kannst beides.<br />

Nimmst du sie aber an, dann kommst du einen Schritt weiter und bist<br />

ihm am Lnde dankbar. — Oder du bist traurig und verzagt in <strong>die</strong><br />

Lirche gegangen und hast ein Trostwort vernommen. W enn <strong>die</strong>ser<br />

Trost wirklich von Gott kam, dann machst du dir klar, <strong>für</strong> w ieviel<br />

du zu danken hast, läßt danach -eine Traurigkeit und Verzagtheit<br />

fahren und glaubst an Den, der dich durch einen Menschen<br />

so wunderbar getröstet hat. Du wirst dann bald an andern merken,<br />

daß es ihnen ebenso ergangen ist wie dir. Du wirst mit ihnen darüber<br />

sprechen, w as euch unter der predigt geschehen ist. Ih r werdet


S-o<br />

Woche des r. Sonntags nach Trinitatis<br />

euch miteinander um den Prediger scharen und <strong>für</strong> ihn beten, daß<br />

seine predigt noch mehr frucht bringe. S o wird bald eine G e ­<br />

meinde um ihn sein. <strong>Das</strong> ist dann Beweis genug, mehr brauchst du<br />

nicht. Falsche Propheten bekommen nachbetende Anhänger; wahre<br />

Propheten haben eine fü r bittende <strong>Gemeinde</strong>. Denn, so sagt der Herr,<br />

„wie soll man Trauben lesen von den Dornen und Feigen von den<br />

Disteln? Lin guter Baum kann nicht arge Früchte bringen, und ein<br />

fauler Baum kann nicht gute Früchte bringen". — Du leidest darunter,<br />

daß es so viele faule Bäume gibt? — Sei getrost! Sie werden<br />

dermaleinst alle „abgehauen und ins Feuer geworfen".<br />

ir. So sind wir nun, lieben B rüder,<br />

Schuldner nicht dem Fleisch, daß wir<br />

nach dem Fleisch leben.<br />

?Z. Denn wo ihr nach dem Fleisch<br />

lebet, so werdet ihr sterben müssen;<br />

wo ihr aber durch den Geist des Fleisches<br />

Geschäft« tötet, so werdet ihr<br />

leben.<br />

14- Denn welche der Geist Gottes treibet,<br />

<strong>die</strong> sind Gottes Linder.<br />

?s. Denn ihr habt nicht einen knechtischen<br />

Geist empfangen, daß ihr euch<br />

abernial <strong>für</strong>chten müßtet; sondern ihr<br />

D ie Lpistel<br />

habt einen kindlichen Geist empfangen,<br />

durch welchen wir rufen: Abba, lieber<br />

Vater!<br />

-S. Dcrselbig« Geist gibt Zeugnis unserem<br />

Geist, daß wir Gottes Linder<br />

sind.<br />

17- Sind wir denn Linder, so sind<br />

wir auch Lrbcn, nämlich Gottes Erben<br />

und Miterben Christi, so wir anoers<br />

mit leiden, auf daß wir auch mit<br />

zur Herrlichkeit erhoben werden.<br />

Röm. r, ?r—-7<br />

w a s heißt das, „Schuldner des Fleisches" sein und „nach dem<br />

Fleische" leben? — Denk an <strong>die</strong>s: Dir kommen bittere und böse Gedanken.<br />

Denn du hast viel Unrecht erlitten. <strong>Das</strong> kannst du nicht hindern;<br />

es kommt aus deinem „Fleisch". Aber das kannst du hindern,<br />

daß sie sich in dir festsetzen. Oder dir will ein schlechter Witz über<br />

<strong>die</strong> Lippen. Du hast ihn irgendwo gehört, und er fällt dir ein. <strong>Das</strong><br />

kannst du nicht hindern; es kommt aus deinem „Fleisch". Aber deshalb<br />

brauchst du ihn nicht weiterzugeben. Oder du bist zum Zorn<br />

geneigt und leicht erregt. <strong>Das</strong> kannst du nicht hindern; es kommt aus<br />

deinem „Fleisch". Aber du kannst deinen Zorn bändigen. Ebenso ist<br />

es, wenn schwermütige Gedanken dich quälen oder wenn deine Einbildungskraft<br />

dir unreine Bilder vorspiegelt. Ganz und gar hindern<br />

kannst du das nicht; aber du mußt nicht trübsinnig werden und<br />

mußt keine wollüstigen Gefühle haben. Denn als Lhrist bist du


s. Sonntag nach Trinitatis S),<br />

deinem Fleisch nicht mehr als Schuldner verfallen, so daß du tun<br />

müßtest, was es verlangt, w en n dir dergleichen geschieht, dann<br />

sprich schnell ein Stoßgebet: „Ach, Herr, hilf mir, S atan will mich<br />

umbringen. Schick Du mir Deine Engel, daß sie mir beistehen und <strong>für</strong><br />

mich kämpfen". Dann wird dir alles vergeben, und du wirst auch<br />

merken, woher es kommt. L s kommt aus der tiefen Lebcnsangst, von<br />

der w ir bei Tage oft nichts merken, <strong>die</strong> aber des Nachts, wenn w ir<br />

schlafen, manchmal aus der Tiefe unserer Seele nach oben steigt.<br />

Darum steht in so vielen Abendgebeten: Behüt' uns vor dem Grauen<br />

der Nacht! <strong>Das</strong> ist der böse Geist, der uns <strong>für</strong>chten macht. Aus <strong>die</strong>ser<br />

tiefen Lebensangst stammen zuletzt <strong>die</strong> Versuchungen. Solch einen<br />

Geist hat Lhristus uns nicht gegeben, sondern w ir haben von Ihm<br />

„einen kindlichen Geist empfangen, durch welchen w ir rufen: Abba,<br />

lieber Vater". <strong>Das</strong> sollen wir festhalten. Denn <strong>die</strong>ser Geist bezeugt<br />

unserem Geist, daß „w ir Linder Gottes sind". Damit schlaf' ein,<br />

wenn du zur Ruhe gehst, damit steh' am Morgen auf. Dann umgeben<br />

dich Gottes gute Geister wie Schutzengel. Meinst du, nur <strong>die</strong><br />

Linder brauchten sie? Brauchst du sie nicht auch?<br />

D as Lied der Woche<br />

O gläubig Herz, gebenedei<br />

Michael Weiße gab -S3) das erste deutsche Gesangbuch der böhmischen<br />

Brüder heraus, in dem sich neben dem Osterlied „Gelobt sei<br />

Gott im höchsten Thron" u. a. auch <strong>die</strong>ses Lied findet. Erfüllt von<br />

einem unbeirrbaren Gottvertrauen, zeigt es Gottes unwandelbare<br />

Freundlichkeit über Seinen Lindern in der Fülle Seiner Gaben und<br />

wohltaten. „G ott will uns damit locken, daß w ir glauben sollen,<br />

E r sei unser rechter Vater und w ir seine rechten Linder", so wird<br />

es hier gesungen und <strong>für</strong> <strong>die</strong>ses dunkle Leben erbeten. Die Melo<strong>die</strong><br />

vertieft <strong>die</strong>ses Lob und Gebet licht und ernst,<br />

w o <strong>die</strong>s Lied nicht im Gesangbuch steht, kann auch gesungen werden:<br />

Erneure mich, o ewigs Licht<br />

Johann Friedrich Ruopp (gest. )708) wurde aus seinem Pfarramt<br />

bei Straßburg vertrieben und kam als Erzieher in das Waisenhaus<br />

in Halle. Rnapp und streng leuchtet sein Lied in den inneren Lamps


dzr<br />

Woche des r. Sonntags nach T rinitatis<br />

hinein, durch den ein Lhristenmensch Tag <strong>für</strong> Tag hindurch muß,<br />

wie es auch durch den S ). Psalm hindurchklingt.<br />

D a s Gebet der W oche<br />

H ilf uns, Herr, himmlischer Vater, w eil über uns der Nam e<br />

D eines S o h n es genannt ist, daß w ir absagen aller Ungerechtigkeit.<br />

Heilige uns, auf daß w ir tüchtig werden, Frucht zu bringen,<br />

<strong>die</strong> bleibt in s ew ige Leben, durch Jesum Christum, unsern Herrn.<br />

Amen.<br />

-I-<br />

V o n der Freiheit und von dem Gehorsam der Linder G ottes<br />

Unser Wandel aber ist im Himmel,<br />

von bannen wir auch warten des Heilands Iesu Christi, des Herrn,<br />

welcher unseren nichtigen Leib verklären wird,<br />

daß er ähnlich werde Seinem verkläreten Leibe<br />

nach der Wirkung, damit Lr kann auch alle Ding«<br />

Sich untertänig machen.<br />

Philipper 3, ro. r-<br />

!- <strong>Das</strong> „Christentum" -ist nicht ein« Art Lehre über das Leben, wie es zu<br />

allen Zeiten Lehren gegeben hat und geben wird. Über solche Lehren kann man<br />

streiten, an ihnen kann man etwas verändern, etwas hinzufügen oder etwas<br />

davon streichen. So gerade ist es mit dem Christentum nicht. Ls hilft uns<br />

viel, wenn wir uns daran gewöhnen, statt vom Christentum vom Lhristenstand<br />

zu sprechen. An <strong>die</strong>sem Wort sehen wir schon, daß wir, wenn wir<br />

vom Christenglauben reden, nicht von einer bloßen Theorie auf dem Papier<br />

reden, sondern von einer bestimmten Gruppe von Menschen, von den Lhristenmenschen<br />

ünd von ihrem Tun und Lassen, w ir reden von solchen Menschen,<br />

von denen der Apostel sagt: „Unser Wandel ist im Himmel". <strong>Das</strong> „Unser"<br />

bezieht sich auf all« <strong>die</strong>jenigen, <strong>die</strong>, wie der Apostel selber, auf den Namen<br />

Christi getauft sind, also auch auf uns, <strong>die</strong> wir <strong>die</strong>s lesen, w ir sind durch<br />

<strong>die</strong> Tauf« zu einer bestimmten Art von Menschen geprägt worden. Und was<br />

der christliche Glaub« bedeutet, ist nicht nur eine Sache, <strong>die</strong> unseren kritischen<br />

verstand angeht, sondern es tritt in Erscheinung in unserem ganzen Menschsein,<br />

in unserem Denken und Fühlen, Glauben und Hoffen, Lieben und Leiden,<br />

Arbeiten und Ruhen. In all <strong>die</strong>sen Dingen sind <strong>die</strong> Lhristen Menschen besonderer<br />

Art, und «in groß Teil der Verwirrung unseres Nachdenkens in<br />

Glaubensdingen hängt damit zusammen, daß viele unter uns das nicht mehr


Freiheit und Gehorsam der Linder Gottes____________6)s<br />

wissen. „Unser Wandel ist im Himmel". Für Himmel sagen wir auch: Reich<br />

Gottes. Nichts anderes meint das obige Schriftwort. <strong>Das</strong> hieße also: „Unser<br />

Wandel ist im Reich« Gottes". <strong>Das</strong> klingt erstaunlich: Mein Wandel, mein<br />

tägliches Leben und das deine spielt sich ab im Reiche Gottes? Spielt es<br />

sich denn nicht auf der Erde ab) Auf <strong>die</strong>ser <strong>die</strong>sseitigen, tat- und leiderfüllten<br />

Erde) Ganz gewiß! Aber eben <strong>die</strong>se <strong>die</strong>sseitige tat- und leiderfüllte Lrde ist<br />

zugleich der L>rt, da das Reich Gottes, das einst kommen wird, seinen Anfang<br />

hat. Und <strong>die</strong>ser Anfang des Reiches Gottes mitten im Diesseits geschieht sn<br />

den Lhristenmenschcn, in ihrem Glauben, Denken, Tun und Lassen, also in<br />

unserem Leben, unserem Glauben, Denken, Tun und Lassen.<br />

<strong>Das</strong> ist <strong>für</strong> viele Menschen, <strong>die</strong> erst wieder entdecken müssen, was Christenglaube<br />

ist, «ine Feststellung, <strong>die</strong> sie sehr überrascht, und <strong>die</strong> von ihnen<br />

nicht sofort erfaßt wird. Also Christenglaube ist nicht eine Angelegenheit des<br />

Jenseits) Nein, so sicher nicht, wie <strong>die</strong> Gegner der Lirche es gerne sagm.<br />

Christenglaube ist maßgebend <strong>für</strong> unser Handeln im Diesseits, — das gilt<br />

es zu begreifen. „Unser Wandel ist im Himmel". <strong>Das</strong> griechische Wort,<br />

das Luther mit „Wandel" übersetzt, heißt auch „Bürgerrecht". Also: „Unser<br />

Bürgerrecht ist im Himmel." „Unser Bürgerrecht", w eil wir getauft sind,<br />

unterstehen wir dem Recht, das im Reich Gottes gilt. Grund unseres Handelns<br />

ist also nicht wandelbares irdisches Recht, — sondern das, was im<br />

Reich Gottes gilt. <strong>Das</strong> klingt nicht nur erstaunlich, sondern das ist auch<br />

erstaunlich. Und es bedeutet sehr viel mehr, als wir zuerst meinen.<br />

2.g) Ls bedeutet zuerst, daß <strong>für</strong> unser Leben <strong>die</strong> Gebot« Gottes unbedingt<br />

gelten. Nicht, als wollten wir durch ihre Beachtung das Himmelreich ver<strong>die</strong>nen<br />

oder etwas Besseres sein als andere Menschen. <strong>Das</strong> Himmelreich ist<br />

uns geöffnet durch <strong>die</strong> Taufe auf Christi Tod und Auferstehung, und nur<br />

dadurch. Aber am Halten der Gebote zeigt sich, ob wir das glauben. <strong>Das</strong><br />

Halten der Gebote kann zu Zeiten, um nach Menschenart zu reden, sehr<br />

unpraktisch und unvorteilhaft sein. Ls kann dem sogenannten gesunden Menschenverstand<br />

widerstreiten; es kann gewissen weit verbreiteten Lebensgrundsätzen<br />

widersprechen. Nur wenige Beispiele. Daß du den Sonntag heilig<br />

hältst, kann sehr unvorteilhaft erscheinen, zumal wenn du meinst, <strong>die</strong> Sonntagsarbeit<br />

nötig zu haben, um <strong>die</strong> Deinen durchzubringen. w a s kommt dabei<br />

heraus, wenn du zur Lirche gehst) So wirst du obendrein noch gefragt. Und<br />

mancher ist dann um ein« Antwort verlegen. Daß du das sechste Gebot hältst,<br />

keusch lebst, deinem Ehegemahl mit der Liebe deines Herzens zugleich den<br />

reinen Leib zu geben dich bemühst, das machen Altersgenossen verächtlich und<br />

nennen in ihrer zügellosen Wollust Unnatur, was doch vom Geist gebändigte<br />

Natur ist! Daß du das achte Gebot hältst und darauf verzichtest,<br />

vom Nachbarn Böses zu reden, Richtiges oder Unrichtiges, macht das Leben<br />

weniger interessant und gibt dir weniger Gelegenheit dreinzureden. Und so<br />

fragst du: warum denn nicht «in wenig reden über den anderen) Ist das


0-4 Woche des r. Sonntags nach Trinitatis<br />

so schlimm) — Scheint nicht «in vermeintlich höherer Zweck das Halte» der<br />

-0 Gebote oft zu verbieten) Solcherlei und viele ähnliche Fragen verleiten<br />

uns, unser Bürgerrecht im Himmel zu verscherzen. Denn an ihnen zeigt sich,<br />

daß wir nicht glauben. Es zeigt sich, daß wir das nicht wollen, was<br />

uns geschenkt wird, daß wir der Klugheit <strong>die</strong>ser Welt und der Klugheit unseres<br />

Denkens und Erkcnnens mehr trauen als dem Wort Gottes. Und so<br />

verachten wir <strong>die</strong> tragende Kraft unseres Lebens. Und wir könnten es doch<br />

alle erfahren: Ie mächtiger das Wort Christi über uns wird, se ernster wir<br />

uns üben im Gehorsam, desto mehr spüren wir es, daß der Glaube und der<br />

Gehorsam unter Gottes Wort wahrhaftig <strong>die</strong> lebendige Speise sind, <strong>die</strong> uns<br />

allein an Leib und Seele erhält.<br />

d) <strong>Das</strong> an den Anfang gestellte Bibclwort zeigt uns den w eg zum Leben<br />

durch das Halten der -o Gebote, w ir entdecken nämlich beim Halten der<br />

;o Gebote, also beim Ernftnchmen unseres Bürgerrechtes im Reiche Gottes,<br />

das Evangelium, <strong>die</strong> tragende und errettende Kraft Christi: «nach der Wirkung,<br />

mit der Er kann auch all« Ding« Sich untertänig machen". Eltern, <strong>die</strong><br />

mit ihren Kindern den Sonntag wirklich feiern im Gottes<strong>die</strong>nst und in der<br />

von Gott geschenkten Muße der Freizeit, entdecken plötzlich ein ganz neues<br />

Leben. Eltern, <strong>die</strong> mit ihren Kindern beten, sind in ganz anderem Sinne<br />

Eltern als jene, <strong>die</strong> nur <strong>die</strong> versorger ihrer Kinder sind. Sie lernen es erkennen,<br />

was alles am Bürgerrecht im Himmel hängt, und solches wissen um<br />

das Bürgerricht im Himmel macht mit fedcm Tag freier und froher, w ir erfahren,<br />

was es bedeutet, daß wir <strong>die</strong> Sorgen, <strong>die</strong> wir haben, wirklich alle in<br />

<strong>die</strong> Hand Gottes befehlen dürfen, w ir fangen an, es wirklich zu glauben,<br />

daß Er uns beschützt, w ir erfahren, daß Er Schicksale wenden kann und<br />

Wege zeigen, wo Menschen keine Auswege mehr haben, w eil das Halten der<br />

-o Gebote nicht um einer Moral oder eines Nutzens willen geschieht, sondern<br />

als Erweis des Glaubens, entdecken wir ein Stück Gotteshilfe nach der<br />

andern mitten im Elend. <strong>Das</strong> Bürgerrecht im Himmel bewirkt auch im<br />

ärmsten Menschen ein Neuwerdcn der zerstörten Schöpfung und der zerstörten<br />

Freude; wir sehen ja nicht mehr das Todesangesicht der Welt, nicht mehr<br />

unser eigenes, vom Tode gezeichnetes Bild im Spiegel, sondern sehen Gottes<br />

Gnadenhand walten mitten in Sünde, Untergang und verderben.<br />

So wird unser Bürgerrecht im Himmel Grund und Ausgangspunkt der<br />

großen Erwartung: «w ir warten des Heilands Jesu Christi des Herrn,<br />

welcher unsern nichtigen Leib verklären wird, daß er ähnlich werde Seinem<br />

verklärten Leibe".<br />

s. Daß <strong>die</strong> Wunder Gottes unser Leben erhalten und uns begleiten, ist ein<br />

vorerwcis, der Anfang einer ganz großen Erfüllung, <strong>die</strong> uns von Gott versprochen<br />

ist. Und wieder ist hier der Vrt, vo unser grübelnder Verstand Halt<br />

macht und sich nicht beugen will. Aber eine Mutter eines sterbenden Kindes<br />

oder einer, der an unheilbaren Gebrechen leidet, weiß sehr bald, was <strong>die</strong>se


Woche des r. Sonntags nach Trinitatis<br />

Szs<br />

Botschaft uns verheißt. Und wir wissen ja nun auch von unsichtbaren Gebrechen,<br />

von Not und Schuld unseres eigenen Lebens und Tuns, unseres<br />

ganzen Menschseins. Daß in <strong>die</strong>se Not und <strong>die</strong>se Schuld hinein <strong>die</strong> Botschaft<br />

von den, großen neuen Tag Gottes hineingejagt wird — wie wollten<br />

wir es nicht glauben angesichts der großen Dinge, <strong>die</strong> Gott in unserem Leben<br />

tut! Alles, was geschieht, geschieht auf <strong>die</strong>ses Ziel hin. ,^lach der Wirkung,<br />

mit der Christus kann auch alle Dinge Sich Untertan machen". „Alle Dinge"<br />

bedeutet: das Ganze, — das All. Einen «Zerrn und Regierer gibt es über<br />

alle Ding«, über <strong>die</strong> ganz« Welt. Im Reich <strong>die</strong>ses Herrn sind wir Bürger,<br />

Hausgenossen, Gottes Linder. Wenn wir das glauben, dann wissen wir,<br />

was wir tun solle», dann wollen wir, was wir vor Gott sollen, dann müssen<br />

wir — als <strong>die</strong> nun 8rei«n — tun, was unser Leben zur Erfüllung bringt.<br />

-s-<br />

M on tag nach dem s. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

Sj. Da sprach nun Icsus zu den Iuden,<br />

<strong>die</strong> an Ihn glaubten: So ihr<br />

bleiben werdet an Meiner Red«, so<br />

seid ihr Mein« rechten Iünger<br />

sr. und werdet <strong>die</strong> Wahrheit erkennen,<br />

und <strong>die</strong> Wahrheit wird euch<br />

freimachen.<br />

ss. Da antworteten sie Ihm: w ir<br />

sind Abrahams Samen, sind nie kein<br />

Mal jemands Lnecht« gewesen; wie<br />

sprichst Du denn: „Ihr sollt frei werden")<br />

34. Jesus antwortet« ihnen und<br />

sprach: wahrlich, wahrlich, Ich sage<br />

euch: w er Sünde tut, der ist der<br />

Sünde Lnecht.<br />

ss. Der Lnecht aber bleibet nicht<br />

ewiglich im Hause; der Sohn bleibet<br />

ewiglich.<br />

sb. So euch nun der Sohn frei machet,<br />

so seid ihr recht frei.<br />

Ioh. r, sz—sd<br />

Der Geist Christi will nicht verwechselt sein mit den harten Plagegeistern,<br />

<strong>die</strong> uns vom Morgen bis zum Abend in Atem halten mit<br />

ihrem ewigen „du sollst, du sollst nicht". Im Gegenteil: E r erlöst<br />

uns vom Fron<strong>die</strong>nst des Gesetzes, indem E r uns G ott als den<br />

Vater zeigt und unser Tagelöhnerdasein in den Adelstand -er<br />

Gotteskindschaft erhebt. Erst wenn jemand Gottes Lind geworden<br />

ist, geht ihm auf, wie unfrei, wie gebunden er vorher war.<br />

Alle Freiheit, deren w ir uns rühmten, konnte nichts daran ändern,<br />

daß im Innersten unseres Lebens eine fremde Macht über uns<br />

herrschte, nämlich <strong>die</strong> Sünde, <strong>die</strong> Gottesfremdheit. Gebunden waren<br />

wir, wenn w ir ihren Einflüsterungen nachgaben, gebunden selbst<br />

22 <strong>Das</strong> Rirchenbuch


tz,b<br />

Woche des ». So nntags nach Trinitatis<br />

dann, wenn wir ihr widersprachen. Hier konnte uns niemand helfen<br />

als Christus allein. Aber nun hat E r uns geholfen, und nun hat<br />

<strong>für</strong> uns der Tag der Freiheit begonnen. Daß wir das endlich glauben<br />

lernten!<br />

Die andere Lesung: Matthäus s, ;r—>«<br />

D ienstag nach dem s. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

-b. So spricht der Herr Aebaoth: Gehorcht<br />

nicht den Worten der Propheten,<br />

so euch weissagen. Sie betrügen<br />

euch; denn sie predigen ihres<br />

Herzens Gesicht und nicht aus des<br />

Herrn Mund«.<br />

Sie sagen denen, <strong>die</strong> Mich lästern:<br />

„Der Herr hat's gesagt, es wird euch<br />

wohl gehen"; und allen, <strong>die</strong> nach ihres<br />

Herzens Dünkel wandeln, sagen sie:<br />

„Es wird kein Unglück über euch<br />

kommen".<br />

Aber wer ist im Rat des Herrn<br />

gestanden, der Sein Wort gesehen und<br />

gehört habe? wer hat Sein Wort<br />

vernommen und gehöret?<br />

;g. Sieh«, es wird ein Wetter des<br />

Herrn mit Grimm kommen und «in<br />

schreckliches Ungewitter den Gottlosen<br />

auf den Lopf fallen.<br />

20. Und des Herrn Zorn wird nicht<br />

nachlassen, bis Er tue und ausrichte,<br />

was Er im Sinn hat; zur letzten Zeit<br />

werdet ihr's wohl erfahren.<br />

2-. Ich sandte <strong>die</strong> Propheten nicht,<br />

doch liefen sie; Ich redete nicht zu<br />

ihnen, doch weissagten sie.<br />

22. Denn wo sie bei Meinem Rat<br />

blieben und hätten Meine Worte<br />

Meinem Volk gepredigt, so hätten sie<br />

dasselbe von ihrem bösen Wesen und<br />

von ihrem bösen Leben bekehret,<br />

rs. Bin ich nur ein Gott, der nah«<br />

ist, spricht der Herr, und nicht auch<br />

ein Gott von ferne her?<br />

24. Meinst du, daß sich jemand so<br />

heimlich verbergen könne, daß Ich ihn<br />

nicht seh«? spricht der Herr. Bin Ich's<br />

nicht, der Himmel und Lrd« füllet?<br />

spricht der Herr.<br />

rs. Ich höre es wohl, was <strong>die</strong> Propheten<br />

predigen und falsch weissagen<br />

in Meinem Namen und sprechen: Mir<br />

hat gcträumet, mir hat geträumet.<br />

2ö. wann wollen doch <strong>die</strong> Propheten<br />

aufhören, <strong>die</strong> falsch weissagen und<br />

ihres Herzens Trügerei weissagen<br />

27. und wollen, daß Mein Volk Meines<br />

Namens vergesse über ihren Träumen,<br />

<strong>die</strong> einer dem andern erzählet?<br />

Gleichwie ihr« väter Meines Namens<br />

vergaßen über dem Baal.<br />

22. Ein Prophet, der Träum« hat,<br />

der erzähle Träume; wer aber Mein<br />

Wort hat, der predige Mein Wort<br />

recht, w ie reimen sich Stroh und<br />

Weizen zusammen? spricht der Herr.<br />

2g. Ist Mein Wort nicht wie «in<br />

Feuer, spricht der Herr, und wie ein<br />

Hammer, der Felsen zerschmeißt?<br />

Ier. 25, -d—2g<br />

Die Tatsache, daß falsche Propheten oft größeres Ansehen haben<br />

als <strong>die</strong> wahren Propheten, kommt mit daher, daß sie keine Buße predigen,<br />

selbst wenn sie von Buße reden. Sie predigen, was angenehm<br />

ist: Sie verkennen den göttlichen Gerichtsernst in den Zeichen der<br />

Zeit und lullen <strong>die</strong> Leute in Sicherheit ein. Von dem fernen Gott


Woche des r. Sonntags nach Trinitatis ö,7<br />

des Zornes über <strong>die</strong> Sünde wissen sie kein W ort zu sagen. S o ist<br />

auch ihr W ort vom nahen Gott eitel Geschwätz. Die <strong>Gemeinde</strong><br />

aber wird durch ihr Reden nicht erbaut und das Volk Gottes nicht<br />

zur Heiligung des Namens Gottes angeleitet. Gotteskinder halten<br />

sich um der Seligkeit willen von den falschen Propheten fern, nicht<br />

um zu richten, sondern Gott <strong>die</strong> Treue zu halten, der Sich ihnen in<br />

Seiner Güte und Hilfe mächtig erwiesen hat.<br />

Die ander« Lesung: Galater K, -b—24<br />

M ittw och nach dem 8. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

-. Ich bin der recht« wcinstock, und<br />

Mein Vater der weingärtncr.<br />

r. Einen jeglichen Reben an mir, der<br />

nicht 8rucht bringet, wird Er wegnehmen;<br />

und «inen jeglichen, der 8rucht<br />

bringet, wird Er reinigen, daß er mehr<br />

8rucht bringe.<br />

s. Ihr seid schon rein um des Worts<br />

willen, das Ich zu euch geredet habe.<br />

4. Bleibt in Mir und Ich in euch.<br />

Gleichwie der Rebe kann keine 8«ucht<br />

bringen von ihm selber, er bleibe denn<br />

am Weinstock, also auch ihr nicht, ihr<br />

bleibet denn in Mir.<br />

6. Ich bin der Weinscock, ihr seid <strong>die</strong><br />

I - ! ' - ! ! - ! > 7 ^ ! S ! ^<br />

Reben, w er in Mir bleibet und Ich<br />

in ihm, der bringet viel 8rucht, denn<br />

ohne Mich könnt ihr nichts tun.<br />

ö. wer nicht in Mir bleibet, der wird<br />

weggeworfen wie ein Rebe und verdorret,<br />

und man sammelt sie und<br />

wirft sie ins 8«uer, und müssen<br />

brennen.<br />

7. So ihr in Mir bleibet und Meine<br />

Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten,<br />

was ihr wollt, und es wird euch<br />

widerfahren.<br />

r. Darinnen wird Mein Vater gechret,<br />

daß ihr viel 8rucht bringet und werdet<br />

Mein« Iünger. Ioh. -s, r<br />

Man kann sich vielleicht vornehmen, ein anständiger und rechtschaffener<br />

Mensch zu werden, und man kann darum ringen wie ein<br />

Lämpfer, sich selbst immer straffer in Zucht zu nehmen. Am „Gebot<br />

Christi", an der wirklichen Liebe zum Bruder, also auch am<br />

unbequemen und gar nicht liebenswürdigen Bruder, versagt <strong>die</strong>ser<br />

w e g des sittlichen Ringens. Alles läßt sich erzwingen, nur <strong>die</strong> Liebe<br />

nicht. Hier kommt es nicht darauf an, was ich mir vornehme, sondern<br />

darauf, wie reich ich bin an innersten Rräften des Liebenkönnens.<br />

Ich kann aber nur dann reich sein, wenn ich in einer Lebensverbindung<br />

mit Ihm stehe, der alles Lebens und aller Liebe<br />

Urquell ist. Ohne <strong>die</strong>se Lebensverbindung bin ich da, wo es wahrhaft<br />

zu leben, d. h. zu lieben gilt, verloren. Ich muß Seinem W ort<br />

Raum geben, daß es wurzeln schlägt im verborgensten Grunde<br />

meines <strong>Das</strong>eins. Ich muß beten können, ich muß mich üben in einem


S;r<br />

Woche des S. Sonnt« gs nach Trinitatis<br />

Leben täglichen Gebets. Ich muß Ihm Platz schaffen, daß E r in mir<br />

Wohnung nehme und Selber mein Leben werde.<br />

Die ander« Lesung: I. Thrssalonicher 4, -—s<br />

D onnerstag nach dem s.<br />

7. Irret euch nicht! Gott läßt Sich<br />

nicht spotten. Denn was der Mensch<br />

säet, das wird er ernten,<br />

r. w er auf sein Fleisch säet, der wird<br />

von dem Fleisch das verderben ernten;<br />

wer aber auf den Geist säet, der wird<br />

von dem Geist das ewige Leben<br />

ernten.<br />

S o n n ta g nach T rinitatis<br />

g. Lasset uns aber Gutes tun und<br />

nicht müde werden; denn zu Seiner<br />

Zeit werden wir auch ernten ohn«<br />

Aufhören.<br />

zo. Als wir denn nun Zeit haben,<br />

so lasset uns Gutes tun an jedermann,<br />

allermeist aber an des Glaubens Genossen.<br />

Gal. ö, 7—10<br />

<strong>Das</strong> Gesetz des „Fruchtbringens" gilt überall im Menschenleben.<br />

Überall wird gehandelt, geredet, gedacht von einer verborgenen<br />

„W urzel" aus. w i r brauchen uns ihrer nicht einmal bewußt zu<br />

sein. Bewußt oder unbewußt — jeder hat sein geheimes Lebensprogramm,<br />

auf Grund dessen er handelt. E s gibt viele Lebensprogramme.<br />

Aber eine Stunde kommt, da wird offenbar werden, daß<br />

sie alle unter einem großen Entwcder-tpder stehen. Gute — oder<br />

böse Fruchte. Ichsucht oder Gehorsam gegen Gott. — Für uns<br />

kommt nur ein Lebensprogramm in Frage, w i r haben es nicht<br />

selbst gemacht, w i r haben es empfangen von dem Herrn, der uns<br />

Gott zum Vater und <strong>die</strong> Liebe zum Leben gab. Nun gilt <strong>für</strong> uns<br />

Christen <strong>die</strong>ses — und kein anderes Lebensprogramm, v on uns kann<br />

Gott erwarte», daß w ir <strong>die</strong>ses Programm nicht wieder umstoßen,<br />

daß w ir Ernst damit machen: Unser Auftrag heißt: Dem<br />

Herrn nachfolgen und Sein W ort halten!<br />

Die ander« Lesung: Philippcr r, ir—ir<br />

Freitag nach dem 8. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

;r. Als Er aber des Morgens wieder<br />

in <strong>die</strong> Stadt ging, hungerte Ihn;<br />

zg. und Lr sah einen Feigenbaum an<br />

dem weg« und ging hinzu und fand<br />

nichts dran denn allein Blätter und<br />

sprach zu ihm: Nun wachse auf dir<br />

hinfort nimmermehr keine Frucht! Und<br />

der Feigenbaum verdorrt« alsbald.<br />

ro. Und da das <strong>die</strong> Iüngec sahen,<br />

verwunderten sie sich und sprachen:<br />

Wie ist der Feigenbaum so bald<br />

verdorret)<br />

r-. Icsus aber antwortete und sprach<br />

zu ihnen: wahrlich, Ich sage euch:<br />

So ihr Glauben habt und nicht zweifelt,<br />

so werdet ihr nicht allein solches


Woche des s. Sonntags nach Trinitatis<br />

djg<br />

mit dem Feigenbaum tun, sondern so rr. Und alles, was ihr bittet im Geihr<br />

werdet sagen zu <strong>die</strong>sem Berge: bet, so ihr glaubet, werdet ihr's emp-<br />

Heb dich auf und wirf dich ins Meerl sahen.<br />

Match, ri, zr—rr<br />

so wird'« geschehen.<br />

W o der Bußruf im Volke Gottes ungehört verhallt, kann niemand<br />

Gottes Zorn aufhalten. Ebensowenig vermochte jenen einzigen<br />

Feigenbaum am steinigen Abhang sein schönes Laubwerk zu bewahren;<br />

barg es doch keine Frucht, als der hungrige Wanderer voll<br />

verlangen Hineingriff. — D er bergeversetzende Glaube vermag<br />

<strong>die</strong> Früchte der Liebe, -er Freude, des Friedens, der Geduld, der<br />

Freundlichkeit, der Gütigkeit, der Sanftm ut und Leuschheit zu treiben,<br />

w o Gott sie umsonst suchen muß, da ergeht es auch der <strong>Gemeinde</strong><br />

wie dem verfluchten Feigenbaum, dessen dürres Holz ins Feuer geworfen<br />

wird. — Solches ist uns gegeben zur W arnung, -aß w ir<br />

fleißig seien zur Buße!<br />

Die ander« Lesung: Hebräer ö, >—g<br />

Sonnabend nach dem §. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

?. Sieh«, d«r Herr zeigte mir zween<br />

Fcigenkörbe, gestcllet vor den Tempel<br />

des Herrn, nachdem der Lönig zu<br />

Babel, Nebukadnezar, hakte weggeführt<br />

Iechonja, den Sohn Iojakims,<br />

den Lönig Judas, samt den Fürsten<br />

Judas und den Zimmerlcutcn und<br />

Schmieden von Jerusalem und gen<br />

Babel gebracht,<br />

r. In dem einen Lorbe waren sehr<br />

gute Feigen, wie <strong>die</strong> ersten reifen Feigen<br />

sind; im andern Lorbe waren sehr<br />

böse Feigen, daß man sie nicht essen<br />

konnte, so böse waren sie.<br />

3. Und der Herr sprach zu mir: Iercmia,<br />

was siehest du) Ich sprach:<br />

Feigen; <strong>die</strong> guten Feigen sind sehr<br />

gut, und <strong>die</strong> bösen sind sehr böse, daß<br />

man sie nicht essen kann, so böse sind<br />

sie.<br />

4. Da geschah des Herrn Wort zu mir<br />

und sprach:<br />

s. So spricht der Herr, der Gott Israels:<br />

Gleichwie <strong>die</strong>se Feigen gut sind,<br />

also will Ich Mich gnädiglich annehmen<br />

der Gefangenen aus Juda,<br />

welche Ich habe aus <strong>die</strong>ser Stätte<br />

ziehen lassen in der Lhaldäcr Land.<br />

ö. Und will sie gnädiglich ansehen,<br />

und will sie wieder in <strong>die</strong>s Land bringen,<br />

und will sie bauen und nicht abbrechen;<br />

Ich will sie pflanzen und nicht<br />

ausraufen,<br />

7. und will ihnen «in Her; geben, daß<br />

sie Mich kennen sollen, daß Ich der<br />

Herr sei. Und sie sollen Mein Volk<br />

sein, so will Ich ihr Gott sein; denn<br />

sie werden sich von ganzem Herzen zu<br />

Mir bekehren.<br />

s. Aber wie <strong>die</strong> bösen Feigen so böse<br />

sind, daß man sie nicht essen kann,<br />

spricht der Herr, also will Ich dahingcben<br />

Zedckia, den Lönig Judas, samt<br />

seinen Fürsten, und was übrig ist in<br />

Jerusalem und übrig in <strong>die</strong>sem Lande<br />

und <strong>die</strong> in Agyptenland wohnen,<br />

g. Ich will ihnen Unglück zufügen und


Sro<br />

W oche d es r. Sonntags nach Trinitatis<br />

sie in keinem Lünigrcich auf Lrden >o. und will Schwert, Hunger und<br />

bleiben lassen, daß sie sollen zu Schan- Pestilenz unter sie schicken, bis sie umdcn<br />

werden, zum Sprichwort, zur 8«- kommen von dem Land«, das Ich<br />

bel und zum 8>uch an allen «Orten, ihnen und ihren Vatern gegeben habe.<br />

dahin Ich sie verstoßen werd«;<br />

Ier. r4, ;—-o<br />

Gottes Gericht hebt an beim Volke Gottes. Solches Gericht<br />

ist gerechte Strafe <strong>für</strong> seine Sünde. Dabei geht das Gericht<br />

nicht an denen vorüber, denen es noch wohl ergeht. Daraus, daß es<br />

ihnen wohl ergeht, dürfen sie noch nicht entnehmen, daß Gott ihnen<br />

gnädig ist. vielmehr wird Gott gerade den Selbstsicheren schwere<br />

Not schicken, ihnen <strong>die</strong> Verheißung nehmen, <strong>die</strong> E r Seiner Lirche<br />

gegeben hat, und sie schließlich umkommen lassen. Aber <strong>die</strong>jenigen<br />

aus Seinem Volke, <strong>die</strong> sich unter Gottes Gericht willig beugen,<br />

haben <strong>die</strong> Verheißung, daß Gott ihnen gnädig sein will. M it ihnen<br />

will E r Seine Lirche weiterbauen. Sie sollen Sein Volk und Er<br />

will ihr Gott bleiben.<br />

Die ander« Lesung: Philipper -, S—-1


g. Sonntag nach Trinitatis<br />

Neunter Sonntag nach Trinitatis<br />

A cht zu, w ie ihr vorsichtig w andelt, nicht als <strong>die</strong> Unweisen,<br />

sondern als <strong>die</strong> w eisen .<br />

Lpheser s, is<br />

D a s Evangelium<br />

-. Er sprach aber auch zu Seinen Jüngern:<br />

Es war «in reicher Mann, der<br />

halte «inen Haushalter; der ward vor<br />

ihm bcrüchtiget, als hätt« er ihm seine<br />

Güter umgebracht.<br />

r. Und er fordert« ihn und sprach zu<br />

ihm: w ie hör« ich das von dir) Tu<br />

Rechnung von deinem Haushalten;<br />

denn du kannst hinfort nicht Haushalter<br />

sein!<br />

ö. Der Haushalter sprach bei sich selbst:<br />

w a s soll ich tun) Mein Herr nimmt<br />

das Amt von mir; graben kann ich<br />

nicht, so schäme ich mich, zu betteln.<br />

4. Ich weiß wohl, was ich tun will,<br />

wenn ich nun von dem Amt gesetzt<br />

werde, daß sie mich in ihre Häuser<br />

nehmen.<br />

s. Und er rief zu sich all« Schuldner<br />

seines Herrn und sprach zu dem ersten:<br />

w ie viel bist du meinem Herrn<br />

schuldig )<br />

d. Lr sprach: Hundert Tonnen Dls.<br />

Und er sprach zu ihm: Nimm deinen<br />

Brief, setz« dich und schreibe flugs<br />

fünfzig.<br />

7. Darnach sprach er zu dem andern:<br />

Du aber, wie viel bist du schuldig)<br />

Er sprach: Hundert Malter Weizen.<br />

Und er sprach zu ihm: Nimm deinen<br />

Brief und schreib achtzig,<br />

r. Und der Herr lobete den ungerechten<br />

Haushalter, daß er klüglich getan<br />

hatte; denn <strong>die</strong> Linder <strong>die</strong>ser Welt<br />

sind klüger denn <strong>die</strong> Linder des Lichtes<br />

in ihrem Geschlecht«,<br />

g. Und Ich sag« euch auch: Machet euch<br />

Freund« mit dem ungerechten Mammon,<br />

auf daß, wenn ihr nun darbet,<br />

sie euch aufnehmen in <strong>die</strong> ewigen<br />

Hütten.<br />

10. w er im Geringsten treu ist, der ist<br />

auch im Großen treu; und wer im<br />

Geringsten unrecht ist, der ist auch im<br />

Großen unrecht.<br />

1). So ihr nun in dem ungerechten<br />

Mammon nicht treu seid, wer will<br />

euch das wahrhaftig« vertrauen)<br />

?r. Und so ihr in dem Fremden nicht<br />

treu seid, wer wird euch geben, das<br />

euer ist) Luk. -b, -r<br />

Viele nehmen daran Anstoß, daß der Haushalter, von dem im Gleichnis<br />

erzählt wird, eine sittlich anfechtbare Handlung begeht. Denn<br />

was er tut, ist eine Urkundenfälschung, w ie kann der Herr einen<br />

solchen Mann Seinen Jüngern als Vorbild vor Augen stellen) Deshalb<br />

versuchen manche Ausleger, <strong>die</strong> Handlungsweise des Haushalters so<br />

zu verstehen, daß das Anstößige möglichst daraus verschwindet. Doch<br />

das nützt nicht viel. Etw as Befremdendes bleibt immer darin.<br />

Ist das aber nötig) S ag t der Herr nicht Gelber, daß <strong>die</strong>ser Haushalter<br />

ein „ungerechter" Mann gewesen sei, ein schlaues „Lind<br />

<strong>die</strong>ser W elt") Spricht E r nicht überhaupt vom Gelde als vom „un-


drr<br />

w o c h c d < s g. Sonntags nach Trinitatis<br />

gerechten Mammon", als ob E r sagen wollte: w o das Geld<br />

regiert, geht es immer so oder ähnlich zu) E r hat also gewiß nicht<br />

<strong>die</strong>sen Mann und was er tut Seinen Iüngern als Vorbild vor<br />

Augen stellen wollen. W ohl aber hat E r ihn als «in Beispiel aus<br />

dem Leben herausgegriffen, um ihnen klarzumachen, daß E r — in<br />

einer ganz andern Beziehung — von ihnen dasselbe verlangt, was<br />

jener Haushalter bewies, w a s denn) — Älugheit, und zwar Klugheit<br />

in einer besonderen Lage. Inwiefern handelt jener „ungerechte<br />

Haushalter" klug) Nun, er weiß, daß er abgesetzt werden soll und<br />

bald seinen schönen Posten verlieren wird. Heute ist er noch der<br />

mächtige Gutsvcrwalter; morgen wird er auf der Straße liegen,<br />

entweder grobe Arbeit tun oder betteln gehen müssen. Beides mag<br />

er nicht. Also sagt er sich: Ich muß mir möglichst viele Leute zu<br />

verpflichten suchen, solange ich noch <strong>die</strong> Macht habe. Sicherlich nicht<br />

durch Dankbarkeit, wie w ir zuerst meinen könnten, sondern dadurch,<br />

daß er <strong>die</strong> Pächter, <strong>die</strong> von ihm <strong>die</strong> gefälschten Schuldbriefe annehmen,<br />

zu Mitschuldigen macht. E r rechnet so: w enn sie das<br />

tun, was ich ihnen vorschlage, habe ich sie in meiner Hand. Sie<br />

müssen mich dann später, wenn ich abgesetzt bin, wohl oder übel<br />

bei sich aufnehmen. Schweigen werden sie schon. Denn es ist ja<br />

ihr Vorteil. Der Herr sagt dazu: „Die Linder <strong>die</strong>ser W elt verstehen<br />

sich besser auf ihr eigen Geschlecht als <strong>die</strong> Rinder des Lichts". Ein<br />

„anständiger M ann" tut so etwas nicht, nein! Aber kommt es nicht<br />

auch heutzutage oft genug vor, daß einer sich auf <strong>die</strong>se weise andere<br />

„zu 8reunden macht") I n der W elt des „ungerechten Mammons"<br />

geht's oft so zu.<br />

Der Herr fährt fort: „Und Ich sage euch auch: „Macht euch 8reundc<br />

mit dem ungerechten Mammon, damit man euch, wenn's dem<br />

Ende zugeht, aufnimmt in <strong>die</strong> ewigen Hütten". S o muß der<br />

Satz, mit dem Iesus <strong>die</strong> Deutung des Gleichnisses beginnt, richtig<br />

übersetzt werden, nicht wie in der Lutherbibel: „w en n ihr nun<br />

darbet". Denn der Herr denkt bei dem Zu-Lnde-gehen nicht an das<br />

Zu-Ende-gchen des Geldes, sondern an das Ende der W elt. Darum<br />

redet E r von den ewigen Hütten. E r will also den Iüngern durch<br />

das Beispiel vom ungerechten Haushalter klarmachen, wie sie sich<br />

im Blick auf das kommende Ende der W elt verhalten sollen. Nicht <strong>die</strong><br />

Person des Haushalters, noch w as er tut, sind der Vergleichspunkt,<br />

sondern daß er und <strong>die</strong> Iünger, jeder in seiner weise, sich „dem Ende"


g. Sonntag nach Trinitatis Sr»<br />

gegenüberschen. Für den Haushalter ist seine Absetzung das „Ende",<br />

<strong>für</strong> den Jünger Jesu das Gericht über <strong>die</strong>se W elt. Als der Haushalter<br />

merkt, daß er entlassen werden soll, bringt er nicht noch möglichst<br />

viel Geld auf <strong>die</strong> Seite — das wäre nicht sehr „klug" gewesen —,<br />

sondern macht sich „Freunde" damit. <strong>Das</strong> sollen <strong>die</strong> Jünger Jesu<br />

auch tun, nicht aus weltlicher Älugheit, sondern als solche, <strong>die</strong>,<br />

wie es der Apostel Paulus sagt, „kaufen, als sollten sie's nicht behalten,<br />

und <strong>die</strong> sich <strong>die</strong> W elt zunutze machen, als kämen sie damit<br />

doch nicht mehr zu Ende. Denn <strong>die</strong> Scheingestalt <strong>die</strong>ser W elt vergeht".<br />

Tun sie das, dann wird man sie dereinst aufnehmen „in <strong>die</strong><br />

ewigen Hütten". Denn dann werden beim Jüngsten Gericht vor<br />

dem Throne Gottes alle <strong>die</strong> als Zeugen auftreten, denen sie geholfen<br />

haben, und sagen: M ir hat er geliehen, als ich in Not war, mir <strong>die</strong>s<br />

oder das geschenkt, mir eine Rechnung, <strong>die</strong> ich nicht bezahlen konnte,<br />

quittiert zurückgegeben.<br />

Der Herr denkt also bei <strong>die</strong>sem Gleichnis ebenso wie bei allen andern<br />

Gleichnissen nicht aus <strong>die</strong>ser W elt heraus, sondern vom Ende der<br />

W elt her. Menschen, <strong>die</strong> nichts vom Gericht über <strong>die</strong>se W elt oder<br />

ihrem „Ende" wissen, handeln nicht so, wie E r es hier von Seinen<br />

Jüngern verlangt. Sie häufen vielmehr einen Hundertmarkschein auf<br />

den andern, wenn's irgend geht, und halten den Pfennig fest wie mit<br />

Lrallen. <strong>Das</strong> ist aber unklug. Denn nicht das Geld, sondern Gott<br />

regiert <strong>die</strong> W elt. S o verliert das Gleichnis ganz von selbst alles<br />

Anstößige, wenn man's richtig versteht.<br />

E s fällt uns sehr schwer, solchen Glauben zu haben, w i r trennen<br />

uns deshalb ungern von Geld und Gut. Aber w ir sollen bedenken,<br />

was der Herr der Deutung des Gleichnisses hinzufügt. E r sagt:<br />

w e r im Geringsten treu ist, der ist auch im Großen „treu"; und<br />

wer im Geringsten unrecht ist, der ist auch im Großen unrecht. S o<br />

ihr nun mit dem ungerechten Mammon nicht treu seid, wer will euch<br />

das w ahrhaftige anvertrauen? Und so ihr mit dem Fremden nicht<br />

treu seid, wer wird euch geben, was unser ist?" w a s meint E r<br />

mit dem „Geringsten", was mit dem „Großen" und den», w as<br />

„unser" (es heißt im griechischen Text „unser", nicht „euer") ist?<br />

Manche verstehen <strong>die</strong>sen Satz so, als hätte der Herr sagen wollen:<br />

„ w e r den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert". <strong>Das</strong> ist<br />

aber eine weltliche Weisheit. I n Wirklichkeit meint Er, daß Geld<br />

und G ut <strong>die</strong> allergeringsten unter den vielen Gaben Gottes


4<br />

Woche des g. Sonntags nach Trinitatis<br />

sind. w e r damit im Blick auf das Ende -er W elt „richtig" umgeht,<br />

den nennt der Herr „treu im Geringsten". Beweist sich jemand in<br />

<strong>die</strong>sem Geringsten nicht als ein rechter Iünger Iesu, wie kann dem<br />

das „Größere", das „w ahrhaftige", das, „w as unser ist", anvertraut<br />

werden! w a s meint E r damit? Die besonderen Gaben<br />

Gottes, <strong>die</strong> n u r den Iüngern Iesu anvertraut werden, also z. B . E r­<br />

kenntnis des W ortes Gottes, seelsorgerliche Weisheit, Gabe der Heilung,<br />

predigt in der Vollmacht -es Heiligen Geistes, rechte Liebe,<br />

starken Glauben, viel Geduld. <strong>Das</strong> sind größere Gaben als Geld<br />

und Gut, das ist erst „das wahrhaftige", das „Unsrige", das der<br />

Iünger mit seinem Herrn gemein hat. Damit kann man aber auch<br />

mehr Unheil anrichten, wenn man's nicht im Sinne Iesu gebraucht.<br />

Darum muß man sich erst in „dem Geringsten" bewähren, damit<br />

einem „das w ahre" anvertraut werden kann.<br />

Nun prüfe dich selbst! Bist du es wert, daß Gott dir größere Gaben<br />

gibt? Du sagst: Ich habe auch <strong>die</strong> kleinere nicht bekommen. «Quält -ich<br />

das? w enn du wirklich ein Iünger Iesu bist, hat E r dir sicher statt<br />

dessen eine andere geschenkt. Zeige in ihr, daß du „treu" bist, und<br />

laß sie nicht ungenützt. E s wird dir gehen, wie es der Herr im<br />

Gleichnis von den anvertrauten Pfunden geschildert hat. „Ei, du<br />

frommer und getreuer Lnecht, du bist über wenigem getreu gewesen.<br />

Ich will dich über vieles setzen".<br />

b. <strong>Das</strong> ist aber uns zum Vorbild« geschehen,<br />

daß wir nicht uns gelüsten<br />

lassen des Bösen, gleichwie jene gelüstet<br />

hat.<br />

7. werdet auch nicht Abgöttische,<br />

gleichwie jener etliche wurden, als geschrieben<br />

stehet: „<strong>Das</strong> Volk setzte sich<br />

nieder, zu essen und zu trinken, und<br />

stund auf, zu spielen."<br />

z. Auch lasset uns nicht Hurerei treiben,<br />

wie etliche unter jenen Hurerei<br />

trieben, und fielen auf einen Tag üreiundzwanzigtaus<br />

end.<br />

g. Lasset uns aber auch Christum nicht<br />

versuchen, wie etliche von jenen Ihn<br />

versuchten und wurden von den<br />

Schlangen umgebracht.<br />

D ie Epistel<br />

;o. Murret auch nicht, gleichwie jener<br />

etliche murreten und wurden umgebracht<br />

durch den Verderber.<br />

Solches alles widerfuhr jenen zum<br />

vorbilde; es ist aber geschrieben uns<br />

zur Warnung, auf welch« das End«<br />

der Welt kommen ist.<br />

Darum, wer sich lässet dünken, er<br />

steh«, mag wohl zusehen, daß er nicht<br />

falle.<br />

;s. Es hat euch noch keine denn<br />

menschlich« Versuchung betreten; aber<br />

Gott ist getreu, der euch nicht lässet<br />

versuchen über euer vermögen, sondern<br />

machet, daß <strong>die</strong> Versuchung so<br />

ein End« gewinne, daß ihr's könnet<br />

ertragen. -. Lor. zo, d— >3


g. Sonntag nach Trinitatis örs<br />

Hier stellt der Apostel den wüstenzug der Linder Israel der <strong>Gemeinde</strong><br />

in Lorinth als das Sinnbild -es Weges hin, den auch sie als<br />

christliche <strong>Gemeinde</strong> zu durchlaufen hat. Auf <strong>die</strong>sem Wege lauern<br />

viele Versuchungen. Der Apostel nennt: Götzenanbetung, Wohlleben,<br />

Unzucht, Übermut, Widerspenstigkeit und Undank. <strong>Das</strong> alles kann<br />

sich auch in der christlichen <strong>Gemeinde</strong> wiederholen. Sie redet vielleicht<br />

sehr laut von Gott, aber sie betet im geheimen Götzen an;<br />

sie nimmt <strong>die</strong> großen W orte von der Überwindung der W elt in den<br />

Mund, aber sie lebt nicht anders als <strong>die</strong> übrige Menschheit auch; sie<br />

verteidigt <strong>die</strong> Ehe, duldet und entschuldigt aber doppelte Moral, Ehebruch<br />

und -scheidung in ihrer eigenen Gemeinschaft; sie betet zu Gott,<br />

glaubt und hofft aber auf Geld und äußere Macht; sie sagt, daß<br />

man Gott über alle Dinge lieben und Ihm allein vertrauen müsse,<br />

w enn Gott aber eine probe aufs Exempel macht, so beginnt sie zu<br />

murren. <strong>Das</strong> straft Gott an der Lirche ebenso, wie E r es seinerzeit<br />

am alttestamentlichen Gottesvolk gestraft hat. w enn E r es aber<br />

straft, so wollen w ir nicht klagen, daß uns Unmögliches zugemutet<br />

wird. Denn Gott legt uns keine Last auf, <strong>die</strong> w ir nicht zu tragen<br />

imstande sind. w ie schön ist das W ort, daß E r bei jeder Versuchung,<br />

<strong>die</strong> E r über uns kommen läßt, auch schon an ihr Ende denkt! Er sieht<br />

auch heute schon das Ende all der Versuchungen und Nöte, in <strong>die</strong> E r<br />

Seine Lirche hat kommen lassen.<br />

D a s Lied der W oche<br />

I c h weiß, mein G o t t , daß all mein Tun<br />

w a s ein Christ auf Schritt und Tritt fühlt: ernstes w ollen und<br />

unzulängliches Vollbringen, Menschcnwerk und -schwäche, das wird<br />

hier gehorsam allein unter Gottes Plan und w illen gestellt. „Des<br />

Höchsten Rat, der macht'« allein, daß Menschenrat gedeihe". Ein<br />

im tieferen Sinne „praktisches" Lied.<br />

D a s Gebet der W oche<br />

O Herr, w ir bitten Dich, gib uns allzeit gnädiglich einen Geist<br />

zu gedenken und zu tun, w a s recht ist, auf daß w ir, <strong>die</strong> w ir<br />

ohne Dich nicht sein können, nach D ir auch leben m ögen, durch


Ort»<br />

_______W oche d es g. Sonntags nach Trinitatis<br />

unsern Herrn Iesum Christum, Deinen S o h n , welcher mit D ir<br />

und dem Heiligen Geiste lebet und regieret in Ewigkeit. Amen.<br />

ch<br />

Beichte und Schlüsselamt<br />

Unser Herr Jesus Christus spricht zu Petrus (Match, -d, -g): „Ich will dir<br />

des Himmelreichs Schlüssel geben: alles, was du auf Erden binden wirst,<br />

soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst,<br />

soll auch im Himmel los sein". Dieselbe Gewalt, zu binden und zu lösen,<br />

das „Amt der Schlüssel", hat Er (Match, -r, ;r) allen Aposteln gegeben.<br />

Und Joh. ro, r- ff. heißt es von dem Auferstandenen: Da sprach Jesus abermals<br />

zu ihnen: „Friede sei mit euch! Gleichwie Mich der Vater gesandt hat,<br />

so send« Ich euch." Und da Er das gesagt hatte, blies Er sie an und spricht<br />

zu ihnen:<br />

„Nehmet hin den Heiligen Geist!<br />

welchen ihr <strong>die</strong> Sünden erlasset, denen sind sie erlassen;<br />

und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten."<br />

Johannes ro, rr. rs<br />

S o ist das Amt der Schlüssel der von Christus Seiner <strong>Gemeinde</strong> mitgegebene<br />

Auftrag, Sünde zu behalten und Sünde zu läsen.<br />

Da, wo das Evangelium gepredigt wird, wird <strong>die</strong> Last unserer Verfehlungen<br />

und Versäumnisse offenbar. Deshalb steht in den ersten Zeiten der Lirche das<br />

Bekenntnis der Sünden vor der erbetenen Lösung von der Schuld. Heute<br />

hat <strong>die</strong>s« Beichte zwei 8ormen: das gemeinsame Bekenntnis der versammelten<br />

<strong>Gemeinde</strong>, zweitens, wie es dem Ernst der Schuld am meisten entspricht,<br />

<strong>die</strong> Einzelbeichte oder privatbeichte, in der der einzelne unter vier Augen<br />

vor seinem Pfarrer oder seinem Beichtiger seine Schuld bekennt. <strong>Das</strong> Hören<br />

der Beichte ist wahrlich kein Machtmittel, mit dem <strong>die</strong> Lirche <strong>die</strong> Seelen beherrschen<br />

möchte, sondern ein schwerer, verantwortungsvoller Dienst, den<br />

Christen an den ungewissen, belasteten und verzagenden Herzen ihrer Brüder tun<br />

dürfen. Menschen richten oft so hart und urteilen ab; <strong>die</strong> Lirche kennt <strong>die</strong> Abgründe<br />

und Hintergründe, sie versteht den Menschen in seinen Bindungen und<br />

Verflechtungen unter dunkle Gewalten, und sie weiß aus großer Erfahrung,<br />

wie nahe uns allen das Böse ist. Menschen entschuldigen oft so leichthin und<br />

oberflächlich; <strong>die</strong> Liebe gibt dem Sünder Achtung, daß sie ihn als verantwortlich<br />

ansieht und ihn vor das heilige Angesicht Gottes stellt. Menschen<br />

machen ein Ende, <strong>die</strong> Lirche gibt einen neuen Anfang. Menschen ahnden ein<br />

vergehen mit Verachtung oder mit Strafe, <strong>die</strong> Lirche bedeckt es mit unverbrüchlichem<br />

Schweigen — was dem Diener der Lirche in der Beichte bekannt<br />

wird, nimmt er als Geheimnis mit ins Grab. Beichte — das bedeutet,


Beicht« und Schlüssels m l<br />

ör7<br />

daß wir nicht allein sind, sondern zu der heiligen Mutter Lirche gehen dürfen.<br />

Denn es gibt viele Ding«, mit denen ein Mensch nicht allein fertig werden<br />

kann. Darum ist nicht nur <strong>für</strong> besondere Schuld, sondern auch <strong>für</strong> <strong>die</strong> mancherlei<br />

kleinen Dinge und Nöte <strong>die</strong> Beicht« der


örr<br />

wochr des g. Sonntags nach Trinitatis<br />

Im Amt der Schlüssel wird uns groß« wohltat zuteil und unser Leben<br />

auf <strong>die</strong> recht« Linie gebracht. Der Dindeschlüssel hält uns in der Furcht<br />

und in demütiger Selbsterkenntnis, denn er macht uns eindrücklich, daß Gottes<br />

Gnade nicht etwas Selbstverständliches ist und nicht mutwillig verscherzt<br />

werden darf. Der Löse schlüssel rettet uns vor dem verzagen und vor der<br />

Müdigkeit, wenn ein Mensch nicht mehr zu glauben vermag, daß <strong>die</strong> Gnade<br />

Gottes auch ihm, auch ihm noch, sogar setzt noch, gilt, dann löst ihn der<br />

Schlüssel Lhristi, den <strong>die</strong> christliche <strong>Gemeinde</strong> in Seinem Befehl führt, von<br />

der Last der Vergangenheit. Luther sagt einmal: „Ihr wißt noch nicht, was<br />

es <strong>für</strong> Mühe und Arbeit kostet, mit dem Teufel zu streiten und ihn zu überwinden.<br />

Ich kenne den Teufel wohl; hättet ihr ihn auch so wohl erkannt<br />

als ich, ihr hättet <strong>die</strong> heimliche (d. h. <strong>die</strong> Einzel-) Beichte nicht also in den<br />

wind geschlagen".<br />

<strong>Das</strong> Amt der Schlüssel — Lhristi Himmelsschlüssel auf Erden — Gott helfe<br />

uns, sie zu ehren und zu gebrauchen! —<br />

Der


Woche des g. S o n ntags nach Trinitatis______________drg<br />

S e c h s t e s H a u p t s t ü c k :<br />

<strong>Das</strong> Amt der Schlüssel.<br />

Welches sind <strong>die</strong> Worte vom Amt der Schlüssel) — Der<br />

Herr Iesus blies Seine Iünger an und sprach zu ihnen: Nehmet<br />

hin den Heiligen Geist! welchen ihr <strong>die</strong> Sünden vergebet, denen<br />

sind sie vergeben, und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.<br />

Wasistdas) — Ich glaube, w as <strong>die</strong> berufenen Diener Lhristi aus<br />

Seinem göttlichen Befehl mit uns handeln, sonderlich, wenn sie <strong>die</strong><br />

öffentlichen und unbußfertigen Sünder von der christlichen <strong>Gemeinde</strong><br />

ausschließen und <strong>die</strong>, so ihre Sünden bereuen und sich bessern wollen,<br />

entbinden, daß es alles so kräftig und gewiß sei, auch im Himmel,<br />

als handelte es unser lieber Herr Christus selbst.<br />

D ie Beichte.<br />

w a s ist <strong>die</strong> Beichte) — Die Beichte begreift zwei Stücke in sich:<br />

eines, daß man <strong>die</strong> Sünden bekenne, das andere, -aß man <strong>die</strong> Absolution<br />

oder Vergebung vom Beichtiger empfange als von G ott<br />

Selber und ja nicht daran zweifle, sondern fest glaube, <strong>die</strong> Sünden<br />

seien dadurch vergeben vor Gott im Himmel,<br />

w e lc h e Sünden soll man denn beichten) — v o r Gott soll<br />

man aller Sünden sich schuldig geben, auch <strong>die</strong> wir nicht erkennen,<br />

wie w ir im Vaterunser tun; aber vor dem Beichtiger sollen wir<br />

allein <strong>die</strong> Sünden bekennen, <strong>die</strong> w ir wissen und fühlen im Herzen,<br />

w e lc h e sind <strong>die</strong>) — Da siehe -einen Stand an nach den zehn<br />

Geboten, ob du Vater, Mutter, Sohn, Tochter, Herr, Zrau, Lnecht,<br />

Magd seiest; ob du ungehorsam, untreu, unfleißig gewesen seiest;<br />

ob du jemand Leid getan hast mit W orten oder Werken; ob du<br />

gestohlen, versäumet, verwahrloset oder Schaden getan hast.<br />

-s-<br />

M on tag nach dem g. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

Und es sprach Ella, der Thisbiter, r. Und das Wort des Herrn kam zu<br />

aus den Bürgern Gileads, zu Ahab: ihm und sprach:<br />

So wahr der Herr, der Gott Israels, 3. Gehe weg von hinnen und wende<br />

lebet, vor dem ich steh«, es soll <strong>die</strong>s« dich gegen Morgen und verbirg dich<br />

Iahre weder Tau noch Regen kom- am Bach Lrith, der gegen den Iormcn,<br />

ich sag« es denn.<br />

dan fleußt;


Sso<br />

4 - und sollst vom Bach trinken; und<br />

Ich habe den Raben geboten, daß sie<br />

dich daselbst sollen versorgen.<br />

S. Er aber ging hin und tat nach dem<br />

Wort des Herrn, und ging weg und<br />

Woche des g. Sonntags nach T r i nitatis<br />

setzt« sich am Bach Lrith, der gegen<br />

den Jordan fließt.<br />

b. Und <strong>die</strong> Raben brachten ihm Brot<br />

und Arisch des Morgens und des<br />

Abends, und er trank des Bachs.<br />

i- Lön. ,7, b<br />

„vorsichtig wandeln", das heißt nicht, ängstlich und aufgeregt w andeln<br />

wie auf Glatteis. Gott hat uns das wandeln leicht gemacht. E r<br />

erlaubt uns, unser Leben mit allen seinen 8ragen und Sorgen in<br />

Seiner Hand aufgehoben zu wissen. Nun bleiben <strong>die</strong> Sorgen, aber<br />

sie hören auf, Gespenster zu sein. Gott sitzt im Regiment. Also nicht<br />

Zufall ist's, nicht irgendeine feindliche Macht, <strong>die</strong> im Unstern schleicht,<br />

v o n uns ist nur Eines verlangt: dem w illen und den F ü h ru n g en<br />

Gottes gehorsam zu sein. Geben w ir es auf, unsere Hoffnung, unser<br />

Heil nur innerhalb der menschlichen Möglichkeiten zu suchen! w i r<br />

brauchen nur Ernst zu machen mit dem Gehorsam -es G laubens.<br />

Die ander« Lesung: Lph-eser s, is—ro<br />

D ien stag nach dem st. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

b. Es ist aber «in großer Gewinn,<br />

wer gottselig ist und lässet sich genügen.<br />

7. Denn wir haben nichts in <strong>die</strong> Welt<br />

gebracht; darum offenbar ist, wir werden<br />

auch nichts Hinausbringen,<br />

r. wenn wir aber Nahrung und Rleider<br />

haben, so lasset uns genügen,<br />

g. Denn <strong>die</strong> da reich werden wollen,<br />

<strong>die</strong> fallen in Versuchung und Stricke<br />

und viel törichter und schädlicher Lüste,<br />

welch« versenken <strong>die</strong> Menschen ins<br />

verderben und Verdammnis.<br />

?o. Denn Geiz ist «ine Wurzel alles<br />

Übels; des hat etliche gelüstet und sind<br />

vom Glauben irregegangen und<br />

machen ihnen selbst viel Schmerzen.<br />

1s. Aber du, Gottcsmensch, fliehe solches!<br />

Jag« aber nach — der Gerechtigkeit,<br />

der Gottseligkeit, dem Glauben,<br />

der Liebe, der (Geduld, der Sanftmut.<br />

17> Den Reichen von <strong>die</strong>ser Welt gebiete,<br />

daß sie nicht stolz seien, auch<br />

nicht hoffen auf den ungewissen Reichtum,<br />

sondern auf den lebendigen Gott,<br />

der uns dargibt reichlich, allerlei zu<br />

genießen;<br />

-r. daß sie Gutes tun, reich werden an<br />

guten Werken, gerne geben, behilflich<br />

seien,<br />

-g. Schätze sammeln, ihnen selbst «inen<br />

guten Grund aufs Zukünftige, daß sie<br />

ergreifen das wahre Leben.<br />

,. Tim. b, S— ,7—<br />

w i r können nicht leben ohne Geld und Gut. G ott und das Geld —<br />

warum ist in unserem Leben zwischen beiden <strong>die</strong>se arge Spannung?<br />

Es müßte nicht so sein, und es dürfte nicht so sein. G ott hat uns<br />

das Geld nicht gegeben, daß unser Reichtum oder unser Mangel wie


Woche des g. Sonntags »ach Trinitatis<br />

bseine<br />

trennende Mauer zwischen Ihm und uns stehe. Sondern auch<br />

das Geld ist uns gegeben als ein Mittel, es im Dienste Gottes zu verwenden.<br />

w e r Überfluß hat, soll Gott durch <strong>die</strong> Tat der Barmherzigkeit<br />

preisen, w e r Mangel hat, soll Gott ehren durch das vertrauen,<br />

Seine Treue sei größer als <strong>die</strong> Not, <strong>die</strong> unsere Augen sehen,<br />

w i r werden von dem Dämon der Sorge und des Besitzes nur dann<br />

frei, wenn w ir Ernst damit machen, daß der Herr unseres Lebens<br />

niemand anders ist als der Vater Iesu Lhristi.<br />

Die andere Lesung: Sprüche ld, I—g<br />

M ittw och nach dem g. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

44. Abermals ist gleich das Himmelreich 40. Abermals ist gleich das Himmelreich<br />

einem verborgenen Schatz im Acker, einem Laufmann, der gute perlen<br />

welchen «in Mensch fand und verbarg suchte.<br />

ihn und ging hin vor Freuden über 4d. Und da er «in« köstliche perle<br />

demselbigen und verkaufte alles, was fand, ging er hin und verkauft« alles»<br />

er hatt«, und kaufte den Acker. was er hatt«, und kauft« <strong>die</strong>selbige.<br />

Match, zs, 4 4—4 b<br />

<strong>Das</strong> Reich Gottes ist mit menschlichen w erten nicht zu vergleichen.<br />

Alle menschlichen w erte verschwinden dagegen. Dem Ander des<br />

Schatzes bedeutete sein übriger Besitz nichts mehr — daß er den<br />

Schatz im Acker hätte, darauf kam es ihm an. Genau so erging es dem<br />

perlenkaufmann. All sein Besitz verblaßte vor dem W ert der einen<br />

perle. Die Gleichnisse unseres Textes wollen uns das richtige Augenmaß<br />

verschaffen <strong>für</strong> das Verhältnis des Reiches Gottes zu allem<br />

irdischen Besitz. Unendlich viel reicher, unendlich viel gesicherter, unendlich<br />

viel getroster ist der, der alles auf Gott und Sein W ort<br />

setzt, als der andere, -er <strong>die</strong> Güter und Sicherheiten <strong>die</strong>ser W elt höher<br />

achtet als <strong>die</strong> Gnade Gottes. Alle Dinge <strong>die</strong>ser W elt können uns genommen<br />

werden, — wer Lhristus zum Herrn hat, dem wird alles<br />

ihm Gebührende zufallen.<br />

Die ander« Lesung: ;. Petrus 3, l—b<br />

D onnerstag nach dem g. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

zr. Niemand veracht« deine Jugend; >3. Halt an mit Lesen, mit Ermahsondcrn<br />

sei «in Vorbild den Gläubigen nen, mit Lehren, bis ich komme,<br />

im Wort, im Wandel, in der Liebe, -4- Laß nicht aus der Acht <strong>die</strong> Gab«,<br />

im Geist, im Glauben, in der Leusch- <strong>die</strong> dir gegeben ist durch <strong>die</strong> weissaheit.<br />

gung mit Handauflegung der Ältesten.


V3r<br />

Woche -es g. Sonntags nach Trinitatis<br />

-s. Solches warte, damit gehe um, <strong>die</strong> Lehr«; beharr« in <strong>die</strong>sen Stücken,<br />

auf daß dein Zunehmen in allen Din- Denn wo du solches tust, wirst du<br />

gen offenbar sei.<br />

dich selbst selig machen und <strong>die</strong> dich<br />

;ö. Hab acht auf dich selbst und auf hören.<br />

f. Tim. 4. -r—<br />

„Niemand verachte deine Iugend". <strong>Das</strong> schreibt der Apostel Paulus<br />

seinem Schüler Timotheus, dem er den Predigtauftrag erteilt hat.<br />

Nicht <strong>die</strong> Zahl der Lebensjahre ist maßgebend <strong>für</strong> <strong>die</strong> Beurteilung des<br />

Predigers, sondern <strong>die</strong> Treue und der Ernst, mit dem Gottes W ort<br />

unverfälscht weitergegeben wird. <strong>Das</strong> Leben unter dem W ort heiligt<br />

auch das Iugendalter. w i r spüren es, wie <strong>die</strong> Weisheit und <strong>die</strong> Liebe<br />

des Apostels weitergegeben werden an den jungen, tapferen und treuen<br />

Prediger, w a s ihm an Alter fehlt, soll er ersetzen durch <strong>die</strong> Lauterkeit<br />

seiner Lebensführung, durch <strong>die</strong> Festigkeit seines Glaubens, durch<br />

<strong>die</strong> Freudigkeit in der Verkündigung der Botschaft von Iesus Christus,<br />

seinem Herrn.<br />

Die ander« Lesung: Daniel s, I—so<br />

Freitag nach dem g. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

fd. Sieh«, Ich sende euch wie Schafe<br />

mitten unter <strong>die</strong> Wölfe; darum seid<br />

klug wie <strong>die</strong> Schlangen und ohne<br />

Falsch wie <strong>die</strong> Tauben.<br />

>7. Hütet euch aber vor den Menschen;<br />

denn sie werden euch überantworten<br />

vor ihre Rathäuser und werden euch<br />

geißeln in ihren Schulen.<br />

-r. Und man wird euch vor Fürsten<br />

und Rönige führen um meinetwillen,<br />

zum Zeugnis über sie und über <strong>die</strong><br />

Heiden.<br />

?g. wenn sie euch nun überantworten<br />

werden, so sorget nicht, wie oder was<br />

ihr reden sollt, denn es soll euch zu der<br />

Stunde gegeben werden, was ihr reden<br />

sollt.<br />

ro. Denn ihr seid es nicht, <strong>die</strong> da<br />

reden, sondern eures Vaters Geist ist<br />

es, der durch euch redet,<br />

rz. Es wird aber ein Bruder den andern<br />

zum Tod überantworten und der<br />

Vater den Sohn, und <strong>die</strong> Linder werden<br />

sich empören wider ihre Eltern<br />

und ihnen zum Tode helfen.<br />

rr. Und müsset gehasset werden von<br />

jedermann um Meines Namens willen,<br />

wer aber bis an das Ende beharret,<br />

der wird selig.<br />

rs. wenn sie euch aber in einer Stadt<br />

verfolgen, so fliehet in eine andere,<br />

wahrlich, Ich sage euch: Ihr werdet<br />

mit den Städten Israels nicht zu Ende<br />

kommen, bis des Menschen Sohn<br />

kommet. Match. -0, ;S—rs<br />

Line besondere Erprobung unseres Glaubens ist das Leiden, das Angefochtensein<br />

um des Lhristusbekenntnisses willen, w i r können uns<br />

<strong>die</strong>se Gelegenheit zum Leiden um Lhristi willen nicht suchen. Gott<br />

sorgt da<strong>für</strong>, daß sie bei keinem, -er mit Ernst Lhrist sein will, ganz


Woche des 9. Sonnt ags nach Trinitatis t>33<br />

ausbleibt, vielleicht wartet sie im Äreise unserer eigenen Hamilie.<br />

Vielleicht ist es nur unsere verbotene Schläfrigkeit, <strong>die</strong> noch nicht gemerkt<br />

hat, wieso Gott uns in <strong>die</strong> Heuerprobe glaubwürdigen Lhristenzeugnisscs<br />

ruft. w enn wir da<strong>für</strong> einmal offene Augen bekommen<br />

haben, dann muß vieles anders werden. w i r alle sollen lernen, uns<br />

als <strong>die</strong> beauftragten Zeugen Iesu anzusehen, w i r werden es<br />

dadurch freilich oft schwerer haben, aber w ir werden auch erfahren,<br />

daß Iesu Geist Seine Zeugen nicht im Stich läßt.<br />

Die andere Lesung: -. Lorinther -0, I—jS<br />

Sonnabend nach dem g.<br />

4r. Der Herr aber sprach: Wie «in<br />

groß Ding ist's um einen treuen und<br />

klugen Haushalter, welchen der Herr<br />

setzet über sein Gesinde, daß er ihnen<br />

zu rechter Zeit ihre Gebühr geb«!<br />

43. Selig ist der Lnecht, welchen sein<br />

Herr findet also tun, wenn er kommt.<br />

44. wahrlich, Ich sage euch: Er wird<br />

ihn über all« seine Güter setzen.<br />

45. So aber derselbige Lnecht in seinem<br />

Herzen sagen wird: Mein Herr<br />

verzeucht zu kommen, — und fanget<br />

an, zu schlagen Lnecht« und Mägde,<br />

auch zu essen und zu trinken und sich<br />

vollzusaufcn:<br />

4d. so wird desselben Lnechtes Herr<br />

kommen an dem Tage, da er sich's<br />

S o n n ta g nach T rinitatis<br />

nicht verstehet, und zu der Stunde, <strong>die</strong><br />

er nicht weiß, und wird ihn zerscheitern<br />

und wird ihm seinen Lohn geben<br />

mit den Ungläubigen.<br />

47. Der Lnecht aber, der seines Herrn<br />

Willen weiß, und hat sich nicht bereitet,<br />

auch nicht nach seinem Willen<br />

getan, der wird viel Streiche leiden<br />

müssen.<br />

4§. Der es aber nicht weiß, hat aber<br />

getan, das her Streiche wert ist,<br />

wird wenig Streich« leiden. Denn<br />

welchem viel gegeben ist, bei dem<br />

wird man viel suchen; und welchem<br />

viel befohlen ist, von dem wird man<br />

vies fordern. Luk. 4r—4s<br />

Die wahre Weisheit eines Iüngers Iesu besteht darin, -aß er das<br />

Ziel kennt, — das Ziel seines eigenen Lebens und das Ziel -er W eltgeschichte.<br />

w i r wissen, daß -er letzte Herr -er Geschichte, der letzte<br />

Prüfer aller w erte Iesus Christus heißt. Die Bibel sagt, daß alle<br />

Menschen, <strong>die</strong> das nicht wissen, Schlafende und Träumende sind. I n<br />

<strong>die</strong>ser W elt des Schlafes und der Trunkenheit soll der Christ stehen<br />

als der ständig wachende. E s wäre nicht auszudenken, was werden<br />

sollte, wenn auch er mitschliefe, wenn in <strong>die</strong>ser S tadt der Träumenden<br />

der Posten auf dem wachtturm unbesetzt bliebe. An <strong>die</strong>sen christlichen<br />

Wachtposten wird Sich der Herr halten, wenn L r kommt. Selige<br />

Menschen, <strong>die</strong> Er bereit findet!<br />

Die ander« Lesung: z. Mose 4 ?, >4 — 45


-34 woched « s - o. Sonntags nach Trinitatis<br />

Zehnter Sonntag nach Trinitatis<br />

Gerechtigkeit erhöhet ein Volk, aber <strong>die</strong> S ü n d e ist der Leute v e r ­<br />

derben.<br />

Sprüche -4, 3 4<br />

<strong>Das</strong> Evangelium<br />

4;. Und als Er nahe hinzu kam, sah<br />

Er <strong>die</strong> Stadt an, und weint« über sie<br />

4r. und sprach: wenn doch auch du<br />

erk«nn«test zu <strong>die</strong>ser deiner Zeit, was<br />

zu deinem Frieden -imet! Aber nun<br />

ist's vor deinen Augen verborgen.<br />

43. Denn es wird <strong>die</strong> Zeit über dich<br />

kommen, daß deine Feinde werden um<br />

dich und dein« Linder mit dir eine<br />

Wagenburg schlagen, dich belagern<br />

und an allen «Orten ängsten;<br />

44. und werde» dich schleifen und keinen<br />

Stein auf dem andern lassen, darum<br />

daß du nicht erkannt hast <strong>die</strong> Zeit,<br />

darinnen du heimgesucht bist.<br />

4 S. Und Er ging in den Tempel, und<br />

fing an auszutreiben, <strong>die</strong> darinnen<br />

verkauften und kauften,<br />

4b. und sprach zu ihnen: Es stehet geschrieben:<br />

„Mein Haus ist ein Bethaus";<br />

ihr aber habt'« gemacht zur<br />

Mördergrube.<br />

47. Und Er lehrt« täglich im Tempel.<br />

Aber <strong>die</strong> Hohenpriester und<br />

Schriftgclehrten und <strong>die</strong> vornehmsten<br />

im Volk trachteten Ihm nach,<br />

daß sie Ihn umbrächten;<br />

4§. und fanden nicht, wie sie Ihm<br />

tun sollten; denn alles Volk hing Ihm<br />

an und hörte Ihn. Luk. -g, 4?—48<br />

Jesus Christus hat von Sich gesagt: „Ich bin nicht gekommen,<br />

das Gesetz und <strong>die</strong> Propheten aufzulösen, sondern zu erfüllen". Hier<br />

kannst du sehen, wie E r das gemeint hat. Denn E r steht in <strong>die</strong>ser<br />

Geschichte genau so vor uns wie <strong>die</strong> alttestamentlichen Propheten,<br />

w ie haben sie ihr Volk geliebt, und wie haben sie darunter gelitten,<br />

daß es Gottes W ort nicht annehmen wollte! Höre einmal den P ropheten<br />

Ieremia! „Seit ich geredet, gerufen und gepredigt habe von<br />

Plage und verstörung, ist mir -es Herrn W ort zum Hohn und<br />

Spott geworden täglich. Da dachte ich: w ohlan, ich will Sein nicht<br />

mehr gedenken und nicht mehr in Seinem Namen predigen. Aber es<br />

ward in meinem Herzen wie ein brennend F e u e r, meinen Gebeinen<br />

verschlossen, daß ich's nicht leiden konnte, und wäre schier<br />

vergangen". — „Ich höre, wie mich viele schelten und schrecken um<br />

und um. Hui, verklagt ihn! w i r wollen ihn verklagen! sprechen<br />

alle meine Freunde und Gesellen, ob w ir ihn übervorteilen und ihm<br />

beikommen möchten und uns an ihm rächen". — „ w e r mag mich<br />

in meinem Innern erquicken? Mein Herz ist krank in mir . . . Ist<br />

denn keine Salbe in Gilead, oder ist kein Arzt da? . . . Ach, daß ich


1 o. Sonntag nach Trinitatis ös»<br />

Wasser genug hätte in meinem Haupte und meine Augen Tränenquellen<br />

wären, daß ich Tag und Nacht beweinen möchte <strong>die</strong> E r­<br />

schlagenen in meinem Volke".<br />

Genau so ist es Iesus ergangen. E s heißt: „Als E r <strong>die</strong> S tadt sah,<br />

weinte E r über sie". „Die S tadt"! S o redeten nur <strong>die</strong> Iuden von<br />

Ierusalem. Alles, was ihnen Volk und Heimat wert machte, lag<br />

in <strong>die</strong>sem einen W ort. Da stand der Tempel, da wurden <strong>die</strong> großen<br />

Feste gefeiert, dahin pilgerte man, wenn Ostern kam, aus der ganzen<br />

W elt. Auch Iesus hat „<strong>die</strong> S tad t" geliebt. Darum weint E r, als<br />

E r sie vor Sich liegen sieht, w a s wird aus ihr werde», wenn<br />

Gottes Gericht über sie kommt) Ein Trümmerhaufen! „Sie werden<br />

eine Wagenburg um dich schlagen, dich belagern und an allen Orten<br />

ängstigen, und werden dich schleifen und keinen Stein auf dem andern<br />

lassen", w a r das ein bloßer Angsttraum) Nein, es ist alles so geschehen,<br />

als der römische Feldherr Titus im Iahre 70 Ierusalem zerstörte.<br />

E r wollte den Tempel schonen. Aber auch der ging in Flammen<br />

auf.<br />

w aru m kommt <strong>die</strong>s Unheil über Ierusalem) Der Herr sagt: „Säe<br />

haben nicht erkannt, was zu ihrem Frieden <strong>die</strong>nt; sie haben den Tag<br />

ihrer gnädigen Heimsuchung ungenützt an sich vorübergehen lassen",<br />

w a s bedeutet das) w a s hätten <strong>die</strong> Priester und <strong>die</strong> Schriftgelehrten<br />

tun müssen, um den Untergang „der S tadt" zu vermeiden) Sie<br />

hätten Christus hören und Sein W ort sich zu Herzen nehmen sollen.<br />

Denn E r w ar <strong>die</strong> gnädige Heimsuchung, <strong>die</strong> Gott ihnen geschenkt<br />

hat. Sie hätten alle ihre politischen Hintergedanken fahren lassen und<br />

begreifen sollen, daß Gottes Reich nicht auf weltlicher Macht ruht.<br />

S o aber waren und blieben sie halb Gläubige und halb Politiker.<br />

Als solche sind sie -er römischen Gewalt und Rriegstechnik unterlegen,<br />

haben in ihrem Glauben eine Enttäuschung nach der andern<br />

erlebt und mit ihrer Politik Schiffbruch erlitten. M an soll den Glauben<br />

an Gott nicht mit politischen Zielen und Hoffnungen vermengen.<br />

<strong>Das</strong> führt immer in den Untergang, <strong>die</strong> Lirche ebenso wie den S taat.<br />

Christus hat uns eine klare Erkenntnis ihres Unterschieds gegeben.<br />

W o sie von neuem lebendig wird, ist das jedesmal eine „gnädige<br />

Heimsuchung" Gottes. Ein Volk, das sie nicht erkennt, versäumt seine<br />

große Stunde.<br />

w a s Iesus sagt, wird bestätigt durch das, was E r tut. E r betritt<br />

den Tempel und treibt <strong>die</strong> Händler hinaus, <strong>die</strong> sich dort breit gemacht


ösö<br />

Woche des - o. Sonntags nachTrinitatis<br />

haben, w ie kamen <strong>die</strong> überhaupt in den Tempel hinein? w a s hatten<br />

sie da zu suchen? <strong>Das</strong> ist sehr einfach, w o geopfert wird, braucht<br />

man auch Opferticre. Man kauft sie am besten an O rt und Stelle,<br />

und <strong>für</strong> den, der ausländisches (Feld hat, ist auch ein Geldwechsler zur<br />

Hand. w a s mag das <strong>für</strong> ein Feilschen „nd Geschäftemachen gewesen<br />

sein! Der Herr sagt: „ Ih r habt aus dem Tempel Gottes, der<br />

ein Bethaus sein soll, eine Räuberhöhle gemacht".<br />

Darum also steht <strong>die</strong> Geschichte von der Austreibung der Händler<br />

und Wechsler im Lukasevangelium gleich hinter dem W ort über<br />

den Untergang „der Stadt", w aru m muß Ierusalem untergehen?<br />

w e il das gottes<strong>die</strong>nstliche Leben im Tempel dem verderben anheimgefallen<br />

ist. Götzen haben ihren Einzug gehalten in Gottes Haus.<br />

D a sitzt der Krebsschaden, im Herzen des Volkes, in seinem Gottes<strong>die</strong>nst,<br />

im Tempel selbst, da, wo man zu Gott betet. Iesus bestätigt<br />

also durch <strong>die</strong> Austreibung der Händler und Wechsler, was E r eben<br />

in dem W ort über <strong>die</strong> Gründe <strong>für</strong> den Untergang „der S tadt" ausgesprochen<br />

hat. Die Propheten des Alten Testaments haben dasselbe<br />

gesagt, und der Apostel Paulus hat es im Blick auf <strong>die</strong> Heidenvölker<br />

so ausgedrückt: „Dieweil sie wußten, daß ein G ott ist, und haben<br />

Ih n nicht gepriesen als einen Gott noch Ihm gedankt, sondern sind<br />

in ihrem Dichten eitel geworden, und ihr unverständiges Herz ist verfinstert.<br />

Darum hat Gott sie dahingegeben ..." . S ag t nicht auch<br />

der wochenspruch ähnlich? Der innere und äußere verfall eines<br />

Volkes beginnt immer mit dem verfall seines gottes<strong>die</strong>nstlichen Lebens.<br />

w o Gott nicht mehr heilig gehalten wird, schwindet <strong>die</strong> Ehrfurcht,<br />

da löst sich schließlich alle Ordnung auf. Umgekehrt beginnt<br />

<strong>die</strong> innere und äußere Erneuerung eines Volkes damit, daß es Gott<br />

über alle Dinge <strong>für</strong>chtet, Ih n liebt, auf Ih n hofft, zu Ihm betet,<br />

Ihm <strong>die</strong>nt und Seinen Namen heilig hält. Denn alle irdische Ordnung<br />

zwischen den Menschen ruht auf der Anbetung und Heilighaltung<br />

Gottes.<br />

Also sollen w ir nicht klagen, wenn w ir auf Unverständnis, Ablehnung,<br />

Verleumdung oder gar verstockung stoßen, wo immer auch<br />

w ir <strong>die</strong>se W ahrheit verkündigen. Es bleibt darum doch <strong>die</strong> W ahrheit.<br />

w i r sollen uns auch nicht irre machen lassen, wenn man uns<br />

vorwirft, daß w ir unser Volk nicht lieben, weil w ir ihm Gottes<br />

W ort «„verhüllt vor Augen halten, w i r lieben es dann mehr als<br />

alle andern. <strong>Das</strong> wird zu seiner Zeit auch offenbar. Hab' nur Geduld!


- o. Sonntag nach Trinitatis b37<br />

z. Von den geistlichen Gaben aber will<br />

ich euch, lieben Bruder, nicht verhallen,<br />

r. Ihr wisset, daß ihr Heiden seid<br />

gewesen und hingegangen zu den stummen<br />

Götzen, wie ihr geführt wurdet.<br />

S. Darum tu ich euch kund, daß niemand<br />

Jesum verfluchet, der durch den<br />

Geist Gottes redet; und niemand kann<br />

Jesum «inen Herrn heißen ohne durch<br />

den Heiligen Geist.<br />

4. Es sind mancherlei Gaben; aber es<br />

ist ein Geist.<br />

5. Und es sind mancherlei Ämter; aber<br />

es ist «in Herr.<br />

S. Und es sind mancherlei Rräfte; aber<br />

es ist «in Gott, der da wirket alles in<br />

allen.<br />

D ie Epistel<br />

7. In einem jeglichen erzeigen sich <strong>die</strong><br />

Gaben des Geistes zum gen,einen Nutz.<br />

4. Einem wird gegeben durch den<br />

Geist, zu reden von der Weisheit; dem<br />

andern wird gegeben, zu reden von<br />

der Erkenntnis nach demselbigrn Geist;<br />

g. einem andern der Glaube in demselbigen<br />

Geist; einem andern <strong>die</strong> Gabe,<br />

gesund zu machen in demselbigen Geist;<br />

-0. einem andern, Wunder zu tun;<br />

einem andern Weissagung; einem andern,<br />

Geister zu unterscheiden; einem<br />

andern mancherlei Sprachen; einem<br />

andern, <strong>die</strong> Sprachen auszulegen.<br />

Dies aber alles wirket derselbige<br />

einig« Geist und teilet einem jeglichen<br />

seines zu, nach dem Er will.<br />

Ror. ;r, n<br />

O ft entsteht in der <strong>Gemeinde</strong> Iesu Lhristi ein törichter Streit darüber,<br />

ob <strong>die</strong>ser oder jener ein rechter Christ, ob ein Pfarrer besser sei<br />

als der andere. Der eine schwört auf <strong>die</strong>sen, der andere auf jenen;<br />

dem einen gefällt <strong>die</strong>s, dem andern jenes. Daraus entsteht dann nicht<br />

bloß Uneinigkeit, sondern auch Unsicherheit darüber, w as überhaupt<br />

christlicher Glaube und rechte Merkmale des Heiligen Geistes sind.<br />

Hört oder sieht einer am andern nicht gerade das, was ihm besonders<br />

gefällt, dann meint er, so ganz richtig müsse es wohl mit ihm<br />

nicht sein.<br />

Da gibt uns der Apostel Paulus zunächst ein untrügliches Erkennungszeichen.<br />

E r lenkt den Blick von den einzelnen Geistesgabcn auf<br />

das Große und Ganze des Glaubens. E r sagt: Bevor du über <strong>die</strong><br />

einzelnen Gcistesgaben redest, mußt du fragen, ob einer überhaupt<br />

vom Heiligen Geist erfüllt ist oder vom Geist eines Götzen. <strong>Das</strong><br />

kannst du immer merken. Denn wie der Glaube an <strong>die</strong> Götzen <strong>die</strong><br />

Menschen treibt, daß sie reden und tun müssen, wie ihre Götzen<br />

wollen, so beherrscht auch Lhristi Geist alle Seine Iünger. Reiner,<br />

auf dem E r ruht, kann sagen: Verflucht sei Iesus Lhristus! Und umgekehrt<br />

sagt keiner: Gelobt sei Iesus! oder: Herr Iesus!, der einen<br />

andern Geist hat als den Lhristi. w e r ein rechter Lhrist ist, bekennt<br />

sich immer irgendwie zu Ih m ; wer es nicht ist, geht <strong>die</strong>sem Bekenntnis<br />

aus dem Wege. Darauf achte und nicht auf <strong>die</strong> Einzelheiten!


______________ wochedrs -o. Sonntag s nach Trinitatis<br />

Denn im Einzelnen sind <strong>die</strong> Geistesgaben sehr verschieden. Einer<br />

weiß gut zu raten, ein anderer hat tiefe Erkenntnisse, ein dritter steht<br />

fest ini Glauben als eine Stütze <strong>für</strong> <strong>die</strong> andern; <strong>die</strong>ser kann gut<br />

predigen, jener besser organisieren; wieder ein anderer verfügt über<br />

ein besonderes Urteilsvermögen in geistlichen Dingen oder hat eine<br />

reiche und tiefe Seele. w a s der eine hat, braucht der andere nicht zu<br />

haben. Deshalb darf man den einen dem andern nicht vorziehen, und<br />

sie dürfen gegenseitig nicht aufeinander herabsehen. Denn alles,<br />

was der Geist wirkt, <strong>die</strong>nt der ganzen <strong>Gemeinde</strong>, predigen, O r­<br />

ganisieren, Regieren, Seelsorgetreiben, das ist alles nötig. M an soll<br />

jeden sein Werk tun lassen, ihn dabei nicht stören und bevormunden,<br />

sondern soll dankbar und bescheiden sein. Denn unser Glück liegt in<br />

der Gemeinschaft des einen Leibes Lhristi, dem wir alle angehören.<br />

<strong>Das</strong> ist Seine Heilige Lirche.<br />

D a s Lied der W oche<br />

w ach auf! wach auf! Du deutsches Land!<br />

W ort und weise des Liedes schuf M artin Luthers Freund und<br />

kirchenmusikalischer Mitarbeiter, Johann w alther, Lantor in Torgau<br />

(gest. , 570). Ein Büßlied an das deutsche Volk: „Deutschland, laß<br />

dich erweichen! Tu rechte Buße in der Zeit!" Christus und Sein liebes<br />

Evangelium, Gottes Furcht und in ihrer Äraft: Liebe und Treue,<br />

Scham und Zucht sind Gottes teure Gaben, Sein höchstes Pfand an<br />

Volk und Land. <strong>Das</strong> Lied bangt, es ringt und betet <strong>für</strong> Volk und<br />

Vaterland. Beide schlafen. Noch ist es Zeit, aufzuwachen! Darum<br />

klingt es, ernst rufend, mahnend und warnend immerzu wie nächtlicher<br />

posaunenton, wie ein Wächterhorn durch <strong>die</strong> Melo<strong>die</strong> hindurch:<br />

w ach auf! Bedenk! — welch ein Ruf zur Umkehr und<br />

Heimkehr zum alleinigen göttlichen Helfer!<br />

D a s Gebet der W oche<br />

E w iger L önig und Herr aller Heerscharen, Du hast durch das<br />

Evangelium auch unser Volk berufen, daß es Dein Volk und<br />

ein Erbe sei Deiner Verheißungen. W ir bitten Dich, mache<br />

<strong>die</strong> Erkenntnis Deines heilsamen und gnädigen w ille n s groß


Über Lirchenzucht<br />

ösg<br />

unter uns, daß w ir verstehen, w as zu unseres Volkes Frieden<br />

<strong>die</strong>nt, und unserem Vaterlande mit reiner Liebe <strong>die</strong>nen, durch<br />

Jesum Christum, unseren Herrn. Amen.<br />

-k-<br />

Uber Lirchenzucht<br />

,. w a s sagt <strong>die</strong> Heilig« Schrift über Lirchenzucht) Sie gibt ein« ganz<br />

eindeutig« Antwort. Lies folgende Stellen selbst nach:<br />

Matthäus -s, -s—I s<br />

j. Lorinther s, j—-7<br />

r. Lorinther r, S ff.<br />

Timotheus ;, ro<br />

Die Lirchenzucht geht auf «ine klare Weisung des Herrn zurück und ist darum<br />

von den Aposteln nachdrücklichst geübt worden. Sie soll <strong>die</strong> Sünde hindern,<br />

insbesondere <strong>die</strong> Versuchung abwehren, in <strong>die</strong> <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> durch <strong>die</strong> Sünde<br />

kommt (,. Lor. S, b—7). Sie besteht darin, daß der Sünder zeitweilig von<br />

bestimmten kirchlichen Rechten, ja zeitweilig aus der <strong>Gemeinde</strong> ausgeschlossen<br />

wird. Ihr Sinn ist aber nicht <strong>die</strong> Vernichtung des Sünders, sondern seine<br />

Besserung, wenn der in Lirchenzucht Genommene seine Sünde aufrichtig<br />

bereut, darf er der brüderlichen Lieb« der <strong>Gemeinde</strong> und der vollen Vergebung<br />

gewiß sein.<br />

r. wenn <strong>die</strong> Äirch« Luthers von Anfang an Lirchenzucht geübt hat, so<br />

hat sie gewußt, daß Lirchenzucht nicht im Belieben der Menschen steht, sondern<br />

von Christus befohlen (Match. is ff.) und von den Aposteln geübt ist<br />

(j. Lor. K, ; ff.). Lirchenzucht ist ein« Sache des Gehorsams.<br />

Im Unterschied zur katholischen Lirche hat Luther <strong>die</strong> Lirchenzucht als weltliche<br />

Maßnahme (Großer Bann) abgelehnt. Dagegen wollte er sie erhalten<br />

wissen als rein kirchlich« Maßnahme, <strong>die</strong> nur mit kirchlichen Mitteln durchgeführt<br />

werden soll, d. h. ohne menschliche Gewalt, allein durch Gottes tvort.<br />

„Euer Bann soll der kleine heißen, der nicht <strong>die</strong> Welt, sondern den Himmel<br />

verschließt und von der Christenheit und Sakrament sondert". An <strong>die</strong>ser Lirchenzucht<br />

ist neben den Trägern des geistlichen Amtes <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> zu beteiligen.<br />

Gegenseitige scelsorgerliche Verantwortung unter den Gliedern einer Lirchengemcind«<br />

ist <strong>die</strong> Voraussetzung <strong>für</strong> eine rechte Zucht im Sinne von Gal. S, -.<br />

welche Sünden stehen unter solcher Zucht und Strafe der Lirche) Die alten<br />

lutherischen Licchenordnungcn nennen hier <strong>die</strong> Sünden, von denen <strong>die</strong> Bibel<br />

sagt, daß sie sich mit christlichem Geiste nicht vereinigen lassen, und <strong>die</strong> jeder<br />

:m Galaterbrief Lap. s, jtz—rr nachlesen mag. Sodann aber werden auch


ö4o<br />

woched « s -o. Sonntags nachT rinitatis<br />

<strong>die</strong>jenigen aus der <strong>Gemeinde</strong> ausgeschlossen, <strong>die</strong> „falsche Lehre treiben", „wer<br />

über <strong>die</strong> christlich« Lehre höhnt", „wer aus Verachtung in kein Gotteshaus<br />

geht und dabei verharrt", „wer das heilige Sakrament so viele Jahre verschmäht".<br />

Ls ist nötig, sich an <strong>die</strong>se klare und entschiedene Haltung lutherischer<br />

Lirchcnordnungen zu erinnern.<br />

8. Daß <strong>die</strong> Lirche ihr« klare kirchliche Ordnung nicht achtet und auf <strong>die</strong> von<br />

Gottes Wort deutlich geforderte Zucht in den <strong>Gemeinde</strong>n verzichtet, hat<br />

mancherlei Ursachen, <strong>die</strong> z. T. weit zurückreichen. Bestimmte Geistesströmungen<br />

in der Lirche haben daran mitgewirkt. Sie haben entweder <strong>die</strong> selbständige<br />

Mitarbeit der <strong>Gemeinde</strong> zu gering angesetzt (Orthodoxie des 17. Jahrhunderts)<br />

oder den festgefügten biblischen Lirchen- und <strong>Gemeinde</strong>begriff aufgelockert<br />

(Pietismus in der ersten Hälfte des ir. Jahrhunderts) oder in flachem Moralismus<br />

<strong>die</strong> Selbstherrlichkeit des einzelnen gefördert, der meinte, es nicht<br />

nötig zu haben, sich der Zucht der <strong>Gemeinde</strong> zu Unterwerfe» (Rationalismus<br />

des )?. Jahrhunderts). Hinzu kommen bestimmte äußere Schwierigkeiten. Wer<br />

kann Lirchenzucht üben in Riesengemeinden vieler Großstädte, <strong>die</strong> mit ihren<br />

Tausenden von Seelen so unübersichtlich sind, daß sie sich auch bei treuster<br />

Arbeit der Pfarrer und bei verantwortlicher Mithilfe der Lirchenälkesten jeder<br />

scclsorgerlichcn Durchdringung entziehen)<br />

Dennoch bestehen allzeit mancherlei Möglichkeiten zur Lirchenzucht. Lehnen<br />

Litern <strong>die</strong> Tauf« ihres Rindes ab, halten sie ihre Linder vom christlichen Religionsunterricht<br />

fern, verschmähen Ehepaare <strong>die</strong> Trauung, kommt es zu einer<br />

Eheschließung mit einem Nichtchristen, nimmt sich «in Glied der <strong>Gemeinde</strong><br />

leichtfertig das Leben, so kann nach den bestehenden Ordnungen wohl mit<br />

Lirchenzucht eingegriffen werden. <strong>Das</strong> geschieht, indem kirchliche Rechte versagt<br />

werden (Zurückweisung vom patcnamt, Verlust des aktiven und passiven<br />

Wahlrechts) oder kirchliche Amtshandlungen verweigert werden (Taufe, Lonfirmalion,<br />

Trauung, kirchliches Begräbnis). Auch ist es möglich, einen offenkundigen<br />

Sünder, der nicht bereut, vom Heiligen Abendmahl zurückzuweisen.<br />

8reilich werden <strong>die</strong>se Reste überkommener Lirchenzucht von »»kirchlichen <strong>Gemeinde</strong>gliedcrn<br />

nicht verstanden und darum in kirchlich entfremdeten <strong>Gemeinde</strong>n<br />

mit einer gewissen inneren Berechtigung unterlassen — nicht zumindest<br />

auch auf Grund einer zurückliegenden Schuld der Lirche selbst.<br />

4. Line Lirche, <strong>die</strong> wirklich auf das Wort ihres Herrn hört und das Erbe der<br />

Reformation wahrt, kann auf <strong>die</strong> Dauer nicht darauf verzichten, in treuer<br />

und ernster Gewissenhaftigkeit Lirchenzucht zu üben. Die Lirche braucht eine<br />

klare Ordnung, <strong>die</strong> auch deutliche Trennungsstriche zu ziehen vermag, wo es<br />

not tut und der Wahrheit entspricht. Ls wäre <strong>für</strong> <strong>die</strong> Lirche ein unwürdiger<br />

Zustand, wenn es keine Maßnahmen gegen solche <strong>Gemeinde</strong>glieder gäbe, <strong>die</strong><br />

den christlichen Glauben öffentlich schmähen. Die <strong>Gemeinde</strong> kann nicht der<br />

dreisten Sünde des einzelnen Gliedes oder gar der Verseuchung ganzer Lreise<br />

in ihrer Mitte in tatenloser Ohnmacht zusehen. Wer auf <strong>die</strong> Bibel, das Be-


Woche des ; o. Sonnta gs nach Trinitatis d4?<br />

kenntnis «und dir Rieche seiner Vater Schmutz wirft, hat sich selbst aus der<br />

Lirche ausgeschlossen und wird es sich gefallen lassen müssen, daß auch <strong>die</strong><br />

<strong>Gemeinde</strong>leitung <strong>die</strong>se selbe Feststellung macht, w er Gottes Wort verachtet<br />

und ohne Grund dem Gottes<strong>die</strong>nst und dem Heiligen Abendmahl fernbleibt,<br />

bekundet selber damit, daß er auf dem Wege ist, sich vom Herrn Christus und<br />

Seiner Lirche zu trennen. Er wird sich nicht darüber beklagen dürfen, wenn<br />

ihm das von seiner <strong>Gemeinde</strong> vorgehalten wird, um ihn zu einer klaren<br />

Entscheidung zu bewegen.<br />

Alle Zucht in der Lirche ist ein Ausfluß heiliger Liebe, ist immer ein Spiegel<br />

der Güte und des Ernstes Gottes. Solche Lirchenzucht kann nur wachsen. Sie<br />

kann nicht einfach angeordnet und gemacht werden, sondern muß geschenkt<br />

werden. Sie ist, wenn sie wahrhaftig ist und wahrhaftig bleibt, ein Geschenk<br />

desselben Geistes, der <strong>die</strong> Lirche zum Leben erweckte — des Heiligen Geistes,<br />

w o der Heilig« Geist angerufen wird, und wo sich eine <strong>Gemeinde</strong> unter<br />

eben <strong>die</strong> Zucht des Heiligen Geistes stellt, da allein kann <strong>die</strong>se Art kirchlicher<br />

«Ordnung zum Segen der <strong>Gemeinde</strong> und der einzelnen ausschlagen. Der Heilige<br />

Geist ist ein Geist der Erkenntnis, Er lehrt, <strong>die</strong> Geister zu prüfen, ob sie<br />

von Gott sind; der Heilige Geist ist ein Geist der Furcht des Herrn und<br />

hilft, daß <strong>die</strong> Seelen derer, <strong>die</strong> da Lirchenzucht üben müssen, nur im Ausblick<br />

zu Gott handeln; der Heilige Geist ist ein Geist der Gnade, der keine<br />

Lüge und keine unwahrhaftigcn Zustände in der <strong>Gemeinde</strong> erträgt; der Heilige<br />

Geist ist «in Geist der Liebe, <strong>die</strong> sich Freund und Feind seelsorgerlich verantwortlich<br />

weiß; der Heilige Geist ist ein Geist der Treue, Er kann warten<br />

in Geduld und Hoffnung, ein Geist der Sanftmut, der alle vermessenen<br />

Neigungen zurückhält und Gott <strong>die</strong> Rache, d. h. <strong>die</strong> Strafe, überläßt; der<br />

Heilige Geist ist ein Geist des Gebets, der treuen Fürbitte <strong>für</strong> den Bruder<br />

und <strong>die</strong> Schwester, <strong>die</strong> gefehlt haben; echte Lirchenzucht aber kann nur von<br />

einer <strong>für</strong>bittenden <strong>Gemeinde</strong> mitgrübt werden. Nur dem Beter ist es vom<br />

Heiligen «Seist verstattet, zu binden und zu lösen.<br />

Lomm, Gott Schöpfer, Heiliger Geist!<br />

-«-<br />

M ontag nach dem zo. S o n n ta g nach T rin itatis<br />

b. Denn du bist ein heilig Volk dem<br />

Herrn, deinem Gott. Dich hat der<br />

Herr, dein Gott, erwählet zum Volk<br />

des Eigentums aus allen Völkern, <strong>die</strong><br />

auf Erden sind.<br />

7. Nicht hat euch der Herr angenommen<br />

und euch erwählet darum, daß<br />

euer mehr wäre denn alle Völker —<br />

denn du bist das kleinste unter allen<br />

Völkern;<br />

r. sondern darum, daß Er euch gelicbet<br />

hat und daß Er Seinen Lid<br />

hielt«, den Er euren vätern geschworen<br />

hat, hat Er euch ausgeführet


S42<br />

Woche des z o. Sonntags nach Trinitatis<br />

mit mächtiger Hand und hat dich erlöset<br />

von dem Haus« des Dienstes, aus<br />

der Hand Pharaos, des Lönigs in<br />

Ägypten.<br />

9. So sollst du nun wissen, daß der<br />

Herr, dein Gott, ein Gott ist, ein<br />

treuer Gott, der den Bund und<br />

Barmherzigkeit hält denen, <strong>die</strong> Ihn lieben<br />

und Sein« Gebote halten, in tausend<br />

Glieder,<br />

-0. und vergilt denen, <strong>die</strong> Ihn hassen,<br />

ins Angesicht, daß Lr sie umbringe,<br />

und säumet Sich nicht, daß Lr denen<br />

vergelte ins Angesicht, <strong>die</strong> Ihn hassen,<br />

-f. So halte nun <strong>die</strong> Gebote und Gesetze<br />

und Rechte, <strong>die</strong> Ich dir heut« gebiete,<br />

daß du darnach tust.<br />

ir. Und wenn ihr <strong>die</strong>s« Rechte höret<br />

und haltet sie und darnach tut, so<br />

wird der Herr, dein Gott, auch halten<br />

den Bund und Barmherzigkeit, <strong>die</strong> Lr<br />

deinen vätern geschworen hat,<br />

?s. und wird dich lieben und segnen<br />

und mehren und wird <strong>die</strong> 8rucht deines<br />

Leibes segnen und <strong>die</strong> frucht deines<br />

Landes, dein Getreide, Most und<br />

L>l, <strong>die</strong> 8ri>chte deiner Lüh« und <strong>die</strong><br />

8rüchte deiner Schafe auf dem Landtz<br />

das Lr deinen vätern geschworen hat,<br />

dir zu geben. S. Mos. 7, 6—zs<br />

I n der dem Herrn eigenen Freiheit erwählt Sich Gott, unser Herr,<br />

Sein Volk, <strong>die</strong> Lirche Iesu Christi, w i r sind nicht Sein Volk, weil<br />

w ir Seiner W ahl würdig gewesen wären. Daß w ir Gottes Volk<br />

sein dürfen, hat seinen Grund in der Barmherzigkeit Gottes, der uns<br />

liebt. Als dertreueGott hält L r <strong>die</strong> Verheißungen, <strong>die</strong> L r Seinem<br />

Volk gegeben hat. Da w ir durch Gott erwählt und geführt sind, sind<br />

wir ein heiliges, Gott zugehöriges Volk, sind w ir christliche Lirche.<br />

w i r bleiben es, gesegnet und geführt durch Gottes Barmherzigkeit,<br />

wenn und solange wir Ih n lieben und Seine Gebote halten, w i r<br />

können aber auch <strong>die</strong> Zuhehörigkeit zu Gottes Volk verscherzen, wenn<br />

w ir aus der Liebe und dem Gehorsam in Haß und Ungehorsam Gott<br />

gegenüber verfallen, wie das ernste Schriftwort bezeugt und <strong>die</strong><br />

Geschichte bestätigt hat.<br />

Die andere Lesung: Nehemia 4, >—15<br />

D ien stag nach dem -o. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

s. Da kam Amalek und stritt wider<br />

Israel in Raphidim.<br />

9. Und Mose sprach zu Iosua: Erwähle<br />

uns Männer, zieh aus und<br />

streite wider Amalek; morgen will ich<br />

auf des Hügels Spitze stehen und den<br />

Stab Gottes in meiner Hand haben.<br />

;o. Und Iosua tat, wie Mos« ihm<br />

sagte, daß er wider Amalek stritte.<br />

Mose aber und Aaron und Hur gingen<br />

auf <strong>die</strong> Spitz« des Hügels.<br />

1?. Und <strong>die</strong>weil Mos« seine Hand «mporhielt,<br />

siegte Israel; wenn er aber<br />

sein« Hand niederließ, siegt« Amalek.<br />

zr. Aber <strong>die</strong> Hände Moses waren<br />

schwer; darum nahmen sie einen Stein<br />

und legten ihn unter ihn, daß er sich<br />

drauf setzt«. Aaron aber und Hur unterhielten<br />

ihm seine Hände, auf jeglicher<br />

Seit« einer. Also blieben seine Hände<br />

fest, bis <strong>die</strong> Sonn« unterging.<br />

;s. Und Iosua dämpfte den Amalek


Woche des ; o. Sonntags nach Trinitatis<br />

S4A<br />

und sein Volk durch des Schwertes<br />

Schärfe.<br />

)4. Und der Herr sprach zu Mose:<br />

Schreibe das zum Gedächtnis in ein<br />

Buch und befiehl's in <strong>die</strong> Ohren Iosuas;<br />

denn Ich will den Amalek unter<br />

dem Himmel austilgen, daß man sein<br />

nicht mehr gedenke.<br />

;s. Und Mose baut« einen Altar und<br />

hieß ihn: Der Herr mein panier.<br />

r. Mos. -7, r—-s<br />

Solange es Menschen gibt auf der Erde, solange gibt es zwischen<br />

ihnen Dampf und Streit. Uralte biblische W ahrheit ist, allen menschlichen<br />

Berechnungen und Erwägungen zum Trotz, -aß <strong>für</strong> den<br />

Sieger in Dampf und Streit entscheidend nicht <strong>die</strong> Macht und Zahl<br />

der Dämpfer ist, sondern der Glaube der Dämpfenden und ihrer<br />

Führer: der Glaube, der unermüdlich ist im Gebet zum<br />

Herrn aller Geschichte. Auch im Ringen der Dirche mit den widergöttlichen<br />

Rräften in der W elt entscheidet den Dampf unser von unerschütterlichem<br />

Vertrauen zu dem allmächtigen Gott getragenes Gebet.<br />

w en n unsere Gebetskraft zu erlahmen droht, müssen w ir uns<br />

gegenseitig helfen und stützen, daß wir anhalten am Gebet, w o das<br />

geschieht, bleibt Gottes Hilfe nicht aus.<br />

Die andere Lesung: Matthäus rr, ;s—rr<br />

M ittw och nach dem ;o. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

s. Und der Herr erschien Salomo zu<br />

Gibeon im Traum des Nachts, und<br />

Gott sprach: Bitte, was Ich dir geben<br />

soll!<br />

b. Salomo sprach: Du hast an meinem<br />

Vater David, deinem Lnecht, große<br />

Barmherzigkeit getan, wie er denn vor<br />

Dir gewandelt ist in Wahrheit und<br />

Gerechtigkeit und mit richtigem Herzen<br />

vor Dir, und hast ihm <strong>die</strong>se groß«<br />

Barmherzigkeit gehalten und ihm einen<br />

Sohn gegeben, der auf seinem Stuhl<br />

säße, wie es denn jetzt gehet.<br />

7. Nun, Herr, mein Gott, Du hast<br />

Deinen Lnecht zum Löbige gemacht<br />

an meines Vaters David Statt. So<br />

bin ich ein junger Änabe, weiß nicht<br />

weder meinen Ausgang noch Eingang,<br />

s. Und Dein Lnecht ist unter dem<br />

Volk, das Du erwählet hast, einem<br />

Volke, so groß, daß es niemand zählen<br />

noch beschreiben kann vor der Menge,<br />

tz. So wollest Du Deinem Lnecht geben<br />

«in gehorsam Herz, daß er Dein<br />

Volk richten möge und verstehen, was<br />

gut und böse ist. Denn wer vermag<br />

<strong>die</strong>s Dein mächtig Volk zu richten)<br />

zo. <strong>Das</strong> gefiel dem Herrn wohl, daß<br />

Salomo um ein solches bat.<br />

-l. Und Gott sprach zu ihm: w eil<br />

du solches bittest und bittest nicht um<br />

langes Leben noch um Reichtum noch<br />

um deiner Ainde Seele, sondern um<br />

verstand, Gericht zu hören,<br />

siehe, so hab« Ich getan nach deinen<br />

Worten. Siehe, Ich habe dir ein<br />

weises und verständiges Herz gegeben,<br />

daß deinesgleichen vor dir nicht gewesen<br />

ist und nach dir nicht aufkommen<br />

wird.


»44 wochedes zo. Sonntags nach T r i n i t a t i s<br />

?3. Dazu, das du nicht gebeten hast,<br />

hab Ich dir auch gegeben, sowohl<br />

Reichtum als Ehre, daß deinesgleichen<br />

keiner unter den Röntgen ist zu deinen<br />

Zeiten.<br />

-4. Und so du wirst in Meinen w e ­<br />

gen wandeln, daß du hältst Meine<br />

Sitten und Gebote, wie dcin Vater<br />

David gewandelt ist, so will Ich dir<br />

geben ein langes Lebe».<br />

-S. Und da Salomo erwacht«, siehe,<br />

da war es ein Traum. Und kam gen<br />

Icrusalem und trat vor <strong>die</strong> Lade des<br />

Bundes des Herrn und opferte Brandopfer<br />

und Dankopfer und machte ein<br />

großes Mahl allen seinen Rnechten.<br />

f. Lön. s, s—j5<br />

Ein junger Herrscher darf Gott um etwas bitten, das er <strong>für</strong> sein<br />

schweres Amt unbedingt nötig zu haben glaubt. M it Dank <strong>für</strong><br />

Gottes bisher dem Volke erwiesene Barmherzigkeit bittet der junge<br />

Äönig nicht um <strong>die</strong> Güter und Gaben der W elt, <strong>die</strong> w ir Menschen<br />

<strong>für</strong> wichtig halten, sondern er erfleht von Gott das wichtigste:<br />

ein gehorsames Herz. w ie kann ein Mensch ein Amt, einen<br />

Dienst an anderen Menschen recht ausüben, wenn sein Herz nicht hört<br />

auf G o tt? Nur wenn er Dem gehorcht, der das Gute will und das<br />

Böse haßt, wird er sein Amt recht führen, w e r von uns ein solches<br />

hat — und wer hätte in der <strong>Gemeinde</strong> Christi kein Amt, sei es auch<br />

noch so klein, — der bitte zuerst um ein gehorsames Herz. S o wird<br />

ihm das andere alles zufallen.<br />

Die andere Lesung: >. Petrus r, ;s—-7<br />

D onnerstag nach dem ro. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

?s. Mose wandt« sich und stieg vom<br />

Berg« und hatt« zwo Tafeln des<br />

Zeugnisses in seiner Hand, <strong>die</strong> waren<br />

geschrieben auf beiden Seiten,<br />

zb. Und Gott hatte sie Selbst gemacht<br />

und Selber <strong>die</strong> Schrift drcingegraben.<br />

-7. Da nun Iosua hörte des Volkes<br />

Geschrei, daß sie jauchzetcn, sprach er<br />

zu Mose: Ls ist «in Geschrei im Lager<br />

wie im Streit,<br />

zs. Lr antwortete: Ls ist nicht «in<br />

Geschrei gegeneinander derer, <strong>die</strong> obliegen<br />

und unterliegen, sondern ich hör«<br />

ein Geschrei eines Singetanzes<br />

zg. Als er aber nahe zum Lager kam<br />

und das Ralb und den Reigen sah, ergrimmte<br />

er mit Zorn und warf <strong>die</strong><br />

Tafeln aus seiner Hand und zerbrach<br />

sie unten am Berge;<br />

ro. und nahm das Ralb, das sie gemacht<br />

hatten, und zerschmelzte es mit<br />

Feuer und zermalmte es zu Pulver und<br />

stäubte es aufs Wasser und gab's den<br />

Rindern Israel zu trinken;<br />

r-. und sprach zu Aaron: w a s hat<br />

dir das Volk getan, daß du ein« so<br />

große Sünde über sie gebracht hast)<br />

rr. Aaron sprach: Mein Herr lass«<br />

Seinen Zorn nicht ergrimmen. Du<br />

weißt, daß <strong>die</strong>s Volk böse ist.<br />

rs. Sie sprachen zu mir: Mach« uns<br />

Götter, <strong>die</strong> vor uns hergehen; denn<br />

wir wissen nicht, wie es dresem Manne


Woche des - o. Sonntags nach Trinitatis d4»<br />

Mose gehet, der uns aus Agyptrnland<br />

gcführel hat.<br />

24. Ich sprach zu ihnen: Wer hat<br />

Gold, der reiße es ab und gebe es<br />

mir. Und ich warf's ins Feuer; daraus<br />

ist das Lalb worden,<br />

so. Des Morgens sprach Mos« zum<br />

Volk: Ihr habt ein« groß« Sünde getan;<br />

nun will ich hinaufsteigen zu dem<br />

Herrn, ob ich vielleicht eure Sünde<br />

versöhnen möge.<br />

s;. Als nun Mose wieder zum Herrn<br />

kam, sprach er: Ach, das Volk hat «in«<br />

große Sünde getan, und haben sich<br />

goldene Götter gemacht.<br />

3 2. Nun vergib ihnen ihr« Sünde;<br />

wo nicht, so tilge mich aus Deinem<br />

Buch, das Du geschrieben hast.<br />

SS. Der Herr sprach zu Mos«: w a s)<br />

Ich will den aus Meinem Buch tilgen,<br />

der an Mir sündiget.<br />

S4. So geh« nun hin und führe das<br />

Volk, dahin Ich dir gesagt habe.<br />

Siehe, Mein Engel soll vor dir her<br />

gehen. Ich werde ihre Sünde wohl<br />

heimsuchen, wenn Mein« Zeit kommt<br />

heimzusuchen.<br />

ss. Also strafte der Herr das Volk,<br />

daß sie das Lalb hatten gemacht, welches<br />

Aaron gemacht hatte.<br />

r. Mos. 32, >5-24. so—ss<br />

Einen Augenblick nur ist das Volk allein, da geht es schon den eigenen<br />

w e g des Abfalls von Gott, läßt sich das Goldene Lalb bilden und<br />

tanzt und singt um das selbstgemachte Götzenbild. Als Moses das<br />

sieht, zerbricht er <strong>die</strong> von Gott gemachten und beschriebenen Gesetzestafeln.<br />

<strong>Das</strong> Lalb aber zerschmelzt und zermalmt er und schüttet es<br />

ins Wasser, das er dem Volke zu trinken gibt, wie der Priester einer<br />

Ehebrecherin Fluchwasser zu trinken gibt, daß ihre Schuld offenbar<br />

werde. — Dennoch aber führt der Herr das Volk weiter um der<br />

Fürbitte Moses' willen.<br />

Der Zorn Gottes wird offenbar werden über Seine Lirche, <strong>die</strong> Ih n<br />

verläßt und verleugnet und den eigenen w e g geht, wenn Seine<br />

Boten verziehen und Sein W ille dunkel zu sein scheint; aber dennoch<br />

ist auch <strong>die</strong> strafende Hand Gottes Seine Gnadenhand. Im Bußgebet<br />

nimmt <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> <strong>die</strong> Sünde ihres Volkes auf sich, um das<br />

gerechte Gericht Gottes von ihm abzuwenden.<br />

Die andere Lesung: Ieremia 2g, I. 4—g<br />

Freitag nach dem ?o. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

z. Dies ist das Wort, das geschah<br />

vom Herrn zu Ieremia, und sprach:<br />

r. Mache dich auf und geh« hinab in<br />

des Töpfers Haus; daselbst will Ich<br />

dich Meine Wort« hören lassen.<br />

s. Und ich ging hinab in des Töpfers<br />

Haus, und sieh«, er arbeitete eben auf<br />

der Scheibe.<br />

4. Und der Topf, den er aus dem Ton<br />

machte, mißriet ihm unter Händen.<br />

Da machte er einen andern Topf<br />

daraus, wie es ihm gefiel.<br />

5. Da geschah des Herrn Wort zu mir<br />

und sprach:<br />

b. Lann Ich nicht auch also mit euch<br />

umgehen, ihr vom Haus« Israel, wie


04d<br />

Woche des z o. Sonntag s nach Trinitatis<br />

<strong>die</strong>ser Töpfer? spricht der Herr. Siehe,<br />

wie der Ton ist in des Töpfers Hand,<br />

also seid auch ihr vom Haus« Israel<br />

in Meiner Hand.<br />

7. plötzlich red« Ich wider «in Volk<br />

und Lönigreich, daß Ich «s ausrotten,<br />

zerbrechen und verderben wolle.<br />

». w o sich's aber bekehret von seiner<br />

Bosheit, dawider Ich rede, so soll<br />

Mich auch reuen das Unglück, das Ich<br />

ihm gedachte zu tun.<br />

g. Und plötzlich red« Ich von Meinem<br />

Volk und Lönigreich, daß ich's bauen<br />

und pflanzen woll«.<br />

-o. So es aber Böses tut vor Meinen<br />

Augen, daß es Meiner Stimme nicht<br />

gehorcht, so soll Mich auch reuen das<br />

Gute, das Ich ihm verheißen hatt«<br />

zu tun. Icr. -r, -0<br />

I n dem Auf und Ab des geschichtlichen Lebens der Völker gibt uns<br />

das W ort der Bibel überwältigenden Trost und eine dringliche W a r­<br />

nung. D ie Geschichte eines Volkes wird bestimmt von<br />

Gott. L r läßt «in Volk entstehen, zur vollen Größe kommen und<br />

bestehen, wenn es sich willig von Seiner Hand formen läßt. L s<br />

ist Trost, zu wissen, daß ein Volk nicht dem Wechselspiel menschlicher<br />

Meinungen und Äräfte auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist. L s<br />

ist Trost, zu wissen, daß Gott ein Ihm gehorsames Volk nicht zerbricht.<br />

Aber w ir hören auch <strong>die</strong> ernste Mahnung aus der Bibel: w o<br />

ein Volk nicht umkehrt vom verkehrten Wege, da kann Gott als der<br />

in Seinem Handeln unbeschränkte, gerechte Gott alle Verheißungen,<br />

<strong>die</strong> L r ihm einst gab, <strong>für</strong> ungültig erklären und es zerbrechen, wie<br />

der Töpfer ein Gefäß, das nicht nach seinem w illen geraten ist.<br />

Die ander« Lesung: 8. Mos« sr, s-—;r. 48—47<br />

Sonnabend nach dem -0. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

-. Dies ist das Wort, welches geschah<br />

zu Ieremia vom Herrn, und sprach:<br />

r. Tritt ins Tor im Hause des Herrn<br />

und predig« daselbst <strong>die</strong>s Wort und<br />

sprich: Höret des Herrn Wort, ihr<br />

alle von Iuda, <strong>die</strong> ihr zu <strong>die</strong>sen Toren<br />

eingehet, den Herrn anzubeten!<br />

s. So spricht der Herr Zebaoth, der<br />

Gott Israels: Bessert euer Leben und<br />

Wesen, so will Ich bei euch wohnen<br />

an <strong>die</strong>sem L>rt.<br />

4. verlasset euch nicht auf <strong>die</strong> Lügen,<br />

wenn sie sagen: Hie ist des Herrn<br />

Tempel, hie ist des Herrn Tempel, Hit<br />

ist des Herrn Tempel!<br />

8. sondern bessert euer Leben und Wesen,<br />

daß ihr recht tut einer gegen den<br />

andern<br />

b. und den Fremdlingen, Waisen und<br />

Witwen kein« Gewalt tut und nicht<br />

unschuldig Blut vergießet an <strong>die</strong>sem<br />

«Ort und folget nicht nach andern Göttern<br />

zu eurem eignen Schaden;<br />

7. so will Ich immer und ewiglich bei<br />

euch wohnen an <strong>die</strong>sem Vrt, im Lande,<br />

das Ich euren vätern gegeben habe.<br />

r. Aber nun verlasset ihr euch auf Lügen,<br />

<strong>die</strong> nichts nütze sind.<br />

g. Daneben seid ihr Diebe, Mörder,


tVochc d« s ;o. SonntagsnachTri nitatis<br />

Ehebrecher und Meineidig« und räu- sprecht: Ls hat k«in« Not mit uns,<br />

chert d«m Baal und folget fremden weil wir solch« Greuel tun.<br />

Göttern nach, <strong>die</strong> ihr nicht kennet. 71. Haltet ihr denn <strong>die</strong>s Haus, das<br />

,o. Darnach kommt ihr dann und nach Meinem Namen genannt ist, <strong>für</strong><br />

tretet vor Mich in <strong>die</strong>sem Hause, das eine Mördergrube) Siehe, Ich seh«<br />

nach Meinem Namen genannt ist, und es wohl, spricht der Herr.<br />

Ier. 7,<br />

L s ist das schwere Amt des Propheten, seinem Volke Gottes W ort<br />

zu verkündigen. Zu schwer fast erschien es ihm: L r mußte im Auftrag<br />

Gottes sein eigenes Volk zur Umkehr und Sinnesänderung aufrufen.<br />

Denn das Volk hat denen geglaubt, <strong>die</strong> wohl von Gott redeten, aber<br />

nicht das W ort des heiligen Gottes verkündigten, deren Leben im<br />

Widerspruch stand zum W orte Gottes. Man wiegte sich in falscher<br />

Sicherheit: G ott wird unser Volk schon nicht verlassen, wenn man<br />

gelegentlich Seinen Namen nennt. Die Folgen der Lügenpredigt über<br />

Gott blieben nicht aus. Ungeheure Schäden auf sittlichem Gebiet<br />

zeigten sich. — w o Gottes W ort nicht mehr verkündigt<br />

wird, ist immer Gott-loses Leben <strong>die</strong> Folge. Darum ruft<br />

der Prophet auf in Gottes Auftrag, wieder umzukehren zu wahrem<br />

Glauben und rechtem Leben.<br />

Die ander« Lesung: Römer 9,<br />

s; ,0, ,—4; ,,, rs—sr<br />

ö47<br />

2Z <strong>Das</strong> Rirchenbuch


S4»<br />

woche - es s z. Sonntags nach Trinitatis<br />

Elfter Sonntag nach Trinitatis<br />

G o tt widersteht den H offärtigen, aber den Dem ütigen gibt L r<br />

Gnade. .<br />

j. Petrus S, S<br />

D a s Lvangeiium<br />

g. Lr sagte aber zu etlichen, dir sich<br />

selbst vermaßen, daß sie fromm wären,<br />

und verachteten <strong>die</strong> andern, ein solch<br />

Gleichnis:<br />

zo. Ls gingen zween Menschen hinauf<br />

in den Tempel, zu beten, einer<br />

ein Pharisäer, der andre ein Zöllner.<br />

Der Pharisäer stund und betete<br />

bei sich selbst also: Ich dank« dir, Gott,<br />

daß ich nicht bin wie <strong>die</strong> andern Leute,<br />

Räuber, Ungerechte, Lhebrecher oder<br />

auch wie <strong>die</strong>ser Zöllner.<br />

-r. Ich faste zweimal in der Woche<br />

und geb« den Zehnten von allem, das<br />

ich habe.<br />

Und der Zöllner stund von ferne,<br />

wollte auch sein« Augen nicht aufheben<br />

gen Himmel, sondern schlug an seine<br />

Brust und sprach: Gott, sei mir Sünder<br />

gnädig!<br />

>4. Ich sage euch: Dieser ging hinab<br />

gerechtfertiget in sein Haus vor jenem.<br />

Denn wer sich selbst erhöhet, der<br />

wird erniedriget werden; und wer sich<br />

selbst erniedriget, der wird erhöhet<br />

werden.<br />

Luk. zs, g—?4<br />

Dies Gleichnis hat Jesus gesprochen „zu einigen, <strong>die</strong> sich selbst <strong>für</strong><br />

gerecht hielten und andere verachteten". <strong>Das</strong> griechische W ort, das<br />

hier mit „verachten" wiedergegeben wird, heißt im Urtext soviel wie<br />

„verkleinern" oder „herabsetzen". L s ist also nicht nur an stille Verachtung<br />

gedacht, sondern auch daran, daß einer über den andern mit<br />

scharfer Zunge herfällt.<br />

Auch unter Christen ist <strong>die</strong> böse Neigung, sich selber dadurch ins<br />

rechte Licht zu setzen, daß sie <strong>die</strong> andern kritisieren, reichlich vorhanden.<br />

Nur machen sie es, weil sie sich Christen nennen, meistens etwas<br />

vorsichtiger. Sie sagen etwa so: Ich will ja über den und jenen<br />

gewiß nichts Böses sagen. Denn wir sind allzumal Sünder und<br />

mangeln des Ruhms, den w ir vor Gott haben sollen. Jeder hat seine<br />

Hehler und Schwächen, gewiß! Aber was da neulich geschehen ist . . .<br />

Danach ist dann <strong>die</strong> Bahn frei. «Oder man meint wenigstens, -aß<br />

man nach <strong>die</strong>ser Einleitung bedenkenlos vom Leder ziehen dürfte,<br />

w e r es so macht, schadet dem Ansehen seines Herrn. Denn nun heißt<br />

es draußen in der W elt: M an weiß ja, wie <strong>die</strong> Christen sind! Sie<br />

reden immer von Liebe und Vergebung der Sünde; aber unter sich<br />

sind sie <strong>die</strong> ärgsten Splitterrichter und Pharisäer. Ist's da nicht besser,


? !. Sonntag nach Trinitatis 64g<br />

man sündigt offen darauf los? w e r wird soviel Aufhebens davon<br />

machen! I n einigen Monaten oder Iahren ist alles vergessen. S o<br />

schlägt <strong>die</strong> an sich wohl berechtigte Ablehnung falscher christlicher<br />

Heuchelei bei vielen ins Gegenteil um.<br />

Ls besteht also bei <strong>die</strong>sem Gleichnis <strong>die</strong> Gefahr eines argen Mißverständnisses.<br />

M it ihm hat <strong>die</strong> Botschaft der Lirche immer zu kämpfen,<br />

verkündigt sie Gottes Gesetz und zieht sie dadurch <strong>die</strong> Sünde der<br />

Menschen aus Licht, dann heißt es: Ih r Christen seid ja selber nicht<br />

besser, sondern lauter Heuchler, verkündigt sie aber <strong>die</strong> Botschaft<br />

von Gottes Gnade und Vergebung der Sünde, dann meinen einige,<br />

Gottes Heiligkeit und der Ernst Seines Gerichts seien nicht gar so<br />

wichtig zu nehmen. Sie sagen dann: Sünde? Ia , wenn ihr das so<br />

nennen wollt, das kommt vor. Aber wer wird sich darüber graue<br />

Haare wachsen lassen? W ir wollen jedenfalls lieber Zöllner als<br />

Pharisäer sein.<br />

Achte nun darauf, daß Icsus uns keinen von beiden an sich als Idealfiguren<br />

vor Augen stellt, <strong>die</strong> wir nachahmen sollen. Denn daß der<br />

Pharisäer niemand seines Gutes beraubt hat, daß er immer gerecht<br />

zu sein sich bemühte, daß er kein Ehebrecher war, das ist an sich nicht<br />

böse, sondern gut. Und umgekehrt: Daß der Zöllner andere übervorteilt<br />

hat, auf <strong>die</strong>se weise viel Geld ver<strong>die</strong>nte und es wer weiß<br />

wo<strong>für</strong> ausgab, das ist an sich nicht gut, sondern böse. w e r <strong>die</strong>s<br />

verdreht, der sucht <strong>die</strong> Maßstäbe Gottes umzukehren. <strong>Das</strong> ist -er<br />

Gipfel der Lüge und Bosheit.<br />

Iesus hat uns vielmehr den Pharisäer und den Zöllner in einer<br />

ganz bestimmten Haltung und Lage vor Augen gestellt. Sie kommen<br />

beide als Betende in den Tempel. E s geht Ihm also darum, wie<br />

sie vor Gott, nicht wie sie vor Menschen dastehen. Denn unter<br />

uns Menschen, — wer will da entscheiden, wieweit einer mit Recht<br />

sagen darf, er habe sich stets bemüht, als ein anständiger Mensch zu<br />

leben und Gottes Gebote zu halten! w e r will sagen, wie tief bei<br />

ihm selbst oder bei einem andern <strong>die</strong> Reue über <strong>die</strong>se oder jene Sünde<br />

gegangen ist! w i r können weder das eine noch das andere wissen.<br />

Aber darauf kommt's auch gar nicht an, sondern darauf, wie uns<br />

zumute ist, wenn w ir Gott anrufen. Der Pharisäer nahm sein gutes<br />

Gewissen, das er außerhalb des Tempels im Vergleich mit andern<br />

Menschen vielleicht haben durfte, auch vor Gott mit. Unter Menschen<br />

hätte er wahrscheinlich mit Recht antworten dürfen, daß er


öso W oche des ; Sonntags nach Trinitatis<br />

kein Räuber, Ungerechter ober Ehebrecher sei, wenn ihn einer deswegen<br />

zur Rechenschaft gezogen oder angeklagt hätte. Aber vor Gott<br />

darf er das nicht sagen. Denn Gott sieht ins Herz, und w a s sieht<br />

E r darin? Umgekehrt hätte der Zöllner vermutlich wenig oder gar<br />

nichts zu seiner Verteidigung erwidern können, wenn er unter Menschen<br />

zur Rechenschaft gezogen worden wäre. E r hätte dann beschämt<br />

schweigen müssen. Aber hier vor Gott tut er sein Herz auf und bekennt<br />

seine Sünde. Darum ging e r gerechtfertigt in sein Haus, während<br />

das Gebet des Pharisäers unerhört blieb, w a s w ar daran auch<br />

zu erhören? L s ist ja eine einzige Selbstrechtfertigung.<br />

Von der Art und weise, wie w ir im Gebet Gott gegenüberstehen,<br />

hängt stets <strong>die</strong> Art und weise ab, wie w ir nachher über andere Menschen<br />

urteilen, w e r überhaupt nicht betet oder so wie der Pharisäer,<br />

wird immer <strong>die</strong> Neigung haben, sich selbst dadurch zu erhöhen, daß<br />

er andere kritisiert und herabsetzt. Den wird Gott dereinst erniedrigen,<br />

w e r im Gebet Vergebung seiner eigenen Sünde empfangen hat, ist<br />

milde in seinem Urteil über andere Menschen. Am liebsten urteilt<br />

und „richtet" er überhaupt nicht, w enn er aber um seine Meinung<br />

gefragt wird und nicht umhin kann, sie zu äußern, läßt er nach<br />

Möglichkeit <strong>die</strong> Personen ganz aus dem Spiele, lenkt den Blick auf<br />

<strong>die</strong> Sache und sucht zu raten, wie sie zu bessern sei. Da<strong>für</strong>, daß er<br />

so bescheiden ist, wird Gott ihn dereinst erhöhen, w o also unter<br />

Christen Älatsch und Splitterrichterei anzutreffen sind, handelt es<br />

sich uni solche, <strong>die</strong> entweder gar nicht oder nicht recht beten. Sind das<br />

wirkliche Iünger Iesu?<br />

Ob w ir betende Menschen sind, um was und wie w ir beten, das<br />

geht nur Gott und uns an. L s ist nicht gut, viel davon zu reden.<br />

L s ist auch nicht gut, häufige Sündenbekenntnisse abzulegen, w o­<br />

möglich sogar öffentlich vor andern Leuten, um sie dadurch <strong>für</strong><br />

Christus zu gewinnen. Dazu hat uns Jesus das Gleichnis vom<br />

Pharisäer und Zöllner nicht erzählt. Denn ob w ir beten und ob wir<br />

richtig beten, das kommt ganz unfehlbar heraus, ohne daß w ir viel<br />

davon reden. Die Menschen merken es irgendwie an uns, mögen sie<br />

manchmal auch gar nicht wissen, warum betende Menschen so sind.<br />

wie sie sind. Sie merken es an -er Sammlung, der Älarheit, Milde<br />

und Sachlichkeit -es Urteils. S o ragt <strong>die</strong> ewige W elt, mit der w ir<br />

im Gebet F ü h lu n g haben, in <strong>die</strong>se W elt hinein. M an sieht sie nicht;<br />

aber man spürt wohl, daß sie da ist. <strong>Das</strong> ist genug.


Sonntag nach Trinitatis<br />

bsz<br />

?. Ich erinnere euch aber, liebe» Brüder,<br />

das Evangelium, das ich euch<br />

verkündiget habe, welches ihr auch<br />

angenommen habt, in welchem ihr<br />

auch stehet,<br />

r. durch welches ihr auch selig werdet;<br />

welchergestalt ich es euch verkündiget<br />

habe, so ihr's behalten habt; es wär«<br />

denn, daß ihr's umsonst geglaubet<br />

hättet.<br />

2. Denn ich hab« euch zuvörderst gegeben,<br />

welches ich auch empfangen<br />

habe; daß Christus gestorben sei <strong>für</strong><br />

unsere Sünden nach der Schrift,<br />

4. und daß Lr begraben sei, und daß<br />

Lr auferstanden sei am dritten Tage<br />

nach der Schrift;<br />

5. und daß Lr gesehen worden ist von<br />

Äcphas, darnach von den Zwölfen,<br />

b. Darnach ist Lr gesehen worden von<br />

D ie Epistel<br />

mehr denn fünfhundert Brüdern auf<br />

einmal, deren noch viele leben, etliche<br />

aber sind entschlafen.<br />

7. Darnach ist Lr gesehen worden von<br />

Iakobus, darnach von allen Aposteln,<br />

r. Am letzten nach allen ist Lr auch<br />

von mir, als einer unzeitigen Geburt,<br />

gesehen worden.<br />

g. Denn ich bin der geringste unter<br />

den Aposteln, als der ich nicht wert<br />

bin, daß ich ein Apostel heiße, darum<br />

daß ich <strong>die</strong> Gemeine Gottes verfolget<br />

habe.<br />

-0. Aber von Gottes Gnad« bin ich,<br />

das ich bin. Und Seine Gnad« an<br />

mir ist nicht vergeblich gewesen, sondern<br />

ich hab« viel mehr gearbeitet denn<br />

sie all«; ntcht aber ich, sondern Gottes<br />

Gnade, <strong>die</strong> mit mir ist.<br />

,. Ror. ,s, ,—io<br />

Diese W orte stehen am Anfang jenes großen Lapitels im Rorintherbrief,<br />

das von der Totenauferstehung handelt. Paulus hat es geschrieben,<br />

weil in der korinthischen <strong>Gemeinde</strong> Zweifel an der Auferstehung<br />

der Toten herrschten. Deshalb setzt er mit solchem Nachdruck<br />

ein: „S o lautet das Evangelium, das ich euch verkündigt habe, so<br />

habt ihr es angenommen. Daran müßt ihr festhalten, sonst seid ihr<br />

umsonst zum Glauben gekommen", w aru m <strong>die</strong>se Nachdrücklichkeit?<br />

w e il Paulus W ert darauf legt, daß nicht gesagt wird, er verkündige<br />

sein eigenes Evangelium. Denn es gibt nur ein einziges Evangelium<br />

und nicht viele. Deshalb wiederholt er ganz kurz dessen Hauptinhalt:<br />

Christus ist gestorben <strong>für</strong> unsere Sünden, wurde begraben und am<br />

dritten Tage von den Toten auferwcckt. Dies alles geschah „nach<br />

der Schrift". Danach zählt er alle Zeugen der Auferstehung Christi<br />

auf, wobei er ganz bescheiden sich selbst am Schluß nennt und als<br />

eine „Hehlgeburt" bezeichnet. <strong>Das</strong> heißt soviel wie: Ich hätte es gar<br />

nicht erwarten dürfen, daß -er Herr auch mir erschien. Aber E r hat<br />

es doch getan und mir dadurch zum Leben verholfen. Nun aber ist<br />

Seine Gnade über mich gekommen und hat mich mehr gesegnet als<br />

alle andern Apostel.


sr Woche des - Sonntags nachTrinitalis<br />

w ie es damals Leute gab, <strong>die</strong> von Paulus sagten, daß er nicht das<br />

reine Evangelium verkündige, so gibt es auch sonst solche, <strong>die</strong> sagen,<br />

Paulus habe das Evangelium „jüdisch" verfälscht, und — da der<br />

Teufel das Tuch der Irrlehre immer an beiden Enden zerrt — gibt<br />

es umgekehrt auch solche, <strong>die</strong> sagen, er allein sei der <strong>für</strong> Heidenchristen<br />

(also auch <strong>für</strong> uns) maßgebende Apostel; alle andern Schriften des<br />

Neuen Testaments seien nur <strong>für</strong> Iudenchristcn geschrieben. Hier aber<br />

lehrt uns der Apostel selber, was <strong>die</strong> Haupt- und Grundtatsachen<br />

des christlichen Glaubens sind, <strong>die</strong> <strong>für</strong> alle Christen gelten. Die<br />

Rirche muß sich auf <strong>die</strong>se Grundtatsachen besinnen, damit w ir alle<br />

lernen, was Einigkeit im Glauben ist und worauf sie ruht.<br />

D a s L ie d d e r W o c h e<br />

Aus tiefer Not schrei ich zu Dir<br />

M artin Luthers Lied zum , 30. Psalm ist ein Niederschlag seiner<br />

Lämpfe im Äloster: Gott allein ist gut. Gott allein rettet uns. Gott<br />

allein ist der gute Hirt! <strong>Das</strong> ist <strong>die</strong> zugleich demütigende und befreiende<br />

Gewißheit der <strong>Gemeinde</strong> Jesu Christi, <strong>die</strong> an Stelle des<br />

alten das neu erwählte Volk Gottes ist. Bei uns: viel Sünde. Bei<br />

G ott: viel mehr Gnade! Unser Trost: Sein wertes W ort! Line<br />

christliche <strong>Gemeinde</strong>, <strong>die</strong> so von Herzen singt und betet, stirbt nicht.<br />

D a s G e b e t d e r W o c h e<br />

H e r r G o t t , d e r D u D e i n e R r a f t u n d H e r r lic h k e it a lle r m e is t k u n d<br />

t u s t im V e r s c h o n e n u n d E r b a r m e n , la ß u n s D e i n e B a r m h e r z i g ­<br />

k eit r e ic h lic h w i d e r f a h r e n , d a ß w i r l a u f e n n a c h D e i n e r V e r h e i ­<br />

ß u n g u n d a l s o d e r h im m lis c h e n G ü t e r t e i l h a f t i g w e r d e n , d u r c h<br />

u n s e r n H e r r n J e s u m C h r is t u m , D e i n e n S o h n , w e lc h e r m i t D i r<br />

u n d d e m H e i l i g e n G e is t e le b e t u n d r e g ie r e t i n E w i g k e i t . A m e n .<br />

-I-


Woche des j z. Sonntags nach Trinitatis<br />

bss<br />

M o n t a g n a c h d e m<br />

S o n n t a g n a c h T r i n i t a t i s<br />

ss. Und Lr kam gen Lapernaum. Und<br />

da Lr daheim war, fragte Lr sie:<br />

w a s handeltet ihr miteinander auf<br />

dem weg«)<br />

S4 - Sie aber schwiegen; denn sie<br />

hatten miteinander auf dem weg« gehandelt,<br />

welcher der Größte wäre.<br />

SS. Und Lr setzte sich und rief den<br />

Zwölfen und sprach zu ihnen: So jemand<br />

will der Lrsre sein, der soll der<br />

Letzt« sein vor allen und aller Lnecht.<br />

sd. Und Lr nahm «in Lindlein und<br />

stellte es mitten unter sie und herzet«<br />

dasselbig« und sprach zu ihnen:<br />

S/. Wer «in solches Lindlcin in meinen,<br />

Namen aufnimmt, der nimmt<br />

Mich auf; und wer Mich aufnimmt,<br />

der nimmt nicht Mich auf, sondern<br />

Den, der Mich gesandt hat.<br />

Mark. g, 3 3—S7<br />

<strong>Das</strong> natürliche Bestreben des Menschen ist es, groß zu sein und vor<br />

andern ausgezeichnet zu werden. Innerhalb des Reiches Gottes soll<br />

es solches Streben nicht geben, v o r Gott ist gerade das groß, was<br />

vor der W elt klein und gering erscheint, v o r Gott ist nicht der<br />

groß, der herrschen kann, sondern der in der Nachfolge<br />

Christi <strong>die</strong>nen kann. w e r solchen Dienst an den Geringsten tut<br />

in Verleugnung seiner selbst, getrieben von der Liebe zu Dem, -essen<br />

Leben ein einziger Dienst war, bei dem und mit dem ist Gott. M it<br />

Gott aber ist ein Mensch wahrhaft groß. I n <strong>die</strong>sem Sinne groß<br />

zu werden, ist heiliges Streben, dem göttliche Gnade verheißen wird.<br />

Die ander« Lesung: r. Samuelis zb, 5—14<br />

D i e n s t a g n a c h d e m f l . S o n n t a g n a c h T r i n i t a t i s<br />

4r. Da nun der Philister sah und<br />

schauere David an, verachtete er ihn;<br />

denn er war «in Lnabe, bräunlich und<br />

schön.<br />

43. Und der Philister sprach zu David:<br />

Bin ich denn ein Hund, daß du<br />

mit Stecken zu mir kommst) Und<br />

fluchte dem David bei seinem Gott,<br />

44. und sprach zu David: Lomm her<br />

zu mir, ich will dein Fleisch geben<br />

den vögeln unter dem Himmel und<br />

den Tieren auf dem 8«lde!<br />

4s. David aber sprach zu dem Philister:<br />

Du kommst zu mir mit Schwert,<br />

Spieß und Schild; ich aber komme<br />

zu dir im Namen des Herrn Zebaolh,<br />

des Gottes des Heers Israels, das du<br />

gehöhnet hast.<br />

4b. Heutigestags wird dich der Herr<br />

in mein« Hand überantworten, daß ich<br />

dich schlage und nehme dein Haupt<br />

von dir und gebe <strong>die</strong> Leichname des<br />

Heers der Philister heule den vögeln<br />

unter dem Himmel und dem wild auf<br />

Lrden, daß alles Land innewerde, daß<br />

Israel einen Gott hat,<br />

47. und daß alle <strong>die</strong>se Gemeine innewerde,<br />

daß der Herr nicht durch<br />

Schwert noch Spieß hilft; denn der<br />

Streit ist des Herrn, und Lr wird<br />

euch geben in unsere Hände.<br />

4S. Da sich nun der Philister aufmachte,<br />

ging daher und naht« sich gegen<br />

David, eilt« David und lief auf<br />

das Heer zu, dem Philister entgegen.<br />

4g. Und David tat sein« Hand in <strong>die</strong>


s4<br />

Tasche und nahm «inen Stein daraus<br />

und schleudert« und traf den Philister<br />

an seine Stirn, daß der Stein in seine<br />

Stirn fuhr und er zur Erd« fiel auf<br />

sein Angesicht.<br />

so. Also überwand David den Philister<br />

mit der Schleuder und mit dem<br />

Stein und schlug ihn und tötet« ihn.<br />

Woche des - ?. Sonntags n ach Trinitatis<br />

Und da David kein Schwert in seiner<br />

Hand hatte,<br />

s;. lief er und trat zu dem Philister<br />

und nahm sein Schwert und zog's aus<br />

der Scheide und tötete ihn und hieb<br />

ihm den Dopf damit ab. Da aber <strong>die</strong><br />

Philister sahen, daß ihr Stärkster tot<br />

war, flohen sie. ;. Sam. ; 7, 42—s I<br />

E s hat wohl manchmal Christi <strong>Gemeinde</strong> in Dleingläubigkeit gezittert,<br />

wenn ihr ein Dampf mit der W elt und der W elt Meinung<br />

bevorstand. Die eigene Draft erschien so gering. Der Gegner sah so<br />

riesenhaft aus. Seine Macht erschien unermeßlich. Aber ebenso oft hat<br />

<strong>die</strong> kleine gläubige <strong>Gemeinde</strong> das Wunder erlebt, daß Riesen überwunden<br />

wurden von ihr, wenn sie in unbedingtem Vertrauen auf<br />

Gottes Hilfe in den Dampf zog und den Dampf führte in der Gewißheit:<br />

Dieser Streit ist des Herrn! Nur dann aber ist der<br />

Dampf recht, wenn es -er <strong>Gemeinde</strong> nicht um eine Größe und um<br />

Ansehen vor der W elt geht, sondern wenn es Gott und Seine Ehre<br />

zu verfechten gilt. Die Geschichte von Davids Dampf mit Goliath<br />

wird <strong>die</strong> Lirche Christi lehren, wie und wann sie zu kämpfen hat<br />

und wann sie auf Gottes Hilfe hoffen darf.<br />

Die ander« Lesung: Lukas -4, 7—z;<br />

M i t t w o c h n a c h d e m<br />

zs. Denn also spricht der Hohe und<br />

Erhabene, der ewiglich wohnet, des<br />

Name heilig ist: Der Ich in der Höhe<br />

und im Heiligtum wohne und bei<br />

denen, so zerschlagenen und demütigen<br />

Geistes sind, auf daß Ich erquicke den<br />

Geist der Gedemütigten und das Herz<br />

der Zerschlagenen:<br />

-ö. Ich will nicht immerdar hadern<br />

und nicht ewiglich zürnen; sonder» es<br />

soll von Meinem Angesicht ein Geist<br />

wehen, und Ich will Ödem machen.<br />

-7. Ich war zornig über <strong>die</strong> Untugend<br />

S o n n t a g n a c h T r i n i t a t i s<br />

ihres Geizes und schlug sie, verbarg<br />

Mich und zürnet«; da gingen sie hin<br />

und her im weg« ihres Herzens.<br />

is. Aber da Ich ihre Wege ansah,<br />

heilte Ich sie und leitete sie und gab<br />

ihnen wieder Trost und denen, <strong>die</strong> über<br />

jene Leid trugen.<br />

zg. Ich will Frucht der Lippen schaffen,<br />

<strong>die</strong> da predigen: Friede, Friede,<br />

beide, denen in der Fern« und denen in<br />

der Näh«, spricht der Herr, und will<br />

sie heilen. Ies. 57, ?s—<br />

Immer wird es menschlichem Denken «»faßlich bleiben, -aß der über<br />

alle Welten erhabene, ewige Gott Sich gerade zu denen hcrabneigt,<br />

<strong>die</strong> zerschlagenen Herzens sind. Aber im Glauben ist es von Un­


Woche -es - z. Sonntags nach Trinitatis<br />

Sss<br />

zähligen erfahren und w ir- es täglich erlebt, -aß Gott Seine Verheißung<br />

wahr macht: E r erquickt -ie Gedemütigten. w o E r Sich<br />

eine w eile von -en Menschen zurückzieht, gehen <strong>die</strong>se schnell und<br />

bald ihre eigenen Wege. <strong>Das</strong> sind immer Wege in <strong>die</strong> Irre, in <strong>die</strong><br />

Gottesferne. w o aber Gottes W ort laut wird, werden manche erkennen,<br />

daß ihr w e g verkehrt war. w en n Menschen zu <strong>die</strong>ser E r­<br />

kenntnis kommen, ist <strong>die</strong>s schon das Zeichen, das G ott Sich ihnen<br />

wieder zukehrt. Dann ist auch das Herz brreitet, Gottes heilende<br />

Ära st an sich wirken zu lassen.<br />

Die ander« Lesung: z. Samuelis<br />

j—rr<br />

D o n n e r s t a g n a c h d e m S o n n t a g n a c h T r i n i t a t i s<br />

Und Hiob antwortet« d«m Herrn zween Freunde; ihr habt nicht<br />

und sprach:<br />

recht von Mir geredet wie Mein<br />

r. Ich erkenn«, daß Du alles vermagst, Rnecht Hiob.<br />

und nichts, das Du Dir vorgenommen,<br />

ist Dir zu schwer.<br />

sieben Widder und gehet hin zu Mei­<br />

«. So nehmet nun sieben Harren und<br />

s. „Wer ist der, der den Ratschluß nem Rnecht Hiob und opfert Brandopfer<br />

<strong>für</strong> euch und laßt Meinen Lnecht<br />

verhüllt mit Unverstand?" Darum bekenn«<br />

ich, daß ich habe unweislich geredet,<br />

das mir zu hoch ist und ich Ich ansehen, daß Ich an euch nicht<br />

Hiob <strong>für</strong> euch bitten. Denn ihn will<br />

nicht verstehe.<br />

tu« nach eurer Torheit; denn ihr habt<br />

4- »So höre nun, laß mich reden; ich nicht recht von Mir geredet wie Mein<br />

will Dich fragen, lehre mich!" Lnecht Hiob.<br />

s. Ich hatte von Dir mit den «Ohren q. Da gingen hin Lliphas von Thema«,<br />

Bildad von Suah und Zophar<br />

gehört; aber nun hat mein Auge Dich<br />

gesehen.<br />

von Naema und taten, wie der Herr<br />

d. Darum schuldige ich mich und tue ihnen gesagt hatte; und der Herr sah<br />

Buße in Staub und Asch«.<br />

an Hiob.<br />

7. Da nun der Herr <strong>die</strong>se Worte mit -0. Und der Herr wandt« das Gefängnis<br />

Hiobs, da er bat <strong>für</strong> sein«<br />

Hiob geredet hatte, sprach er zu Lliphas<br />

von Thema»: Mein Zorn ist Freund«. Und der Herr gab Hiob zwieergrimmet<br />

über dich und über deine fältig so viel, als er gehabt hatte.<br />

Hiob 4r, z-io<br />

w aru m muß der Fromme seiden? Um <strong>die</strong>se Frage geht es im Buche<br />

Hiob. w en n Leid über <strong>die</strong> Menschen kommt, wird Gottes Handeln<br />

so oft mißdeutet. Dann meinen so viele, wie im Buche Hiob <strong>die</strong><br />

Freunde, Gottes Handeln an uns verstehen und ergründen zu können<br />

mit dem menschlichen Maßstab: Iede Wirkung hat eine Ursache, w o<br />

Gottes freies, <strong>für</strong> menschliches Denken unergründliches wirken so<br />

vollständig falsch verstanden w ir-, verlangt Gott ein vollkommenes


dsb<br />

Woche des -<br />

Sonntags nach Trinitatis<br />

Umdenken: Die Freunde müssen ein großes Opfer darbringen, w enn<br />

das Leid auch den Frommen zum Hadern mit Gott bringen will<br />

oder gebracht hat, muß er <strong>die</strong>s wie Hiob unter dem W orte Gottes<br />

als Sünde erkennen, w o das geschieht, darf man gewiß sein, daß<br />

Gott sich heilend, helfend und befreien- naht.<br />

Dle ander« Lesung: Lukas 7, -—10<br />

F r e i t a g n a c h d e m ) 1. S o n n t a g n a c h T r i n i t a t i s<br />

3b. Ls bat Ihn aber der Pharisäer<br />

einer, daß Lr mit ihm äß«. Und Lr<br />

ging hinein in des Pharisäers Haus<br />

und setzt« Sich zu Tisch.<br />

37. Und sieh«, ein Weib war in der<br />

Stadt, <strong>die</strong> war eine Sünderin. Da <strong>die</strong><br />

vernahm, daß Lr zu Tisch« saß in<br />

des Pharisäers Hause, brachte sie ein<br />

Glas mit Salbe<br />

3S. und trat hinten zu Seinen<br />

Füßen und weinte und fing an, Sein«<br />

Füße zu netzen mit Tränen und mit<br />

den Haaren ihres Haupts zu trocknen,<br />

und küßte Seine Füße und salbte sie<br />

mit Salbe.<br />

3g. Da aber das der Pharisäer sah,<br />

der Ihn geladen hatte, sprach er bei<br />

sich selbst und sagte: wenn Dieser ein<br />

Prophet wär«, so wüßte Er, wer und<br />

welch ein Weib das ist, <strong>die</strong> Ihn anrühret;<br />

denn sie ist eine Sünderin.<br />

40. Iesus antwortet« und sprach zu<br />

ihm: Simon, Ich habe dir etwas zu<br />

sagen. Lr aber sprach: Meister, sag«<br />

an.<br />

41. Ls hatte ein Wucherer zween<br />

Schuldner. Einer war schuldig fünfhundert<br />

Groschen, der andere fünfzig.<br />

43. Da sie aber nicht hatten, zu bezahlen,<br />

schenkt« er's beiden. Sage an,<br />

welcher linier denen wird ihn am<br />

meisten lieben?<br />

43. Simon antwortete und sprach:<br />

Ich achte, dem er am meisten geschenkt<br />

hat. Lr aber sprach zu ihm:<br />

Du hast recht gerichtet.<br />

44. Und Lr wandte Sich zu dem<br />

Weib« und sprach zu Simon: Siehest<br />

du <strong>die</strong>s Weib? Ich bin kommen in<br />

dein Haus; du hast Mir nicht Wasser<br />

gegeben zu Meinen Füßen; <strong>die</strong>se aber<br />

hat Meine Füße mit Tränen genetzet<br />

und mit den Haaren ihres Haupts getrocknet.<br />

4s. Du hast Mir keinen Luß gegeben;<br />

<strong>die</strong>se aber, nachdem sie hereinkommen<br />

ist, hat sie nicht abgelassen, Mein«<br />

Füße zu küssen.<br />

45. Du hast Mein Haupt nicht mit<br />

Dl gesalbet; sie aber hat Meine Füße<br />

mit Salbe gesalbet.<br />

47. Derhalben sag« Ich dir: Ihr sind<br />

viel« Sünden vergeben, denn sie hat<br />

viel geliebet; welchem aber wenig vergeben<br />

wird, der liebet wenig.<br />

4S. Und Lr sprach zu ihr: Dir sind<br />

deine Sünden vergeben.<br />

4g. Da fingen an, <strong>die</strong> mit zu Tisch<br />

saßen, und sprachen bei sich selbst: wer<br />

ist Dieser, der auch <strong>die</strong> Sünden vergibt?<br />

so. Lr aber sprach zu dem Weibe:<br />

Dein Glaub« hat dir geholfen; gehe<br />

hin mit Frieden! Luk. 7, 3b—ss<br />

Die frohe Botschaft Iesu Christi von -er Vergebung der Sünden<br />

wendet sich an <strong>die</strong> gedemütigten, unter der Last ihrer Sünden seufzenden<br />

Menschen, von <strong>die</strong>sen wird <strong>die</strong> Frohbotschaft am ehesten be­


Woche d«s z ;. Sonntag s nach Trinitatis<br />

ö57<br />

griffen und freudig ergriffen, w o sie in ihrer Wirklichkeit im Herzen<br />

erfahren wird, wächst und blüht <strong>die</strong> Liebe zu dem Heiland der S ü n ­<br />

der. Und Liebe will sich immer in dankbarer Tat erweisen und<br />

ausdrücken, w e r aber hoffärtig ist in seines Herzens Sinn, sich<br />

besser dünkt als andere, wer vor dem heiligen Gott selbstherrlich<br />

erhobenen Hauptes stehen zu können glaubt, den wird das richtende<br />

W ort Gottes treffen und über ihm stehen bleiben, es sei denn, daß<br />

eben <strong>die</strong>ses W ort der Anlaß w ir- zur Demütigung unter Gott.<br />

Dann jedoch wird man auch den Heiland suchen, wo L r zu finden<br />

ist, Ih n lieben um Seines vergebenden W ortes willen und Ihm<br />

herzlich danken in Taten der Liebe.<br />

Die ander« Lesung: -. Samuelis lr, z—;o. -Z—;4<br />

S o n n a b e n d n a c h d e m i l . S o n n t a g n a c h T r i n i t a t i s<br />

rr. wendet euch zu Mir, so werdet<br />

ihr selig, aller Welt Enden; denn Ich<br />

bin Gott, und keiner mehr.<br />

rs. Ich schwöre bei Mir Selbst, und<br />

ein Wort der Gerechtigkeit gehet aus<br />

Meinem Munde, da soll es bei bleiben:<br />

Mir sollen sich alle Lni« beugen und<br />

alle Zungen schwören<br />

24. und sagen: Im Herrn habe ich Gerechtigkeit<br />

und Stärk«. Solche werden<br />

auch zu Ihm kommen; aber alle, <strong>die</strong><br />

Ihm widerstehen, müssen zu Schanden<br />

werden.<br />

rs. Denn im Herrn wird gerecht aller<br />

Same Israels und wird sich Sein<br />

rühmen.<br />

Ies. 45, rr—rs<br />

Der Herr der W elt wendet Sein Erbarmen der ganzen W elt zu.<br />

L r liebt <strong>die</strong> W elt, das heißt <strong>die</strong> in Sünde gefallene und verstrickte<br />

Menschheit. An sie ergeht der Ruf, in Demut vor Gott dem Herrn<br />

<strong>die</strong> Lnie zu beugen und zu bekennen: Nur in Dir haben rpir Lraft<br />

und Stärke. Schon durch den Propheten -es Alten Bundes offenbart<br />

Gott Sein weltumfassendes Erbarmen. I n letzter Älarheit wird es<br />

sichtbar in Iesus Christus. „Also hat Gott <strong>die</strong> W elt geliebet, daß<br />

L r Seinen eingeborenen Sohn gab". I n Seinem Auftrag wird <strong>die</strong>se<br />

Botschaft heute aller W elt verkündigt. Und überall in der sündigen<br />

Menschheit beugen sich Änie vor Gott, der Sich gütig zu den S ü n ­<br />

dern herabbeugt. Aber es würde <strong>die</strong> Botschaft Gottes nur unvollständig<br />

verkündigt, wenn nicht auch als Gottes W ort gesagt wird:<br />

w e r <strong>die</strong>sem Gott zu widerstehen versucht, wird zuschanden werden,<br />

denn Gott ist gerecht.<br />

Die ander« Lesung: Lpheser r, ? —10


dsr<br />

Woche des - r. Sonntags nach Trinitatis<br />

Zwölfter Sonntag nach Trinitatis<br />

D a s z e r s t o ß e n e R o h r w i r d L r n ic h t z e r b r e c h e n , u n d d e n g l i m ­<br />

m e n d e n D o c h t w i r d L r n ic h t a u s lö s c h e n .<br />

Matthäus ro<br />

sz. Und da Lr wieder ausging von<br />

den Grenzen von Tyrus und Sidon,<br />

kam Lr an das Galiläische Meer, mitten<br />

in das (stebiet der Zehn Städte.<br />

sr. Und sie brachten zu Ihm eine»<br />

Tauben, der stumm war, und sie baten<br />

Ihn, daß Lr <strong>die</strong> Hand auf ihn legte.<br />

ss. Und Lr nahm ihn von dem Volk<br />

besonders und legete ihm <strong>die</strong> Finger<br />

in <strong>die</strong> Ohren und spützte und rührte<br />

seine Zunge<br />

S4. und sah auf gen Himmel, seufzte<br />

D a s E v a n g e l i u m<br />

und sprach zu ihm: Hephatha! das<br />

ist: Tu dich auf!<br />

ss. Und alsbald taten sich seine Ohren<br />

auf, und das Band seiner Zunge ward<br />

los, und er redete recht,<br />

sb. Und Lr verbot ihnen, sie sollten «<br />

niemand sagen. Je mehr Lr aber verbot,<br />

je mehr sie es ausbreiteten.<br />

37. Und wunderten sich über <strong>die</strong><br />

Maßen und sprachen: Lr hat alles<br />

wohl gemacht; <strong>die</strong> Tauben macht Lr<br />

hörend und <strong>die</strong> Sprachlosen redend.<br />

Mark. 7, s;—37<br />

Jesus hat sich <strong>für</strong> eine kurze Zeit jenseits der Grenzen von Palästina<br />

in dem Gebiet von Tyrus und Sidon aufgehalten, vermutlich um<br />

Sich Seinen Verfolgern zu entziehen. E r will nicht wie Johannes<br />

durch den plötzlichen Zugriff einzelner Seiner Feinde ums Leben kommen,<br />

sondern wartet auf „Seine Stunde". Jetzt kehrt L r in Sein<br />

Heimatland zurück. Sofort sind auch Menschen da, <strong>die</strong> nach Ihm<br />

suchen, und mit ihnen das menschliche Elend. M an bringt einen<br />

Taubstummen zu Ih m mit der Bitte, E r möge ihm <strong>die</strong> Hand auslegen.<br />

Ein Taubstummer kann deshalb nicht sprechen, weil er von Jugend<br />

aus nie ein menschliches W ort gehört hat. E r sieht <strong>die</strong> W elt und<br />

was in ihr geschieht. Lr kennt Furcht und Hoffnung wie andere<br />

Menschen. I n seiner Seele sind menschliche Gefühle, in seinem Ropfe<br />

menschliche Gedanken. L r hat wünsche und Willensregungen. Aber<br />

er kann mit keinem darüber sprechen. Ein Innenleben, das sich selbst<br />

nicht recht versteht, weil es nie durch <strong>die</strong> Gesetze der menschlichen<br />

Sprache geformt wurde, drängt aus ihm hervor; aber über seine<br />

Lippen kommt nur ein unverständliches Lrächzen. Die andern Menschen<br />

lachen oder wenden sich voll Mitleid ab, damit sie es nicht<br />

anhören oder ansehen müssen. Denn es ist auch schrecklich anzusehen.


; r. Sonntag nach Trinitatis bsg<br />

L s ist, als wäre der, der so redet, gar kein Mensch, sondern ein Tieroder<br />

doch nicht viel besser als ein Tier! Solch ein Taubstummer ist<br />

es gewesen, von dem der Text erzählt, daß er zu Jesus gebracht<br />

wurde.<br />

W arst du schon einmal in einer Taubstummenanstalt) Dann wirst<br />

du wissen, wie schwer es ist, solchen Menschen zu helfen, w ie<br />

mühsam muß man sie durch Zeichen und Gebärden sprechen lehren!<br />

W ie sollte Iesus Sich mit <strong>die</strong>sem Manne verständigen? Reden<br />

konnten sie nicht miteinander; nur sehen und fühlen konnte Ih n der<br />

unglückliche Lranke.<br />

Iesus nimmt den Taubstummen „beiseite". L r will mit ihm allein<br />

sein; nichts soll ihn ablenken. Dann legt E r ihm Seine A n g e r<br />

<strong>die</strong> «Ohren, als ob L r zu ihm sagen wollte: „Ich weiß, wo deine<br />

Not sitzt". L r nimmt von Seinem eigenen Speichel und befeuchtet damit<br />

<strong>die</strong> Zunge -es Lranken, wieder als wollte L r sagen: „Ich will<br />

mit Meinem Speichel deiner ungefügen Zunge helfen". S o stellte -er<br />

Herr <strong>die</strong> Verbindung zwischen Sich und dem Lranken her, dem<br />

W orte nichts nützen. L r lenkt das Sinnen <strong>die</strong>ses unglücklichen Menschen<br />

von den unbrauchbaren Werkzeugen seines Leibes fort auf Sich<br />

Selbst. Da fassen Glaube und Hoffnung Heiß in seinem Herzen:<br />

L r wird mir helfen! L r wird mir nicht nur <strong>die</strong> Hände auflegen und<br />

Seinen Segen geben, L r wird mich wirklich gesund machen.<br />

Iesus schaut zum Himmel empor, seufzt auf und spricht das kurze<br />

aramäische W ort: Hephata! L s bedeutet ganz einfach: Tu' dich auf!<br />

W as soll sich auftun? Die «Ohren des Taubstummen oder der Himmel,<br />

damit Gottes Allmacht helfend eingreife? Beides! Denn das<br />

ist der Sinn <strong>die</strong>ses kurzen Stoßgebets Icsu, daß Gott Sich <strong>die</strong>sem<br />

unglücklichen Menschen als ein lebendiger Gott bezeugen möge.<br />

<strong>Das</strong> ist ja <strong>die</strong> tiefste Not des Lranken. w e il seine «Ohren zu waren,<br />

darum war <strong>für</strong> ihn auch -er Himmel zu. Nun soll er glauben<br />

lernen und durch Glauben gesund werden.<br />

Hören kann der Taubstumme nichts. Aber er kann sehen, wie Iesus<br />

gen Himmel schaut. Daran merkt er, -aß L r ihm Gottes Hilfe herbeiruft.<br />

E r merkt auch, wie angestrengt Iesus Selber ist, er sieht<br />

Ih n seufzen. S o geschieht das Wunder. L r hört und versteht, was<br />

der Herr sagt: „Hephata", tu' dich auf! Damit meint L r den Himmel<br />

und meine «Ohren, w ie das klingt, <strong>die</strong>s eine W ort! Und was<br />

darin liegt! Der Himmel ist ja offen, und meine «Ohren sind auch


tzo<br />

W oche -e s ; r. Sonntags nach Trinitatis<br />

offen. O Gott, wie soll ich das fassen! — w ie glücklich mag da<br />

<strong>die</strong>ser Taubstumme gewesen sein!<br />

w a s er gehört und begriffen hat, drängt sich ihm auf <strong>die</strong> Zunge.<br />

S ie ist zwar noch ungefüge und nicht gewohnt, ein menschliches<br />

W ort zu formen. Aber sie redet schon soweit „recht", daß andere es<br />

verstehen, vielleicht hat der eben Geheilte zunächst noch nicht viel<br />

mehr sagen können als das eine W ort „Hephata". Aber es enthält<br />

ja auch <strong>für</strong> ihn so gut wie alles. Denn durch <strong>die</strong>s W ort hat er gelernt,<br />

an Gott zu glauben. L r wird es darum wieder sagen: Hephata!<br />

Tu' dich auf! L r wird es sagen, so oft er betet,<br />

wieviel kann doch ein Mensch mit einem einzigen W ort ausdrücken,<br />

wenn seine Seele darinnen liegt! Und wie wenig sagen wir oft mit<br />

vielen Worten, wenn unser Herz ferne von unseren Worten ist!<br />

Die Heilung ist geschehen. Obwohl Iesus den Lranken bciseitegenommen<br />

hat, haben doch viele sie von ferne gesehen oder davon gehört.<br />

Iesus verbietet ihnen, darüber zu reden, w aru m tut L r das) w e il<br />

man still sein und in <strong>die</strong> Stille gehen soll, wenn man dem lebendigen<br />

Gott begegnet ist. Der Taubstumme wird das wohl auch getan<br />

haben. Aber <strong>die</strong> andern befolgen Iesu verbot nicht. L s gibt eben<br />

nicht sehr viele Menschen, <strong>die</strong> zu schweigen verstehen. Den meisten<br />

sitzt das Herz immer auf der Zunge. Begreifen kann man es ja<br />

auch, daß sie ein solches Erlebnis nicht bei sich behalten konnten. S o<br />

reden sie denn darüber und werfen <strong>die</strong> Frage hin und her: w e r ist<br />

Der, der solches tut und kann) Ist L r vielleicht der Messias und<br />

Heiland, auf den w ir solange gewartet haben) Zuletzt wird aber<br />

aus <strong>die</strong>sem aufgeregten Gerede doch ein Lobpreis Gottes: „Er hat<br />

alles wohl gemacht; <strong>die</strong> Tauben macht L r hören und <strong>die</strong> Sprachlosen<br />

redend".<br />

L s hat eine Zeit gegeben, welche meinte, wenn Iesus <strong>die</strong> Wunder<br />

wirklich getan hätte, <strong>die</strong> von Ihm berichtet werden, so wäre L r gewiß<br />

niemals gekreuzigt worden, w ie sollten <strong>die</strong> Iuden dazu kommen,<br />

ihren W ohltäter zu töten) — Ach, man kannte damals <strong>die</strong><br />

Menschen schlecht. Die Evangelien berichten uns immer wieder, daß<br />

<strong>die</strong> Feindschaft gegen Iesus um so größer wurde, je gewaltiger <strong>die</strong><br />

Wunder waren, <strong>die</strong> L r tat, und je mehr Sein Ruhm stieg. Irdischer<br />

Ruhm ist eine sehr zweideutige Sache. <strong>Das</strong> hat der Herr wohl gewußt.<br />

Darum lag Ihm nichts daran, -aß <strong>die</strong> Leute Wunderdinge<br />

von Ihm erzählten; L r verbot es ihnen sogar, w eiß t du das auch)


t r. Sonntag nach Trinitatis<br />

öd-<br />

Sich', es ist gut und schön, wenn du einen andern Menschen liebst<br />

und ehrst. Aber dann ist es <strong>für</strong> ihn und <strong>für</strong> dich besser, wenn du <strong>für</strong><br />

ihn betest, als daß du über ihn redest.<br />

4. Ein solch vertrauen aber haben wir<br />

durch Christum zu Gott.<br />

s. Nicht, -aß wir tüchtig sind von<br />

uns selber, etwas zu denken als von<br />

uns selber; sondern daß wir tüchtig<br />

sind, ist von Gott,<br />

t>. welcher auch uns tüchtig gemacht<br />

hat, das Amt zu führen des Neuen<br />

Testaments, nicht des Buchstabens,<br />

sondern des Geistes. Denn der Buchstabe<br />

tötet, aber der Geist macht lebendig.<br />

7. So aber das Amt, das durch <strong>die</strong><br />

Die Epistel<br />

Buchstaben tötet und in <strong>die</strong> Steine<br />

ist gebildet, Llarheit hatte, also daß<br />

<strong>die</strong> Linder Israel nicht konnten ansehen<br />

das Angesicht Moses um der<br />

Llarhcit willen seines Angesichtes, <strong>die</strong><br />

doch aufhöret,<br />

r. wie sollt« nicht viel mehr das Amt,<br />

das den Geist gibt, Llarheit haben!<br />

g. Denn so das Amt, das <strong>die</strong> Verdammnis<br />

prediget, Llarheit hat,<br />

viel mehr hat das Amt, das <strong>die</strong> Gerechtigkeit<br />

prediget, überschwengliche<br />

Llarheit. r. Lor. 3, 4—g<br />

Der Apostel Paulus kämpft hier um das Vertrauen und <strong>die</strong> Liebe<br />

seiner <strong>Gemeinde</strong>. Man hatte ihn von Ierusalem aus angegriffen.<br />

Denn es gab dort viele, denen es ein Dorn im Auge war, daß <strong>die</strong><br />

Lorinther nicht ebenso „gesetzlich" lebten wie <strong>die</strong> aus ehemaligen<br />

Iuden bestehende Christengemeinde in Ierusalem. Sie sollten <strong>die</strong> Reinigung«-<br />

und Speisegebote halten, und was sonst Vorschriften <strong>die</strong>ser<br />

Art sind. Man hatte den Apostel auch persönlich verdächtigt. Wie<br />

antwortet Paulus darauf)<br />

Die persönlichen Anschuldigungen entkräftet er dadurch, daß er aus<br />

seinem Leben erzählt, nicht dadurch, daß er <strong>die</strong> andern wieder verdächtigt.<br />

Die sachlichen Einwendungen widerlegt er durch sachliche<br />

Ausführungen, nicht dadurch, daß er <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> vor <strong>die</strong> peinliche<br />

Entscheidung stellt: Entweder sie oder ich. Denn er ist sich dessen<br />

bewußt, gegenüber seinen Gegnern <strong>die</strong> bessere Sache zu haben. Darum<br />

schreibt er ihnen dem Sinne nach so:<br />

„Ich vertraue zu Gott, nicht daß ich Recht habe, sondern daß meine<br />

S ach e richtig ist. Denn sie ist nicht meinem eigenen Lops entsprungen,<br />

sondern mir als Amt von Gott anvertraut worden. Dies<br />

Amt hat den Geist Gottes bei sich. L s besteht nicht in gelehrten W o rtklaubereien,<br />

sondern löst und bindet <strong>die</strong> Gewissen, macht frei, gewiß<br />

und froh. <strong>Das</strong> können <strong>die</strong> Gesetzcsgläubigen nicht. Denn der Buchstabe<br />

tötet, aber der Geist macht lebendig".


______________ woche - es ;r. Sonntag s nach Trinitatis<br />

S o stellt er den G eist des Alten Bundes dem G eist des Neuen<br />

Bundes gegenüber. Der Geist des Alten Bundes stellt sich dar in<br />

der predigt des Gesetzes, w o sie mit Ernst geschieht, macht sie in<br />

der Regel tiefen Eindruck, wie das auch bei den Lorinthcrn der Fall<br />

war. Denn <strong>die</strong> predigt -es Gesetzes ist, so sagt Paulus, umgeben<br />

vom Glanz der Heiligkeit Gottes. Aber <strong>die</strong>ser Glanz wird bei weitem<br />

überstrahlt durch den Glanz des Evangeliums von Iesus Christus.<br />

Denn das Gesetz kann wohl schrecken und ängstigen, aber nicht befreien,<br />

fröhlich und gewiß machen. Darum ist <strong>die</strong> tröstende, helfende<br />

predigt des Evangeliums stärker als <strong>die</strong> predigt -es Gesetzes.<br />

Der Lampf gegen <strong>die</strong> Irrlehre ist eine schwere Sache. Macht man's<br />

nicht richtig oder nicht christlich, so hat man bald verloren. Alle unrechten<br />

Waffen fliegen stets auf <strong>die</strong> Lirche selbst zurück. Allein <strong>die</strong><br />

W ahrheit Christi siegt, w i r müssen sie nur sachlich und mit Liebe<br />

vorbringen.<br />

<strong>Das</strong> Lied der Woche<br />

Nun lob, mein Seel, den Herren<br />

Luthers Freund, der spätere Reformator in Lönigsberg, Iohann<br />

Gramann, dichtete <strong>die</strong>ses Lied in Anlehnung an den -os. Psalm, w a r<br />

Iohann Gramann im Iahre -szg während -er Disputation M artin<br />

Luthers mit Or. Eck in Leipzig noch ein Gegner Luthers gewesen,<br />

so wurde er nun sein treuer Anhänger. Sein Lied ist ein in<br />

großen w ogen bewegter Lobgesang der Lirche von der rettenden<br />

Güte Gottes. I n mächtigen Strophen fügt es wie unbehauene B austeine<br />

Satz <strong>für</strong> Satz Zeugnisse von -er Güte Gottes zusammen bis<br />

zur Höhe Seiner starken Engelscharen in der vollendeten <strong>Gemeinde</strong>.<br />

Ebenso hebt sich <strong>die</strong> Melo<strong>die</strong> mit weiten Schwingen hoch empor:<br />

I h r wohnt eine mitreißende Lraft inne, als ob <strong>die</strong> Lirche vereint mit<br />

den Engeln vor Gott stehe. Und dort steht sie fest in Gottes Gnade.<br />

Ein Loblied <strong>für</strong> alle festlichen Tage im Leben der Lirche und ihrer<br />

<strong>Gemeinde</strong>n.<br />

<strong>Das</strong> Gebet der Woche<br />

Herr G o tt, himmlischer Vater, der D u nicht Lust hast an der<br />

S ünder Tod, sondern w illst, daß sie bekehrt werden und leben,<br />

w ir bitten Dich herzlich, D u w ollest <strong>die</strong> S tra fen unserer Sünden


Woche des zr. Sonntags nach Trinitatis<br />

öös<br />

von uns gnädiglich abwenden und uns zu bessern Deinen Geist<br />

und L raft verleihen, um Jesu Christi, unseres Herrn, w illen.<br />

Amen.<br />

-i-<br />

Montag nach dem<br />

rs. Und sie gingen gen Lapernaum;<br />

und bald am Sabbat ging Lr in <strong>die</strong><br />

Schule und lehrete.<br />

er. Und sie entsetzten sich über Seiner<br />

Lehr«; denn Lr lehrt« geroaltiglich und<br />

nicht wie <strong>die</strong> Schriftgelehrten,<br />

rs. Und es war in ihrer Schul« ein<br />

Mensch, besessen mit einem unsauber»<br />

Geist; der schrie<br />

L4. und sprach: Halt, was haben wir<br />

mit Dir zu schaffen, I«su von Nazareth)<br />

Du bist kommen, uns zu verderben.<br />

Ich weiß, wer Du bist: der<br />

Heilig« Gottes.<br />

Sonntag nach Trinitatrs<br />

rs. Und Jesus bedräuete ihn und<br />

sprach: Verstumme und fahr« aus von<br />

ihm!<br />

rb. Und der unsaubere Geist riß ihn<br />

und schrie laut und fuhr aus von ihm.<br />

27. Und sie entsetzten sich all«, also<br />

daß sie untereinander sich befragten<br />

und sprachen: Was ist das) Was ist<br />

das <strong>für</strong> ein« neue Lehre) Lr gebeut<br />

mit Gewalt den unsauber» Geistern,<br />

und sie gehorchen Ihm.<br />

rs. Und Sein Gerücht erscholl alsbald<br />

umher in das galiläisch« Land.<br />

Mark. j, r;—rr<br />

w o der Heilige Geist einbricht in unsere W elt, empört sich das Böse<br />

gegen Ih n , und Entsetzen ergreift <strong>die</strong> Menschen. I n Christus tritt<br />

Gott in <strong>die</strong> W elt. <strong>Das</strong> Böse, das in Lrankheit und Leiden sichtbaren<br />

Ausdruck findet, empört sich gegen Ihn. Gott aber zeigt in Christus,<br />

-aß L r mächtiger ist als das Döse. Diese Seine Macht will L r gebrauchen<br />

in Liebe <strong>für</strong> alle Menschen, <strong>die</strong> vom Bösen gefesselt sind<br />

und unter <strong>die</strong>sen Asseln leiden. L r besiegt in Seiner Lraft <strong>die</strong><br />

Macht des Bösen und befreit in großer Barmherzigkeit damit <strong>die</strong><br />

Menschen von innerer und äußerer schwerer Lrankheit. w o aber<br />

Gott Seine erlösende Lraft durch Christus offenbart, wird <strong>die</strong>se<br />

Seine Tat aufrüttelnd wirken. Die sie sehen, werden mit heiligem<br />

Entsetzen fragen lernen nach Dem, der solche Macht und Liebe hat.<br />

Und w elche zu I h m kommen, denen wird geholfen.<br />

Die andere Lesung: Iesaias 4 H 7<br />

Dienstag nach dem ir. Sonntag nach Trinitatis<br />

;o. Ich sprach: Nun muß ich zu der meines Lebens, da ich gedachte, noch<br />

Hölle Pforten fahren in der Mitte länger zu leben.


dtz4<br />

--.Ich sprach: Nun werd« ich nicht<br />

mehr sehen den Herrn, ja, den Herrn<br />

im Lande der Lebendigen; nun werd«<br />

ich nicht mehr schauen <strong>die</strong> Menschen<br />

bei denen, <strong>die</strong> ihre Zeit leben.<br />

-r. Meine Zeit ist dahin und von mir<br />

weggetan wie eines Hirten Hütte. Ich<br />

reiß« mein Leben ab wie ein Weber; er<br />

bricht mich ab wie einen dünnen Faden;<br />

Du machst'« mit mir ein End«<br />

den Tag vor Abend.<br />

-3. Ich dachte: Möcht« ich bis morgen<br />

leben! Aber Er zerbrach mir all« meine<br />

Gebeine wie ein Löwe; denn Du<br />

machest es mit mir aus den Tag vor<br />

Abend.<br />

-4. Ich winselte wie ein Lranich und<br />

Schwalb« und girrte wie eine Taube;<br />

meine Augen wollten mir brechen:<br />

Herr, ich leide Not; lindre mic's!<br />

-S. w a s soll ich reden? Er hat mir's<br />

zugesagt und hat's auch getan! Ich<br />

Woche des - r. Sonntags nach Trinitatis<br />

werd« in Demut wandeln all meine<br />

Lebtage nach solcher Betrübnis meiner<br />

Seele.<br />

-d. Herr, davon lebt man, und das<br />

Leben meines Geistes stehet gar darin;<br />

denn Du ließest mich wieder stark<br />

werden und machtest mich leben.<br />

-7. Siehe, um Trost war mir sehr<br />

bange. Du aber hast Dich meiner Seele<br />

herzlich angenommen, daß sie nicht<br />

verdürbe; denn Du wiesest alle meine<br />

Sünden hinter Dich zurück.<br />

-8. Denn <strong>die</strong> Hölle lobet Dich nicht;<br />

so rühmt Dich der Tod nicht, und <strong>die</strong><br />

in <strong>die</strong> Grube fahren, warten nicht auf<br />

Deine Wahrheit;<br />

-g. sondern allein, <strong>die</strong> da leben, loben<br />

dich, wie ich jetzt tu«. Der Vater wird<br />

den Lindern Deine Wahrheit kundtun,<br />

ro. Herr, hilf mir, so wollen wir<br />

meine Lieder singen, solange wir leben,<br />

im Hause des Herrn!<br />

Ies. 38, -0—20<br />

Durch Gottes Güte ist ein König von schwerer Krankheit geheilt.<br />

Der Genesene richtet an Gott ein Dankgebet. M it dem geschärften<br />

Blick eines durch Gott vom Tode Erretteten überblickt er <strong>die</strong> Lage,<br />

in der er sich als Kranker befunden hat. Hoffnungslos sah er den<br />

Tod auf sich zukommen. S o ohne Trost, wie der König, bleiben angesichts<br />

des Todes Menschen, <strong>die</strong> nicht wissen, daß der barmherzige<br />

Gott uns in Christus vom Tode errettet hat. Die aber an den Todesüberwinder<br />

glauben, werden, wie der errettete König, ein Danklied<br />

singen Dem, der sie aus ihrer wahrhaft trostlosen Lage errettet.<br />

Sie können es tun mit denselben W orten wie der König des Alten<br />

Bundes, der <strong>die</strong> Zusammenhänge von Sünde und Krankheit,<br />

von Vergebung und Genesung ahnt. Doch wird der<br />

Dank der Christen vertieft sein in dem wissen: I n Lhristtls errettete<br />

uns Gott von aller Sünde und ewigem Tode.<br />

Die andere Lesung: r. Lönige ro, ;—7<br />

M ittw och nach dem z 2. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

3-. So hatte nun <strong>die</strong> Gemeine Feie- und Samarien und bauet« sich und<br />

den durch ganz Iudäa und Galiläa wandelt« in der Furcht des Herrn und


Woche des ; 4. Sonntags nach Trinitatis 003<br />

ward erfüllet mit dem Trost des Heiligen<br />

Geistes.<br />

3 4. Es geschah aber, da Petrus durchzog<br />

allenthalben, daß er auch zu den<br />

Heiligen kam, <strong>die</strong> zu Lydda wohneten.<br />

43. <strong>Das</strong>elbst fand er «inen Mann mit<br />

Namen Aneas, acht Jahr« lang auf<br />

dem Bett« gelegen, der war gichtbrüchig.<br />

34. Und Petrus sprach zu ihm:<br />

Aneas, Jesus Christus macht dich gesund;<br />

stehe auf und bette dir selber!<br />

Und alsobald stund er auf.<br />

35. Und es sahen ihn alle, <strong>die</strong> zu<br />

Lydda und in Saron wohneten; <strong>die</strong><br />

bekehreten sich zu dem Herrn.<br />

3d. Zu Joppe aber war «ine Jüngerin<br />

mit Namen Tabea (welches verdolmetscht<br />

heißet: Rehe), <strong>die</strong> war voll<br />

guter Wecke und Almosen, <strong>die</strong> sie tat.<br />

37. Es begab sich aber zu deselbigen<br />

Zeit, daß sie krank ward und starb.<br />

Da wuschen sie <strong>die</strong>selbige und legten sie<br />

auf den Söller.<br />

3 4. Nun aber Lydda nahe bei Joppe<br />

ist, da <strong>die</strong> Jünger höreten, daß Petrus<br />

daselbst war, sandten sie zween<br />

Männer zu ihm und «rmahneten ihn,<br />

daß er sich's nicht ließ« verdrießen, zu<br />

ihnen zu kommen.<br />

3g. Petrus aber stund auf und kam<br />

mit ihnen. Und als er hinkommen<br />

war, führeten sie ihn hinauf auf den<br />

Söller, und traten um ihn all« Witwen,<br />

weineten und zeiget«« ihm <strong>die</strong><br />

Röcke und Lleider, welche <strong>die</strong> Rehe<br />

machte, weil sie noch bei ihnen war.<br />

40. Und da Petrus sie alle Hinausgetrieben<br />

hatte, kniete er nieder, betete<br />

und wandte sich zu dem Leichnam und<br />

sprach: Tabea, steh« auf! Und sie tat<br />

ihre Augen auf; und da sie Petrus<br />

sah, setzte sie sich wieder.<br />

4-. Er aber gab ihr <strong>die</strong> Hand und<br />

richtete sie auf und rief den Heiligen<br />

und den Witwen und stellte sie le-<br />

44. Und es ward kund durch ganz<br />

Joppe, und viele wurden gläubig an<br />

den Herrn. Ap. Gesch. g, 3 )—42<br />

Die siegende Äraft des auferstandenen und erhöhten Christus über<br />

<strong>die</strong> Mächte der Finsternis wirkt fort in der Christenheit, <strong>die</strong> im<br />

Glauben an <strong>die</strong>sen Herrn steht. <strong>Das</strong> ist das Zeichen einer lebendigen<br />

<strong>Gemeinde</strong>, daß Christus Sich in ihr als der Lebendige erweist durch<br />

Siege über Mächte, denen gegenüber Menschen vollkommen machtlos<br />

sind. w e il in der ersten <strong>Gemeinde</strong> lebendiger Glaube war, geschahen<br />

Wunder in ihr. w o sie heute nicht geschehen, muß <strong>die</strong> Frage nach<br />

lebendigem Glauben gestellt werden. Doch wer Augen hat,<br />

zu sehen, wird in der Verborgenheit der kleinen wahren <strong>Gemeinde</strong><br />

Christi den lebendigen Herrn am Werke sehen in Wundertaten ohnegleichen,<br />

den Herrn, der Rranke heilt und Tote auferweckt.<br />

D ie andere Lesung: Sprüche 43, 4 4 — 3 d<br />

D onnerstag nach dem t 2. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

j. Und Er rief Sein zwölf Jüngeer zu austrieben und heileten allerlei Seu-<br />

Sich und gab ihnen Macht über <strong>die</strong> che und allerlei Lrankheit.<br />

unsauber» Geister, daß sie <strong>die</strong>selbige» 4. Die Namen aber der zwölf Apostel


ddd<br />

sind <strong>die</strong>se: der erst« Simon, genannt<br />

Petrus, und Andreas, sein Bruder;<br />

Jakobus, des Zebedäus Sohn, und Johannes,<br />

sein Bruder;<br />

5. Philippus und Bartholomäus;<br />

Thomas und Matthäus, der Zöllner;<br />

Jakobus, des Alphäus Sohn; Lebbäus,<br />

mit dem Zunamen Thaddäus;<br />

4- Simon von Lana und Judas<br />

Jscharioth, welcher Ihn verriet.<br />

6. Dies« zwölf sandte Jesus, gebot<br />

ihnen und sprach: Gehet nicht auf der<br />

Woche des zr. Sonntags nach Trinitatis<br />

Heiden Straße und ziehet nicht in der<br />

Samariter Städte,<br />

v. sondern gehet hin zu den Verlornen<br />

Schafen aus dem Hause Israel.<br />

7. Geht aber und predigt und sprecht:<br />

<strong>Das</strong> Himmelreich ist nahe herbeikommen.<br />

r. Machet <strong>die</strong> Lranken gesund, reiniget<br />

<strong>die</strong> Aussätzigen, wecket <strong>die</strong> Toten<br />

auf, treibet <strong>die</strong> Teufel aus. Umsonst<br />

habt ihc's empfangen, umsonst gebet<br />

es auch. Match, so, f—r<br />

Gottes W ille ist, daß <strong>die</strong> Hrohbotschaft von Seinem Reiche vielen<br />

gebracht wird. Damit viele sie hören, sendet Christus Seine Sendboten<br />

aus in alle Lande. Sie wollen <strong>die</strong>selbe Botschaft den<br />

Menschen sagen, wie Christus sie im Auftrag Gottes verkündigte.<br />

I n den Sendboten soll man Den erkennen, der sie aussandte. Darum<br />

stattet Christus sie mit derselben Äraft aus, <strong>die</strong> E r als Gottes Sohn<br />

besaß. Die predigt vom Reiche Gottes und <strong>die</strong> Wundertaten im<br />

Namen Jesu Christi werden vieler Herzen bewegen und sie hinweisen<br />

auf Den, der allein der W elt Retter und Heiland ist.<br />

Die andere Lesung: Markus s, rr—43<br />

Freitag nach dem ) 2. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

14. Und Jesus kam in des Petrus<br />

Haus und sah, daß sein« Schwieger<br />

lag und halte das Fieber.<br />

-s. Da griff Er ihre Hand an, und<br />

das Fieber verließ sie. Und sie stund<br />

auf und <strong>die</strong>net« ihnen,<br />

ch. Am Abend aber brachten sie viel<br />

Besessene zu Ihm; und Er trieb <strong>die</strong><br />

Geister aus mit Worten, und machte<br />

allerlei Lrank« gesund,<br />

>7- auf daß erfüllet würd«, das gesagt<br />

ist durch den Propheten Jesaia, der da<br />

spricht: „Er hat unsre Schwachheiten<br />

auf sich genommen, und unsre Seuchen<br />

hat er getragen".<br />

Match, r, -4 — )7<br />

w o Christus Menschen leiden sieht, hilft E r ihnen aus dem Leid<br />

t>eraus. Die Äürze und Schlichtheit, mit welcher der Evangelist Iesu<br />

Taten erzählt, sind wie ein Gleichnis <strong>für</strong> <strong>die</strong> erhabene Einfachheit<br />

der Heilandstat. Jesus sieht <strong>die</strong> Not. E r hilft. <strong>Das</strong> ist <strong>die</strong> B otschaft,<br />

<strong>die</strong> alle Menschen froh machen will. Ia , der Heiland hilft auch<br />

da, wo man sich noch gar nicht bittend an Ih n wandte. <strong>Das</strong> zeigt<br />

<strong>die</strong> echte Heilandsliebe, w o Christus Sich so als Helfer in aller<br />

Not zeigt, erkennen dann auch viele andere: Auch w ir dürfen mit<br />

rinserer Not zu Ihm kommen. E r weiß, was uns fehlt. Auch uns


Woche des -2. Sonntags nach Trinitatis<br />

bt>7<br />

wird E r helfen und alles Leid wenden, wenn w ir nur vertrauend zu<br />

Ihm gehen.<br />

Die andere Lesung: Matthäus g, 27-34<br />

Sonnabend nach dem S o n n ta g nach T rinitatis<br />

3. Stärket <strong>die</strong> müden Hände und erquickt<br />

<strong>die</strong> strauchelnden Lnie!<br />

4. Saget den verzagten Herzen: Seid<br />

getrost, <strong>für</strong>chtet euch nicht! Sehet, euer<br />

Gott, der kommt zur Rache; Gott,<br />

der da vergilt, kommt und wird euch<br />

helfen.<br />

5. Alsdann werden der Blinden Augen<br />

aufgetan werden, und der Tauben<br />

Ohren werden geöffnet werden;<br />

d. alsdann werden <strong>die</strong> Lahmen locken<br />

wie «in Hirsch, und der Stummen<br />

Zunge wird Lob sagen. Denn es werden<br />

Wasser in der wüste hin und<br />

wieder fließen und Ströme im dürren<br />

Lande.<br />

7. Und wo es zuvor trocken ist gewesen,<br />

sollen Teiche stehen; und wo<br />

es dürr« gewesen ist, sollen Brunnquellen<br />

sein. Da zuvor <strong>die</strong> Schakale<br />

gelegen haben, soll Gras und Rohr<br />

und Schilf stehen,<br />

r. Und es wird daselbst «ine Bahn sein<br />

und ein weg, welcher der heilig« w eg<br />

heißen wird, daß kein Unreiner drauf<br />

gehen darf; und derselbig« wird <strong>für</strong><br />

sie sein, daß man drauf gehe, daß auch<br />

<strong>die</strong> Toren nicht irren mögen,<br />

g. Es wird da kein Löwe sein, und<br />

wird kein reißend Tier drauf treten<br />

noch daselbst gefunden werden; sondern<br />

man wird frei sicher daselbst<br />

gehen.<br />

>0. Die Lrlöseten des Herrn werden<br />

wiederkommen, und gen Zion kommen<br />

mit Iauchzcn; ewig« 8reud« wird über<br />

ihrem Haupte sein; 8reud« und Wonne<br />

werden sie ergreifen, und Schmerz und<br />

Seufzen wird entfliehen.<br />

Ies. 33, s—,0<br />

Solange <strong>die</strong> W elt besteht, wird auch <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> Gottes Not und<br />

Leid der W elt ertragen müssen. Und mancher wird unter großer Last<br />

seufzen und ermüden. Die <strong>Gemeinde</strong> w ir- oft am Verzagen sein, weil<br />

sie <strong>die</strong> Last -er Sünde auch auf ihrem Herzen trägt. I n aller Not<br />

sagt der gütige Gott den Müden, Strauchelnden und verzagenden<br />

W orte des Trostes, indem E r auf das Ziel hindeutet: E s wird einmal<br />

alle Trübsal durch Sein allmächtiges W ort gewendet werden<br />

in Freude. Mxr alles menschliche Verstehen herrlich wird <strong>die</strong>se Zukunft<br />

Gottes sein. <strong>Das</strong> ist kein falsches vertrösten, sondern tröstende<br />

Wahrheit, da sie der allmächtige Gott uns sagt. Darum<br />

glaubt auch Seine <strong>Gemeinde</strong> <strong>die</strong>sem W ort und ist getröstet im Blick<br />

auf das Ziel, -essen Schein tröstend und aufmunternd schon setzt in<br />

<strong>die</strong> Dunkelheit unseres Erdenlebens hineinleuchtet.<br />

Die ander« Lesung: Matthäus >r, g—2;<br />

-h<br />

llber <strong>die</strong> Zählung der Trinitarissonntage sieh« <strong>die</strong> Bemerkung auf Seite 732.


SSs<br />

Woche des §3. Sonntags nach Trinitatis<br />

Dreizehnter Sonntag nach Trinitatis<br />

W a s ihr getan habt einem unter <strong>die</strong>sen M einen geringsten B rüdern,<br />

das habt ihr M ir getan.<br />

Matthäus 25, 40<br />

<strong>Das</strong> Evangelium<br />

2 3. Und Er wandte Sich zu Seinen<br />

Jüngern und sprach insonderheit:<br />

Selig sind <strong>die</strong> Augen, <strong>die</strong> da sehen,<br />

das ihr sehet.<br />

24. Denn Ich sage euch: viel Propheten<br />

und Könige wollten sehen, das<br />

ihr sehet, und haben'» nicht gesehen,<br />

und hören, das ihr höret, und haben's<br />

nicht gehöret.<br />

25. Und siehe, da stund ein Schriftgelehrter<br />

auf, versuchte Ihn und<br />

sprach: Meister, was muß ich tun,<br />

daß ich das ewige Leben ererb«)<br />

2b. Er aber sprach zu ihm: w ie<br />

stehet im Gesetz geschrieben? w ie liesest<br />

du?<br />

27. Er antwortete und sprach: „Du<br />

sollst Gott, deinen Herrn, lieben von<br />

ganzem Herzen, von ganzer Seele,<br />

von allen Kräften und von ganzen,<br />

Geinüte und deinen Nächsten als dich<br />

selbst."<br />

2 4. Lr aber sprach zu ihm: Du hast<br />

recht geantwortet; tue das, so wirft<br />

du leben.<br />

2g. Lr aber wollt« sich selbst rechtfertigen<br />

und sprach zu Jesu: w er ist<br />

denn mein Nächster?<br />

30. Da antwortete Iesus und sprach:<br />

Es war ein Mensch, der ging von Jerusalem<br />

hinab gen Jericho und fiel<br />

unter <strong>die</strong> Mörser; <strong>die</strong> zogen ihn aus<br />

und schlugen ihn und gingen davon<br />

und ließen ihn halbtot liegen.<br />

3 ?. Es begab sich aber ohngefähr,<br />

daß ein Priester <strong>die</strong>selbige Straß« hinabzog;<br />

und da er ihn sah, ging er<br />

vorüber.<br />

32. Desselbigenglcichcn auch «in Levit;<br />

da er kam zu der Stätte und sah ihn,<br />

ging er voüberr.<br />

33. Lin Samariter aber reiste und kam<br />

dahin; und da er ihn sah, jammerte<br />

ihn sein,<br />

34. ging zu ihm, verband ihm sein«<br />

Wunden und goß drein Äl und wein<br />

lind hub ihn auf sein Tier und führt«<br />

ihn in <strong>die</strong> Herberge und pflegt« sein.<br />

ss. Des andern Tages reift« er und<br />

zog heraus zween Groschen und gab<br />

sie dem Wirt« und sprach zu ihm:<br />

pfleg« sein; und so du was mehr<br />

wirst dartun, will ich dir's bezahlen,<br />

wenn ich wiederkomme.<br />

3b. welcher dünkt dich, der unter <strong>die</strong>sen<br />

dreien der Nächste sei gewesen dem,<br />

der unter <strong>die</strong> Mörder gefallen war?<br />

37. Er sprach: Der <strong>die</strong> Barmherzigkeit<br />

an ihm tat. Da sprach Jesus zu<br />

ihm: S o gehe hin und tu desgleichen!<br />

Luk. ?S, 23— 37<br />

<strong>Das</strong> Evangelium vom barmherzigen Samariter beginnt mit einem<br />

vorspruch. Iesus nimmt Seine Iünger beiseite und sagt zu ihnen:<br />

„Selig sind <strong>die</strong> Augen, <strong>die</strong> sehen, was ihr seht. Denn Ich sage euch:<br />

Viele Propheten und Lönige wollten sehen, was ihr seht, und haben's<br />

nicht gesehen, und hören, was ihr härt, und haben's nicht gehört".


- 3. Sonntag nach Trinitatis Sbg<br />

Mancher von uns denkt: Ach, wäre ich doch an der Jünger Stelle!<br />

Lönnt« ich Ih n doch auch mit eigenen Augen sehen!<br />

Ader jener Schriftgelehrte, von dem gleich nachher <strong>die</strong> Rede ist, w a r<br />

ein Zeitgenosse Jesu. E r stellte persönlich eine Frage an den Herrn,<br />

und <strong>die</strong>ser hat ihn einer persönlichen Antwort gewürdigt, w ird er<br />

etwa deswegen selig gepriesen? Ist er deswegen zu einem Jünger<br />

Jesu geworden? — <strong>Das</strong> bloße äußere Sehen und Hören macht es<br />

also nicht. Der innere Ruf des Heiligen Geistes muß hinzukommen.<br />

Sonst wird niemand zu einem rechten Jünger Jesu.<br />

also Zeitgenosse des Herrn oder nicht, darauf kommt nicht viel<br />

an. Auch uns Nachgeborenen ist der auferstandene Christus gegenwärtig<br />

in Seinem W ort, das <strong>die</strong> Rirche verkündigt, und in Seinem<br />

Sakrament, das sie spendet. Darum gilt <strong>die</strong> Seligpreisung auch uns:<br />

„Selig <strong>die</strong> Augen, <strong>die</strong> sehen, was ihr seht".<br />

Höre also Christi W ort vom barmherzigen Samariter! <strong>Das</strong> Gleichnis<br />

ist <strong>die</strong> Antwort auf eine Frage und muß deshalb von der Frage<br />

aus erklärt werden. Der Mann, der sie stellt, wird im griechischen<br />

Text „ein Gesetzlicher" genannt, vielleicht war er ein schriftgelehrtcr<br />

Ausleger des Gesetzes. Vielleicht will der Evangelist aber auch nur<br />

sagen: E s war ein Mensch, der „gesetzlich" dachte und lebte, weil<br />

er auf <strong>die</strong>sem Wege das ewige Leben zu ererben hoffte. E r nahm<br />

es ernst, aber er stieß dabei auch aus große Schwierigkeiten. Zwar<br />

ist ihm bekannt, was s. Mose 6, s und 3. Mose ;g, geschrieben<br />

steht, und daß <strong>die</strong> Schriftgelehrten seiner Zeit <strong>die</strong>se beiden Stellen<br />

als <strong>die</strong> „Summe des Gesetzes" bezeichnen. Darum gibt er auf Jesu<br />

Frage: „ w ie steht im Gesetz geschrieben? w ie liesest du?" ohne<br />

Zögern <strong>die</strong> richtige Antwort. Hergesagt ist das leicht, aber nicht so<br />

leicht gelebt. Denn in der Praxis stößt man auf lauter Schwierigkeiten.<br />

w o soll man anfangen mit der Nächstenliebe? w a n n ist<br />

man mit ihr fertig? Deshalb fragt der „Gesetzliche" weiter: „ w e r<br />

ist denn mein Nächster?" E s heißt im Text, daß er damit sich selber<br />

rechtfertigen wollte, w a s <strong>für</strong> eine Antwort mag er also vom Herrn<br />

erwartet Haben? — Sicherlich, daß <strong>die</strong>ser ihm bestimmte Personen<br />

oder personenkreise nennen würde. Hätte <strong>die</strong> Antwort nicht so lauten<br />

können? Deine Nächsten sind in erster Linie deine Eltern, Geschwister<br />

und nahm Anverwandten, dann deine Freunde und Nachbarn und<br />

drittens deine Volks- und Blutsgenossen, wahrlich kein kleiner personrnkreis<br />

und sicher eine deutliche Antwort auf eine deutliche Frage.


S70<br />

W oche des - 3. Sonntags nach Trinitatis<br />

Aber Iesus antwortet nicht so. E r kennt das Irrige und Gefährliche<br />

<strong>die</strong>ser Antwort, w a s würde der Gesetzliche gedacht haben, wenn<br />

Iesus ihn so oder ähnlich beschieden hätte) — E r hätte sich gesagt:<br />

Gut! Nun weiß ich, wer meine Nächsten sind; aber ich weiß auch.<br />

wer nicht dazugehört. Die einen werde ich zu lieben versuchen, <strong>die</strong><br />

andern brauche ich nicht zu lieben. E s kommt ja schließlich auch<br />

wohl ein wenig darauf an, wie sich der andere zu m ir verhält, ob<br />

er mein Nächster sein will oder nicht. S o kann man sich sehr schön<br />

selber rechtfertigen.<br />

Iesus beantwortet <strong>die</strong> Frage -es Gesetzlichen mit -er Erzählung<br />

einer Geschichte. Sie enthält ein Beispiel von wirklich geschehener<br />

Nächstenliebe, keine lehrhafte Erörterung über den Begriff des<br />

Nächsten, wie sie -er Gesetzliche verlangt. I n <strong>die</strong>ser Beispielerzählung<br />

kehrt Iesus unvermerkt <strong>die</strong> Frage des „Gesetzlichen" um. Dieser<br />

wollte wissen: „ w e r ist mein Nächster?" Iesus fragt ihn, als<br />

E r mit Seiner Geschichte fertig ist: „ w e r unter <strong>die</strong>sen dreien ist<br />

der Nächste gewesen dem, der unter <strong>die</strong> Mörder gefallen<br />

war?" w eshalb tut E r das? w e il alles soviel einfacher ist, wenn<br />

man nicht vom Begriff, sondern von der Wirklichkeit ausgeht. Da<br />

liegt einer in seinem Blut. Mörder haben ihn überfallen. G ott fügt<br />

es so, daß du gerade vorbeikommst, w a s tust du nun? Handelst du<br />

wie der Priester und der Levit oder wie der Sam ariter? Nur das<br />

Spintisieren macht <strong>die</strong> Sache schwierig. Hatten -er Priester und der<br />

Levit etwa in <strong>die</strong>sem Augenblick vergessen, was in der Schrift steht?<br />

Ach was, sie dachten gar nicht an <strong>die</strong> Schrift; denn sie hatten<br />

Angst. Oder hat der Sam ariter sich in <strong>die</strong>sem Augenblick gesagt:<br />

Sieh, das ist der Fall, an dem ich das Gebot der Nächstenliebe<br />

erfüllen kann, und ist dann hingegangen, dem armen Mann zu helfen?<br />

w ie töricht! E r sah, daß Not war, und half. S o einfach beantwortet<br />

sich <strong>die</strong> Frage: w e r ist mein Nächster? in der Wirklichkeit<br />

des Lebens. Man muß bloß tun, was Gottes Gesetz verlangt.<br />

Darum schließt Iesus mit dem W ort: „S o gehe hin und tue desgleichen".<br />

Nun sagst du: <strong>Das</strong> verstehe ich wohl. Aber dann hastet doch der<br />

christlichen Nächstenliebe immer etwas Zufälliges an. Damit kann<br />

man unmöglich alle menschliche Not beseitigen. — Nein, dazu ist<br />

uns <strong>die</strong>s Gebot auch nicht gegeben und ist <strong>die</strong> Rirche nicht da. Man<br />

hat Iesus einmal in Seiner Vaterstadt etwas Ähnliches vorgehalten.


)3. Sonntag nach Trinitatis S7,<br />

Darauf hat E r geantwortet: „E s waren viele W itwen in Israel<br />

zu Llias Zeiten, da der Himmel verschlossen w ar drei Iahre und<br />

drei Monate; und zu keiner war Elia gesandt denn allein gen S a-<br />

repta der Sidonier, zu einer W itwe. Und viele Aussätzige waren in<br />

Israel zu des Propheten Elia Zeiten, und deren keiner ward gereinigt<br />

denn allein Naeman aus Syrien". <strong>Das</strong> Gebot der Nächstenliebe<br />

legt uns also nicht <strong>die</strong> Verantwortung <strong>für</strong> alle Not auf, <strong>die</strong><br />

es auf <strong>die</strong>ser W elt gibt. <strong>Das</strong> hieße, es ohne Den verstehen, der es<br />

uns gegeben hat. wenn wir es ernst nehmen, haben wir<br />

genug zu tun mit denen, <strong>die</strong> Gott uns jeden Tag vor<br />

<strong>die</strong> Füße legt. Einige haben freilich gemeint, das Gebot der<br />

Nächstenliebe müsse durch das der Fernstenliebe überboten werden.<br />

<strong>Das</strong> sind solche, <strong>die</strong> meinen, wenn sie sich einen größeren Geldbeutel<br />

kaufen, sei auch mehr Geld darin, w e r sich dadurch täuschen läßt,<br />

ist ein Narr.<br />

Iesus hat hier zu einem Iuden, der auf sein Iudentum sehr stolz<br />

war, absichtlich von einem barmherzigen Samariter geredet und<br />

ihn ausdrücklich dem unbarmherzigen Priester und dem Leviten gegenübergestellt.<br />

<strong>Das</strong> mögen alle bedenken, <strong>die</strong> da sagen: Könnten w ir<br />

doch auch Iesus selber hören und sehen! Freund, was würde E r<br />

d ir sagen, wenn du Ih n fragtest: w e r ist mein Nächster? w a s <strong>für</strong><br />

eine Geschichte würde E r dir erzählen? <strong>Das</strong> überlege dir einmal!<br />

Daran kannst du merken, was das in Wirklichkeit heißt: „Selig<br />

sind <strong>die</strong> Augen, <strong>die</strong> sehen, was ihr seht".<br />

zs. Lieben Bruder, ich will nach<br />

menschlicher weise reden: verwirft<br />

man doch eines Menschen Testament<br />

nicht, wenn es bestätiget ist, und tut<br />

auch nichts dazu.<br />

zb. Nun ist ja <strong>die</strong> Verheißung Abraham<br />

und seinem Stamm zugesagt. Er<br />

spricht nicht: „durch <strong>die</strong> Samen", als<br />

durch viel«, sondern als durch einen:<br />

„durch deinen Samen", welcher ist<br />

Christus.<br />

-7- Ich sage aber davon: <strong>Das</strong> Testament,<br />

das von Gott zuvor bestätiget<br />

D ie Epistel<br />

ist auf Christum, wird nicht aufgehoben,<br />

daß <strong>die</strong> Verheißung sollte<br />

durchs Gesetz aufhören, welches gegeben<br />

ist über vierhundertunddreißig<br />

Iahre hernach.<br />

;r. Denn so das Erb« durch das Gesetz<br />

erworben würde, so würde es<br />

nicht durch Verheißung gegeben; Gott<br />

aber hat's Abraham durch Verheißung<br />

frei geschenkt.<br />

;g. w a s soll denn das Gesetz? Es<br />

ist hinzukommen um der Sünden<br />

willen, bis der Same käme, dem <strong>die</strong>


ö/r<br />

Verheißung geschehen ist, und ist gestehet<br />

von den Engeln durch <strong>die</strong> Hand<br />

des Mittlers.<br />

ro. Ein Mittler aber ist nicht eines<br />

einigen Mittler; Gott aber ist einig,<br />

r). wie? ist denn das Gesetz wider<br />

Gottes Verheißungen? <strong>Das</strong> sei fern«!<br />

wenn aber «in Gesetz gegeben wäre,<br />

Woche des i 3. Sonntags nach Trinitatis<br />

das da könnte lebendig machen, so<br />

käme <strong>die</strong> Gerechtigkeit wahrhaftig aus<br />

dem Gesetze.<br />

rr. Aber dir Schrift hat alles beschlossen<br />

unter <strong>die</strong> Sünde, auf daß <strong>die</strong><br />

Verheißung käme durch den Glauben<br />

an Jesum Lhristum gegeben denen, <strong>die</strong><br />

da glauben. Gal. 5, ;s—rr<br />

w i r g la u b e n o f t schnell m it den G e d a n k e n d e r B ib e l f e r tig zu sein,<br />

in d e m w i r s a g e n : S o lc h e gesetzlich denkenden M e n sc h e n , w ie sie im<br />

E v a n g e liu m g esch ild ert w e rd e n , g ib t e s h e u te ja g a r n ic h t m e h r.<br />

A b e r d u m u ß t le rn e n , eine b e stim m te A u s p r ä g u n g d e s G la u b e n s a n<br />

d a s G esetz v o n ih m selbst zu u n tersch eid en . F r a g ' e in m a l je m a n d :<br />

w a s m e in st d u , w o d u rc h w e rd e n d ie M en sch en besser, d a d u rc h d a ß<br />

m a n sie z u r E r k e n n tn is ih re r S ü n d e u n d z u m G la u b e n a n G o tte s<br />

G ü t e in I e s u s C h r is tu s f ü h r t , o d e r d a d u rc h , d a ß m a n ih n e n d a s<br />

B ö s e v e r b itte t, d a s G u te z u r P f lic h t m a c h t, u n d w e n n sie n ich t<br />

w o lle n , m it d e r G e w a l t n a c h h ilf t? E r w i r d d ir w a h rsc h e in lic h a n t ­<br />

w o r t e n : O h n e G esetz u n d G e w a l t ist n ic h ts zu erreich en.<br />

S o denken <strong>die</strong> m eisten M e n sch en . D a r u m h a t es den G a la te r n auch<br />

ein en so g ro ß e n E in d ru c k g e m a c h t, a l s <strong>die</strong> S e n d lin g e v o n I e r u s a le m<br />

zu ih n e n kam en u n d s a g te n : I h r m ü ß t nach d em Gesetz leben,<br />

so n st seid ih r keine ric h tig e n C h riste n .<br />

w a s s a g t d e r A p o ste l d a z u ? I h m g e h t's n ic h t d a r u m , o b m a n i n<br />

d e r W e l t o h n e G esetz u n d G e w a l t a u s k o m m t o d e r n ic h t. D a ß d a s<br />

u n m ö g lic h ist, w e iß e r au ch . I h m g e h t's d a r u m , w ie w i r G o t t<br />

a n zu seh en h a b e n , o b a l s ein e n Gesetzgeber o d e r a l s D e n , d e r V e r ­<br />

h e iß u n g e n g ib t. Für -je I u d c n w a r G o t t zu ein em G o t t des<br />

G esetzes g e w o r d e n ; in W a h r h e i t ist G o t t a b e r doch d er G o t t d er<br />

V e r h e iß u n g . E r h a t, la n g e b e v o r M o s e s k am , schon d em A b ra h a m<br />

S e i n e V e r h e iß u n g g eg eb en u n d d ach te d a b e i a n Christus. D a s<br />

G esetz kam erst v ie r h u n d e r t I a h r e s p ä te r ; e s h e b t <strong>die</strong> V e rh e iß u n g<br />

n ic h t a u f . E s ist a u c h n ich t g e g e n sie, n u r k an n e s n ic h t lebendig<br />

m ach en . D a s t u t a lle in d e r G la u b e a n I e s u s C h r is tu s .<br />

D ie entscheidende 8 r a g e f ü r u n s ist a ls o d ie , o b w i r a n G esetz u n d<br />

G e w a l t glau b e n u n d d a v o n eine B e s s e ru n g d e r M e n sc h h e it u n d<br />

d er W e l t e rh o ffe n , w e r d a s t u t , ist e in I u d a i s t u n d kein C h ris t,<br />

w i r C h riste n w isse n z w a r , d a ß m a n in d e r W e l t o h n e G esetz u n d<br />

Z w a n g n ic h t a u s k o m m e n k a n n , a b e r w i r g la u b e n n ic h t, d a ß e t w a s


Die christliche Liebestätigkeit S7 3<br />

w irk lic h G u t e s d a r a u s e n tste h t u n d d a ß G o t t d a r in zu fin d e n ist.<br />

G o t t ist in I e s u s C h r is tu s u n d n ic h t im G esetz.<br />

D a s L ie d d e r W o c h e<br />

I c h r u f z u D i r , H e r r I e s u C h ris t<br />

I m gleichen I a h r e , in d e m M a r t i n L u th e r s Ä le in e r u n d G r o ß e r<br />

R a te c h is m u s erschienen, ta u c h t <strong>die</strong>ses Lied a u f ( ; s r g ) . S e in e n D ic h te r<br />

kennen w i r n ic h t. D ie se s G e b e ts lie d m u ß in d em H e rz e n ein es M e n ­<br />

schen g e b o re n sein , d e r m i t E r n s t C h ris t sein w o llte u n d in seinem<br />

L h riste n le b e n a ll d ie A n fe c h tu n g e n d u rc h z u k ä m p fe n h a tte , <strong>die</strong> ernste<br />

C h riste n f o r t u n d f o r t u m la u e r n : d a s R in g e n u m den rechten G l a u ­<br />

b en , u m <strong>die</strong> rech te N ä c h ste n lie b e, u m <strong>die</strong> B e s tä n d ig k e it im G e h o rs a m<br />

g e g e n G o t t e s W o r t , u m S ta n d h a f t i g k e i t im A n g e sic h t d e r Hemde,<br />

u m <strong>die</strong> christliche H o f f n u n g f ü r s letzte S t ü n d l e i n , auch u m <strong>die</strong><br />

H eindesliebe, k u rz : u m ein S ta r k w e r d e n a m in w e n d ig e n M ensch en .<br />

D ie s a lle s e rk lin g t in d e r zu g leich stark en u n d in n ig e n M e lo d ie w ie<br />

e in u n g e tr ü b t re in e s , k in d lic h -g lä u b ig e s G e b e t. E i n u n e n tb e h rlic h e s<br />

Lied f ü r R irc h e u n d H a u s .<br />

D a s G e b e t d e r W o c h e<br />

A l l m ä c h t i g e r G o t t , g i b u n s d e n r e c h te n w a h r h a f t i g e n G l a u b e n<br />

u n d m e h r e d e n s e lb e n t ä g lic h i n u n s ; g i b u n s a u c h L ie b e u n d<br />

H o f f n u n g , d a m i t w i r D i r u n d u n s e r m N ä c h s t e n n a c h D e i n e m<br />

W o h l g e f a l l e n m ö g e n d ie n e n , d u r c h I e s u m C h r is t u m , D e i n e n<br />

S o h n , u n s e r n H e r r n . A m e n .<br />

-l-<br />

D i e c h r is tlic h e L i e b e s t ä t ig k e it<br />

„Es wird nach Anzeigen des heiligen Evangeliums ein jeder Lhristenmensch<br />

am Jüngsten Tage seiner Werke wegen Rechenschaft ablegen müssen, nämlich<br />

ob er um Christi willen seinen nächsten Dürftigen, Armen und Notleidenden<br />

geliebt, sie gespeist, getränkt, bekleidet, heimgesucht und in Summa ihnen<br />

Hilfe und Handreichung getan hat".<br />

Mit <strong>die</strong>sem Satz aus der Armenordnung <strong>für</strong> den Rat der Stadt Nürnberg<br />

verweist Martin Luther auf eine Lebcnsäußerung der <strong>Gemeinde</strong> Jesu, <strong>die</strong>


S?4 Woche des - s. Sonntags nach Trinitatis<br />

zum Wesen der Lirche gehört wie <strong>die</strong> 8rucht zum Baume. Der Lampf der<br />

Reformation gegen <strong>die</strong> Werkgerechtigkeit, also gegen den Versuch, aus menschlichem<br />

Wert und menschlicher Leistung vor Gott einen Anspruch auf Gnade<br />

herzuleiten, — <strong>die</strong>ser Lampf hat nichts zu tun mit irgendeiner Geringschätzung<br />

der guten Werke. Ls ist richtig: Gemeinschaft mit Gott empfangen wir<br />

nicht auf Grund unserer Werke. Aber wo ein Mensch im Glauben an Gottes<br />

Barmherzigkeit lebt, da wird er zu Werken getrieben. Die Gnade macht nicht<br />

untätig, sondern tätig. Im Epheserbrief sagt der Apostel:<br />

Denn wir sind Sein Werk,<br />

geschaffen in Christo Jesu zu guten Werken,<br />

zu welchen Gott uns zuvor bereitet hat,<br />

daß wir darinnen wandeln sollen.<br />

Lpheser r, s»<br />

So hat man mit Recht gesagt, daß <strong>die</strong> Liebe als „<strong>die</strong> der Welt zugewandte<br />

Seite des Glaubens" zu verstehen sei. Sie ist das Zeichen der Entschlossenheit<br />

und Echtheit unseres Glaubens. So müssen wir auch das Gleichnis Jesu vom<br />

Jüngsten Gericht (Match, rs, sz—46) verstehen. Und darum sagt das lutherische<br />

Bekenntnis in der Apologie der Augsburgischen Lonfession, daß gute<br />

Werk« notwendig zum Leben des Christen gehören. Sie sind nötig,<br />

j. weil Gott sie fordert,<br />

r. damit wir uns durch sie im Glaube» üben,<br />

8. als Zeichen unserer Dankbarkeit gegenüber Gott,<br />

4. als Mittel des Bekcnnens.<br />

In jener Armenordnung gibt Luther an anderer Stelle <strong>die</strong> treffliche Erläuterung:<br />

„Wo der Glaube im Menschen ist, da kann er nicht verborgen bleiben,<br />

sondern bricht offen heraus, und alles, was er wirkt und tut, das richtet er<br />

zu des Nächsten Nutzen, um demselben tätlich und behilflich zu sein, wie er<br />

sieht, daß ihm Christus getan hat. Und wo <strong>die</strong> Liebe und <strong>die</strong> Werke nicht<br />

herausbrechen, da ist der Glaube gewißlich nicht echt. Denn <strong>die</strong> Werke der<br />

Liebe sind Zeugnis des Glaubens".<br />

So gehört denn auch <strong>die</strong>s zum Zeugenamt der <strong>Gemeinde</strong> Christi, daß sie<br />

das tut, was Stephanus und den andern (Ap. Gesch. d) aufgetragen wurde,<br />

daß sie das Mahnwort Jesu (Match, rs, 40) beherzigt und daß der Dienst der<br />

Barmherzigkeit in ihren Reihen lebendig sei. w ir sehe», wie sich schon <strong>die</strong><br />

urchristlichcn <strong>Gemeinde</strong>n darum bemühen. Die Apostel berufen Männer in<br />

ihre Reihen, <strong>die</strong> „zu Tische <strong>die</strong>nen". Auch Witwen mit gutem Ruf werden<br />

mit ähnlichem Dienst beauftragt. Der Diakon und <strong>die</strong> Diakonisse stellen mit<br />

dem, was sie zu tun haben, eine Arbeit der <strong>Gemeinde</strong> Christi dar, <strong>die</strong> wesensnotwcndig<br />

zu ihr gehört.<br />

Ls hat Zeiten in der Geschichte unserer Lirche gegeben, in welchen der Sinn


Die christliche Liebestätigkeit b/5<br />

<strong>für</strong> <strong>die</strong> Diakonie, <strong>die</strong> der <strong>Gemeinde</strong> Christi aufgetragen ist, verkümmerte. Daß<br />

<strong>die</strong> Werke der Liebe zum Leben der <strong>Gemeinde</strong> gehören wie <strong>die</strong> Rebe zum<br />

Weinstock, daß sie Zeugnis des Glaubens, Bekenntnis, Mission zu werden vermögen,<br />

wenn Gott <strong>die</strong> Gnade dazu gibt, das hatte man weithin vergessen,<br />

oder man legt« dem kein Gewicht bei. Natürlich hat es auch in <strong>die</strong>sen Zeiten<br />

immer wieder einzelne gegeben, — auch hervorragende Gestalten des kirchlichen<br />

Lebens wie jener Hallesche waisenvater August Hermann Francke —<br />

<strong>die</strong> den Sinn <strong>für</strong> das Amt der Barmherzigkeit, zu dem wir im Dienste Christi<br />

berufen sind, wach erhielten. Aber daß das <strong>die</strong> Ganzheit der <strong>Gemeinde</strong> berührt,<br />

daß <strong>die</strong> Rieche ohne den Dienst am Amt der Diakoni« nicht leben kann,<br />

daß ihr Wort ohne <strong>die</strong>sen Dienst unglaubhaft, ihre Verkündigung leer zu<br />

werden droht, <strong>die</strong>se Erkenntnis wurde unserer Lirche erneut erst durch eine<br />

Bewegung geschenkt, <strong>die</strong> zu Anfang des vorigen Jahrhunderts in Deutschland<br />

wie ein neuer Frühling in unserer Lirche aufbrach.<br />

Die ersten Ansätze liegen schon in der Zeit nach den Freiheitskriegen. Da ist ein<br />

Mann in der Stadt Weimar, Johannes Falk, der mit Goethe, Herder und<br />

wieland verkehrte, auch ein Dichter, wenn auch kein großer, ja, ein kleinerer<br />

Geist in dem Areis der ganz großen, aber ein fröhlicher und gutherziger —<br />

das Lied ,,C) du fröhliche, o du selige gnadcnbringend« Weihnachtszeit" ist von<br />

ihm —, bis ihn, in wenigen Wochen von sechs Lindern vier wegstarben und<br />

<strong>die</strong> Not nach der Schlacht bei Leipzig beim Rückzug <strong>die</strong> Flüchtigen in Scharen<br />

in sein Haus führt«: da gründete er <strong>die</strong> Gesellschaft der Freunde in der Not.<br />

„Ich war «in Lump", sagt« er in seiner geraden Natur von sich, „mit tausend<br />

anderen Lumpen in der deutschen Literatur, <strong>die</strong> dachten, wenn sie an ihrem<br />

Schreibtisch säßen, so wäre der Welt geholfen. Es war eine große Gnade<br />

Gottes, daß Er anstatt wie <strong>die</strong> anderen mich zu Schreibpapier zu verarbeiten,<br />

mich als Lharpie (d. i. gezupftes Leinen) benützte und in <strong>die</strong> offene Wunde der<br />

Zeit legt«. Da wird nun freilich den ganzen Tag an mir gezupft und gerupft,<br />

Senn <strong>die</strong> wund« ist groß, und sie stopfen zu, solange «in Fäserchen an mir<br />

ist". Er hat jrjb in <strong>die</strong> Goethestadt einen Lutherhof gesetzt, über <strong>die</strong> Tür<br />

<strong>die</strong> Inschrift: „Nach der Schlacht von Jena, Lützen und Leipzig erbauten <strong>die</strong><br />

Freunde in der Not durch roo gerettet« Lnaben <strong>die</strong>ses Haus, dem Herrn<br />

zu einem Dankaltar". Und er spannt seine Verskunst in <strong>die</strong> neue Arbeit ein:<br />

„Heraus, ihr fröhlichen Jungen, heraus ins tauige Feld!"<br />

jsss gründet dann Johann Hinrich wiehern das Rauh« Haus in Horn bei<br />

Hamburg. Zur gleichen Zeit beginnt Theodor Fliedner seine Arbeit in Laiserswerth.<br />

wenig« Jahre später sehen wir Wilhelm Löhc in Neuendettelsau in<br />

Franken am Werk«, wem gilt ihr Dienst? Den Gefährdeten, Gestrandeten,<br />

den Armen, den Rranken, den verlorenen. Rettungsarbeit nennen sie ihr Werk<br />

oder Dienst am Elend. Sie sehen sich nicht nur der einzelnen Not gegenüber,<br />

Massennöt« ballen sich zusammen und in ihnen zerstörende Mächte, <strong>die</strong> wiederum<br />

auflösend auf <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> zurückwirken. Hier ist <strong>die</strong> gesamte Lirche zum


dyö<br />

W oche des ; 3. Sonntags nach Trinitatis<br />

Einsatz aufgerufen. Eine Innere Mission der Lirche ist von Nöten. Nun<br />

hält nian Ausschau nach Helfern, wiehern beginnt mit der männlichen Dia«<br />

konie und ruft in Hamburg und dann in Berlin das „Bruderhaus" ins Leben.<br />

Fliedner erneut <strong>die</strong> weibliche Diakonie, und das erste „Mutterhaus" in Laiserswerth<br />

entsteht. Lohe setzt <strong>die</strong>se Linie in seiner weise <strong>für</strong> das bayerische Frankenland<br />

fort. <strong>Das</strong> Ergebnis ist <strong>die</strong> Erneuerung des Diakonates. Darüber<br />

hinaus aber: Die Erwcckung der Erkenntnis durch <strong>die</strong> ganze Lirche hindurch,<br />

daß <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> Christi den weg der Diakon:« nicht gehe, ohne daß<br />

er zugleich zur Mission wird. Darum fordert wichern -848 auf dem wittenberger<br />

Lirchentage nicht nur das Bekenntnis von der Lirche: „Die Liebe ist<br />

mein wie der Glaube", sondern ruft zur Lvangelisierung auf, sieht den Zusammenhang<br />

von leiblicher Not und seelischer Verderbnis und zeigt, wie Volkskirche<br />

aus ihrem Wesen — Lirche <strong>für</strong> das ganze Volk zu sein — zur<br />

Volksmission hindrängt. Jetzt lernt <strong>die</strong> Christenheit in Deutschland wieder<br />

langsam — denken wir auch an <strong>die</strong> erwachende Arbeit der Heidenmission —,<br />

daß <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> Christi der Mission ihr Leben verdankt, daß sie entstanden<br />

und besteht in dem willen zur Mission. Mission aber ist, wie Lohe sagt, nichts<br />

anderes als „<strong>die</strong> eine Lirche in der Bewegung". Der Befehl des Herrn treibt<br />

in den Gehorsam. Der Dank <strong>für</strong> <strong>die</strong> empfangene Gnade gibt dem Gehorsam<br />

<strong>die</strong> Freude und vertreibt alle Lohnsucht.<br />

Sie haben sämtlich ihr Werk mit nichts oder fast nichts begonnen. <strong>Das</strong> klein«<br />

Haus in Horn bei Hamburg, das Gartenhäuschen in Laiscrswcrth, der bescheiden«<br />

Anfang in Neucndettelsau, sie alle sind Zeugen von einem armselige»<br />

Beginn. Aber was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, auf daß<br />

Er zu Schanden macht«, was stark ist (l. Ror. l, ry).<br />

Diese Männer christlicher Tat als Bahnbrecher der „Inneren Mission" wurden<br />

damals verspottet und verlästert und als Narren ausgegeben. Aber sie<br />

wagten in Wort und Tat den Widerspruch gegen <strong>die</strong> Welt, und Gott hat<br />

ihren Glauben gesegnet. Zahllose andere sind ihnen gefolgt auf größeren und<br />

kleineren Arbeitsgebieten, w ir nennen nur Stöcker und Bodelschwingh.<br />

werfen wir «inen umfassenden Blick auf <strong>die</strong>s Werk der Lirche, das heute wie<br />

damals den Namen „Innere Mission" trägt! Welcher Befund ergibt sich?<br />

Insgesamt arbeiteten im Iahre ;g38 in Deutschland 4000 Brüder und 43000<br />

Schwestern im Dienste der Diakoni«. Es wäre ein Irrtum, zu meinen, daß<br />

es sich hier nur um den Dienst der Lrankenpfleg« handle. Die Arten des<br />

Dienstes sind sehr mannigfaltig, w ie viele Berufsarten sind allein unter den<br />

Schwestern des Raiserswerther Verbandes anzutreffen: <strong>die</strong> Lindergärtnerin,<br />

Iugendleiterin, Röntgenassistentin, Rrankenschwester, Lehrerin, Fürsorgerin und<br />

andere. Ganz ähnlich steht es mit den Diakonen. Sie stehen nicht nur in der<br />

pfleg« der Siechen, Äörperbehinderten, Schwachsinnigen und Geisteskranken.<br />

Im Gegenteil: Der größte Teil steht im Dienste der Gesundheit»- und Erzichungs<strong>für</strong>sorge.<br />

Im Ganzen umfaßt <strong>die</strong> Arbeit der Inneren Mission unserer


Die christliche L i e b e s t ä t i g k c i t<br />

S77<br />

Lirche rund 4300 Heim« und Anstalten mit zusammen rzrooo Plätzen, vergessen<br />

wir darüber hinaus nicht den Dienst der Oiakoni« auf den Gemeindcpflcgestationen<br />

mit seinen rund 4500 Lräften und Lindergärten und Horten<br />

und sonstigen Heimen, in denen täglich zroooo Linder betreut werden!<br />

Worin besteht der Sinn aller handelnden Barmherzigkeit) Sie will aufrichten,<br />

sie will helfen. Man hat gesagt, sie entspringe der Not. <strong>Das</strong> ist nur<br />

halb richtig. Freilich, sie kommt in Bewegung durch <strong>die</strong> Not und wird wirksam<br />

an den Nöten der Lrankheit und Zerstörung, <strong>die</strong> sie vorfindet. Aber ihr«<br />

wurzeln liegen tiefer.<br />

Die Lieb« Christi dringet uns also.<br />

r. Äorinther s, -4<br />

Hier liegt der Ursprung der Inneren Mission unserer Lirche. Nicht <strong>die</strong> Not,<br />

sondern <strong>die</strong> Lraft — <strong>die</strong> Lraft des Heiligen Geistes, <strong>die</strong> der <strong>Gemeinde</strong> im<br />

Glauben geschenkt wird — ist der letzte Antrieb zum Werk der Barmherzigkeit.<br />

Die Lieb« Christi! Sie fragt nicht in erster Linie nach dem Nutzen. Die Liebe<br />

Christi ist unabhängig von dem Werk der Menschen, denen sie sich zuwendet.<br />

Sie geht den „verlorenen" nach. Ihre Lraft steht nicht und fällt nicht mit<br />

dem Erfolg. Sie wird nicht müde, wenn ihr <strong>die</strong> Gegenliebe versagt bleibt.<br />

Sie ist unerschöpflich. Dadurch unterscheidet sie sich von unserer natürlichen<br />

Liebe. Von hier aus verstehen wir <strong>die</strong> Eigenart des Dienstes der Barmherzigkeit<br />

in der Inneren Mission. Auch wenn sie nur «in Schatten und Abglanz der<br />

Liebe Christi ist und sein kann, kann sie ihre Arbeit nicht allein von Zweckmäßigkeit<br />

und Nutzen bestimmt sein lassen. (So groß auch <strong>die</strong>ser Nutzen in<br />

der Folg« gewesen ist und bis zum heutigen Tag« ist! Denken wir nur an <strong>die</strong><br />

Avisierung vieler Schwachsinniger und sonstwie erblich Belasteter, welche<br />

<strong>die</strong> Inner« Mission vorgenommen hat). Sie sieht <strong>die</strong> Lreatur in der feurigen<br />

Höhle des Leides, das lebendige pcrsonleben in der Gefangenschaft der Schuld<br />

oder Schande. Ihr gilt der Dienst der Barmherzigkeit unmittelbar.<br />

<strong>Das</strong> führt uns zum Zweiten: Liebe, <strong>die</strong> Zeugnis ist von Christi Lieb«, bleibt<br />

nicht stumm. Der Dienst der Inneren Mission unterscheidet sich dadurch von<br />

aller Volkspflege, daß er ausgerichtet ist auf das Heil Gottes. Er lebt von<br />

dem Angebot der Gnade und führt zu Ihm hin. So steht im Mittelpunkt unserer<br />

Arbeit <strong>die</strong> Verkündigung des Evangeliums. Leibsorge wird Seelsorgc,<br />

und <strong>die</strong> Seelsorge wiederum erfährt nur allzuoft, daß sie nicht anders helfen<br />

kann, als daß sie zugleich sich der Not des Leibes annimmt.<br />

Enthüllt uns <strong>die</strong>s Fcldgeschrci aller Leidenden: „Der Herr ist mein Hirte",<br />

„Herr, Du bist bei mir, Dein Stecken und Stab trösten mich" — nicht noch<br />

ein anderes Geheimnis) Durch das Zeugnis der <strong>Gemeinde</strong> Christi ist ihnen<br />

<strong>die</strong>s Feldgeschrei ins Herz gepflanzt worden. Der Helfer und der Hilfsbedürftige<br />

— beide sind ausgerichtet auf ein« Wirklichkeit, deren Lraft sich auch da<br />

nicht erschöpft, wo all« menschlichen Äräft« zu Ende sind. „Hört ihr den Todes­


7»<br />

Woche des z 3. Sonnla gs nach Trinitatis<br />

schrei)" fragte Vater Bodclfchwingh wohl gelegentlich einmal im Gottes<strong>die</strong>nst,<br />

wenn einer der Äranken in seinen Lrämpfen zusammenbrach. Und er<br />

setzt« hinzu: „Ganz dicht vor den Toren der Ewigkeit". Hier ist Dienst der<br />

Barmherzigkeit gekennzeichnet als Dienst vor Gott und unter Gott. wird<br />

da nicht unser ganzes <strong>Das</strong>ein, alles, was wir sind nach Leib und Seele, alles,<br />

was wir sind als einzeln« und als Volk, ausgerichtet auf <strong>die</strong> ewige Gnade<br />

Gottes, auf <strong>die</strong> Auferstehung von den Toten) Fällt hier nicht auf jeden Lebensakt<br />

das Gewicht der ewigen Entscheidung) Unser Leben ein Übergang zur<br />

Heimat hinl w ie töricht das Wort, das von endgültiger, ewiger Unteilbarkeit<br />

spricht! wäre es nicht <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> Christi eine schwere Sünde,<br />

wenn sie <strong>die</strong> Arbeit der Lieb« messen würde nach dem Grade ihres berechenbaren<br />

Nutzens) wer sind wir denn, das wir berechnen wollen, was Himmel<br />

und Erde berührt) Lein Materialismus ist so roh wie der, der einen Gescheiterten<br />

nur nach seinem Scheitern, einen Lranken nur nach seinem Leib<br />

und einen Irren nur nach den Erscheinungen seines Bewußtseins mißt! w a s<br />

dann, wenn da, wo <strong>die</strong> Welt ihr „Erledigt" und „Unbrauchbar" spricht, gleichzeitig<br />

der Andere über der Welt, der alles in Seiner Hand hat, ein neues<br />

Werk beginnen will) w a s dann, wenn der Morgenstern in dem Dunkel eines<br />

verlorenen Lebens schon aufgeht, während es ringsumher Nacht ist) Ls gibt<br />

bei Gott kein „Unmöglich"!<br />

w ir haben den Befehl des Herrn vernommen:<br />

Handelt, bis daß Ich wiederkomme<br />

Lukas;g, j3<br />

und haben gehorcht.<br />

M o n t a g n a c h d e m ? 3. S o n n t a g n a c h T r i n i t a t i s<br />

z. Lieben Brüder, haltet nicht da<strong>für</strong>,<br />

daß der Glaube an I«sum Christ, unseren<br />

Herrn der Herrlichkeit, Ansehung<br />

der Person leide.<br />

r. Denn so in eure Versammlung käme<br />

ein Mann mit einem güldnen Ringe<br />

und mit einem herrlichen LIeide, es<br />

käme aber auch ein Armer in einem<br />

unsauberen Lleide,<br />

3. und ihr sähet auf den, der das<br />

herrliche Rleid träget und sprächet zu<br />

ihm: Setz« du dich her aufs best«! und<br />

sprächet zu dem Armen: Stehe du<br />

dort! oder: Setze dich her zu meinen<br />

Füßen!<br />

4. Ist's recht, daß ihr solchen Unterschied<br />

bei euch selbst macht und richtet<br />

nach argen Gedanken)<br />

K. Höret zu, meine lieben Brüder! Hat<br />

nicht Gott erwählet <strong>die</strong> Armen auf<br />

<strong>die</strong>ser Welt, <strong>die</strong> am Glauben reich sind<br />

und Erben des Reichs, welches Er<br />

verheißen hat denen, <strong>die</strong> ihn liebhaben)<br />

ö. Ihr aber habt den Armen Unchr«<br />

getan. Sind nicht <strong>die</strong> Reichen <strong>die</strong>, <strong>die</strong><br />

Gewalt an euch üben und ziehen euch<br />

vor Gericht)<br />

7. verlästern sie nicht den guten Namen,<br />

davon ihr genannt seid)


Woche des -s. Sonntags nach Trinitatis<br />

8. So ihr das königliche Gesetz er- q, so ihr aber <strong>die</strong> Person ansehet, tut<br />

füllet nach der Schrift: „Liebe deinen ihr Sünde und werdet überführt vom<br />

Nächsten als dich selbst", so tut ihr Gesetz als Übertreter,<br />

wohl;<br />

Iak. 2, )—g<br />

I a k o b u s ist d e r M a n n m i t d em unbestechlichen W a h r h e i t s e r n s t.<br />

E r w e iß w o h l , d a ß w i r a lle m i t d em b a rm h e rz ig e n S a m a r i t e r in n ig s t<br />

e in v e rsta n d e n s in d ; a b e r u m so m e h r sie h t er m it E r s ta u n e n , w a s<br />

a lle s a n U n b a rm h e rz ig k e it u n d » » b rü d e rlic h e r H a n d lu n g s w e is e in<br />

C h riste n g e m e in d e n u n d L h ris te n h ä u s e rn m ö g lic h ist. D a r u m e rin n e rt<br />

er d a r a n , d a ß d e r G la u b e a n I e s u s C h r is tu s solches A n seh en d e r<br />

P e r s o n n ic h t leid et, w o d ie A rm e n v e ra c h te t u n d <strong>die</strong> M ä c h tig e n<br />

h o fie rt w e rd e n , d a ist d e r G la u b e a n D e n , d e r S e lb e r <strong>die</strong> Liebe w a r ,<br />

v e rle u g n e t u n d v e r r a te n . I n d er G e m e in d e I e s u h a t d a s L ie b e sg e b o t,<br />

v o r d em jede U n te rsc h e id u n g - e r M ensch en h i n f ä l l t , k ö n igliche M a c h t<br />

u n d G e ltu n g .<br />

Die andere Lesung: z. Mose 45, j—>5<br />

D i e n s t a g n a c h d e in ) 3. S o n n t a g n a c h T r i n i t a t i s<br />

10. Denn so jemand das ganze Gesetz<br />

hält und sündiget an einem, der ist's<br />

ganz schuldig. "<br />

-z. Denn Der da gesagt hat: „Du<br />

sollst nicht ehebrechen", der hat auch<br />

gesagt: „Du sollst nicht töten". So<br />

du nun nicht «hebrichst, tötest aber,<br />

bist du ein Übertreter des Gesetzes,<br />

ir. Also redet und also tut, als <strong>die</strong><br />

da sollen durchs Gesetz der Freiheit<br />

gerichtet werden.<br />

?3. Es wird aber ein unbarmherzig<br />

Gericht über den gehen, der nicht<br />

Barmherzigkeit getan hat; und <strong>die</strong><br />

Barmherzigkeit rühmet sich wider das<br />

Gericht.<br />

S7g<br />

>4. w a s hilft's, lieben Brüder, so jemand<br />

sagt, er habe den Glauben, und<br />

hat doch <strong>die</strong> Werk« nicht? Lann auch<br />

der Glaube ihn selig machen?<br />

-s. So aber ein Bruder oder Schwester<br />

bloß wäre und Mangel hätt« der täglichen<br />

Nahrung,<br />

Ib. und jemand unter euch spräche zu<br />

ihnen: Gott berat« euch, wärmet euch<br />

und sättiget euch! gäbet ihnen aber<br />

nicht, was des Leibes Notdurft ist:<br />

was hülfe sie das?<br />

-7. Also auch der Glaub«, wenn er<br />

nicht Werk« hat, ist er tot an ihm<br />

selber.<br />

Jak. 2, zo—)7<br />

w i c h e r n , d er V a te r d e r I n n e r e n M is s io n , h a t u n sere L irc h e in ein er<br />

g ro ß e n S t u n d e d a r a u f h in g e w ie s e n , - a ß ih r <strong>die</strong> Liebe z u eig en g e ­<br />

h ö re n m u ß w ie d e r G la u b e , w i r h a b e n eine Z e it g e h a b t, in d e r<br />

m a n fa s t A n g s t h a tte v o r d e n g u te n W e rk e n , w e il sie u n s n o tw e n d ig<br />

stolz u n d selbstgerecht m ach en m ü ß te n . D iese S o r g e k en n t I a k o b u s<br />

n ic h t. D e r G l a u b e , der nicht W e rk e hat, ist eine tote


o<br />

Woche des j 3. Sonntags nach Trinitatis<br />

S a c h e . L s k o m m t n u r d a r a u f a n , d a ß es w irk lic h „ d e r G la u b e " ist.<br />

d er <strong>die</strong> W e rk e „ h a t " , d. h . e rz e u g t. Ü b rig e n s lä ß t au ch P a u l u s keinen<br />

a n d e rn G la u b e n g e lte n a l s d en , d e r d u rc h <strong>die</strong> Liebe t ä t i g ist ( G a l.<br />

s , ö). D ie M ä n n e r d e r B i b e l e rg ä n z e n sich m a n n ig f a c h ; es g ib t w o h l<br />

U ntersch ied e zw isch en ih n e n , a b e r keinen G e g e n sa tz .<br />

Die andere Lesung: Iesaias 38, 7—12<br />

M i t t w o c h n a c h d e m ) 3. S o n n t a g n a c h T r i n i t a t i s<br />

8. Und des Herrn Wort geschah zu<br />

Sacharja und sprach:<br />

g. Also sprach der Herr Zebaoth: Richtet<br />

recht, und ein jeglicher beweise an<br />

seinem Bruder Güte und Barmherzigkeit;<br />

;o. und tut nicht unrecht den W itwen,<br />

Waisen, Fremdlingen und Armen;<br />

und denk« keiner wider seinen<br />

Bruder etwas Arges in seinem Herzen!<br />

>1. Aber sie wollten nicht aufmerken<br />

und kehret«« mir den Rücken zu und<br />

verstockten ihr« Vhren, daß sie nicht<br />

hörcten<br />

und stelleten ihre Herzen wie einen<br />

Demant, daß sie nicht honten das Gesetz<br />

und <strong>die</strong> Wort«, welche der Herr<br />

Zebaoth sandte in Seinem Geiste durch<br />

<strong>die</strong> vorigen Propheten. Daher so großer<br />

Zorn vom Herrn Zebaoth konimen<br />

ist;<br />

13. und ist also ergangen: gleichwie<br />

gepredigt ward, und sie nicht höret««,<br />

so wollte Ich auch nicht hören, da sie<br />

riefen, spricht der Herr Zebaoth.<br />

-4. Also habe Ich sie zerstreuet unter<br />

alle Heiden, <strong>die</strong> sie nicht kannten, und<br />

ist das Land hinter ihnen Wüste blieben,<br />

daß niemand drinnen wandelt<br />

noch wohnet, und ist das edle Land<br />

zur Wüstung gemacht.<br />

Sach. 7, 8— , 4<br />

A u ch in d e r V o lk s g e m e in s c h a ft m u ß G ü t e u n d B a r m h e rz ig k e it im<br />

S c h w a n g e g e h e n , w e n n G o t t e s S e g e n b leib en so ll. D a s stre ite t n ich t<br />

gegen „das Recht" der W i t w e n und W a i s e n und auch<br />

der Fremdlinge, - je bei ih m z u G a s te w o h n e n , d a ß m a n b a r m ­<br />

h e rz ig g e g e n sie ist u n d ih n e n in ih r e r N o t h ilf t. I e d e U n b a rm h e rz ig -<br />

keit, m it d e r sich e in V o lk b elastet, b r i n g t ih m G o t t e s „ g r o ß e n Z o r n "<br />

e in . D a s w e rd e n <strong>die</strong> P r o p h e te n n ic h t m ü d e , u n s z u b ezeu g en . W o h l<br />

dem V o lk e , in d e m d er b a rm h e rz ig e S a m a r i t e r ü b e ra ll eine H e r ­<br />

b e rg e h a t u n d seine W e rk e t u n k a n n !<br />

Die ander« Lesung: r. Mose rr, ro—rd<br />

D o n n e r s t a g n a c h d e m ) 3. S o n n t a g n a c h T r i n i t a t i s<br />

3. Gnade sei mit euch und Friede von 4. Ich danke meinem Gott und ge-<br />

Gott, unserm Vater, und dem Herrn denke dein allezeit in meinem Geber,<br />

Iesu Christo!<br />

s. nachdem ich hör« von der Lieb« und


Woche des - 3. Son „tags nach Trinitatis<br />

dem Glauben, welche du hast an den<br />

Herrn Jesum und gegen alle Heiligen,<br />

d. daß der Glaube, den wir miteinander<br />

haben, in dir kräftig werde durch<br />

Erkenntnis alles des Guten, das ihr<br />

habt in Christo Jesu.<br />

7. Wir haben aber große 8rcude und<br />

Trost an deiner Liebe; denn <strong>die</strong> Herzen<br />

der Heiligen sind erquicket durch dich,<br />

lieber Bruder.<br />

s. Darum, wiewohl ich hab« große<br />

Freudigkeit in Christo, dir zu gebieten,<br />

was dir ziemet,<br />

g. so will ich doch um der Liebe willen<br />

nur vermahnen, der ich ein solcher bin,<br />

nämlich ein alter Paulus, nun aber<br />

auch ein Gebundener Jesu Christi,<br />

zo. So ermähne ich dich um meines<br />

Sohnes willen, Vnesimus, den ich gezeuget<br />

habe in meinen Banden,<br />

tf. welcher weiland dir unnütze, nun<br />

aber dir und mir wohl nütz« ist; den<br />

habe ich wiedergesandt.<br />

;r. Du aber wollest ihn, das ist mein<br />

eigen Herz, annehmen.<br />

?s. Denn ich wollte ihn bei mir behalten,<br />

daß er mir an deiner Statt<br />

<strong>die</strong>nt« in den Banden des Evangeliums<br />

;<br />

-4. aber ohne deinen willen wollte ich<br />

ds.l<br />

nichts tun, auf daß dein Gutes nicht<br />

wäre genötiget, sondern freiwillig.<br />

;s. vielleicht aber ist er darum eine<br />

Zeitlang von dir kommen, daß du ihn<br />

ewig wieder hättest,<br />

zb. nun nicht mehr als «inen Lnecht,<br />

sondern mehr denn einen Rnecht, einen<br />

lieben Bruder, sonderlich mir, wie viel<br />

mehr aber dir, beide, nach dem Fleisch<br />

und in dem Herrn.<br />

-7. So du nun mich hältst <strong>für</strong> deinen<br />

Gesellen, so wollest du ihn als mich<br />

selbst annehmen.<br />

zr. So er aber dir etwas Schaden<br />

getan hat oder schuldig ist, das rechne<br />

mir zu.<br />

;g. Ich, Paulus, habe es geschrieben<br />

mit meiner Hand: Ich will's bezahlen.<br />

Ich schweige, daß du dich selbst mir<br />

schuldig bist.<br />

ro. Ja, lieber Bruder, gönne mir, daß<br />

ich mich an dir ergötze in dem Herrn;<br />

erquick« mein Herz in dem Herrn,<br />

r;. Ich habe aus Zuversicht deines<br />

Gehorsams dir geschrieben; und ich<br />

weiß, du wirst mehr tun, Senn ich<br />

sage.<br />

rr. Daneben bereite mir <strong>die</strong> Herberge;<br />

denn ich hoff«, daß ich durch euer Gebet<br />

euch geschenket werde.<br />

philemon 3—rr<br />

D n e s im u s w a r ein H a u s s k la v e p h i l e m o n s , e in e s v o n P a u l u s bek<br />

eh rten C h riste n in L p h e s u s . E r w a r seinem H e r r n e n tla u fe n . G o t t<br />

h a tte es so g e f ü g t, d a ß er, v o n d e r rö m isch en P o liz e i fe stg e n o m m e n ,<br />

m it in <strong>die</strong> F e lle d e s A p o ste ls g e b ra c h t w u r d e . P a u l u s h a t sich d es<br />

ju n g e n M en sc h e n a n g e n o m m e n , ih n f ü r den H e r r n C h ris tu s g e ­<br />

w o n n e n u n d g e ta u f t. A ls n u n ip n e s im u s fre i g elassen w u r d e , h a t<br />

P a u l u s v o n ih m g e fo rd e rt, d a ß er sich sein em re c h tm ä ß ig e n H e r r n<br />

w ie d e r stelle; a b e r e r e r w a r te t auch v o n p h ile m o n , d a ß er seinen<br />

S k la v e n , d e r ih m w e ila n d u n n ü tz w a r , a l s ein en B r u d e r in C h ris tu s<br />

a u f n im m t, g e ra d e so, w ie er den P a u l u s selbst a u fn e h m e n w ü rd e .<br />

A uch in u n se re n H ä u s e r n g ib t es v ie l U n b a rm h e rz ig k e it u n d H ä r te .<br />

A b e r w o J e s u s C h r is tu s d e r H e r r g e w o rd e n ist, d a z ie h t <strong>die</strong> B a r m -


örr<br />

Woche des ,3 . Sonntags nach Trinitatis<br />

Herzigkeit und G ü t e ein und gestaltet alles neu, — auch<br />

d a s V e r h ä ltn is z w isch en H e rrs c h a ft u n d G e sin d e .<br />

Die ander« Lesung: r. Samuelis g, , —>3<br />

F r e i t a g n a c h d e m 13. S o n n t a g n a c h T r i n i t a t i s<br />

3). Da er aber hinausgegangen war,<br />

spricht Iesus: Nun ist des Menschen<br />

Sohn verkläret, und Gott ist verkläret<br />

in Ihm.<br />

sr. Ist Gott verkläret in Ihm, so<br />

wird Ihn Gott auch verklären in Ihm<br />

selbst und wird Ihn bald verklären.<br />

3 8. Lieben Rindlein, Ich bin noch eine<br />

kleine weile bei euch. Ihr werdet Mich<br />

suchen; und wie Ich zu den Iuden<br />

sagte: „w o Ich hin geh«, da könnt<br />

ihr nicht hin kommen", sag« Ich jetzt<br />

auch euch.<br />

34. Ein neu Gebot gebe Ich euch,<br />

daß ihr euch untereinander liebet, wie<br />

Ich euch geliebet habe, auf daß auch<br />

ihr einander liebhabet.<br />

33. Dabei wird jedermann erkennen,<br />

daß ihr Mein« Jünger seid, so ihr<br />

Liebe untereinander habt.<br />

Ioh. , 3, 3 , - 3 3<br />

A ls I u d a s a u s g e s to ß e n ist a u s d e r I ü n g e r s c h a f t u n d „ in <strong>die</strong> N a c h t"<br />

h in a u s g e h t, d a le g t sich d ie K la r h e it G o t t e s ü b e r d ie kleine S c h a r ,<br />

<strong>die</strong> in d e m g e p fla s te rte n S a a l d a s A b sc h ie d sm a h l m it I e s u s fe ie rt.<br />

U n d d ie K la r h e it G o t t e s ist la u te r L iebe u n d F ried e u n d F re u d e im<br />

H e ilig e n G e is t. S i e ist n ic h t b lo ß S t i m m u n g o d e r e in s c h w ä rm e risc h e s<br />

G e f ü h l, so n d e rn sie sc h a fft eine neue «Ordnung, eine neue L ieb esv<br />

e rp flic h tu n g , — ein G e b o t, d a s d e s h a lb n e u ist, w e il es q u e lle n d e s<br />

Leben u n d g o ttg e g e b rn e W irk lic h k e it ist. D ie J ü n g e r sin d n u n in<br />

J e s u Liebe a n e in a n d e r g e b u n d e n . E i n e r d ie n t d em a n d e r n ; e in e r v e r ­<br />

g ib t d em a n d e r n . — w i r w o lle n es d e r W e l t n ic h t v e ra rg e n , b a ß<br />

sie u n s n ic h t a l s I e s u G e m e in d e a n e rk e n n t, w e n n sie solche J e s u s ­<br />

liebe bei u n s n u r so beschäm end selten u n d in so k ü m m erlich em M a ß e<br />

fin d e t.<br />

Die andere Lesung: Lolosser 3, —,7<br />

S o n n a b e n d n a c h d e m 1 3. S o n n t a g n a c h T r i n i t a t i s<br />

;r. Denn Ich weiß euer Übertreten,<br />

des viel ist, und eure Sünden, <strong>die</strong><br />

stark sind, wie ihr <strong>die</strong> Gerechten dränget<br />

und Blutgeld nehmet und <strong>die</strong> Armen<br />

im Tor unterdrückt.<br />

-3. Darum muß der Llug« zur selbigen<br />

Zeit schweigen; denn es ist ein«<br />

böse Zeit.<br />

,4. Suchet das Gut« und nicht das<br />

Böse, auf daß ihr leben mögt, so wird<br />

der Herr, der Gott Zebaoth, bei euch<br />

sein, wie ihr rühmet.


Woche des - s. Sonntags nach Trinitatis<br />

tzrs<br />

zs. Hasset das Böse und liebet das<br />

Gute; bestellet das Recht im Tor, so<br />

wird der Herr, der Gott Zebaoth, den<br />

übrigen in Joseph gnädig sein.<br />

rz. Ich bin euren Feiertagen gram<br />

und verachte sie und mag eure Versammlungen<br />

nicht riechen.<br />

22. Und ob ihr Mir gleich Brandopfer<br />

und Speisopfer opfert, so hab Ich<br />

keinen Gefallen dran; so mag Ich auch<br />

eure feisten Dankopfer nicht ansehen.<br />

2 3. Tue nur weg von Mir das Geplärr<br />

deiner Lieder; denn Ich mag dein<br />

Psalterspiel nicht hören!<br />

24. Ls soll aber das Recht offenbart<br />

werden wie Wasser und <strong>die</strong> Gerechtigkeit<br />

wie «in starker Strom.<br />

Am. s, ;r— 2f— 24<br />

I m V o lk e d es A lte n B u n d e s g a b e s ein en g lä n z e n d a u s g e s ta lte te n<br />

g o tte sd ie n stlic h e n B e tr ie b . D a fe h lte keiner v o n d en g ro ß e n Feierta<br />

g e n ; d a g a b es S p e i s o p f e r u n d B r a n d o p f e r in F ü lle , P sa lte rs p ie le<br />

u n d h e ilig e L ieder. A b e r im L a n d e h errsch ten G e w a l t t a t u n d U n te r ­<br />

d rü ck u n g . D a r ü b e r e n tb re n n t d e r Z o r n G o t t e s . G o tte sd ien stliches<br />

G e p r ä n g e , u n d m a g es noch so reich u n d w ü r d i g sein,<br />

i s t v o r G o t t kein Ersatz <strong>für</strong> rechtsch affen e G e re c h tig k e it u n d<br />

Liebe. G o t t ist ih m g r a m , E r m a g 's n ic h t riechen, h ö re n , sehen.<br />

D e n n so ist e s ja n u r d a s schein h eilig e G e w a n d , u n te r d em eine e n t­<br />

a rte te G e m e in d e ih re tä g lic h g e ü b te B o s h e i t m e in t v o r G o t t v e r ­<br />

decken zu k ö n n e n . D a s w i r - ih r a b e r n ic h t g e lin g e n . „ E i n re in e r u n d<br />

unbefleckter G o tte s d ie n s t v o r G o t t d em V a te r ist d e r : <strong>die</strong> W a is e n<br />

u n d W i t w e n in ih r e r T r ü b s a l besuchen u n d sich v o n d e r W e l t u n ­<br />

befleckt e r h a lte n " ( I a k . ) , 27). D ie se m Z iele d ie n t a lle g o tte sd ie n stlic h e<br />

V e rk ü n d ig u n g in W o r t , L ied, G e b e t, w ie a lle r S c h m u c k d er G o t t e s ­<br />

h ä u se r H e rz e n u n d S i n n e a u f G o t t w e ise n w i l l .<br />

Die ander« Lesung: Matthäus 10, 40—42


S4<br />

Woche des -4. Sonntags nach Trinitatis<br />

Vierzehnter Sonntag nach Trinitatis<br />

L o b e d e n H e r r n , m e in e S e e l e , u n d v e r g i ß n ic h t , w a s E r d ir<br />

G u t e s g e t a n h a t .<br />

Psalm ioö, r<br />

D as Evangelium<br />

Und es begab sich, da Er reiset«<br />

n Jerusalem, zog Er mitten durch<br />

amaricn und Galiläa.<br />

ir. Und als Er in einen Markt kam,<br />

begegneten Ihm zehn aussätzige Männer,<br />

<strong>die</strong> stunden von ferne<br />

13. und erhuben ihr« Stimme und<br />

sprachen: Jesu, lieber Meister, erbarme<br />

Dich unser!<br />

-4. Und da Er sie sah, sprach Er zu<br />

ihnen: Gehet hin und zeiget euch den<br />

Priestern! Und es geschah, da sie hingingen,<br />

wurden sie rein.<br />

-s. Einer aber unter ihnen, da er sah,<br />

daß er gesund worden war, kehrte er<br />

um und pries Gott mit lauter<br />

Stimm«<br />

Itz. und fiel auf sein Angesicht zu Seinen<br />

Füßen und dankt« Ihm. Und das<br />

war ein Samariter.<br />

17. Jesus aber antwortete und sprach:<br />

Sind ihrer nicht zehn rein worden?<br />

w o aber sind <strong>die</strong> neun«?<br />

;r. Hat sich sonst keiner gefunden, der<br />

wieder umkehrte und gäbe Gott <strong>die</strong><br />

Ehre, denn <strong>die</strong>ser Frem dling?<br />

z g. Und Er sprach zu ihm: Stehe auf,<br />

gehe hin; dein Glaube hat dir geholfen!<br />

Luk. ?7, ,S<br />

I e s u s ist a u f d e r R eise n ach J e r u s a le m . „ S e i n e S t u n d e " ist g ekom ­<br />

m e n ; E r g e h t d e m L r c u z e n tg e g e n . D e s h a lb z ie h t E r g e ra d e s w e g s<br />

d u rch <strong>die</strong> P r o v in z e n G a l i l ä a u n d S a m a r i a , <strong>die</strong> in d er R e g e l v o n<br />

a lle n I e r u s a le m p ilg e r n g em ied en w u r d e n . D e n n d ie J u d e n h a tte n<br />

keine G e m e in s c h a ft m it d en S a m a r i t e r n .<br />

U n te r w e g s a b e r w i r d E r in einem M a rk tfleck en d u rc h zehn a u s ­<br />

sätzige M ä n n e r a u f g e h a lte n . S i e k o m m en I h m n ic h t n a h e . D a s ist<br />

ih n e n v e rb o te n . A b e r sie ru fe n I h n v o n fern e a n . D a b e i n e n n e n sie<br />

I h n : „ E p is ta ta " , d . i. „ H e r r u n d G e b ie te r " . S o redete m a n d a m a ls<br />

n u r R ö n tg e u n d h o ch g estellte P e rs o n e n a n . w a s sie w o lle n , ist leicht<br />

g e s a g t. S i e schreien a lle z e h n : „ H a b ' E r b a r m e n m it u n s , I e s u s , D u<br />

H e r r u n d G e b ie te r ! "<br />

M e h r b ra u c h e n sie g a r n ic h t zu sag e n , w e r sie v o n fern e sieh t,<br />

w e iß , w ie v ie l N o t u n d E le n d d ieses R u f e n u n d S c h re ie n in sich<br />

b ir g t. D e r A u ssa tz ist eine ansteckende H a u tk ra n k h e it, h äß lich u n d ekele<br />

rreg en d w ie fa st a lle H a u tk ra n k h e ite n , w e r d a v o n b e fa lle n w a r ,<br />

g a lt d a m a ls a ls „ u n r e in " . E r d u r f te m it n ie m a n d e m a ls m it sein es-


-4- Sonntag nach Trinitatis 645<br />

gleichen verkehren. Äam ein Gesunder in seine Nähe, mußte er durch<br />

den Ruf: Unrein! vor sich selber warnen.<br />

Ls ist einem gesunden Menschen nicht zu verdenken, daß er solchen<br />

oder ähnlichen Kranken aus dem Wege geht. Aber bei manchen sind<br />

<strong>die</strong> Angst vor der Ansteckung und der Ekel vor ansteckenden Krankheiten<br />

so stark, daß das Mitgefühl mit den Erkrankten gar nicht zu<br />

W orte kommt. Darunter leiden solche unglücklichen Menschen sehr.<br />

Sie sind aus der Gemeinschaft -er „Reinen" ausgestoßen, fühlen<br />

sich deshalb als Menschen zweiter Ordnung. Ist schon ihr körperliches<br />

Leiden schwer zu tragen, wieviel mehr <strong>die</strong>s seelische! Denn<br />

wenn's mit der Krankheit lange hingeht, so leiden schließlich auch<br />

Gemüt und Gewissen. Einige werden davon trübsinnig, andere bösartig.<br />

S o hängt in unserem Leben das Äußere und das Innere, das<br />

Körperliche mit dem Seelischen zusammen. Selbst unser Gewissen<br />

ist nicht frei von unseren körperlichen Zuständen, viel Reizbarkeit<br />

und Bedrücktheit, Schuldgefühl und Ärger hat im Körperlichen seine<br />

Ursache.<br />

Hieran kannst du sehen, daß man unter Sünde nicht bloß <strong>die</strong> absichtlich<br />

böse Tat eines Menschen verstehen darf. Der Teufel hat<br />

Macht nicht nur über unseren Geist und unseren w illen, sondern auch<br />

über unseren Leib. Sieh' doch, wie es in der Wirklichkeit des Lebens<br />

zugeht! Bleiben w ir bei dem Beispiel der ansteckenden Krankheit,<br />

plötzlich bricht sie aus. Keiner kann etwas da<strong>für</strong>. Sie überträgt sich,<br />

ohne daß man weiß, wie. Aber schon ist mit dem Übel zugleich das<br />

Böse da. Denn nun heißt's: w e r ist schuld, daß so etwas kommen<br />

kann? Ls mag noch gehen, wenn <strong>die</strong> Krankheit bald vorübergeht,<br />

w ie aber, wenn sie unheilbar ist wie meistens der Aussatz? — w ie<br />

bei den Krankheiten, so ist es in allen andern Fällen, denen <strong>die</strong><br />

Menschen ein schweres Unheil trifft. Man sagt zwar zu dir: Du<br />

mußt es bloß als Unglück nehmen, dir und andern keine Vorwürfe<br />

machen, dich nicht grämen und ärgern usw. — Ia , versuch' das<br />

einmal! Du wirst bald merken, wie der Teufel das Übel und das<br />

Böse immer durcheinander rührt.<br />

Iesus hat das gewußt. Darum war E r nicht bloß ein Arzt der Seele,<br />

sondern auch des Leibes. Ls hat nicht vieler W orte bedurft, Ihm<br />

<strong>die</strong> Not <strong>die</strong>ser Aussätzigen klarzumachen. E r sah sie nur an und<br />

sagte dann: „Geht hin und zeigt euch den Priestern!" Die Kranken<br />

taten das, „und während sie hingingen, wurden sie rein".


tzrb<br />

Woche des -4. Sonntags nach Trinitatis<br />

w eshalb hat Iesus <strong>die</strong>se Männer erst zu den Priestern geschickt) —<br />

w e il es bei <strong>die</strong>ser Rrankheit nicht allein auf ihre Heilung, sondern<br />

auch auf ihre Rückkehr in <strong>die</strong> menschliche Gemeinschaft ankam. Denn<br />

so lautet das Gesetz des Moses <strong>für</strong> <strong>die</strong> Aussatzkranken: „Ist ein<br />

Aussätziger gesund geworden, so soll er zum Priester kommen. Der<br />

soll ihn untersuchen, und wenn er findet, daß der Aussatz gewichen<br />

ist, das Reinigungsopfer anordnen. Danach soll der Gereinigte seine<br />

«leider waschen und alle seine Haare abschneiden und sich im Wasser<br />

baden. S o ist er rein. Danach gehe er ins Lager. Doch soll er außer<br />

seiner Hütte sieben Tage bleiben" (3. Mose ,4, ?—«)- Ein sehr vernünftiges<br />

Gesetz!<br />

von den Geheilten kommt nur einer mit Lobpreis <strong>für</strong> Gott auf den<br />

Lippen zu Iesus zurück. E r wirft sich vor Ihm nieder und dankt<br />

Ihm . „Und das war ein Samariter", heißt es hier wie im Gleichnis,<br />

w o sind <strong>die</strong> neun andern geblieben) — <strong>Das</strong> kann man sich leicht<br />

ausmalen. Sie hatten Eile, ihren Freunden und verwandten <strong>die</strong> frohe<br />

Runde ihrer Genesung zu bringen. Sie mußten ihre Geschäfte wieder<br />

aufnehmen, ihre Frauen und Linder wiedersehen und wer weiß was<br />

sonst noch alles besorgen und tun. Sie vergaßen Iesus dabei nicht.<br />


-4- Sonntag nach Trinitatis b«7<br />

und <strong>für</strong> <strong>die</strong> ohne Glauben macht es nicht soviel aus, woran sie<br />

gerade leiden. Sie werden immer unzufrieden sein. Also hat auch<br />

der Teufel bei ihnen immer wieder freies Held.<br />

Die Epistel<br />

-b. Ich sage aber: wandelt im (Seist,<br />

so werdet ihr <strong>die</strong> Lüste des Fleisches<br />

nicht vollbringen.<br />

-7. Denn das Fleisch gelüstet wider<br />

den Geist, und den Geist wider das<br />

Fleisch; <strong>die</strong>selbigen sind widereinander,<br />

daß ihr nicht tut, was ihr wollet,<br />

zr. Regieret euch aber der Geist, so<br />

seid ihr nicht unter dem Gesetze.<br />

(Offenbar sind aber <strong>die</strong> Werke des<br />

Fleisches, als da sind: Ehebruch, Hurerei,<br />

Unreinigkeit, Unzucht,<br />

ro. Abgötterei, Zauberei, Feindschaft,<br />

Hader, Neid, Zorn, Zank, Zwietracht,<br />

Rotten, Haß» Mord,<br />

rz. Saufen, Fressen und dergleichen,<br />

von welchen ich euch habe zuvor gesagt<br />

und sage noch zuvor, daß, <strong>die</strong><br />

solches tun, werden das Reich Gottes<br />

nicht erben.<br />

rr. Die Frucht aber des Geistes ist<br />

Lieb«, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit,<br />

Gütigkeit, Glaub«, Sanftmut,<br />

Keuschheit.<br />

rs. Wider solch« ist das Gesetz nicht.<br />

!4. Welche aber Christo angehören,<br />

<strong>die</strong> kreuzigen ihr Fleisch samt den<br />

Lüsten und Begierden<br />

Ġal. s, zb—r4<br />

Manchmal wird über eine Sache soviel geredet, daß <strong>die</strong> einfachen<br />

Leute nicht recht wissen, was eigentlich gemeint ist. S o wird auch<br />

manchmal von der Heiligung viel zu viel und mit zu tönenden<br />

W orten geredet. Man muß den Menschen sagen, wie sie vor sich<br />

geht. w ie denn?<br />

Der Apostel sagt: „ Ih r müßt im Geiste wandeln, dann bringt ihr<br />

nicht fertig, was das Fleisch will. <strong>Das</strong> Fleisch strebt gegen den Geist<br />

und der Geist gegen das Fleisch, denn <strong>die</strong> beiden sind widereinander,<br />

damit ihr nicht tun könnt, was ihr wollt". <strong>Das</strong> ist sehr einfach zu<br />

erklären. Angenommen, du bist in einer Gesellschaft, in der zweideutige<br />

Witze gemacht werden. Du könntest wohl auch mitreden und<br />

möchtest gerne mitlachen. Aber du kannst es nicht. Denn du fühlst<br />

das Auge des Herrn auf dir. Der sagt: „Auswendig rein, inwendig<br />

Raub und Gier!" Oder du siehst, daß irgendwo Unzufriedenheit<br />

herrscht, bist selbst mitbetroffen und fühlst dich versucht, sie zu<br />

schüren, w en n du es tätest, nichts wäre natürlicher! Aber du tust<br />

es nicht. Denn du weißt, daß es zu nichts Gutem führt. Der Herr<br />

hat gesagt: „Selig sind <strong>die</strong> Friedfertigen (besser noch: <strong>die</strong> Friedensstifter);<br />

denn <strong>die</strong> sollen das Erdreich besitzen". S o in jallen andern<br />

Fällen!<br />

L s kommt also nur darauf an, daß Iesu W ort und Geist dir nahe


wochc des ; 4. Sonntags nach Trinitatis<br />

sind. Darum sagt der Apostel: wandelt im Geistl <strong>Das</strong> heißt: Lebt<br />

unter Seinem W ort! <strong>Das</strong> andere geschieht dann von selbst. Sind<br />

Christi W ort und Geist bei dir, dann kannst du einfach nicht alles<br />

tun, was du willst. E r stellt sich vor dich und vor das, was dir zuerst<br />

in den Kopf kommt. Darüber bist du anfangs ärgerlich, hernach<br />

aber froh. Denn aufs Ganze gesehen, kommt bei dem, was der Geist<br />

will, <strong>für</strong> dich immer das beste heraus, w a s dagegen deinem Arische<br />

erst so sehr gefällt, ist auf <strong>die</strong> Dauer <strong>für</strong> dich nicht nur schädlich, sondern<br />

tödlich. Denn das sind „<strong>die</strong> Werke des Arisches". — „Hurerei,<br />

ein unreines Herz, Luxus, Götzen<strong>die</strong>nst, Gifte, Feindschaften, Streit,<br />

Zank, Zorn, Eifersüchteleien, Klüngel, parteiungen, Intrigen, S a u ­<br />

fen, Fressen und dergleichen". <strong>Das</strong> verträgt sich mit dem Reiche und<br />

Geiste Gottes nicht. Eins von beiden muß da weichen, w a s sind<br />

dagegen <strong>die</strong> Früchte des Geistes Gottes) — „Liebe, Freude, Friede,<br />

Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit, Glaube, Sanftm ut, Enthaltsamkeit".<br />

Du kannst ebenso gut Öl mit Wasser mischen wie <strong>die</strong> Werke<br />

des Fleisches mit denen des Geistes.<br />

D a s L ie d d e r W o c h e<br />

Nun danket all und bringet Ehr<br />

Paul Gerhard als Dichter und sein Mitarbeiter an der S t. Nicolai-<br />

Rirche in Berlin, der Kantor Iohann Lrüger, vereinigten sich zur<br />

Schöpfung <strong>die</strong>ses Liedes und seiner Melo<strong>die</strong>. E s ist eine ausweitende<br />

Dichtung zu dem Bibelwort: Iesus Sirach so, 24—rb (ähnlich wir<br />

das Tischlied „Nun danket alle Gott"). Der Blick der singenden<br />

<strong>Gemeinde</strong> Jesu Christi umspannt in Lob und Dank, Gebet und Fürbitte<br />

Kirche und Volk. Die helle frohe Melo<strong>die</strong> lädt geradezu zum<br />

Singen ein.<br />

D a s G e b e t d e r W o c h e<br />

A l l m ä c h t i g e r H e r r G o t t , h im m lis c h e r V a t e r , v o n d e m w i r o h n e<br />

U n t e r l a ß a lle r le i G u t e s e m p f a n g e n u n d d u r c h D e n w i r v o r<br />

a ll e m Ü b e l g n ä d i g l ic h b e h ü t e t w e r d e n ; w i r b i t t e n D i c h , la ß u n s<br />

s o lc h e s a l l e s d u r c h D e i n e n G e i s t m i t g a n z e m H e r z e n i n r e c h te m<br />

G l a u b e n e r k e n n e n , a u f d a ß w i r D e i n e r m i ld e n G ü t e u n d B a r m ­<br />

h e r z ig k e it h ie r u n d d o r t e w i g l i c h d a n k e n u n d D ic h l o b e n , d u r c h<br />

D e i n e n lie b e n S o h n , I e s u m C h r is t u m , u n s e r n H e r r n . A m e n .


Woche des -4. Sonntags nach Trinicatis<br />

M o n t a g n a c h d e m - 4 . S o n n t a g n a c h T r i n i t a t i s<br />

40. Und es kam zu Ihm ein Aussätziger,<br />

der bat Ihn, kniete vor Ihm<br />

und sprach zu Ihm: willst Du, so<br />

kannst Du mich wohl reinigen.<br />

4;. Und es jammert« Jesum, und reckte<br />

<strong>die</strong> Hand aus, rührte ihn an und<br />

sprach: Ich will's tun, sei gereiniget!<br />

4r. Und als Er so sprach, ging der<br />

Aussatz alsbald von ihm, und er ward<br />

rein.<br />

43. Und Jesus bedräuete ihn und trieb<br />

ihn alsbald von Sich<br />

44. und sprach zu ihm: Sieh« zu, daß<br />

du niemand nichts sagest; sondern gehe<br />

hin und zeig« dich dem Priester und<br />

opfere <strong>für</strong> deine Reinigung, was Mose<br />

geboten hat, zum Zeugnis über sie.<br />

4s. Er aber, da er hinauskam, hub er<br />

an und sagte viel davon und macht«<br />

<strong>die</strong> Geschichte ruchbar, also daß Er<br />

hinfort nicht mehr konnt« öffentlich in<br />

<strong>die</strong> Stadt gehen; sondern Lr war draußen<br />

in den wüsten «Örtern, und sie kamen<br />

zu Ihm von allen Enden.<br />

Mark. -, 40— 45<br />

w e s das Herz voll ist, -es geht der Mund über. Der Aussätzige hat<br />

das mächtige Erbarmen Iesu erlebt. Nun kann er nicht anders, als<br />

Jesu Heilandsherrlichkeit in aller W elt ausbreiten, obwohl es ihm<br />

der Herr ausdrücklich verboten hat. w ollen wir ihn darum tadeln? —<br />

Iesus hat wohl gewußt, warum L r ihm so streng gebot: „Sage es<br />

niemand!" Iesus lehnt jede Zurschaustellung des Wunders ab; E r<br />

will nicht als „Wundertäter" gelten, sondern <strong>die</strong> Wunder sind Zeugnisse<br />

-er Herrschaft Gottes, w e r Iesus als seinen Heiland und E r­<br />

retter, als den Zeugen der Gottesherrschaft erkannt hat, der muß<br />

danken. Und <strong>die</strong> andern bleiben immer unzufriedene Leute, auch wenn<br />

es in ihrem Leben noch soviel zu danken gäbe. Nur wer das Ziel der<br />

Taten Gottes erkennt und glaubt, versteht <strong>die</strong> Wunder Iesu.<br />

Die andere Lesung: Psalm ;o7, l—Zr<br />

D i e n s t a g n a c h d e m ) 4 . S o n n t a g n a c h T r i n i t a t i s<br />

-4. w ir ermähnen aber euch, lieben<br />

Bruder, vermahnet <strong>die</strong> Ungezognen,<br />

tröstet <strong>die</strong> Lleinmütigen, traget <strong>die</strong><br />

Schwachen, seid geduldig gegen jedermann.<br />

?s. Sehet zu, daß keiner Böses mit<br />

Bösem jemand vergelte; sondern allezeit<br />

jaget dem Guten nach, beide, untereinander<br />

und gegen jedermann,<br />

fö. Seid allezeit fröhlich,<br />

-7. betet ohn« Unterlaß,<br />

seid dankbar in allen Dingen; denn<br />

das ist der will« Gottes in Christo<br />

Iesu an euch.<br />

zg. Den Geist dämpfet nicht,<br />

ro. <strong>die</strong> Weissagung verachtet nicht;<br />

r;. prüfet aber alles, und das Gute<br />

behaltet.<br />

rr. Meidet allen bösen Schein.<br />

rs. Lr aber, der Gott des 8ned«ns,<br />

heilige euch durch und durch, und euer<br />

Geist ganz samt Seele und Leib müsse


go<br />

Woche des -4. Sonntags nach Trinitatis<br />

bewahret werden unsträflich auf <strong>die</strong> 44. Getreu ist Er, der euch rufet;<br />

Zukunft unseres Herrn Iesu Lhrifti. Er wird'» auch tun.<br />

Thess. S, !4—r4<br />

Hier mögen wir lernen, was es um eine rechte <strong>Gemeinde</strong> ist: wie<br />

sie Zusammenhalt und eins mit dem andern in der Liebe verbunden<br />

ist und alles sich gegenseitig in der Heiligung fördert, straft, mahnt,<br />

weiterbringt. Und in der Mitte steht das herrliche W ort: „Seid<br />

allezeit fröhlich! Betet ohne Unterlaß! Seid dankbar in allen Dingen!"<br />

— Ein gelegentliches Gefühl des Dankes und der Freude bringt<br />

auch <strong>die</strong> W elt fertig. Aber Dank und Freude als beherrschenden<br />

Grundklang eines ganzen Lebens, als Rraft zu allem Guten<br />

— das gibt G ott nur denen, <strong>die</strong> L r durch Seine Gnade erneuert<br />

und zu Seinem herrlichen Reiche berufen hat. „Dennoch bleibst Du<br />

auch im Leide, Iesu, meine Freude". S o singt <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> in E w igkeit.<br />

Die ander« Lesung: r. Lorinther g, b—-s<br />

M i t t w o c h n a c h d e m - 4 . S o n n t a g n a c h T r i n i t a t i s<br />

j5. Und da Nathan nach allen <strong>die</strong>sen<br />

Worten und Gesicht mit David redete,<br />

-b. kam der Lönig David und blieb<br />

vor dem Herrn und sprach: wer bin<br />

ich, Herr Gott, und was ist mein<br />

Haus, daß Du mich bis hiehec gebracht<br />

hast)<br />

?7. Und das hat Dich noch zu wenig<br />

gedeucht, Gott, sondern hast über<br />

das Haus Deines Lnechts noch von<br />

fernem Zukünftigen geredet; und Du<br />

hast mich angesehen nach Menschenweise,<br />

der Du in der Höhe Gott der<br />

Herr bist.<br />

w a s soll David mehr sagen zu<br />

Dir, daß Du Deinen Lnecht herrlich<br />

machest) Du erkennest Deinen Lnecht.<br />

;g. Herr, um Deines Unechtes willen,<br />

nach Deinem Herzen hast Du all solch<br />

große Dinge getan, daß Du kundtätest<br />

alle Herrlichkeit.<br />

ro. Herr, es ist Deinesgleichen nicht,<br />

und ist kein Gott denn Du, nach allem,<br />

das wir mit unsern Ohren gehöret<br />

haben.<br />

rz. Und wo ist ein Volk auf Erden<br />

wie Dein Volk Israel, um welches<br />

willen Gott hingegangen ist, Ihm ein<br />

Volk zu erlösen und Ihm selbst einen<br />

Namen zu machen von großen und<br />

schrecklichen Dingen, Heiden auszustoßcn<br />

vor Deinem Volk her, das Du<br />

aus Ägypten erlöset hast)<br />

rr. Und hast Dir Dein Volk Israel<br />

zum Volk gemacht ewiglich; und Du,<br />

Herr, bist ihr Gott worden.<br />

2 3. Nun, Herr, das Wort, das Du<br />

geredet hast über Deinen Unecht und<br />

über sein Haus, werde wahr ewiglich,<br />

und tue, wie Du geredet hast.<br />

24. Und Dein Name werde wahr und<br />

groß ewiglich, daß man sag«: Der<br />

Herr Zebaoth, der Gott Israels, ist<br />

Gott in Israel, und das Haus Deines<br />

Lnechts David ist beständig vor Dir.<br />

rs. Denn Du, mein Gott, hast das<br />

Ohr Deines Lnechts geöffnet, daß Du<br />

ihm ei» Haus bauen willst; darum<br />

hat Dein Lischt Mut gefunden, daß<br />

er vor Dir betet.


Woche des -4. Sonntags nach Trinitatis<br />

rS. Nun, Herr, Du bist Gott und hast Deines Lnechts, daß es ewiglich sei<br />

solch Gutes Deinem Lnecht geredet. vor Dir; denn was Du, Herr, segnest,<br />

27. Nun heb« an, zu segnen das Haus das ist gesegnet ewiglich.<br />

,. Lhron. ,7, ,s -2 7<br />

David blieb vor dem Herrn. <strong>Das</strong> ist das Gegenteil von dem, was<br />

w ir so oft tun, wenn Gott uns besonders gesegnet hat. Gerade dann<br />

zieht es uns weg von Gott, und w ir nehmen das alles an, als<br />

müßte es so sein, als hätten w ir es so ver<strong>die</strong>nt, w i r bedenken nicht,<br />

wer w ir sind, daß Gott uns solchen Segens würdigt. Daß w ir ihn<br />

durchaus nicht ver<strong>die</strong>nt haben, das ist uns ärgerlich, w i r wollen<br />

gern unserer Tüchtigkeit zuschreiben, was in Wirklichkeit aus Gottes<br />

unfaßlicher Barmherzigkeit beruht, w a s Gott David verheißen hat,<br />

das ist <strong>für</strong> <strong>die</strong>sen beschämend groß. Nicht der Äönig wird in <strong>die</strong>ser<br />

Verheißung durch Gott verherrlicht, sondern Gott verherrlicht<br />

Sich Selbst an dem Äönig, der es gar nicht wert ist, was Gott<br />

an ihm, seinen Nachkommen und seinem Volke tun will. Daß Gott<br />

Sich an den Unwürdigen verherrlicht, ist von jeher der Ärger aller<br />

jüdischen und außerjüdischen Pharisäer gewesen.<br />

Man verstehe hier unter Israel nicht, was <strong>die</strong> Iudcn, <strong>die</strong> Christus<br />

kreuzigten, darunter verstehen: <strong>die</strong> Iudcn als Rasse. Die Bibel versteht<br />

unter dem neuen Israel seit Pfingsten das Volk Gottes aus<br />

aller W elt Zungen. Dies Volk soll ein Haus haben, das ewig<br />

dauert. Daß <strong>die</strong>se Verheißung wahr gemacht ist, beweist Iesus. Daß<br />

sie wahr werde auch <strong>für</strong> uns, darum beten wir.<br />

Die ander« Lesung: 1. Thessalonicher r, zs—ro<br />

D o n n e r s t a g n a c h d e m - 4 - S o n n t a g n a c h T r i n i t a t i s<br />

r. w ir danken Gott allezeit <strong>für</strong> euch<br />

alle und gedenken euer in unserem Gebet<br />

obn« Unterlaß<br />

s. und denken an euer Werk im Glauben<br />

und an eure Arbeit in der Liebe<br />

und an eure Geduld in der Hoffnung,<br />

welche ist unser Herr Jesus Christus,<br />

vor Gott und unserem Vater.<br />

4. Denn, lieben Bruder, von Gott geliebet,<br />

wir wissen, wie ihr auserwählet<br />

seid,<br />

s. daß unser Evangelium ist bei euch<br />

gewesen nicht allein im Wort, sondern<br />

auch in der Lraft und in dem Heiligen<br />

dS?<br />

Geist und in großer Gewißheit; wie<br />

ihr denn wisset, welcherlei wir gewesen<br />

sind unter euch um euretwillen;<br />

d. und ihr seid unsre Nachfolger worden<br />

und des Herrn und habt das<br />

Wort aufgenommen unter vielen<br />

Trübsalen mit Freuden im Heiligen<br />

Geist,<br />

7. also daß ihr worden seid «in Vorbild<br />

allen Gläubigen in Mazedonien<br />

und Achaja.<br />

r. Denn von euch ist auserschollen das<br />

Wort des Herrn; nicht allein in Mazedonien<br />

und Achaja, sondern an allen


Sgr<br />

Woche des ; 4. Sonntags nach Trinitatis<br />

Orten ist auch euer Glaube an Gott<br />

auskommen, also daß uns nicht not<br />

ist, etwas zu sagen,<br />

g. Denn sie selbst verkündigen von<br />

euch, was <strong>für</strong> «inen Eingang wir zu<br />

euch gehabt haben und wie ihr bekehret<br />

seid zu Gott von den Abgöttern,<br />

zu <strong>die</strong>nen dem lebendigen und wahren<br />

Gott<br />

10. und zu warten Seines Sohns vom<br />

Himmel, welchen Lr aufcrwccket hat<br />

von den Toten, Jesum, der uns von<br />

dem zukünftigen Zorn erlöset.<br />

? Thess. ), r—,s<br />

w a s ist der Ruhm einer christlichen <strong>Gemeinde</strong>? EsistihrGlaube,<br />

der sich durch den Gehorsam unter Gottes Gebot bewährt.<br />

Es ist <strong>die</strong> Liebe, <strong>die</strong> sich über das Verlorene erbarmt<br />

und <strong>die</strong> ohne Unterlaß tätig ist in der Auferbauung der <strong>Gemeinde</strong>.<br />

E s ist <strong>die</strong> Geduld, <strong>die</strong> in der Hoffnung auf <strong>die</strong><br />

Herrlichkeit Christi fest beharrt in allem Leiden und in aller<br />

Hoffnungslosigkeit der irdischen Lage der in Trübsal lebenden <strong>Gemeinde</strong>.<br />

Die rechte <strong>Gemeinde</strong> gründet sich auf ihre Erwählung durch<br />

Gott. I n ihr ist das Evangelium eine Leben, Äraft und Gewißheit<br />

wirkende Macht. Der sie beherrschende Geist ist der Geist Gottes, nicht<br />

ihr eigener Geist. I n ihr lebt das W ort Gottes und bewährt sich gerade<br />

in der Trübsal als Grund zur vollkommenen Freude. Die rechte<br />

<strong>Gemeinde</strong> behält ihren Glauben nicht <strong>für</strong> sich. Sie gibt ihn weiter<br />

und ist ein leuchtendes Vorbild, das das Antlitz Iesu Lbristi trägt.<br />

Die rechte <strong>Gemeinde</strong> wendet sich ab von den Abgöttern der W elt, sie<br />

versagt ihnen den Dienst und stellt sich unter <strong>die</strong> Hoheit des wahren<br />

Gottes, dessen leibhaftiger Sohn Iesus Christus ist. Die rechte <strong>Gemeinde</strong><br />

weiß um den Zorn Gottes, in dem <strong>die</strong>se Zeit unentrinnbar<br />

gefangen ist. Und sie weiß, daß niemand als Christus, der von den<br />

Toten Auferstandene, sie von <strong>die</strong>sem Zorn erlösen wird.<br />

Die ander« Lesung:<br />

Petrus ?, s—;r<br />

F r e i t a g n a c h d e m ) 4 . S o n n t a g n a c h T r i n i t a t i s<br />

1. Sechs Tag« vor den Ostern kam<br />

Jesus gen Dechanten, da Lazarus war,<br />

der verstorbene, welchen Jesus auferwecket<br />

hatte von den Toten,<br />

r. <strong>Das</strong>elbst machten sie Ihm ein Abendmahl,<br />

und Martha <strong>die</strong>netc; Lazarus<br />

aber war der einer, <strong>die</strong> mit Ihm zu<br />

Tischt saßen.<br />

S. Da nahm Maria ein Pfund Salb«<br />

von ungefälschter, köstlicher Narde und<br />

salbet« <strong>die</strong> Füße Jesu und trocknete mit<br />

ihrem Haar Sein« Füße; das Haus<br />

aber ward voll vom Geruch der<br />

Salbe.<br />

4. Da sprach Seiner Jünger einer,<br />

Judas, Simons Sohn, Jschariot, der<br />

Ihn hernach verriet:<br />

5. warum ist <strong>die</strong>se Salbe nicht verkauft<br />

um dreihundert Groschen und<br />

den Armen gegeben?


Woche des ; 4. Sonntags nach Trinitatis<br />

s. <strong>Das</strong> sagte er aber nicht, daß er nach den! Solches hat sie behalten zum<br />

den Armen fragt«; sondern er war ein Tage Meiner Begräbnis.<br />

Dieb und hatt« den Beutel und trug, r. Denn Arm« habt ihr allezeit bei<br />

was gegeben ward.<br />

euch; Mich aber habt ihr nicht allezeit.<br />

7. Da sprach Jesus: Laß sie mit Hrie- Ioh. -r, ;—r<br />

Die Salbung, <strong>die</strong> M aria vollzieht, geschieht aus der überwältigenden<br />

Erkenntnis der Barmherzigkeit Gottes, <strong>die</strong> in der Sendung Iesu<br />

besteht. Die Iünger, deren Sprecher hier Iudas ist, fühlen sich so<br />

überaus vernünftig mit ihren Nützlichkeitscrwägungen, <strong>die</strong> ja so<br />

naheliegen. Aber <strong>die</strong> Liebe der Maria bricht durch alles hindurch;<br />

sie kann nicht anders. Sie hat zu Großes von bem Herrn empfangen<br />

(Äap. -;), sie muß nun danken. Und der Herr läßt <strong>die</strong>se Liebe<br />

gelten und schützt sie gegen <strong>die</strong> Verunglimpfungen der Iünger.<br />

„Er ist es wert, -aß man Ih n ehrt und sich in Seinem Dienst verzehrt".<br />

w ie arm sind <strong>die</strong> Herzen, <strong>die</strong> niemals so aufgeglüht sind in<br />

einer Liebe, <strong>die</strong> sich nicht mehr verbergen kann, sondern <strong>die</strong> zur Tat,<br />

zum Opfer, zur völligen Hingabe werden muß! „<strong>Das</strong> ganze Haus<br />

ward voll vom Geruch der köstlichen Salbe".<br />

Es liegt aber in <strong>die</strong>sem Bericht auch ein Hinweis auf <strong>die</strong> verborgene<br />

Messiasherrlichkeit des Herrn. Die Leidenswoche Iesu ist angebrochen.<br />

Aber selbst <strong>die</strong> Iünger wissen nicht, daß es -er Äönig Iesus Christus<br />

»st, den Gott den Hemden überantwortet, um Sein Erlösungswerk<br />

zu vollenden. Durch <strong>die</strong> Tat der Maria wird der Sohn Gottes<br />

gepriesen, der ein Mensch ward gleich wie wir, obwohl Ihm<br />

göttliche Ehre zukommt.<br />

Die ander« Lesung: Philipper ;, ;r—r;<br />

Sonnabend nach dem -4. S o n n tag nach T rinitatis<br />

g. Und das Volk ward fröhlich, daß<br />

sie willig waren; denn sie gabcn's von<br />

ganzem Herzen dem Herrn freiwillig.<br />

Und David, der Äönig, freute sich auch<br />

hoch<br />

;o. und lobte den Herrn und sprach<br />

vor der ganzen Gemeine: Gelobet seiest<br />

Du, Herr, Gott Israels, unsers Vaters,<br />

ewiglich.<br />

; Dir, Herr, gebühret <strong>die</strong> Majestät<br />

und Gewalt, Herrlichkeit, Sieg und<br />

Dank. Denn alles, was im Himmel<br />

und auf Erden ist, das ist Dein. Dein,<br />

Herr, ist das Reich, und Du bist erhöhet<br />

über alles zum «Obersten.<br />

-r. Reichtum und Ehr« ist vor Dir;<br />

Du herrschest über alles; in Deiner<br />

Hand stehet Lraft und Macht; in Deiner<br />

Hand stehet es, jedermann groß<br />

und stark zu machen.<br />

?s. Nun, unser Gott, wir danken Dir<br />

und rühmen den Namen Deiner Herrlichkeit.<br />

)4. Denn was bin ich? w a s ist mein


g4<br />

Woche -es 14. Sonntags nach Trinitatis<br />

Volk, daß wir sollten vermögen, freiwillig<br />

so viel zu geben? Denn von Dir<br />

ist's alles kommen, und von Deiner<br />

Hand haben wir Dir's gegeben,<br />

zs. Denn wir sind Fremdling« und<br />

Gäste vor Dir wie unsre Vater alle.<br />

Unser Leben auf Erden ist wie «in<br />

Schatten, und ist kein Aufhalten.<br />

;b. Herr, unser Gott, aller <strong>die</strong>ser<br />

Haufe, den wir zugerichtet haben, Dir<br />

ein Haus zu bauen, Deinem heiligen<br />

Namen, ist von Deiner Hand kommen,<br />

und ist alles Dein.<br />

-7. Ich weiß, mein Gott, daß Du<br />

das Herz prüfest, und Aufrichtigkeit ist<br />

Dir angenehm. Darum habe ich <strong>die</strong>s<br />

alles aus aufrichtigem Herzen freiwillig<br />

gegeben und habe jetzt mit Freuden<br />

gesehen Dein Volk, das hie vorhanden<br />

ist, daß es Dir freiwillig gegeben<br />

hat.<br />

zr. Herr, Gott unserer Vater, Abrahams,<br />

Isaaks und Israels, bewahre<br />

ewiglich solchen Sinn und Gedanken<br />

im Herzen Deines Volks und richte<br />

ihre Herzen zu Dir.<br />

Und meinem Sohn Salomo gib<br />

ein rechtschaffen Herz, daß er halte<br />

Deine Gebote, Zeugnisse und Rechte,<br />

daß er's alles tue und baue <strong>die</strong>se Wohnung,<br />

<strong>die</strong> ich zugerichtet habe.<br />

ro. Und David sprach zur ganzen Gemeine:<br />

Lobet den Herrn, euren Gott!<br />

Und <strong>die</strong> ganz« Gemeine lobte den<br />

Herr», den Gott ihrer Vater; und<br />

neigeten sich und fielen nieder vor dem<br />

Herrn und vor dem Lönig«<br />

rz. und opferten dem Herrn «Opfer.<br />

Und des andern Morgens opferten sie<br />

Brandopfcr: tausend Farren, tausend<br />

Widder, tausend Lämmer mit ihren<br />

Trankopfern, und opferten <strong>die</strong> Menge<br />

unter dem ganzen Israel.<br />

I. Thron, rg, g—<br />

w aru m lobt David den Herrn, wo er vielmehr sein Volk hätte loben<br />

können, daß es so große Dinge an seinem Gott getan hat? Gott wird<br />

hier <strong>für</strong> etwas gelobt, was E r gar nicht getan hat. Gott wird <strong>für</strong><br />

etwas gedankt, w as das Volk doch selber Gott zu Ehren geschenkt<br />

hat. w aru m sagt der Lobgesang Davids gar nichts darüber, daß<br />

Gott doch nun <strong>die</strong>s große Werk anerkennen müsse? w aru m nichts<br />

davon, daß sich an der Herrlichkeit des Tempels nun auch <strong>die</strong> Größe<br />

des Volkes, das ihn errichtet hat, zeigt? w e il alles, was im Himmel<br />

und auf Erden ist, G ott gehört. Es ist alles, was wir getan haben,<br />

von Gott gekommen. Und was wir Gott zu Ehren geben können,<br />

das geben wir aus Seiner Hand. Auch <strong>die</strong> F reiw illigk eit der Gabe des<br />

Volkes kommt nicht aus dem eigene» vermögen. Gerade das hat Gott<br />

gegeben. Darum kann E r auch allein einen solchen S inn bewahren<br />

bei dem Volke und den zukünftigen Herrschern, w o ein Volk, eine<br />

<strong>Gemeinde</strong>, im Lobpreis Gottes handelt und sich zu Seiner Ehr«<br />

versammelt, da ist das Gottes Werk selber. <strong>Das</strong> hat E r getan. E r<br />

gibt ein rechtschaffenes Herz. Und E r allein erforscht unser<br />

Herz. Darum ist alles Loben und Danken nur dann recht, wenn es das<br />

Lob und der Dank ist <strong>für</strong> das, was Gott getan und geschenkt hat.<br />

Die andere Lesung: «Offenbarung 4, 1—, 1


? s. Sonntag nach Trinitatis ögs<br />

Fünfzehnter Sonntag nach Trinitatis<br />

Alle eure S o rg e werfet auf I h n , denn L r sorget <strong>für</strong> euch.<br />

i. Petrus s, 7<br />

<strong>Das</strong> Evangelium<br />

34. Niemand kann zweien Herren <strong>die</strong>nen;<br />

entweder er wird den einen<br />

hassen und den andern lieben, oder er<br />

wird dem «inen anhangen und den<br />

andern verachten. Ihr könnt nicht<br />

Gott <strong>die</strong>nen und dem Mammon.<br />

35. Darum sage Ich euch: Sorget<br />

nicht <strong>für</strong> euer Leben, was ihr essen<br />

und trinken werdet, auch nicht <strong>für</strong><br />

euren Leib, was ihr anziehen werdet.<br />

Ist nicht das Leben mehr denn <strong>die</strong><br />

Speise) und der Leib mehr denn <strong>die</strong><br />

Kleidung)<br />

3b. Sehet <strong>die</strong> Vogel unter dem Himmel<br />

an: sie säe» nicht, sie ernten nicht,<br />

sie sammeln nicht in <strong>die</strong> Scheunen;<br />

und euer himmlischer Vater nähret sie<br />

doch. Seid ihr denn nicht viel mehr<br />

denn sie)<br />

37. wer ist aber unter euch, der seiner<br />

Länge «ine Elle zusetze» mög«, ob er<br />

gleich darum sorget)<br />

rs. Und warum sorget ihr <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />

Kleidung) Schauet <strong>die</strong> Lilien auf dem<br />

Felde, wie sie wachsen: sie arbeiten<br />

nicht, auch spinnen sie nicht.<br />

3g. Ich sage euch, daß auch Salomo<br />

in aller seiner Herrlichkeit nicht bekleidet<br />

gewesen ist als derselbigen eins.<br />

30. So denn Gott das Gras auf dem<br />

Felde also kleidet, das doch heute stehet<br />

und morgen in den Ofen geworfen<br />

wird: sollte Er das nicht viel mehr<br />

euch tun, o ihr Kleingläubigen)<br />

3s. Darum sollt ihr nicht sorgen und<br />

sagen: w a s werden wir essen, was<br />

werden wir trinken, womit werden<br />

wir uns kleiden)<br />

3r. Nach solchem allem trachten <strong>die</strong><br />

Heiden. Denn euer himmlischer Vater<br />

weiß, daß ihr des alles bedürfet.<br />

33. Trachtet am ersten nach dem Reich<br />

Gottes und nach seiner Gerechtigkeit,<br />

so wird euch solches alles zufallen.<br />

34. Darum sorget nicht <strong>für</strong> den andern<br />

Morgen; denn der morgende Tag<br />

wird <strong>für</strong> das Seine sorgen. Es ist<br />

genug, daß «in jeglicher Tag seine<br />

eigen« Plage habe. Matth. b, 34—34<br />

w enn im Neuen Testament vom Gelde <strong>die</strong> Rede ist, dann immer als<br />

von einem Götzen. Der Name <strong>die</strong>ses Götzen heißt Mammon. M ammons<strong>die</strong>nst<br />

ist Götzen<strong>die</strong>nst. Iesus sagt in unserem Textwort: „Niemand<br />

kann zwei Herren <strong>die</strong>nen . . . Ih r könnt nicht Gott <strong>die</strong>nen und<br />

dem Mammon". Auch L r stellt also den Mammon als einen Götzen<br />

Gott gegenüber, w e r „den einen liebt, der muß den andern hassen,<br />

wer dem einen anhängt, den andern verachten". Mammons<strong>die</strong>nst und<br />

Gottes<strong>die</strong>nst vertragen sich nicht.<br />

Sind nur <strong>die</strong> Iuden Anbeter und Diener des Götzen Mammon) —<br />

Sicherlich nicht allein. Man könnte eher fragen: welcher Mensch ist


gb<br />

w ach« des - s. Sonntags nach Trinitatis<br />

von ihm gänzlich frei? Denn der Ursprung <strong>die</strong>ser Art von Götzen<strong>die</strong>nst<br />

ist <strong>die</strong> Sorge. Deshalb fährt der Herr fort: „Ihr (Meine<br />

Iünger) sollt nicht sorgen und sagen: w a s werden w ir essen, was<br />

werden w ir trinken, womit werden w ir uns kleiden?" Oder auch:<br />

„ w o werden w ir unterkommen? Nach solchem allen trachten <strong>die</strong><br />

Heiden". L r weiß also, warum <strong>die</strong> Menschen zu allen Zeiten<br />

den Tanz um das Goldene Äalb tanzen und warum <strong>die</strong> Macht des<br />

Götzen Mammon so gewaltig ist. Geht's um <strong>die</strong> Existenz, dann<br />

opfern sie auf seinem Altar alles, was sie haben und <strong>für</strong> wert halten,<br />

ihre Grundsätze, ihre Ehre, manchmal sogar ihren Glauben. Sie<br />

sagen: Man muß doch leben! Sonst hat alles keinen Zweck. <strong>Das</strong><br />

scheint ihnen so selbstverständlich zu sein, daß sie jeden <strong>für</strong> einen<br />

Narren halten, der anders denkt und handelt. Ginge es nach ihnen,<br />

dann dürfte es nicht heißen: „Trachtet am ersten nach dem Reiche<br />

Gottes und nach Seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen",<br />

sondern es müßte heißen: „Trachtet zuerst nach dem Gelde.<br />

Denn <strong>für</strong> Geld könnt ihr euch alles andere kaufen, Gesundheit, Freude,<br />

Ehre, vielleicht sogar das Recht". Alles in der W elt wird schließlich<br />

zu einer Geldfrage. Darum nennen <strong>die</strong> Leute das Geld den „nervus<br />

rerum", d. i. zu deutsch: den Lebensnerv aller Dinge. Ohne Geld<br />

bist du „ein armer Teufel"; mit Geld „kannst du den Teufel tanzen<br />

sehen". Darum sagt <strong>die</strong> Offenbarung des Johannes von „dem großen<br />

Tiere" der Lndzeit: „E s macht, daß <strong>die</strong> Reichen und Armen, <strong>die</strong><br />

Freien und Rnechtc, allesamt sich ein Malzeichen geben an ihre rechte<br />

Hand oder an ihre S tirn, daß niemand kaufen und verkaufen kann,<br />

er habe denn das Malzeichen des Tieres oder <strong>die</strong> Zahl seines N a­<br />

mens". <strong>Das</strong> „große Tier" der Lndzeit herrscht dadurch über <strong>die</strong> Menschen,<br />

daß es alle von sich abhängig macht.<br />

Von <strong>die</strong>ser Sorge will Iesus Seine Jünger freimachen, auch dich<br />

und mich! w ie tut L r das? L r zeigt uns erst den Punkt, an dem all<br />

unser Sorgen vergebens ist. w i r sorgen uns um Speise und Llcidung;<br />

aber so schnell verhungert und erfriert der Leib nicht, den<br />

Gott uns gegeben hat. Hat Gott uns den Leib gegeben, gibt L r uns<br />

wohl auch Speise und Lleidung dazu. Tut L r es nicht auch bei den<br />

vögeln des Himmels? Oder du hast Angst, es könnte mit dir zu<br />

Ende gehen, bevor du <strong>die</strong>s oder jenes ausgerichtet hast. Rannst du<br />

mit Sorgen dein „Leben" verlängern? (So heißt es im griechischen<br />

Text.) Du möchtest gut und schön gekleidet sein. Also sorgst du -ich


- 5. Sonntag nach Trinitatis bg7<br />

darum. Aber du wirst es mit all deinem Sorgen nicht dahin bringen,<br />

so schön zu sein wie <strong>die</strong> Lilien auf dem 8elde, <strong>die</strong> im 8rühling in<br />

all ihrer 8arbenpracht aufblühen, um kurz danach im Glutwind der<br />

w üste zu verdorren und dann verbrannt zu werden. Selbst Salomo<br />

in all seiner Pracht war nicht so schön wie sie. w ozu also sich um<br />

das Äleine sorgen, wenn's bei dem Großen doch nichts nützt) Hat<br />

der Herr nicht recht) vergessen w ir nicht über -er Sorge um das,<br />

was wir nicht haben, oft das Danken <strong>für</strong> das, was w ir haben)<br />

Der Herr lehrt uns weiter: w a s ist eigentlich unsere menschliche<br />

Sorge) Im Grunde ist sie Unglaube. In-der-Sorge-leben heißt wie<br />

ein Heide leben. Heiden sind Menschen, <strong>die</strong> Gott nicht kennen. S o<br />

sind auch <strong>die</strong> Sorgenmenschen Leute, <strong>die</strong> Gott nicht kennen, Ihm<br />

nicht vertrauen und darum dem Götzen Mammon <strong>die</strong>nen müssen.<br />

Also zerstört der Herr den Heiligenschein, mit dem manche sich und<br />

ihre Sorge so gern umgeben, wenn sie sagen: „Ia, wenn ich nicht<br />

so gut vorgesorgt hätte!"<br />

Der Mahnung und W arnung läßt Iesus <strong>die</strong> Verheißung auf den,<br />

8uße folgen: „Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes und nach<br />

Seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen". „Ieder<br />

Tag wird <strong>für</strong> das Seine sorgen. Es ist genug, daß ein jeglicher Tag<br />

seine eigene Plage habe", versteh' wohl, was das heißt! Der Herr<br />

sagt nicht, daß denen, <strong>die</strong> zuerst nach dem Reiche Gottes und nach<br />

Seiner Gerechtigkeit trachten, alles mühelos in den Schoß fallen<br />

wird. Nein, Plage werden sie schon damit haben, jeden Tag eine<br />

andere. Aber wenn der Abend kommt, wird es irgendwie gegangen<br />

sein. <strong>Das</strong> ist, so sagt Er, genug. S o hat auch E r mit Seinen Jüngern<br />

in den Iahren Seiner irdischen Wirksamkeit gelebt. Als sie zu Ende<br />

ging, fragte L r sie: „Habt ihr je Mangel gehabt)" Sie antworteten:<br />

„Herr, nie keinen!" S o haben sie Ihm selber <strong>die</strong> Wahrheit Seiner<br />

Verheißung bestätigt.<br />

W er <strong>die</strong>se W orte Iesu als eine allgemeine Lebensregel <strong>für</strong> alle Menschen<br />

verstehen wollte, könnte meinen, sie verführten zum Leichtsinn.<br />

Es gibt ja auch eine Sorgenlosigkeit aus 8aulheit. Die meint der<br />

Herr nicht. E r redet hier im besonderen zu Seinen Iüngern. Als<br />

Seine Iünger haben sie auch eine Sorge und eine Arbeit. <strong>Das</strong> ist<br />

<strong>die</strong> um Gottes Sache und in Gottes Weinberg, nicht um Geld.<br />

Ihnen und ihnen allein gilt <strong>die</strong> Verheißung, daß Gott sie nicht<br />

wird verhungern lassen. Sie werden nicht im Überfluß leben, aber


ögr<br />

Woche des j s. Sonntags nach Trinitatis<br />

sie werden haben, was sie brauchen. Sie werden nicht besser, aber<br />

auch nicht schlechter leben als <strong>die</strong> andern. Nur eins werden sie nicht<br />

haben, jene bürgerliche Existenzsicherheit, <strong>die</strong> da sagt: w a s kann<br />

mir denn passieren? Aber ist <strong>die</strong> wirklich sicherer als Gottes W ort<br />

und Verheißung?<br />

Du fragst: w o kommt aber das Geld jeden Tag her, das doch<br />

auch Iesu Iünger brauchen? Nun, einiges kommt aus denselben<br />

Duellen, aus denen <strong>die</strong> andern auch schöpfen; aber anderes kommt<br />

auch auf wunderbare weise. Laß dir einmal erzählen, auf was <strong>für</strong><br />

eine merkwürdige weise manches Werk der christlichen Liebesarbcit<br />

gegründet worden ist und erhalten wird.<br />

w ird <strong>die</strong> Welt das glauben? — Gewiß nicht! Aber das ist auch<br />

nicht nötig, w en n 's nur <strong>die</strong> Iünger Iesu glauben und erfahren.<br />

Die andern werden immer wieder klagen: „Am Gelde hängt, nach<br />

Golde drängt doch alles; ach, wir Armen!"<br />

rs. So wir im Geist leben, so lasset<br />

uns auch im Geist wandeln,<br />

rb. Lasset uns nicht «itclcr Ehre geizig<br />

sein, einander zu entrüsten und zu<br />

hassen.<br />

l. Lieben Bruder, so ein Mensch etwa<br />

von einem Fehl übereilet würd«, so<br />

helft ihm wieder zurecht mit sanftmütigem<br />

Geist, ihr, <strong>die</strong> ihr geistlich<br />

seid; und siehe auf dich selbst, daß du<br />

nicht auch versuchet werdest,<br />

r. Einer trag« des andern Last, so<br />

werdet ihr das Gesetz Lhristi erfüllen.<br />

3. So aber sich jemand läßt dünken,<br />

er sei etwas, so er doch nichts ist, der<br />

betrüget sich selbst.<br />

4. Ein jeglicher aber prüfe sein eigen<br />

Werk; und alsdann wird er an ihm<br />

selber Ruhm haben und nicht an einem<br />

andern.<br />

Die Epistel<br />

s. Denn ein jeglicher wird sein« Last<br />

tragen.<br />

d. Der aber unterrichtet wird mit dem<br />

Wort, der teil« mit allerlei Gutes dem,<br />

der ihn unterrichtet.<br />

7. Irret euch nicht! Gott läßt sich<br />

nicht spotten. Denn was der Mensch<br />

säet, das wird er ernten,<br />

s. wer auf sein Fleisch säet, der wird<br />

von dem Fleisch das verderben ernten;<br />

wer aber auf den Geist säet, der wird<br />

von dem Geist das ewige Leben ernten.<br />

g. Lasset uns aber Gutes tun und nicht<br />

müde werden; denn zu seiner Zeit werden<br />

wir auch ernten ohne Aufhören.<br />

10. Als wir denn nun Zeit haben, so<br />

lasset uns Gutes tun an jedermann,<br />

allermeist aber an des Glaubens Genossen.<br />

Gal. s, rs—S, -o<br />

<strong>Das</strong> Evangelium redet von den Versuchungen des Geldes, <strong>die</strong> Epistel<br />

von denen des Ehrgeizes. <strong>Das</strong> Streben nach Ehre ist uns ebenso<br />

„eingefleischt" wie das nach Geld. Darum bekritteln <strong>die</strong> Menschen<br />

einander so gern. Denn <strong>die</strong> törichte Masse hält gerne den <strong>für</strong> eineir


; s. Sonntag nach Trinitatis bgq<br />

großen Mann, -er tüchtig kritisiert, tadelt, Vorwürfe erhebt und<br />

anklagt. S ie meinen, weil er das tut, könnte er's besser machen.<br />

S o soll's in der christlichen <strong>Gemeinde</strong> nicht sein. E s kann wohl<br />

einmal geschehen, daß <strong>die</strong>ser oder jener von einem Ahl übereilt wird.<br />

Aber dann soll man ihm helfen, daß er wieder zurechtkommt, w e r<br />

das tut, gewinnt wahre Ehre in der <strong>Gemeinde</strong>. Denn er gewinnt sie<br />

durch Dienen. S o ist auch Christus zu der Ehre gekommen, <strong>die</strong> Ihm<br />

geworden ist. Darum erfüllt d er Christi Gesetz, der des andern Last<br />

mittragen hilft.<br />

w ie steht es dagegen mit denen, <strong>die</strong> so gerne sich selbst herausstreichen?<br />

Im Grunde betrügen sie sich mit ihrer eignen Schaumschlägerei.<br />

Ih r Dünkel benebelt ihnen den Lopf; in Wirklichkeit sind<br />

sie nichts. Jeder soll in aller Nüchternheit sein Werk prüfen, auch<br />

hören, was andere davon sagen. Hat er etwas zustandegebracht, so<br />

braucht er nicht überbcscheiden zu sein (das klingt auch schlecht); aber<br />

er soll seinen Stolz sein bei sich behalten und <strong>die</strong> andern damit nicht<br />

reizen. <strong>Das</strong> vertragen <strong>die</strong> Menschen schlecht. Außerdem wird er ja<br />

als Zugabe zu seinem Ver<strong>die</strong>nst auch ein Bündel Rummer mitzutragen<br />

haben.<br />

Mitten drin in <strong>die</strong>sem Text steht hier ein W ort über das Verhältnis<br />

von Lehrern und Schülern, wobei an erwachsene Schüler gedacht ist.<br />

w e r <strong>die</strong> geistliche Gabe des W ortes erhält, soll da<strong>für</strong> mit leiblichen<br />

Gaben nicht sparsam sein.<br />

Am Schluß steht <strong>die</strong> W arnung, mit Gott kein leichtfertiges Spiel<br />

zu treiben. Denn L r ist es, der zuletzt ehrt und entehrt. L r richtet<br />

aber nicht nach irdischen, sondern nach ewigen Maßstäben, w a s im<br />

Blick auf <strong>die</strong> Ewigkeit getan wird, ist „auf den Geist gesät", alles<br />

andere ist vergänglich. Darum soll jeder <strong>die</strong> Zeit auskaufen. <strong>Das</strong><br />

Gute, das er in ihr tut, ist S aat auf <strong>die</strong> Ewigkeit, besonders das,<br />

was an den Glaubensgenossen geschieht. Denn es ehrt Christus als<br />

den Herrn der <strong>Gemeinde</strong>.<br />

<strong>Das</strong> Lied der Woche<br />

Bescher' uns, Herr, das täglich Brot<br />

Nikolaus Hermann aus Altdorf bei Nürnberg lebte und wirkte als<br />

Rantor in Ioachimsthal im Sudetenland. Zusammen mit seinem


?oo<br />

Woche des ) S. Sonntags nach Trinitatis<br />

Rektor Mathesius war er ein Zreund M artin Luthers. Außer den<br />

Liedern „Lobt Gott, ihr Christen allzuglcich", „Erschienen ist der<br />

herrlich Tag", deren Melo<strong>die</strong> er auch schuf, „Die helle Sonn' leucht'<br />

jetzt Her<strong>für</strong>" und „Hinunter ist der Sonne Schein" schenkte er unserer<br />

Lirche <strong>die</strong>ses Lied mit der Überschrift: „Die vierte B itt, ums täglich<br />

Brot", ein anschauliches Gebetslied, das den Lampf ums liebe B rot<br />

im Gebet vor G ott bringt und dabei das Evangelium des ;s. S onntags<br />

nach Trinitatis mit anklingen läßt.<br />

w o das Lied nicht im Gesangbuch steht, singen w ir:<br />

V Gott, von Dir wir altes haben<br />

E s spricht in ähnlicher weise das Gebetsanliegen der vierten Bitte<br />

des Vaterunsers aus.<br />

D a s Gebet der W oche<br />

Allmächtiger, ew iger G ott, ein Beschützer aller, <strong>die</strong> auf Dich<br />

hoffen, mehre über uns Deine Barmherzigkeit, auf daß w ir im<br />

Gehorsam D eines heiligen W o rtes also durch <strong>die</strong> zeitlichen<br />

G üter w andeln, daß w ir darüber <strong>die</strong> ew igen nicht verlieren, um<br />

Iesu Lhristi, D eines lieben S o h n e s, unsers Herrn, w illen. Amen.<br />

-l-<br />

Zufall — Schicksal<br />

Es muß zu denken geben, daß in der ganzen Heiligen Schrift sehr zurückhaltend<br />

geredet wird von dem, was wir bei der Beurteilung des alltäglichen<br />

Geschehens „Zufall" und „Schicksal" nennen.<br />

Zufall — damit ist ein« Betrachtung der Ding« gemeint, bei der alles Geschehen<br />

sich in lauter einzelne, unzusammenhängende, unberechenbare und damit<br />

auch unerklärliche „Hülle" auflöst.<br />

Schicksal — darunter begreift man eine Ansicht der Welt, in der sich alles<br />

nach unabänderlichen, unbarmherzigen und ebenso unergründlichen Gesetzen<br />

einer ehernen Notwendigkeit vollzieht.<br />

Gibt das Zufallsdcnken dem Menschen ein Gefühl vollkommener Unsicherheit,<br />

so ist dem Schicksalsglauben das Merkmal der völligen Unfreiheit


Zufall — Schicksal 70-<br />

cigen. In beiden Auffassungen aber kommt der Mensch nicht zur Ruhe und<br />

zum Frieden: Was ihm fehlt, ist der Glaube an den allmächtigen und barmherzigen<br />

Gott.<br />

Der christlich« Glaub« ist aber daran zu erkennen, daß er an <strong>die</strong> Stelle des<br />

Zufalls <strong>die</strong> göttlich« Führung und an <strong>die</strong> Stelle des Schicksals den Namen<br />

des Dreieinigen Gottes zu setzen vermag. Weder gibt es <strong>für</strong> den Christen eine<br />

zusammenhanglose Reihe von Ereignisse» ohne jeden Sinn und Segen, noch<br />

steht ihm eine unberechenbar« Gesetzlichkeit in Natur und Geschichte wie ein<br />

unaufhcbbarer Bann entgegen. Der Christ darf vielmehr der fröhlichen Gewißheit<br />

leben, <strong>die</strong> das Evangelium von der Stillung des Sturmes verkündigt<br />

(Matth. r, rs—r?), daß „weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer<br />

noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes<br />

noch Tiefes »och keine andere Kreatur mag uns scheiden von der Liebe Gottes,<br />

<strong>die</strong> in Christo Iesu ist, unserem Herrn" (Röm. r, rr f.).<br />

Während das Zufallsdenken und der Schicksalsglaubc von Gott scheidet, ist der<br />

Christ mit seinem Glauben an den Herrn Iesus Christus aller «Orten un g e­<br />

schieden von der Liebe Gottes. Alles muß zu seinem Besten, d. h. zum<br />

zeitlichen und ewigen Heil <strong>die</strong>nen; alles geschieht nach dem Vorsatz einer göttlichen<br />

Berufung in Christo Iesu, deren Grund <strong>die</strong> Rechtfertigung und deren<br />

Ziel <strong>die</strong> Herrlichkeit ist. Christlicher Lrwählungsglaube darf in allen Lagen<br />

getrost sein: „Ist Gott <strong>für</strong> uns, wer mag wider uns sein)" (Röm. r, 31—3g).<br />

So ist nun <strong>die</strong> Tief« des christlichen Heilsglaubens daran zu erkennen, daß er<br />

sich nicht nur mit dem ersten Artikel zur gnädigen Vorsehung Gottes des<br />

Schöpfers bekennt, der das, was Er geschaffen hat, auch erhält, so daß auch<br />

unsere Haar« auf dem Haupte alle gezählt sind (Matth. -o, rg ff.). Vielmehr<br />

findet <strong>die</strong>ses Bekenntnis erst seine Verwurzelung im Zeugnis des zweiten Artikels,<br />

der von unserer Erlösung handelt, da <strong>die</strong> Versöhnung der Sünder<br />

der Welt das letzte und höchste Ziel des göttlichen Heilsrates ist.<br />

Unter <strong>die</strong>sem Gesichtspunkt wird erst offenbar, daß alles menschliche Zufallsdenken<br />

und aller menschliche Schicksalsglaube im letzten Grunde der Ausdruck<br />

eines unversöhnten Gewissens ist, das unter der Wolke des göttlichen<br />

Zorns weder Licht noch Klarheit, noch Frieden und Gerechtigkeit zu<br />

finden vermag, weil hinter <strong>die</strong>ser Wolke Gottes Angesicht verborgen und<br />

Sein« in Iesus Christus offenbarte Hilfe von dem lebendigen Glauben ferne<br />

ist. Solch «in« Entpersönlichung, wie sie dem Zufallsgedankcn und dem Schicksalsglaubcn<br />

entspricht, muß darum als ein Zeichen der Entgöttlichung der Welt<br />

und des Menschen angesehen werden, <strong>die</strong> in der Entziehung der persönlichen<br />

und gnädigen Näh« Gottes, wenn es Sein Wille ist, bis zur Verstockung<br />

erfahren werden kann. Aber auch in solchen Erfahrungen kann unter dem Wort,<br />

das <strong>die</strong> Versöhnung predigt, der Gnadcnrat Gottes erst ganz groß werden:<br />

„Gott hat alle beschlossen unter dem Unglauben, auf daß Er sich aller erbarme"<br />

(Röm. 3r ff.). Die Unbegreiflichkeit Seiner Gerichte und Unerforschlich-


702<br />

Woche des - s. Sonntags nach Trinitatis<br />

kcit Seiner Wege entspringt nur der einen Absicht: „Lr will, daß allen Menschen<br />

geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen" (l. Tim.<br />

r, 4). Dies« Hilfe aber besteht in der Wiederherstellung -er Gemeinschaft<br />

zwischen Gott und den Menschen und an der Vorhaltung der himmlischen Berufung<br />

Gottes in Christo Iesu, mit der wir uns im Leben wie im Sterben,<br />

in Freud« wie in Leid getrosten dürfen mit dem Bekenntnis eines durch Gottes<br />

Gnade versöhnten Gewissens:<br />

Es kann mir nichts geschehen,<br />

als was Lr hat ersehen<br />

und was mir selig ist.<br />

<strong>Das</strong> Unterpfand <strong>die</strong>ses Heilsglaubens ist aber <strong>die</strong> Taufe auf den Namen<br />

des Oreieinigen Gottes, auf deren Grund wir uns in allen Fällen des Zweifels<br />

und der Anfechtung unverzagt und ohne Grauen stellen dürfen nach dem Wort<br />

der Verheißung Gottes, der unser Schöpfer und Erlöser sein will:<br />

„Fürchte dich nicht, denn Ich hab« dich erläset;<br />

Ich habe dich bei deinem Namen gerufen;<br />

du bist Mein!"<br />

Iesaias 4z, ;<br />

ch<br />

M on tag nach dem - s . S o n n ta g nach T rinitatis.<br />

4. wer fähret hinauf gen Himmel und<br />

herab? wer fasset den wind in Seine<br />

Hände? wer bindet <strong>die</strong> Wasser in ein<br />

Llcid? wer hat alle Enden der Welt<br />

gestellet? w ie heißt Lr? Und wie<br />

heißt Sein Sohn? weißt du das?<br />

5. Alle Worte Gottes sind durchläutert;<br />

Lr ist ein Schild denen, <strong>die</strong><br />

auf Ihn trauen.<br />

b. Tue nichts zu Seinen Worten, daß<br />

Lr dich nicht strafe und werdest lügenhaft<br />

erfunden.<br />

7. Zweierlei bitte ich von Dir; <strong>die</strong><br />

wollest Du mir nicht weigern, eh«<br />

denn ich sterbe:<br />

4. Abgötterei und Lüge laß fern« von<br />

mir sein; Armut und Reichtum gib<br />

mir nicht, laß mich aber mein beschieden<br />

Teil Speise dahinnchmen.<br />

g. Ich möchte sonst, wo ich zu satt<br />

würde, verleugnen und sagen: Wer<br />

ist der Herr? «Oder wo ich zu arm<br />

würde, mächt« ich stehlen und mich<br />

an dem Namen meines Gottes vergreifen.<br />

Spr. 30, 4—y<br />

Zweierlei Mittel werden uns hier gegen den Sorgengeist<br />

verschrieben: <strong>Das</strong> erste ist Beugung unter Gottes Schöpfermacht und<br />

ewige Weisheit, w ie können wir uns um das sorgen, das wir in<br />

Seinem werden und in Seiner Abzweckung so gar nicht verstehen?<br />

w i r wollen schlicht dabei beharren: Lr ist ein Schild denen, <strong>die</strong>


Woche des zs. Sonntags nach T r i nitatis 703<br />

Ihm vertrauen. — Und das andere Mittel: Nicht zuviel <strong>für</strong> sich<br />

selber begehren! Armut hat ihre Versuchung, aber Reichtum nicht<br />

minder. W ohl dem, der täglich mit Dank sein ihm beschieden Teil<br />

Speise hinnehmen kann! Die Hauptsorge aber ist <strong>die</strong>: Abgötterei und<br />

Lüge laß ferne von mir sein!<br />

Die ander« Lesung: -. Mose r, g— -7<br />

D ien stag nach dem ; 6. S o n n ta g nach T rinitatis.<br />

9. Und Ich sage euch auch: Machet<br />

euch Ist«und« mit dem ungerechten<br />

Mammon, auf daß, wenn ihr nun<br />

darbet, sie euch aufnehmen in <strong>die</strong> ewigen<br />

Hütten.<br />

-0. w er im Geringsten treu ist, der<br />

ist auch im Großen treu; und wer<br />

im Geringsten unrecht ist, der ist auch<br />

im Großen unrecht.<br />

So ihr nun in dem ungerechten<br />

Mammon nicht treu seid, wer will<br />

euch das wahrhaftig« vertrauen?<br />

;r. Und so ihr in dem feinden nicht<br />

treu seid, wer wird euch geben, das<br />

euer ist?<br />

-3. Lein Lnecht kann zweien Herren<br />

<strong>die</strong>nen; entweder er wird den einen<br />

hassen und den andern lieben, oder<br />

wird dem «inen anhangen und den<br />

andern verachten. Ihr könnet nicht<br />

Gott samt dem Mammon <strong>die</strong>nen.<br />

Luk. ;b, g—,5<br />

Zweimal redet hier der Heiland von dem „Mammon der Ungerechtigkeit".<br />

L r hat dazu Ursache. Man kann sich so gründlich an ihm verderben.<br />

Die W arnung vor dem Reichtum geht durch viele Reden<br />

und Gleichnisse Iesu. w o der Mensch zum Verwalter vieler irdischer<br />

Güter gesetzt ist, ist er in besonderer Versuchung. Diese Versuchung<br />

wird da überwunden, wo Gott als der Herr und Eigentümer<br />

irdischen Besitzes anerkannt wird, und wo w ir mit allem, was<br />

w ir haben, der Verkündigung Seines W ortes <strong>die</strong>nen.<br />

Die ander« Lesung: I. Lönige -7, S—>S<br />

M ittw och nach dem )S. S o n n ta g nach Trenitatis.<br />

-7. Doch wie einem jeglichen Gott<br />

hat ausgeteilet, wie einen jeglichen der<br />

Herr berufen hat, also wandle er. Und<br />

also schaffe ich's in allen Gemeinen.<br />

ro. Ein jeglicher bleibe in dem Beruf,<br />

darinnen er berufen ist.<br />

r-. Bist du ein Lnecht berufen, sorg«<br />

dir nicht; doch kannst du frei Werden,<br />

so brauche des viel lieber.<br />

rr. Denn wer «in Lnecht berufen ist<br />

in dem Herrn, der ist ein Freigelassener<br />

des Herrn; dessclbigengleichen wer als<br />

Freier berufen ist, der ist ein Lnecht<br />

Christi.<br />

23. Ihr seid teuer erkauft; werdet nicht<br />

der Menschen Lnechte.<br />

24. Ein jeglicher, lieben Bruder, worinnen<br />

er berufen ist, darinnen bleibe<br />

er beiGott. z.Lor. 7, -7. 20—24


704 Woche des ; s. Sonntags nach Trinitatis<br />

E s hat jeder seinen Stand, in dem er von Gott zu Seinem Eigentum<br />

berufen ist. Man konnte es wohl verstehen, wenn ein Sklave in<br />

Äorinth sich darum gesorgt hätte, wie er <strong>die</strong> Freiheit gewinne. Aber<br />

Paulus sagt ihm: w enn Christus dir trotz deines Sklavenstandes<br />

Seine ganze Gnadenherrlichkeit gegeben hat, so daß du auch als<br />

Sklave täglich Seine Gemeinschaft, Hilfe und Heilandsliebe erfährst,<br />

dann kannst du getrost bleiben, was du bist. I n jedem Stand ist der<br />

Christ ein Diener Gottes, dem Christi Gnadengegenwart gilt. w enn<br />

w ir <strong>die</strong>s W ort auf unsere Zeit anwenden, dann gilt dasselbe auch<br />

von deiner Einsamkeit, von deinem Witwenstand oder deiner Kinderlosigkeit,<br />

von deinem Siechtum oder deiner Armut, w a s von Gott<br />

angenommen wird, ist mit Christi Herrlichkeit erfüllt und ist dem<br />

Bereich des ängstlichen Sorgens entnommen.<br />

Die andere Lesung: Apostelgeschichte 27, ro— 32<br />

D onnerstag nach dem jö. S o n n ta g nach T rinitatis.<br />

7. Und Lr berief <strong>die</strong> Zwölfe und<br />

hub an und sandte sie je zween und<br />

zween und gab ihnen Macht über <strong>die</strong><br />

unsauberen Geister<br />

r. und gebot ihnen, daß sie nichts<br />

bei sich trügen auf dem weg« denn<br />

allein «inen Stab, keine Tasche, kein<br />

Brot, kein Geld im Gürtel,<br />

g. aber wären geschützt, und daß sie<br />

nicht zween Röcke anzögen.<br />

-0. Und sprach zu ihnen: w o ihr in<br />

ein Haus gehen werdet, da bleibet<br />

innen, bis ihr von bannen ziehet.<br />

I I. Und welche euch nicht aufnehmen<br />

noch hören, da gehet von bannen heraus<br />

und schüttelt den Staub ab von<br />

euren Füßen zu einem Zeugnis über<br />

sie. Ich sag« euch wahrlich: Ls wird<br />

Sodom und Gomorra am Iüngsten<br />

Gerichte erträglicher gehen denn solcher<br />

Stadt.<br />

1r. Und sie gingen aus und predigten,<br />

man sollte Buße tun,<br />

-S. und trieben viel Teufel aus und<br />

salbeten viel Sieche mit «öl und machten<br />

sie gesund. Mark. ö, 7—;s<br />

w a s sind Iesu Iünger doch <strong>für</strong> freie Leute! Sie haben «ine<br />

königliche Vollmacht. Sie können Kranke gesund machen, Teufel austreiben,<br />

den Himmel auf- und zuschließen. Und ihnen ist geboten,<br />

keine Sorgen zu haben. Sie sollen kein Geld im Gürtel, kein B rot im<br />

Ranzen und keinen zweiten Rock <strong>für</strong> den Notfall tragen. Sie haben<br />

da<strong>für</strong> den lebendigen Gott bei sich und <strong>die</strong> Verheißung Seiner täglichen<br />

Durchhilfe. Sie haben den Herrn zum Hirten und darum<br />

keinen Mangel, w ie straft solche vertrauende, freiwillige Armut<br />

unser verzagtes Sorgen! — „Habe Ich dir nicht gesagt, so du glauben<br />

würdest, du solltest <strong>die</strong> Herrlichkeit Gottes sehen?" (Ioh. 40).<br />

Die andere Lesung: ). Thessalonicher r, g—i r


Woche des - S. Sonntags nach Trinitatis<br />

70s<br />

Freitag nach dem l5 . S o n n ta g nach T rinitatis.<br />

ro. Und Lr hub Sein« Augen auf über<br />

Seine Jünger und sprach: Selig seid<br />

ihr Armen; denn das Reich Gottes<br />

ist euer.<br />

r>. Selig seid ihr, <strong>die</strong> ihr hie hungert,<br />

denn ihr sollt satt werden. Selig seid<br />

ihr, <strong>die</strong> ihr hie weinet; denn ihr werdet<br />

lachen.<br />

rr. Selig seid ihr, so euch <strong>die</strong> Menschen<br />

hassen und euch absondern und<br />

schelten euch und verwerfen euren Namen<br />

als «inen boshaftigen um des<br />

Menschensohns willen.<br />

rs. Freuet euch alsdann und hüpfet;<br />

denn sieh«, euer Lohn ist groß im<br />

Himmel. Desgleichen taten ihre Vater<br />

den Propheten auch.<br />

24. Aber dagegen weh euch Reichen!<br />

denn ihr habt euren Trost dahin,<br />

rs. Weh euch, <strong>die</strong> ihr voll seid! denn<br />

euch wird hungern, weh euch, <strong>die</strong> ihr<br />

hie lachet! denn ihr werdet weinen und<br />

heulen.<br />

rtz. weh euch, wenn euch jedermann<br />

wohlrcdet! Desgleichen taten ihr« Vater<br />

den falschen Propheten auch.<br />

Luk. b, ro—rö<br />

<strong>Das</strong> „Heil!" und „Wehe!", das Christus hier ausspricht, steht im<br />

genauen Gegensatz zu der Art, wie w ir <strong>die</strong> Lage der Menschen<br />

zu beurteilen pflegen, w i r preisen <strong>die</strong> Reichen, <strong>die</strong> Satten, <strong>die</strong><br />

Lachenden und <strong>die</strong> Angesehenen glücklich und sehen nicht <strong>die</strong> Sünde<br />

und <strong>die</strong> ewige Gefahr, von der alles äußere Wohlergehen stets bedroht<br />

ist. w ie vielen Menschen sind Glück und Reichtum zum ewigen<br />

Verderben geworden! — Hingegen über den Armen, den Hungernden,<br />

den weinenden und denen, <strong>die</strong> um Christi willen geschmäht und verfolgt<br />

werden, leuchten Iesu Verheißungen, weil L r das mächtige<br />

Erbarmen Gottes kennt, das ihnen gilt. w i r wollen lernen, auf das<br />

Unsichtbare zu sehen und nicht auf das Sichtbare; denn „w as sichtbar<br />

ist, das ist zeitlich, was aber unsichtbar ist, das ist ewig<br />

(r. Ror. 4, ;s).<br />

Die andere Lesung: Johannes 4, 21—sr<br />

Sonnabend nach dem - s . S o n n ta g nach T rinitatis.<br />

Und Lr zeigte mir einen läutern<br />

Strom des lebendigen Wassers, klar<br />

wie «in Lristall; der ging aus von<br />

dem Stuhl Gottes und des Lammes,<br />

r. Mitten auf ihrer Gasse auf beiden<br />

Seiten des Stroms stund Hol; des<br />

Lebens, das trug zwölfmal Früchte<br />

und brachte seine Früchte all« Monate;<br />

und <strong>die</strong> Blätter des Holzes <strong>die</strong>neten<br />

zu der Gesundheit der Heiden.<br />

s. Und wird kein verbanntes mehr<br />

sein. Und der Stuhl Gottes und des<br />

Lammes wird darinnen sein; und<br />

Sein« Knechte werden Ihm <strong>die</strong>nen<br />

4. und sehen Sein Angesicht; und<br />

Sein Name wird an ihren Stirnen<br />

sein.<br />

5. Und wird kein« Nacht da sein, und<br />

werden nicht bedürfen einer Leuchte


70ö<br />

Woche des j s. Sonntags nach Trinitatis<br />

oder des Lichts der Sonne; denn Gott werden regieren von Ewigkeit zu<br />

der Herr wird sie erleuchten, und sie Ewigkeit. Vffbg. rr, j—8<br />

M a n c h e m B ib e lle s e r ersch ein t <strong>die</strong> O f f e n b a r u n g d e s J o h a n n e s a l s<br />

ein B u c h , d a s d u rc h v ie le rä ts e lh a fte W o r t e u n d B i l d e r d em V e r ­<br />

s tä n d n is versch lossen sei. w e r sich a b e r u m d a s V e r s tä n d n is w irk lic h<br />

b e m ü h t, d e r entdeckt le b e n d ig e s G o t t e s w o r t . H ie r w e rd e n w i r e r­<br />

m ä h n t, d a ß w i r a u s d er D u n k e lh e it u n d P l a g e <strong>die</strong>ses E rd e n le b e n s im ­<br />

m e r w ie d e r zu d er H e rrlic h k e it G o t t e s a u fsc h a u e n , w i r w e rd e n S e i n<br />

A n g esich t sehen, u n d S e i n N a m e w i r - a n u n se re n S t i r n e n le u ch ten ,<br />

w o w i r d d a n n u n s e r D a r b e n g eb lieb en sein, w e n n w i r v o n d em<br />

H o lz d es L eben s essen, d a s z w ö lf m a l im I a h r e seine Früchte b r in g t l<br />

w a s w i r d a u s u n se re n S o r g e n n ä c h te n g eb lieb en sein, w e n n G o t t<br />

d er H e r r G e lb s t u n s e r L icht ist u n d w i r m i t I h m re g ie re n w e rd e n<br />

v o n E w ig k e it zu E w ig k e it! D a n n w e rd e n w i r anbetend erleb en ,<br />

w a s u n s jetzt noch im m e r u n b e g re iflic h scheint, „ d a ß d ieser Z e it L eiden<br />

n ic h t w e r t sin d d e r H e rrlic h k e it, <strong>die</strong> a n u n s so ll g e o ffe n b a rt w e rd e n "<br />

( R ö m . 8, -8 ). S e i d frö h lic h in H o f f n u n g !<br />

Die ander« Lesung: Offenbarungi—r. zi—rs


) s. Sonntag nach Trinitatis 707<br />

Sechzehnter Sonntag nach Trinitatis<br />

Iesu s Christus hat dem Tode <strong>die</strong> M acht genommen und das<br />

Leben und ein unvergängliches W esen ans Licht gebracht.<br />

D a s E v a n g e l i u m<br />

z I. Und es begab sich darnach, daß<br />

Lr in eine Stadt mit Namen Nain<br />

ging; und Seiner Jünger gingen viel<br />

mit Ihm und viel Volks.<br />

12. Als Er aber nahe an das Stadttor<br />

kam, siehe, da trug man «inen<br />

Toten heraus, der ein einiger Sohn<br />

war seiner Mutter, und sie war «ine<br />

Witwe; und viel Volks aus der Stadt<br />

ging mit ihr.<br />

>3. Und da sie der Herr sah, jammert«<br />

Ihn derselbigen, und sprach zu ihr:<br />

weine nicht!<br />

-4- Und trat hinzu und rührte den<br />

Sarg an; und <strong>die</strong> Träger stunden.<br />

r. Timotheus z, 10<br />

Und Lr sprach: Jüngling, Ich sage<br />

dir, steh« auf!<br />

zs. Und der Tote richtete sich auf und<br />

fing an zu reden; und Lr gab ihn<br />

seiner Mutter.<br />

Und es kam sie alle eine Furcht an,<br />

und priesen Gott und sprachen:<br />

Ls ist ein großer Prophet unter uns<br />

aufgestanden, und Gott hat Sein Volk<br />

heimgesucht.<br />

-7. Und <strong>die</strong>s« Rede von Ihm erscholl<br />

in das ganze jüdisch« Land und in<br />

alle umliegenden Länder.<br />

Luk. 7, u — ?7<br />

I e s u s tu t h ie r a n d e m I ü n g l i n g d e r W i t w e zu N a i n d asselb e, w a s<br />

einst <strong>die</strong> P r o p h e te n E l i a s u n d E lis a a u c h a n d em S o h n e in e r W i t w e<br />

g e ta n h a b e n ( v g l. j . L ö n ig e 17 u n d r . R ö n tg e 4 ). D a r u m h e iß t es<br />

im T e x t: „ U n d e s k am sie a lle eine 8 u rc h t a n u n d p riesen G o t t u n d<br />

sp ra c h e n : » E s ist ein P r o p h e t u n te r u n s a u fg e s ta n d e n , u n d G o t t<br />

h a t S e i n V o lk H eim g esu ch t« ." D ie M en sch en , <strong>die</strong> d ie s W u n d e r m i t ­<br />

e rle b te n , d ach ten a ls o a n E l i a s . v o n ih m h ie ß e s ja , d a ß er u n m itte l­<br />

b a r v o r d em M e s s ia s noch e in m a l w ie d e rk o m m e n w e rd e . „ D ie se R ed e<br />

v o n I h m erscholl in d a s g a n z e jüdische L a n d u n d in a lle u m lie g e n ­<br />

d en L ä n d e r" . S o ist <strong>die</strong> A u fc rw e c k u n g d e s I ü n g l i n g s zu N a in a ls o<br />

e in m essian isch cs Z eich en . A lle , <strong>die</strong> e s sah en o d e r d a v o n h ö rte n , rechn<br />

eten n u n m i t d e m A n b ru c h d e s R e ic h e s G o t t e s .<br />

I m R eiche G o t t e s g ib t e s w e d e r S ü n d e noch T o d . I s t C h r is tu s d e r<br />

B r i n g e r d e s R e ic h e s G o t t e s , d a n n ist L r au ch d er U b e rw in d e r d es<br />

T o d e s . E r h a t a b e r d a s W u n d e r - e r T o te n a u fe rw e c k u n g k e in e sw e g s


7ür<br />

Woche des ; b. Sonntags nach Trinitatis<br />

im m e r v o llz o g e n , w o I h m d e r T o d e n tg e g e n tr a t. I e n c m I ü n g l i n g ,<br />

d er I h m n a c h fo lg e n , a b e r erst noch seinen V a te r b e g ra b e n w o llte , h a t<br />

E r g e a n t w o r t e t : „ L a ß t <strong>die</strong> T o te n ih re T o te n b e g ra b e n . D u a b e r<br />

k o m m u n d fo lg e M i r n a c h ! " w a s tr e ib t I h n , es h ie r zu tun? D e r<br />

T e x t s a g t : „ U n d d a d e r H e r r sie (n ä m lic h <strong>die</strong> W i t w e , <strong>die</strong> ih re n e in z ig e n<br />

S o h n v e rlo re n h a t) sa h , ja m m e rte I h n d e rse lb ig e n " . w a r d a s n u r<br />

n a tü rlic h e s M i t g e f ü h l ? S ic h e rlic h a u c h , a b e r n ic h t a lle in . D e n n <strong>die</strong><br />

H e ilig e S c h r i f t b e tra c h te t d e n T o d n ie m a ls b lo ß a l s ein n a tü rlic h e s<br />

Geschick, so n d e rn a l s H olge d e r S ü n d e . S e i t A d a m s Hall lastet d a s<br />

T o d e s v e r h ä n g n is a u f a lle n M e n sc h e n k in d e rn , w i r d ü rfen n ic h t<br />

e w ig leben, so w ie w i r sin d . D a r u m w u r d e n A d a m u n d E v a n ach<br />

dem S ü n d e n f a l l a u s d em P a r a d ie s v e rtrie b e n , u n d d er C h e ru b m it<br />

dem b lo ß e n h a u e n d e n S c h w e r t (d a s ist d e r T o d e s e n g e l) w a r d d a v o r<br />

g e stellt, „ z u b e w a h re n d en w e g z u m B a u m e d e s L e b e n s". A n ih m<br />

k an n keiner v o rb e i. E r s c h lä g t u n d t r i f f t a lle u n d f r a g t n ie m a n d e n .<br />

A uch <strong>die</strong>sen S o h n ein er W i t w e h a t d e r T o d d a h in g e r a f f t, o b w o h l<br />

er <strong>die</strong> ein zig e H o f f n u n g sein er M u t t e r w a r . I e s u s sie h t ih re n K u m ­<br />

m e r. L r sieh t n o ch tie fe r. I h m ist auch d a s Ä r g e r n is a n G o t t n ic h t<br />

v e rb o rg e n , d a s d e r T o d im H e rz e n <strong>die</strong>ser H ra u a n g e ric h te t h a t. w e n n<br />

sie v o m H rie d h o f in ih re leer g e w o rd e n e W o h n u n g h eim k eh ren w i r d ,<br />

d a n n w i r d sie m it ih re m S ch ick sal h a d e rn , a n G o t te s G ü te u n d<br />

B a rm h e r z ig k e it z w e ife ln , sich selbst d en T o d w ü n s c h e n . E s ist e t w a s<br />

in ih r z e rb ro c h e n , w i e o f t ist d a s so, w e n n d e r T o d sein w a h llo s e s<br />

R e g im e n t ü b e r u n s a u s ü b t ! N ic h t w a h r , d u kennst d a s a u c h ?<br />

I e s u s b e g e g n e t dem L eich en zu g , d e r a u s d e r S t a d t N a i n ih m e n t­<br />

g e g e n k o m m t, — m enschlich g ered et — re in z u f ä llig . E r ist n icb t<br />

a lle in . V ie le b e g le ite n I h n . S o tre ffe n h ie r z w e i Z ü g e a u fe in a n d e r.<br />

D ie e in e n g eben t r a u r i g ein em T o te n d a s letzte G e le it, <strong>die</strong> a n d e rn<br />

fre u e n sich in d e r H o f f n u n g a u f d a s k o m m en d e G o ttc s re ic h , in dem<br />

d er T o d keine M a c h t m e h r H aben so ll. I e s u s h a t <strong>die</strong>se H o f f n u n g<br />

in ih n e n gew eckt, w e r ist n u n stärk er, E r o d e r d e r T o d ? w e m w i r d<br />

m a n m e h r g la u b e n , I h m o d e r dem T o d e ?<br />

w e n n d e r T o d <strong>die</strong> M en sch en im G l a u b e n irre m ach en w i l l , ist<br />

er I e s u Heind. I s t e s n ic h t w ie eine H e r a u s f o r d e r u n g z u m L a m p f ,<br />

d a ß a u s d e r S t a d t N a i n e in L eichenzug h e ra u s k o m m t, g era d e a ls<br />

I e s u s sie m it d e r B o ts c h a f t v o m k o m m e n d e n G o ttc s re ic h b e tre te n<br />

w i l l ? N o c h d a z u solch e in t r a u r i g e r L eich en zu g ! I s t d a s n ic h t, a ls<br />

w o llte d e r T e u fe l s a g e n : v e r k ü n d ig e n u r D e in e B o ts c h a f t, heile


- H. Sonntag nach Trinitatis 70g<br />

R ra n k e , tre ib e T e u fe l a u s ! — D a s letzte W o r t b e h a lte ich, auch<br />

ü b e r D ic h . M e i n letzter T r u m p f ist d e r T o d . D e r stich t a lle R a r te n .<br />

— w i e so ll d ie B o ts c h a f t C h ris ti G la u b e n fin d e n in e in e r S t a d t ,<br />

i» w e lc h e r d e r T e u fe l soeben seinen höchsten T r u m p f a u s g e s p ie lt h a t ?<br />

I e s u s h a n d e lt in einem plötzlichen E n ts c h lu ß , w e n n u n s ein L eichenz<br />

u g b e g e g n e t, d a n n tre te n w i r beiseite u n d w a r t e n g e b e u g te n H a u p te s ,<br />

b is e r v o r ü b e r ist. S o eh ren w i r <strong>die</strong> M a je s tä t d e s T o d e s u n d b e u g e n<br />

u n s v o r ih m . D e n n e r h a t ja n ach G o t t e s B e f e h l u m u n se re r S ü n d e<br />

w ille n M a c h t au ch ü b e r u n s . D a s ist schicklich f ü r je d e rm a n n , w e r ' s<br />

n ic h t t u t , h a n d e lt o h n e E h r f u r c h t.<br />

N u r I e s u s w a r H e r r ü b e r d e n T o d . D e s h a lb h a n d e lt E r g a n z<br />

a n d e rs , a l s I h m d e r L eichenzug b e g e g n e t. E s f ä llt kein W o r t ! N ie ­<br />

m a n d red et I h n a n , n ie m a n d b itte t I h n . A u ch E r redet n ie m a n d a n<br />

u n d f r a g t keinen u m E r l a u b n i s . A b e r in d e r V o llm a c h t, <strong>die</strong> G o t t<br />

I h m g egeb en h a t , t r i t t E r a n den S a r g u n d b e r ü h r t ih n . „ D a<br />

stu n d en d ie T r ä g e r s till" . U n d n u n k o m m t a u s dem M u n d e des<br />

S o h n e s G o t t e s d e r k önigliche B e f e h l a n d en T o te n im S a r g e :<br />

„ I ü n g l i n g , I c h sa g e d ir , stehe a u f ! " D a n a c h geschieht d a s W u n d e r ,<br />

d a s <strong>die</strong> M a c h t d es T o d e s b ric h t.<br />

w i e w a r es m ö g lic h ? — D a s k an n n ie m a n d s a g e n ; e s k a n n 's au ch<br />

n ie m a n d d em H e r r n n a c h m ach en . D e n n w i r h a b e n keine M a c h t ü b e r<br />

d en T o d , u n d w e n n w i r sie h ä tte n , w ü r d e n w i r sie a u s ü b e n m ö g e n ?<br />

M a n c h e r, d e r sich sehr g e n a u in <strong>die</strong> S a c h e h in e in d e n k t, w i r d v ielleich t<br />

auch ein e n letzten Z w e ife l n ic h t lo s , o b d a s w irk lic h so geschehen ist.<br />

L r m ö ch te g e n a u e r, a l s e s d a ste h t, w is s e n , w ie <strong>die</strong> A u fe rw e c k u n g des<br />

I ü n g l i n g s z u N a i n v o r sich g e g a n g e n sei. A b e r a u f solche F ra g e n<br />

g ib t d er T e x t keine A n t w o r t . E r w i l l ja n ic h t d e in w i s s e n v e rm e h re n ,<br />

so n d e rn d e in e n G la u b e n stärk en . D e n k a ls o d a r a n , d a ß <strong>die</strong> A u f ­<br />

e rw eck u n g d e s I ü n g l i n g s z u N a i n a u c h f ü r dich e in Z eichen ist.<br />

w o f ü r ? — D a ß d e r T o d in d e in e m u n d d e in e r L ieben Leben n i c h t<br />

d a s letzte W o r t h a t. D e n n G o t t steh t ü b e r d e m T o d e . L r h a t C h ris tu s<br />

au fe rw e c k t u n d w i r d auch dich u n d d ie, <strong>die</strong> d u lieb h a st, zu e w ig e m<br />

L eben au ferw eck en , w e n n ih r C h r is tu s a n g e h ö r t, w a s z u N a in g e ­<br />

schah, w a r n u r e in V o rs p ie l, Z eichen u n d H i n w e i s a u f d a s , w a s<br />

a m E n d e a lle r T a g e geschehen w ir d . D a s g la u b e , u n d d u w ir s t <strong>die</strong>se<br />

G eschichte rech t, d u w i r s t sie a u s d e m G a n z e n d e s E v a n g e liu m s h e r ­<br />

a u s v erste h e n . D a n n w ir s t auch d u getröstet w e rd e n w ie jene<br />

M u t t e r d e s I ü n g l i n g s zu N a in .


7?o wochedes ; ö. Sonntag s nach Trinitatis<br />

D ie Epistel<br />

;3. Darum bitte ich, daß ihr nicht <strong>die</strong> Lieb« eingewurzelt und gegründet<br />

müde werdet um meiner Trübsale wil- werdet,<br />

len, <strong>die</strong> ich <strong>für</strong> euch leide, welche euch zs. auf daß ihr begreifen möget mit<br />

ein« Ehre sind<br />

allen Heilige», welches da sei <strong>die</strong> Breit«<br />

,4. Derhatben beuge ich meine Lnie und <strong>die</strong> Läng« und <strong>die</strong> Tiefe und <strong>die</strong><br />

vor dem Vater unsers Herrn Jesu Höhe;<br />

Lhristi,<br />

auch erkennen <strong>die</strong> Liebe Lhristi,<br />

der oer oer der rewre reckte Vater varer >,i iü uver über aues, alles ^ie ^ doch all« Erkenntnis übertrifft, allerlei auf<br />

was da Linder heißet nn Himmel und<br />

daß ihr erfüllet werdet mit allerlei<br />

auf Erden,<br />

Gottcsfüll«.<br />

„ ^ , , . ro. Dem aber, der überschwenglich tun<br />

;b. daß Er euch Lraft gebe nach dem kam, über alles, das wir bitten oder<br />

Reichtum Seiner Herrlichkeit, stark zu verstehen, nach der Lraft, <strong>die</strong> da in<br />

werden durch Seinen Geist an dem in- „,is wirket<br />

wendigen Menschen, ri. -- »- Dem -sei Ehr« in der Gemeine, <strong>die</strong><br />

>7- daß Christus wohne durch den in Lhrifto Iesu ist, zu aller Zeit, von<br />

Glauben in euren Herzen und ihr durch Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.<br />

' Lph. 3,^-3—r?<br />

A ls d er A p o stel <strong>die</strong>sen B r i e f schrieb, sa ß er g e fa n g e n in R o m . G e ­<br />

f ä n g n is ist n ic h t b lo ß A n fe c h tu n g f ü r den L eib , so n d e rn auch f ü r<br />

S e e le u n d G e is t, w e r g e fa n g e n ist, k a n n sich n ic h t m e h r v e r te id ig e n ;<br />

a b e r seine Feinde h ö re n d e s h a lb n ic h t a u f z u red en , w e r g e fa n g e n ist,<br />

m u ß sein A rb e its fe ld einem a n d e rn ü b e rla s s e n ; a b e r säen sie auch<br />

g u te n S a m e n , o d e r säen sie U n k r a u t? w e r g e fa n g e n ist, d a r f v ie l­<br />

leicht w ie P a u l u s B r ie f e sch reib en ; a b e r w a s ist d a s geschriebene<br />

W o r t g e g e n ü b e r dem g e sp ro ch en en !<br />

A ls d er A p o ste l bei seiner letzten R e ise n ach I e r u s a le m in M ile t v o n<br />

den Ä ltesten d e r ephesinischen G e m e in d e A bschied n a h m , sa g te er ih n e n<br />

v o r a u s , d a ß „ g re u lic h e W ö l f e " ü b e r sie k o m m e n w ü r d e n . L r w u ß te<br />

a lso v o r a u s , w a s geschehen w ü r d e , w a s m a g ih m a lle s im G e ­<br />

f ä n g n is z u O h r e n g ek o m m en sein, d a s seinen le b h a fte n G e is t und!<br />

sein h e iß e s B l u t in W a l l u n g b ra c h te ! A ch, g e n u g S c h lim m e s u n d<br />

Ä rg e rlic h e s !<br />

P a u l u s h a t <strong>die</strong>se u n d ä h n lic h e A n fe c h tu n g e n ü b e r w u n d e n . D a v o n<br />

z e u g t d a s T e x t w o r t . E r b itte t n ic h t u m T r o s t, s o n d e rn trö s te t selber.<br />

L r w e i ß : S i e denken a n m ic h , <strong>die</strong> d a in E p h e s u s . A lso sch reib t e r :<br />

„ w e r d e t n ic h t m u t l o s u m m e in e r T r ü b s a l w ille n , d ie ich f ü r euch<br />

leide. S i e sin d ja eine E h r e f ü r euch". S i e so llen a ls o n ic h t m e in e n ,<br />

er sei seinen F ein d en e rle g e n ; sie so lle n g e w iß sein , d a ß er f ü r C h r i ­<br />

stus leid et. D a n a c h lenkt e r gleich ih re n B lic k v o n sich u n d seinem


Woche des ; ö. Sonntags nach Trinitatis 7??<br />

p ersö n lich e n S ch ick sal f o r t a u f G o t t h i n : „ G e n a u so rv ie ih r in<br />

E p h e s u s b e u g e au ch ich h ie r m e in e L n ie im G e b e t, w i r b eten beide<br />

z u einem V a t e r " . A lso lockert e r d ie B a n d e p e rsö n lic h e r A n h ä n g lic h ­<br />

keit u n d v e rw e is t d ie E p h e s e r a u f D e n , „ v o n d e m a lle V a te rs c h a ft<br />

im H im m e l u n d a u f E r d e n ih re n N a m e n h a t " . P a u l u s ist d e r<br />

G l a u b e n s v a te r d e r G e m e in d e z u E p h e s u s . D a s ist e t w a s ! A b e r<br />

e r ist es doch n u r , w e il e r u n d seine G e m e in d e beide d en gleich en<br />

V a te r im H im m e l h a b e n . I m g e m e in sa m e n G e b e t zu I h m sin d<br />

sie m ite in a n d e r v e rb u n d e n .<br />

U m w a s b itte t - e r A p o ste l G o t t f ü r seine G e m e in d e ? „ S i e so llen<br />

stark w e r d e n a m in w e n d ig e n M e n sc h e n , - e r G la u b e so ll in ih re n<br />

H e rz e n w o h n e n , in d e r L iebe so llen sie fest g e w u r z e lt se in " . D a n n<br />

b ra u c h e n sie ih n , d en M e n sc h e n P a u l u s , n ic h t m e h r, so n d e rn beg<br />

re ife n selbst, w a s d a sei „ d ie B r e i t e u n d <strong>die</strong> L ä n g e u n d <strong>die</strong> T ie fe<br />

u n d d ie H ö h e " , w a s m e in t e r d a m it? D a s rechte geistliche U n te r ­<br />

sc h e id u n g s v e rm ö g e n , d a s d e n e itle n S c h ö n r e d n e r a u f d e r L a n z e ! m it<br />

k ühlem S c h w e ig e n s tr a f t, d en u n g e s tü m e n E i f e r e r „ i n s G e b e t"<br />

n im m t, den Z a g h a f te n , a b e r R in g e n d e n d a g e g e n m i t D a n k e rfre u t<br />

u n d e r m u tig t. H ä tte n w i r doch G e m e in d e n m i t solchem geistlichen<br />

U n te rs c h e id u n g s v e rm ö g e n !<br />

C h ristlic h e s E rk e n n e n w i r d schließlich im m e r z u e in e m E rk e n n e n d e r<br />

Liebe L h r is ti. D e n n sie ist ta u s e n d m a l g r ö ß e r a l s unsere E r k e n n tn is ­<br />

k ra ft. D a r u m e n d e t d a s E rk e n n e n d e s C h ris te n schließlich in D a n k<br />

u n d A n b e tu n g , w e r d a s n ic h t w e iß , w e iß noch g a r n ic h ts . A uch d e r<br />

A p o ste l sch ließ t m it e in e m L o b p r e is : „ I h m sei E h r e in d e r G e m e in d e , d ie<br />

in C h ris tu s ist, z u a lle r Z e it, v o n E w ig k e it zu E w ig k e it! A m e n ."<br />

D a s L ie d d e r W o c h e<br />

w a s m e in G o t t w i l l , d a s g'scheb a llz e it<br />

— d a s g ro ß e G la u b e n s lie d - e s R e f o r m a tio n s s a h r h u n d e r ts . E s ist<br />

e in e r u n te r G o t t e s E h r u n g u n d Z u c h t g e re ifte n Frömmigkeit e n t­<br />

w a c h se n . „ w a s m e in G o t t w i l l , d a s w i l l a u c h ic h ", m it G o t t<br />

k om m e, w a s k o m m e n w i l l — d a s ist d e r k r a f tv o lle G r u n d t o n d e s<br />

G e s a n g e s , - e r festen A u g e s in <strong>die</strong> Z u k u n f t blickt. Z u g le ic h lä ß t d a s<br />

L ied u n s a u f d ie G e th s e m a n e -H ö h e n d e s kirchlichen u n d christlichen<br />

L ebens H inaufblicken. D ie M e lo d ie h a t d en festen, z u v e rsich tlich en T o n<br />

e v an g elisc h e r G o tte s g e w iß h e it. D a s L ied ist d e r G e m e in d e eine starke<br />

H ilfe in g ro ß e n N ö te n .<br />

25 <strong>Das</strong> Rirchenbuch


7-r W oche des ; S. Sonntags nach Trinitatis<br />

D a s G e b e t d e r W o c h e<br />


Linder Gottes 7?S<br />

an Lindes Statt. „Lind Gottes" wird man dadurch, daß einen<br />

Christus als Bruder annimmt. Im Hinblick auf Ihn gilt von uns:<br />

Wie viel« Ihn aber aufnahmen, denen gab Lr Macht,<br />

Gottes Linder zu werden,<br />

dre an Seinen Namen glauben.<br />

Johannes I, ir<br />

Weil Christus unser Bruder wurde, sind wir — um Seinetwillen! — Linder<br />

Seines Vaters. Lr ist der „Erstgeborene unter vielen Brudern" (Röm. 8, rg).<br />

b) Daß wir Gottes Linder sind, erweist sich daran, daß wir zu Gott<br />

als zu unserem Vater beten. Dazu bedürfen wir des Heilige» Geistes. Welche<br />

Gottes Geist treibt, <strong>die</strong> sind sind Gottes Linder (Röm. 8, -4). In Seiner<br />

Lraft rufen wir: „Abba, lieber Vater!" (Röm. 8, lö). Derselbe Geist versichert<br />

uns der Tatsache, daß mir wirklich Gottes Linder sind (Röm. 8, ;ö).<br />

Nun können wir getrost beten: „Vater unser, der Du bist im Himmel".<br />

c) Daß wir Linder Gottes bleiben, dürfen wir darin bewähren, daß wir<br />

in Gottes Geboten wandeln. Auch das geschieht nicht ohne den Heiligen<br />

Geist. Aber durch den Heiligen Geist geschieht es wirklich! Als Gottes Linder<br />

werden wir aufgerufen, den Namen Gottes zu heiligen und Ihm „Ehre" zu<br />

machen, auf daß wir seien „ohne Tadel und lauter und Gottes Linder, unsträflich<br />

mitten unter dem unschlachtigcn und verkehrten Geschlecht, scheinend<br />

als Lichter ,in der well" (Phil. r, >s). „Gottes Lindschaft" ist also nicht<br />

nur ein« Gab«, sondern immer zugleich auch eine Aufgabe. Erkennen wir Gott<br />

als unseren Vater, so haben wir auch alle Seine Linder als unsere Brüder<br />

und Schwestern anzuerkennen und zu behandeln:<br />

Daran erkennen wir, daß wir Gottes Linder lieben,<br />

wenn wir Gott lieben<br />

und Sein« Gebote halten.<br />

Johannes s, r<br />

cl) Gotteskindschaft gibt es also nur in der <strong>Gemeinde</strong>, <strong>die</strong> Gott Sich<br />

durch Jesus Christus erwählt. Weil Gott schon vor Lhristi Lrdentagen<br />

Sich ein« <strong>Gemeinde</strong> erwählte, gab es auch damals Gotteskindschaft. Um<br />

Seines Erbarmens willen gehören sie Ihm als Seine Linder. In Seiner<br />

Barmherzigkeit sorgt Lr <strong>für</strong> sie. Zu Ihm rufen <strong>die</strong> Seinen: „Lieber Vater!<br />

Meister meiner Jugend!" (Ier. Z, 4. zg). Darum darf Er von Seinen<br />

„Lindern" <strong>die</strong> schuldige Ehrfurcht beanspruchen (Mal. f, S). Der Unterschied<br />

zwischen jenen und uns besteht allein darin, daß wir nach der Flcischwerdung<br />

des Sohnes mit viel stärkerer Gewißheit und größerer Freudigkeit<br />

das glauben dürfen, was auch jene glaubten. Denn Christus, in Wort<br />

und Sakrament unter uns gegenwärtig, ist unsere Bürgschaft, daß wir Gottes<br />

Linder sind.<br />

e) Daß wir Gottes Linder sind, können wir nur glauben. Daß wir als<br />

25a <strong>Das</strong> <strong>Kirchenbuch</strong>


7-4 Woche des -6. Sonntags nach Trinitatis<br />

Gottes Linder vor aller Welt erscheinen werden, das gehört zur Hoffnung<br />

des Lhristenstandes. So gewiß Christus als unser Bruder zu uns kam, so<br />

gewiß sind wir im Glauben Linder Gottes — so gewiß Christus aber wiederkommcn<br />

wird, wird man uns auch als Gottes Linder dereinst schauen können!<br />

Hier müssen wir <strong>die</strong> beiden Aussagen in z. Ioh. 3, I und r dicht nebeneinander<br />

gellen lassen: „w ir sind nun Gottes Linder; und — es ist noch<br />

nicht erschienen, was wir sein werden, w ir wissen aber, daß wir Ihm<br />

gleich sein werden; denn wir werden Ihn sehen, wie Er ist". Hier, in <strong>die</strong>sem<br />

Leben; hängt uns noch der „alte Adam" an. Die Sünde macht uns zu<br />

schaffen. Immer wieder wird unsere Gotteskindschaft durch unser eigen Arisch<br />

und Blut und Seele und Leib in 8rage gestellt. Mit der Wiederkunft Christi<br />

wird auch <strong>die</strong>ser Widerstreit geschlichtet werden, w ir werden das wirklich<br />

sein, was Lr schon jetzt wirklich ist: Gottes geliebte Söhn«. Dann gilt von<br />

allen Gläubigen: „Sie können hinfort nicht sterben; denn sie sind den Engeln<br />

gleich und Gottes Linder, <strong>die</strong>weil sie Linder sind der Auferstehung" (Luk.<br />

ro, 3ö). Dann kommt Jesu Verheißung zu ihrem Ziel, <strong>die</strong> uns jetzt im<br />

Glauben schon gilt:<br />

Selig sind <strong>die</strong> Friedfertigen,<br />

Denn sie werden Gottes Linder heißen!<br />

Matthäus S, g<br />

-ch<br />

D i e Anrede im V a te r u n s e r :<br />

V a t e r u n s e r , der D u b i s t i m H i m m e l .<br />

w a s ist das?<br />

G o t t w i l l u n s d a m it locken, d a ß w i r g la u b e n so llen ,<br />

E r sei u n se r rech ter V a te r<br />

u n d w i r S e i n e rechten L in d e r ,<br />

a u f d a ß w i r g e tro s t u n d m i t a lle r Z u v e rs ic h t I h n b itte n so llen ,<br />

w ie <strong>die</strong> lieben L in d e r ih re n lieb en V a te r .<br />

ch<br />

M on tag nach dem )b. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

Nun wir denn sind gerecht worden<br />

durch den Glauben, so haben wir Frieden<br />

mit Gott durch unsern Herrn Icsum<br />

Christ,<br />

r. durch welchen wir auch den Zugang<br />

haben im Glauben zu <strong>die</strong>ser<br />

Gnade, darinnen wir stehen, und rühmen<br />

uns der Hoffnung der zukünftigen<br />

Herrlichkeit, <strong>die</strong> Gott geben soll.<br />

3. Nicht allein aber das, sondern wir


Woche des ) ö. S onntags nach Trinitatis 7)5<br />

rühmen uns auch der Trübsal«, <strong>die</strong>- 5. Hoffnung aber läßt nicht zu Schanwcil<br />

wir wissen, daß Trübsal Geduld den werden. Denn <strong>die</strong> Liebe Gottes<br />

bringet;<br />

ist ausgegossen in unser Herz durch<br />

4. Geduld aber bringet Erfahrung; den Heiligen Geist, welcher uns ge-<br />

Lrfahrung aber bringet Hoffnung; geben ist. Röm. s, s<br />

D a s höchste G u t a u f E r d e n u n d im H im m e l ist d er Friede m it G o t t .<br />

D a s ist d er F ried e d e r g e trö ste te n G e w is s e n , d en en in m itte n p o n<br />

S ü n d e u n d S c h u ld d ie vergebende G n a d e G o t t e s b e g e g n e t<br />

(„ g e re c h t g e w o r d e n " ) . C h r is tu s ist d e r M i t t l e r d ieses F rie d e n s . D e r<br />

w a h r e G o tte s f r ie d e ist S e i n G eschenk, n ic h t F ru c h t u n se re s B e ­<br />

m ü h e n s . I n <strong>die</strong>sem F rie d e n a h n e n w i r d ie g a n z e H e rrlic h k e it G o t t e s .<br />

I h r H elles L icht f ä l l t schon jetzt a u f den d u n k le n , h a r te n w e g der<br />

T rü b s a le u n se re s L eb en s u n d e r f ü llt u n s m it n e u e r F re u d ig k e it, w e ite r ­<br />

z u g e h e n . D e n n n u n g e la n g e n w i r im F rie d e n d e s G la u b e n s zu g e ­<br />

d u ld ig e m A u s h a r r e n , v o n d a z u r s ta n d h a fte n B e w ä h r u n g ; a u s der<br />

B e w ä h r u n g a b e r e rw ä c h st u n s <strong>die</strong> H o f f n u n g : a m A n f a n g u n d a m<br />

E n d e u n se re s W e g e s ste h t <strong>die</strong> Liebe G o t t e s , <strong>die</strong> w i r d u n s n ich t<br />

v e rla sse n . S o lc h e G e w iß h e it schenkt d e r H e ilig e G e is t.<br />

Die ander« Lesung: Hebräer -r, 4—??<br />

D ien stag nach dem )ö. S o n n ta g nach Trinitatis<br />

rs. Zu dcrselbigen Zeit antwortete Jesus<br />

und sprach: Ich preis« Dich, Vater<br />

und Herr Himmels und der Erde,<br />

daß Du solches den weisen und Llugcn<br />

verborgen hast und hast es den<br />

Unmündigen offenbaret.<br />

rd. Ja, Vater, denn es ist also wohlgefällig<br />

gewesen vor dir.<br />

47. Alle Ding« sind Mir übergeben<br />

von Meinen, Vater. Und niemand<br />

kennet den Sohn, denn nur der Vater,<br />

und niemand kennet den Vater denn<br />

nur der Sohn und wem es der Sohn<br />

will offenbaren.<br />

rs. Lommt her zu Mir all«, <strong>die</strong> ihr<br />

mühselig und beladen seid; Ich will<br />

euch erquicken.<br />

rg. Nehmet auf euch Mein Ioch und<br />

lernet von Mir; denn Ich bin sanftmütig<br />

und von Herzen demütig; so<br />

werdet ihr Ruh« finden <strong>für</strong> eure<br />

Seelen.<br />

so. Denn Mein Ioch ist sanft, und<br />

Mein« Last ist leicht.<br />

Match. rs—so<br />

A llezeit f a n d d er H e r r V e r tr a u e n u n d A b le h n u n g zu g leich . D a s h a t<br />

seinen tie fe n G r u n d : D ie „ w e i s e n u n d L l u g e n " f ü h le n sich reich<br />

a n B esitz v o n w i s s e n u n d E r f a h r u n g , sie sehen zu letzt n u r sich selbst,<br />

w a s k ö n n te ih n e n I e s u s noch g e b e n ? S o leben sie in d er G o t t e s ­<br />

fern e. G a n z a n d e r s d ie „ U n m ü n d ig e n " . S i e sin d u n v e rb ild e t u n d


7,d<br />

Woche des zö. Sonn tags nach Trinitatis<br />

schlicht w ie S e i n e I ü n g e r , sin d e rfa h re n in den N ö te n d es L ebens,<br />

ih re r O h n m a c h t sich b e w u ß t u n d v o lle r S e h n s u c h t n ach g ö ttlic h e m<br />

T r o s t, sin d m it kin d lich em v e r t r a u e n d em H e r r n a u fg esch lo ssen . D e n n<br />

Christus h a t bei a lle r ä u ß e re n A r m u t doch u n e rm eß lich e M a c h t<br />

v o n G o t t g e h a b t u n d gibt jetzt an S e i n e r v o llk o m m e n e n<br />

G em einschaft m it G o t t Anteil, w e m E r will. B e i I h m<br />

k o m m t a lle s irdische L eid u n d a lle s m ü h e v o lle G o tts u c h e n z u r R u h e .<br />

v o n I h m sich ru fe n lassen u n d zu I h m g e h e n , d a s schenkt E r -<br />

q u ick u n g . D a ß w i r u n s S e in e n L ieb esd ien st g e fa lle n lassen , d a s ist<br />

S e i n „ I o c h " .<br />

Die andere Lesung: r. Lorinther s, ?—<br />

M ittw och nach dem t ö. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

7. So seid nun geduldig, lieben Brüder,<br />

bis auf <strong>die</strong> Zukunft des Herrn.<br />

Siehe, «in Ackermann wartet auf <strong>die</strong><br />

köstliche Frucht der Erde und ist geduldig<br />

darüber, bis sie empfahe den<br />

Frühregen und Spatregcn.<br />

z. Seid ihr auch geduldig und stärket<br />

eure Herzen; denn <strong>die</strong> Zukunft des<br />

Herrn ist nahe.<br />

tz. Seufzet nicht widereinander, liebe»<br />

Brüder, auf daß ihr nicht verdammt<br />

werdet. Siehe, der Richter ist vor der<br />

Tür.<br />

;o. Nehmet, meine lieben Brüder, zum<br />

Exempel des Leidens und der Geduld<br />

<strong>die</strong> Propheten, <strong>die</strong> geredet haben i»<br />

dem Namen des Herrn,<br />

f f. Siehe, wir preisen selig, <strong>die</strong> erduldet<br />

haben. Die Geduld Hiobs habt<br />

ihr gehöret, und das End« des Herrn<br />

habt ihr gesehen; denn der Herr ist<br />

barmherzig und «in Lrbarmer.<br />

Jak. s, 7—N<br />

I n d er W e l t geschieht v ie l U n re c h t u n d S ü n d e , doch w i r k ö n n e n 'S<br />

n ich t h in d e rn , u n d n u r w e n ig v o n dem geschehenen U n re c h t k an n<br />

w ie d e r zurech tg erü ck t w e rd e n , w i e v i e l u n g e d u ld ig e U n z u frie d e n h e it<br />

k o m m t d a r a u s ! H ie r lie g t d e r U r s p r u n g v ie le r Feindseligkeiten u n d<br />

R ü m p fe . D ie C h riste n h a b e n a lle z e it a n d e r B e k ä m p f u n g d e s U n ­<br />

rech ts m itg e h o lf e n , es a b e r e b e n s o w e n ig w ie a n d e re b ese itig e n k ö n ­<br />

n e n . D a g ilt es zu g leich , sich a n d e r g e d u ld ig e n , a b w a r te n d e n H a ltu n g<br />

d es B a u e r n ein V o r b ild zu n e h m e n . S o w e n ig es in seiner H a n d<br />

lie g t, d en L r n t e e r t r a g zu b e stim m e n , so w e n ig k ö n n en w i r o f t n eue<br />

V e rh ä ltn is s e e r z w in g e n . D a s k a n n a b e r d e r w ie d e rk o m m e n d e H e r r .<br />

D a r u m d ü rfe n w i r n ic h t G o t t e s G e ric h t im eigen en R ic h te n v o r w e g<br />

n e h m e n w o lle n . C h r is tu s , d e r e w ig e R ic h te r, w i r d e in m a l d a s R ech t<br />

schaffen , w a h r e G e d u ld k a n n d u rc h h a lte n u n te r d em , w a s G o t t<br />

a u fe rle g t, u n d e r w a r t e t zu gleich alles v o m H errn!<br />

Die ander« Lesung: Hiob s, -7—rb


Woche des ) t>. Sonntags nach Trinitatis 7)7<br />

D onnerstag nach dem z 6. S o n n ta g nach Trinitatis<br />

Zs. Werfet euer vertrauen nicht weg, 3«. Der Gerechte aber wird des Glaubens<br />

leben. Wer aber weichen wird,<br />

welches «ine große Belohnung hat.<br />

3ö. Geduld aber ist euch not, auf daß an dem wird Meine Seele kein Gefallen<br />

ihr den Willen Gottes tut und <strong>die</strong> haben".<br />

Verheißung empfahet.<br />

3g. w ir aber sind nicht von denen, <strong>die</strong><br />

37. Denn „noch über «ine kleine weile, da weichen und verdammt werden,<br />

so wird kommen, der da kommen soll, sondern von denen, <strong>die</strong> da glauben<br />

und nicht verziehen.<br />

und <strong>die</strong> Seele erretten.<br />

Hebe. ;o, 3S—3g<br />

D e r C h riste n h e it ist a lle z e it d e r L a m p f v e ro rd n e t g e w e sen , u n d in<br />

d e r G eschichte <strong>die</strong>ses Ä a m p f e s ist v ie l v o n B e w ä h r u n g u n d T re u e<br />

z u lesen. N u r n ic h t a b fa lle n u n d d em G e g n e r w e ic h e n , n u r n ic h t<br />

v e rs a g e n ! I n N o tz e ite n , w ie frü h e re G esch lech ter, Freudigkeit<br />

v e r t r a u e n z e ig e n ; <strong>die</strong> such t G o t t a n u n s , u m sie a u s fre ie r G n a d e<br />

reich zu b e lo h n e n . A uch h ie r w ie d e r <strong>die</strong> M a h n u n g zu t r a g e n ­<br />

der Geduld. N ic h t u n s e r, so n d e rn G o t t e s W i l l e m u ß ja geschehen.<br />

D a r u m k önnen w i r im b e stä n d ig e n G la u b e n a u s h a r r e n , b is d er H e r r<br />

d a s W e s e n <strong>die</strong>ser W e l t v e r w a n d e ln w i r d . C h riste n w eich en n ic h t;<br />

ih r w e ic h e n w ä r e U n tre u e , d ie in d a s e w ig e V e rd e rb e n s tü rz t. A ls<br />

M en sch en , <strong>die</strong> a n d en w ie d e rk o m m e n d e n H e r r n g la u b e n , sin d sie d a r ­<br />

a u f b ed ach t, I h m g e h o rs a m z u b leib en u n d I h m e n tg e g e n z u g e h e n .<br />

Die andere Lesung: I. Lorinther !S, 3S—so<br />

Freitag nach dem ) ö. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

7. Ich habe dich «inen kleinen Augenblick<br />

verlassen; aber mit großer Barmherzigkeit<br />

will Ich dich sammeln,<br />

r. Ich habe Mein Angesicht im Augenblick<br />

des Zorns «in wenig vor dir<br />

verborgen; aber mit ewiger Gnade<br />

will Ich Mich dein erbarmen, spricht<br />

der Herr, dein Erlöser,<br />

g. Denn solches soll Mir sein wie das<br />

Wasser Noahs, da ich schwur, daß <strong>die</strong><br />

Wasser Noahs sollten nicht mehr über<br />

den Erdboden gehen. Also hab Ich<br />

geschworen, daß Ich nicht über dich<br />

zürnen noch dich schelten will.<br />

-0. Denn es sollen wohl Berge weichen<br />

und Hügel hinfallen; aber Meine<br />

Gnade soll nicht von dir weichen, und<br />

der Bund Meines Friedens soll nicht<br />

hinfallen, spricht der Herr, dein Erbarmen<br />

Ics. 54, 7—so<br />

w i e d a s g e fa n g e n e V o lk z u r Z e it d e r b ab y lo n isch en G e fa n g e n s c h a ft,<br />

so h a t <strong>die</strong> L irc h e o f t u n te r d ein Z w e if e l a n G o t t e s G e g e n w a r t u n d<br />

H ilfe g e litte n , w e n n <strong>die</strong> Z a h l d e r G lä u b ig e n im m e r k lein er w u r d e ,<br />

d er S p o t t d e r F einde im m e r m e h r m it d em S c h e in d e s R e c h ts f r a g te :<br />

„ w o ist n u n d ein G o t t 7" , d a n n f ü h lte sie sich w o h l v o n G o t t v e r-


7,r<br />

Woche des - ö. Sonntags nach Trinitatis<br />

lassen, oder sie vernahm <strong>die</strong> richtende Stimme des Gewissens: G ottes<br />

Zorn liegt über dir! Geht das Christentum nicht doch seinem<br />

Ende entgegen? Da will der Prophet unseren Glauben auf einen<br />

Felsengrund stellen: Dennoch ist Gott! Nach kurzer Not wird<br />

E r <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> sammeln aus Barmherzigkeit und ihr <strong>die</strong> Freude<br />

Seiner Gegenwart schenken. Und wenn selbst <strong>die</strong> Berge dahinfielcn,<br />

fester als alle irdische Macht steht Seine Gnade und Sein Erbarmen<br />

über den Menschen und Völkern, <strong>die</strong> Seinen Namen anrufen! Größer<br />

als Sein Zorn ist Sein Erbarmen!<br />

Die ander« Lesung: Lorinther -s, si—s«<br />

S o n n a b e n d n a c h d e m ) ö. S o n n t a g n a c h T r i n i t a t i s<br />

Aber der Gerechten Seelen sind in<br />

Gottes Hand, und kein« Dual rühret<br />

sie an.<br />

r. vor den Unverständigen werden sie<br />

angesehen, als stürben sie, und ihr Abschied<br />

wird <strong>für</strong> «in« Pein gerechnet<br />

s. und ihre Hinfahrt <strong>für</strong> ein verderben;<br />

aber sie sind im Frieden.<br />

4. Ob sie wohl vor den Menschen viel<br />

Leidens haben, so sind sie doch gewisser<br />

Hoffnung, daß sie nimmermehr sterben.<br />

s. Sie werden ein wenig gestäupt,<br />

aber viel Gutes wird ihnen widerfahren;<br />

denn Gott versucht sie und<br />

findet sie, daß sie Sein wert sind.<br />

b. Er prüfet sie wie Gold im «Ofen<br />

und nimmt sie an wie «in völliges<br />

Opfer.<br />

7. Und zur Zeit, wenn Gott dreinsehen<br />

wird, werden sie helle scheinen<br />

und daherfahren wie Lammen über<br />

den Stoppeln.<br />

r. Sie werden <strong>die</strong> Heiden richten und<br />

herrschen über Völker; und der Herr<br />

wird ewiglich über sie herrschen,<br />

g. Die Ihm vertrauen, <strong>die</strong> erfahren,<br />

daß Er treulich hält; und <strong>die</strong> treu<br />

sind ln der Lieb«, läßt Er Ihm nicht<br />

nehmen. Denn Seine Heiligen sind in<br />

Gnaden und Barmherzigkeit, und Er<br />

hat ein Aufsehen auf Seine Auser-<br />

wähleten.<br />

Weish. 8, -—g<br />

Eine starke Anfechtung bereitet uns oft -er zähe Haß und der überhebliche<br />

Hohn der F ein d e Lirche und so manche damit verbundene<br />

Not. w e r aber weiß, daß wir „in Gottes Hand" sind, der weiß<br />

auch: Alle Anfechtung soll zu unserer Läuterung <strong>die</strong>nen, w e r sich<br />

darin bewährt, den nimmt Gott an. Denn Gott „hält <strong>die</strong> Treue",<br />

Seine Gnade und Barmherzigkeit läßt niemanden fallen. Den Getreuen<br />

wird der Herr an Seiner ewigen Herrschaft Anteil<br />

geben, dann ist der Feind ausgetan. Die W elt belächelt wohl schadenfroh<br />

unsere Not, sie hat kein Verständnis <strong>für</strong> unsere Hoffnung auf<br />

<strong>die</strong> Hilfe des Herrn. Aber was darf das uns kümmern! w enn w ir<br />

nur Gott vertrauen, dann erfahren w ir Seine Liebe, <strong>die</strong> nicht läßt.<br />

Die andere Lesung: Lukas ri, >0—>g


- 7 - Sonntag nach Trinitatis 7lS<br />

Siebzehnter Sonntag nach Trinitatis<br />

E s is t d i r g e s a g t , M e n s c h , w a s g u t is t u n d w a s d e r H e r r v o n<br />

d i r f o r d e r t : n ä m lic h G o t t e s W o r t h a l t e n u n d L ieb e ü b e n u n d<br />

d e m ü tig s e in v o r d e in e m G o t t .<br />

Mich» b, s<br />

D a s E v a n g e l i u m<br />

i Und es begab sich, daß Er kam in<br />

ein Haus eines «Obersten der Pharisäer<br />

auf einen Sabbat, das Brot zu essen;<br />

und sie hielten auf Ihn.<br />

r. Und siehe, da war «in Mensch vor<br />

Ihm, der war wassersüchtig.<br />

s. Und Iesus antwortet« und sagte zu<br />

den Schriftgelehrten und Pharisäern<br />

und sprach: Ist's auch recht, auf den<br />

Sabbat heilen?<br />

4- Sie aber schwiegen stille. Und Er<br />

griff ihn an und heilte ihn und ließ<br />

ihn gehen.<br />

s. Und antwortet« und sprach zu<br />

ihnen: welcher ist unter euch, dem<br />

sein «Ochse oder Esel in den Brunnen<br />

fällt, und er nicht alsbald ihn herauszeucht<br />

am Sabbattag«?<br />

S. Und sie konnten Ihm darauf nicht<br />

wieder Antwort geben.<br />

7. Er sagte aber ein Gleichnis zu den<br />

Gästen, da Er merkte, wie sie erwähleten<br />

obenan zu sitzen, und sprach zu<br />

ihnen:<br />

r. wenn du von jemand geladen wirst<br />

zur Hochzeit, so setz« dich nicht obenan,<br />

daß nicht etwa ein vornehmerer<br />

den» du von ihm geladen sei,<br />

g. und dann komme, der dich und ihn<br />

geladen hat, und spreche zu dir:<br />

weiche <strong>die</strong>sem! und du müssest dann<br />

mit Scham untenan sitzen.<br />

;o. Sondern, wenn du geladen wirst,<br />

so geh« hin und setze dich untenan,<br />

auf daß, wenn da kommt, der dich<br />

geladen hat, er spreche zu dir: Freund,<br />

rücke hinauf! Dann wirst du Ehr« haben<br />

vor denen, <strong>die</strong> mit dir zu Tische<br />

sitzen.<br />

Denn wer sich selbst erhöhet, der<br />

soll erniedriget werden; und wer sich<br />

selbst erniedriget, der soll erhöhet<br />

werden. Luk. -4, j—<br />

Ein vornehmer Pharisäer hat Iesus zu sich gebeten. Es ist eine betont<br />

einfache Einladung, „B rot zu essen"; w ir würden sagen „nur<br />

zu einem Butterbrot". Denn es ist Sabbat. Da macht man sich und<br />

der Dienerschaft nicht mehr Arbeit, als unbedingt nötig ist. Dennoch<br />

hat <strong>die</strong> Einladung in der Absicht des Gastgebers eine gewisse Bedeutung.<br />

E s heißt: „Sie hielten auf ihn". Die hier versammelten<br />

Personen, lauter Schriftgelehrte und Pharisäer, wollten vermutlich<br />

den berühmten Mann aus Nazareth einmal unter sich haben. Sie<br />

wollten ihn gesellschaftlich und theologisch unter <strong>die</strong> Lupe nehmen,<br />

w ird E r Sich eine Blöße geben?<br />

Iesus hat <strong>die</strong> Einladung angenommen und kommt. Aber in dem


7ro<br />

Woche des ! 7. S 0 n ntags nach Trinitatis<br />

Augenblick, als E r das Haus betritt, liegt da ein wassersüchtiger<br />

Mensch, der geheilt sein möchte. Schon ist das theologische „Problem"<br />

da, aber anders, als <strong>die</strong> Gchriftgclehrten es sich gedacht haben. E s<br />

ist ein richtiges „Problem", d. h. zu deutsch etwas, das einem vor<br />

<strong>die</strong> Füße geworfen wird. Es liegt da in der Person eines schwerkranken<br />

Menschen. Der kann nicht warten, bis der Sabbat vorüber<br />

ist, sondern nimmt <strong>die</strong> Gelegenheit wahr und bittet den Herrn um<br />

Hilfe. ,<br />

Iesus weiß, warum man Ih n geladen hat. Deshalb nimmt auch<br />

E r <strong>die</strong> Gelegenheit wahr, wartet nicht erst, bis <strong>die</strong> andern Ih m<br />

fragen stellen, sondern fragt Selber: Darf man am Sabbat heilen<br />

oder nicht) — Alle sehen den Lranken da liegen. Deshalb hat Iesu<br />

Frage ein anderes Gewicht, als es sonst theologische Streitfragen<br />

haben. S o bekommt E r denn auch keine Antwort. Da gibt E r sie<br />

Selber. E r heilt den Lranken.<br />

M an sollte meinen, <strong>die</strong>s wäre eine sehr eindeutige Antwort gewesen.<br />

Denn was ist eindeutiger als eine solche Tatsache? Aber Schriftgelehrte<br />

und Pharisäer sind auch durch Tatsachen nicht zu überzeugen.<br />

Sie sagen unter Umständen, Iesu Wunder seien lauter Tcufelswerk.<br />

Darum fährt der Herr fort: „welcher ist unter euch, dem sein Ochse<br />

oder Esel in den Brunnen fällt, und der ihn nicht alsbald herauszieht<br />

am Sabbattage?" E r erinnert damit an r. Mose rz, 33. 34. Dort<br />

wird gesagt, daß jemand, auf dessen Hof der „Ochse oder Esel" des<br />

Nachbarn infolge von Unachtsamkeit zu Schaden kommt, <strong>für</strong> das<br />

Gut des Nächsten haftbar ist. Also dem Tier hilft man nicht bloß<br />

aus Mitleid, sondern weil man schadenersatzpflichtig gemacht werden<br />

könnte. Beim Menschen dagegen heißt es: Heute nicht! Denn es ist<br />

Sabbat. I n <strong>die</strong>sem Fall kann ja niemand auf Schadenersatz klagen. —<br />

w a s ist das <strong>für</strong> eine seltsame Auslegung des Gesetzes Gottes! S o<br />

macht Iesus den Pharisäern und den Schriftgelehrten klar, wie sie<br />

das Gesetz mißverstehen, und was dessen eigentlicher Sinn ist. Der<br />

S inn des Gesetzes ist <strong>die</strong> Liebe. Sie ist es, <strong>die</strong> alle einzelnen Gebote<br />

richtig auslegt, auch das Gebot der Sabbatruhe.<br />

Die Liebe sollte <strong>die</strong> Auslegerin aller Gesetze und Normen unseres<br />

Lebens sein. w o sie nicht regiert, herrscht entweder jene starre Grundsätzlichkeit,<br />

<strong>die</strong> mit dem Lopf durch <strong>die</strong> w and will, oder jene Grundsatzlosigkcit,<br />

<strong>die</strong> sich immer damit entschuldigt, es sei in <strong>die</strong>sem und<br />

jenem Falle „wirklich nicht gegangen", w enn man um der Liebc


-7- Sonntag nach Trinitatis 7U<br />

willen einen Grundsatz aufhebt, so bestätigt immer <strong>die</strong> Ausnahme<br />

<strong>die</strong> Regel, w a s Iesus hier am Sabbat tut, heiligt ihn, obwohl<br />

E r scheinbar das Sabbatgebot durchbricht. Umgekehrt, wo <strong>die</strong> Liebe<br />

mit Rücksicht auf bestimmte Menschen, Umstände und Gelegenheiten<br />

neue Grundsätze aufrichtet, führt sie nie Zwang ein, sondern bildet<br />

Sitte. Aus der Liebe verstanden ist Gottes Gesetz ein Gesetz der<br />

Freiheit. Auch Seine Wahrheit ist eine frei wirkende Wahrheit.<br />

Als man zu Tische geht, entsteht ein Rangstreit um <strong>die</strong> Plätze. Jeder<br />

will der vornehmste sein. Dergleichen wäre auf einer heutigen Gesellschaft<br />

nicht gut möglich. Aber spielt sich nicht etwas Ähnliches<br />

oft genug vorher ab, wenn <strong>die</strong> Tischordnung festgelegt w ird) Oder<br />

auch nachher, wenn <strong>die</strong> Beschwerden derer einlaufen, <strong>die</strong> ihrer Meinung<br />

nach den unrichtigen Platz bekommen haben) Die Menschen<br />

bleiben sich darin zu allen Zeiten gleich. Gäbe es keine Rangordnung<br />

und demgemäß auch keinen Rangstreit, dann käme ihnen <strong>die</strong> W elt<br />

vermutlich langweilig vor. w e r kann all <strong>die</strong> feinen und feinsten<br />

Unterschiede im Lopf behalten, <strong>die</strong> es auf <strong>die</strong>sem Gebiet gibt) E s<br />

ist eine wahre Wissenschaft. Und zu beobachten, aus was <strong>für</strong> G ründen<br />

<strong>die</strong>ser jenen oder <strong>die</strong>se jene über <strong>die</strong> Schulter ansieht und verachtet,<br />

das ist eine wahre Romö<strong>die</strong>.<br />

w a s Iesus dazu sagt, will nicht als eine moralische Lehre verstanden<br />

werden. Es wird vielmehr ausdrücklich als ein Gleichnis<br />

bezeichnet. E r sieht <strong>die</strong>sen menschlichen Rangstreit mit den Augen<br />

des Sohnes Gottes an. I n Gottes Augen ist aller menschliche Rangstreit<br />

gleich töricht. Darum gibt der Herr <strong>die</strong>sen vornehmen Schriftgelehrten<br />

eine sehr kräftige Lehre. Sie wollten Ihn, den Zimmermannssohn<br />

aus Nazareth, unter <strong>die</strong> Lupe nehmen; aber sie ahnen<br />

nicht, daß sie selber unter den Augen des Sohnes Gottes sind. Der<br />

Herr sagt: „Bist du zu einer Hochzeit geladen, so setze dich nicht<br />

obenan. Es könnte einer kommen, der noch vornehmer ist als du.<br />

Dann mußt du ihm weichen. Setz' dich ganz nach unten. Dann wirst<br />

du vielleicht nach oben gebeten und so besonders geehrt". Denn »wer<br />

sich selbst erhöht, der soll erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt,<br />

der soll erhöht werden«".<br />

Von welcher Hochzeit redet E r da) Meint E r wirklich nur irdische<br />

Hochzeiten, oder meint E r das königliche Hochzeitsmahl im Reiche<br />

Gottes) Der Text sagt, Seine W orte seien ein „Gleichnis". Also<br />

meint E r beides. Und warum) w e il <strong>die</strong> Schriftgeiehrten und <strong>die</strong>


Woche des -7. Sonntags nach Trinitatis<br />

Pharisäer, was sie hei <strong>die</strong>sem Abendessen tun, im Blick auf das<br />

Reich Gottes auch tun. Da will ja auch jeder von ihnen den ersten<br />

Platz haben.<br />

w en n w ir Menschen immer den Platz vor Augen hätten, den Gott<br />

uns dereinst in -er Ewigkeit anweisen wird, würden w ir <strong>die</strong> irdischen<br />

Rangfragen nicht gar so wichtig nehmen. Aber wer glaubt<br />

denn, daß Bescheidenheit und Dienst dermaleinst ihren Lohn bekommen,<br />

der nicht glgubt, daß G 0 tt es ist, der erhöht und erniedrigt ? —<br />

Umgekehrt: Setzt <strong>die</strong> W elt dich einmal ganz kurz nach unten —<br />

gewiß, erst tut es weh; aber sei gewiß: Gott wird dich erhöhen zu<br />

Seiner Zeit!<br />

D i e E p i s t e l<br />

So ermähn« nun euch ich Gefangener<br />

in dem Herrn, daß ihr wandelt,<br />

wie sich's gebühret eurem Beruf,<br />

darinnen ihr berufen seid,<br />

r. mit aller Demut und Sanftmut,<br />

mit Geduld, und vertraget einer den<br />

andern in der Liebe<br />

s. und seid fleißig, zu halten <strong>die</strong> Einigkeit<br />

in, Geist durch das Band des<br />

Friedens;<br />

4. ein Leib und «in Geist, wie ihr<br />

auch berufen seid auf einerlei Hoffnung<br />

eures Berufs;<br />

ö. ei» Herr, ein Glaube, «ine Tauf«;<br />

5. ein Gott und Vater unser aller,<br />

der da ist über euch allen und durch<br />

euch alle und in euch allen.<br />

Lph. 4» r—Ü<br />

<strong>Das</strong> Evangelium zeigt dir <strong>die</strong> falsche, <strong>die</strong> Epistel <strong>die</strong> richtige Auslegung<br />

des Gesetzes und der Wahrheit Gottes. Der Apostel e r ­<br />

mähnt <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> zu Lphesus. Aber er sagt nicht: Dies dürft ihr<br />

nicht tun und jenes nicht, sondern er erinnert sie und uns an unsere<br />

himmlische Berufung. Denk' an dein ewiges Erbe, dann wird dir<br />

alles Irdische weniger wichtig, und du lernst in Sanftm ut, Geduld<br />

und Demut tragen, was schwer daran ist. Die W elt liebt <strong>die</strong>se<br />

Tugenden nicht; sie preist Macht, Tatkraft und stolzes Wesen. Aber<br />

darum ist ja auch soviel Streit in ihr. w e il <strong>die</strong> Lhristen ihr B ürgerrecht<br />

im Himmel haben, darum herrscht unter ihnen, wenn sie<br />

rechte Christen sind, das Gesetz der Liebe. „Seid fleißig zu halten <strong>die</strong><br />

Einigkeit im Geist durch das Band des F r ie d e n s" . w ie schön hat<br />

der Apostel das gesagt, wie schön hat es Luther übersetzt, und wie<br />

schön ist's da, w o's Wirklichkeit ist!<br />

w o rin und wodurch sind <strong>die</strong> Lhristen untereinander eins? Sie sind<br />

ein Leib und ein Geist, nämlich Leib und Geist Christi als Seine<br />

<strong>Gemeinde</strong>. Es gibt in Wahrheit nur eine Äirche. Sie sind alle zu


-7- Sonntag nach Trinitatis 7 rs<br />

ein u n d derselben Hoffnung berufen. <strong>Das</strong> ist das ewige Leben<br />

mit Christus, ihrem Herrn. Sie haben einen Glauben. Sie sind<br />

durch ein u n d dasselbe Bad der Taufe gegangen. E s gibt nur<br />

einen Gott, der ist über uns allen, durch uns alle und in uns allen.<br />

Der Apostel spricht hier als ein Gefangener. E r kann nicht nach<br />

Lphesus reisen, um dort nach dem Rechten zu sehen. E r kann der<br />

dortigen <strong>Gemeinde</strong> nur schreiben: I n Gottes Augen ist <strong>die</strong> Äirche<br />

eine Einheit, w e r das vergißt, läuft Gefahr, seine Berufung zu<br />

verlieren. Äann man <strong>die</strong> Äirche von heute durch Reisen einigen?<br />

Sicher nicht. M an muß ihr predigen: Vor Gott seid ihr alle eins.<br />

w e r das vergißt im Reden, im Schreiben, im Denken, ist in Gefahr,<br />

seine Berufung zu verlieren. E r betrübt den Heiligen Geist,<br />

w e r wollte das?<br />

D a s L ied d e r W o c h e<br />

w o Gott oer Herr nicht bei uns hält<br />

Es ist gedichtet von Iustus Ionas. Als M artin Luther zsr- auf<br />

seiner Reise nach dem Reichstag in w o rm s durch Erfurt kam, hatte<br />

sich der Erfurter Domherr Iustus Ionas ihm schon von Weimar aus<br />

angeschlossen. Seitdem blieb er an Luthers Seite. E r wurde P rofessor<br />

in wittenberg und Luthers Mitarbeiter bei der Bibelübersetzung.<br />

I n Luthers Sterbestunde w ar er bei ihm und hielt ihm<br />

hernach <strong>die</strong> Grabrede. Dies Lied lehnt sich an Psalm r 4 an. Der<br />

Dichter blickt den Gefahren unerschrocken ins Auge, <strong>die</strong> der Äirche<br />

von ihren F ein d en - r o h e n . Ihre List muß von G ott „gebrochen",<br />

ihr Rat „aufgedeckt" werden. I n alledem handelt es sich um „Menschenkraft<br />

und Menschenwitz". Schlau fädeln sie ihre Anschläge ein.<br />

Dort: groß Macht und viel List, — hier: Gottes heilige Macht und<br />

allmächtig rettende Gnade in Iesus Christus. Die W elt murrt, —<br />

<strong>die</strong> Äirche harrt und betet. Die W elt hat Mutwillen — <strong>die</strong> Äirche<br />

Demut. Demut ist M ut zu <strong>die</strong>nen und zur Treue.<br />

Die Melo<strong>die</strong> ist in sich geschlossen und hat den innigen Älang gläubigen<br />

Flehens.<br />

D a s G e b e t d e r W o c h e<br />

H e r r G o t t , h im m lis c h e r V a t e r , w i e b i t t e n D ic h , g i b u n s D e in e n<br />

H e ilig e n G e i s t , d a ß w i r D e i n W o r t h ö r e n u n d a n n e h m e n , a u f<br />

d a ß u n s e re S e e l e d a d u r c h g e h e i l i g t u n d u n s e r W a n d e l e r n e u e r t


?r4 Woche des -7. Sonntags nach Trinitatis<br />

w e r d e , u n d w i r D i r le b e n i n Z e it u n d E w i g k e i t , d u rc h u n s e r n<br />

H e r r n J e s u m C h r i s t u m , d e r m i t D i r u n d d e m H e ilig e n G e is te<br />

le b e t u n d r e g i e r e t v o n E w i g k e i t z u E w i g k e i t . A m e n .<br />

-i-<br />

D a s W erk der Diakonie<br />

Die Diakoni« der Äirche ist eine Tochter der predigt von der rechtfertigenden<br />

.Gnade Gottes in Christus. Diakonie heißt „Dienst"; sie ist nichts anderes als<br />

der Dienst der Barmherzigkeit, wie Lohe sagt: „nicht um Dank oder Lohn,<br />

sondern aus Dank und Liebe; ihr Lohn ist, daß sie darf". Die Diakonie der<br />

Äirche wächst aus der Diakonie Jesu Christi, ihres Herrn, und lebt von ihr<br />

Tag und Nacht (Lph. r, -o; z. petr. r, g; Ioh. ;s, s).<br />

i. Des Heilandes Werk zu unserer und aller Menschen Erlösung ist von<br />

Ihm Selbst in das Wort „Diakonie" gefaßt:<br />

Denn auch des Menschen Sohn ist nicht gekommen,<br />

daß Er Sich <strong>die</strong>nen lasse, sondern daß Er <strong>die</strong>ne<br />

und gebe Sein Leben zur Bezahlung <strong>für</strong> viele.<br />

Markus -o, 4s<br />

Ich aber bin unter euch wie ein Diener.<br />

Lukas rr, 27<br />

<strong>Das</strong> ist <strong>die</strong> Diakonie Christi: Er hat Sein Leben, Sein Leiden, Seine<br />

Vollendung und Sein« Wiederkunft in den Ernst des Dienens gestellt.<br />

Aus solcher Diakonie ist <strong>die</strong> <strong>Gemeinde</strong> geboren und durch sie immerdar erhalten.<br />

Und <strong>die</strong> Äirche darf und soll um ihres Heilandes Diakonie <strong>für</strong> sich und<br />

alle einmütig rufen: „Du Länig der Ehren Iesu Christ . . . Zeig uns Deine<br />

Barmherzigkeit, wie unsre Hoffnung zu Dir steht. Auf Dich hoffen wir,<br />

lieber Herr, in Schanden laß uns nimmermehr".<br />

r. Damit hebt <strong>die</strong> Diakonie der Äirche an. Die <strong>Gemeinde</strong> I«su Christi<br />

hat zu all ihrem Dienst der Barmherzigkeit Befehl und Verheißung ihres<br />

Herrn. Als Er den Seinen den Dienst der 8ußwaschung erwiesen hat,<br />

spricht Er:<br />

Ein Beispiel habe Ich euch gegeben, daß ihr tut,<br />

wie Ich euch getan habe.<br />

Iohannes ?3,<br />

Er will von Seinen Jüngern:<br />

Darum seid barmherzig,<br />

wie auch euer Vater barmherzig ist.<br />

Lukas b, sö


<strong>Das</strong> Werk der Diakonie<br />

7rs<br />

Im Gleichnis vorn Jüngsten Gericht trifft <strong>die</strong> einen Sein vernichtendes<br />

Urteil: „wahrlich, Ich sag« euch: was ihr nicht getan habt einem unter <strong>die</strong>sen<br />

Geringsten, das habt ihr Mir auch nicht getan". Die anderen segnet Seine<br />

Gnade: „wahrlich, Ich sage euch: was ihr getan habt einem unter <strong>die</strong>sen Meinen<br />

geringsten Brudern, das habt ihr Mir getan" (Matth. rs, 4 d. 4 b). Was<br />

sich also Diakonie der Äirche nennt, muß solchen Befehl und solche Verheißung<br />

des Herrn <strong>für</strong> sich haben. Es muß sich auswirken im Gehorsam und aus der<br />

Lraft Seiner Liebe. Dabei muß es dem gelten, was der Herr Christus als<br />

Seine Dienstanweisung Seiner Äirche gegeben hat <strong>für</strong> <strong>die</strong> Zeit zwischen Seiner<br />

Himmelfahrt und Zukunft (Matth. rs, ro). <strong>Das</strong> heißt: Die Triebkraft aller<br />

Diakonie ist in dem Satz beschlossen, der Vater Dodelschwinghs Lcitspruch<br />

war: „Wie uns denn Barmherzigkeit widerfahren ist, so werden wir nicht<br />

müde". Und ein volkening hat es den <strong>Gemeinde</strong>n im Ravensbergcr Land ins<br />

Her; gepredigt: „Gerettet sein gibt Rettersinn". Solche Diakonie kann nur<br />

aus Glauben geschehen, ihr Trost und ihr Trutz ist ihres Herrn Gegenwart,<br />

ihre Lraft besteht in der Zugehörigkeit zu Ihm.<br />

Der Dienst der Barmherzigkeit ist <strong>für</strong> <strong>die</strong> Iünger des Herrn Iesus ein Stück<br />

ihres Dienstes. Doch ist auch schon im Neuen Testament neben dem geordneten<br />

Amt der Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung ein geordnetes Amt<br />

des Dienstes der Barmherzigkeit bezeugt. Die Urgemeinde läßt keins ihrer<br />

Glieder im Stich (Ap. Gesch. r, 4s und 4, sr). Um wirklich aller Not begegnen<br />

zu können, schafft sie das Amt der Diakonie (Ap. Gesch. ö, )—7,<br />

Röm. 10, z. r). Dies geordnete Amt ist der Äirche im Lauf der Zeit verloren<br />

gegangen. Gleichwohl ist der Dienst der Barmherzigkeit nie völlig verschwunden<br />

gewesen, weil es in der <strong>Gemeinde</strong> Iesu Christi auf Erden nach<br />

Seinen; Wort allezeit Arme und Lranke, Hungrige lind Elende gegeben hat,<br />

so waren auch Hände und Herzen da, <strong>die</strong> sich <strong>die</strong>ser Not um des Herrn<br />

willen annahmen (Martin von Tours, Elisabeth von Thüringen u. a.). Neue<br />

Ansätze geordneter Diakonie fanden sich bei Vater Luther (Lcisningcr Lastenordnung).<br />

Theodor Fliedncr in Laiserswerth ist durch Gottes Gnade Erneuerer<br />

des apostolischen Diakonieamtes in der evangelischen Äirche geworden.<br />

Wichern und er haben in Hamburg und Duisburg nach den Frauen auch <strong>die</strong><br />

Männer zum diatonischen Dienst gerufen. Aus kleinen Anfängen, wie alles<br />

Echte im Reiche Gottes, ist <strong>die</strong> Diakonie der Äirche geworden, in den beiden<br />

Formen der „Muttechausdiakonie" und der unmittelbaren „<strong>Gemeinde</strong>diakonie".<br />

8. Die Diakonie der Äirche ist eine, ihrer Arbeitsfelder und Dien stweisen<br />

sind viele. Sie geschieht in den <strong>Gemeinde</strong>n und Anstalten, in den<br />

Lrankenhäusern wie an einzelnen Rrankenbetten, in Äindcrgärten und Altersheimen.<br />

Sie geht den verwahrlosten nach und müht sich um <strong>die</strong> Mühseligen<br />

und Beladenen aller Art. Sie besucht <strong>die</strong> Verlassenen und betreut <strong>die</strong> Brüder<br />

jenseits der Grenzen. Sie tut ihr Werk an den Iammerstätten unseres Geschlechts,<br />

in den Schlupfwinkeln der Sünde und auf den mancherlei Schlacht-


72ö_____________ W oche des -7. S o nntags nach Trinitatis<br />

feldern eines eisernen Jahrhunderts. Sie tut ihren Liebes<strong>die</strong>nst der Handreichung<br />

in tausend leiblichen Nöten, kleinen und großen, und unterläßt doch<br />

ihren wichtigsten Dienst, den der Scelsorge, niemals, sondern führt zu Jesu<br />

(Joh. r, 42).<br />

In solchem Dienen macht sich <strong>die</strong> Äirche und ihre Diakonie unentbehrlich.<br />

Nicht mit dem, was sie aus sich ist, sondern mit dem, was Christus ihr gegeben<br />

hat. wichtig ist ihr nicht ihr Name und Ruhm, sondern ihres<br />

Heilandes Ehre und Sieg. Über all ihrem Dienst steht das Wort Johannes<br />

des Täufers, das Fliedners Leitspruch war:<br />

Er muß wachsen, ich aber muß abnehmen.<br />

Johannes s, 30<br />

Und der Erfolg der Diakonie? Sie lernt unter dem Lreuz ihres Heilandes:<br />

Es kommt nicht darauf an, ob wir im Dienste glückhaft sind, sondern<br />

nur darauf, daß wir treu sind. S o sagt Lohe: „Und wenn ich umkomme?<br />

»Lomme ich um, so komme ich um«, sprach Esther, <strong>die</strong> doch Ihn nicht kannte.<br />

Ich aber kenne Ihn". Die Äirche kennt ihren Herrn und weiß von Seiner<br />

völligen Hingab« und lebt von ihr. So tut sie ihren Dienst, in dem sie sich<br />

mit Leib und Leben, Gut und Blut ihrem Äönig wiedergibt.<br />

4. Der R uf der Äirche, ihr in solchem Dienst der Barmherzigkeit zu helfen,<br />

geht weiter, wer selbst gerettet ist, läßt sich nicht durch Einwände des<br />

Unverstandes, nicht durch eigene Leidensscheu abhalten, sich der Diakonie der<br />

Äirche, vielmehr dem Herrn der Äirche, zur Verfügung zu stellen. Es wird<br />

geschehen im Gehorsam gegen <strong>die</strong> Wegführung des Herrn Christus.<br />

„w ir stärken unseren Dienst gewiß nicht mit »Instruktionen«, sondern dadurch,<br />

daß wir stark werden in dem Herrn und in der Macht Seiner Stärke", sagt<br />

Bezzel. Für jh^ Diakonie braucht <strong>die</strong> Äirche den klaren Dlick in <strong>die</strong> Diakonie<br />

ihres Herrn, ein heißes Herz <strong>für</strong> <strong>die</strong> Not um sie her, eine feste Hand<br />

und einen starken willen, um Jesu willen der Not zu Leibe zu rücken»<br />

einen guten Mut, täglich in <strong>die</strong> Schatzkammer Gottes zu greifen und sich<br />

darares zu holen „Gnade um Gnade". Dann ist ihre Diakonie gut und echt,<br />

und sie spricht auch bei der Hingabe des letzten Blutstropfens und des letzten<br />

Atemzuges: „Er ist es wert, daß man Ihn ehrt und sich in Seinem Dienst<br />

verzehrt". Darüber sehnt sie sich und streckt sich nach der Zeit, wo über ihr<br />

vor dem Thron Gottes in der ewigen Herrlichkeit gesprochen wird: „... Darum<br />

sind sie vor dem Stuhl Gottes und <strong>die</strong>nen Ihm Tag und Nacht in<br />

Seinem Tempel, und der auf dem Stuhl sitzt, wird über ihnen wohnen"<br />

(vffbg. 7, -4—?b).<br />

Und Gott wird abwischen all« Tränen von ihren Augen.<br />

Offenbarung 7, 17


Woche des z 7 . Sonntags nach Trinitatis<br />

7t7<br />

M on tag nach dem -7. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

s. Zu der Zeit ging Jesus durch <strong>die</strong><br />

Saat am Sabbat; und Seine Jünger<br />

waren hungrig, fingen an, Ähren auszuraufen,<br />

und aßen.<br />

r. Da das <strong>die</strong> Pharisäer sahen, sprachen<br />

sie zu Ihm: Siehe, Dein« Jünger<br />

tun, das sich nicht ziemt am Sabbat<br />

zu tun.<br />

S. Er aber sprach zu ihnen: Habt ihr<br />

nicht gelesen, was David tat, da ihn<br />

und <strong>die</strong> mit ihm waren, hungerte)<br />

4. wie er in das Gotteshaus ging<br />

und aß <strong>die</strong> Schaubrot«, <strong>die</strong> ihm doch<br />

nicht ziemte zu essen, noch denen, <strong>die</strong><br />

mit ihm waren, sondern allein den<br />

Priestern?<br />

s. «Oder habt ihr nicht gelesen im<br />

Gesetz, wie <strong>die</strong> Priester am Sabbat<br />

im Tempel den Sabbat brechen und<br />

sind doch ohne Schuld)<br />

ö. Ich sage aber euch, daß hie Der<br />

ist, der Atzch größer ist denn der<br />

Tempel.<br />

7. wenn ihr aber wüßtet, was das<br />

sei: „Ich hab« Wohlgefallen an der<br />

Barmherzigkeit und nicht am Opfer"<br />

— hättet ihr <strong>die</strong> Unschuldigen nicht<br />

verdammt.<br />

s. Des Menschen Sohn ist ein Herr<br />

auch über den Sabbat.<br />

Matth. -r, r<br />

Der Sonntag als der Tag der Arbeitsruhe und des Gottes<strong>die</strong>nstes ist<br />

Gottes «Ordnung seit Anbeginn -er Menschheit und darum <strong>für</strong> uns<br />

eine gnädige w o h ltat Gottes. E r weist als der Tag des Herrn, als<br />

der Tag Iesu Christi hin auf jenen kommenden Tag Gottes, an dem<br />

der neue Himmel und <strong>die</strong> neue Erde sichtbar werden. <strong>Das</strong> Feiertagsgebot<br />

war <strong>für</strong> <strong>die</strong> Gegner Iesu eins -er heiligsten. Iesus kommt<br />

auch in bezug auf <strong>die</strong>sen Tag nicht als der Gesetzesbrecher. Aber<br />

L r stellt den S inn des Ruhetages wieder her: daß Gottes B arm ­<br />

herzigkeit gepriesen werde! w o das Sonntagsgesctz wider den Glauben<br />

und <strong>die</strong> Liebe geht, gilt es zu erkennen, daß Christus -er Herr ist<br />

auch des F eiertages! Den Feiertag heiligen heißt: Christus, dem Auferstandenen,<br />

folgen.<br />

Die andere Lesung: Römer 12, s—;o<br />

D ien stag nach dem -7. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

-0. Und Er rief das Volk zu Sich und<br />

sprach zu ihm: Höret zu und vev<br />

nehmet's!<br />

-z. w a s zum Munde eingehet, das<br />

verunreiniget den Menschen nicht;<br />

sondern was zum Mund« ausgehet,<br />

das verunreiniget den Menschen,<br />

ir. Da traten Sein« Iüngcr zu Ihm<br />

und sprachen: weißt Du auch, daß sich<br />

<strong>die</strong> Pharisäer ärgerten, da sie das<br />

Wort höreten)<br />

-s. Aber Er antwortet« und sprach:<br />

Alle pflanzen, <strong>die</strong> Mein himmlischer<br />

Vater nicht pflanzte, <strong>die</strong> werden ausgereutet.<br />

-4. Lasset sie fahren! Sie sind blinde<br />

Blindcnleiter. wenn aber ein Blinder


s<br />

Woche des l 7. Sonntags nach Trinitatis<br />

den andern leitet, so fallen sie beide<br />

in <strong>die</strong> Grub«.<br />

;s. Da antwortete Petrus und sprach<br />

zu Ihm: Deute uns <strong>die</strong>s Gleichnis,<br />

fö. Und Iesus sprach zu ihnen: Seid<br />

ihr denn auch noch unverständig?<br />

)7. Merket ihr noch nicht, daß alles,<br />

was zum Munde eingehet, das gehet<br />

in den Bauch und wird durch den natürlichen<br />

Gang ausgeworfen)<br />

w a s aber zum Munde herausgehet,<br />

das kommt aus dem Herzen,<br />

und das verunreiniget den Menschen.<br />

;g. Denn aus dem Herzen kommen<br />

arge Gedanken: Mord, Ehebruch, Hurerei,<br />

Dieberei, falsch Zeugnis, Lästerung.<br />

ro. <strong>Das</strong> sind <strong>die</strong> Stücke, <strong>die</strong> den Menschen<br />

verunreinige». Aber mit ungewaschnen<br />

Händen essen verunreiniget<br />

den Menschen nicht.<br />

Matth. -s, ;o—ro<br />

w o hat das Döse seinen Sitz in -er W elt) Menschen antworten:<br />

I n den Verhältnisse». (Oder sie sagen: Dei bösen Menschen. I n <strong>die</strong>ser<br />

Einseitigkeit ist <strong>die</strong>se Antwort eine trügerische Ausrede. — w ie<br />

konntest du so etwas tun) w e r so gefragt wird, antwortet gern<br />

eilfertig: <strong>Das</strong> wollte ich nicht! Ein anderer wollte es; er hat mich<br />

verführt! Angenommen, der andere sei ein Verführer gewesen, so<br />

ist auch <strong>die</strong>se Antwort in ihrer Einseitigkeit eine gefährliche Unwahrhaftigkeit,<br />

in deren Gefolge ein Heer neuer Selbstbetörungen<br />

und Trügereien aufmarschiert. Im Ratechismus steht: „Daß uns der<br />

Teufel, <strong>die</strong> W elt u n d unser Fleisch nicht betrüge noch verführe<br />

..." Drei sind ihrer, <strong>die</strong> uns zum Bösen reizen. Unter ihnen<br />

sind gerade <strong>die</strong> beiden von dir nicht Genannten <strong>die</strong> gefährlichsten: der<br />

Teufel und unser Fleisch, unsere Lust. Du willst ein Mensch der<br />

Wirklichkeit sein und willst das nicht wissen)<br />

Die andere Lesung: Römer >r, 4—lö<br />

M ittw och nach dem f 7. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

g. Und Er ging von dannen <strong>für</strong>baß<br />

und kam in ihre Schule.<br />

! 0. Und sich«, da war ein Mensch,<br />

der hatte eine verdorret« Hand. lind<br />

sie frageten Ihn und sprachen: Ist's<br />

auch recht, am Sabbat heilen) auf daß<br />

sie «in« Sache zu Ihm hätten.<br />

11. Aber Er sprach zu ihnen: welcher<br />

ist unter euch, so er ein Schaf hat, das<br />

ihm am Sabbat in ein« Grub« fällt,<br />

der es nicht ergreife und aufhebe)<br />

zr. w ie viel besser ist nun ein Mensch<br />

denn ein Schaf! Darum mag man<br />

wohl am Sabbat Gutes tun.<br />

-3. Da sprach Er zu dem Mensch«»:<br />

Strecke deine Hand aus! Und erstreckte<br />

sie aus; und sie ward ihm wieder gesund<br />

gleichwie <strong>die</strong> andere.<br />

-4. Da gingen <strong>die</strong> Pharisäer hinaus<br />

und hielten einen Rat über Ihn, wie<br />

sie Ihn umbrächten.<br />

?5. Aber da Jesus das erfuhr, wich


Woche des -7. Sonn tags nach Trinita t i^s<br />

7^9<br />

Er von bannen. Und Ihm folgere viel legen, und Er so!! den Heiden das<br />

Volks nach, und Er heilere sie alle Gericht verkündigen.<br />

ib. und bedräuet« sie, daß sie Ihn ,9. Er wird nicht zanken noch schreren,<br />

nicht meldeten,<br />

und man wird Sein Geschrer nicht<br />

,7. auf daß erfüllet würde, das gesagt hören auf den Gassen;<br />

ist durch den Propheten Iesaia, der 20. das zerstoßne Rohr wird '^r nicht<br />

da spricht:<br />

zerbrechen, und den glimmenden Docht<br />

,8. „Siehe, das ist Mein Änecht, den wird Er nicht auslöschen, bis daß Er<br />

Ich erwählet habe, und mein Liebster, ausführe das Gericht zuni Steg;<br />

an dem Meine Seele Wohlgefallen rz. und <strong>die</strong> Heiden werden auf Semen<br />

hat; Ich will Meinen Geist auf Ihn Namen hoffen". Matth. ,r, g—rz<br />

w ie <strong>die</strong> Pharisäer, so stehen auch wir stets in der Gefahr, den<br />

Eigennutz höher zu stellen als das Gesetz der Bruderliebe. Herzenshärtigkcit<br />

entweiht <strong>die</strong> besten Lebensordnungen, aber<br />

eine w o h ltat an Lranken aus Liebe zu den Elenden heiligt den S onntag.<br />

w enn unser Nächster in Not ist, dann ist der Dienst der Liebe,<br />

auch der weniger dringliche, unaufschiebbar. Da<strong>für</strong> gibt uns der<br />

Herr ein Beispiel in der Heilung eines Rranken am Sabbat, welche<br />

Gegensätze vereinigen doch so manche Frommen Herzen! Sie<br />

bringen es fertig, <strong>die</strong> äußere Heilighaltung des Feiertags mit gehässigen<br />

Gedanken zu verbinden! w o aber <strong>die</strong> Liebe fehlt, da ist<br />

der Sonntag verletzt. Unbeirrt durch menschlichen Haß ist der Herr<br />

Seinen w e g des Gehorsams gegangen.<br />

Die andere Lesung: Ieremias -7, ig—r?<br />

D onnerstag nach dem -7. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

z,. Da aber Petrus gen Antiochien<br />

kam, widerstund ich ihm unter Augen;<br />

denn es war Llage über ihn kommen,<br />

z r. Denn zuvor, «he etliche von Iakobus<br />

kamen, aß er mit den Heiden;<br />

da sie aber kamen, entzog er sich und<br />

sonderte sich, darum daß er <strong>die</strong> von<br />

der Beschneidung <strong>für</strong>chtete.<br />

;s. Und heuchelten mit ihm <strong>die</strong> anderen<br />

Iuden, also daß auch Barnabas<br />

verführet ward, mit ihnen zu<br />

heucheln.<br />

;4. Aber da ich sah, daß sie nicht<br />

richtig wandelten nach der Wahrheit<br />

des Evangeliums, sprach ich zu Petrus<br />

vor allen öffentlich: So du, der du<br />

ein Iud« bist, heidnisch lebest und nicht<br />

jüdisch, warum zwingest du denn <strong>die</strong><br />

Heiden, jüdisch zu leben)<br />

;s. w ir sind von Natur Iuden und<br />

nicht Sünder aus den Heiden;<br />

;b. doch weil wir wissen, daß der<br />

Mensch durch des Gesetzes Werke nicht<br />

gerecht wird, sondern durch den Glauben<br />

an Iesum Christ, so glauben wir<br />

auch an Christum Iesum, auf daß wir<br />

gerecht werden durch den Glauben an<br />

Christum und nicht durch des Gesetzes<br />

Werk«; denn durch des Gesetzes Werke<br />

wird kein Fleisch gerecht.<br />

j7. Sollten wir aber, <strong>die</strong> da suchen,<br />

durch Christum gerecht zu werden,


7 S0<br />

auch selbst Sünder erfunden werden,<br />

so wär« Christus ein Sünden<strong>die</strong>ner.<br />

<strong>Das</strong> sei ferne!<br />

wenn ich aber das, so ich zerbrochen<br />

habe, wiederum baue, so<br />

mache ich mich selbst zu einem Übertreter.<br />

ld- Ich bin aber durchs Gesetz dem<br />

Gesetz gestorben, auf daß ich Gott<br />

leb«; ich bin mit Christo gckreuziget.<br />

Woche des - 7. Sonntags nach Trinitatis<br />

ro. Ich lebe aber; doch nun nicht ich,<br />

sondern Christus lebet in mir. Denn<br />

was ich jetzt lebe im Fleisch, das lebe<br />

ich in dem Glauben des Sohns<br />

Gottes, der mich geliebet hat und<br />

Sich selbst <strong>für</strong> mich dargegeben.<br />

rz. Ich werfe nicht weg <strong>die</strong> Gnade<br />

Gottes; denn so durch das Gesetz <strong>die</strong><br />

Gerechtigkeit kommt, so ist Christus<br />

vergeblich gestorben. Gal. r, r;<br />

Selbst her Apostel Petrus, der den Märtyrertod erlitt, ist der Versuchung<br />

der Menschenfurcht erlegen. Niemand, auch nicht -er Apostel,<br />

steht so fest, daß er um den rechten Gehorsam un- <strong>die</strong> rechte Erkenntnis<br />

nicht immer wieder beten müßte. Hier setzt <strong>die</strong> Hilfe des christlichen<br />

Bruders ein. Als der Apostel Paulus -ein Petrus widerstand<br />

und ihn öffentlich zur Ordnung rief, geschah es nicht, um sich über<br />

Petrus zu erheben oder um Petrus zu demütigen, sondern um Christus<br />

und Seinem Werk <strong>die</strong> Ehre zu geben. Um Christi willen hat <strong>die</strong><br />

<strong>Gemeinde</strong> den Auftrag der brüderlichen vermahnung, ja, wo sie unwirksam<br />

ist, -er Strafe an den Brüdern, <strong>die</strong> dem Evangelium zuwiderhandeln.<br />

w i r sollen uns nicht schämen, uns von unserem B ru ­<br />

der helfen zu lassen auf den rechten W eg, wenn wir geirrt haben.<br />

Es geht hier nicht darum, daß ein Mensch sich über den andern erhebt,<br />

sondern daß Christus gepriesen wird.<br />

Der Apostel Paulus hat kein anderes Evangelium als Petrus. Paulus<br />

weiß auch, daß Petrus ein Zeuge Iesu Christi ist un- das Evangelium<br />

verkündigen will. Aber er muß den Petrus hier darauf Hinweisen,<br />

daß d a s Evangelium nicht nur geglaubt, sondern<br />

auch bekannt werden muß, auch da, wo das Bekennen Unbequemlichkeiten,<br />

ja Schwereres zur Folge haben kann. Christus gibt<br />

den Auftrag und <strong>die</strong> Lraft dazu. „Ich lebe, doch nicht ich, sondern<br />

Christus lebt in mir". <strong>Das</strong> versagen im Bekennen ist ein versagen<br />

im Glauben, ein verlassen der Gemeinschaft mit Christus.<br />

Die andere Lesung: Galater s, >. 4—15<br />

Freitag nach dem 17. S o n n ta g nach Trinitatis<br />

-4- Es sei aber ferne von mir, rüh- chen mir <strong>die</strong> welk gekreuziqet ist und<br />

men, denn allein von dem Lreuz un- ich der Welt.<br />

fers Herrn Iesu Christi, durch wel- ?s. Denn in Christo Iesu gilt weder


Woche des 17. Sonntags nach Trinitatis 7S»<br />

Beschneidung noch Vorhaut etwas,<br />

sondern eine neue Lrcatur.<br />

zö. Und wie viel« nach <strong>die</strong>ser Regel<br />

einhcrgehen, über <strong>die</strong> sei Friede und<br />

Barmherzigkeit und über den Israel<br />

Gottes.<br />

?7- Hinfort mache mir niemand weiter<br />

Mühe; denn ich trage <strong>die</strong> Malzeichen<br />

des Herr» Jesu an meinem<br />

Leib«.<br />

-r. Die Gnad« unseres Herrn Iesu<br />

Lhristi sei mit eurem Geist, lieben<br />

Brüder! Amen. Gal. S, -4—?8<br />

<strong>Das</strong> Rreuz Iesu Lhristi beherrscht das Leben des Paulus. Iin<br />

Schatten <strong>die</strong>ses Äreuzes sieht er sich und <strong>die</strong> Menschheit. <strong>Das</strong> Äreuz<br />

bringt ihm <strong>die</strong> große Umwertung aller w erte. Glanz und Größe der<br />

W elt blenden ihn nicht mehr; allein Gottes Gnade in Iesus Christus<br />

ist ihm das Größte in seinem Leben geworden. Durch <strong>die</strong>se Gnade<br />

werden w ir neue Menschen, nicht durch das, was in uns oder an<br />

uns ist. I n <strong>die</strong>ser Gnade kommt Gottes Friede und Barmherzigkeit<br />

zu uns. Dadurch entsteht inmitten des Volkstums aller Völker das<br />

wahre Gottesvolk, <strong>die</strong> dem Herrn ganz zu eigen gehörende <strong>Gemeinde</strong>.<br />

Dem Apostel ist es heiliger Ernst mit <strong>die</strong>sem wissen, und das<br />

wurde zur Tat durch den Einsatz seines Lebens. <strong>Das</strong> will uns Zeugnis<br />

geben von der Rraft des Glaubens, damit w ir auch<br />

treu bleiben.<br />

Die andere Lesung: Matthäus ?3, >—g<br />

Sonnabend nach dem 17. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

I,. Darum, weil ihr <strong>die</strong> Armen unterdrückt<br />

und nehmet das Äorn mit<br />

großen Lasten von ihnen, so sollt ihr<br />

in den Häusern nicht wohnen, <strong>die</strong> ihr<br />

von Werkstücken gebauet habt, und<br />

den wein nicht trinken, den ihr in<br />

den feinen Weinbergen gepflanzt habt.<br />

ir. Denn Ich weiß euer Übertreten,<br />

des viel ist, und eure Sünden, <strong>die</strong><br />

stark sind, wie ihr <strong>die</strong> Gerechten dränget<br />

und Blutgeld nehmet und <strong>die</strong> Armen<br />

im Tor unterdrückt.<br />

-3. Darum muß der Lluge zur selbigen<br />

Zeit schweigen; denn es ist eine<br />

böse Zeit.<br />

14. Suchet das Gute und nicht das<br />

Böse, auf daß ihr leben mögt, so wird<br />

der Herr, der Gott Zebaoth, bei euch<br />

sein, wie ihr rühmet.<br />

is. Hasset das Bös« und liebet das<br />

Gute; bestellet das Recht im Tor, so<br />

wird der Herr, der Gott Zebaoth, den<br />

übrigen in Ioseph gnädig sein.<br />

r;. Ich bin euren Feiertagen gram<br />

und verachte sie und mag eure Versammlungen<br />

nicht riechen.<br />

rr. Und ob ihr Mir gleich Brandopfer<br />

und Speisopfer opfert, so hab Ich<br />

keinen Gefallen daran; so mag Ich<br />

auch eure feisten Dankopfer nicht ansehen.<br />

rs. Tue nur weg von Mir das Geplärr<br />

deiner Lieder; denn Ich mag<br />

dein Psalterspiel nicht hören!<br />

24. Es soll aber das Recht offenbart<br />

werden wie Wasser und <strong>die</strong> Gerechtigkeit<br />

wie ein starker Strom.<br />

Am. s, 11—18. r i—r-l


7sr<br />

W oche d es -7. Sonntags nach Trinitatis<br />

E s ist stets ein Äcnn; eichen <strong>für</strong> den Niedergang eines Volkes,<br />

wenn <strong>die</strong> Ungerechtigkeit überhandnimmt. Dann herrschen Selbstsucht,<br />

Geldgier und Bestechung, dann ist das Recht auf feiten der<br />

Reichen und Mächtigen um ihres Ansehens willen, während <strong>die</strong><br />

Armen rechtlos und verachtet sind. Dann gehen selbst feierliche<br />

Gottes<strong>die</strong>nste im „Leerlauf"; dann ist das Strombett des kirchlichen<br />

Lebens ausgetrocknet, das Gingen der <strong>Gemeinde</strong> vor Gott unnützes<br />

„Geplärr". Ohne Gerechtigkeit kann ein Volk nicht leben, auch nicht<br />

<strong>die</strong> Äirche. Hier gilt: „Gerechtigkeit erhöhet ein Volk, aber <strong>die</strong> Sünde<br />

(d. i. <strong>die</strong> Ungerechtigkeit) ist der Leute Verderben" (Spr. -4, 34). <strong>Das</strong><br />

ist das Grundgesetz aller Völker, <strong>die</strong> ihr Leben erhalten in Dem, der<br />

unsere Gerechtigkeit ist: Iesus Christus.<br />

Die andere Lesung: Matthäus s, ro—rb<br />

-I-<br />

Die Anzahl der Trimtatissonntage<br />

wechselt je nach Lage des «Osterfestes. Line zweifache Zählungsweise ist im<br />

Gebrauch:<br />

-. Die ununterbrochene Zahlung vom ). n. Trin. bis zum drittletzten<br />

Sonntag im Kirchenjahr. Bei <strong>die</strong>ser Zählungsweise werden je nach früherer<br />

oder späterer Lage des «Osterfestes 1 bis d Trinitatissonntage überschlagen, und<br />

zwar <strong>die</strong> Sonntage vom L4. n. Trin. rückwärts gehend: der 24. n. Trin.,<br />

dann, falls nötig, dazu der rz., rr. n. Trin. usw.<br />

r. Die durch den Michaelistag unterbrochene Zählung. Bei <strong>die</strong>ser<br />

Zählung entstehen zwei Gruppen von Sonntagen:<br />

s) Die Gruppe der Sonntage nach Trinitatis, vom 1. bis längstens i s.<br />

n. Trin.<br />

b) Die Gruppe der Sonntage nach Michaelis, vom >g. bis rs. n. Trin.<br />

Bei der unterbrochenen Zählungsweise sind <strong>die</strong> evti. ausfallenden Sonntage<br />

andere, als bei der ununterbrochenen Zählungsweise; es sind <strong>die</strong> Sonntage<br />

vor dem zs. n. Trin., also zunächst der -7., dann dazu der >ö. n. Trin. usw.<br />

rückwärts bis zum -3. n. Trin. Dazu der 24. n. Trin., vereinzelt auch der<br />

drittletzte Sonntag des Kirchenjahres (siehe Seite sds).<br />

Der Kalender hilft, <strong>die</strong> sich verändernde Lage der Sonntage zu bestimmen.<br />

Der Sonntag vor dem rg. September wird in manchen Landeskirchen als<br />

Michaelisfest gefeiert. Der Sonntag nach dem rg. September ist dann der<br />

1. Sonntag nach Michaelis. Der «Gedenktag der Reformation ist der 3;. «Oktober<br />

oder der Sonntag nach dem 3-. «Oktober. Bei beiden Zählungswcisen<br />

bleiben <strong>die</strong> letzten Sonntage des Kirchenjahres sonst vom Ausfall unberührt.<br />

— <strong>Das</strong> <strong>Kirchenbuch</strong> sieht beide Zählungsweise» vor.


; r. Sonn t ag „ aeh T r i I>i l a t I s 7 3s<br />

Achrzehnter Sonntag nach Trinitatis<br />

Sonntag vor Michaelis<br />

D ies G ebot haben w ir v on Ih m , daß, w er G o tt liebet, daß der<br />

auck seinen Bruder liebe.<br />

-. Johannes 4, rz<br />

D a s E v a n g e l i u m<br />

34. Da aber <strong>die</strong> Pharisäer höreten, daß<br />

Er den Sadduzäern das Mau! gestopft<br />

hatte, versammelten sie sich.<br />

3 5. Und einer unter ihnen, ein Schriftgelehrter,<br />

versuchte Ihn und sprach:<br />

36. Meister, welches ist das vornehmste<br />

Gebot im Gesetz?<br />

37. Iesus aber sprach zu ihm: „Du<br />

sollst lieben Gott, deinen Herrn, von<br />

ganzem Herzen, von ganzer Seele und<br />

von ganzem Gemüte".<br />

34. Dies ist das vornehmste und<br />

größte Gebot.<br />

3g. <strong>Das</strong> andre aber ist dem gleich:<br />

„Du sollst deinen Nächsten lieben als<br />

dich selbst".<br />

40. In <strong>die</strong>sen zweien Geboten hanget<br />

das ganze Gesetz und <strong>die</strong> Propheten.<br />

4;. Da nun <strong>die</strong> Pharisäer beieinander<br />

waren, fragt« sie Iesus<br />

44. und sprach: Wie dünkt euch um<br />

Christus? w cs Sohn ist Er? Sie<br />

sprachen: Davids.<br />

43. Er sprach zu ihnen: w ie nennet<br />

Ihn denn David im Geist «inen<br />

Herrn, da er sagt:<br />

44. „Der Herr hat gesagt zu meinem<br />

Herrn: Setze dich zu Meiner Rechten,<br />

bis daß Ich lege deine 8«mde zum<br />

Schemel deiner 8üße"?<br />

45. So nun David Ihn einen Herrn<br />

nennet, wie ist Er denn sein Sohn?<br />

4S. Und niemand konnte Ihm ein<br />

Wort antworten, und wagte auch<br />

niemand von dem Tage an hinfort<br />

Ihn zu fragen. Matth. rr, 34—46<br />

Alle rechten verkündiget: des Evangeliums führen immer einen Zweifrontenkrieg.<br />

Der eine Gegner kommt von außen. <strong>Das</strong> sind <strong>die</strong><br />

Spötter und Ungläubigen, <strong>die</strong> den christlichen Glauben lächerlich und<br />

verächtlich machen wollen. Solcher Art waren <strong>die</strong> Sadduzäer. Sie<br />

glaubten nicht an <strong>die</strong> Auferstehung von den Toten. Ihre Geschichte<br />

von der Hrau M t den sieben Männern hat nur den Zweck, den Auferstehungsglauben<br />

in einein komischen Licht erscheinen zu lassen. Mit<br />

ihnen ist der Herr leicht fertig geworden. Denn was sie vorbringen,<br />

ist ziemlich plump. E s handelt sich ja gar nicht um eine wirklich geschehene,<br />

sondern um eine ausgcdachte Geschichte. E r sagt einfach:<br />

„ Ih r irrt! Denn ihr wißt weder etwas von der Schrift noch von<br />

der Lraft Gottes". Dann gibt E r ihnen eine kurze Belehrung. S o<br />

sollten wir es heute mit den vielen Einwänden der Spötter und Ungläubigen<br />

auch machen, statt allzu sehr auf ihre meist ziemlich törichten


724 Woche des zs. Sonntags nach Trinitatis<br />

F r a g e s te llu n g e n e in z u g e h e n , w e n n sie e t w a s v o n u n s w o l le n , s o lle n<br />

sie erst <strong>die</strong> S c h r i f t stu d ieren . D a n a c h k ö n n en w i r fr u c h tb r in g e n d m it<br />

ih n e n red en , w e n n sie d a s w ü n sc h e n .<br />

v i e l sch w e r e r ist m it d en G e g n e r n f e r t ig z u w e r d e n , d ie v o n in n e n<br />

her k o m m e n . D a s sin d d ie , w e lc h e d ie S c h r i f t z w a r seh r e if r i g u n d<br />

sehr g e n a u stu d ieren , a b e r nicht ih r em G e is te , so n d e r n ih r e m B u c h ­<br />

sta b en nach v er ste h e n . S o lc h e r A r t w a r e n d ie P h a r is ä e r . A l s sie<br />

h ö r te n , d a ß I e s u s den S a d d u z ä e r n „ d a s M a u l g e s to p ft h a tte " ( w i e<br />

L u th er so sch ön u n d h e r z h a ft ü b ersetzt), denken sie : D a s k ö n n en w i r<br />

b esser! D e s h a lb v e r s a m m e ln sie sich u n d b e r a te n , w a s s i e n u n fü r<br />

e in e F r a g e stellen w o l le n . E in e r v o n ih n e n (er w a r e in „ G e s e tz e s ­<br />

k u n d ig e r " , a ls o e in g esch u lter T h e o lo g e ) sp rich t a u s , w a s sie sich<br />

a u sg e d a c h t h a b e n : „ M e is t e r , w e lc h e s ist d a s v o r n e h m s te G e b o t im<br />

G e s e tz )" L l i n g t d a s n ich t sehr f r o m m ) — G e w i ß ! D e n n o c h w o l lt e n<br />

auch sie n ic h ts a n d e r e s a l s den H e r r n „ v e r su c h e n " , w o r i n besteht <strong>die</strong><br />

V e r s u c h u n g )<br />

D i e jüdischen S c h r iftg e le h r t c n z u r Z e it I e s u la sen d a s A lte T e s ta ­<br />

m e n t (e s h ieß bei ih n e n „ d a s G esetz u n d d ie P r o p h e te n " ) u n g e f ä h r<br />

so w i e ein I u r is t d a s b ü rg erlich e G esetzb u ch . I n d iesem S i n n e m u ß<br />

m a n a ls o a u ch d ie F r a g e v er ste h e n , d ie h ie r a n I e s u s g er ic h te t w i r d :<br />

w e l c h e s ist d a s w ic h t ig s te G esetz in d e m g r o ß e n G esetzb u ch d e s<br />

M o s e s u n d der P r o p h e t e n ) B e a n t w o r t e t m a n sie in d e m S i n n e , in<br />

d em sie g e s te llt ist, d a n n ist jede A n t w o r t bedenklich. D e n n ju ristisch<br />

u n d rein f o r m a l b e tr a ch tet, kann jede e in z e ln e G e se tz e s b e stim m u n g<br />

u n te r U m stä n d e n sehr w ic h t ig w e r d e n . D a s k o m m t g a n z a u f d en<br />

F a ll a n . H e b t m a n e in e b e so n d e r s h e r v o r , so w e r t e t m a n g le ic h z e itig<br />

a n d ere a b . D a m i t w ir d d a n n d ie A u s le g u n g der „ S c h r if t " der W i l l ­<br />

kür a u s g e lie f e r t ; <strong>die</strong> fo r tg esetzte w illk ü r lic h e A u s l e g u n g a b er u n te r ­<br />

g r ä b t sch ließ lich <strong>die</strong> A u t o r it ä t der g a n z e n H e ilig e n S c h r i f t .<br />

I e s u s b e r ic h tig t in a n d e r n F ä lle n , in d en en I h m ein er solch e v e r ­<br />

sucherischen F r a g e n ste llt, d ie falsche F r a g e s te llu n g durch e in e G e g e n ­<br />

fr a g e . D a s tu t E r h ie r n ic h t. D e n n d ie F r a g e d e s S c h r iftg e le h r t e n<br />

kann ein en r ic h tig e n u n d g u te n S i n n h a b e n . E s k o m m t d a r a u f a n ,<br />

w i e sie g e m e in t ist. M e in t er sie so , d a ß durch sie u n d d ie A n t w o r t ,<br />

d ie d a r a u f g e g e b e n w i r d , S c h r i f t w o r t g e g e n S c h r i f t w o r t a u s g e ­<br />

spielt w e r d e n s o ll, d a n n ist n ich t n u r <strong>die</strong>se F r a g e fa lsch , so n d e r n<br />

d a s g a n z e D enk en , d em sie e n tsp r in g t. M e i n t er sie d a g e g e n so ,<br />

d a ß nach d em letzten u n d höchsten G r u n d sa tz aller S c h r i f t a u s le g u n g


- e. Sonntag nach Trinitatis 7S5<br />

g e f r a g t ist, d a n n g ib t d ie S c h r i f t selbst d a r a u f ein e klare u n d e in ­<br />

d e u tig e A n t w o r t . D i e s ist Z w eck u n d Z ie l a lle s d essen , w a s sie leh rt<br />

u n d g e b ie te t: „ D u so llst lieb en G o t t , d ein en H e r r n , v o n g a n z e m<br />

H e r z e n , v o n g a n z e r S e e le u n d v o n g a n z e m G e m ü t e " . D a s ist d a s<br />

v o r n e h m s te u n d g r ö ß te G e b o t . D a s a n d ere a b e r ist d e m g le ic h : „ D u<br />

so llst d ein en N ä c h ste n lieb en a ls dich selb st" . B e id e s steh t sch on im<br />

A lte n T e s ta m e n t, d a s ein e s . M o s e ö, 5 , d a s a n d ere 3 . M o s e z g , ; s .<br />

I s t d a m it d a s S t r e it g e s p r ä c h zu E n d e ) N e i n , so n d e r n n u n k o m m t<br />

erst der w ic h t ig s te P u n k t. D a ß G o tte s lie b e u n d N ä c h ste n lieb e <strong>die</strong><br />

„ S u m m e " d e s G e se tz e s seien , w u ß t e n <strong>die</strong> S c h r ift g e le h r t e n a u ch . A b er<br />

w i e k o m m t m a n d a h in , d a ß m a n d a s G esetz u n d seine „ S u m m e "<br />

w ir k lic h e r f ü l l t ? D u r c h d a s b u ch stäb lich e H a lt e n a lle r sein er e in zeln e n<br />

V o r s c h r ifte n ? A b er w e n n sich d a b ei n u n W id e r s p r ü c h e z e ig e n ? I s t<br />

d a n n ein G e b o t w ic h t ig e r a l s d a s a n d e r e, u n d w e lc h e s ist d a s v o r ­<br />

n e h m ste ? S o kehrt <strong>die</strong> F r a g e a u f ih r en A u s g a n g s p u n k t zurück,<br />

w e i l d a s A lte T e s ta m e n t z w a r s a g t, w a s d ie S u m m e a lle r sein er<br />

G e b o te u n d L ehren sei, a b er n ich t, w i e sie e r f ü llt w e r d e n k ö n n en ,<br />

d a r u m b lie b d ie F r a g e d ie se s S c h r iftg e le h r t e n u n d P h a r is ä e r s im m e r<br />

ein e o ffe n e F r a g e . S i e fü h lte n d a s w o h l , d u rch sch au ten es aber n ic h t.<br />

D e s h a lb m e in te n sie, den H e r r n d a m it v ersu ch en z u k ö n n en . E r aber<br />

d u rch sch au te <strong>die</strong>se F r a g e w o h l . D a r u m b r in g t E r d a s G e sp rä c h a u f<br />

D e n , d er a lle in u n s leh ren k a n n , w i e d a s G esetz e r f ü llt w i r d . „ w i e<br />

d ü n k t euch u m Christus? w e s S o h n ist E r ? " w i e d e r a n t w o r t e t<br />

d ie S c h u l w e i s h e i t r ic h tig : „ D a v i d s S o h n ! " U n d w ie d e r h a t sie im<br />

G r u n d e n ic h ts v e r sta n d e n . D a v i d s a g t in P s a lm -so: „ D e r H e r r h a t<br />

g e s a g t z u m e in e m H e r r n : S e t z e D ic h z u M e in e r R e c h te n , b is d a ß<br />

I c h le g e D e in e F ein d e u n te r D e in e F ü ß e . S o n u n D a v i d I h n ein en<br />

H e r r n n e n n t , w i e ist E r d en n S e i n S o h n ? " D a s h e iß t: E u r e Lehre<br />

v o m M e s s ia s o d er v o m C h r is tu s ist eb en so b r ü c h ig w i e eure Lehre<br />

v o m G e se tz . D e n n ih r v e r ste h t, w a s <strong>die</strong> S c h r i f t ü b e r beides s a g t,<br />

im m e r n u r d e m B u c h s ta b e n , a b er n ic h t d e m G e is te n a ch . D ä c h te t ih r<br />

v o m G e is te G o t t e s a u s , so w ü r d e t ih r b e id e s w is s e n , w i e d a s v o r ­<br />

n e h m ste G e b o t d es G e se tz e s e r f ü llt w i r d , u n d w a r u m D a v i d , der<br />

b u ß fe r tig e u n d g lä u b ig e Ä ö n i g , C h r is tu s sein en H e r r n n e n n t. D e n n<br />

E r , der S o h n G o t t e s , „ is t g ek o m m e n , d a s G esetz u n d d ie P r o ­<br />

p h e te n zu e r fü lle n " . N u r E r kann e s a u ch , n u r im G la u b e n a n I h n<br />

k ö n n t ih r e s a u ch .<br />

D i e P h a r is ä e r u n d <strong>die</strong> S c h r iftg e le h r t e n m erken, d a ß ih re F r a g e p lö tz ­


7Sö<br />

Woche öes ; r. Sonntags nach Trinitatis<br />

lich sehr a k tu e ll g e w o r d e n ist. D e n n der H e r r redet v o n S i c h S e l b e r .<br />

D a r u m „ k o n n te I h m n ie m a n d ein W o r t a n t w o r t e n , u n d w a g t e auch<br />

n ie m a n d v o n d em T a g e a n h in f o r t , I h n z u fr a g e n " . R ic h t ig g e le ite te<br />

th e o lo g isch e Fragen w e r d e n im m e r a k tu e ll u n d d a n n s o f o r t m e iste n s<br />

u n h e im lic h klar.<br />

E s g ib t auch h e u te M e n sch e n , w e lc h e d ie H e ilig e S c h r i f t n u r d em<br />

B u c h s ta b e n nach lesen u n d v ersteh en w o l le n . D ie sa g e n d a n n e t w a<br />

s o : I m V a te r u n s e r beten w i r : „ U n d fü h r e u n s n ic h t in V e r s u c h u n g " ;<br />

im I a k o b u s b r ie f a b er ste h t: „ N ie m a n d sa g e , w e n n er v ersu c h t w i r d ,<br />

d a ß er v o n G o t t v er su c h t w e r d e . D e n n G o t t kann n ic h t v ersu c h t<br />

w e r d e n z u m D ö s e n , u n d E r selbst v ersu ch t n ie m a n d . S o n d e r n e in<br />

je g lic h e r w i r d v e r flic h t, w e n n er v o n sein er e ig e n e n L ust g e r e iz t u n d<br />

gelockt w ir d " , w a s ist n u n r ic h tig ? O d e r : I n der B e r g p r e d ig t h e iß t<br />

e s : „ I h r s o llt v o llk o m m e n sein , w i e euer V a t e r im H im m e l v o l l ­<br />

k o m m en ist" , M a t t h ä u s z g , - 7 a b e r: „ N ie m a n d ist g u t d en n der<br />

e in ig e G o t t " . S i n d d a s W id e r s p r ü c h e in d er B i b e l ? — E s sch ein t<br />

so . A b er da v e r g e g e n w ä r t ig e d ir e in m a l eine bestimmte V e r s u c h u n g<br />

d e in e s L e b e n s. L a m sie d a n ich t z u g le ic h v o n a u ß e n u n - v o n in n e n ?<br />

U n d h a st d u n ich t sch on m a n c h m a l g ed a c h t: I c h w ü ß t e n ic h t, w a s<br />

ich g e ta n h ä tte , w e n n ich a n d ie se s o d e r je n e s M e n sch e n S t e l l e g e ­<br />

sta n d e n h ä tte ? G o t t sei D a n k , d a ß E r m ic h d a v o r b e w a h r t h a t!<br />

U n d ist d a s wirklich ein W id e r s p r u c h , d a ß d u z w a r v o llk o m m e n<br />

sein sollst, e s aber n ic h t b ist? — D ie S c h r i f t w i l l m it e in em H e r z e n<br />

v o l l Z itte r n u n d Z a g e n g elesen u n d u n te r G e b e t v e r sta n d e n sein .<br />

M i t d em Ä o p f e a llein versteh st d u n ic h ts.<br />

4. Ich danke meinem Gott allezeit<br />

eurethalben <strong>für</strong> <strong>die</strong> Gnade Gottes, <strong>die</strong><br />

euch gegeben ist in Christo Iesu,<br />

s. daß ihr seid durch Ihn an allen<br />

Stücken reich gemacht, an aller Lehre<br />

und in aller Erkenntnis;<br />

5. wie denn <strong>die</strong> predigt von Christo<br />

in euch kräftig worden ist,<br />

7. also, daß ihr keinen Mangel habt<br />

an irgendeiner Gabe und wartet nur<br />

Die Epistel<br />

auf <strong>die</strong> Offenbarung unseres Herrn<br />

Iesu Lhristi,<br />

S. welcher auch wird euch fest erhalten<br />

bis aus Ende, daß ihr unsträflich<br />

seid auf den Tag unsers Herrn<br />

Iesu Lhristi.<br />

g. Denn Gott ist treu, durch welchen<br />

ihr berufen seid zur Gemeinschaft<br />

Seines Sohnes Iesu Lhristi, unsers<br />

Herrn. f. Lor. -, 4—g<br />

w i r sin d a lle n ic h t d ankbar g e n u g , d ie P r e d ig e r d e s W o r t e s G o t t e s<br />

n ic h t u n d <strong>die</strong> G e m e in d e g lie d e r auch n ic h t. D ie P r e d ig e r d e s W o r t e s


; r. Sonntag nach Trinitatis<br />

7 3 7<br />

( Z o lle s denken o f t m e h r a n d ie, d ie S o n n t a g s n ich t u n te r ih rer Ä a n z e l<br />

sitzen , a ls a n d ie , <strong>die</strong> g ek o m m e n sin d , G o t t e s W o r t z u h ö r e n . D ie<br />

G e m e in d e g lie d e r , g a n z b e so n d e r s d ie » «k irch lich en , n ö r g e ln u n d k r itisieren<br />

a n der U n z u lä n g lic h k e it d er P f a r r e r u n d den M a n g e ln d e s<br />

kirchlichen L eb en s ( „ la u te r a lt e 8 r a u en " ), sta tt sich z u ü b e r le g e n , w a s<br />

e s fü r sie u n d <strong>die</strong> g e sa m te ö ffe n tlic h e O r d n u n g b ed eu tet, d a ß G o t t e s<br />

W o r t u n d Ä ir c h e ü b e r h a u p t noch d a sin d . D e n n Christus h ä lt u nd<br />

t r ä g t d a s G e f ü g t der W e l t in S e i n e n H ä n d e n . Z ie h t E r sie a b , so<br />

g e h t ih re O r d n u n g a u s d en 8 u g c n . B ed e n k e w o h l ! M a n c h e r T a g e ­<br />

lö h n e r k ritisiert seine H e r r sc h a ft u n d b ek o m m t doch v o n ih r sein B r o t .<br />

D a r u m s o llte n w i r a n d iesem P u n k te v o n d e m A p o ste l P a u l u s ler n e n .<br />

D e r m a ch te es g a n z a n d e r s . I n der k o rin th isch en G e m e in d e w a r auch<br />

v ie le s n ich t in O r d n u n g . E r h ä lt sp äter in sein e m B r ie f e auch n ich t<br />

h in te r d em B e r g e m i t sein em T a d e l. A b er er b e g i n n t m it D a n k<br />

u n d A n e r k e n n u n g : „ G o t t h a t euch in C h r is tu s I e s u s ein e g r o ß e<br />

G n a d e g e g e b e n ; E r h a t euch durch I h n a n a lle n S tü c k e n reich g e ­<br />

m a c h t, a n L ehre u n d a n E r k e n n t n is ; d ie p r e d i g t v o n Christu s is t<br />

k r ä ftig u n te r euch g e w o r d e n , e s fe h lt euch a n keiner e in z ig e n<br />

G n a d e n g a b e , ih r habt eine leb en d ig e H o f f n u n g . D a r u m seid ih r<br />

ein e rechte christliche G e m e in d e , a n der G o t t S e i n e V e r h e iß u n g e n<br />

w a h r m a c h c n w i r d , m ö g e n d ie a n d e r n sa g e n , w a s sie w o l le n . D e n n<br />

G o t t ist tr e u . E r h a t euch b e r u fe n , E r w i r d euch d erein st auch m i t<br />

S e i n e m S o h n e I e s u s C h r is tu s v e r e in ig e n " .<br />

S o l l t e n w i r n ich t a u ch , s ta tt s o v ie l v o n der U n kirchlichkeit der U n -<br />

kirchlichen zu red en , d en en e in fr ö h lic h e s u n d g e w is s e s H e r z m a ch en ,<br />

<strong>die</strong> der H e ilig e G e is t jeden S o n n t a g in <strong>die</strong> Ä ir c h e r u f t ? D a s sind<br />

d ie „ B e r u f e n e n " ! D u s a g s t: D e r G ed a n k e ist m ir n och n ie g ek o m m e n .<br />

I c h kenne sie ja a lle p ersö n lich u n d w e i ß , d a ß sie u n v o llk o m m e n e<br />

M e n sc h e n sin d . — I a , m e in st d u d e n n , d a s w ä r e n d ie L o r in t h e r<br />

n i c h t g e w e s e n ? L ies d o ch : „ N ic h t v ie l w e i s e nach d em M s c h , n ich t<br />

v ie l G e w a l t i g e , n ich t v ie l E d le . . . S o n d e r n w a s tö r ic h t ist v o r der<br />

W e l t , . . . u n d w a s sch w a c h ist v o r der W e l t , . . . d a s U n ed le u n d<br />

V e r a c h te te , . . . d a s d a n ic h ts ist, . . . d a s h a t G o t t e r w ä h lt " . A ls o ,<br />

w a s u n te r d ein er Ä a n z e l sitzt, d a s sieh ' n ic h t m it m en sch lich en A u g e n<br />

a n , so n d e r n a l s G o t t e s G e m e in d e , d ie G o t t e s H e ilig e r G e is t zu<br />

I h m g e r u fe n h a t. S o rede zu ihr. w i e du zu ih r redest, so w i r d<br />

s i e sich fü h le n . — A n <strong>die</strong>sem P u n k te h a b e n w i r a lle n och v ie l zu<br />

lern e n .


7S« Woche des ; s. Sonntags nach Trinitatis<br />

<strong>Das</strong> Lied der Woche<br />

S c h a u , w i e lieb lich u n d g u t ift 's a lle n B r ü d e r n<br />

e n tsta m m t d em reichen Liederschatz der b ö h m isch en B r ü d e r .<br />

w o d ie se s L ied n ic h t im G e sa n g b u c h ste h t, s in g e n w i r :<br />

i v H e il'g e r G e is t, kehr bei u n s e in<br />

B e id e L ied er h a n d e ln v o n der b rü d erlich en G e m e in sc h a ft.<br />

<strong>Das</strong> Gebet der Woche<br />

Lieber Vater im Himmel, der Du uns in Jesu Christo, Deinem<br />

Sohne, Deine Liebe offenbart hast: wir bitten Dich, gib uns<br />

Deinen Heiligen Geist, daß wir Dich aus ganzer Seele lieben<br />

und unsere Brüder als uns selbst, durch Jesum Christum, unsern<br />

Herrn. Amen.<br />

-I-<br />

Die Heiligung<br />

Es ist Gottes Wille, daß wir heilig werden, <strong>die</strong> Gebote halten, das Gute tun<br />

und <strong>die</strong> Sünde lassen. Es ist nicht so, daß Gott Sich damit zufrieden gäbe,<br />

Lhristen zu schaffen, ihnen <strong>die</strong> Sünden zu vergeben und ihnen <strong>die</strong> Gebote<br />

voczuhalten. Er will, daß wir andere Menschen werden, <strong>die</strong> Gebote wirklich<br />

halten, das Böse, das wir bisher taten, nicht mehr tun, und das Gute, was<br />

wir bisher unterließen, anfangen zu tun.<br />

Denke nur ja nicht, Gottes Wille richte sich so sehr auf das Allgemeine, daß<br />

Er es bei dir mit dem einzelnen nicht so genau nähme! wenn Gott dich zu<br />

Seinem Reiche beruft und dich als Rind annimmt, dann hat Er dabei auch<br />

gerade deine Sünden im Auge und will dich von ihnen reinigen. Ist es dein«<br />

besondere Gefahr, daß du es mit der Wahrheit nicht so genau nimmst, so sollst<br />

du <strong>die</strong> Wahrheit mit deinem Bruder reden lernen. Neigst du dazu, das Eigentum<br />

des andern nicht sehr sorgfältig zu achten, so will Gott, daß du es zu<br />

achten lernst. Liegt dir <strong>die</strong> unkeusche Vorstellung besonders nahe, so will Gott,<br />

daß du keusch zu denken beginnst.<br />

Denn Gottes wirken an uns will neue Menschen schaffen. Es bleibt nicht<br />

alles beim alten, und das Neue, was Gott schenkt, ist nicht nur unsichtbar<br />

da und besteht nicht nur in frommen wünschen und frommer Begeisterung.<br />

Es soll so sein, daß sogar <strong>die</strong> Nicht-Lhristen unsere guten Werke sehen und<br />

um ihrer willen den Vater im Himmel preisen (Matth. s, fö). Damit ist


Die Heiligung<br />

73g<br />

zunächst gar nicht an große Taten gedacht, sondern an das Erstaunliche, daß<br />

jemand nicht nur sagt, er tue recht, sondern daß er tatsächlich rechtschaffen<br />

lebt. Dazu will Gott Seine Christen führen.<br />

Denn das ist der Wille Gottes, eure Heiligung.<br />

-. Thcssalonicher 4, s<br />

Diesem willen gemäß handelt Er, indem Er zuerst den Baum gesund macht,<br />

an welchem <strong>die</strong> guten Früchte gefunden werden sollen. Er heiligt uns, indem<br />

Er um Seines Sohnes willen Heilige aus uns macht, an denen Er Sein<br />

Wohlgefallen hat. Er macht <strong>die</strong> Wurzel gut, dann wird auch <strong>die</strong> ganze<br />

pflanze gut werden. <strong>Das</strong> vollbringt Er dadurch, daß Er uns ein herzliches<br />

vertrauen zu Sich Selber schenkt, so daß wir alles Gute und nur Gutes<br />

von Ihm erwarten.<br />

Denn Gott weiß, daß wir Seine Gebote übertrete» und den« Nächste» Böses<br />

tun, weil wir <strong>die</strong> Tiefe Seiner Güte nicht von Herzen glauben, w ir herrschen<br />

nicht über <strong>die</strong> Sünde, weil wir der Macht Gottes und Seiner Liebe nicht<br />

alles zutrauen, w eil Ihm das bekannt ist, darum läßt Er Seinen Heiligen<br />

Geist uns erst das Zutrauen zu Ihm lehren. Denn <strong>die</strong> Trauenden allein lernen<br />

Gottes Gebote halten.<br />

<strong>Das</strong> Zutrauen zu Gott aber kommt aus der Erkenntnis Seiner Wohltaten.<br />

Darum beginnt unsere Heiligung damit, daß wir von Gott mit wohltaten<br />

überschüttet werden, wenn Er uns so beschämt, daß wir vor lauter Gutem<br />

den Mund nicht auftun mögen, da lernen wir es, zu uns selbst zu sagen: Tut<br />

Gott mir so viel Gutes, so will ich mich ehrlich mühen, Seinen willen zu<br />

tun. Denn Gott verwandelt durch <strong>die</strong> Lraft Seiner Liebe und durch <strong>die</strong><br />

Meng« Seiner wohltaten unsere Liebe zur Sünde in Haß.<br />

weißt du nicht,<br />

daß dich Gottes Güte zur Buße leitet?<br />

Römer r, 4<br />

Zu <strong>die</strong>ser «Quelle unserer Heiligung müssen wir immer wieder zurückkehren.<br />

Tun wir das nicht, dann wird unser Lampf gegen <strong>die</strong> Sünde ohne Lraft.<br />

Denn alles, was wir tun, wenn wir uns reinigen, steht unter dem Wort:<br />

wenn Du mein Herz tröstest,<br />

so laufe ich den w eg Deiner Gebote.<br />

Psalm ?zg, 3r<br />

Der Trost Gottes steht am Anfang unseres Lampfes gegen <strong>die</strong> Sünde; er<br />

ist nicht unser Siegespreis.<br />

Nun gefällt es aber Gott, uns zu reinigen, indem Er uns das Rreuz auferlegt?<br />

Sein Trost kann nicht offenbar werden, ohne daß wir in der Nachfolge<br />

Christi stehen und an unserem Fleisch« erstatten, was noch übrig ist von dem<br />

Leiden Christi. Da lernen wir erst recht, wie lieb uns Gott hat und wie gut es


740 Woche des s s. Sonntags nach Trinitatis<br />

ist, in Seiner Schul« zu leben. Denn das Ärcuz auf Erden gibt <strong>die</strong> wahr«<br />

Erfahrung der Treue und Barmherzigkeit Gottes.<br />

Wer nicht sein Äreuz auf sich nimmt und folgt Mir nach,<br />

der ist Mein nicht wert.<br />

Matthäus ;o, S8<br />

Darum hat viel Stillstand im Lhristenlcben, viel Gcbetslosigkcit, viel Beharren<br />

in der Sünde seinen Grund darin, daß wir das Lreuz fliehen und<br />

ein Leiden nicht annehme», das Gott uns anbietet. Die Leidensschcu ist<br />

nämlich im Grunde nur «in Unglaube, in welchem wir meinen, Gott lege<br />

uns Äummer auf, der eigentlich nicht nötig ist. Glaubten wir, daß Gott es<br />

nur gut mit uns meint, dann würden wir auch wissen, daß selbst <strong>die</strong> Leiden,<br />

<strong>die</strong> Er uns auferlegt, aus Seinem gütigen Herzen kommen, und würden<br />

lernen, zu sprechen, wie Christus dachte:<br />

Ja, Vater, sa, von Herzensgrund,<br />

Leg auf, Ich will Dir's tragen!<br />

Mein wollen hängt an Deinem Mund,<br />

Mein wirken ist Dein Sagen.<br />

-t-<br />

D a s e r s t e G e b o t :<br />

Ich bin der H err, dein G o t t . D u sollst nicht andere<br />

G ö t t e r haben neben M ir.<br />

w a s ist das)<br />

w i r s o lle n G o t t ü b e r a lle D i n g e fü r c h te n , lieb en u n d v e r tr a u e n .<br />

s t -<br />

Montag nach dem )Z. Sonntag nach Trinitatis<br />

g. Von der brüderlichen Liebe aber<br />

ist nicht not euch zu schreiben; denn<br />

ihr seid selbst von Gott gelehret, euch<br />

untereinander zu lieben,<br />

so. Und das tut ihr auch an allen<br />

Brüdern, <strong>die</strong> in ganz Macedonien<br />

sind. w ir erniahnen euch aber, lieben<br />

Brüder daß ihr noch völliger werdet,<br />

l s. und ringet danach, daß ihr still«<br />

seid und das Eure schaffet und arbeitet<br />

mit euren eignen Händen, wie<br />

wir euch geboten haben,<br />

ir. auf daß ihr ehrbarlich wandelt<br />

gegen <strong>die</strong>, <strong>die</strong> draußen sind, und ihrer<br />

keines bedürfet. -. Thcss. 4, g—ir


Woche des ; s. Sonntags nach Trinitatis 74»<br />

G o t t S e l b s t h a t den U n te r r ic h t in der b rü d erlich en L iebe ü b e r n o m m e n .<br />

E r erw eckt in u n s b rü d erlich e L ieb e, in d e m E r u n s S ü n d e r n S e i n e<br />

B a r m h e r z ig k e it z u w e n d e t. D a d u r c h ler n e n auch w i r e s , b rü d erlich e<br />

Liebe z u ü b e n . I n d e m G o t t u n s V e r g e b u n g w id e r fa h r e n lä ß t , m a ch t<br />

E r u n s b ereit z u m v e r g e b e n . I e m e h r w i r e m p fa n g e n , desto m e h r<br />

k ö n n en w i r g e b e n ; je ä rm e r u nsere B r u d e r lie b e ist, u m so w e n ig e r<br />

leb en w i r o ffe n b a r a u s G o t t e s B a r m h e r z ig k e it u n d V e r g e b u n g .<br />

G o t t e s V e r g e b u n g h a b en w i r n ö t ig w i e d a s tä g lic h e B r o t . I n d e m<br />

w i r sie e m p fa n g e n , lern en w i r e s , s till d a s U n sere zu sch a ffe n u n d<br />

ein e h r b a res L eben zu fü h r e n , w e i l G o t t S i c h in S e i n e m S o h n<br />

u n s geschenkt h a t , sin d w i r n ich t m e h r a b h ä n g ig v o n d e n M e n sch e n .<br />

A b er G o t t w i l l , d a ß w i r in d e m a lle n n och v ö l lig e r w e r d e n .<br />

Die andere Lesung:;. Johannes 3, ;s<br />

Dienstag nach dem ; 8. Sonntag nach Trinitatis<br />

?. Ihr Linder, seid gehorsam euren<br />

Litern in dem Herrn; denn das ist<br />

billig.<br />

r. „Ehre Vater und Mutter", das ist<br />

das erste Gebot, das Verheißung hat:<br />

s. „auf daß dir's wohlgehe und lange<br />

lebest auf Erden".<br />

4. Und ihr väter, reizet eure Linder<br />

nicht z» Zorn, sondern ziehet sie auf<br />

in der Zucht und Vermahlung zum<br />

Herrn.<br />

5. Ihr Lncchte, seid gehorsam euren<br />

leiblichen Herren mit Zurcht und Zittern,<br />

in Linfältigkeit eures Herzens,<br />

als Christo;<br />

b. nicht mit Dienst allein vor Augen,<br />

als den Menschen zu gefallen, sondern<br />

als <strong>die</strong> Knechte Christi, daß ihr solchen<br />

willen Gottes tut von Herzen, mit<br />

gutem Willen.<br />

7. Lasset euch dünken, daß ihr dem<br />

Herrn <strong>die</strong>net und nicht den Menschen,<br />

z. und wisset: w a s ein jeglicher Gutes<br />

tun wird, das wird er von dem<br />

Herrn «mpfahen, er sei ein Änecht oder<br />

ein freier.<br />

g. Und ihr Herren, tut auch dasselbige<br />

gegen ihnen, und lasset das Dräuen;<br />

wisset, daß auch euer Herr im Himmel<br />

ist und ist bei Ihm kein Ansehen der<br />

Person.<br />

Lph. ö, ?—g<br />

G e h o r s a m , E r z ie h u n g u n d D ie n s t k ann n u r recht im H e r r n geschehen.<br />

S o b a l d w i r d en H e r r n a u s u n serem tä g lic h e n L eben h e r a u sla s se n ,<br />

g e h t a lle s in v erk eh rten B a h n e n , w e n n der H e r r u n s r e g ie r t, lern en<br />

w i r e s , g e h o r s a m zu sein , w i e E r g e h o r sa m w a r . D a n n w e r d e n w i r<br />

b e fr e it v o n a lle n H e r r sc h a ftsg e lü s te n , m it d en en w i r u n s v erd erb en<br />

u n d d ie, w e lc h e u n s g eh orch en u n d d ie n e n s o lle n . D u r c h d en G la u b e n<br />

ler n e n w i r , C h r is tu s d en H e r r n sein z u la ssen u n d u n sere A u t o r it ä t<br />

n ic h t zu m iß b r a u c h e n . I n d e m der H e r r u n s S ü n d e r m it d em V a t e r<br />

v e r s ö h n t, ler n e n w i r auch a l s E lt e r n u n d O b e r h e r r e n d e m ü tig zu


742 Woche des z 8. Sonntags nach Trinitatis<br />

sein . A l s L in d e r G o t t e s bra u ch en w i r n ic h t m e h r nach M e n s c h e n ­<br />

g u n s t u n d M e n sch e n h u ld z u sch ielen , so n d e r n k ö n n en o h n e A u g e n ­<br />

d ien st in w a h r e r E i n f a l t u nser W e r k t u n . I n d e m w i r a n C h r is tu s<br />

g e b u n d e n sin d , sin d w i r recht fr e i z u G e h o r s a m , D ie n s t u n d H e r r ­<br />

sch a ft.<br />

Die andere Lesung: l. Msse 4, 5—i s<br />

-i-<br />

D a s v i e r t e G e b o t :<br />

D u sollst deinen V a t e r und deine M u t t e r ehren,<br />

a u f daß d ir 's w o h l g e h e und du la n g e lebest a u f Erden.<br />

W a s ist das)<br />

w i r s o lle n G o t t fü r c h te n u n d lie b e n ,<br />

d a ß w i r u n sere E lt e r n u n d H e r r e n n ic h t v era c h te n n o ch e r z ü r n e n ;<br />

so n d e r n sie in E h r e n h a lte n ,<br />

ih n e n d ie n e n , g eh orch en<br />

u n d sie lieb u n d w e r t h a b e n .<br />

- 1-<br />

Mittwoch nach dem -8. Sonntag nach Trinitatis<br />

7. Ihr Lieben, lasset uns untereinander<br />

liebhaben; denn <strong>die</strong> Liebe ist von<br />

Gott, und wer liebhat, der ist von<br />

Gott geboren und kennet Gott.<br />

8. wer nicht liebhat, der kennet Gott<br />

nicht; denn Gott ist Liebe.<br />

g. Daran ist erschienen <strong>die</strong> Liebe Gottes<br />

gegen uns, daß Gott Seinen eingcbornen<br />

Sohn gesandt hat in <strong>die</strong><br />

Welt, daß wir durch Ihn leben sollen.<br />

;o. Darinnen stehet <strong>die</strong> Liebe: nicht,<br />

daß wir Gott geliebet haben, sondern<br />

daß Er uns geliebet hat und gesandt<br />

Seinen Sohn zur Versöhnung <strong>für</strong> unser«<br />

Sünden.<br />

Ihr Lieben, hat uns Gott also<br />

geliebet, so sollen wir uns auch untereinander<br />

lieben.<br />

zr. Niemand hat Gott jemals gesehen.<br />

So wir uns untereinander lieben, so<br />

bleibet Gott in uns, und Seine Liebe<br />

ist völlig in uns.<br />

?3. Daran erkennen wir, daß wir in<br />

Ihm bleiben und Er in uns, daß Er<br />

uns von Seinem Geist gegeben hat.<br />

-4. Und wir haben gesehen und zeugen,<br />

daß der Vater den Sohn gesandt<br />

hat zum Heiland der Welt.<br />

;s. welcher nun bekennet, daß Iesus<br />

Gottes Sohn ist, in dem bleibet Gott<br />

und er in Gott.<br />

;S. Und wir haben erkannt und geglaubet<br />

<strong>die</strong> Liebe, <strong>die</strong> Gott z» uns hat.<br />

l- Ioh. 4, 7—,ös


Woche des ; z. Sonntags nach Trinitatis<br />

7 4 s<br />

w a s ist L iebe 7 E s g ib t k a u m e in W o r t , d a s h ä u f ig e r g eb ra u c h t w ir d<br />

a l s d a s W o r t : „L ieb e" , w a s a b er L iebe ist, erkennen w i r n u r a n<br />

e in er S a c h e : a n der G a b e G o t t e s in I e s u s C h r is tu s . D a s ist <strong>die</strong><br />

L ieb e: d a ß u n s u n sere S ü n d e n v e r g e b e n w e r d e n , d a ß w i r E r b e n<br />

sin d e in e r k o m m en d en H e r r lic h k e it, d a ß w i r sch on a u f E r d e n <strong>die</strong><br />

R r ä f t e der z u k ü n ftig e n W e l t e r fa h r e n .<br />

D ie s e L iebe ist u n s v o n G o t t w id e r f a h r e n , d a m it w i r a u ch a ls M e n ­<br />

schen u n te r e in a n d e r in <strong>die</strong>ser L iebe leb en u n d h a n d e ln . E in a n d e r lieb<br />

h a b e n h e iß t: <strong>die</strong>se G a b e n G o t t e s g la u b e n , m ite in a n d e r sich v o n C h r i­<br />

s tu s <strong>die</strong> S ü n d e n v e r g e b e n la ssen u n d sie a u ch u n te r e in a n d e r v e r g e b e n ,<br />

m ite in a n d e r den L o b p r e is d e s g n a d e n r e ich en G o t t e s s in g e n , w e r d a s<br />

n ic h t k en n t, w e i ß n ic h t, w a s lieb en ist. w e r a b e r n ic h t lieb h a t, kennt<br />

auch G o t t n ic h t. A lle irdische L iebe ist n u r d a w ir k lic h e L ieb e, w o sie<br />

<strong>die</strong>se v o n G o t t o ffe n b a r te L iebe ist. O h n e sie sin d w i r <strong>die</strong> „ elen d esten<br />

u n te r den M e n sch e n " ( , . R o r . - s , , g ) . w e r a b er g la u b t u n d b ekennt,<br />

d a ß I e s u s G o t t e s S o h n ist, in d e m b le ib t G o t t u n d er in G o t t ( v . z s ) .<br />

OK andere Lesung: r. Lorinther r, 7—?s<br />

Donnerstag nach dem ) s. Sonntag nach Trinitatis<br />

1;. Denn das Gebot, daß ich dir heute<br />

gebiete, ist dir nicht verborgen noch zu<br />

ferne<br />

-r. noch im Himmel, daß du möchtest<br />

sagen: wer will uns in den Himmel<br />

fahren und es uns holen, daß wir's<br />

hören und tun?<br />

;s. Ls ist auch nicht jenseit des Meers,<br />

daß du möchtest sagen: Wer will uns<br />

über das Meer fahren und es uns<br />

holen, daß wir's hören und tun?<br />

-4. Denn es ist das Wort gar nahe<br />

bei dir, in deinem Munde und in deinem<br />

Herzen, daß du es tust.<br />

zs. Siehe, Ich habe dir heute vorgelegt<br />

das Leben und das Gute, den<br />

Tod und das Böse,<br />

-ö. der Ich dir heute gebiete, daß du<br />

den Herrn, deinen Gott, liebest und<br />

wandelst in Seinen wegen und Seine<br />

Gebote, Gesetze und Rechte haltest und<br />

lebe» mögest und gemchret werdest<br />

und dich der Herr, dein Gott, segne<br />

im Lande, da du einziehst, dasselbe einzunehmen.<br />

s. Mose so, jj—-b<br />

G o t t e s G e b o t ist n ic h t a u fg e h o b e n durch C h r is ti L eid en f ü r u n s<br />

S ü n d e r . V ie lm e h r g ilt n u n erst recht, d a ß w i r G o t t e s w i l l e n a ch ten<br />

u n d eh ren . G o t t e s W i l l e ist S e i n e m V o lk e n ic h t u n b e k a n n t. I n d e m<br />

G o t t u n s S e i n e B a r m h e r z ig k e it n a h e b r in g t in S e i n e m W o r t , d a ß<br />

sie u n ser H e r ; e r f ü llt , k o m m t m it so lch em W o r t a u ch S e i n W i l l e<br />

in u n ser H e r z . G o t t e s w i l l e n t u n a b er h e iß t, I h n lie b e n , S e i n e<br />

W e g e g e h e n u n d n a ch S e i n e n G e b o te n leb en . D a s V o lk G o t t e s , d e m


744 Woche des j 4. Sonntags nach Trinitatis<br />

G o t t durch S e i n e B a r m h e r z ig k e it d a s H e r z a b g e w o n n e n h a t, d a ß<br />

e s n ach S e i n e m w i l l e n leb e, w i r d a u ch u n te r der V e r h e iß u n g d es<br />

g ö ttlic h e n S e g e n s b leib en b is in E w ig k e it .<br />

Die andere Lesung: Apostelgeschichte s, z—; i<br />

Freitag nach dem )Z. Sonntag nach Trinitatis<br />

>. Und der Herr redete mit Mose und<br />

sprach:<br />

r. Rede mit der ganzen Gemeine der<br />

Linder Israel und sprich zu ihnen:<br />

Ihr sollt heilig sein; denn Ich bin<br />

heilig, der Herr, euer Gott.<br />

3. Ein jeglicher <strong>für</strong>cht« seine Mutter<br />

und seinen Vater. Haltet Meine Feiertage;<br />

denn Ich bin der Herr, euer<br />

Gott.<br />

-7. Du sollst deinen Bruder nicht hassen<br />

in deinem Herzen, sondern du sollst<br />

deinen Nächsten zurechtweisen, auf daß<br />

du nicht seinethalben Schuld trafen<br />

müssest.<br />

?s. Du sollst nicht rachgierig sein noch<br />

Zorn halten gegen <strong>die</strong> Linder deines<br />

Volks. Du sollst deinen Nächsten lieben<br />

wie dich selbst; denn Ich bin der Herr.<br />

3. Mos. -g, , — S. , 7-<br />

G o t t h a t S i c h in S e i n e r G e m e in d e M e n sch e n a u s g e s o n d e r t zu S e i ­<br />

n e m D ie n s t. S e i n e G e m e in d e leb t in d er W e l t , a b er sie ist n ich t<br />

v o n der W e l t . S i e ist h e ilig . S i e ist h e ilig d urch den G la u b e n , der<br />

im G e h o r s a m sich tb a r w ir d . w e i l sie durch G o t t g e h e ilig t ist, s o ll<br />

sie I h n p reisen in ih r en W e r k e n . D a r u m h a t ih r G o t t S e i n e G e b o te<br />

g e g e b e n , d a ß sie in der W e l t der S ü n d e der S ü n d e a b s a g e u n d<br />

I h m d ien e.<br />

I s t d ie G e m e in d e durch G o t t g e h e ilig t , d a n n b le ib t sie doch in der<br />

S o l i d a r i t ä t m it der W e l t , m it d em B r u d e r , der g e g e n G o t t g e ­<br />

s ü n d ig t h a t. D e n n d a d u rch , d a ß sie fr e i w i r d v o n der E ig e n lie b e u n d<br />

der S e lb s ts u c h t, w ir d sie fr e i fü r d en N ä c h s te n . S i e h ö r t a u f , ih n<br />

zu h a ssen , u n d f ä n g t a n , ih n z u lie b e n . S i e h ö r t a u f , ih n sich selb st<br />

zu ü b e r la sse n , u n d f ä n g t a n , ih m z u r e c h tz u h e lfe n . S i e h ö r t a u f ,<br />

selber R a c h e zu n e h m e n , u n d f ä n g t a n , d en F e in d z u lie b e n . S i e w ir d<br />

aber in d ieser L iebe d er W e l t ü b e r le g e n sein .<br />

Die ander« Lesung: Philippcr r, ;—s<br />

Sonnabend nach dem ; s. Sonntag nach Trinitatis<br />

jb. Gott ist Lieb«; und wer in der am Tage des Gerichts; denn gleichwie<br />

Liebe bleibet, der bleibet in Gott und Er ist, so sind auch wir in <strong>die</strong>ser<br />

Gott in ihm.<br />

Welt.<br />

-7. Darinnen ist <strong>die</strong> Liebe völlig bei Furcht ist nicht in der Liebe, sonuns,<br />

daß wir eine Freudigkeit haben dern <strong>die</strong> völlige Liebe treibet <strong>die</strong> Furcht


Woche des ;§. Sonntags nach Trinitatis<br />

7 4 s<br />

aus; denn <strong>die</strong> Furcht hat Pein. wer<br />

sich aber <strong>für</strong>chtet, der ist nicht völlig<br />

in der Liebe.<br />

-g. Lasset uns Ihn lieben; denn Er<br />

hat uns erst geliebet.<br />

ro. So jemand spricht: „Ich liebe<br />

Gott", und hasset seinen Bruder, der<br />

ist ein Lügner. Denn wer seinen Bruder<br />

nicht liebet, den er siehet, wie kann<br />

er Gott lieben, den er nicht siehet)<br />

r;. Und <strong>die</strong>s Gebot haben wir von<br />

Ihm, daß, wer Gott liebet, daß der<br />

auch seinen Bruder liebe.<br />

,. Ioh. 4, ?S b—r?<br />

Die Liebe, <strong>die</strong> Gott uns in Christus geschenkt hat, macht uns zu<br />

neuen Menschen. Darum ist sie auch unterschieden von aller Liebe,<br />

<strong>die</strong> der natürliche Mensch kennt und hat. Sie macht uns zu neuen<br />

Menschen, weil sie uns frohen M ut gibt im Blick auf den Tag des<br />

Jüngsten Gerichts, w ir , <strong>die</strong> w ir in <strong>die</strong>ser W elt der Sünde leben,<br />

haben ja allen Grund, uns vor dem göttlichen Gericht zu <strong>für</strong>chten.<br />

Denn unsere Sünde spricht gegen uns und verdammt uns. Von <strong>die</strong>ser<br />

Furcht erlöst uns Gottes Liebe in Christus. Darum können w ir nicht<br />

anders, als Ih n wieder zu lieben, der uns zuvor geliebt hat.<br />

Alle Liebe zu Gott bleibt solange eine fromme Phrase, solange wir<br />

nicht auch unseren Bruder lieben. Unser Bruder aber ist der, der uns<br />

vor <strong>die</strong> Tür gelegt ist, wie Lazarus dem reichen Mann. Unser Bruder<br />

ist der, dessen Sünde w ir so gut zu kennen meinen und über den wir<br />

uns stolz erheben. S o w ir aber ihn nicht lieben, d. h. ihm vergeben<br />

und zurechthelfen, ist unsere Liebe zu Gott nur ein frommer Betrug.<br />

Die andere Lesung: Iesaias ss, 7—-r


Michaelissonntag 747<br />

MichaelLstag<br />

MLchaelissonntag<br />

2 9 . Septernber Sonntag vor dem 2 0 . September<br />

Die Feier des LNichaelistagcs kann auch am vorausgehenden Sonntag gehalten<br />

werden. Dieser Sonntag wird dann als Michaelis s 0 nntag bezeichnet.<br />

Der Erzengel Michael ist <strong>für</strong> uns Christen das Sinnbild eines rechten<br />

Streiters Jesu Christi. Sein guter Geist steht hinter uns, wenn w ir<br />

mit der W elt im Lampfe sind. w ie stark sich das Gemüt unserer<br />

väter mit <strong>die</strong>sem ihren Schutzpatron verbunden wußte, zeigen <strong>die</strong><br />

vielen Michaeliskirchen, besonders in Norddeutschland.<br />

G o t t e s E n g e l s in d a l l z u m a l d ie n s t b a r e G e is t e r , a u s g e s a n d t z u m<br />

D i e n s t u m d e r e r w i l l e n , d ie e r e r b e n s o l le n d ie S e l i g k e i t .<br />

D a s E v a n g e l i u m<br />

?. Au derselbigen Stunde traten <strong>die</strong><br />

Jünger zu Jesu und sprachen: Wer ist<br />

doch der Größte im Himmelreich)<br />

r. Jesus rief ein Lind zu Sich und<br />

stellt« das mitte» unter sie<br />

3. und sprach: Wahrlich, Ich sage<br />

euch: Es sei denn, daß ihr euch umkehret<br />

und werdet wie <strong>die</strong> Linder,<br />

so werdet ihr nicht in das Himmelreich<br />

kommen.<br />

4. wer nun sich selbst erniedriget wie<br />

<strong>die</strong>s Lind, der ist der Größte im Himmelreich.<br />

s. Und wer «in solches Lind aufnimmt<br />

in Meinem Namen, der nimmt<br />

Mich auf.<br />

Hebräer I, -4<br />

b. wer aber ärgert <strong>die</strong>ser Geringsten<br />

einen, <strong>die</strong> an Mich glauben, dem<br />

wäre besser, daß ein Mühlstein an seinen<br />

Hals gehänget und er ersäuft<br />

würde im Meer, da es am tiefsten ist.<br />

7. weh der Welt der Ärgernis halben!<br />

Es muß ja Ärgernis kommen;<br />

doch weh dem Menschen, durch welchen<br />

Ärgernis kommt!<br />

S. So aber deine Hand oder dein Fuß<br />

dich ärgert, so haue ihn ab und wirf<br />

ihn von dir. Es ist dir besser, daß du<br />

zum Leben lahm oder ein Lrüppel eingehest,<br />

denn daß du zwo Hände oder<br />

zween Füße habest und werdest in das<br />

ewige Feuer geworfen.<br />

Match, -s, r<br />

Die Jünger fragen ihren Herrn: „ w e r ist der Größte im Himmelreich)"<br />

w aru m fragen sie so) Sind sie ehrgeizig) — Sicherlich<br />

waren nicht alle ganz frei davon. Aber ihre Frage jg zugleich auch<br />

ein Ausdruck ihres Glaubens. Ihnen sind in der Nähe Jesu <strong>die</strong> Augen<br />

da<strong>für</strong> aufgegangen, was <strong>für</strong> eine Macht E r in ihre Hände gelegt<br />

26 <strong>Das</strong> Rtrchenbuch


74? Woche des Michaelissonntags<br />

hat. Als E r sie zum ersten Male aussandte, kamen sie zurück „mit<br />

Freuden und sprachen: Herr, es sind uns sogar <strong>die</strong> Geister Untertan<br />

in Deinem Namen". Deshalb darf man ihre Frage nicht nur als<br />

eine Äußerung des Ehrgeizes ansehen. Sie wollen wissen, wer <strong>die</strong><br />

großen Gaben des Reiches Gottes am besten verwaltet.<br />

Iesus ruft ein Lind zu Sich, stellt es mitten unter sie und sagt:<br />

„Fürwahr, Ich sage euch, wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie<br />

<strong>die</strong> Rinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen. w e r sich<br />

selbst so klein macht (wörtlich: nach unten hält) wie <strong>die</strong>s Lind, der<br />

ist im Himmelreich der Größte". I n <strong>die</strong>sen W orten liegt zugleich<br />

eine Zurechtweisung des persönlichen Ehrgeizes der Iünger und<br />

eine sachliche Antwort auf den sachlichen Inhalt ihrer Frage. Beides<br />

läßt sich auch gar nicht trennen. Nur geht der Herr von dem Sachlichen,<br />

nicht von dem persönlichen aus. E r tadelt Seine Iünger nicht,<br />

daß sie überhaupt eine solche Frage an Ih n richten. Denn wer von<br />

uns Menschen, dem eine große Macht in <strong>die</strong> Hände gelegt ist, kann<br />

es hindern, daß er sich ihrer bewußt w ird) W ort und Geist Iesu<br />

Christi sind eine solche Macht. Denn sie treffen das Gewissen, w e r<br />

<strong>die</strong> Gewissen lenkt, hat Gewalt über den ganzen Menschen. Deshalb<br />

kann aber auch, wer <strong>die</strong>se Macht mißbraucht, unermeßliches Unheil<br />

anrichten. <strong>Das</strong> geschieht unvermeidlich, wenn neben dem W ort<br />

und Geist Christi auch Eitelkeit und Ehrgeiz in seinem Herzen wohnen.<br />

Dies wußte der Herr. Darum rief E r das Lind von der Straße<br />

zu Sich heran, stellte es mitten unter Seine Iünger und sagte zu<br />

ihnen: S o müßt ihr sein, wenn ihr <strong>die</strong> Macht, <strong>die</strong> Ich euch<br />

gebe, richtig gebrauchen und in Meinem Reiche einen großen N a­<br />

men haben wollt. E r hört also aus der Frage Seiner Iünger wohl<br />

den persönlichen Ehrgeiz heraus, aber E r beantwortet sie, ohne zu<br />

tadeln, von der Seite ihres sachlichen Inhalts.<br />

Doch was meint E r damit, daß Seine Iünger werden sollen wie<br />

„<strong>die</strong>s Lind") — Viele verstehen das so, daß sie <strong>die</strong> Unschuld und<br />

Einfalt der kindlichen Seele der Schuld und Zwiespältigkeit des E r­<br />

wachsenen gegenüberstellen. Sie sagen: Ein rechter Iünger Iesu muß<br />

so engelrein werden wie <strong>die</strong> Linder. — Als ob <strong>die</strong> Linder Engel<br />

wären! I n Wahrheit sind sie das nicht. Sie empfinden auch ihren<br />

Zustand keineswegs als para<strong>die</strong>sisch. Sonst könnte man ihnen nicht<br />

<strong>die</strong> größte Freude damit machen, daß man zu ihnen sagt: S o groß<br />

bist du schon) Der Text gibt uns zu einer solchen Deutung auch


M i ch a e l i s s o n n t a g<br />

keinen Anlaß. E r sagt vielmehr ausdrücklich: „ w e r sich selber so<br />

klein macht wie <strong>die</strong>s Lind, der ist der Größte im Himmelreich".<br />

Darum also ruft der Herr einen beliebigen Straßenjungen zu Sich,<br />

stellt ihn mitten in den Äreis der Iünger, <strong>die</strong> Seine, des Sohnes<br />

Gottes, Apostel werden sollen, und sagt: S o wie <strong>die</strong>ser Iunge von<br />

der Straße müßt ihr sein, ohne Namen in der W elt, ohne irdische<br />

Macht, von den „Erwachsenen" nicht <strong>für</strong> voll genommen, — dann<br />

werdet ihr im Himmelreich einen großen Namen haben. D asselbe<br />

hat der Apostel Paulus als eine Erfahrung seines Lebens ausgesprochen.<br />

„E r hat zu mir gesagt: Laß dir an Meiner Gnade<br />

genügen, denn Meine Lraft ist in den S ch w ach en mächtig. Darum<br />

will ich Mich am allerliebsten Meiner Schwachheit rühmen, auf daß<br />

<strong>die</strong> L raft Christi mich umschatte. S o bin ich denn guten M uts bei<br />

Lrankheitsanfällen, Mißhandlungen, in Notlagen, in Verfolgungen<br />

und Ängsten, um Christi willen. Denn wenn ich schwach bin, dann<br />

bin ich stark". — Aber ist nicht doch etwas Richtiges daran, daß ein<br />

rechter Iünger Iesu einfältig und kindlich werden soll wie ein Lind)<br />

Lieber Freund, mußt nicht sagen „so ll"; denn wollen kann<br />

man das nicht. Aber wer sich klein macht wie ein Rind, oder wer im<br />

Bekennen und Leiden <strong>für</strong> seinen Herrn kleingemacht wird, der<br />

wird ganz von selbst mit der Zeit einfältig und kindlich in seinem<br />

Wesen, w aru m ? — w e il er gar nicht ohne Glauben leben kann,<br />

nicht einen Tag. Glaube macht einfältig, Vernunft zwiespältig. Diese<br />

zweite Einfalt ist ein reines Gnadengeschenk Gottes. Sie ist von<br />

der natürlichen Einfalt des Lindes himmelweit verschieden.<br />

„ w e r ein solches Lind aufnimmt in Meinem Namen, der nimmt<br />

Mich auf". E s kann sein, daß Zeit und Umstände deines Lebens dir<br />

nahelegen, <strong>die</strong>sen Satz wörtlich zu verstehen. Dann tu das und<br />

handle danach! — Da der Herr aber <strong>die</strong>s Lind mitten unter Seine<br />

Iünger gestellt hat, so hat E r sicher mit „einem solchen Lind" auch<br />

Seine Iünger gemeint. Sie werden auf <strong>die</strong>ser W elt machtlos sein<br />

wie ein Lind, aber nicht ohne eine große Verheißung, „ w e r euch<br />

aufnimmt, der nimmt Mich auf; und wer Mich aufnimmt, der<br />

nimmt Den auf, der Mich gesandt hat", sagt der Herr an einer anderen<br />

Stelle. Man wird Gottes Boten in den schwachen Iüngern<br />

Iesu erkennen und sie als solche behandeln. Beide, Freund und Feind,<br />

werden das tun, jeder in seiner weise. Diese Verheißung begleitet<br />

<strong>die</strong> Iünger auf ihrem Wege wie ein schützender Engel.<br />

74g


so<br />

Woche des Michaelissonntags<br />

Ietzt folgen <strong>die</strong> W orte über das Ärgernis an „<strong>die</strong>ser Geringsten<br />

einen". Du gehst nicht fehl, wenn du dabei an <strong>die</strong> Rinder denkst,<br />

<strong>die</strong> dir als Vater oder Mutter, Lehrer oder Lehrherrn anvertraut<br />

sind. Zu einem Ärgernis wirst du ihnen dann, wenn du ihnen Anlaß<br />

zur Sünde wirst, w ie oft ist das schon geschehen! w ie vielfältig<br />

hast du deshalb den Mühlstein um den Hals ver<strong>die</strong>nt! Und du willst<br />

leben können ohne Vergebung der Sünden ...)<br />

Aber sicher hat der Herr, als E r von „einem <strong>die</strong>ser Geringsten"<br />

redete, auch an Seine Iünger gedacht. E r hat sie oft mit <strong>die</strong>sen,<br />

Ausdruck bezeichnet, tk) ja, sie sind gering vor der W elt, und doch<br />

„behütet Gott sie wie Seinen Augapfel". Sie werden verfolgt wie<br />

ihr Herr. <strong>Das</strong> „Ärgernis" bleibt nicht aus. Die W elt führt sie in<br />

Versuchung, macht ihnen Angst und sucht sie auf alle weise von<br />

ihrem Glauben abzubringen. Trotzdem, weh dem Menschen, der das<br />

tut! E r hat Gott Selbst den Rrieg erklärt, und Gott wird ihn<br />

strafen.<br />

Verstehst du nun den Heiligen Michael besser) w eißt du, w a s ihn<br />

zu solch einem unerschrockenen Äämpser macht) — <strong>Das</strong> gute Gewissen<br />

und der Glaube! w e r <strong>die</strong>s beides hat, wie sollte der nicht<br />

siegen) Und wenn er fiele, so nehmen andere seine Lanze und sein<br />

Schwert und kämpfen weiter, bis der Sieg über den Drachen errungen<br />

ist. E r selbst aber wird verklärt durch <strong>die</strong> Herrlichkeit seines<br />

Herrn.<br />

D i e E p i s t e l<br />

7. Und es erhub sich ein Streit im<br />

Himmel: Michael und seine Engel<br />

stritten mit dem Drachen; und der<br />

Drache stritt und seine Engel,<br />

r. und sicgeten nicht, auch ward ihre<br />

Stätte nicht mehr gefunden im Himmel.<br />

g. Und es ward ausgeworfen der<br />

große Drache, <strong>die</strong> alte Schlange, <strong>die</strong> da<br />

heißt der Teufel und Satanas, der <strong>die</strong><br />

ganze Welt verführet, und ward geworfen<br />

auf <strong>die</strong> Erde, und seine Engel<br />

wurden auch dahin geworfen.<br />

; 0. Und ich hörte eine große Stimme,<br />

<strong>die</strong> sprach im Himmel: Nun ist das<br />

Heil und <strong>die</strong> Lraft und das Reich<br />

unsers Gottes worden, und <strong>die</strong> Macht<br />

Seines Christus, weil der verklaget<br />

unserer Bruder verworfen ist, der sie<br />

verklagt« Tag und Nacht vor Gott.<br />

;z. Und sie haben ihn überwunden<br />

durch des Lammes Blut und durch das<br />

Wort ihres Zeugnisses, und haben ihr<br />

Leben nicht geliebet bis an den Tod.<br />

,r. Darum freuet euch, ihr Himmel,<br />

und <strong>die</strong> darinnen wohnen!<br />

Offb. -r 7—<br />

Iohannes spricht hier von einem Lampfe, der nicht auf der Erde,<br />

sondern im Himmel stattfindet. Aus der einen Seite steht der Erz­


Michaclissonntag 75,<br />

enge! Michael mit seinen Heerscharen, auf der andern der Teufel mit<br />

seinen bösen Engeln.<br />

Die Glaubenskämpfe, in <strong>die</strong> wir Christen hineingestellt werden, sind<br />

nicht bloß Lämpfe mit Fleisch und B lut, d. i. mit Menschen, sondern<br />

Geisteskämpfe oder gar Geisterkämpfe. Denn es werden dabei<br />

alle guten und bösen Geister wach, <strong>die</strong> schon in der Vergangenheit<br />

miteinander gerungen haben. W eil <strong>die</strong> Parole lautet: Für oder<br />

gegen Christus, darum steigen aus der Tiefe der Geschichte <strong>die</strong><br />

Geister derer auf, <strong>die</strong> <strong>für</strong> Ih n gezeugt und gelitten haben. Und<br />

ebenso <strong>die</strong> Geister derer, <strong>die</strong> Ih n haßten, damals wie heute. Auf<br />

beiden Seiten vollzieht sich ein wunderbares Erkennnen. Luther empfing<br />

seine Waffen aus der Schrift und von den Lirchenvätern, w ir<br />

finden Schutz und Schirm in vielen seiner Worte. Aber umgekehrt<br />

ist es auch so. Nietzsche, Voltaire, <strong>die</strong> Goziniancr der Reformationszeit,<br />

der römische Literat Lelsus, <strong>die</strong> Iuden — ist das nicht eine<br />

Linie) wiederholen sich bei den F ein d en ^hUsti nicht immer <strong>die</strong>selben<br />

Argumente, nur einmal so, das andere M al so gewendet)<br />

Iohannes sagt der christlichen <strong>Gemeinde</strong>: verzage nicht! Die eigentliche<br />

Schlacht ist schon geschlagen. Christus hat den Teufel besiegt.<br />

Dieser hat seinen Platz am Throne Gottes preisgeben müssen. E r<br />

darf dort keinen mehr verklagen. Christus tritt <strong>für</strong> euch ein. Also<br />

kämpft euren Lampf mit gutem Gewissen und einem fröhlichen<br />

Herzen! Die Zeugen und Bekenner der Vergangenheit stehen neben<br />

euch. Reiner von ihnen ist tot. Unsichtbar ringen sie mit. <strong>Das</strong> dürft<br />

ihr glauben und mitten im Lampfe erfahren.<br />

Aber der Lampf selbst kann euch nicht erspart werden. Denn ihr sollt<br />

euch auch bewähren wie <strong>die</strong> andern. Ih r müßt sogar sagen: Die<br />

Angriffe des S atans werden um so heftiger, listiger, gewaltsamer<br />

und bösartiger, se mehr er weiß, daß er <strong>die</strong> entscheidende Schlacht<br />

bereits verloren hat. E r ist vom Throne Gottes verstoßen, aber er<br />

wütet nun auf der Erde erst recht. „Denn er weiß, daß er wenig<br />

Zeit hat".<br />

Iaw ohl, er weiß es, aber w ir wissen es auch. „L> Tod, wo ist<br />

dein Stachel) Hölle, wo ist dein S ieg)"<br />

D a s L i e d d e s T a g e s b e z r v . d e r W o c h e<br />

Heut singt <strong>die</strong> liebe Christenheit


7sr<br />

Woche des Michaelissonntags<br />

Nicolaus Hermann dichtete <strong>die</strong>ses Lied (vgl. was zum wochenlied<br />

des -s. Sonntags nach Trinitatis gesagt ist). „Der Engel des Herrn<br />

trat zu ihnen, und <strong>die</strong> Klarheit des Herrn leuchtete um sie" (Luk. r, g),<br />

<strong>die</strong>se Stelle aus dem Evangelium des Heiligen Christfestes geht uns<br />

beim Gesang des Liedes durch den Sinn. E s ist von Licht und<br />

Klarheit erfüllt im Kämpfe gegen Teufels Tücke und F in s te r n is .<br />

S t. Michael, Fürst und Heerführer der Engelscharen Gottes im<br />

Dienste seines Herrn Jesus Christus, streitet gewaltig im Auf und<br />

Ab der Melo<strong>die</strong>. Eine <strong>Gemeinde</strong>, <strong>die</strong> zusammen mit den hellen S tim ­<br />

men ihrer Jugend <strong>die</strong>ses Lied anstimmt, zieht trotzig in den Lampf,<br />

der ihr verordnet ist, mit w eh r und W affen angetan und der Gewißheit,<br />

daß ihr Lönig Sieger ist.<br />

D a s G e b e t d e s T a g e s<br />

A l l m ä c h t i g e r , b a r m h e r z ig e r G o t t , d e r D u d ie h e i lig e n E n g e l z u<br />

D e i n e m L o b e u n d z u m D i e n s t e d er M e n s c h e n g e s c h a f f e n h a f t , w i r<br />

b i t t e n D i c h , l a ß u n s e r L e b e n h ie r a u f E r d e n v o n d e n E n g e l n<br />

b e h ü t e t w e r d e n , u n d b e f ie h l i h n e n , a m E n d e u n s h e i m z u t r a g e n<br />

i n D e i n e n F r ie d e n , d u r c h J e s u m C h r is t u m , D e i n e n lie b e n S o h n ,<br />

u n s e r n H e r r n . A m e n .<br />

^<br />

V o n d e n E n g e l n<br />

Michael (Wer ist wie Gott?) ist der Engelführer, der gewaltige Erzengel, der<br />

wider den Teufel streitet (Jud. g; Dan. so, zs; Offbg. zr, 7). Diese Engelsgesralt<br />

hat es von früh an dem deutschen Volke angetan, w eil das deutsche<br />

Volk sich als Gottes Soldat im Lampf mit den Ungläubigen fühlte, <strong>die</strong> mit<br />

unübersehbaren Heeren <strong>die</strong> Grenzen des Reiches bedrohten, darum wurde<br />

Michael zum Schutzpatron der Deutschen. Sein Banner wurde in <strong>die</strong>sen schier<br />

apokalyptischen Lämpfen dem deutschen Heer vorausgctragen. Überall in deutschen<br />

Landen stehen Michaelskapellen. Der deutsche Bauer nennt sich mit<br />

Vorliebe Michael.<br />

Die Engel sind nach der Schrift höhere Geistcswesen, von Gott zu Seinen»<br />

Dienst erschaffen. Sie vollführen <strong>die</strong> Gerichte Gottes. Ein Engel schlägt den<br />

Herodes darum, daß er Gott nicht <strong>die</strong> Ehre gibt (Ap. Gesch. ;r). Sie werden<br />

am Gerichtstag« Unkraut vom Weizen scheiden. Engel begleiten <strong>die</strong> alttestamentliche<br />

Offenbarung. Sie erscheinen dein Abraham, Jakob und Mose, Llia<br />

und Jesaja. Sie führen <strong>die</strong> neutestamentliche Offenbarung «in. Sie verkünden


von -en Engeln 753<br />

<strong>die</strong> Geburt des Heilands. Sie sind Diener Iesu (Match. 4, Ioh. s;).<br />

Sie erscheinen bei Seiner Auferstehung und Himmelfahrt. Sie sind beteiligt<br />

bei der Gründung der ncutcstamentlichen <strong>Gemeinde</strong>n, öffnen dem Petrus das<br />

Gefängnis (Ap. Gesch. ;r), erscheinen Paulus und Iohannes (Ap. Gesch. r/,<br />

r.3; (Offbg. s, r). Sie nehmen Anteil am Fortgang und an den Lämpfen des<br />

Reiches Gottes, freuen sich über jeden Sünder, der Buße tut (Luk. zs, 10).<br />

Iedes Lind hat seinen Engel, der allezeit das Angesicht des Vaters im Himmel<br />

sieht (Matth. >0). Sie tragen <strong>die</strong> Seele des Lazarus heim. Sie loben<br />

Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Luther sagt von ihnen: „Sie sind Gottes<br />

Diener, helle und glänzende Geister, fein und demütig, freundlich und barmherzig<br />

und lassen sich gern dazu brauchen, daß des Teufels Vornehmen gehindert<br />

werde. Sie geleiten uns überall im Leben und im Sterben und schützen<br />

uns. Um ihren Schutz sollen wir Gott täglich bitten und Ihm da<strong>für</strong> danken<br />

(vgl. Luthers Morgen- und Abendsegen). Deshalb ist ein Fest <strong>für</strong> sie in der<br />

Lirche angeordnet. Engel und Heilige sind nicht anzubeten und anzurufen,<br />

sondern allein Gott. Aber wir danken Gott <strong>für</strong> sie, so werden sie recht geehrt.<br />

Der Teufel ist ein gefallener Lngel<strong>für</strong>st, der viele Engel in seinen Fall<br />

hineinzog (Iud. ö). Er ist Gottes und der Menschen Feind. Er ist der Mörder<br />

von Anfang und Vater der Lüge (Ioh. S, 44). Er versucht und reizt zum<br />

Bösen. Er verstellt sich zu einem Engel des Lichts (r. Lor. l 1, 14). Er ist<br />

der Widersacher der Gläubigen. Er ist -er verkläger unserer Brüder ((Offbg.<br />

;r, ;o>. Er ist der Fürst <strong>die</strong>ser Welt (Ioh. ?r, 3;). Luther sagt: „Er ist allezeit<br />

unseres Gottes Affe. Er ist am meisten geschäftig, wo Gottes Wort gepredigt<br />

wird. Er ist ein kluger Geist durch lange Erfahrung und Übung. Er<br />

ist ein Tausendkünstler besonders in geistlichen Sachen. Er bringt immer neue<br />

Stürme über <strong>die</strong> Lirche um des Wortes Gottes willen. Er ficht <strong>die</strong> Menschen<br />

mit Lleinmut an, er ficht an alle Glaubensartikel in der Gläubigen Herzen.<br />

Er wird geschlagen durch zweierlei Waffen, Wort Gottes fleißig hören und<br />

lernen und Gebet". Endlich wird der Teufel und sein Heer besiegt durch hie<br />

Macht des Christus, wenn der Antichrist <strong>die</strong> höchst« Steigerung seiner Macht<br />

durch satanische Wirkung erreicht haben wird (r. Thess. r, g). Sein Teil<br />

wird sein in dem ewigen Feuer (Match, rs, 4;).<br />

c h -<br />

w a s sagt nun Gott von <strong>die</strong>sen Geboten allen?<br />

E r sagt also:<br />

Ich, der Herr, dein Gott, bin ein starker, eifriger Gott,<br />

der über <strong>die</strong>, so Mich hassen,<br />

<strong>die</strong> Sünde der Vater heimsucht an den Lindern,<br />

bis ins dritte und vierte Glied;


7S4<br />

Woche des Michaelis? onntags<br />

aber denen, so Mich lieben und Meine Gebote halten,<br />

tue Ich wohl in tausend Glied.<br />

w a s ist das?<br />

Gott dräuet zu strafen alle, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se Gebote übertreten.<br />

Darum sollen w ir uns <strong>für</strong>chten vor Seinem Zorn<br />

und nicht wider solche Gebote tun.<br />

Lr verheißet aber Gnade und alles Gute allen,<br />

<strong>die</strong> solche Gebote halten.<br />

Darum sollen w ir Ih n auch lieben und vertrauen<br />

und gerne tun nach Seinen Geboten.<br />

Bei der Zahlung der Sonntage nach Michaelis (siehe darüber S . 732) steht<br />

<strong>die</strong> ganze Woche vom Sonntag v o r dem 2g. September an unter dem Gedanken<br />

des Michaelisfestes, in gleicher weise, wie z. B. beim Erntedankfest<br />

und beim Reformationsfest <strong>die</strong> ganze Woche den Lharakter des Astes trägt.<br />

Der jeweilig letzte, nicht ausgefallene Trinitatissonntag wird „Sonntag vor<br />

Michaelis" genannt. <strong>Das</strong> kann je nach früherer oder späterer Lage des Osterfestes<br />

der >§., 17., >ö., >5. oder 14. Sonntag nach Trinitatis sein.<br />

Für <strong>die</strong> Michaeliswoche gelten dann folgend« Lesungen:<br />

Montag: Tobias s, 6—24; Tobias 12, I—s. ; I—22.<br />

Dienstag: Iosua s, -3—zs; Ap. Gesch. -2, 5—)7.<br />

Mittwoch: 4. Mose 22, 2;—3 5 ; 2. Lön. ö, r—23.<br />

Donnerstag: Ap. Gesch. s, j7—2 z s; Ap. Gesch. b, s—-s.<br />

Freitag: Lukas ;o, )7—20; Lukas 22, 3g—4 0 .<br />

Sonnabend: 2. Mose 25, 20—2b; Offcnbg. s, -4-<br />

Am Sonntag nach dem 2g. September wird das Erntedankfest gefeiert. In<br />

der aus das Erntedankfest folgenden Woche können sowohl <strong>die</strong> wochentexte<br />

nach dem Erntedankfest, als auch (bei der Zählung nach Michaelis) <strong>die</strong> wochentexte<br />

des 1. Sonntags nach Michaelis bzw. (bei der Zählung nach Trinitatis)<br />

<strong>die</strong> wochentexte der jeweiligen Trinitatiswoche gebraucht werden.


; g. Sonntag nach Trinitatis 755<br />

Neunzehnter Sonntag nach Trinitatis<br />

1. S o n n ta g nach M ich aelis<br />

W isset, daß des Menschen S o h n M acht habe auf Erden, <strong>die</strong><br />

S ünden zu vergeben.<br />

Matthäus g, b<br />

D as Evangelium<br />

j. Da trat Er in das Schiff und fuhr<br />

wieder herüber und kam in Seine<br />

Stadt.<br />

r. Und sieh«, da brachten sie zu Ihm<br />

einen Gichtbrüchigen, der lag auf<br />

einem Bette. Da nun Jesus ihren<br />

Glauben sah, sprach Er zu dem Gichtbrüchigen:<br />

Sei getrost, Mein Sohn;<br />

deine Sünden sind dir vergeben.<br />

3 . Und sieh«, etliche unter den Schriftgelehrten<br />

sprachen bei sich selbst: Dieser<br />

lästert Gott.<br />

4. Da aber Jesus ihre Gedanken sah,<br />

sprach Er: warum denkt ihr so Arges<br />

in euren Herzen?<br />

5. welches ist leichter, zu sagen: Dir<br />

sind deine Sünden vergeben, oder zu<br />

sagen: Stehe auf und wandle?<br />

b. Auf daß ihr aber wisset, daß des<br />

Menschen Sohn Macht habe auf Erden,<br />

<strong>die</strong> Sünden zu vergebe» (sprach<br />

Er zu dem Gichtbrüchigen): Stehe<br />

auf, heb dein Bette auf und gehe heim.<br />

7. lind er stund auf und ging heim.<br />

z. Da das Volk das sah, verwunderte<br />

es sich und pries Gott, der solche<br />

Macht den Menschen gegeben hat.<br />

Match, g, z—r<br />

Luther übersetzt „Gichtbrüchiger"; im griechischen Text steht „P aralytiker".<br />

w a s mag das <strong>für</strong> eine Krankheit gewesen sein? Sicherlich<br />

eine Lähmung; aber welcher Art, das läßt sich nicht sagen. (Offenbar<br />

spielt dabei auch <strong>die</strong> Sünde des Gelähmten eine Rolle. Denn Jesus<br />

vergibt sie ihm ja ausdrücklich, bevor E r ihn heilt. Sicheres können<br />

w ir darüber nicht sagen.<br />

Der Äranke stammt aus Äapernaum. Denn im Text ist von „Seiner<br />

S tadt" <strong>die</strong> Rede. „Seine S tad t" ist Rapernaum. Der Rranke wird<br />

auf eine merkwürdige Art zu Jesus gebracht, w e il man wegen der<br />

Menge nicht direkt zu Ihm kann, decken seine Freunde -as flache Dach<br />

des Hauses ab, in dem der Herr Sich aufhält, und lassen ihn durch<br />

<strong>die</strong> Öffnung herunter. <strong>Das</strong> ist ein großer Beweis ihres Glaubens.<br />

Umsonst macht man sich solche Mühe nicht.<br />

Jesus sieht das und anerkennt es. Die W orte, mit denen E r den<br />

Äranken anredet, sind besonders persönlich und gütig: „Faß nur<br />

M ut, Rind, deine Sünden sind dir vergeben!" (Luther übersetzt:<br />

„Mein Sohn".) w a r 's ein noch junger Mensch, und w ar er ganz


7Sö<br />

W oche des - g. S onntags nach Trinitatis<br />

verzweifelt? Gerade <strong>die</strong>se gütigen W orte ärgern <strong>die</strong> Schriftgelehrten.<br />

Sündenvergebung ist <strong>für</strong> sie ein Eingriff in Gottes Rechte. Man sieht<br />

ihnen an, was sie denken, obwohl sie nichts sagen. Sie denken: w a s<br />

der sagt, ist eine Gotteslästerung! Gott allein darf Sünde strafen<br />

und vergeben. S o wird der Lranke, der bisher im Mittelpunkt stand,<br />

mit einem Male zum Gegenstand einer theologischen Streitfrage. —<br />

Darf Iesus im Namen Gottes Sünde vergeben?<br />

Mancher denkt vielleicht: w aru m denn nicht? Ist Vergebung der<br />

Sünde so etwas Besonderes? — Ia , allerdings! Denn das ist noch<br />

keine wirkliche Vergebung der Sünde, wenn einer gutmütig tröstend<br />

sagt: Vergiß es nur; es wird schon alles wieder gut. wirkliche Vergebung<br />

der Sünde bedeutet vielmehr, daß ein Auch Gottes aufgehoben<br />

wird, der um unserer und um unserer Vorfahren Sünde willen<br />

auf uns lastet. Denn Gott sucht <strong>die</strong> Sünden der Väter heim bis<br />

ins dritte und vierte Glied. E r straft <strong>die</strong> Sünde der Menschen wirklich.<br />

w i r wissen oft nicht, wie, und müssen doch darunter leiden,<br />

w en n 's keinen Auch Gottes gäbe, so gäbe es auch keinen Segen.<br />

<strong>Das</strong> gehört beides zusammen. Man soll deshalb nie von Gottes Auch<br />

bis ins dritte und vierte Glied reden, ohne zugleich davon zu sprechen,<br />

daß E r segnet bis ins tausendste Glied. Vergebung der Sünde<br />

ist solch ein Segen Gottes, der den Auch nicht nur aufhebt, sondern<br />

tausendmal wettmacht mit lauter Güte. Merke beides wohl!<br />

Darin also irrten <strong>die</strong> Schriftgelehrten nicht, daß sie über Gottes<br />

Auch und Segen so ernsthaft gedacht haben, viel ernsthafter, als es<br />

<strong>die</strong> meisten von uns tun. Darüber streitet der Herr auch nicht mit<br />

ihnen; sondern darum geht's, ob E r das Recht hat, im Namen<br />

Gottes Vergebung auszusprechen. Nicht nur das Recht, sondern auck<br />

<strong>die</strong> Vollmacht. Denn zur wirklichen Vergebung der Sünde gehört<br />

Vollmacht. M an kann das leicht sagen: „Dir sind deine Sünden<br />

vergeben", aber ob es einem geglaubt wird und ob dadurch eine<br />

wirkliche Änderung des Lebens bei dem eintritt, der unter der<br />

Sünde seufzte, das ist eine andere Aage. An <strong>die</strong>ser Vollmacht Iesu<br />

zur Sündenvergebung haben <strong>die</strong> Schriftgelehrten gezweifelt. E r gibt<br />

ihnen deshalb den Tatbeweis. E r fragt sie: „w aru m denkt ihr Böses<br />

in euren Herzen?" <strong>Das</strong> wäre etwas Böses, wenn E r täte, wozu E r<br />

weder das Recht noch <strong>die</strong> Vollmacht hat. „Damit ihr aber seht, daß<br />

der Menschensohn Vollmacht hat, auf <strong>die</strong>ser Erde (verstehe wohl:


t g. Sonntag nach Trinitatis<br />

7S7<br />

auf <strong>die</strong>ser Erde schon!) Sünden zu vergeben . . . " w eiter spricht<br />

E r nicht mit den Schriftgelehrten. <strong>Das</strong> Nächste ist bereits der Befehl<br />

an den Kranken: „Steh auf, nimm dein Bett und geh' Heim".<br />

Da steht der Kranke auf und geht nach Hause. Alle, <strong>die</strong> es sehen,<br />

packt ein Schrecken. Aber es ist ein heilsames Erschrecken. Denn sie<br />

loben und preisen Gott da<strong>für</strong>, daß E r einem Menschen solche Macht<br />

gegeben hat.<br />

Einem Menschen? Iesus Selber sagt: „Damit ihr aber seht, daß der<br />

Menschensohn Macht hat . .." „Menschensohn" ist ein messianischer<br />

Titel. S o ist also auch ein Wunder ein messianisches Zeichen.<br />

Aber nicht nur das! Vergebung der Sünde ist auch eine messianische<br />

Vollmacht. Iesus hatte sie, weil E r der Sohn Gottes war.<br />

Diese Vollmacht hat der Herr Seiner Lirche übertragen. E r hat<br />

zu Petrus gesagt: „Ich will dir <strong>die</strong> Schlüssel des Himmelreichs<br />

geben: Alles, w as du auf Erden (auch hier heißt es: a u f Erden)<br />

binden wirst, soll auch im Himmel (das ist in der Ewigkeit) gebunden<br />

sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im<br />

Himmel los sein". Die Kirche übt <strong>die</strong>ses Amt auf zweierlei weise<br />

aus. Öffentlich dadurch, daß sie in der predigt <strong>die</strong> Sünde durch<br />

das W o rt Gottes offenbar macht und durch dasselbe W ort Vergebung<br />

der Sünde zuspricht allen, <strong>die</strong> ihre Sünde von Herzen bereuen<br />

und von Herzen an Iesus Christus glauben. Daneben übt sie<br />

das Schlüsselamt auch dem einzelnen gegenüber aus. <strong>Das</strong><br />

geschieht in der Stille. E tw a dann, wenn ein Christ dem andern sein<br />

Leid klagt, ihn um R at und Trost bittet und der andere ihm durch<br />

Gottes W ort und Wahrheit zurechthilft. E s kann auch geschehen,<br />

wenn jemand bei einem christlichen Arzt Heilung sucht, der ihm sagt,<br />

daß er nicht gesund werden kann, solange ihm <strong>die</strong>se oder jene Sünde<br />

nicht vergeben ist. E s geschieht schließlich in der Sprechstunde manches<br />

Pfarrers. Überall aber, wo es recht geschieht, ist stets Christus als<br />

der Dritte mit im Bunde. Denn w ir können einander <strong>die</strong> Vergebung<br />

der Sünde nur zusprechen aus Grund dessen, was E r <strong>für</strong><br />

uns getan hat. Auch <strong>die</strong> Kirche hat <strong>die</strong>se Vollmacht nicht durch sich<br />

selbst, sondern nur, wenn Er in ihrem Handeln gegenwärtig ist mit<br />

Seinem Geist und Gaben, w e r <strong>die</strong>s Werk angreift, oder wem es von<br />

einem andern abverlangt wird, der bedenke, was der Herr sagt:<br />

„Ohne Mich könnt ihr nichts tun".


7 5 ;<br />

Woche des -g. Sonntags nach Trinitatis<br />

22. S o leget nun von euch ab nach<br />

deni vorigen Wandel den alten Menschen,<br />

der durch Lüste im Irrtum sich<br />

verderbet.<br />

23. Erneuert euch aber im Geist eures<br />

Gemüts,<br />

24. und ziehet den neuen Menschen an,<br />

der nach Gott geschaffen ist in rechtschaffener<br />

Gerechtigkeit und Heiligkeit,<br />

rs. Darum leget <strong>die</strong> Lüge ab und redet<br />

<strong>die</strong> Wahrheit, ein jeglicher mit seinem<br />

Nächsten, sintemal wir untereinander<br />

Glieder sind.<br />

rd. Zürnet und sündiget nicht; lasset<br />

<strong>die</strong> Sonne nicht über eurem Zorn<br />

untergehen.<br />

27. Gebet auch nicht Raum dem Lästerer.<br />

D ie Epistel<br />

2S. w er gestohlen hat, der stehle nicht<br />

mehr, sondern arbeite und schaffe mit<br />

den Händen etwas Gutes, auf daß er<br />

habe zu geben dem Dürftigen.<br />

2g. Lasset kein faul Geschwätz aus<br />

euren: Mund« gehen, sondern was<br />

nützlich zur Besserung ist, da es not<br />

tut, daß es holdselig sei zu hören.<br />

3 0. Und betrübet nicht den Heiligen<br />

Geist Gottes, damit ihr versiegelt seid<br />

auf den Tag der Erlösung.<br />

3). Alle Bitterkeit und Grimm und<br />

Zorn und Geschrei und Lästerung sei<br />

ferne von euch samt aller Bosheit.<br />

3 2. Seid aber untereinander freundlich,<br />

herzlich und vergebet einer dem<br />

andern, gleichwie Gott euch vergeben<br />

hat in Christo. Eph. 4, 22— 32<br />

Auch hier geht es um das rechte Verständnis der Sündenvergebung.<br />

Ist es wirklich wahr, daß ein Mensch, welcher von Herzen glaubt,<br />

daß ihm um Christi willen seine Sünde vergeben ist, nun auch in<br />

der Rraft <strong>die</strong>ses Glaubens ein neues Leben beginnt und daß <strong>die</strong><br />

Sünde ihn wirklich losläßt) Gibt es nicht so und so oft Rückfälle)<br />

Muß man nicht am Schluß doch wieder mit dem alten Rezept kommen,<br />

daß man an den menschlichen V illen appelliert) Ist Sündenvergebung<br />

eine Wirklichkeit, dann muß das jedenfalls daran zu<br />

merken sein, daß <strong>die</strong> Sünde wirklich weicht und mit ihr der Auch,<br />

den G ott auf sie gelegt hat. Tritt das nicht ein, dann ist doch alles<br />

Reden von der Vergebung der Sünde ein bloßer Schall.<br />

Es gibt solche Rückfälle. Aber nichts ist verkehrter, als dann wieder<br />

auf den freien w illen des Menschen zurückzugreifen, w enn das nötig<br />

wäre und nützte, so brauchten w ir <strong>die</strong> Botschaft von Iesus Christus<br />

nicht. Aber man darf auch nicht so tun, als wären Menschen Stöcke<br />

oder Steine und der Heilige Geist ein Zauberer, der aus dem alten<br />

Menschen durch Sündenvergebung einen neuen hervorzaubert. Deshalb<br />

muß man einem gläubigen Christen, wenn er Rückfälle erlebt,<br />

so sagen: Denk' jetzt nicht mehr an das vergangene, sondern denk' an<br />

Gottes Zusage. Du hast einmal den Betrug der Lüste durchschaut und<br />

weißt, daß sie Leib und Seele verderben. Also komm' nun mit deinen


Die Sünde<br />

7kg<br />

Gedanken davon los. Denk' daran, daß G ott Selber den erneuerten<br />

Menschen <strong>für</strong> dich bereit hält. Den brauchst du bloß anzuziehen, nicht<br />

selber zu schaffen. Gott sieht dich schon fetzt im Lleide <strong>die</strong>ses neuen<br />

Menschen. S o bekommst du ein anderes „Gemüt" (wörtlich: erneuerst<br />

dich durch den Geist in deinem Denken). Daraus folgt dann<br />

alles andere. Denn das Gemüt ist <strong>für</strong> <strong>die</strong> Seele, was das Geblüt <strong>für</strong><br />

den Leib ist. Ein fröhliches Gemüt macht oft beide gesund. Der<br />

neue Mensch, der daraus wird, trägt <strong>die</strong> Züge dessen, der uns geschaffen<br />

hat. E s ist ein Mensch der wahren, nicht erheuchelten und<br />

erzwungenen Gerechtigkeit. Du bist durch Christus freigemacht; so<br />

sei nun ein freier Lhristenmensch!<br />

D a s Lied der W oche<br />

Nun laßt uns Gott dem Herren<br />

Dank sagen und Ih n ehren<br />

Ein Lied des Thüringer reformatorischen Dichters Ludwig Helmbold,<br />

das von dessen vertrauensvoller Verbundenheit mit Gott, dem<br />

Vater Iesu Christi, zeugt.<br />

Der Schlichtheit des Textes entspricht <strong>die</strong> innige weise, <strong>die</strong> aus dem<br />

gleichen Jahrhundert stammt.<br />

D a s Gebet der W oche<br />

Allmächtiger Herr G o tt, der D u bist ein Beschützer aller, <strong>die</strong><br />

auf Dich hoffen, ohne welches Gnade niemand etw as vermag<br />

noch vor D ir gilt, laß uns Deine Barmherzigkeit reichlich w iderfahren,<br />

auf daß w ir durch Dein heiliges Eingeben denken, w a s<br />

recht ist, und dasselbige auch durch Deine L raft vollbringen, um<br />

Iesu Christi, unsers Herrn, w illen . Amen.<br />

-I-<br />

Die Sünde<br />

Die Bibel redet unverhohlen davon, daß der Mensch ein Sünder ist. Dabei<br />

geht s:e immer dann zu ihren schärfsten Aussagen über, wenn sie nicht von<br />

mancherlei Sünden, sondern von der Sünde redet. Sie meint damit <strong>die</strong>


7öo<br />

W oche des j g. Sonntags nach Trinitatis<br />

umfassende Gewalt, d.ie <strong>die</strong> Sünde als <strong>die</strong> böse Grundbegierde vor den<br />

Linzelsünden und über sie hinaus besitzt, als <strong>die</strong> Sünde nicht eine Erscheinung<br />

innerhalb des Menschenlebens ist, sondern eine Macht, ein« Person jenseits<br />

desselben, gleich dem Teufel, der ihr Urheber ist. Jedenfalls könnte jenes Wort<br />

Luthers über den Römerbrief auch über der ganzen Heiligen Schrift stehen:<br />

Ihr Hauptanliegen ist es, <strong>die</strong> Sünde als den Lrankheitskeim der Menschheit<br />

herauszustellen, in <strong>die</strong>sem Sinne „<strong>die</strong> Sünde groß zu machen, sei sie auch<br />

<strong>für</strong> Menschenempfinden noch so gering, ja gar nicht vorhanden"! <strong>Das</strong> versteht<br />

<strong>die</strong> Bibel deswegen so gewaltig, weil sie <strong>die</strong> Botschaft von Gottes willen<br />

enthält.<br />

;. Durch das Wort „Sünde" beschreibt <strong>die</strong> Bibel das gestörte Verhältnis<br />

des Menschen zu Gott (Röm. s, 7). Alles, was wir an Bösem tun,<br />

wird erst dadurch im tiefsten verwerflich, daß wir damit in Unbotmäßigkeit gegen<br />

Gott handeln: „An Dir allein habe ich gesündigt und übel vor Dir getan"<br />

(ps. 5), b). Darum hat <strong>die</strong> Rirch« bei der Auslegung des Wortes „Sünde"<br />

immer dort eingesetzt, wo <strong>die</strong> Schrift am klarsten <strong>die</strong>ses Gegenüber von<br />

Gott und Mensch bezeugt: bei der Geschichte vom Sündenfall (). Mose 3).<br />

r. Die Sünde entsteht aus dem Unglauben. Unglaube ist Zweifel und Mißtrauen<br />

gegen Gottes Verheißung und Gebot. „Sollte Gott gesagt haben?"<br />

(j. Mose 3, z>. Sünde ist zuerst und zutiefst Auflehung gegen das Gebot.<br />

Der Mensch will Gott nicht „über alle Dinge <strong>für</strong>chten, lieben und vertrauen".<br />

So ist das Wort des Römerbriefes zu verstehen: „Alles, was nicht<br />

aus dem Glauben geht, das ist Sünde" (Röm. -4, r3).<br />

3. Die Sünde ist Ungehorsam. Dem zweifelnden Erwägen entspringt <strong>die</strong><br />

Tat: Gottes Gebot wird übertreten (I. Mose 3, b). „w ir wollen nicht,<br />

daß <strong>die</strong>ser über uns herrsche!" (Luk. ;4). Sünde ist Hochmut. Der Mensch<br />

will nach eigenem Ermessen handeln, will selbst das Maß aller Dinge sein,<br />

seines Denkens und Tuns. Er will „sein wie Gott" (j. Mose 3, s), sein<br />

eigener Herr. Sünde ist Eigenmächtigkeit, angemaßte Gottgleichheit, „Sucht<br />

nach Gottheit". Der Mensch trachtet nach Selbstverherrlichung, w er wissen<br />

will, wie sich von solcher Grundhaltung aus bei ihm <strong>die</strong> einzelnen eigenen<br />

Sünden auswirken, der prüfe sich an den 10 Gebote»!<br />

4. „Die Sünde ist das Unrecht" (). Ioh. 3, 4)» d. h. sie zerstört auch <strong>die</strong><br />

menschliche Rechtsordnung. Der Mensch bricht das göttliche Gebot, damit er<br />

der Schranken gegenüber den Mitmenschen ledig werde. Sünde ist Schrankenlosigkcit,<br />

ist Haß gegen jede Grenze, auf <strong>die</strong> der Mensch stößt. Nicht zufällig<br />

folgt auf <strong>die</strong> Empörung gegen Gott der Brudermord. Die Sünde zerstört <strong>die</strong><br />

Gemeinschaft. „Gerechtigkeit erhöhet ein Volk, aber <strong>die</strong> Sünde ist der Leute<br />

verderben" (Spr. -4, 34).<br />

5. Die Sünde beherrscht alle Menschen. „Es ist hier kein Unterschied: sie<br />

sind allzumal Sünder und mangeln des Ruhms, den sie bei Gott haben


Oic Sünde 7»,<br />

sollten" (Röm. 3, rs). Darum können <strong>die</strong> Menschen außerhalb der (Offenbarung<br />

Gottes in Christus weder Ihn noch Seinen willen erkennen (Röm.<br />

, —r). „Der natürliche Mensch vernimmt nichts vom Geiste Gottes"<br />

(,. Ror. r, ,4).<br />

Gott hat Sich in Seiner Schöpfung und im Gewissen zwar bezeugt. Er<br />

handelt in Natur und Geschichte. Aber <strong>die</strong> Menschen bekommen Ihn um<br />

der Sünde willen nirgends zu Gesicht. Indem sie Ihn zu erkennen vermeinen,<br />

verkennen sie Ihn und verkehren Ih» in einen Götzen. So wird<br />

aus der (Offenbarung Gottes — <strong>die</strong> selbsterdachte Religion, der eigenmächtige<br />

versuch des Menschen, von sich aus zu bestimmen, wer und was<br />

Gott sei, und so über das Göttliche zu herrschen. In <strong>die</strong>sem Sinne<br />

ist Religion gleich Unglaube! So wird alle Welt Gott gegenüber straffällig<br />

(Röm. 3, ,g).<br />

d. Die Sünde beherrscht den ganze» Menschen. „<strong>Das</strong> Dichten des menschlichen<br />

Herzens ist böse von Iugend auf" (,. Mose 4, r,). Ehe ich einen Gedanken<br />

denken^ ein Wort sprechen, eine Tat tun konnte, war ich immer zuvor<br />

schon Sünder in Person (ps. 5,, 7). Nach Iesu Urteil ist das Herz der<br />

(Ouellort ües Argen (Matth. 13, ig). Es liegt so: Meine Linzelsünden haben<br />

nicht meine Sündhaftigkeit zum Ergebnis, sondern umgekehrt: in der Tatsache,<br />

daß ich ein Sünder bin, ihren Ursprung. Luther lernte aus der Schrift<br />

wieder <strong>die</strong> Ursprungs- oder Person-Sünde erkennen. Diese Wirklichkeit ist<br />

in der Lirche schon früh mit dem mißverständlichen Ausdruck „Lrbsünd e"<br />

bezeichnet worden. Diese Bezeichnung verleitet leicht zu der Annahme, <strong>die</strong><br />

christliche Verkündigung sähe in der Sünde eine biologische Untüchtigkeit, <strong>die</strong><br />

durch Vererbung fortgepflanzt werde. Die „Erbsünde" ist aber keine biologische<br />

Erscheinung, <strong>die</strong> ihren Sitz in der Leiblichkeit oder Sinnlichkeit des Menschen<br />

hätte. Sie ist vielmehr der vor allen menschlichen Tüchtigkeiten oder Untüchtigkeiten<br />

liegende Hochmut des Menschen, der in seiner Herkunft als Mensch<br />

wurzelt und sich in heimlichem oder offenem Aufruhr gegen Gott entlädt.<br />

Erbsünde will sagen: Sünde ist nicht moralische Unvollkommenheit, also<br />

Mangel am Guten, dem sich durch menschliche Anstrengungen abhelfen ließe,<br />

sondern <strong>die</strong> von Haus aus verkehrte Grundrichtung unseres Lebenswillens.<br />

Am allerwenigste» ist Erbsünde ein „Gefühl" (etwa der Minderwertigkeit).<br />

Sie ist eine Tatsache, von ihr gilt freilich das Doppelte:<br />

Daß ich Sünder bin, kann mir nur Gott sagen: Sein Wort<br />

„macht" mich erst zum Sünder!<br />

Daß ich Sünder bin, kann ich nur glauben: obwohl ich in der crfahrbaren<br />

Welt sündige, weiß ich um meine Sünde nur aus der (Offenbarung<br />

Gottes in Christus, der mir meine Sünde vergibt.<br />

Die christliche Botschaft von der Sünde wird in den verschiedenen Zeitläuften<br />

häufig als „unmodern" abgelehnt. Der Protest gegen sie sst aber


7ör<br />

Woche des ) g. Sonntags nach Trinitatis<br />

nicht weniger „altmodisch" als sie selbst! Denn zu allen Zeiten wollte der<br />

Mensch alles Mögliche, nur nicht Sünder sein. Wichtig ist, <strong>die</strong> Richtungen<br />

zu kennen, in denen sich der Widerwille gegen <strong>die</strong> Sündenerkenntnis<br />

im Protest gegen <strong>die</strong> Lehre von der Erbsünde Bahn brach:<br />

s) <strong>Das</strong> Judentum kennt den Begriff der Erbsünde nicht: weil Jesus<br />

<strong>die</strong> Lrbsündigkeit der Menschen offenbarte, wurde Er gekreuzigt!<br />

b) Die katholische Lirche hat den Begriff der Erbsünde wesentlich erweicht:<br />

weil Luther <strong>die</strong> Macht der Erbsünde wiedcrcntdeckte, wurde seine<br />

Lehre verdammt!<br />

c) Mannigfache Ströniungen der Neuzeit suchten <strong>die</strong> Wirklichkeit der<br />

Erbsünde seit der Erneuerung des Altertums (Renaissance) durch <strong>die</strong><br />

phantastisch-idealistische Behauptung vom „schöpferischen Menschen" zu<br />

verdrängen. Dazu gehören u. a. <strong>die</strong> Freimaurer mit ihrer Lehre vom<br />

«rbsündefreien Normalmenschen.<br />

Die Lehre von der Allgemeinheit der Sünde würde in ihrem Ernst völlig verkannt,<br />

wen» sie uns zu einem billigen Enkschuldigungsgrund <strong>für</strong> unsere eigene<br />

Sünde würde: „w ir sind ja doch all« Sünder!" Nur mit Zittern und Zagen<br />

gebraucht der Lhrist das mit der ganzen Dämonie des bösen Feindes geladen«<br />

Wort „Sünde"! Sein Hauptgebrauch sollte in der täglichen Bitte des Zöllners<br />

bestehen:<br />

„Gott, sei mir Sünder gnädig!"<br />

Lukas ;r, zs<br />

-1-<br />

M on tag nach dem zg. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

z I. Und weil wir solches wissen, nämlich<br />

<strong>die</strong> Zeit, daß <strong>die</strong> Stunde da ist,<br />

aufzustehen vom Schlaf (sintemal unser<br />

Heil jetzt näher ist, denn da wir<br />

gläubig würden;<br />

zr. <strong>die</strong> Nacht ist vorgerückt, der Tag<br />

aber nahe herbeikommen): so lasset<br />

uns ablegen <strong>die</strong> Werke der Finsternis<br />

pnd anlegen <strong>die</strong> Waffen des Lichtes.<br />

- 3. Lasset uns ehrbarlich wandeln als<br />

am Tage, nicht in Fressen und Saufen,<br />

nicht in Lämmern und Unzucht,<br />

nicht in Hader und Neid;<br />

14. sondern ziehet an den Herrn Jesum<br />

Lhrist und wartet des Leibes, doch<br />

also, daß er nicht geil werde.<br />

Röm. -Z, ?4<br />

I n <strong>die</strong> Finsternis der gottlosen W elt bringt Christus das Tageslicht<br />

Gottes. Freilich, „der Tag" wird erst kommen am Ende <strong>die</strong>ser dunklen<br />

W elt. Aber wo Lhristus geglaubt wird, steht man schon im Licht


Woche des ; g. S onntags nach Trinitatis<br />

M<br />

des kommenden Tages. Darum ruft der Apostel <strong>die</strong> Christen: Stehet<br />

auf! w o man schon weiß von dem anbrechenden Morgen, da ist<br />

kein Raum mehr <strong>für</strong> <strong>die</strong> Werke derLinsternis, wie Schwelgerei, Unzucht<br />

und Neid. Nun ist <strong>die</strong> Zeit <strong>für</strong> <strong>die</strong> Werke des Lichts da, —<br />

Waffen des Lichts, sagt der Apostel, denn der Lampf zwischen Licht<br />

und Finsternis ist heute ein Lampf um jeden einzelnen Menschen.<br />

Die Finsternis wehrt sich mit Verzweiflungskraft gegen den nahenden<br />

Lhristustag; sie will den Menschen blind machen, damit er<br />

<strong>die</strong>sen Tag nicht glaube und sehe. Diesen Lampf kann nur bestehen,<br />

wer den Herrn Christus „angezogen" hat in der Taufe (Gal. 3, 27)<br />

lind sich in täglicher Buße aufs neue mit Ihm verbindet. Unsere<br />

Christusverbundenheit wird ständig bedroht von dem „alten Adam",<br />

der <strong>die</strong> Finsternis mehr liebt als das Licht. Darum ist erhöhte<br />

Wachsamkeit nötig, ständige und bewußte Wendung zu dem<br />

Helfer und Heiland Iesus Christus.<br />

Die andere Lesung: r. Mose rs, ;o—rr<br />

D ien stag nach dem z 9. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

s. So tötet nun eure Glieder, <strong>die</strong> auf g. Lüget nicht untereinander; ziehet<br />

Erden sind, Hurerei, Unreinigkeit, den alten Menschen mit seinen Wecken<br />

schändliche Brunst, böse Lust und den aus<br />

Geiz, welcher ist Abgötterei, 10. und ziehet den neuen an, der da<br />

S. um welcher willen kommt der Zorn erneuert wird zu der Erkenntnis nach<br />

Gottes über <strong>die</strong> Linder des Unglaubensfen<br />

hat;<br />

dem Lbenbilde des, der ihn geschaf­<br />

7. in welchem auch ihr weiland gewandelt<br />

habt, da ihr drinnen lebtet, da nicht ist Grieche, I»d«, Ber.<br />

Nun aber leget alles ab von euch: schncidung, Vorhaut, Ungriech«,<br />

den Zorn, Grimm, Bosheit, Lästerung, Szythe, Lnecht, Freier, sondern alles<br />

schandbare Worte aus eurem Munde. und in allen Christus. Lol. S, s—ll<br />

„G ott schuf den Menschen Ihm zum Bilde" (). Mose r?). Als<br />

Lrone der Schöpfung ist der Mensch entstanden, vor allen Lrcaturen<br />

dadurch ausgezeichnet, daß er nach dem Bilde Gottes geschaffen ist.<br />

Aber der Mensch hat sich von G ott weggewandt und seine Gottesebcnbildiichkeit<br />

vertan. Damit ist er unter alle Lrcaturen gesunken.<br />

Nun treten <strong>die</strong> Lehrer der Menschheit auf und rufen: Arbeitet an<br />

euch, arbeitet euch empor! Sittliche Entwicklung! w e r so ruft und<br />

von einem solchen Ruf <strong>die</strong> Erlösung erwartet, der weiß noch nicht,<br />

wie tief <strong>die</strong> Not ist, der hat noch nicht den Zorn Gottes über <strong>die</strong>sen


7d4<br />

Woche -es - g. Sonntags nach Trinitatis<br />

Abfall erfahren. — Ist unser Schriftwort auch eine Stimme aus<br />

<strong>die</strong>sem Chor der Menschheitslehrer? E s mahnt freilich: w eg mit<br />

Schmutz, Zorn, Geiz, Lästerung. Aber es sagt: w e g damit, weil<br />

das alles <strong>für</strong> euch überwunden ist. Ih r lebtet einst in <strong>die</strong>sen Dingen,<br />

da ihr ohne Christus wäret. Nun aber liegen <strong>die</strong>se Dinge hinter euch,<br />

weil Christus ist alles in allem. I n Christus ist der neue<br />

Mensch da, das Ebenbild Gottes in unzerstörter Reinheit. Den zieh<br />

an! — Der Apostel kennt <strong>die</strong> Not in ihrer ganzen Tiefe. Aber er weiß<br />

auch, wer sie heilt. Auf <strong>die</strong>se Heilung gründet sich seine Mahnung:<br />

Nun lebt als Geheilte!<br />

Die andere Lesung: 3. Mose ;ö,<br />

rr<br />

M ittw och nach dem ;g. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

-r. So ziehet nun an als <strong>die</strong> Auscrwähleten<br />

Gottes, Heiligen und Geliebcten,<br />

herzliches Erbarmen, Freundlichkeit,<br />

Demut, Sanftmut, Geduld;<br />

>5. und vertrage einer den andern und<br />

vergebet euch untereinander, so jemand<br />

Rlage hat wider den andern; gleichwie<br />

Christus euch vergeben hat, also<br />

auch ihr.<br />

14. Über alles aber ziehet an <strong>die</strong> Liebe,<br />

<strong>die</strong> da ist das Band der Vollkommenheit.<br />

15. Und der Friede Gottes regiere in<br />

eure» Herzen, zu welchem ihr auch berufen<br />

seid in einem Leibe; und seid<br />

dankbar!<br />

-d. Lasset das Wort Christi unter euch<br />

reichlich wohnen in aller Weisheit;<br />

lehret und vermahnet euch selbst mit<br />

Psalmen und Lobgesängen und geistlichen<br />

lieblichen Liedern, und singet dem<br />

Herrn in eurem Herzen.<br />

17. Und alles, was ihr tut mit Worten<br />

oder mit Werken, das tut alles<br />

in dem Namen des Herrn Jesu, und<br />

danket Gott und dem Vater durch<br />

Ihn. Lol. 3, 17<br />

Den neuen Menschen, in dem das Ebenbild Gottes wieder hergestellt<br />

ist, sollen w ir ergreifen. E r wird uns beschrieben. Seine Lennzcichen<br />

sind Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Geduld, Verträglichkeit, Vergebungsbereitschaft,<br />

Liebe. Diese Beschreibung des neuen Menschen<br />

malt das Bild Christi ab. w e r kann nach <strong>die</strong>sem Bilde gestaltet<br />

werden? Gottes Auserwählte, <strong>die</strong> E r heiligt und liebt, <strong>die</strong> Glieder<br />

sind am Leibe Christi. Die werden regiert vom Frieden Gottes,<br />

weil Sein Zorn gestillt ist. w e r gehört dazu? Der Apostel redet <strong>die</strong><br />

ganze <strong>Gemeinde</strong> an als Auserwählte und Heilige, alle, <strong>die</strong> getauft<br />

sind und glauben. — Die neue Lebensweise derer, <strong>die</strong> den neuen<br />

Menschen angezogen haben, hat nur dadurch Bestand, -aß sie immer<br />

wieder genährt wird durch das W ort Christi und das Gebet. Da


Woche des zg. Sonnt« gs nachTrinitatis<br />

7 S5<br />

geschieht dann alles im Namen Icsu, auch der Dank gegen Gott den<br />

Vater. Denn nur in Christus ist E r „unser rechter Vater und wir<br />

Seine rechten Rinder".<br />

Die andere Lesung: I. Mose 14, -7—ro<br />

D onnerstag nach dem sg. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

z. lind Er zog hinein und ging durch<br />

Jericho.<br />

r. Und siehe, da war ein Mann, genannt<br />

Zachäus, der war «in Oberster<br />

der Zöllner und war reich.<br />

s. Und begehrte Jesum zu sehen, wer<br />

Er wäre, und konnt« nicht vor dem<br />

Volk; denn er war klein von Person.<br />

4. Und er lief voraus und stieg auf<br />

einen Maulbeerbaum, auf daß er Ihn<br />

sähe; denn allda sollte Er durchkommen.<br />

s. Und als Jesus kam an <strong>die</strong>selbige<br />

Stätte, sah Er auf und ward sein<br />

gewahr und sprach zu ihm: Zachäus,<br />

steig eilend hernieder; denn Ich muß<br />

heute zu deinem Hause einkehren!<br />

b. Und er stieg eilend hernieder und<br />

nahm Ihn auf mit Freuden.<br />

7. Da sie das sahen, murreten sie alle,<br />

daß Er bei einem Sünder einkehrte.<br />

r. Zachäus aber trat dar und sprach<br />

zu dem Herrn: Siehe, Herr, <strong>die</strong> Hälfte<br />

meiner Güter gebe ich den Armen, und<br />

so ich jemand betrogen habe, das gebe<br />

ich vierfältig wieder.<br />

g. Jesus aber sprach zu ihm: Heute ist<br />

<strong>die</strong>sem Hau,e Heil widerfahren, sintemal<br />

er auch Abrahams Sohn ist.<br />

;o. Denn des Menschen Sohn ist kommen,<br />

zu suchen und selig zu machen,<br />

das verloren ist. Luk. -g, z—?o<br />

Auf manchen alten Bildwerken wird <strong>die</strong> Höllenfahrt Christi ergreifend<br />

dargestellt. Die in den Retten des S atans gefangen liegen,<br />

strecken ihre gefesselten Arme dem Retter entgegen. Und in der Vollmacht<br />

des Siegers erlöst E r <strong>die</strong> Gefangenen und rettet <strong>die</strong> v erlorenen.<br />

Zachäus ist auch so ein Gefangener auf Erden. Geld, betrügerisch<br />

erworbenes Geld ist seine Rette. Sein Geld hat ihn nicht<br />

glücklich machen können. Als Zöllner ist er ausgestoßen aus der Gemeinschaft<br />

der Anständigen, Nationalbewußten und Frommen. Vielleicht<br />

hat man ihm schon oft gesagt, er müsse ein neues Leben anfangen.<br />

Aber von oben herab hat man's ihm gesagt, ohne Liebe und<br />

Erbarmen, darum vergeblich. Nun kommt einer, der sich nicht schämt,<br />

in des Zachäus Haus einzutreten, obwohl <strong>die</strong> Frommen sich darüber<br />

entsetzen. Der macht ihn frei. N u n widerfährt ihm H e il. Christus<br />

sieht den verlorenen, findet ihn und macht ihn selig. Sein<br />

ganzes Erdenleben w ar ein solches Suchen und Seligmachen. S o<br />

sucht Christus auch heute noch, durch Seine Rirchc. lNer Ihm be-


7db<br />

Woche des - g. Sonntags nach Trinitatis<br />

gcgnet, entdeckt seine verlorenheit. w e r aber weiß: Ich bin ein verlorener<br />

und verdammter Mensch, der greift gerne nach -er rettenden<br />

Hand, der ist dankbar, wenn er treue Freunde hat, <strong>die</strong> ihn zu Dem<br />

bringen, der uns heilt, der Verlorene seligmacht, indem E r in göttlicher<br />

Vollmacht spricht: Dir sind deine Sünden vergeben. Und Christus<br />

schämt Sich nicht, vor aller Augen in das Haus des Zachäus<br />

einzutreten. Welch eine Mahnung an uns <strong>für</strong> unser Tun gegenüber<br />

den, sündigen Bruder!<br />

Die andere Lesung: 2. Lorinther s, 17—21<br />

Freitag nach dem fg. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

5. Und das ist <strong>die</strong> Verkündigung, <strong>die</strong><br />

wir von Ihm gehöret haben und euch<br />

verkündigen, daß Gott Licht ist, und<br />

in Ihm ist keine Finsternis,<br />

b. So wir sagen, daß wir Gemeinschaft<br />

mit Ihm haben, und wandeln<br />

in der Finsternis, so lügen wir und<br />

tun nicht <strong>die</strong> Wahrheit.<br />

7. So wir aber im Licht wandeln,<br />

wie Er im Licht ist, so haben wir Gemeinschaft<br />

untereinander, und das Blut<br />

Jesu Lhristi, Seines Sohns, machet<br />

uns rein von aller Sünde.<br />

r. So wir sagen, wir haben keine<br />

Sünde, so verführen wir uns selbst,<br />

und <strong>die</strong> Wahrheit ist nicht in uns.<br />

g. So wir aber unsre Sünden bekennen,<br />

so ist Er treu und gerecht, daß<br />

Er uns <strong>die</strong> Sünden vergibt und reiniget<br />

uns von aller Untugend.<br />

so. So wir sagen, wir haben nicht<br />

gesündigek, so machen wir Ihn zum<br />

Lügner, und Sein Wort ist nicht in<br />

uns. Ioh. s—;o<br />

Christenglaube wird oft mißverstanden als eine Sache der reinen<br />

Innerlichkeit, als etwas, das nur in Gedanken, Gefühlen und Worten<br />

lebt. Bei Christen und Nichtchristen findet sich <strong>die</strong>ses Mißverständnis.<br />

Diesem Wortchristentum und Gcdankenchristentum schiebt Io -<br />

hannes einen Riegel vor. E s geht nicht, daß man nur sagt: w i r<br />

haben Gemeinschaft mit Gott. Dies W ort wird zur Lüge, wenn wir<br />

dabei in der Finsternis wandeln. Denn Gott ist Licht. Bein Böses ist<br />

in Ihm . w e r mit Ihm wirklich Gemeinschaft hat, der wandelt auch<br />

im Licht. Die rechte, lebendige Gemeinschaft mit Gott gibt<br />

es nur unter dem Breuze Lhristi. w e r unter das Breuz Lhristi tritt,<br />

kann nicht sagen: Ich habe keine Sünde. Damit würden w ir Gott<br />

einen Lügner nennen. Völlig anders dagegen ist das Bekenntnis der<br />

Christen: Gott hat mich durch Lhristi Blut reingemacht von aller<br />

Sünde. I n <strong>die</strong>sem Bekenntnis, unter dem Breuze Lhristi, entsteht<br />

<strong>die</strong> wahre Gemeinschaft untereinander, <strong>die</strong> Gemeinschaft derer, <strong>die</strong>


Woche des ) g. Sonntags nach Trinitatis 77<br />

Vergebung empfangen haben und darum auch Vergebung üben können.<br />

<strong>Das</strong> heißt: Im Lichte wandeln.<br />

Die andere Lesung: Lukas rs, 3g—4 S<br />

Sonnabend nach dem jg. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

Meine Rindlcin, solches schreibe ich<br />

euch, auf daß ihr nicht sündiget. Und<br />

ob jemand sündiget, so haben wir<br />

einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesum<br />

Christ, der gerecht ist.<br />

r. Und derselbige ist <strong>die</strong> Versöhnung<br />

<strong>für</strong> unsere Sünden, nicht allein aber<br />

<strong>für</strong> <strong>die</strong> unseren, sondern auch <strong>für</strong> der<br />

ganzen Welt.<br />

3. Und an dem merken wir, daß wir<br />

Ihn kennen, so wir Seine Gebote<br />

halten.<br />

4. wer da saget: Ich kenne Ihn, —<br />

und hält Seine Gebote nicht, der ist<br />

ein Lügner, und in solchem ist keine<br />

Wahrheit.<br />

s. w er aber Sein Wort hält, in solchem<br />

ist wahrlich <strong>die</strong> Liebe Gottes<br />

vollkommen. Daran erkennen wir,<br />

daß wir in Ihm sind.<br />

5. Wer da saget, daß er in Ihm bleibet,<br />

der soll auch wandeln, gleichwie<br />

Er gewandelt hat. ;. Ioh. r, t —d<br />

w o zu wird uns <strong>die</strong> Sünde vergeben 7 Dazu, daß w ir hinfort nicht<br />

mehr Lncchte der Sünde sind. Es ist ein verdorbener Glaube, der<br />

sich <strong>die</strong> Vergebung schenken lassen will und dann alles beim<br />

alten läßt. Die Vergebung erweist sich wirksam in einem neuen<br />

Leben. Der alte Adam ist nicht tot, solange w ir leben. Aber Christus,<br />

der einst <strong>für</strong> uns starb, ist jetzt unser Fürsprecher beim Vater. Seine<br />

Fürsprache hat Gewicht, weil E r gerecht ist. — <strong>Das</strong> Angebot der<br />

Gnade Gottes geht an <strong>die</strong> ganze W elt. <strong>Das</strong> erst macht unseren Glauben<br />

gewiß. Unser Glaube gründet sich ja nicht darauf, daß unsere<br />

Sünden etwa geringer seien als <strong>die</strong> der andern, sondern er gründet<br />

sich auf <strong>die</strong> allumfassende Versöhnung. Dadurch sind w ir frei von<br />

der Sünde, aber nun anders gebunden, gebunden an Seine Gebote,<br />

w e r in ihnen lebt, der kennt Ihn. Aber nun wird <strong>die</strong> Verbindung<br />

noch enger: Ih n kennen, in Ihm sein, in Ihm bleiben. Der Christus<br />

beim Vater ist uns nicht fern gerückt, sondern w ir dürfen mit Ihm<br />

verbunden sein in beständiger Gemeinschaft. Und w ir sollen wandeln,<br />

gleichwie E r gewandelt hat. nicht indem w ir Ih n nachahmen, sondern<br />

indem w ir an unserer Stelle, wo w ir stehen, Gehorsam beweisen.<br />

Darin schafft Christus eine Gemeinschaft mit uns, <strong>die</strong> auch<br />

der Tod nicht zerreißen kann.<br />

Die ander« Lesung: Hebräer zo, ; —


7ör<br />

Woche des Lrnteda nkfestco<br />

Erntedank<br />

S o lautet <strong>die</strong> vierte Bitte:<br />

Unser täglich Brot gib uns heute.<br />

w a s ist das?<br />

Gott gibt täglich B rot auch wohl ohne unsere Bitte allen bösen<br />

Menschen;<br />

aber w ir bitten in <strong>die</strong>sem Gebet,<br />

daß E r's uns erkennen lasse<br />

und mit Danksagung empfangen unser täglich Brot.<br />

w as heißt denn täglich Brot?<br />

Alles, was zur Leibes Nahrung und Notdurft gehört, als<br />

Essen, Trinken, Rlcider Schuh,<br />

Haus, Hof, Acker, Vieh, Geld, Gut,<br />

fromm Gemahl, fromme Binder, fromm Gesinde,<br />

fromme und getreue Vberherren,<br />

gut Regiment,<br />

gut Wetter, Friede, Gesundheit,<br />

Zucht, Ehre,<br />

gute Freunde, getreue Nachbarn und desgleichen.<br />

4-<br />

Du tust Deine Hand auf und erfüllest alles, was lebet, mit<br />

Wohlgefallen.<br />

Psalm -4 5, -ö<br />

D as Evangelium<br />

-s. Und Er sprach zu ihnen: Sehet zu sprach: w a s soll ich tun? Ich habe<br />

und hütet euch vor dem Geiz; denn nicht, da ich mein« Früchte hin sammle,<br />

niemand lebet davon daßervielGü- ;z. Und sprach: <strong>Das</strong> will ich tun: ich<br />

t"' hat.<br />

will mein« Scheunen abbrechen und<br />

-b. Und Er sagte ihnen «in Gleichnis größer« bauen und will drein sammeln<br />

und sprach: Es war «in reicher Mensch, alles, was mir gewachsen ist, und<br />

des Feld hatt« wohl getragen. meine Güter;<br />

-7. Und er gedachte bei ihm selbst und ;g. und will sagen zu meiner Seele:


Erntedankfest<br />

Liebe Seele, du hast einen großen vor- Seele von dir fordern; und «es<br />

rat auf viel Jahre; habe nun Ruh«, wird's sein, das du bereitet hast?<br />

iß, trink und habe guten Mut! ri. Also gehet es, wer sich Schätze<br />

ro. Aber Gott sprach zu ihm: Du sammelt und ist nicht reich in Gott.<br />

Narr! Dies« Nacht wird man dein« Luk. zs—r?<br />

Einer aus dem Volke kommt zum Herrn und sagt: „Meister, sage<br />

meinem Bruder, daß er sein Erbe mit mir teile". Hinter <strong>die</strong>sen wenigen<br />

Worten steht sicherlich eine lange Geschichte von einem brüderlichen<br />

Lrbstreit. Jesus soll ihn schlichten. Aber Er antwortet: „Mensch,<br />

wer hat Mich zum Richter und Erbschlichtcr über euch gesetzt?"<br />

Der Herr lehnt ab, w as nicht Seines Amtes ist. Schiedsrichter in<br />

Geldsachen zu sein, ist immer eine zweifelhafte Ehre. Jesus hat damit<br />

überhaupt nichts zu tun haben wollen. Deshalb fügt E r hinzu:<br />

„Nehmt euch in acht vor jeglicher Habgier. Denn niemand lebt davon,<br />

daß er viele Güter hat". „Jegliche Habgier!" Der Herr warnt<br />

also nicht nur vor dem Geiz, der zu halten sucht, w as er hat, sondern<br />

auch vor der Gewinnsucht, <strong>die</strong> zu kriegen sucht, was sie kriegen<br />

kann. Eins ist so übel wie das andere. Danach folgt das Gleichnis<br />

vom reichen Rornbauer.<br />

Der Mann, der in ihm geschildert wird, ist keine Ausnahme. 8«st<br />

alle Leute, <strong>die</strong> etwas hinter sich gebracht haben, denken so wie er.<br />

E r sieht <strong>die</strong> M le der Garben, <strong>die</strong> von seinen 8eldern auf seinen<br />

Hof gefahren werden, und sagt sich mit Behagen: Alles mein! w o<br />

soll ich's nur lassen? Die Scheunen langen nicht zu. Also werde ich<br />

sie abreißen und größer bauen müssen. Danach will ich mich dann<br />

zur Ruhe setzen und mir einen guten Tag machen. Hast ja dein<br />

ganzes Leben lang geschuftet vom Morgen bis zum Abend. Nun<br />

darfst du dir wohl auch einmal Ruhe gönnen. Denn was du jetzt<br />

hast, das langt, o ja, das langt <strong>für</strong> viele Jahre.<br />

Denkt so nicht auch der 8abrikbesitzer, der Beamte, der Arbeiter? w o ­<br />

<strong>für</strong> schinden sie sich den ganzen Tag? w orum sorgen sie sich so<br />

manche Nacht? Der eine sagt: Mein Betrieb! Der andere: Mein<br />

Bankkonto! Der dritte: Mein Sparkassenbuch! N u r <strong>die</strong>s eine<br />

will ich noch tun, dann will ich mir <strong>die</strong> wohlver<strong>die</strong>nte Ruhe gönnen.<br />

Denn dann bin ich soweit, dann wird's langen bis zu meinem<br />

Ende und darüber hinaus, <strong>für</strong> meine 8rau, meine Rinder und vielleicht<br />

sogar noch <strong>für</strong> meine Enkel.<br />

Aber der Herr sagt: „Niemand lebt davon, daß er viele Güter hat".<br />

Der reiche Rornbauer muß noch in derselben Nacht sterben. Er


770 Woche des Erntedankfestes<br />

kommt nicht mehr dazu, seine Güter in Ruhe zu genießen. Man<br />

wird ihn feierlich zu Grabe tragen, seinen Fleiß rühmen, seine vollen<br />

Scheunen anerkennend begutachten, wie das Dauern tun — und<br />

dann 7 Dann wird der Zank um das Erbe beginnen. Für wen hat<br />

er nun sein ganzes Leben lang geschuftet?<br />

E s braucht nicht einmal zu kommen, daß der T o d solchen Plänen<br />

ein Ende macht. Manchem läuft das Geld ebenso schnell wieder<br />

davon, wie es ihm zugeflossen ist. Denn es hat Ebbe und Flut wie<br />

das Meer. Sich aufs Geld verlassen? <strong>Das</strong> ist bös'! Der Götze Mammon<br />

hat schon manchen betrogen, der in seinem Schutze ganz sicher<br />

zu sein glaubte. Reich zu werden ist schwer, aber reich zu bleiben<br />

auch. Und sein Herz nicht an das Geld zu verlieren, wenn man<br />

reich ist, das ist fast nicht menschenmöglich.<br />

Mammons<strong>die</strong>nst ist Götzen<strong>die</strong>nst. Jede Art von Götzen<strong>die</strong>nst versetzt<br />

<strong>die</strong> Menschen in einen Rausch. Auch das Geldmachenwollen ist ein<br />

Rausch. Davor will dich der Herr bewahren. Deshalb redet E r so<br />

ernüchternd: „G ott aber sprach zu ihm: Du Narr, noch in <strong>die</strong>ser<br />

Nacht will Ich dein Leben von dir fordern. Wem wird's gehören,<br />

was du auf <strong>die</strong> hohe Äante gelegt hast? S o geht es jedem, der<br />

sich Schätze sammelt und ist nicht reich in G o tt" . <strong>Das</strong><br />

ist pure und reine Wahrheit! Niemand kann sich mehr als satt essen,<br />

w enn er es tut, hat er nur Äummer davon. Niemand kann sich <strong>für</strong><br />

Geld wahre Ehre, Liebe und Treue kaufen. Deshalb gibt es unter den<br />

Reichen mindestens ebenso viele unglückliche Leute wie unter den<br />

Armen, vielleicht sogar noch mehr, wenn Goethe recht hat mit dem<br />

Sprüchlein: „Sie sind gewiß aus einem hohen Haus. Sie seh'n so<br />

stolz und unzufrieden aus". Niemand kann mit Geld dem Tode<br />

sein Leben abhandeln. Einmal muß er doch „dran glauben", mag<br />

er noch so fest an das Geld geglaubt haben,<br />

w i r wissen das. Dennoch fällt es vielen schwer, den Versuchungen<br />

zu widerstehen, denen der reiche Rornbauer erlag, w oher kommt<br />

das? Aus der Angst! Denn nichts sitzt uns Menschen so sehr auf dem<br />

Halse wie <strong>die</strong> Angst, w ir könnten einmal keinen Pfennig Geld mehr<br />

im Hause haben. Und woran liegt das? An unserem Unglauben!<br />

Sind w ir wirklich im tiefsten Grunde unseres Herzens davon überzeugt,<br />

daß Gott <strong>die</strong> W elt regiert und nicht der Götze Mammon?<br />

Auch <strong>die</strong> Götzen wollen ge<strong>für</strong>chtet sein. w e r dem Mammon <strong>die</strong>nt,<br />

muß darum Angst haben, daß E r ihm Seine Gnade entzieht. Also


Erntedankfest 77?<br />

kommt's darauf an, wen du mehr <strong>für</strong>chtest. „ Ih r könnt nicht Gott<br />

<strong>die</strong>nen und dem Mammon".<br />

Aber was soll man denn tun? Ist es Sünde, neue Scheunen zu<br />

bauen, sein Unternehmen zu vergrößern, sich ein Haus zu kaufen<br />

und darin zu wohnen? — <strong>Das</strong> kommt darauf an, wie du es ansiehst.<br />

Stellst du dich davor und denkst: Alles mein! Meiner<br />

Hände Arbeit! w a s kann mir viel passieren! — nun, dann sieh dich<br />

vor, daß es dir nicht geht wie dem reichen Äornbaucrn. Faltest hu<br />

aber deine Hände und sprichst: „An Gottes Segen ist alles gelegen"<br />

oder, was noch mehr heißen will in Zeiten des Unglücks: „Der<br />

Herr hat's gegeben, der Herr hat's genommen, der Name des Herrn<br />

sei gelobt", — dann ist klar, daß du Gott und nicht den Götzen<br />

Mammon über alle Dinge <strong>für</strong>chtest. Auch ein Lhrist kann äußeren<br />

Erfolg haben in seinem Leben, w aru m sollte er das nicht? w enn<br />

er ihn aber hat und ist dabei ein rechter Lhrist geblieben, so hat er<br />

nicht bloß gearbeitet, sondern auch gebetet. E r wird's auch weiterhin<br />

tun. Auch ein Lhrist kann sich seines Werkes freuen, wenn er<br />

etwas Rechtes zustandegebracht hat. w aru m sollte er das nicht? <strong>Das</strong><br />

tat Gott selbst am siebenten Schöpfungstage auch. w enn er sich<br />

aber freut, so bedenkt er zugleich, was im Psalm steht: „ w o der<br />

Herr nicht das Haus baut, da arbeiten umsonst, <strong>die</strong> daran bauen,<br />

w o der Herr nicht <strong>die</strong> Stadt behütet, da wacht der Wächter umsonst".<br />

vergiß auch <strong>die</strong>ses nie, wenn du Erfolg gehabt hast in deiner Arbeit:<br />

w o Reiche sind, da sind auch Arme. — E s gibt viele Mittel<br />

und Wege, bei denen <strong>die</strong> rechte Hand nicht weiß, was <strong>die</strong> linke tut.<br />

Denk' daran! Noch heute sollst du daran denken!<br />

Zk. Aller Augen warten auf Dich, und<br />

Du gibst ihnen ihreGpeise zu seinerzeit<br />

jb. Du tust Dein« Hand auf und erfüllest<br />

alles, was lebet, mit Wohlgefallen.<br />

17. Der Herr ist gerecht in allen Seinen<br />

wegen und heilig in allen Seinen<br />

Werken.<br />

zr. Der Herr ist nahe allen, <strong>die</strong> Ihn<br />

anrufen, allen, <strong>die</strong> Ihn mit Ernst anrufen.<br />

Die Epistel<br />

1g. Er tut, was <strong>die</strong> Gottes<strong>für</strong>chtigen<br />

begehren, und höret ihr Schreien und<br />

hilft ihnen.<br />

ro. Der Herr behütet alle, <strong>die</strong> Ihn<br />

lieben, und wird vertilgen alle Gottlosen.<br />

r?. Mein Mund soll des Herrn Lob<br />

sagen, und alles Fleisch lobe Seinen<br />

heiligen Namen immer und ewiglich.<br />

ps. ?4S, ,s —r?


772 Woche des Erntedankfestes<br />

Die Macht des Götzen Mammon ist groß. w e r ihr nicht verfallen<br />

will, muß beten, w ie sollen w ir beten 7<br />

Zuerst: „Aller Augen warten auf Dich. Du gibst ihnen ihre Speise<br />

zu seiner Zeit. Du tust Deine Hand auf und erfüllest alles, was<br />

lebet, mit Wohlgefallen". Sieh' <strong>die</strong> Tiere an, <strong>die</strong> du täglich fütterst!<br />

Sie wissen ganz genau, wer gut zu ihnen ist und von wem ihr<br />

Leben abhängt, w illst du törichter sein als <strong>die</strong> Tiere) w eiß t du<br />

nicht, daß du verloren bist, wenn Gott Seine Hand von dir abzieht 7<br />

Sodann: „Der Herr ist gerecht in allen Seinen wegen". Als Menschen<br />

brauchen w ir zum Leben nicht bloß Nahrung, Rleidung und<br />

Wohnung, sondern auch Gerechtigkeit, «Ordnung und Frieden, w a s<br />

nützt dir dein Geld und Gut, wenn Ärieg und Unfrieden im Lande<br />

sind) Gerechtigkeit, Ordnung und Frieden kommen allein von Dem,<br />

der „gerecht ist in allen Seinen wegen". Halte das nicht <strong>für</strong> selbstverständlich.<br />

I n <strong>die</strong>ser W elt ist nichts selbstverständlich, am allerwenigsten<br />

das, was dir so vorkommt. Darum bete: Dein Name<br />

werde geheiligt, Dein Reich komme, Dein W ille geschehe.<br />

E s kommen auch Zeiten der Not. Höre in ihnen auf das Trostwort,<br />

das der Psalmist zu dir sagt: „Der Herr ist nahe allen, <strong>die</strong> Ih n anrufen,<br />

allen <strong>die</strong> Ih n m it E rn s t anrufen", viele vergessen Gott,<br />

solange es ihnen gut geht; aber sie hadern mit Gott, sobald es ihnen<br />

schlecht geht. w e il sie in Zeiten des Glücks vergessen haben, Gott<br />

zu danken, darum verstehen sie es nicht, Ih n zu bitten in Zeiten<br />

der Not. w ie soll Gott ihnen helfen 7 Oder meinst du, es sei gleichgültig,<br />

ob w ir danken und bitten oder nicht 7 Du hast Beispiele, daß<br />

es auch den Gottlosen gut geht) — Freund, merke auf ihr Ende!<br />

„ w ie werden sie so plötzlich zunichte! S ir gehen unter und nehmen<br />

ein Ende mit Schrecken".<br />

Laß dein Gebet immer ausklingen in einen Lobpreis Gottes. „Mein<br />

Mund soll des Herrn Lob sagen".<br />

Dies mußt du durchbuchstabieren, nicht bloß mit dem Äopse, sondern<br />

mit dem Herzen. Dann wird dich der Götze Mammon nicht so leicht<br />

in Versuchung führen können.<br />

D a s Lied des Tages<br />

Nun preiset alle Gottes Barmherzigkeit


Beruf und Arbeit<br />

77s<br />

E i n christlich es L o b lied z u r E r n t e . E s u m s p a n n t m it w e ite m B lick<br />

d e s C h ris te n g la u b e n s <strong>die</strong> g a n z e L irc h e , d ie „ w e rte s te C h ris te n h e it" ,<br />

d a z u „ d ie g a n z e W e l t " , <strong>die</strong> W e l t d e r E n g e l u n d d e r V ö lk e r. G o t t ,<br />

d e r „re c h te V a t e r ü b e r a lle s , w a s d a B in d e r h e iß e t im H im m e l u n d<br />

a u f E r d e n " , s ä t t i g t sie leiblich u n d r u f t sie z u r «Q uelle u n d w e i d e<br />

S e in e s W o r t e s v o n d er V e r g e b u n g d e r S ü n d e n . D e r biblische<br />

H in te r g r u n d d es L iedes sin d <strong>die</strong> S p e is u n g d e r F ü n fta u s e n d u n d <strong>die</strong><br />

B ild e r d e s r s . P s a lm s . — w i r d d a s M is s io n s fe s t d er G e m e in d e<br />

z u r S o m m e r z e it im F re ie n g e fe ie rt, so g ib t ih m d ie s Lied ein en<br />

fro h e n , w ü r d i g e n E i n g a n g . E s v e rb in d e t d a s E rn te d a n k fe s t m it dem<br />

u n m itte lb a r in sein er N ä h e lieg en d en M ic h a e ls ta g . D e r D ic h te r des<br />

L iedes sch u f au ch d ie h errlic h e M e lo d ie : A p e lle s v o n L ö w e n s te rn ,<br />

D ic h te r u n d M u s ik e r. E r s ta rb im letzten I a h r e d e s D r e iß ig jä h r ig e n<br />

L r ie g e s - 6 4 s in B r e s l a u .<br />

D a s G e b e t d e s T a g e s<br />

Allmächtiger G ott, barmherziger Vater, der D u Dein« milde<br />

Hand austust und sättigest alles, w a s da lebet, nach Deinem<br />

W ohlgefallen, w ir danken D ir demütiglich, daß D u <strong>die</strong> Felder<br />

gekrönet m it Deinem S egen und <strong>die</strong> Früchte der Erde uns<br />

wiederum hast sammeln lassen; w ir bitten Dich, segne und behüte<br />

auch <strong>die</strong> ewige S a a t Deines W o rtes in unsern Herzen,<br />

auf daß w ir in reichlichen Früchten der Gerechtigkeit <strong>die</strong> rechten<br />

Dankopfer D ir allezeit darbringen m ögen, durch Jesum Christum,<br />

unsern Herrn. Amen.<br />

-l-<br />

B e r u f u n d A r b e it<br />

<strong>Das</strong> Neue Testament redet öfter von einem Beruf. Darunter versteht es,<br />

daß Menschen es erfahren haben: Gott ruft uns! wohin und wozu uns Gott<br />

ruft? Er beruft uns durch das Evangelium zur Gemeinschaft mit Christus.<br />

Damit beruft Er uns zugleich zum ewigen Heil und zur Bürgerschaft im<br />

Reiche Gottes. Gottes Ruf erreicht uns, wo immer wir auf Ihn Acht geben:<br />

in der Rüche, im stillen Rämmerlein oder sonstwie auf unseren Lebenswegen<br />

und Arbeitsgebieten, w ir brauchen uns nicht von der Welt zu lösen, um<br />

<strong>die</strong>sen Gottesruf zu vernehmen, w ir hören ihn inmitten der natürlichen «Ordnungen<br />

und Bindungen unseres zeitlich-irdischen Lebens. Er lautet: Trachtet


774 Woche des Erntedankfestes<br />

am ersten nach dem Reiche Gottes und »ach Seiner Gerechtigkeit! Als <strong>die</strong><br />

Berufenen werden wir dann ermähnt, in unserem Beruf zu wandeln, wie<br />

sich's gebührt (Lph. 4, -). Damit stehen wir vor der Frage, wie wir uns<br />

als <strong>die</strong> von Gott Berufenen in den natürlichen Ordnungen und Bindungen<br />

unseres irdischen Lebens zu verhalte» haben.<br />

r. Der Schöpfungsauftrag Gottes an uns Menschen: Machet euch <strong>die</strong> Welt<br />

Untertan! zeigt, daß wir zur Arbeit auf der Erde berufen sind, einer Arbeit,<br />

<strong>die</strong> in ihrer Fülle unendlich ist und alle Lräftc des Lörpers und des Geistes<br />

beansprucht. Neben dem himmlischen Beruf steht <strong>die</strong>ser irdische Beruf, ebenfalls<br />

ein Ruf Gottes, der durch den himmlischen Beruf nicht etwa aufgehoben<br />

oder zurückgedrängt wird. Im heidnischen Altertum hielt der freie Grieche<br />

körperliche Arbeit mit Ausnahme des Landbaues <strong>für</strong> seiner nicht würdig, er<br />

überließ sie den Sklaven, von solcher Geringschätzung weiß weder das Alte<br />

noch das Neue Testament etwas. Auch das Leben im Para<strong>die</strong>se ist kein arbeitsloses<br />

Ruhen und Genießen: „Der Herr setzte den Menschen in den Garten<br />

Eden, daß er ihn baute und bewahrte". Nach Gottes Ordnung hat <strong>die</strong> Woche<br />

sechs Arbeitstage und nur «inen Ruhetag. Faulheit wird scharf gerügt (Spr.<br />

b, r—-0). w er nicht arbeiten will, wandelt unordentlich, macht dem Herrn<br />

Christus Unehre und soll nicht essen (r. Thess. s, ;o. -;). Jesu Hinweis auf<br />

<strong>die</strong> vögel und Lilien (Match. S, rb. rr f.) warnt vor kleingläubigem, ängstlichem<br />

Sorgen, ermuntert aber nicht zum Nichtstun, w ie Jesus selber rastlos<br />

tätig gewesen ist, wie Paulus sowohl als Apostel wie als Teppichmacher<br />

ein unermüdlicher Arbeiter war, so gehört das Arbeiten zum ehrbaren und<br />

ordentlichen Wandel der Christen (;. Thess. 4, It). w er arbeitet, hat Anspruch<br />

auf Lohn, der ihm nicht vorenthalten oder verkürzt werde» darf<br />

(Jer. rr, -3 ; Jak. s, 4); er erwirbt „sein eigen Brot", d. h. Lebensunterhalt<br />

und Eigentum (ps. jrr, r; r. Thess. 3, zr; r. Tim. r, ö), fällt anderen<br />

nicht zur Last (r. Thess. 3, g) und kann nicht nur seine eigenen Angehörigen<br />

versorgen, sondern auch sonst Bedürftigen helfen (l. Tim. s, s; Ap. Gcsch.<br />

ro, 35; Lph. 4, rr). Zeigt <strong>die</strong>s Letzte schon einen Zusammenhang zwischen<br />

Arbeit und Liebe, so wird darüber hinaus durch Christus <strong>die</strong> Arbeit als<br />

Lebensaufgabe aus dem engen Bereich der Ichsucht herausgenommen; sie ist<br />

<strong>für</strong> den Jünger Jesu eine Übung des durch Liebe tätigen Glaubens, ist Dienst<br />

<strong>für</strong> andere und an anderen und bekommt dadurch einen besonderen<br />

Adel.<br />

3. Im Zusammenleben sind wir einer auf des andern Dienst angewiesen, w ir<br />

können nicht alle <strong>die</strong>selben Aufgaben und pflichten auf uns nehmen. Die Vlelgestaltigkeit<br />

der Arbeit und <strong>die</strong> verschiedene Veranlagung und Befähigung<br />

führen zur Arbeitsteilung, damit zur Verschiedenheit der Stände und Berufe.<br />

Dennoch nennen wir jede <strong>die</strong>ser Teilarbeiten Berufsarbeit, weil sie aus der<br />

Verantwortung gegen Gott, unseren weltlichen und himmlischen Auftraggeber,<br />

zu leisten sind. Es ist das ver<strong>die</strong>nst der Reformation, daß sie <strong>die</strong>


Beruf und Arbeit 775<br />

Bedeutung des irdischen Berufes nachdrücklich ans Licht gestellt bat gegenüber<br />

einer Auffassung, als ob <strong>die</strong> Erfüllung irdischer Bcrufspflichtcn ein<br />

„weltlich, ungeistig Wesen" sei, das <strong>die</strong> christliche Vollkommenheit unmöglich<br />

mache. Ob du im Stande des Bauern oder Handwerkers, des Arbeiters oder<br />

Gelehrten stehst, immer ist es der gleicht Auftrag Gottes, zu dem du berufen<br />

bist. Christlicher Berufungstreue wird ausdrücklich nachgerühmt, daß durch<br />

sie Christus über den Teufel triumphiere, der dahin arbeitet, daß nicht etwas<br />

zum Lobe Gottes geschieht. Darnach ist klar, daß der Lhrist um seines himmlischen<br />

Berufes willen nicht außerordentliche Dinge zu tun hat; an den Aufgaben<br />

und pflichten seines irdischen Berufes hat er von Gott gesetzte Schranken,<br />

innerhalb deren er sich mit gutem Gewissen zu betätige» hat und innerhalb<br />

deren er Gottes Berufung zugleich beweisen und bewähren kann. Dabei<br />

gibt ihm sein irdischer Beruf immer wieder Veranlassung zum Beten, Loben<br />

und Danken. Der irdische Beruf steht nicht im Gegensatz zum himmlischen Beruf,<br />

als ob er von Gott und dem Ziele der himmlischen Berufung abführen,<br />

müßte, sondern er hilft ihm, seine himmlische Berufung festzumachen.<br />

4. Bei <strong>die</strong>ser Würdigung der Berufsarbeit dürfen wir freilich nicht vergessen,<br />

daß sie auch ihre mannigfachen Nöte und Schwierigkeiten hat. Sie ist kein<br />

ungetrübter Genuß, sondern zehrt an unseren körperlichen, seelischen und geistigen<br />

Brüsten, bereitet manche Enttäuschung und fordert manchen Verzicht. Line<br />

Fülle von Schwierigkeiten und Hemmungen legt sich über <strong>die</strong> Berufsarbeit,<br />

alles Folgen des Umstandes, daß das Böse in der Welt steckt. Nach biblischer<br />

Anschauung ist nicht <strong>die</strong> Arbeit selbst ein Fluch; was als Fluch auf ihr liegt,<br />

ist Auswirkung menschlicher Selbstsucht und Sünde. Von daher kommen <strong>die</strong><br />

vielerlei Versuchungen und Verfehlungen, mit denen — Gott sei es geklagt —<br />

das Arbeitoleben verquickt ist: Pflichtvergessenheit, Untreue, Unzufriedenheit,<br />

Neid, Habgier, Machthunger, Hochmut, Rücksichtslosigkeit, Genußsucht und<br />

Ehrsucht; dazu Verzagtheit und Sorge und vieles andere, was wider Gottes<br />

Gebot ist. Dadurch kann der himmlische Beruf gefährdet werden. Um Gottes<br />

willen muß der Lhrist gegen solche Versuchungen kämpfen, damit er sein höchstes<br />

Ziel nicht verfehlt.<br />

„Wachet und betet, daß ihr nicht in Anfechtung fallet!" Dabei darf der<br />

Lhrist gewiß sein, daß sich der auf der Arbeit liegende Fluch der Sünde durch<br />

<strong>die</strong> Zucht des Heiligen Geistes zum Segen wandeln kann und will. Die Besinnung<br />

auf unseren himmlischen Beruf <strong>die</strong>nt uns zur Läuterung und<br />

Stärkung, so daß wir unseren irdischen Beruf um so treuer<br />

und gewissenhafter erfüllen.<br />

-t-


77b<br />

Woche des Erntedankfestes<br />

-s. Da redet« Gott mit Noah und<br />

sprach:<br />

sö. Gehe aus dem Lasten, du und<br />

dein Weib, deine Söhne und deiner<br />

Söhne Weiber mit dir.<br />

-7. Allerlei Tier, das bei dir ist, von<br />

allerlei 8leisch> an vögeln, an Vieh<br />

und an allerlei Gewürm, das auf Erden<br />

kriecht, das gehe heraus mit dir,<br />

daß sie sich regen auf Erden und<br />

fruchtbar seien und sich mehren auf<br />

Erden.<br />

i s. Also ging Noah heraus mit seinen<br />

Söhnen und mit seinem Weibe und<br />

seiner Söhne Weibern,<br />

ig. dazu allerlei Tier, allerlei Gewürm,<br />

allerlei vögel und alles, was<br />

auf Erden kriecht; das ging aus dem<br />

Lasten, ein jegliches mit'seinesgleichcn.<br />

M o n t a g n a c h E r n t e d a n k f e s t<br />

ro. Noah aber baute dem Herrn einen<br />

Altar und nahm von allerlei reinem<br />

Vieh und von allerlei reinem Gevögel<br />

und opfert« Brandopfer auf dem Altar.<br />

r;. Und der Herr roch den lieblichen<br />

Geruch und sprach in Seinem Herzen:<br />

Ich will hinfort nicht mehr <strong>die</strong><br />

Erde verfluchen um der Menschen<br />

willen; denn das Dichten des menschlichen<br />

Herzens ist böse von Jugend<br />

auf. Und Ich will hinfort nicht mehr<br />

schlagen alles, was da lebet, wie Ich<br />

getan habe.<br />

rr. Solange <strong>die</strong> Erde stehet, soll nicht<br />

aufhören Same und Ernt«, Frost und<br />

Hitze, Sommer und Winter, Tag und<br />

Nacht.<br />

Mos. r, ;s—rr<br />

E s lie g t a lle s a n G o t t e s H a n d e ln u n d R e d e n . E s lie g t n ic h ts a n<br />

N o a h s T u n . N o a h s te ig t a u f G o t t e s B e f e h l a u s d em „ R a s te n " , u n d<br />

G o t t seg n et ih n . E s lie g t n ic h ts a n N o a h s O p f e r , d e n n e r k an n<br />

n ic h ts E ig e n e s g e b e n , so n d e rn n u r d a s , w a s e r z u v o r v o n G o t t<br />

e m p fin g . E r o p f e r t v o n den T ie re n , <strong>die</strong> G o t t ih m b eließ . G o t t a b e r<br />

g ib t ih m <strong>die</strong> V e r h e iß u n g : I c h w i l l fe rn e rh in <strong>die</strong> W e l t bestehen lassen .<br />

U m N o a h s O p f e r , u m seiner Frömmigkeit w i l l e n ? R e in e s w e g s ! U m<br />

S e in e tw i l l e n . „D enn d a s D ic h te n u n d T ra c h te n d e s m enschlichen<br />

H e rz e n s ist böse v o n I u g e n d a u f ! " G o t t a b e r w i l l S ic h n ic h t nach<br />

dem M a ß u n s e re r T a te n o d e r U n ta te n ric h te n . E r w i l l h in f o r t S ic h<br />

n u r nach S i c h selber u n d d . h . nach S e i n e r B a r m h e r z ig k e it rich ten .<br />

S o l a n g e <strong>die</strong> E r d e steht, w ill G o t t den Menschen auf<br />

ihr das Leben erhalten. „ S o l a n g e " : <strong>die</strong>se w e l t z c i t ist b efristete<br />

Z e it! D ie W e l t ist n ic h t e w ig . A lle Z e it a u f E r d e n ist Z e it g ö ttlic h e r<br />

G e d u ld . F ü r <strong>die</strong>se Z e it g i l t n u n a b e r w irk lic h d a s trö ste n d e G esetz<br />

G o tte s . A u f C h r is tu s h in , d er in s Fleisch k o m m en s o llte , h a t G o t t d er<br />

W e l t d a s L ebe» e rh a lte n . U m L h ris ti w ille n , d e r w ie d e rk o m m e n<br />

w i r d , e r h ä lt E r i h r u n d u n s noch h e u te d a s L eben. G o t t sei g ed an k t<br />

f ü r a lle s !<br />

Die ander« Lesung: Sprüche b, S—;z; ;o, s—s; so, 7—g


Woche des Erntedankfestes 777<br />

S. Und es war «in Mann zu Lystra,<br />

der mußte sitzen; denn er hatte<br />

schwache Füße und war lahm von<br />

Mutterleib«, der noch nie gewandelt<br />

hatte.<br />

g. Der hörte Paulus reden. Und als<br />

er ihn ansah und merkte, daß er glaubet«,<br />

ihm möchte geholfen werden,<br />

10. sprach er mit lauter Stimme:<br />

Steh« aufrecht auf deine Füße! Und<br />

er sprang auf und wandelt«.<br />

Da aber das Volk sah, was Paulus<br />

getan hatt«, huben sie ihre Stimme<br />

auf und sprachen auf lykaonisch: Die<br />

Götter sind den Menschen gleich worden<br />

und zu uns herniederkommen.<br />

-r. Und nannten Barnabas Jupiter<br />

und Paulus Merkurius, <strong>die</strong>weil er das<br />

Wort führte.<br />

-3. Der Priester aber Jupiters aus<br />

dem Tempel vor ihrer Stadt brachte<br />

»Ochsen und Lränze vor das Tor und<br />

wollte opfern samt dem Volk.<br />

D i e n s t a g n a c h E r n t e d a n k f e s t<br />

l4. Da das <strong>die</strong> Apostel Barnabas und<br />

Paulus höreten, zerrissen sie ihre Linder<br />

und sprangen unter das Volk,<br />

schrien<br />

zs. und sprachen: Ihr Männer, was<br />

machet ihr da 7 w ir sind auch sterbliche<br />

Menschen gleichwie ihr und predigen<br />

euch das Evangelium, daß ihr euch<br />

bekehren sollt von <strong>die</strong>sen falschen zu<br />

dem lebendigen Gott, welcher gemacht<br />

hat Himmel und Erde und das Meer<br />

und alles, was drinnen ist;<br />

zb. der in vergangenen Zeiten hat<br />

lassen alle Heiden wandeln ihre eignen<br />

weg«;<br />

-7. und zwar hat Er Sich Selbst<br />

nicht unbezeuget gelassen, hat uns viel<br />

Gutes getan und vom Himmel Regen<br />

und fruchtbare Zeiten gegeben, unsre<br />

Herzen erfüllet mit Speise und Freude.<br />

;s. Und da sie das saget«», stilleten sie<br />

kaum das Volk, daß sie ihnen nicht<br />

opferten. Ap. Gesch. )4, r—zs<br />

C h ris ti S e n d b o te » d ü rfe n d u rc h „ in itfo lg e n d e Z eich en " ( M a r k . ;6 , ro )<br />

d en R u h m ih r e s H e r r n v e rk ü n d ig e n . A b e r <strong>die</strong>se Z eichen w e rd e n<br />

m iß v e rs ta n d e n : M a n h ä l t sie f ü r G ö t t e r , <strong>die</strong> v o m H im m e l H erabstiegen<br />

a u f <strong>die</strong> E r d e . D a r u m m ü sse n sie <strong>die</strong> christliche B o ts c h a f t m it<br />

a lle r D eu tlic h k e it d a r b ie te n : D e r M e n sc h ist M e n sc h u n d b le ib t M en sch .<br />

D e r M en sch ist a u f d e r E r d e . G o t t a b e r ist im H im m e l. D e r lebendige<br />

G o t t h a t H im m e l u n d E r d e g esch affen . E r ist d e r H e r r . A b e r: O b ­<br />

w o h l G o t t im H i m m e l i s t , h a t E r S i c h a u f E r d e n nicht<br />

u n bezeugt gelassen: „ R e g e n u n d fru c h tb a re Z e ite n " f ü r <strong>die</strong><br />

E r d e , „ S p e is e u n d Freude" f g r u n sere H e rz e n — d a s a lle s k o m m t<br />

v o n I h m . S e in e B e z e u g u n g e n a u f E r d e n , <strong>die</strong> a lle M en sch en — G u te<br />

u n d B ö s e , G e rech te u n d U n g erech te, H e id e n u n d G rie c h e n — gen ieß en<br />

d ü rfe n , d ü rfe n a b e r n ic h t m it S e i n e r O f f e n b a r u n g v e rw e c h se lt w e r ­<br />

den . G o t t g ib t den M en sch en in d e r S c h ö p f u n g w o h l „ v ie l G u t e s " .<br />

E r g ib t S i c h a b e r in d e r S c h ö p f u n g d en M en sc h e n n ic h t z u erkennen.<br />

D ie M en sch en v e rw e c h seln G o t t m it J u p i t e r o d e r M e rk u r! U n d sie<br />

v erw ech se ln J u p i t e r u n d M e r k u r m it P a u l u s u n d B a r n a b a s ! D a r u m


77« Woche des Erntedankfestes<br />

ist es d e r A u f t r a g d e r B o t e n L h r is ti, <strong>die</strong> M e n sc h e n , <strong>die</strong> in d er N a t u r<br />

„ G o t t " z u erkennen u n d z u h a b e n m e in e n , v o n a lle m falschen W a h n<br />

z u rü c k z u ru fe n : „ B e k e h re t euch v o n d en falsch en G ö t t e r n z u d em leb<br />

e n d ig e n G o t t " . D ie se r a b e r h a t S i c h z u erk en n en g eg eb en a lle in<br />

in S e in e m S o h n I e s u s C h r is tu s . I n C h r is tu s a lle in k önnen w i r d a s<br />

e rla n g e n , w a s w i r in d er v ie rte n B i t t e b e te n : „ d a ß L r 's u n s e r­<br />

kennen lasse u n d w i r m it D a n k s a g u n g e m p fa n g e n u n s e r tä g lic h B r o t " .<br />

Die and«,c Lesung: s. Mose 24, ?4—rr<br />

M ittw och nach Erntedankfest<br />

-0. Ich bin aber höchlich erfreuet in<br />

dem «Herrn, daß ihr wieder wacker<br />

worden seid, <strong>für</strong> mich zu sorgen; wiewohl<br />

ihr allewege gcsorget habt, aber<br />

<strong>die</strong> Zeit hat's nicht wollen leiden.<br />

11. Nicht sage ich das des Mangels<br />

halben; denn ich habe gelernet, bei<br />

welchen ich bin, mir genügen lassen.<br />

;r. Ich kann niedrig sein, und kann<br />

hoch sein; ich bin in allen Dingen und<br />

bei allen geschickt, beide, satt sein und<br />

hungern, beide, übrig haben und Mangel<br />

leiden.<br />

18. Ich vermag alles durch Den, der<br />

mich mächtig macht, Christus.<br />

)4. Doch ihr habt wohlgetan, daß ihr<br />

euch meiner Trübsal angenommen<br />

habt.<br />

is. Ihr aber von Philipps wisset, daß<br />

von Anfang des Evangeliums, da ich<br />

auszog aus Mazedonien, keine Gemein«<br />

mit mir geteilet hat nach der<br />

Rechnung der Ausgabe und Einnahme,<br />

denn ihr allein.<br />

1b. Denn auch gen Thessalonich sandtet<br />

ihr zu meiner Notdurft einmal und<br />

darnach aber einmal.<br />

17. Nicht, daß ich das Geschenk such«,<br />

sondern ich suche <strong>die</strong> frucht, daß sie<br />

reichlich in eurer Rechnung sei.<br />

;r. Denn ich habe alles und habe überflüssig.<br />

Ich bin erfüllet, da ich empfing<br />

durch Lpaphroditus, das von euch<br />

kam, ei» süßer Geruch, «in angenehm<br />

Opfer, Gott gefällig.<br />

;g. Mein Gott aber erfülle alle eure<br />

Notdurft nach Seinem Reichtum in<br />

der Herrlichkeit, in Christo Iesu.<br />

ro. Gott aber, unserm Vater, sei Ehre<br />

von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.<br />

Phil. 4, 10—ro<br />

P a u l u s h a t, a l s e r d a s A p o s te la m t ü b e rn a h m , seinen ird isch en B e r u f<br />

n ic h t a u fg e g e b e n . E r h a t ih n v ie lfa c h n a c h ts a u s g e ü b t, w e n n er a m<br />

T a g e d u rch p r e d i g t u n d S e e ls o r g e in A n sp ru c h g e n o m m e n w a r . A uch<br />

w o llte er n ic h t d en A n schein erw ecken, a l s sichere er sich a u f bequem e<br />

w e i s e seinen U n te r h a lt, w ie neidische M e n sc h e n leicht m e in e n k o n n te n .<br />

D e s w e g e n h a t er fa s t ü b e r a ll a b g e le h n t, G e ld v o n d en G e m e in d e n<br />

a n z u n e h m e n , o b w o h l e r d a s a n sich h ä tte tu n d ü r f e n . D e n n jede<br />

A rbeit ist ihres L ohnes w e r t , au ch <strong>die</strong> B e r u f s a r b e it im R eiche<br />

G o tte s . D ie ein z ig e G e m e in d e , v o n d e r e r G e ld a n n a h m , w a r <strong>die</strong><br />

G e m e in d e zu P h i l i p p i . M i t ih r w a r er b e so n d e rs e n g v e rb u n d e n . E r


Woche des Erntedankfestes<br />

77S<br />

k o n n te <strong>die</strong> L ie b e s ä u ß e ru n g e n <strong>die</strong>ser G e m e in d e n ic h t a b w e is e n u n d<br />

w ü n sc h te , d u rc h A n n a h m e ih r e r S p e n d e d ie B a n d e v e r tr a u e n s v o lle r<br />

Liebe zw isch en sich u n d d e r G e m e in d e in ih r e r Z a r th e it z u e rh a lte n .<br />

Ä u ß ere G e sic h ts p u n k te k o m m en f ü r <strong>die</strong>se A n n a h m e n ic h t in F ra g e .<br />

D e n ä u ß e re n D in g e n , w ie G e ld , G u t , E s s e n , T rin k e n , sta n d er a l s<br />

ein im G la u b e n G e r e if te r fre i u n d u n a b h ä n g ig g e g e n ü b e r.<br />

Die andere Lesung j. Lönige )7, ;—ö<br />

sr. Und Er fuhr da in einem Schiff<br />

zu einer wüsten Stätte besonders.<br />

3 3. Und das Volk sah sie wegfahren;<br />

und viele kannten Ihn und liefen daselbst<br />

hin miteinander zu Fuße aus<br />

allen Städten und kamen ihnen zuvor<br />

und kamen zu Ihm.<br />

34. Und Jesus ging heraus und sah<br />

das große Volk; und es jammerte Ihn<br />

derselben; denn sie waren wie <strong>die</strong><br />

Schafe, <strong>die</strong> keinen Hirten haben; und<br />

er fing an eine lange predigt.<br />

35. Da nun der Tag fast dahin war,<br />

traten Seine Jünger zu Ihm und<br />

sprachen: Es ist wüste hie, und der<br />

Tag ist nun dahin;<br />

3d. laß sie von Dir, daß sie hingehen<br />

umher in <strong>die</strong> Dörfer und Märkte und<br />

kaufen sich Brot, denn sie haben nichts<br />

zu essen.<br />

37. Jesus aber antwortete und sprach<br />

zu ihnen: Gebet ihr ihnen zu essen.<br />

Und sie sprachen zu ihm: Sollen wir<br />

denn hingehen und <strong>für</strong> zweihundert<br />

D o n n e r s t a g n a c h E r n t e d a n k f e s t<br />

Groschen Brot kaufen und ihnen zu<br />

essen geben)<br />

3S. Er aber sprach zu ihnen: w ie viel<br />

Brote habt ihr) Gehet hin und sehet.<br />

Und da sie es erkundet hatten, sprachen<br />

sie: Fünf und zween Fische.<br />

3g. Und Er gebot ihnen, daß sie sich<br />

alle lagerten, als bei Tischen voll, auf<br />

das grüne Gras.<br />

40. Und sie setzten sich nach Schichten,<br />

je hundert und hundert, fünfzig und<br />

fünfzig.<br />

4). Und Er nahm <strong>die</strong> fünf Brote und<br />

zween Fische und sah auf gen Himmel<br />

und dankte und brach <strong>die</strong> Brot«<br />

und gab sie den Jüngern, daß sie<br />

ihnen vorlegten; und <strong>die</strong> zween Fische<br />

teilte Er unter sie alle.<br />

4r. Und sie aßen alle und wurden<br />

satt.<br />

43. Und sie huben auf <strong>die</strong> Brocken,<br />

zwölf Äörbe voll, und von den Fischen.<br />

14. Und <strong>die</strong> da gegessen hatten, der<br />

waren fünftausend Mann.<br />

Mark. ö, sr—44<br />

I e s u s C h r is tu s ist n ic h t n u r H e r r ü b e r d a s „ G e is tlic h e " , so n d e rn au ch<br />

ü b e r d a s Ird isc h -L e ib lic h e . E r ist d e r oberste H e r r a u ch ü b e r den<br />

H u n g e r . E r s ä ttig t <strong>die</strong> S e in e n . H ie r f ü h r t E r s o g a r <strong>die</strong> M en sch en<br />

d u rch S e i n W o r t in eine N o tla g e , a b e r E r h i l f t a u c h ä u ß e rlic h ,<br />

ü b e r V e rste h e n u n d B e g r e if e n . S e in e n I ü n g e r n a b e r b r i n g t E r d u rch<br />

S e in e n w u n d e rs a m e n B e f e h l <strong>die</strong> m enschliche B e g r e n z th e it z u m B e ­<br />

w u ß ts e in . D a s kluge R a te n u n d R ech n e n d er m enschlichen V e r n u n f t<br />

27 <strong>Das</strong> <strong>Kirchenbuch</strong>


780<br />

Woche des Ernte dankfeftes<br />

ist w o h l n ö tig a u f E r d e n . A b e r e s h a t a u ch seine G r e n z e n . A n d e re r­<br />

s e its : w o M en sch en n u r M a n g e l sehen, h a t E r den Ü b e rflu ß G o t t e s<br />

v o r A u g e n . E r sc h a u t <strong>die</strong> u n b e g re n z te H ülle d e r g ö ttlic h e n M a c h t.<br />

D u rc h d a s S p e i s u n g s w u n d e r e n th ü llt E r G o t te s H e lf e r w ille n :<br />

Gott hat einen väterlichen willen. Er setzt Iesus nicht<br />

n u r z u m H a u p t , sondern auch zum versorget- der G e ­<br />

meinde. A u ch in d en D in g e n u n se re s ird isch en L eb en s h a t C h ris tu s<br />

S e in e H a n d im S p ie le , w e it tie fe r u n d u m fa s s e n d e r, a l s der A llta g s ­<br />

m ensch es v e r m e in t. I n I h m , u n se re m H e ila n d , b e g e g n e t u n s G o t t e s<br />

g a n z e S chöpfer-H errlich keit. D a r u m so llen w i r g e tro s t ü b e r den S p e i ­<br />

sen, <strong>die</strong> w i r m it D a n k s a g u n g zu u n s n e h m e n , b e te n :<br />

R o m m , H e rr I e s u , sei unser Gast<br />

und segne, w a s D u bescheret hast.<br />

A m e n.<br />

Die andere Lesung: Lukas -r, rr—sr<br />

z. Und es schrie ein Weib unter den<br />

Weibern der Rinder der Propheten<br />

zu Llisa und sprach: Dein Lnecht,<br />

mein Mann, ist gestorben — so weißt<br />

du, daß er, dein Lnecht, den Herrn<br />

<strong>für</strong>chtete —; nun kommt der Schuldherr<br />

und will meine beiden Linder<br />

nehmen zu eigenen Lnechtcn.<br />

r. Llisa sprach zu ihr: w as soll ich<br />

dir tun) Sage mir, was hast du im<br />

Hause) Sie sprach: Deine Magd hat<br />

nichts im Hause denn «inen Vlkrug.<br />

8. Er sprach: Gehe hin und bitte<br />

draußen von allen deinen Nachbarinnen<br />

leere Gefäße, und derselben nicht<br />

wenig,<br />

4. und geh« hinein und schließ <strong>die</strong> Tür<br />

zu hinter dir und deinen Söhnen und<br />

H r e ita g n a c h E r n t e d a n k f e s t<br />

gieß in alle Gefäße; und wenn du<br />

sie gefüllet hast, so gib sie hin.<br />

ö. Sie ging hin und schloß <strong>die</strong> Tür<br />

zu hinter sich und ihren Söhnen; <strong>die</strong><br />

brachten ihr <strong>die</strong> Gefäße zu, so goß<br />

sie ein.<br />

S. Und da <strong>die</strong> Gefäße voll waren,<br />

sprach sie zu ihrem Sohn: Lang« mir<br />

noch ein Gefäß her! Er sprach zu ihr:<br />

Es ist kein Gefäß mehr hier. Da stund<br />

das


Woche des Erntedankfestes 7«!<br />

E n d e ist. D iese E r f a h r u n g , <strong>die</strong> d ie G lä u b i g e n a u c h o h n e Z eichen<br />

m a c h e n , w i r d d e r W i t w e h ie r d u rc h ä u ß e re A n sc h a u u n g ü b e r m itte lt.<br />

G o t t , d e r S c h ö p f e r a lle r D in g e , d e r <strong>die</strong> W e l t a u s d em N ic h ts g e ­<br />

ru fe n , kann Sich, w e n n E r w i l l , über <strong>die</strong> v o n I h m g e ­<br />

gebenen Gesetze des W a c h s t u m s und der E r n t e stellen!<br />

E r ist der H e r r der E rn te ! — w i r a b e r sin d g e f r a g t, o b w i r<br />

g la u b e n , d a ß w i r ein en so m ä c h tig e n H e r r n h a b e n , d e r g r ö ß e r ist<br />

a ls alle N o t , dessen G ü t e keine G r e n z e n fin d e t, w i r g eben <strong>die</strong> A n t ­<br />

w o r t d u rc h u n se r tä g lic h e s T isc h g e b e t:<br />

D anket dem H e r r n , denn E r ist freundlich,<br />

und S e in e G ü t e w ä h r e t ewiglich.<br />

Amen.<br />

Vie andere Lesung: Psalm -47, 1—ro<br />

l 4 - Und ich sah, und siehe, eine weiße<br />

Wolke. Und auf der Wolke saß einer,<br />

der gleich war eines Menschen Sohn;<br />

der hatt« «ine güldene Ärone auf seinem<br />

Haupt und in seiner Hand eine<br />

scharfe Sichel.<br />

;s. Und ein anderer Engel ging aus<br />

deni Tempel und schrie mit großer<br />

Stimme zu dem, der auf der Wolke<br />

saß: Schlag an mit deiner Sichel und<br />

ernt«; denn <strong>die</strong> Zeit zu ernten ist kommen,<br />

denn <strong>die</strong> Ernte der Erde ist<br />

dürre worden!<br />

)ö. Und der auf der Wolke saß, schlug<br />

an mit seiner Sichel an <strong>die</strong> Erde, und<br />

<strong>die</strong> Erde ward geerntet.<br />

?7. Und ein anderer Engel ging aus<br />

dem Tempel im Himmel, der hatte eine<br />

scharfe Hippe.<br />

Sonnabend nach Erntedankfest<br />

>r. Und ein anderer Engel ging aus<br />

vom Altar, der hatte Macht über das<br />

Feuer und rief mit großem Geschrei<br />

zu dem, der <strong>die</strong> scharfe Hippe hatte,<br />

und sprach: Schlag an mit deiner<br />

scharfen Hippe und schneide <strong>die</strong> Trauben<br />

am Weinstock der Erde; denn seine<br />

Beeren sind reif!<br />

;g. Und der Engel schlug an mit seiner<br />

Hipp« an <strong>die</strong> Erde und schnitt<br />

<strong>die</strong> Trauben der Erde und warf sie in<br />

<strong>die</strong> große Leiter des Zorns Gottes.<br />

ro. Und <strong>die</strong> Kelter ward außer der<br />

Stadt getreten; und das Blut ging<br />

von der Äelter bis an <strong>die</strong> Zäume der<br />

Pferd« durch tausend sechshundert Feld<br />

Wegs. Offbg. ,4, Z4-ro<br />

J o h a n n e s sc h a u t, w ie des M en sch en S o h n <strong>die</strong> E r d e — e rn te t! w i e<br />

d e r B a u e r m i t d e r S ic h e l d a s B o r n u n d d e r W i n z e r m it dem R e b -<br />

m esser (H ip p e ) d en w e i n schneidet, so lä ß t G o t t a m E n d e d e r Z e it<br />

<strong>die</strong> E r d e u n d a lle s , w a s a u f i h r d em T a g e L h r is ti e n tg e g e n re ift,<br />

„ e r n te n " . J e d e s E rntedankfest weist u n s a u f <strong>die</strong> k o m ­<br />

mende G e r i c h t s - E r n t e G o t t e s hin. Nicht nur der reiche<br />

r7»


Woche des Erntedankfestes<br />

R o r n b a u e r — a lle W e l t h a t d erein st v o r G o t t e s S t u h l z u erscheinen,<br />

w a s I o h a n n e s sie h t, ist v o ll g ra u s ig e n E r n s t e s : D ie „ d ü r r e E r n te<br />

d er E r d e " w i r d a b g e m ä h t; w i r d sie v e r b r a n n t o d e r z e rm a h le n ? D ie<br />

T r a u b e n d er E r d e w e rd e n in <strong>die</strong> „ g r o ß e R e ite r d e s Z o r n e s G o t t e s "<br />

g e w o rfe n , d a ß d a s „ T r a u b e n b l u t " hoch a u fs c h ä u m t. B e id e B ild e r w e r ­<br />

den u n s n u r d a n n e rträ g lic h , w e n n m a n ih re n h eim lic h e n T r o s t m erk t.<br />

C h ris tu s ist d a s Ä o r n , d a s e r s tir b t! C h r is tu s ist <strong>die</strong> T ra u b e , <strong>die</strong> (w ie<br />

es u n s in a lte n B ild e r n v o r <strong>die</strong> A u g e n g e m a lt ist) in <strong>die</strong> R e lte r<br />

g e p re ß t w i r d : a u f G o l g a t h a ! w e r S e i n u n sc h u ld ig e s b itte re s S t r a f -<br />

leiden a l s f ü r sich geschehen h in n im m t, d a r f S e in e n z e rsto ß en en Leib,<br />

S e i n g ek eltertes B l u t h in n e h m e n . A n S e in e m T isch reich t E r S e lb s t<br />

u n s d a s B r o t u n d d e n w e i n a l s U n te r p f a n d d e s T r o s te s , a l s A n g e ld<br />

a u f den k ü n ftig e n T a g — d es H e ils !<br />

Die andere Lesung: Markus 4, rö—rg


o. Sonntag nach Trinitatis<br />

7SS<br />

Zwanzigster Sonntag nach Trinitatis<br />

2 . S o n n t a g n a c h M i c h a e l i s<br />

D er Herr kennt <strong>die</strong> S ein en , und es trete ab von Ungerechtigkeit,<br />

w er den Nam en Lhristi nennt.<br />

r. Timotheus r, ig<br />

D a s E v a n g e l i u m<br />

Und Iesus antwortete und redete<br />

«dermal durch Gleichnisse zu ihnen und<br />

sprach:<br />

r. <strong>Das</strong> Himmelreich ist gleich einem<br />

Lönige, der seinem Sohn Hochzeit<br />

machte;<br />

I. und sandte seine Unechte aus, daß<br />

sie <strong>die</strong> Gäste zur Hochzeit riefen; und<br />

sie wollten nicht kommen.<br />

4 . Abermal sandte er andere Unechte<br />

aus und sprach: Saget den Gästen:<br />

Siehe, meine Mahlzeit habe ich bereitet,<br />

meine Ochsen und mein Mastvieh<br />

ist geschlachtet, und alles bereit;<br />

kommet zur Hochzeit!<br />

s. Aber sie verachteten das und gingen<br />

hin, einer auf seinen Acker, der<br />

ander« zu seiner Hantierung.<br />

b. Etliche aber griffen seine Unechte,<br />

höhnet«» und töteten sie.<br />

7- Da das der Uönig hörte, ward er<br />

zornig und schicket« seine Heere aus<br />

und brachte <strong>die</strong>s« Mörder um und<br />

zündete ihre Stadt an.<br />

r. Da sprach er zu seinen Unechten:<br />

Die Hochzeit ist zwar bereit, aber <strong>die</strong><br />

Gäste waren'« nicht wert.<br />

g. Darum gehet hin auf <strong>die</strong> Straßen<br />

und ladet zur Hochzeit, wen ihr<br />

findet.<br />

;o. Und <strong>die</strong> Unechte gingen aus auf<br />

<strong>die</strong> Straßen und brachten zusammen,<br />

wen sie fanden, Böse und Gute; und<br />

<strong>die</strong> Tische wurden alle voll.<br />

v - Da ging der Äönig hinein, <strong>die</strong><br />

Gäste zu besehen, und sah allda einen<br />

Menschen, der hatte kein hochzeitlich<br />

Ulcid an,<br />

?r. und sprach zu ihm: Freund, wie<br />

bist du hereinkommen und hast doch<br />

kein hochzeitlich LIeid an) Er aber<br />

verstummt«.<br />

)Z. Da sprach der Äönig zu seinen<br />

Dienern: Bindet ihm Hände und Füße<br />

und werfet ihn in <strong>die</strong> Finsternis hinaus!<br />

Da wird sein Heulen und Zähneklappen;<br />

-4. denn viele sind berufe», aber wenige<br />

sind auserwählet.<br />

Match, rr, z—;4<br />

w a s f ü r ein selten es u n d feierlich es E r e i g n i s ist f ü r g e w ö h n lic h<br />

eine H o ch z e it a m L ö n i g s h o f ! w i e schiebt u n d d r ä n g t sich d a s V o lk<br />

a u f den S t r a ß e n , w e n n d e r H o c h z e its ta g d a ist! H ie r im G le ic h n is<br />

a b e r g e h t e s g a n z a n d e r s z u . S c h o n <strong>die</strong> e rste n B o te n d e s B ö n ig s ,<br />

<strong>die</strong> d a s b e v o rsteh en d e E r e i g n i s a n k ü n d ig e n , sto ß e n a u f A b le h n u n g .<br />

D a n n ist d e r H o c h z e its ta g g e k o m m e n . A lle A u rü s tu n g c n sin d g e ­<br />

tro ffe n . D ie b e v o rz u g te n P e rs o n e n , <strong>die</strong> a u f d er k ö n ig lich en E i n ­<br />

la d u n g s lis te stehen, w e rd e n noch e in m a l g eb eten . A b e r keiner w i l l


7§4 Woche des ro. Sonntags nach Trinitatis<br />

k o m m en . D ie e in e n zeig e n sich g le ic h g ü ltig , a n d e re sin d s o g a r v e r ­<br />

ä r g e r t u n d v e rg re ife n sich a n d en Ä ö n ig s b o te n .<br />

D a sieh t d er Ä ö n ig , d a ß e r es m it R e b e lle n zu t u n h a t, sendet ein<br />

H e e r a u s u n d b e s tra ft <strong>die</strong> A u fsä ssig e n . I h r e S t a d t w i r d z e rstö rt. D a<br />

a b e r d a s H o c h z e its m a h l e in m a l g e rü ste t is t, w e rd e n d ie D ie n e r z u m<br />

z w e ite n M a le ausgeschickt. D ie s m a l n ic h t a n a u s e r w ä h lte G ä s te , s o n ­<br />

d e rn „ a u f <strong>die</strong> S t r a ß e " , v o n d o r t h o le n sie h e re in , w a s sie tre ffe n .<br />

N ie m a n d k ü m m e rt sich bei <strong>die</strong>sen n e u e n G ä s te n u m <strong>die</strong> Z u la s s u n g s ­<br />

b e d in g u n g e n d e r h ö fisch en R a n g o r d n u n g ; n ie m a n d f r a g t n ach ih re n<br />

V e rd ie n ste n , w ü r d e n u n d E h r e n . E s sin d m e rk w ü rd ig e L o s tg ä n g e r<br />

d a b e i, g u te u n d böse. A b e r d a s H a u s d e s B ö n i g s so ll v o ll w e rd e n —<br />

u n d es w i r d v o ll.<br />

D e r Ä ö n ig k o m m t, S e i n e G ä s te z u sehen. D a f ä l l t I h m ein er a u f ,<br />

d er h a t sich n ic h t e in m a l <strong>die</strong> M ü h e g e m a c h t, sein A l l t a g s g e w a n d zu<br />

w ech seln . E r ist n ic h t schlechter a l s <strong>die</strong> a n d e r n . A b e r er t u t so , a ls<br />

w ä r e er n ic h t z u e in e r Ä ö n ig s h o c h z e it, so n d e rn a u f ein E ß - u n d<br />

T rin k g e la g e g e la d e n . I h n h ä lt d e r Ä ö n ig a n : „ F re u n d , w ie b ist d u<br />

h ere in g e k o m m e n u n d h a s t kein hochzeitlich R le id a n 7" D e r a n t w o r t e t<br />

n ic h ts . E r m erk t m i t ein em M a le , w o er ist, a b e r zu s p ä t. D a r u m<br />

m u ß er den T isch d e s Ä ö n ig s w ie d e r v e rla sse n . D e n n d a s M a h l b le ib t<br />

ein k ö n ig lic h e s H o c h z e its m a h l, m ö g e n <strong>die</strong> G ä s te au ch la u te r einfache<br />

o d e r g a r belastete M en sch en sein . w e i l sie a n d iesem M a h le te iln<br />

e h m e n , sin d sie g ead elte „ H o f g ä s te " . D a s so lle n sie w isse n u n d<br />

zeig e n , d a ß sie es w is s e n . E s ist d a s e in z ig e , w a s d e r Ä ö n ig v o n<br />

S e in e n G ä s te n e r w a r te t, w e r d a v e r s a g t, d en scheidet E r S e lb e r a u s .<br />

N ic h t alle a ls o sin d e r w ä h l t , <strong>die</strong> b e ru fe n w u r d e n .<br />

I e s u s e rz ä h lt in <strong>die</strong>sem G le ic h n is ein S tü c k H eilsg esch ich te, w a s<br />

sich in J a h r h u n d e r te n a b g e s p ie lt h a t , w i r d v o n I h m in <strong>die</strong>sem<br />

B ild e v o m k ö n ig lich en H o c h z e its m a h l z u s a m m e n g e fa ß t w ie in einem<br />

S p ie g e l, v o m ersten A n b e g in n S e i n e r O f f e n b a r u n g a n h a t G o t t<br />

S e i , / R eich v e rh e iß e n . „ S e l i g ist, w e r d a s B r o t isset im R eiche<br />

G o t t e s " , sa g e n au ch <strong>die</strong> P h a r is ä e r . E r h a t S i c h ein b e stim m te s V o lk<br />

z u m T r ä g e r S e i n e r O f f e n b a r u n g e r w ä h l t , d a s V o lk I s r a e l . „ N ic h t<br />

d a r u m , d a ß e u e r m e h r w ä r e a l s a lle V ö lk e r — d e n n d u b ist d a s<br />

kleinste u n te r a lle n V ö lk e rn — ; so n d e rn d a r u m , d a ß E r euch g e lie b t<br />

h a t u n d d a ß E r S e in e n L i d h ie lte " . I h n e n h a t E r im m e r w ie d e r<br />

S e in e B o t e n geschickt, <strong>die</strong> sie a n S e in e V e r h e iß u n g e n e rin n e rte n .<br />

D a s w a r e n <strong>die</strong> P r o p h e te n . A b e r w a s t a t d a s „ a u s e r w ä h lte V o lk "


o. Sonntag nach T rinitatis ? ;s<br />

m it ih n e n ? „ E in e n s tä u p te n sie, den a n d e r n tö te te n sie, d en d ritte n<br />

ste in ig te n sie". Z u le tz t kam I e s u s C h r is tu s . E r ist m e h r a l s ein B o te .<br />

E r ist d e r S o h n . D u rc h I h n sin d a lle Z u r ü s tu n g e n f ü r <strong>die</strong> Feier<br />

d es k ö n ig lich en H o c h z e its m a h lc s g e tro ffe n . „ M e in e O ch sen u n d m ein<br />

M a s tv ie h ist geschlachtet u n d a lle s b e re it; k o m m t z u r H o c h z e it!" „ D a s<br />

R eich G o t t e s ist m itte n u n te r eu ch ", s a g t E r z u den I u d e n , u n d sie<br />

m erken auch e t w a s d a v o n a n S e in e n Z eichen u n d W u n d e r n . A b er<br />

w a s w e rd e n sie m i t I h m tun? „ E s w i r d a lle s v o lle n d e t w e rd e n ,<br />

w a s geschrieben ist d u rch <strong>die</strong> P r o p h e te n v o n d e s M en sch en S o h n .<br />

D e n n E r w i r d ü b e r a n tw o r te t w e rd e n den H e id e n ; u n d E r w i r d<br />

v e rs p o tte t u n d g e sc h m ä h t u n d v c rs p e it w e rd e n , u n d sie w e rd e n I h n<br />

g e iß e ln u n d tö te n , u n d a m d r itte n T a g e w i r d E r a u fe rste h e n " .<br />

S o ste llt S i c h d e r H e r r m itte n in d en B r e n n p u n k t d ieses S p ie g e ls<br />

d er H eilsg esch ich te. A n I h m entscheidet sich d a s S c h ic k sal - e s a u s ­<br />

e r w ä h lte n V o lk e s . I h r e „ S t a d t " w i r d z e r s tö r t; d a s „ H e il" g e h t<br />

a u f <strong>die</strong> „ S t r a ß e " zu den H e id e n . E i n n e u e r A b s c h n itt d er H e ils ­<br />

geschichte b e g in n t, — <strong>die</strong> G eschichte d e r Lirche.<br />

W a n n fe ie rt <strong>die</strong> Ä irch e d a s könig lich e H o c h z e its m a h l d e s S o h n e s<br />

G o t t e s ? — I m H e ilig e n A b e n d m a h l! D e n n d a s H e ilig e A b e n d m a h l<br />

ist w o h l ein e ernste F eier z u r E r i n n e r u n g a n d a s L eiden u n d S t e r b e n<br />

I e s u L h r is ti, a b e r a u c h d a s Freud e n m a h l d e re r, <strong>die</strong> E r d u rc h S e i n<br />

O p f e r a u f G o l g a t h a v o n S ü n d e u n d T o d e rlö st u n d d u rch S e in e<br />

g lo rreich e A u fe rs te h u n g z u E r b e n S e i n e s R e ic h e s g e m a c h t h a t. D a s<br />

H a u p t ist im H im m e l; w i r leben noch a u f <strong>die</strong>ser E r d e . A b e r in d e m<br />

w i r S e in e n L eib essen u n d S e i n B l u t trin k e n , w e r d e n w i r e in s m it<br />

I h m . „ D e r R eich d e s S e g e n s , den w i r se g n e n , ist d a s n ic h t T e ilh<br />

ab e a m B l u t e L h r is ti? D a s B r o t , d a s w i r brechen, ist d a s n ic h t<br />

T e ilh a b e a m L eibe L h r is ti? W e i l ein B r o t , d a r u m sin d e in L eib <strong>die</strong><br />

v ie le n . D e n n w i r h a b e n a lle te il a n dem einen B r o t " . D a s bedenke,<br />

w e n n d u z u m T isch d es H e r r n g eh st. S c h a u ' d a n n h in a u f d e in<br />

e w ig e s E r b e . B lic k ' e m p o r z u dem H e r r n , d e r d ir A n te il g ib t a n<br />

S e i n e r e w ig e n H e rrlic h k e it. E r g ib t d ir S e i n e n L eib z u essen,<br />

E r g ib t d ir S e i n B l u t zu trin k e n , a u f d a ß d u m i t I h m e in s seiest,<br />

b is d er A u g en b lick k o m m t, a n d em a lle s Z eitlich e v e rg e h t. H o ffe ,<br />

g la u b e u n d bete bei <strong>die</strong>sem h e ilig e n M a h l : „ A c h , k o m m , H e r r I e s u ! "<br />

v e rs te h s t d u n u n , w e s h a lb d e r H e r r d a s G le ic h n is v o m k ö n ig lich en<br />

H o c h z e its m a h l m it d em H i n w e i s a u f je n e n M a n n geschlossen h a t,<br />

d er kein h o chzeitlich G e w a n d a n h a t t e ? S i e h ', d a s ist g a n z ein fach


7Sb<br />

Woche des ro. Sonntags nach Trinitatis<br />

ZU deuten! woher du kommst, wenn du zum Tisch des Herrn<br />

gehst, ob aus einem Volke mit alter Äultur oder geradeswegs aus<br />

dem dunkelsten Heidentum, ob aus kirchlichen oder »»kirchlichen Dreiser,,<br />

und w e r du bist, ob ein wohlgeachteter Mann oder ein armer<br />

Sünder, das ist dem Herrn gleich. E r lädt sie alle an Seinen Tisch,<br />

Gute und Böse. N u r a u f eins mußt du achten. Du mußt<br />

wissen, wohin du gehst. Du darfst nicht meinen, der Gang zum<br />

Heiligen Abendmahl sei etwas Gleichgültiges, eine bloße kirchliche<br />

Sitte, eine Feierlichkeit ohne besonderen Sinn. Nein, du mußt wirklich<br />

glauben und wissen, d aß Christus Selber darin gegenwärtig<br />

ist, daß E r aus der Ewigkeit her zu dir redet und an<br />

dir handelt . . . Und wenn du gedankenlos hingehst, ohne das zu<br />

wissen) — Dann wird das Abendmahl aus einem Segen zu einem<br />

Fluch <strong>für</strong> dich. Denn verachten läßt Sich der Herr nicht ungestraft.<br />

Sonst aber kannst du sein, wer du willst und wie du willst. Du<br />

fühlst dich einsam und verlassen) Dann komm! Du bist bedrückt und<br />

traurig) Lomm! Dich quält eine Schuld) S o komm erst recht! Dich<br />

hat ein Leid getroffen) Ia , komm! Denn so sagt der Herr: „Her<br />

zu M ir alle, <strong>die</strong> ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch erquicken!"<br />

Die Epistel<br />

zs. So sehet nun zu, wie ihr vorsichtiglich<br />

wandelt, nicht als <strong>die</strong> hinweisen,<br />

sondern als <strong>die</strong> Weisen,<br />

H. und kaufet <strong>die</strong> Zeit aus; denn es<br />

ist böse Zeit.<br />

;7. Darum werdet nicht unverständig,<br />

sondern verständig, was da sei<br />

des Herrn Wille.<br />

i s. Und saufet euch nicht voll Weins,<br />

daraus ein unordentlich Wesen folgt,<br />

sondern werdet voll Geistes;<br />

fg. redet untereinander in Psalmen<br />

und Lobgesängen und geistlichen Liedern,<br />

singet und spielet dem Herrn in<br />

euren Herzen<br />

ro. und saget Dank allezeit <strong>für</strong> alles<br />

Gott und dem Vater in dem Namen<br />

unsers Herrn Jesu Lhristi,<br />

rz. und seid untereinander Untertan<br />

in der Furcht Gottes.<br />

Lph. s, ; s - r ;<br />

Bei allem, was w ir tun und lassen, kommt es immer auf den M aßstab<br />

an, mit dem w ir <strong>die</strong> Dinge <strong>die</strong>ser XVelt messen. E s gibt kurzfristige<br />

Menschen. Die denken nie weiter als von heute auf morgen<br />

und, wenn's hochkommt, übermorgen. Sie glauben meist, was alle<br />

glauben, und handeln, wie <strong>die</strong> Mehrheit handelt, heute so und morgen<br />

anders. Denn ihr Gedächtnis reicht nicht weiter in <strong>die</strong> Vergangenheit<br />

als ihre Voraussicht in <strong>die</strong> Zukunft. .


o. Sonntag nach Trinitatis 7»7<br />

Lhristen sind Menschen, <strong>die</strong> m it langen Fristen rech,,^. Sie<br />

haben auch einen unverrückbaren Maßstab, den sie an alle Dinge <strong>die</strong>ser<br />

W elt anlegen. <strong>Das</strong> ist das Gericht des allmächtigen Gottes, das am<br />

Ende der Tage geschehen wird. An <strong>die</strong>sem Maßstab gemessen, wird<br />

manches klein, was sich großtut, und manches groß, was <strong>die</strong> Leute<br />

kaum bemerken. Der Apostel sagt: „Seht wohl zu, wie ihr wandelt,<br />

nicht als <strong>die</strong> Un weisen, sondern als <strong>die</strong> w e is e n " , w a s ist das<br />

Geheimnis aller wahren Weisheit? — D er M aß stab ! Toren haben<br />

keinen Maßstab.<br />

„Rauft <strong>die</strong> Zeit aus; denn es ist böse Zeit. Seid nicht unverständig,<br />

sondern versteht, was da sei des Herrn W ille". Ist es nicht merkwürdig,<br />

daß <strong>die</strong> Leute zu allen Zeiten gesagt haben: E s ist böse<br />

Zeit? — Nein, das ist gar nicht merkwürdig. Denn Sünde, Not<br />

und Elend hat es immer gegeben. Darin unterscheiden sich <strong>die</strong> Menschen<br />

nicht, wohl aber, ob sie verstehen, was in den Zeiten des<br />

Herrn Wille mit ihnen ist, wozu E r sie jeweils durch Sünde, Not<br />

und Elend führen will. verstehst du es in der heutigen Zeit? — Du<br />

sagst: Ia , ein wenig! Nun, dann kaufe <strong>die</strong> Zeit aus — <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />

Ewigkeit!<br />

„Saufet euch nicht voll Weins". <strong>Das</strong> machen <strong>die</strong> Toren so, wenn<br />

sie <strong>die</strong> böse Zeit <strong>für</strong> eine w eile vergessen wollen. Manche gehen auch<br />

ins Äino oder stellen sonst etwas an, um über schlimme Tage hinwegzukommen.<br />

verstehen kann man's, aber nützen tut's nicht viel.<br />

Der Apostel gibt dir einen andern R at: „Psalmen, Loblieder, Gesang<br />

und Spiel". <strong>Das</strong> ist ein sehr weiser Rat. Denn Frau Musika<br />

vertreibt <strong>die</strong> Grillen. S o hat Luther gesagt und auch danach gehandelt.<br />

Also sieh' auch du zu, daß du irgendelwas dergleichen<br />

kannst. Rannst du nicht spielen, so kannst du doch singen. Zum wenigsten<br />

kannst du es lernen, auch wenn du alt bist. E s wird dir in<br />

vielen trüben Stunden helfen.<br />

v o r allem aber bedenke <strong>die</strong>s! w e r traurig ist, muß danken lernen,<br />

allezeit, ob ihm danach zumute ist oder nicht. Denn es gibt immer<br />

zu danken, w e r dankt, verzweifelt nicht.<br />

D as Lied der Woche<br />

Ach Gott, vom Himmel sieh dartin<br />

M artin Luther dichtete <strong>die</strong>ses echte Rirchenlied im Anschluß an den<br />

Psalm. E s zeigt uns <strong>die</strong> Rirche Iesu Lhristi in ihrer Niedrig-


75« W oche des r 0. Sonntags nach Trinitatis<br />

keil (Luk. 48. sr) und ihrer Drangsal. Ein kleines Aufgebot evangelischer<br />

Männer ringt mit Gottes W ort um <strong>die</strong> rechte Äirche unter<br />

verblendeten Menschen. Ein Lied <strong>für</strong> harte Zeiten. Durch <strong>die</strong> Melo<strong>die</strong><br />

klingt Älage, aber auch leidensgestähltc Lraft.<br />

D as Gebet der Woche<br />

Allmächtiger, ewiger G o tt und Vater, der Du leuchten läßt das<br />

Licht Deiner W ahrheit denen, <strong>die</strong> da irren, daß sie wieder auf<br />

den w e g der Gerechtigkeit kommen mögen; w ir bitten Dich, gib<br />

Gnade allen Gläubigen, daß sie verachten, w as Deinem N a ­<br />

men entgegen ist, und annehmen, w as Ih m <strong>die</strong>nt, durch Iesum<br />

Christum, unsern Herrn. Amen.<br />

-i-<br />

Die Ehe<br />

Unübersehbar sind <strong>die</strong> Gestaltungen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Ehe im Laufe der Zeiten, unter<br />

den beständig wechselnden Anschauungen, auf verschiedenen Rulturstufcn angenommen<br />

hat. <strong>Das</strong> ist «in Zeichen, wie schwer es <strong>für</strong> Menschen ist, mit der<br />

Aufgabe, <strong>die</strong> hier gestellt ist, zurecht zu kommen. Die Erfahrungen, <strong>die</strong> dabei<br />

gemacht sind, haben von einem „Lampf der Geschlechter" rede» lassen, der<br />

nicht zur Ruhe kommen will und auch in der Ehe immer wieder aufbricht.<br />

Rechtliche Regelungen, wie sorgsam sie überlegt waren, und wie sehr sie sich<br />

mühten, «ine gute Ordnung zu schaffen, haben ihn nicht überwinden können.<br />

Da<strong>für</strong> ist schon ein Beweis, daß in den gesetzlichen Bestimmungen <strong>die</strong> 8rage<br />

der Ehescheidung einen so breiten Raum einnimmt. Wo <strong>die</strong> gegenseitigen<br />

Rechtsansprüche zuletzt entscheidend sein sollen, da wacht jeder Teil darüber,<br />

ob er auch wirklich erhält, worauf er ein Anrecht zu haben vermeint, und dann<br />

entstehen so oft <strong>die</strong> bitteren vorwürfe über Versäumnisse und Verletzungen.<br />

Besonders machen sich das Streben nach Herrschaft, den andern unter den<br />

eigenen willen zu beugen, und <strong>die</strong> Enttäuschung, nicht <strong>die</strong> erwartete 8reude<br />

und Befriedigung gefunden zu haben, geltend. Machtwille und Lustbcgehre»<br />

sind schwer« Störungen.<br />

w a s sagt Gottes Wort zu der Ehe, daß es Hilfe und Weisung sei? — Gott<br />

hat Mann und 8rau geschaffen, und es ist Sein Wille, daß sie in der Ehe<br />

<strong>die</strong> rechte Gemeinschaft finden. Die Ehe ist Schöpfungsordnung. Aber<br />

wie ist <strong>die</strong>ses Wort zu verstehen? Eine zwiefache Möglichkeit ist hier vorhanden.<br />

Schöpfungsordnung kann das lebendige, schaffende, ordnende Wal-


Die Eh«<br />

7sg<br />

ten Gottes bedeuten, das nicht aufhört, das immer wieder sein Werk tut —<br />

oder es kann als Schöpfungsordnung auch «in Gebilde in der Welt angesehen<br />

werden, das anscheinend feste, unveränderliche Gestalt besitzt. Aber in der<br />

Wahrheit ist Schöpfungsordnung: Gottes großes, lebendiges, heiliges w a l­<br />

ten, nicht «in erstarrtes Gebilde, das nun <strong>für</strong> sich besteht, vielleicht lange Zeit<br />

dauern, aber mit der Zeit auch wieder zerfallen kann. wenn also <strong>die</strong> Ehe<br />

Schöpfungsordnung ist, so heißt das, daß in ihr Gott gegenwärtig ist,<br />

daß sie in der Verantwortung vor Ihm zu führen ist. Sie ist<br />

keine starre, gesetzliche Ordnung, deren Bestimmungen Menschen vielleicht<br />

genau befolgen könnten, wobei aber ihr Her; ferne von Gott wäre und nicht<br />

»ach Ihm fragte. Dann würd« darin nur <strong>die</strong> Herzenshärtigkeit walten, von<br />

der Jesus gesprochen hat (Match, -g, r). Für Jesus gehören Ehe und Unauflösbarkcil<br />

zusammen. So ist es begründet in der ursprünglichen<br />

Schöpfungsordnung Gottes, <strong>die</strong> selbstverständlich hoch über jeder menschlichen<br />

Rechtsordnung steht. Ehe ist nach Gottes willen ein völliges Linswerden.<br />

Mann und Frau sind „ein Fleisch", ein Mensch. Ehescheidung ist<br />

darum so, als würde ein Mensch zerteilt. <strong>Das</strong> wäre etwas Fürchterliches, «ine<br />

schreckliche Verwundung des Lebens. Gewiß gibt es rechtliche Formen der<br />

Ehescheidung. Aber wenn sie nötig sind, so um der menschlichen Herzenshärtigkcit<br />

willen. Alle hohen Worte und Gedanken, mit denen Ehescheidung<br />

gerechtfertigt werden soll, sollen nur ganz still sein. wenn gar nicht mehr<br />

empfunden wird, welch eine furchtbare Lcbenswunde Ehescheidung bedeutet,<br />

so ist das nur ein Zeichen <strong>für</strong> bösartig« Zerrüttung und ändert nichts an der<br />

ursprünglichen Schöpfungsordnung. Auch in bezug auf <strong>die</strong> Ehe hat Jesus<br />

<strong>die</strong> Herrschaft Gottes verkündigt. Gott ist der Herr über beide, über Mann<br />

und Frau. w o sie Ihn vor Augen und im Herzen haben, da wird nicht<br />

mehr Recht gegen Recht und Anspruch gegen Anspruch gestellt, da werden<br />

sie «ins im Gehorsam gegen Seinen willen.<br />

l<br />

Gottes Wille leuchtet uns im Angesichte Jesu Christi. Christen müssen ja<br />

davon wissen, daß sie ihr Leben und Wesen „in Christus" haben. <strong>Das</strong> gilt auch<br />

<strong>für</strong> <strong>die</strong> Eh«. I n Christus sind Mann und Frau eins. Er ist in der<br />

gleichen weise beider Herr und Heiland. Gleichwohl werden dir natürlichen<br />

Unterschiede nicht aufgehoben. Mann und Frau haben von Natur ihre eigene<br />

Art und auch innerhalb der menschlichen Gesellschaft ihr« besondere Stellung.<br />

Der Epheserbrief (s, rr—33) kann davon sprechen, daß <strong>die</strong> Frauen ihren<br />

Männern sich unterordnen sollen. Aber das muß nun recht verstanden werden.<br />

Denn sofort wird auf das Verhältnis zwischen Christus und -er <strong>Gemeinde</strong><br />

hingewiesen, w ie <strong>die</strong>ses ein heiliges Geheimnis ist, so das von Mann und<br />

Frau in der Ehe. Gleichwie unser Herr Jesus Christus Seine <strong>Gemeinde</strong> als Seinen<br />

Leib ansieht und hält, so soll der Mann zu seiner Frau stehen, daß sie<br />

ihm wie der eigene Leib, das eigene Leben ist. Alle Liebe soll er ihr zuwenden.<br />

Und wenn von Unterordnung <strong>die</strong> Rede ist, so ist damit nicht eine Unter­


7go<br />

Woche des 20. Sonntags nach Trinitatis<br />

würfigkeit unter ein angemaßtes Herrenrecht gemeint, sondern eine Haltung<br />

im Blick auf Christus. Über das ganze Gebiet bloß natürlicher und rechtlicher<br />

Ordnungen ist hier weit hinausgegangen. <strong>Das</strong> Wort Geheimnis, das hier<br />

verwandt ist (Lph. s, 32), deutet darauf hin, daß es sich um etwas viel<br />

Tieferes, Innigeres, Heiligeres handelt als um etwas, das in gesetzlichen Bestimmungen<br />

oder sonstigen Anordnungen sich fassen liege. Auch in Bxzug auf<br />

<strong>die</strong> Ehe könnte gesagt werden, daß Lhristen nicht mehr unter dem Gesetz,<br />

sondern unter der Gnade stehen, was aber natürlich hier ebenso wenig wie<br />

sonst <strong>die</strong> Zreiheit bedeuten würde, dem eigenen selbstsüchtigen Wesen Raum zu<br />

geben. Die Liebe Lhristi ist Hilfe und Weisung.<br />

Immer wieder werden Menschen sich um Ordnungen <strong>für</strong> <strong>die</strong> Ehe bemühen.<br />

S o manches fand und findet sich darin, was Anerkennung ver<strong>die</strong>nt. Oft war<br />

es Schutz <strong>für</strong> <strong>die</strong> 8rau, und es hat der 8rau, wie <strong>die</strong> Erfahrung gelehrt hat,<br />

manchmal zu schwerem Schaden gereicht, wenn sie selbst dagegen anging,<br />

um sich eine bessere Stellung zu erringen. Bei allem, was Menschen in<br />

<strong>die</strong>ser Hinsicht einrichten, wird schließlich immer der „Lampf der Geschlechter"<br />

sich geltend machen in der einen oder anderen weis«. Lhristus aber<br />

ist unser 8 r jede. <strong>Das</strong> gilt auch hier. wenn es im hohenpriestcrlichen Gebet<br />

(Joh. -7, 2>) heißt: „... auf daß sie alle eins seien", so dürfen Mann -und<br />

8rau das auch in der Ehe auf sich beziehen. In dem Herrn und durch Ihn<br />

werden sie miteinander eins sein in Glaube und Liebe, Geduld und Hilfe,<br />

Gebet und Heiligung.<br />

-ch<br />

<strong>Das</strong> sechste Gebot:<br />

Du sollst nicht ehebrechen.<br />

w a s ist das)<br />

wir sollen Gott <strong>für</strong>chten und lieben,<br />

daß w ir keusch und züchtig leben in Worten und Werken<br />

und ein jeglicher sein Gemahl lieben und ehren.<br />

-h<br />

M ontag nach dem 20. S o n n tag nach T rinitatis<br />

zd. Der gesegnete Reich, welchen wir 17. Denn ein Brot ist's, so sind wir<br />

segnen, ist der nicht <strong>die</strong> Gemeinschaft viele e i n Leib <strong>die</strong>weil wir all«<br />

des Bluts Lhristi) <strong>Das</strong> Brot, das wir eines Brots teilhaftig sind.<br />

brechen, ist das nicht <strong>die</strong> Gemeinschaft >s. Sehet an den Israel nach dem<br />

des Leibes Lhristi)<br />

Hleisch! welche <strong>die</strong> Opfer essen, sind


Woche des 20. Sonntags nach Trinitatis 79!<br />

<strong>die</strong> nicht in der Gemeinschaft des<br />

Altars?<br />

zg. w a s soll ich denn nun sagen?<br />

Soll ich sagen, daß der Götze etwas<br />

sei oder daß das Götzenopfer etwas<br />

sei?<br />

20. Aber ich sage: Was <strong>die</strong> Heiden<br />

opfern, das opfern sie den Teufeln,<br />

und nicht Gotte. Nun will ich nicht,<br />

daß ihr in der Teufel Gemeinschaft<br />

sein sollt.<br />

2f. Ihr könnt nicht zugleich trinken<br />

des Herrn Reich und der Teufel Reich;<br />

ihr könnt nickt zugleich teilhaftig sein<br />

des Herrn Tisches und des Tisches der<br />

Teufel.<br />

22. «Oder wollen wir dem Herrn<br />

trotzen? Sind wir stärker denn Er?<br />

23. Ich habe es zwar alles Macht;<br />

aber es frommet nicht alles. Ich habe<br />

es alles Macht; aber es bessert nicht<br />

alles.<br />

24. Niemand suche das Seine, sondern<br />

ein jeglicher, was des andern ist.<br />

rs. Alles, was feil ist auf dem Fleischmarkt,<br />

das esset, und forschet nichts,<br />

auf daß ihr des Gewissens verschonet.<br />

2b. Denn „<strong>die</strong> Erde ist des Herrn und<br />

was drinnen ist".<br />

27. So aber jemand von den Ungläubigen<br />

euch ladet und ihr wollt<br />

hingehen, so esset alles, was euch vorgetragen<br />

wird, und forschet nichts, auf<br />

daß ihr des Gewissens verschonet.<br />

28. w o aber jemand würde zu euch<br />

sagen: „<strong>Das</strong> ist Götzenopfer", so esset<br />

nicht, um deswillen, der es anzeigte,<br />

auf daß ihr des Gewissens verschonet.<br />

2g. Ich sage aber vom Gewissen, nicht<br />

deiner selbst, sondern des anderen. Denn<br />

warum sollte ich meine Freiheit lassen<br />

richten von eines andern Gewissen?<br />

30. So ich's mit Danksagung genieße,<br />

was sollte ich denn verlästert werden<br />

über dem, da<strong>für</strong> ich danke?<br />

sz. Ihr esset nun oder trinket oder<br />

was ihr tut, so tut es alles zu Gottes<br />

Ehre.<br />

32. Seid nicht ärgerlich weder den<br />

Iuden noch den Griechen noch der Gemeine<br />

Gottes. 1. Ror. 10, ;b—32<br />

Christlicher Gottes<strong>die</strong>nst und jedweder andere „Gottes<strong>die</strong>nst"<br />

schließen einander« us. — Durch den Reich und durch<br />

das Brot haben Christen Gemeinschaft mit ihrem Herrn und untereinander.<br />

Anders gibt es keine wahre Gemeinschaft mit Gott, und<br />

wendete man auch noch so viele edelste menschliche Bemühungen auf.<br />

Es hieße Gott versuchen, wollte man zum Tisch des Herrn gehen und<br />

daneben teilhaben am christuslosen Gottes<strong>die</strong>nst. — <strong>Das</strong> Sakrament<br />

ist sicherlich kein Aaubermittel, das gegen den Teufel gefeit macht;<br />

aber es ist eine nie versiegende Rraftquelle <strong>für</strong> Lhristusgläubige.<br />

Die andere Lesung: Johannes -5, z—8<br />

D ienstag nach dem 20. S o n n ta g nach Trinitatis<br />

f. Herr, Du bist mein Gott! Dich 2. Denn Du machest <strong>die</strong> Stadt zum<br />

preise ich; ich lobe Deinen Namen, Steinhaufen, <strong>die</strong> feste Stadt, daß sie<br />

denn Du tust Wunder; Deine Rat- auf einem Haufen liegt, der Fremden<br />

schlüssc von Altem her sind treu und Palast, daß nicht mehr eine Stadt<br />

wahrhaftig.<br />

fei und nimmermehr gebauct werde.


7gr<br />

3. Darum ehret Dich ein mächtig Volk;<br />

<strong>die</strong> Städte gewaltiger Heiden <strong>für</strong>chten<br />

Dich.<br />

4. Denn Du bist der Geringen Stärke,<br />

der Armen Stärke in der Trübsal, eine<br />

Zuflucht vor dem Ungewiltcr, ein<br />

Schatten vor der Hitze, 'wenn <strong>die</strong> Tyrannen<br />

wüten wie ein Ungewitter wider<br />

«ine wand.<br />

s. Du demütigest der Zrcmdcn Ungestüm<br />

wie <strong>die</strong> Hitze in einem dürren<br />

Ort; wie <strong>die</strong> Hitze durch der Wolke»<br />

Schatten, so wird gedämpft der Tyrannen<br />

Siegesgesang,<br />

b. Und der Herr Zcbaoth wird allen<br />

Völkern machen auf <strong>die</strong>sem Berge ein<br />

fett Mahl, «in Mahl von reinem<br />

wein, von Att, von Mark, von<br />

Wein, darinnen keine Hefe ist.<br />

Woche des ro. Sonntags nach Trinitatis<br />

7. Und Er wird auf <strong>die</strong>sem Berge <strong>die</strong><br />

Hülle wegtun, damit alle Völker verhüllet<br />

sind, und <strong>die</strong> Decke, damit alle<br />

Heiden zugedeckt sind.<br />

§. Er wird den Tod verschlingen<br />

ewiglich; und der Herr Herr wird<br />

<strong>die</strong> Tränen von allen Angesichtern abwischen<br />

und wird aufheben <strong>die</strong><br />

Schmach Seines Volks in allen Landen;<br />

denn der Herr hat's gesagt,<br />

g. Zu der Zeit wird man sagen:<br />

Sieh«, das ist unser Gott, auf den<br />

wir harren, und Er wird uns helfen;<br />

das ist der Herr, auf Den wir harren,<br />

daß wir uns freuen und fröhlich<br />

seien in Seinem Heil.<br />

-0. Denn <strong>die</strong> Hand des Herrn ruhet<br />

auf <strong>die</strong>sem Berge. .<br />

Ies. rs,<br />

Der Herr ist Gott. Die Ih n verachten, müssen Ih n <strong>für</strong>chten. E r zerbricht,<br />

wenn E r will, feste Städte, darin jene sich sicher wähnen,<br />

und demütigt sie. Alle Mühseligen und Beladenen jedoch, <strong>die</strong> keine<br />

andere Zuflucht kennen als nur bei Ihm , dürfen Ih n preisen und<br />

loben, denn L r ist ihre Stärke. — F ü r alle Völker aber b e ­<br />

reitet der Herr das große Mahl auf dem Berge. E r will<br />

ihnen Herz und Augen öffnen, will ihrer Trübsal und Angst ein<br />

Ende bereiten, ihre Todesangst besiegen, ihre Tränen abwischen. Auf<br />

dem Berge, d. h. in Seiner Lirche, sind sie alle vereint. Dort harren<br />

sie auf Ih n , um teilzuhaben an Seinem großen Mahl, daß sie sich<br />

freuen und fröhlich bleiben. Seine Hand ist bei ihnen.<br />

Die andere Lesung: r. Mose ;ö, r—73. -3—zs<br />

M ittw och nach dem 20. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

Lr sprach auch zu dem, der Ihn<br />

geladen hatte: Wenn du ein Mittagsoder<br />

Abendmahl machest, so lade nicht<br />

deine 8reunde noch deine Brüder noch<br />

deine Gefreundcten noch deine Nachbarn,<br />

<strong>die</strong> da reich sind, auf daß sie<br />

dich nicht etwa wieder laden und dir<br />

vergolten werde.<br />

zs. Sondern wenn du ein Mahl<br />

machest, so lade <strong>die</strong> Armen, <strong>die</strong>Lrüppel,<br />

<strong>die</strong> Lahmen, <strong>die</strong> Blinden,<br />

?4. so bist du selig; denn sie haben'»<br />

dir nicht zu vergelten, es wird dir<br />

aber vergolten werden in der Auferstehung<br />

der Gerechten.<br />

-s. Da aber solches hörte einer, der<br />

mit zu Tische saß, sprach er zu Ihm:<br />

Selig ist, der das Brot isset im Reich<br />

Gottes!<br />

Luk. ,4, -r—is


Woche des ro. Sonntags nach Trinitatis<br />

Selig ist, der das B rot des Lebens essen wird im Reiche Gottes. Aber<br />

der isset nicht von dem Mahl im Reiche Gottes, der in <strong>die</strong>sem Leben<br />

alles auf Gegenseitigkeit stellt und gar Belohnung sucht <strong>für</strong> seine<br />

wohltaten. Es kommt nicht in das Reich Gottes, der an eine Vergeltung<br />

denkt, w a s habe ich davon, wenn ich <strong>die</strong>sen und jenen einlade?<br />

S o fragt der Pharisäer und lädt nur <strong>die</strong> Gleichgestellten. Jesus<br />

aber nennt ihm <strong>die</strong> Armen und Kranken, <strong>die</strong> ihm nichts wiedergeben<br />

können. E r soll nicht Taten und Ver<strong>die</strong>nste abwägen, sondern Lieb«<br />

üben, <strong>die</strong> nicht nach Vergeltung fragt. <strong>Das</strong> macht froh<br />

und glückselig. Dabei wird ihm vergolten werden nach Maßstäben,<br />

<strong>die</strong> Gott anlegt, dem allein w ir ja unsere Rechtfertigung verdanken.<br />

Selig wird sein, der <strong>die</strong>selbe Liebe übt, <strong>die</strong> ihm Gott in Christus<br />

erwies. — Unser Abendmahl ist das Abbild der Tischgemeinschaft im<br />

Reiche Gottes.<br />

Die andere Lesung: Johannes S, 47—?S.<br />

D onnerstag nach dem ro. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

-g. So wir denn nun haben, liebe<br />

Brüder, <strong>die</strong> Freudigkeit zum Lingang<br />

in das Heilige durch das Blut Jesu,<br />

ro. welchen Er uns bereitet hat zum<br />

neuen und lebendigen Wege durch den<br />

Vorhang, das ist durch Sein Fleisch,<br />

rz. und habe» einen Hohenpriester<br />

über das Haus Gottes:<br />

rr. so lasset uns hinzugehen mit wahrhaftigem<br />

Herzen in völligem Glauben,<br />

besprenget in unserem Herzen und los<br />

von dem bösen Gewissen und gewaschen<br />

am Leibe mit reinem Wasser;<br />

7g3<br />

rs. und lasset uns halten an dem Bekenntnis<br />

der Hoffnung und nicht wanken;<br />

denn Er ist treu, der sie verheißen<br />

hat;<br />

r4. und lasset uns untereinander unser<br />

selbst wahrnehmen mit Reizen zur<br />

Liebe und guten Werken<br />

rö. und nicht verlassen unsere Versammlung,<br />

wie etliche pflegen, sondern<br />

untereinander ermähnen; und das so<br />

viel mehr, soviel ihr sehet, daß sich<br />

der Tag nahet.<br />

Hcbr. ,0, rs<br />

Die Frucht des Todes Jesu ist <strong>die</strong>, daß <strong>die</strong> Seinen nun nicht mehr<br />

vor Gott fliehen, sondern im Frieden der Versöhnung mit Gott<br />

stehen. Dadurch, daß Christus <strong>für</strong> uns Fleisch ward und Sein B lut<br />

<strong>für</strong> uns vergoß, also an uns als Hoherpriester handelte, können wir<br />

in das ewige Heiligtum Gottes eintreten, w i r sollen nicht nur hineinschauen,<br />

sondern hingehen. Dabei bewegt dreierlei unser Herz:<br />

Glaube, Hoffnung, Liebe, w i r leben im Glauben als solche,<br />

<strong>die</strong> getauft sind; w ir leben in -er Hoffnung, weil w ir wissen, daß<br />

Gott Sich treu bleibt und Seine Zusage hält; das soll uns dazu<br />

führen, daß w ir nicht achtlos aneinander vorübergehen, sondern ein­


7S4<br />

wach« des ro. Sonntags nach Trinitatis<br />

ander reizen, nicht zum Streit, sondern zur Liebe und zu guten<br />

Werken. Solches Teilhaben an der Gnade des Christus ist dem gegeben,<br />

der zu der <strong>Gemeinde</strong> gehört, <strong>die</strong> den wiederkommenden Herrn<br />

erwartet, indem sie sich sammelt um Sein W ort.<br />

Die andere Lesung: Hebräer g, -z—js<br />

F r e i t a g nach dem 20. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

Und ich sah in der rechten Hand<br />

des, der auf dem Stuhl saß, ein Buch,<br />

geschrieben inwendig und auswendig,<br />

versiegelt mit sieben Siegeln.<br />

r. Und ich sah einen starken Engel,<br />

der rief aus mit großer Stimme: wer<br />

ist würdig, das Buch aufzutun und<br />

seine Siegel zu brechen?<br />

s. Und niemand im Himmel noch auf<br />

Erden noch unter der Erde konnte das<br />

Buch auftun und dreinsehen.<br />

4. Und ich weinte sehr, daß niemand<br />

würdig erfunden ward, das Buch aufzutun<br />

und zu lesen noch dreinzuschen.<br />

5. Und einer von den Älteste» spricht<br />

zu mir: wein« nicht! Siehe, es hat<br />

überwunden der Löwe, der da ist vom<br />

Geschlecht Iuda, <strong>die</strong> Wurzel Davids,<br />

aufzutun das Buch und zu brechen<br />

sein« sieben Siegel.<br />

b. Und ich sah, und sieh«, mitten zwischen<br />

dem Stuhl und den vier Tieren<br />

und zwischen den Ältesten stund ein<br />

Lamm, wie es erwürget wäre,<br />

und hatte sieben Hörner und sieben<br />

Augen, das sind <strong>die</strong> sieben Geister<br />

Gottes, gesandt in alle Lande.<br />

7. Und es kam und nahm das Buch<br />

aus der rechten Hand des, der auf<br />

dem Stuhl saß.<br />

8. Und da es das Buch nahm, da<br />

fielen <strong>die</strong> vier Tiere und <strong>die</strong> vierundzwanzig<br />

Ältesten nieder vor das<br />

Lamm und hatten ein jeglicher Harfen<br />

und güldne Schalen voll Räuchwerks,<br />

das sind <strong>die</strong> Gebete der Heiligen,<br />

g. und sangen «in neu Lied und sprachen:<br />

Du bist würdig zu nehmen das<br />

Buch und aufzutun seine Siegel; denn<br />

Du bist erwürget und hast uns Gott<br />

erkauft mit Deinem Blut aus allerlei<br />

Geschlecht und Zunge und Volk und<br />

Heiden<br />

zo. und hast uns unserem Gott zu<br />

Lönigen und Priestern gemacht, und<br />

wir werden Äönige sein auf Erden,<br />

zz. Und ich sah und härte «in«<br />

Stimme vieler Engel um den Stuhl<br />

und um <strong>die</strong> Tiere" und um <strong>die</strong> Ältesten<br />

her; und ihre Zahl war vieltausendmal<br />

tausend. Offbg. s, ?—11<br />

Ein großartiges Zukunftsbild wird dem Seher Johannes hier offenbart:<br />

M it den Engeln vereint sich alles, was lebt, im Lobpreis des<br />

Christus. Johannes hat das aufgeschrieben zu einer Zeit, wo <strong>die</strong><br />

Christenheit täglich sehr deutlich erfuhr, daß <strong>die</strong> W elt von Christus<br />

nichts wissen will, wo mit großer Macht versucht wurde, den<br />

Christus-Namen zu unterdrücken. Dennoch steht ihm fest, nicht aus<br />

der Stärke seiner Überzeugung, sondern aus göttlicher Offenbarung,<br />

daß einst alles, was da lebt, den Namen Christi preisen wird. Und<br />

zwar wird Christus gepriesen als das Lamm, das erwürgt ist. Die


Woche des r o. Sonntags nach Trinitatis<br />

?gs<br />

Niederlage am Rreuze ist in Wirklichkeit der Sieg. „<strong>Das</strong> Lamm, das<br />

erwürget ist", ist „der Löwe", der überwunden hat (v. 5). <strong>Das</strong> Urteil<br />

der W elt sieht anders aus als das Urteil Gottes. Aber Gottes Urteil<br />

ist gültig. Die Seinen treten <strong>die</strong>sem Urteil bei. Sie preisen schon<br />

jetzt den Herrn, auch in der Bedrängnis, einst aber in vollendetem<br />

Jubel.<br />

Die andere Lesung: Hebräer 7, rs—rr<br />

Sonnabend nach dem ro. S o n n ta g nach T rinitatis<br />

1. Hallcluja!<br />

Ich danke dem Herrn von ganzen,<br />

Herzen im Rat der Frommen und in<br />

der Gemeine.<br />

r. Groß sind <strong>die</strong> Werk« des Herrn;<br />

wer ihrer achtet, der hat eitel Lust<br />

daran.<br />

5. w a s Er ordnet, das ist löblich und<br />

herrlich; und Seine Gerechtigkeit bleibet<br />

ewiglich.<br />

4. Er hat ein Gedächtnis gestiftet<br />

Seiner Wunder, der gnädige und<br />

barmherzig« Herr.<br />

5. Er gibt Speis« denen, <strong>die</strong> ihn <strong>für</strong>chten;<br />

Er gedenket ewiglich an Seinen<br />

Bund.<br />

b. Er läßt verkündigen Seine gewaltigen<br />

Taten Seinem Volk, daß Er<br />

ihnen gebe das Erbe der Heiden.<br />

7. Die Werke Seiner Hände sind<br />

Wahrheit und Recht; all« Seine Gebot«<br />

sind rechtschaffen.<br />

S. Sie werden erhalten immer und<br />

ewiglich und geschehen treulich und<br />

redlich.<br />

g. Er sendet «ine Erlösung Seinem<br />

Volk; Er verheißet, daß Sein Bund<br />

ewiglich bleiben soll. Heilig und hehr<br />

ist Sein Name.<br />

;o. Dir Furcht des Herrn sst der<br />

Weisheit Anfang. <strong>Das</strong> ist eine feine<br />

Klugheit, wer danach tut; des Lob<br />

bleibet ewiglich. ps. zzz, 1—;o<br />

Luther sagt: „Der Psalm sieht mich an, als wäre er aufs Osterfest<br />

gemacht". Daneben hat ihn Luther im Llugschen Gesangbuch <strong>für</strong> das<br />

Abendmahl bestimmt. — E s ist ein Danklied <strong>für</strong> <strong>die</strong> Segnungen des<br />

lebendig Sich erweisenden Herrn. VonganzemH erzendanken,<br />

das ist „der rechten Lhristen eigentliche Tugend und höchster Gottes<strong>die</strong>nst"<br />

und des „Heiligen Geistes Lunst". w i r danken Gott <strong>für</strong> alle<br />

Seine Werke und Gerechtigkeit, <strong>für</strong> das Heilige Abendmahl, das uns<br />

unser Herr Christus stiftete, <strong>für</strong> Seine Gebote, <strong>für</strong> <strong>die</strong> Erlösung.<br />

Und wir tun das in der Hurcht heg Herrn, w i r können aber Gott<br />

<strong>für</strong>chten, indem wir Sein W ort <strong>für</strong>chten, „sintemal ohn Gottes<br />

W ort wir keinen Gott haben könnten". Durch das W ort Gottes<br />

aber schenkt uns der Heilige Geist <strong>die</strong> Älugheit, daß unser Lob ewiglich<br />

bleibe.<br />

Die andere Lesung: Matthäus tf, 33—4b


7gb<br />

Woche des r -. Sonntags nach Trinitatis<br />

ELmmdzwanzigster Sonntag nach Trinitatis<br />

3. Sonntag nach Michaelis<br />

S o jemand auch kämpfet, wird er doch nicht gekrönt, er kämpfe<br />

denn recht.<br />

r. Timotheus r, s<br />

D as Evangelium<br />

47. Und es war ein Lönigischcr, des<br />

Sohn lag krank zu Rapernaum. Dieser<br />

hörte, daß Jesus kam aus Judäa nach<br />

Geliläa und ging hin zu ihm und bat<br />

Ihn, daß Er hinabkäme und hülfe seinem<br />

Sohn; denn er war todkrank.<br />

4§. Und Jesus sprach zu ihm: wen»<br />

ihr nicht Zeichen und Wunder sehet,<br />

so glaubet ihr nicht.<br />

4g. Der Lönigisch« sprach zu Ihm:<br />

Herr, komm hinab, «he denn mein<br />

Rind stirbt!<br />

so. Jesus spricht zu ihm: Gehe hin,<br />

dein Sohn lebet. Der Mensch glaubet«<br />

dem Wort, das Jesus zu ihm sagte,<br />

und ging hin.<br />

8). Und indem er hinabging, begegneten<br />

ihm seine Rncchte, verkündigten<br />

ihm und sprachen: Dein Lind lebet,<br />

sr. Da forschte er von ihnen <strong>die</strong><br />

Stunde, in welcher es besser mit ihm<br />

worden war. Und sie sprachen zu ibm:<br />

Gestern um <strong>die</strong> siebente Stund« verließ<br />

ihn das 8>«ber.<br />

83. Da merkt« der Vater, daß es um<br />

<strong>die</strong> Stund« wäre, in welcher Jesus<br />

zu ihm gesagt hatt«: Dein Sohn lebet.<br />

Und er glaubte mit seinem ganzen<br />

Hause.<br />

84. <strong>Das</strong> ist nun das andere Zeichen,<br />

das Jesus tat, da Er aus Judäa nach<br />

Galiläa kam. Joh. 4, 47—84<br />

Der Mann, der Jesus um Hilfe <strong>für</strong> seinen kranken Sohn bittet, ist<br />

ein „Lönigischcr", d. i. ein Beamter des Bönigs Herodes. „Bönig"<br />

ist eigentlich etwas zuviel gesagt. Denn Herodes regierte nur noch<br />

über <strong>die</strong> Provinz (galiläa. Mehr hatten ihm <strong>die</strong> Römer nach dem<br />

Tode seines Vaters, Herodes des „Großen", nicht gelassen. Dennoch<br />

scheint <strong>die</strong>ser Beamte des Herodes ein beachtlicher Mann gewesen zu<br />

sein. E r verfügte jedenfalls über eine zahlreiche Dienerschaft. Man<br />

kann sich darüber wundern, daß er persönlich den w e g von Lapernaum<br />

nach Lana macht, wo Jesus Sich gerade aufhält. <strong>Das</strong> ist<br />

bei einem hochgestellten Mann und besonders bei einem Beamten des<br />

Herodes nicht selbstverständlich. E r wußte wahrscheinlich doch, was<br />

sein Herr mit Johannes dem Täufer gemacht hatte. Durfte er Jesus<br />

zumuten, in sein Haus zu kommen? Aber er w ar eben in Not. Da<br />

tut man manches, was man nicht gern tut.<br />

I n der Tat antwortet Jesus zunächst ablehnend. M an merkt: E r will<br />

das Haus <strong>die</strong>ses Beamten nicht betreten. <strong>Das</strong> tut E r auch nachher


;. Sonntag nach Trinitatis 797<br />

nicht, als E r Sich entschließt, ihm zu helfen, w aru m lehnt E r zunächst<br />

ab) — w e il E r <strong>die</strong>sem „Lönigischen" keinen Glauben zutraut.<br />

vielleicht einen Aberglauben, dem es um Zeichen und W u n ­<br />

der zu tun ist, wie ihn auch Herodes hatte; aber keinen rechten<br />

Glauben, dem es um Christus und Sein Reich geht. Deshalb sagt der<br />

Herr: „w enn ihr nicht Zeichen und Wunder seht, so glaubt ihr<br />

nicht".<br />

Der „Lönigischc" tut so, als merkte er den vorw urf nicht, der in<br />

<strong>die</strong>sen Worten liegt. E r antwortet nicht darauf. E r denkt an sein<br />

todkrankes Lind. S o bringt er nur den einen Satz heraus: „Herr,<br />

komm, bevor mein Lind stirbt!" Redet hier der königliche Beamte)<br />

Nein, hier redet der Vater, vielleicht sind seine angsterfüllten Augen<br />

noch beredter gewesen als seine Zunge.<br />

Den „Lönigischen" hat der Herr abgewiesen; den Vater, -er so bittet,<br />

kann E r nicht abweisen. Denn aus seiner Bitte spricht etwas anderes<br />

als Wundersucht. Aus ihr reden Sorge, Angst — und ein keimender<br />

Glaube . . . Ia , Herr, Deine Augen sehen n u r auf den Glauben!<br />

Darum hast Du auch <strong>die</strong>sem unglücklichen Vater geholfen und ihn<br />

nach Hause geschickt mit dem tröstlichen W o rt: „Geh', dein Sohn<br />

lebt!"<br />

Nur ein Wort Icsu bekommt -er „Lönigischc" mit auf seinen Weg.<br />

E r hatte gedacht, Ih n Selbst mit heimzubringen. Aber nun er das<br />

Wort hat, bittet er nicht weiter. E r fühlt, daß sein Glaube eine<br />

Prüfung bestehen muß. w ä re er wirklich aus Wundersucht zu Jesus<br />

gekommen, . . . er wird nichts, aber auch gar nichts sehen, selbst<br />

dann nicht, wenn wirklich ein Wunder geschieht. E r muß den ganzen<br />

w e g von Lana nach Lapernaum zurückgehen und kann immer nur<br />

vor sich hersagen: E r hat's gesagt, E r hat's ganz gewiß gesagt!<br />

Ich m uß es glauben, ich will es glauben. — <strong>Das</strong> tat er auch.<br />

Denn es heißt im Text: „Und der Mensch glaubte dem W ort,<br />

das Icsus gesagt hatte, und ging hin".<br />

Sieh, lieber Bruder, sich, liebe Schwester: E s ist den Zeitgenossen Jesu<br />

nicht anders gegangen, als es dir und mir in solchen 8ällen auch geht.<br />

Sie hatten auch nur das W ort, und dem mußten sie glauben.<br />

Der „Lönigischc" ist noch nicht nach Hause zurückgekehrt, da kommen<br />

ihm einige seiner Diener entgegen mit der fröhlichen Botschaft: „Dein<br />

Sohn lebt!" Merkwürdig, sie brauchen <strong>die</strong>selben Worte, <strong>die</strong> Jesus


7gr<br />

Woche des r ;. Sonntags nach Trinitatis<br />

sprach, als Er den „Lönigischen" nach Hause schickte. Nun hebt ein<br />

fragen und Ärschen an: wann wurde es denn besser mit ihm? —<br />

Die Diener wissen nichts von dem, was sich zwischen Iesus und<br />

ihrem Herrn in Lana abgespielt hat. Vielleicht hat man sie geschickt,<br />

weil man sand, es sei nun nicht mehr nötig, daß er noch länger,<br />

vielleicht vergeblich nach Iesus suche. Aber nun sehen sie, daß da<br />

etwas wunderbares geschehen ist. w a s in den Augen ihres Herrn<br />

aufleuchtet, ist mehr als Freude über <strong>die</strong> Genesung seines Lindes.<br />

E s ist ein Erschrecken darin, „wann wurde es besser?" — „S o<br />

um <strong>die</strong> siebente Stunde!" — Da löst sich der Schrecken. Die Augen<br />

werde» glänzend, w a s glänzt auf in ihnen? — Fröhlicher, gewisser<br />

Lhristusglaube! Und dann erzählt der „Lönigischc" seinen Sklaven,<br />

ncm, nicht der „Lönigischc", sondern der „Vater" (es heißt im Text:<br />

Da merkte der Vater) erzählt seinen Hausgenossen, <strong>die</strong> an seinem<br />

Schicksal teilnehmen, daß es gerade <strong>die</strong> siebente Stunde war, in der<br />

er mit Iesus gesprochen hat. „Gestern" war es. Solange also, fast<br />

einen ganzen Tag und eine ganze Nacht hat er im Glauben an Iesu<br />

W ort alle Ungewißheit und Angst ertragen.<br />

„Der Glaube ist eine gewisse Zuversicht des, das man hoffet, und<br />

nicht zweifeln an dem, das man nicht siehet", sagt der Hebräerbrief.<br />

An <strong>die</strong>sem „Lönigischen" kannst da das sehen. Du kannst auch sehen,<br />

wie der ganze Mensch dadurch auf <strong>die</strong> probe gestellt und ergriffen<br />

wird. Ecicht ist das nicht. Denn unsere Vernunft redet uns immer<br />

dazwischen. Sie hätte auch zu <strong>die</strong>sem „Lönigischen" sagen können:<br />

w a s willst du erst den w e g von Äapcrnaum nach Lana machen?<br />

w e r weiß, ob du Ih n triffst? — Sie hätte weiter sagen können:<br />

w e r weiß, ob Er dir wird helfen wollen? Du bist ein Diener des<br />

Mannes, der Iohannes den Täufer hat umbringen lassen. — Sie<br />

hätte den Stolz und das verletzte Ehrgefühl des königlichen Beamten<br />

wecken können, als Iesus zunächst ablehnte. Sie bätte ihn<br />

unterwegs mit tausend Zweifeln quälen können, vielleicht hat sie<br />

das auch alles getan. Dennoch glaubte der Me