Burgenland Mitte Juni 2019 - Nr. 318
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Ibiza-Video<br />
keine Hexerei<br />
Bezirk Oberpullendorf<br />
wenig zukunftsfit?<br />
Auf dem Weg<br />
zur Bio-Region<br />
Vom Ringelspiel<br />
und Autodrom<br />
3–4<br />
10<br />
12–17<br />
22–23<br />
<strong>Burgenland</strong> <strong>Mitte</strong> | <strong>Juni</strong> <strong>2019</strong><br />
1
Inhalt<br />
In dieser Ausgabe lesen Sie unter anderem:<br />
Frauen im<br />
Gemeinderat<br />
6<br />
Miss <strong>Burgenland</strong> spricht<br />
perfekt Japanisch<br />
8<br />
Ist der Bezirk<br />
Oberpullendorf wenig<br />
zukunftsfit?<br />
10<br />
Auf dem Weg zur<br />
Bio-Region<br />
12–17<br />
Vom Ringelspiel<br />
und Autodrom<br />
22–23<br />
Foto: Friedl<br />
Foto: Tesch<br />
Foto: Günter Menzl - adobe.stock.com<br />
Foto: Tesch<br />
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Tiefsinnige, für Bodenständige und Genussfreudige.<br />
Ganz Österreich redet über das Ibiza-Video. Und ein Berufsstand<br />
kommt dabei gar nicht gut weg: die Detektive. Bei uns reden die zwei<br />
einzigen Berufsdetektive der Region über das Video und über ihren<br />
interessanten Job – ein seltener Einblick.<br />
Im politischen Scheinwerferlicht steht gerade eine Frau: die erste<br />
Bundeskanzlerin. Wir schauen auch auf politisch aktive Frauen – in<br />
den Gemeinderäten. Wir bringen eine exklusive Reihung, in welcher<br />
Gemeinde die meisten und in welchen eher wenige gewählt wurden.<br />
Für Diskussionen wird eine andere Reihung sorgen: Ein Beratungsunternehmen<br />
hat untersucht, wie „zukunftsfit“ die österreichischen<br />
Bezirke sind. Der Bezirk Oberpullendorf wurde an die 93. Stelle von<br />
94 gereiht. Wir bringen die Gründe.<br />
Herzeigbar ist der Bezirk aber sehr wohl. Zum Beispiel kommt die neue<br />
Miss <strong>Burgenland</strong> aus Kaisersdorf. Und sie ist nicht nur sehr hübsch,<br />
sie spricht auch akzentfrei Japanisch. Ein facettenreiches Porträt.<br />
Aber auch anderswo fallen <strong>Mitte</strong>lburgenländerinnen auf. An der Fachhochschule<br />
<strong>Burgenland</strong> ist der Frauenanteil überraschend hoch. Und<br />
den Chef stellen wir auch. Allerdings ist es ein Mann, ein Kobersdorfer.<br />
In der Schwerpunkt-Story geht es um die Zukunft. Kompakt und exklusiv<br />
wird analysiert, wo das <strong>Mitte</strong>lburgenland steht – auf dem Weg<br />
zur Bio-Region. Jeder vierte unserer landwirtschaftlichen Betriebe<br />
wirtschaftet biologisch. Und jährlich werden es mehr.<br />
Und dann berichten wir noch allerhand aus dem Blaufränkischland.<br />
Zum Beispiel, dass reiche Chinesen mit Deutschkreutzer Rotwein – in<br />
riesigen Weinflaschen – Hochzeit feiern.<br />
Einen schönen Sommer, erholsam und inspirierend, wünscht Ihr<br />
Impressum<br />
14<br />
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Prof. Mag. Hans Tesch<br />
Chefredakteur<br />
PS: Ein Wunsch zum Schluss: Wenn Ihnen etwas gefällt, nicht gefällt<br />
oder fehlt, sagen Sie es mir: am Telefon unter 0664/627 83 97 oder<br />
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Ibiza-Video:<br />
Das sagen die mittelburgenländischen<br />
Detektive<br />
Das Ibiza-Video hat große politische Folgewirkungen in Österreich gezeigt. Und die Suche nach den Herstellern rückt<br />
eine Berufsgruppe in den <strong>Mitte</strong>lpunkt: die Detektive. Hans Tesch hat die beiden mittelburgenländischen Berufsdetektive<br />
getroffen und mit ihnen über das Video und ihren Job gesprochen.<br />
„Ein Ibiza-Video? Ich würde es nicht machen,<br />
auch wenn man mir viel Geld bietet“,<br />
sagt Detektei-Chef Stefan Weber aus<br />
Weingraben. „Technisch ist es ganz einfach.<br />
Hexerei ist es keine, überhaupt nicht!“ Ganz<br />
ähnlich äußert sich Oskar Schlapschy, Berufsdetektiv<br />
aus Rattersdorf: „Was erlaubt<br />
ist, wird gemacht. Als seriöser Detektiv muss<br />
man solche Aufträge wie das Ibiza-Video<br />
aber ablehnen.“<br />
„Ich war der Platzhirsch!“<br />
Stefan Weber verfolgt die Video-Diskussion<br />
auch aus einem anderen Grund. Mit<br />
einem der mutmaßlichen Ibiza-Video-Detektive<br />
hat er früher einmal zusammengearbeitet.<br />
„Wir waren beide Angestellte, Anfang<br />
der 90er-Jahre, 92, 93“, sagt Weber. Dem<br />
damaligen Kollegen hätte er die Verstrickung<br />
in den konkreten Fall „nicht zugetraut“.<br />
Webvtec nennt sich die Detektei, die von<br />
Weingraben aus mit vier Mitarbeitern Aufträge<br />
in ganz Österreich ausführt. Zum Gespräch<br />
mit BURGENLAND MITTE kommt der<br />
Firmenchef aus Salzburg und erinnert sich an<br />
seine erfolgreichen Jahre: „Ich war groß im<br />
Geschäft, habe für große Einkaufszentren<br />
gearbeitet und dort sogar den Sicherheitsdienst<br />
überwacht.“ Sein Detektiv-Büro habe<br />
bis vor 12 Jahren 26 Mitarbeiter gehabt –<br />
und auch einen Sitz in Graz und in Wien: „Ich<br />
war damals der Platzhirsch.“<br />
In der Branche hat Weber, der zuvor Abteilungsleiter<br />
in einer Armaturenfabrik war, vor<br />
25 Jahren mit Aufträgen für Überwachungen<br />
begonnen: „Damals waren in den Geschäften<br />
noch nicht so viele Kameras installiert.<br />
Ich habe sogar eine Prämie für jeden Ladendieb<br />
bekommen“, denkt Weber mit einem<br />
Schmunzeln an die Anfänge. „Ich war<br />
nur unterwegs. Wir haben alles abgedeckt.<br />
Vom Verdacht auf Personaldiebstahl bis zu<br />
verdeckten Überwachungen. Wir haben Seitensprung-Beweise<br />
gesucht und persönliche<br />
Erkundungen durchgeführt, ob zum Beispiel<br />
die Nichte etwas mit Drogen zu tun hat.“<br />
50 Euro pro Stunde<br />
Oskar Schlapschy verdient in erster Linie<br />
sein Geld mit Untreue und Ehebrüchen. „Ungefähr<br />
gleich viele Frauen und Männer zählen<br />
zu meinen Kunden. Und alle brauchen<br />
gerichtlich verwertbares Beweismaterial<br />
für die Vermögensaufteilung bei der Scheidung.“<br />
Kontaktiert wird er via Internet, über<br />
das Branchenverzeichnis oder von Rechtsanwaltskanzleien,<br />
mit denen er zusammenarbeitet.<br />
Dann spricht sich der Detektiv mit<br />
dem Klienten ab, um sich auf die „Zielperson“<br />
einstellen zu können: Wie ist der Ehepartner<br />
gestrickt? Wie ist er psychisch drauf?<br />
Oft ist es mit einem Einsatz von drei bis<br />
vier Stunden abgetan. Wenn ein besonders<br />
vorsichtiger Typ zu observieren ist, kann es<br />
Monate dauern. Bezahlt wird nach erfolgter<br />
Leistung – nach Bericht und Abrechnung.<br />
„Es werden Stunden und Kilometergeld verrechnet,<br />
oder es wird im Vorhinein eine Pauschale<br />
vereinbart.“ Etwa 50 Euro pro Stunde<br />
verlangt Schlapschy bei Observierungen.<br />
Verdeckte Video-Überwachungen<br />
Auf der Firmenwebsite von Stefan Weber<br />
erkennt man schon, wo jetzt – mit vier Mitarbeitern<br />
– seine Schwerpunkte liegen. Er<br />
bietet digitale Überwachungsanlagen zum<br />
Kauf an. Im Set gibt es zum Beispiel einen<br />
Digitalrecorder, neun Farbkameras und einen<br />
Farbmonitor schon um 1.900 Euro zu<br />
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<strong>Burgenland</strong> <strong>Mitte</strong> | <strong>Juni</strong> <strong>2019</strong><br />
3
Weber gilt als Spezialist für die Installation<br />
von verdeckten Video-Überwachungsanlagen.<br />
„Die eingesetzten, extrem kleinen Kameras<br />
können überall fast ‚unsichtbar’ installiert<br />
werden. Die Aufzeichnung erfolgt durch<br />
einen digitalen Bildspeicher mit integriertem<br />
‚Wasserzeichen’. So können keine nachträglichen<br />
Veränderungen der Aufnahmen vorgenommen<br />
werden“, weiß der Experte und<br />
stellt eines rechtlich klar: „Eine verdeckte Video-Überwachung<br />
ist bei begründetem Verdacht<br />
von Straftaten grundsätzlich zulässig.<br />
Oftmals ist es das letzte <strong>Mitte</strong>l, um Straftaten<br />
aufzuklären.“<br />
Service für Supermärkte<br />
Schon seit seinen ersten Tagen als Detektiv<br />
hat Stefan Weber für große Supermärkten<br />
und Handelsketten gearbeitet. Bis heute.<br />
Waren es früher vor allem Video-Überwachungen<br />
gegen Ladendiebstahl und verdeckte<br />
Überwachungen bei vermutetem<br />
Personaldiebstahl oder Krankenstandskontrollen,<br />
so sind es heute sehr oft Datensicherungen.<br />
Hier sei höchste Flexibilität gefragt:<br />
„Bei Raubüberfällen in Supermärkten muss<br />
die Datensicherung binnen 24 Stunden erfolgen.<br />
Hier wird unter Zeitdruck gearbeitet.<br />
Das Video-Material darf nämlich maximal<br />
72 Stunden gespeichert sein“, erklärt Weber,<br />
der nach der Sicherung das Material der<br />
Polizei übergibt.<br />
Als Ermittler unterwegs<br />
Oskar Schlapschy war lange Zeit bei der<br />
Detektiv-Ausrüstung des Oskar Schlapschy<br />
Zollwache und bei der Polizei. Vor mehr als<br />
sechs Jahren hat er das reglementierte Gewerbe<br />
angemeldet und ist meist als Ermittler<br />
unterwegs: „Erfolgreicher ist man, wenn sich<br />
zu Observierende weiter weg vom Wohnort<br />
aufhalten, zum Beispiel in einem anderen<br />
Bundesland. Dort fühlt er oder sie sich nicht<br />
verfolgt.“ Und worauf ist Schlapschy besonders<br />
stolz? „Im besten Fall ist der ermittelte<br />
Beweis so kompromittierend, dass sich der<br />
oder die Betroffene nicht vor Gericht zu gehen<br />
traut, um zum Beispiel die ‚In-flagranti’-Fotos<br />
nicht öffentlich zu machen.“<br />
Vor Gericht gelten nicht nur Fotos als<br />
Beweismaterial, auch die mündlich vorgetragene<br />
Beobachtung eines Detektivs zählt.<br />
Hilfreich bei der Zeugenaussage ist – so<br />
Schlapschy – jedenfalls ein detaillierter Bericht,<br />
mit Datum und exakten Uhrzeiten.<br />
Mit seinen aufgeklärten Fällen ist der Berufsdetektiv<br />
zufrieden: „Ich habe genügend<br />
ertappt“, sagt er und verweist darauf, dass<br />
auch etwas Glück dazu gehört: „Einmal habe<br />
ich auch einen richtigen Schwerverbrecher<br />
erwischt. Er wurde polizeilich gesucht; ich<br />
habe ihn bei einem Diebstahl gestellt.“<br />
Falsches Bild aus TV-Serien<br />
Es gibt viele beliebte Fernseh-Detektive<br />
wie Josef Matula oder Georg Wilsberg. Die<br />
Wirklichkeit sei aber anders, meint Schlapschy:<br />
„Die TV-Detektive vermitteln ein falsches<br />
und unrealistisches Bild, vor allem<br />
bei Verfolgungsjagden mit dem Auto in einer<br />
Stadt.“<br />
Schon das Observieren kann schwierig<br />
sein, sagt Schlapschy und nennt ein Beispiel<br />
aus Graz: „Bei einer Observation zur Aufklärung<br />
einer Einbruchsserie bin ich öfters mit<br />
meinem Auto in einer Seitenstraße gestanden.<br />
Anrainern ist mein burgenländisches<br />
Kennzeichen aufgefallen, und das haben sie<br />
der Polizei gemeldet.“ Das habe sich schnell<br />
aufklären lassen. „Wenn man auf keinen Fall<br />
auffallen darf – bei einem heiklen Fall, wo es<br />
um viel geht – nimmt man einen Leihwagen<br />
aus der Region. Das kommt aber teurer.“<br />
Ein Traumberuf?<br />
Der Beruf des Detektivs ist in Österreich<br />
– anders als in Deutschland – streng reglementiert.<br />
So ist eine Befähigungsprüfung abzulegen,<br />
bei der auch die rechtlichen Möglichkeiten<br />
und Grenzen der Detektiv-Arbeit<br />
abgefragt werden.<br />
Die Unterschiede zwischen Theorie und<br />
Wirklichkeit sind bei diesem Beruf sehr groß,<br />
wie viele Beispiele zeigen. Bei Überwachungen<br />
verwenden Detektive oft GPS-Geräte<br />
mit starkem Magnet, das auf der Bodenplatte<br />
des Pkws befestigt wird. So wird die<br />
Autofahrt auf einem Handy verfolgbar. Bei<br />
fremden Autos ist das verboten! Hat sich<br />
Stefan Weber immer an solche Vorschriften<br />
gehalten? Seine Antwort fällt kryptisch aus:<br />
„Als Detektiv musst du Resultate vorweisen.<br />
Was immer du dafür tust, draufkommen dürfen<br />
sie dir nicht!“<br />
Knopflochkamera und Prinzipien<br />
Einsteigen auf ein Grundstück? „Im Prinzip<br />
nicht!“, sagt Oskar Schlapschy und zeigt ein<br />
paar Hilfsmittel aus seiner Detektiv-Ausrüstung:<br />
Sein Videoaufzeichnungsgerät ist ein<br />
am Körper tragbarer digitaler Minirekorder<br />
mit Knopflochkamera für Hemden und Blusen;<br />
klein, mobil und äußerst unauffällig in<br />
der Handhabung. Anders seine wuchtige<br />
Kamera mit enormer Brennweite: „Die digitale<br />
Kamera mit Riesenzoom ist sehr praktisch.<br />
Auch aus einer Entfernung von 100 Metern<br />
liefert sie noch beste Bilder.“ Gute Hilfsmittel<br />
sind für den Ermittler aus Rattersdorf sehr<br />
wichtig: „Manchmal hat man nämlich nur eine<br />
einzige Chance für einen Beweis!“<br />
Stefan Weber, der Detektiv aus Weingraben,<br />
kennt und schätzt die beruflichen Hilfsmittel<br />
und Tricks. Dessen ungeachtet lässt<br />
er sich bei seiner Arbeit von klaren Prinzipien<br />
leiten: „Ich nehme keine Aufträge von Bekannten<br />
an. Rechtsanwälte von Mandanten<br />
frage ich, was genau gebraucht wird. Und<br />
ich frage immer, was jemand mit dem Material<br />
macht, das ich besorgen soll.“<br />
Technisch ist das Ibiza-Video keine Besonderheit.<br />
Hinsichtlich Vorgangsweise und<br />
Prinzipien sind rund um die Produktion und<br />
die Veröffentlichung – auch für die beiden<br />
Detektive – viele Fragen offen.<br />
Fotos: Tesch (2)<br />
Stefan Weber, einst "Platzhirsch" der Branche<br />
Hans Tesch<br />
4 <strong>Burgenland</strong> <strong>Mitte</strong> | <strong>Juni</strong> <strong>2019</strong>
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5
Bgm. NR-Abg. Klaudia Friedl Bgm. Angelika Mileder Gemeinderätin Viktoria Kuzmits<br />
Frauen im Gemeinderat:<br />
keine Chance gegen die Männer<br />
Die Mehrheit der Wähler im Bezirk ist weiblich, die große Mehrheit der Gemeinderäte stellen aber die Männer.<br />
Und unter den 28 Bürgermeistern finden sich nur zwei Frauen. Die positive Nachricht: Von Wahl zu Wahl steigt<br />
die Zahl der Gemeinderätinnen im <strong>Mitte</strong>lburgenland. Eine exklusive Analyse und ein Ranking der Gemeinden.<br />
Mag. Viktoria Kuzmits aus Kroatisch<br />
Geresdorf ist neu im<br />
Gemeinderat von Nikitsch. Sie ist<br />
eine der 154 Frauen im Bezirk, die<br />
vor zwei Jahren in den Gemeinderat<br />
gewählt wurden. „Ich war<br />
vorher bei der Jungen Volkspartei<br />
und habe dort miterlebt, dass man<br />
nur etwas bewegen kann, wenn<br />
man dabei ist. Meine Leidenschaft<br />
zur Politik kommt auch aus dem<br />
Elternhaus, mein Vater war lange<br />
Jahre Gemeinderat und Vizebürgermeister.“<br />
Die 26-jährige Viktoria<br />
unterrichtet Englisch und Russisch<br />
an einer Tourismusschule in Wien.<br />
Der Frauenanteil im Bezirk liegt<br />
bei 27 Prozent – und damit höher<br />
als der <strong>Burgenland</strong>-Durchschnitt<br />
und deutlich höher als der Österreich-Durchschnitt.<br />
Bei der ÖVP<br />
liegt der Frauenanteil im Bezirk bei<br />
fast 28 Prozent, bei der SPÖ bei<br />
22,5 Prozent.<br />
Weingraben ist stolz<br />
An der Spitze der 28 Gemeinden<br />
des Bezirks steht die 360-Einwohner-Gemeinde<br />
Weingraben.<br />
Hier ist mehr als die Hälfte der<br />
Gemeinderatssitze mit Frauen<br />
besetzt. Weingraben ist eine von<br />
drei burgenländischen Gemeinden<br />
mit Frauen-Mehrheit. Bürgermeister<br />
Peter Kohlmann von der<br />
SPÖ ist stolz auf seine Gemeinde:<br />
„Ich habe schon bewusst darauf<br />
geschaut, dass Frauen in meinem<br />
Team der SPÖ dabei sind. Ebenso<br />
auch verschiedene Altersklassen.<br />
Dass die ÖVP auch mehr Frauen<br />
hat, macht unsere Spitzenposition<br />
aus.”<br />
Lackendorf sucht Frau<br />
Eine Gemeinde im Bezirk ohne<br />
eine einzige Frau im Gemeinderat:<br />
Lackendorf. Der Bürgermeister<br />
der 600-Einwohner-Gemeinde<br />
Werner Hofer von der SPÖ bedauert<br />
diese Situation: „Leider ist<br />
6 <strong>Burgenland</strong> <strong>Mitte</strong> | <strong>Juni</strong> <strong>2019</strong><br />
es so. Es wird immer schwieriger,<br />
jemanden für den Gemeinderat zu<br />
finden – egal ob Mann oder Frau.<br />
Wir bemühen uns immer, dass<br />
Frauen an wählbarer Stelle kandidieren<br />
können. Zuletzt ist es nicht<br />
gelungen.“ Werner Hofer ist sich<br />
persönlich keiner Schuld bewusst:<br />
„Frauen helfen in der Gemeinde<br />
tatkräftig mit, aber keine will sich<br />
an die politische Front stellen.“<br />
Zwei Bürgermeisterinnen<br />
Je höher das politische Amt in<br />
der Gemeinde, desto niedriger<br />
der Frauenanteil. Die zwei Bürgermeisterinnen<br />
im Bezirk machen<br />
gerade einmal sieben Prozent der<br />
Gemeinde-Chefs aus. Im ganzen<br />
<strong>Burgenland</strong> sieht es nicht besser<br />
aus: In den 171 Gemeinden stehen<br />
12 Bürgermeisterinnen an der<br />
Spitze.<br />
Seit 13 Jahren ist Klaudia<br />
Friedl Bürgermeisterin von Steinberg-Dörfl.<br />
Die SPÖ-Nationalratsabgeordnete<br />
war davor schon<br />
Gemeinderätin und Vizebürgermeisterin.<br />
Die 56-jährige Politikerin<br />
kennt die schönen und auch<br />
die Schattenseiten des Amtes:<br />
„Ich würde mich wieder aufstellen<br />
lassen. Das Amt ist allerdings<br />
sehr anstrengend, weil sehr viele<br />
Termine wahrzunehmen sind und<br />
weil die Leute sehr kritisch werden.<br />
Die Familie und die Politik<br />
sind schwer unter einen Hut zu<br />
bekommen. Bei manchen Familienfeiern<br />
bin ich nicht dabei. Privat<br />
muss ich auf vieles verzichten.“ In<br />
Summe überwiege aber das Positive,<br />
meint Friedl, die Frauen motivieren<br />
will, in die Gemeindepolitik<br />
zu gehen: „Ich verstehe die Zurückhaltung<br />
vieler Frauen, weil sie<br />
ihre Familien vor der Öffentlichkeit<br />
schützen wollen. Dennoch muss<br />
ich sagen: Bürgermeisterin ist ein<br />
vielseitiger Beruf.“ Als Gemeinderätin<br />
kann man starten.<br />
Erst seit zwei Jahren Bürgermeisterin<br />
ist Angelika Mileder aus<br />
Frankenau-Unterpullendorf. Die<br />
ÖVP-Politikerin ist 47 Jahre alt und<br />
eine von vier ÖVP-Bürgermeisterinnen<br />
im <strong>Burgenland</strong>. Die gelernte<br />
Schneidermeisterin war vor ihrer<br />
Wahl eine Periode im Gemeinderat:<br />
„Ich habe meine Zusage mit<br />
der Familie abgeklärt. Ich bereue<br />
es nicht, obwohl man Schläge einstecken<br />
muss.“ Mileder will gezielt<br />
mehr Frauen für den Gemeinderat<br />
gewinnen, ein paar konnte sie<br />
schon überzeugen: „Ich glaube,<br />
dass Frauen mehr bewirken können,<br />
weil sie einfühlsamer sind und<br />
flexibler. Frauen trauen sich auch<br />
mehr. Und wenn man wirklich will,<br />
lässt sich die Politik mit der Familie<br />
vereinbaren.“ Die Bürgermeisterin<br />
gibt aber zu, dass es schwierig ist:<br />
„Gemeindepolitik ist nach wie vor<br />
eine Männerdomäne. Ich persönlich<br />
kann mich durchsetzen, auch<br />
weil ich mit drei Brüdern aufgewachsen<br />
bin.“<br />
Mehr Frauen erwünscht<br />
Die beiden „Großparteien“ in<br />
den Gemeinderäten, ÖVP und<br />
SPÖ, sind mit dem Frauenanteil<br />
noch nicht zufrieden. Der<br />
ÖVP-Bezirksparteiobmann, Nationalratsabgeordneter<br />
DI Nikolaus<br />
Berlakovich, will mehr Frauen und<br />
Männer dazu bewegen, sich politisch<br />
zu engagieren: „Politik soll<br />
repräsentativ sein für die Bevölkerung.<br />
Eindeutig ist, dass der Frauenanteil<br />
in den letzten Jahren gesteigert<br />
werden konnte, dass die<br />
Frauen verstärkt bereit sind, sich<br />
einzubringen und die Gemeinde<br />
mitzugestalten. Das finde ich gut.“<br />
Die ÖVP verzeichnet im <strong>Mitte</strong>lburgenland<br />
seit der letzten Wahl<br />
in den Gemeinderäten einen Frauenanteil<br />
von 28 Prozent, die SPÖ<br />
einen von 22,5 Prozent. Der neue<br />
SPÖ-Bezirksparteivorsitzende,<br />
Landesrat Mag. Heinrich Dorner,<br />
freut sich über die leichte Steigerung<br />
in den letzten fünf Jahren:<br />
„Unser Ziel muss es sein, in den<br />
nächsten Jahren die Quote weiter<br />
zu steigern, damit die SPÖ auch<br />
auf lokaler Ebene weiblicher wird.“<br />
Die Mehrheit der Wähler im Bezirk<br />
ist schon weiblich, nämlich<br />
mit 51 Prozent. Zum Vergleich:<br />
Die Mehrheit der Gemeinderäte<br />
stellen mit 73 Prozent die Männer.<br />
Die Mehrheit ist in der Minderheit.<br />
Hans Tesch<br />
Frauen im Gemeinderat<br />
Mehr als 50 %<br />
53,9 % Weingraben<br />
30 bis 50 %<br />
47,6 % Steinberg-Dörfl<br />
42,9 % Neutal<br />
41,2 % Raiding<br />
40,9 % Frankenau-Unterpullendorf<br />
36,4 % Stoob<br />
34,1 % Oberpullendorf<br />
33,3 % Kaisersdorf<br />
30,8 % Deutschkreutz<br />
10 bis 30 %<br />
29,4 % Piringsdorf<br />
28,0 % Weppersdorf<br />
27,8 % Lutzmannsburg<br />
26,9 % Lockenhaus<br />
26,7 % Ritzing<br />
26,7 % Unterrabnitz-Schwendgraben<br />
25,0 % Horitschon<br />
25,0 % Mannersdorf<br />
23,8 % Draßmarkt<br />
23,5 % Oberloisdorf<br />
19,1 % Markt St. Martin<br />
18,2 % Lackenbach<br />
17,4 % Kobersdorf<br />
17,4 % Pilgersdorf<br />
16,7 % Nikitsch<br />
14,3 % Großwarasdorf<br />
14,3 % Neckenmarkt<br />
13,3 % Unterfrauenhaid<br />
0 % Lackendorf<br />
Es gibt 570 Gemeinderäte (inklusive<br />
Ersatz-Gemeinderäte) im Bezirk Oberpullendorf.<br />
Davon sind 154 Frauen,<br />
ergibt einen Frauenanteil von 27 %.<br />
Fotos: Mileder, Friedl, Kuzmits
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Erwachen führt, sollte man vor<br />
allem für Kinder einige Vorkehrungen<br />
treffen. Von notwendigen<br />
Impfungen im Reiseland<br />
über die gut ausgestattete<br />
Reiseapotheke bis zum passenden<br />
Sonnenschutz gibt es<br />
für die kleinen Urlauber einiges<br />
zu beachten.<br />
Wer mit Kindern verreist, der<br />
muss nicht nur die passende<br />
Kleidung und Spielsachen<br />
in den Koffer packen, sondern<br />
auch eine auf das Kind und die<br />
Destination abgestimmte Reiseapotheke.<br />
Dabei sollte man sich<br />
folgende Fragen stellen: Wie alt<br />
ist das Kind? Wo geht die Reise<br />
hin? Welche Transportmittel<br />
werden genutzt? Welche Art von<br />
Reise wird geplant (Strandurlaub,<br />
Städtereise ...)? Wie lange dauert<br />
die Reise? Gibt es Grunderkrankungen<br />
wie Diabetes oder Allergien?<br />
Checkliste für die Reise<br />
Einen Überblick über die wichtigsten<br />
Dinge, die in das Reisegepäck<br />
gehören, verschafft man<br />
sich mit einer Checkliste: Verbandsmaterial<br />
und Produkte zur<br />
Wundversorgung, Fieberthermometer,<br />
bei Bedarf ausreichend<br />
Medikamente, die auch zuhause<br />
regelmäßig eingenommen werden<br />
müssen, <strong>Mitte</strong>l gegen Magen-/Darmerkrankungen,<br />
Helfer<br />
bei Erkältungskrankheiten (z.B.<br />
abschwellende Nasentropfen<br />
oder Sprays speziell bei Flugreisen),<br />
befeuchtende Augentropfen,<br />
Antihistaminika (z.B. bei<br />
Insektenstichen), <strong>Mitte</strong>l gegen<br />
Reiseübelkeit, Insektenschutz<br />
(abgestimmt auf das Alter des<br />
Kindes und das jeweilige Urlaubsland)<br />
und Sonnenschutz.<br />
Spezielle Ausstattung<br />
Zu diesen wichtigsten Produkten<br />
für die Reise können noch<br />
einige zusätzliche Helfer ins Gepäck,<br />
die im Falle des Falles viel<br />
Stress ersparen. So gibt es etwa<br />
Nasensprays mit abschwellender<br />
Wirkung, die den Druckausgleich<br />
im Flugzeug erleichtern. Ingwer<br />
lindert Übelkeit in Form von<br />
Bonbons oder Schleckern.<br />
Nach dem Schwimmen helfen<br />
austrocknende Ohrentropfen.<br />
Ein Moskitonetz braucht wenig<br />
Platz und ist eine gute Anschaffung.<br />
Wer mit einem Säugling<br />
verreist, der sollte darauf achten,<br />
die ge wohnte Säuglingsnahrung<br />
mitzunehmen oder ein<br />
Gel bei Zahnungsbeschwerden.<br />
Arzneiformen auf Reisen<br />
Besonders wichtig ist bei<br />
der Planung einer Reise, auch<br />
auf die richtige Arzneiform zu<br />
achten. Einige Medikamente<br />
reagieren sehr empfindlich auf<br />
Hitze. Oft sind Tropfen oder<br />
Sirupe empfehlenswert (etwa<br />
statt Zäpfchen), auch wenn sie<br />
im Reisegepäck etwas mehr<br />
Platz einnehmen. Diabetiker<br />
sollten darauf achten, das benötigte<br />
Insulin im Handgepäck<br />
zu transportieren, da die Temperaturen<br />
im Frachtraum eines<br />
Flugzeugs stark schwanken<br />
können. In Ländern mit niedrigeren<br />
hygienischen Standards<br />
empfiehlt es sich außerdem,<br />
bei Bedarf die eigenen sterilen<br />
Injektionssets mitzunehmen.<br />
Schutz vor Insekten<br />
und Sonne<br />
Insektenschutz ist nicht<br />
gleich Insektenschutz. Je nachdem,<br />
wo die Reise hingeht,<br />
gehört das passende Präparat<br />
ins Gepäck. Neben tropentauglichen<br />
Insektensprays, die<br />
für Kinder ab zwei Jahren zugelassen<br />
sind, gibt es auch <strong>Mitte</strong>l<br />
mit pflanzlichen Wirkstoffen.<br />
Grundsätzlich sollte der<br />
Sonnenschutz für Kinder immer<br />
einen sehr hohen Lichtschutzfaktor<br />
im UVA- und im<br />
UVB-Bereich haben, fotostabil<br />
sein und regelmäßig erneuert<br />
werden. Denken Sie auch an<br />
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<strong>Burgenland</strong> <strong>Mitte</strong> | <strong>Juni</strong> <strong>2019</strong><br />
7
Miss <strong>Burgenland</strong><br />
spricht perfekt<br />
Japanisch<br />
Die Mischung ihrer Gene hat’s in sich!<br />
Der Vater aus dem kleinen Kaisersdorf,<br />
die Mutter aus der Weltstadt Tokio. Miriam<br />
Millonig ist eine vielseitige, selbstbewusste<br />
und – wie jeder sehen kann – sehr hübsche<br />
Persönlichkeit, die den Titel „Miss <strong>Burgenland</strong>“<br />
zu Recht trägt.<br />
„Jetzt genieße ich es schon, Miss zu sein“,<br />
erzählt Miriam Millonig ein paar Wochen nach<br />
der Wahl. „Ich habe viele neue Menschen<br />
kennengelernt. Ich fühle mich sehr wohl auf<br />
der Bühne und auf dem Catwalk. Und auch<br />
die Fotoshootings gefallen mir sehr gut.“ Sie<br />
versuche, ihr Leben sehr abwechslungsreich<br />
zu gestalten. „Das Modeln für Mode und die<br />
Tätigkeit als Gesichtsmodel haben eine besondere<br />
Abwechslung gebracht“, sagt die<br />
23-Jährige.<br />
Möchte Vorbild sein<br />
Miriam will als Miss in der Öffentlichkeit<br />
wirken: „Die Persönlichkeit ist wichtig. Ich<br />
möchte Vorbild sein. Ich möchte jungen<br />
Mädchen Mut machen, selbstbewusst aufzutreten.<br />
Es ist ein schönes Gefühl, wenn<br />
man sich was traut.“ Der Gedanke, sich bei<br />
der Miss-Wahl zu bewerben, ist ihr schon in<br />
den letzten Jahren öfters gekommen. Auch<br />
ihre Mutter hat ihr geraten, mitzumachen.<br />
Letztendlich hat ein Bekannter über Instagram<br />
den Anstoß gegeben. Und sie hat<br />
spontan reagiert: „Jetzt wird’s Zeit. Entweder<br />
– oder.“ Und sie hat’s geschafft!<br />
Vielseitig, ehrgeizig, flexibel<br />
Miriam ist zweisprachig aufgewachsen,<br />
mit Deutsch und Japanisch. Und Professoren<br />
aus Tokio haben ihr bestätigt, dass<br />
sie das akzentfrei spricht. „Ich arbeite an<br />
mir selbst sehr hart. Ja, ich bin ehrgeizig.“<br />
Sie bezeichnet sich auch als vielseitig und<br />
flexibel. Und Lernen gehöre sogar zu ihren<br />
Hobbys: „Wenn ich lerne, vergesse ich alles<br />
andere um mich. Lernen macht mir Spaß.<br />
Und es entspannt mich sogar. Ich bin ein<br />
zufriedener Mensch, ein Mensch mit positiver<br />
Grundeinstellung. Ich versuche, in allen<br />
Sachen Freude zu empfinden. Und ich kann<br />
Leidenschaft empfinden.“<br />
„Mich ärgert nichts!“<br />
„Ich bin eine robuste Natur. Mich ärgert<br />
nichts!“, beschreibt sich die Miss <strong>Burgenland</strong><br />
mit eigenen Worten. Freude könne man ihr<br />
mit kleinen Dingen machen. Viel Wert lege<br />
sie auf Persönlichkeit und Charakter: „Ich bin<br />
ein ehrlicher und offener Mensch – und entwickle<br />
mich ständig weiter. Diese Weiterentwicklung<br />
meiner Persönlichkeit ist mir sehr<br />
wichtig. Aber so, dass ich mir dabei selbst<br />
treu bleibe.“<br />
Sie tanzt für ihr Leben gern<br />
„Ich habe lange Zeit Ballett getanzt, von<br />
klein auf. Ich hatte auch öffentliche Auftritte<br />
in der Staatsoper“, blickt die Miss <strong>Burgenland</strong><br />
auf ihre Kindheit zurück. „Ich musste<br />
diszipliniert sein. Ich habe gelernt, was Disziplin<br />
bedeutet.“ Sie tanzt auch heute noch<br />
gerne Gesellschaftstänze: „Ich habe in der<br />
Tanzschule Elmayer in Wien gelernt, das<br />
Gold-Star-Tanzleistungsabzeichen gemacht<br />
– und vor ein paar Jahren ebendort neben<br />
dem Studium auch als Tanzlehrerin gejobbt.“<br />
Model für Mama<br />
Miriams Mutter Kaori ist Modedesignerin<br />
und schneidert auch selbst, vor allem Damenmoden<br />
und Ballkleider. Und diese freut<br />
sich, jetzt einen Profi als Model zu haben. Ihre<br />
Oma – wie auch ihr Onkel – wohnt in der Nähe<br />
der Millionenstadt Tokio. Hat Miriam auch<br />
etwas typisch Japanisches? „Kann schon<br />
sein. Ich bin diszipliniert, pflichtbewusst, sehr<br />
rücksichtsvoll, höflich und bescheiden. Und<br />
Japaner sind zurückhaltender.“<br />
Entspannung bei der Oma<br />
in Kaisersdorf<br />
Miriam Millonig ist an Wochenenden öfters<br />
und gerne in Kaisersdorf bei ihrer Oma.<br />
Sie schätzt diese Tage im <strong>Mitte</strong>lburgenland.<br />
„Kaisersdorf, wo mein Vater geboren ist, ist<br />
ein ruhiger, schöner Ort zum Entspannen<br />
und Abschalten. Der Ort ist gut gegen den<br />
Lernstress“, schwärmt die Miss <strong>Burgenland</strong>.<br />
Und im Sommer genieße sie auch das<br />
Schwimmbad. „Als Miss hat man mich in<br />
Kaisersdorf sehr herzlich willkommen geheißen.<br />
Besonders Oma und Opa waren sehr<br />
stolz“, beschreibt Miriam Millonig die letzten<br />
Wochen. Und eines sei unverändert geblieben:<br />
„Oma Herma verwöhnt mich mit ihren<br />
Mehlspeisen – mit Nussstrudel und Bananen-Schoko-Kuchen.“<br />
Traumberuf Fernseh-Moderatorin<br />
Miriam ist Frühaufsteherin. Sie sieht sich<br />
als Energiebündel, das mit wenig Schlaf<br />
auskommt. Und sie ist fleißig. Sie arbeitet<br />
derzeit neben dem Studium als geringfügig<br />
Beschäftigte beim Verein für Konsumenteninformation.<br />
Sie kann sich vorstellen, auch<br />
jetzt nach der Miss-Wahl weiterzuarbeiten,<br />
obwohl sie schon einige Jobs als Model begonnen<br />
hat.<br />
Die Miss <strong>Burgenland</strong> ist zielorientiert. Sie<br />
will so schnell wie möglich ihr Jus-Studium –<br />
Wahlfach Japanisches Recht – abschließen;<br />
nächstes Jahr will sie „Magistra“ sein. Und<br />
danach? Jedenfalls sucht sie nicht eine Arbeit<br />
im Büro einer Rechtsanwaltskanzlei. „Ein<br />
Job in der Öffentlichkeit würde mir gefallen.<br />
Mein Traumberuf ist Fernseh-Moderatorin.“<br />
Hans Tesch<br />
Fotos: Tesch, Millonig<br />
8 <strong>Burgenland</strong> <strong>Mitte</strong> | <strong>Juni</strong> <strong>2019</strong>
Mazda Kleinrath feiert 20 Jahre<br />
Autokauf ist Vertrauenssache.<br />
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<strong>Burgenland</strong> <strong>Mitte</strong> | <strong>Juni</strong> <strong>2019</strong><br />
9
Ist der Bezirk Oberpullendorf<br />
wenig zukunftsfit?<br />
Diese Frage stellt man sich nach dem Lesen einer aktuellen Studie. Der Bezirk liegt im „Zukunftsranking“ des<br />
Beratungsunternehmens Pöchhacker auf dem vorletzten Platz von 94 österreichischen Bezirken. Als Hauptgründe<br />
gelten der niedrige Anteil junger Erwachsener, die niedrige Geburtenrate, die niedrige Arbeitsplatzdichte,<br />
die niedrige Frauenerwerbsquote und der niedrige Akademikeranteil. Positiv bewertet die Studie die<br />
Lebensqualität, vor allem die niedrige Kriminalitätsrate und die vielen Kindergärten.<br />
Wie zukunftsfähig sind Österreichs Bezirke?<br />
Diese Frage hat auch heuer wieder<br />
die Pöchhacker Innovation Consulting<br />
GmbH in Linz beantwortet. Der Bezirk Oberpullendorf<br />
schneidet dabei ganz schlecht<br />
ab. Er liegt – nur der Bezirk Gmünd ist noch<br />
dahinter – am vorletzten Platz aller 94 österreichischen<br />
Bezirke. Und gegenüber dem<br />
Vorjahr ist er um 18 Plätze zurückgefallen.<br />
Die Grundlage für das Ranking bilden viele<br />
Einzelwerte, insgesamt 38 Indikatoren, die<br />
dann zu einer Platzierung zusammengeführt<br />
werden. Erfasst werden die vier Bereiche<br />
Demografie, Arbeitsmarkt, Wirtschaft & Innovation<br />
und Lebensqualität – und zwar<br />
jeweils die Dimensionen „Niveau“ und „Dynamik“.<br />
Johannes Scherk, B. Sc., studierter<br />
Platzierung der<br />
burgen ländischen Bezirke<br />
Nur die Freistadt Eisenstadt liegt im österreichischen<br />
Gesamtranking unter den ersten 20, auf<br />
dem guten sechsten Platz. Alle anderen Bezirke<br />
(inklusive Freistädte) liegen im letzten Drittel der<br />
94 Plätze.<br />
Fünf burgenländische Bezirke haben sich in ihrer<br />
Platzierung verschlechtert. Steigerungen gab es<br />
nur im Nordburgenland. Der Bezirk Oberpullendorf<br />
gehört zu den Absteigern <strong>2019</strong>.<br />
6. Freistadt Eisenstadt (–3 Plätze)<br />
63. Bezirk Jennersdorf (–17 Plätze)<br />
65. Freistadt Rust (+19 Plätze)<br />
66. Bezirk Oberwart (wie Vorjahr)<br />
76. Bezirk Eisenstadt Umgebung (+5 Plätze)<br />
80. Bezirk Güssing (–17 Plätze)<br />
81. Bezirk Neusiedl am See (+5 Plätze)<br />
83. Bezirk Mattersburg (–13 Plätze)<br />
93. Bezirk Oberpullendorf (–18 Plätze)<br />
Unangefochten auf Platz eins liegt Krems an der Donau – wie<br />
im letzten Jahr, in der ersten Studie der Pöchhacker Innovation<br />
Consulting. Hinter Oberpullendorf Letzter ist der Bezirk Gmünd<br />
in Niederösterreich, der im Vorjahr auch schon Letzter war.<br />
Foto: © Günter Menzl – adobe.stock.com<br />
Volkswirtschaftler, einer der drei Autoren der<br />
Studie <strong>2019</strong>, hat BURGENLAND MITTE die<br />
Gründe für das schlechte Abschneiden bekannt<br />
gegeben.<br />
Niedrige Geburtenrate und<br />
wenige Jugendliche<br />
Der Grund, dass Oberpullendorf nur im<br />
hinteren Feld des Rankings platziert ist, liege<br />
vor allem bei den Kennzeichen in den<br />
Bereichen Bevölkerungsentwicklung und<br />
Arbeitsmarkt, schreibt Johannes Scherk:<br />
„Bei den demografischen Indikatoren weist<br />
der Bezirk Oberpullendorf etwa nur eine unterdurchschnittliche<br />
Geburtenrate auf und<br />
liegt mit 1,36 Kindern je Frau im gebärfähigen<br />
Alter deutlich unter dem Durchschnitt<br />
aller österreichischen Bezirke (1,58 Kinder)<br />
und diesbezüglich nur auf Rang 88 unter<br />
allen Bezirken. Ebenso liegt der Anteil der<br />
jungen Erwachsenen (15–29-Jährige) an der<br />
Gesamtbevölkerung mit 14,2 % (Bezirksdurchschnitt:<br />
17,0 %) nur auf Rang 86 im<br />
Ranking. Und auch beim Wanderungssaldo<br />
junger Erwachsener liegt der Bezirk Oberpullendorf<br />
nur im hinteren Feld; es ziehen – wie<br />
es für ländliche Regionen typisch ist – mehr<br />
Jugendliche weg als zu.“<br />
Wenige Arbeitsplätze,<br />
wenige Frauen in Beschäftigung<br />
„Bei den Arbeitsmarktindikatoren wirken<br />
sich unter anderem eine relativ niedrige Arbeitsplatzdichte<br />
(0,46 Erwerbstätige je Einwohner<br />
im Bezirk, Durchschnitt aller Bezirke:<br />
0,66), eine geringe Erwerbsquote der Frauen<br />
von 15 bis 64 Jahre (70,3 %, Bezirksdurchschnitt:<br />
73,2 %) sowie ein relativ niedriger<br />
Anteil an Erwerbstätigen mit tertiärer Ausbildung<br />
(9,7 % gegenüber 12,3 % im Durchschnitt)<br />
negativ auf die Platzierung aus.“ Zu<br />
den tertiären Ausbildungen zählen vor allem<br />
Abschlüsse von Universitäten, Fachhochschulen<br />
und Pädagogischen Hochschulen.<br />
Sehr wenig Kriminalität und<br />
viele Kindergärten<br />
Bei der Lebensqualität kann der Bezirk<br />
aber punkten! „Sehr gut schneidet Oberpullendorf<br />
im Ranking insbesondere bei der Kriminalitätsrate<br />
mit den viertwenigsten Straftaten<br />
bezogen auf die Einwohnerzahl ab; und<br />
bei der Versorgung mit Kindertagesstätten<br />
liegt der Bezirk auf Platz 9 österreichweit.<br />
Und auch die Arbeitslosenrate hat sich in den<br />
vergangenen Jahren sehr positiv entwickelt“,<br />
fasst Johannes Scherk die positiven Signale<br />
aus dem Zukunftsranking zusammen.<br />
Wirtschaft mit weniger<br />
neuen Unternehmen<br />
Es sind vor allem die wirtschaftsbezogenen<br />
Entwicklungen, die den Bezirk Oberpullendorf<br />
im Vergleich zum Vorjahresranking<br />
einige Ränge gekostet haben, führt der Mitverfasser<br />
der Studie Johannes Scherk aus:<br />
„Hier lag der Bezirk im letztjährigen Ranking<br />
noch auf einem sehr guten 18. Platz,<br />
im diesjährigen Ranking dagegen auf Platz<br />
41. Dazu führten insbesondere ein starker<br />
Rückgang der Gründungsintensität von 6,77<br />
Gründungen je 1.000 Einwohner 2016 auf<br />
4,93 Gründungen im Jahr 2017, was den<br />
zweitstärksten Rückgang bei den Gründungen<br />
unter allen Bezirken entspricht, sowie<br />
ein Rückgang bei der Anzahl der aktiven<br />
Wirtschaftskammermitglieder je 1.000 Einwohner<br />
von 61,5 auf 60,8 Mitglieder (in den<br />
meisten Bezirken stieg dagegen die Anzahl<br />
der WK-Mitglieder).“ Und Scherk führt weitere<br />
negative Signale an: „Der Bezirk Oberpullendorf<br />
verlor noch weitere Plätze bei den<br />
demografischen Indikatoren, und auch die<br />
Indikatoren im Bereich Lebensqualität zeigten<br />
eine nachlassende Entwicklung bei den<br />
Kennzahlen. Dies betrifft etwa die Entwicklung<br />
der kommunalen Schulden im Bezirk,<br />
die gemessen an der Bevölkerung und entgegen<br />
dem österreichweiten Trend im Bezirk<br />
Oberpullendorf gestiegen sind, sowie eine<br />
überdurchschnittlich stark sinkende Ärztedichte<br />
im Bezirk.“<br />
Bezirk hat Aufholpotenzial<br />
Vieles an der Analyse wird politischen<br />
Amtsträgern, Funktionären und Unternehmern<br />
der Region bekannt vorkommen, einiges<br />
vielleicht auch als nicht nachvollziehbar<br />
erscheinen. Immerhin wird der Bezirk<br />
Jennersdorf „zukunftsfitter“ gewertet als alle<br />
anderen Bezirke, deutlich zum Beispiel auch<br />
vor dem Bezirk Neusiedl am See gereiht.<br />
Das Fazit, positiv ausgedrückt: Der Bezirk<br />
Oberpullendorf hat Aufholpotenzial. Und die<br />
Studie ist wertvoller Diskussionsstoff für Entscheidungsgremien<br />
und Stammtischrunden.<br />
Hans Tesch<br />
10 <strong>Burgenland</strong> <strong>Mitte</strong> | <strong>Juni</strong> <strong>2019</strong>
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Auf dem Weg<br />
160 Bio-Bauern hat das <strong>Mitte</strong>lburgenland. Und jedes Ja<br />
jeder vierte Hektar Ackerland wird hierzulande ökologisc<br />
auszubauen und zu entwickeln. Hans Tesch über die ge<br />
Ein idyllischer Anblick. Auf der<br />
Weide außerhalb von Unterfrauenhaid<br />
grasen 25 gefleckte<br />
Kühe und an die 30 Kälber und<br />
Jungrinder – bewacht von einem<br />
muskelbepackten Stier. Freilich,<br />
von den Kühen des Bio-Betriebs<br />
Niklos kommt keine Milch in den<br />
Handel. Die Kühe werden nämlich<br />
nicht gemolken, die Milch<br />
wird an die Kälber verfüttert.<br />
Hier wird zartes, feinfaseriges<br />
Bio-Jungrindfleisch produziert.<br />
Aus Gras wird Fleisch<br />
Zufrieden schaut der Bio-Bauer<br />
Manfred Niklos auf seine Herde:<br />
„Die Kälber bleiben nach der Geburt<br />
bei ihrer Mutter und leben<br />
hauptsächlich von der Muttermilch.<br />
Später bekommen sie<br />
auch Kleegras-Silofutter, Heu und<br />
Schrot aus Biogetreide.“ Die Fütterung<br />
sei einfach und biologisch:<br />
„Verboten sind Futterzusätze<br />
zur Wachstumsförderung und<br />
tierisches Eiweiß, ich darf vorbeugend<br />
keine Antibiotika zum<br />
Futter dazumischen und auch<br />
keine gentechnisch veränderten<br />
Futtermittel verwenden.“ Bevor<br />
die Jungrinder 12 Monate alt<br />
sind, verkauft er sie an eine Supermarktkette<br />
zur Schlachtung.<br />
Der 59-jährige Manfred Niklos<br />
ist zufrieden mit seinem Umstieg<br />
auf bio vor 19 Jahren. Im Dorf<br />
wurde er anfänglich misstrauisch<br />
angeschaut – heute hat er einen<br />
Abnahmevertrag und muss sich<br />
keine Sorge um den Verkauf machen.<br />
Was bedeutet BIO?<br />
Biologisch wirtschaften bedeutet<br />
mehr, als auf Kunstdünger und<br />
chemisch-synthetische Spritzmittel<br />
zu verzichten. Begriffe wie naturnah,<br />
nachhaltig oder ursprünglich<br />
sind nicht gleichzusetzen mit<br />
„bio“. Die Bezeichnung „bio“ ist<br />
gesetzlich geschützt, es ist klar<br />
geregelt, was die Landwirtschaft<br />
tun darf und was nicht – und laufend<br />
wird kontrolliert. Biobauern<br />
wirtschaften idealerweise in möglichst<br />
geschlossenen Kreisläufen.<br />
Was im Betrieb anfällt, wird dort<br />
auch verwendet.<br />
Grundlage ist ein gesunder<br />
und fruchtbarer Boden. Um diesen<br />
zu erhalten, wird auf jedem<br />
Acker Jahr für Jahr gezielt eine<br />
andere Frucht angepflanzt. Auf<br />
Gentechnik wird verzichtet. Tiere<br />
werden artgerecht gehalten, sie<br />
haben Auslauf ins Freie und erhalten<br />
biologisches Futter.<br />
160 Bio-Betriebe im Bezirk<br />
Bio ist in – nicht nur bei den<br />
Konsumenten. DI Ernst Trettler,<br />
Landesgeschäftsführer der Interessenvertretung<br />
Bio Austria,<br />
freut sich über einen Trend, den<br />
er im <strong>Mitte</strong>lburgenland feststellt:<br />
„Es beginnt ein Umdenken. Die<br />
Stimmung für den Biolandbau ist<br />
besser geworden. Und die Bioproduktion<br />
wird inzwischen auch<br />
als wirtschaftlich erfolgversprechend<br />
angesehen.“<br />
Der Trend ist sichtbar. Einerseits<br />
geht die Zahl der landwirtschaftlichen<br />
Betriebe seit Jahrzehnten<br />
stark zurück, zuletzt<br />
jährlich um zwei bis drei Prozent.<br />
Im Bezirk gibt es derzeit nur noch<br />
etwa 640 landwirtschaftliche Betriebe.<br />
Die andere Seite: Die Zahl<br />
der Bio-Bauern nimmt stetig<br />
zu. Vom letzten Jahr auf heuer<br />
Fotos: Tesch (5)<br />
12 <strong>Burgenland</strong> <strong>Mitte</strong> | <strong>Juni</strong> <strong>2019</strong>
zur Bio-Region<br />
hr kommen einige dazu. Jeder vierte Landwirt in der Region arbeitet bereits biologisch. Mehr als<br />
h bewirtschaftet. Es gibt Bio-Spezialkulturen und mustergültige Bio-Betriebe. Doch vieles ist noch<br />
genwärtige Situation und die künftigen Herausforderungen.<br />
Andreas Schlögl im Winterdinkelfeld in Oberrabnitz<br />
um außergewöhnlich viel, um<br />
gut 10 Prozent auf aktuell etwa<br />
160 Unternehmen.<br />
<strong>Burgenland</strong> Nummer eins<br />
Mit der Zahl der Biobetriebe<br />
steigt auch die ökologisch bewirtschaftete<br />
Fläche. Im <strong>Mitte</strong>lburgenland<br />
sind es rund 25 Prozent.<br />
<strong>Burgenland</strong>weit sind es sogar<br />
mehr als 30 Prozent, womit das<br />
<strong>Burgenland</strong> im Bezug auf die produktive<br />
Fläche das Bio-Bundesland<br />
Nummer eins in Österreich<br />
ist. Wenn man das hochgelegene<br />
Almgebiet hinzurechnet, ist Salzburg<br />
der Erste. Auch beim Anteil<br />
der Bio-Betriebe liegt das <strong>Burgenland</strong><br />
mit 25 Prozent vorne, vor<br />
Niederösterreich und Oberösterreich.<br />
Im Österreich-Durchschnitt<br />
arbeiten 22 Prozent der landwirtschaftlichen<br />
Betriebe biologisch.<br />
Stark: Dinkel, Hafer, Soja<br />
Im Bezirk Oberpullendorf ist<br />
der größte Anteil der Ackerfläche<br />
– rund ein Drittel der 45.000 Hektar<br />
– mit Winterweizen bebaut,<br />
rechnet Johann Eichberger von<br />
der Landwirtschaftskammer vor:<br />
„Der Bio-Anteil der Weizenfläche<br />
beträgt allerdings nur 15 Prozent.<br />
Doppelt so hoch, nämlich bei<br />
33 Prozent, liegt der Anteil beim<br />
Winterroggen.“ Und was sind die<br />
Top 3 der mittelburgenländischen<br />
Bio-Kulturen? Beachtlich hoch –<br />
nämlich bei 50 Prozent – liege der<br />
Bio-Anteil bei Sojabohnen, die zu<br />
einer typischen Bio-Kultur geworden<br />
sind. „Vom Anteil her an der<br />
Spitze liegen Sommerhafer und<br />
Winterdinkel, beide mit knapp<br />
90-prozentigem Bio-Anteil“, rechnet<br />
Eichberger vor.<br />
Immer mehr stellen um<br />
Das Leben als Bio-Bauer beginnt<br />
mit einer Unterschrift unter<br />
den Kontrollvertrag bei einer der<br />
sieben akkreditierten Kontrollstellen<br />
in Österreich. Mit der Unterschrift<br />
hat sich der Betrieb strikt<br />
an die Vorschriften der EU-Bioverordnung<br />
und bestimmte Artikel<br />
im Österreichischen Lebensmittelkodex<br />
zu halten. Seine<br />
Produkte darf er erst nach zwei<br />
Jahren als „bio“ verkaufen, im<br />
Obst- und Weinbau erst nach<br />
drei Jahren.<br />
„Aktuell sind etwa 20 Betriebe<br />
im Bezirk in der Umstellungsphase,<br />
darunter auch ein paar große<br />
Höfe“, erklärt Johann Eichberger<br />
von der Landwirtschaftskammer.<br />
„Nur im Bezirk Neusiedl am<br />
See sind es mehr.“ Im gesamten<br />
<strong>Burgenland</strong> waren es bei rund<br />
1.100 Bio-Betriebe zu Jahresbeginn<br />
immerhin 66 Neulinge.<br />
DI Ernst Trettler von Bio Austria,<br />
der in Oberpullendorf sein<br />
Büro hat, freut sich, dass gleich<br />
in 14 Gemeinden die Bio-Produktion<br />
neu Fuß fasst: „Dies sind<br />
Betriebe in Kalkgruben, Weppersdorf,<br />
Draßmarkt, Kaisersdorf,<br />
Landsee, Stoob, Piringsdorf,<br />
Pilgersdorf, Unterloisdorf, Lockenhaus,<br />
Großwarasdorf, Neckenmarkt,<br />
Deutschkreutz und<br />
Nikitsch.“ Trettler sieht darin sogar<br />
Anzeichen einer Trendwende:<br />
„Auch im Osten des Bezirkes<br />
stellen Ackerbauern um. In<br />
Nikitsch gibt es sogar schon vier<br />
Bio-Bauern!“<br />
Keine Umstiegsprämie<br />
Für die Umstellung auf biologische<br />
Produktion gibt es mehrere<br />
Gründe. Ernst Trettler ortet<br />
in den Beratungsgesprächen bei<br />
Bio Austria vor allem drei motivierende<br />
Auslöser: „Die Nachfolgegeneration<br />
hat neue Ideen, die sie<br />
verwirklichen will. Bauern suchen<br />
neue Perspektiven und besinnen<br />
sich auf traditionelle Werte. Und<br />
ein Großteil der Umsteiger macht<br />
es aus wirtschaftlichen Gründen,<br />
weil sie erwarten, im Biolandbau<br />
einen höheren Deckungsbeitrag<br />
zu erwirtschaften, mehr zu verdienen.“<br />
Mit einem räumt der Bio-Experte<br />
gleich auf: „Es sind nicht<br />
die Bio-Förderungen, die zum<br />
Umstieg anregen. Es ist eher die<br />
wirtschaftliche Unsicherheit vieler<br />
Bauern, ob sich die herkömmliche<br />
Produktionsweise auch künftig<br />
rechnen wird.“<br />
Ist bio rentabler?<br />
Durch die Förderungen der EU<br />
sind die Bauern in den letzten<br />
25 Jahren zu Unternehmern geworden,<br />
die genau rechnen und<br />
kalkulieren. Zusätzlich zu den<br />
Förderungen aus dem EU-Programm<br />
für die ländliche Entwicklung<br />
erhalten alle Betriebe auch<br />
aus dem österreichischen Steuertopf<br />
Förderungen für bestimmte<br />
umweltgerechte Maßnahmen.<br />
Bio-Bauern bekommen darüber<br />
hinaus sogenannte „Ausgleichszahlungen“<br />
für ihre höheren Leistungen<br />
für die Umwelt. Bio-Bauern<br />
haben nämlich grundsätzlich<br />
einen höheren Aufwand und<br />
ernten geringere Mengen. Wenn<br />
sie auch höhere Preise für ihre<br />
Bio-Produkte erzielen, gleicht<br />
Manfred Niklos und seine Bio-Weiderinder<br />
Valentin und Friedrich Karall<br />
13<br />
<strong>Burgenland</strong> <strong>Mitte</strong> DI | <strong>Juni</strong> Ernst <strong>2019</strong>Trettler
Friedrich Karall auf Rübenfeld mit Folie<br />
sich das meist nicht aus. Deshalb<br />
die Ausgleichszahlungen.<br />
Nicht nur Landschaftspfleger<br />
Bio-Experte Trettler geht sogar<br />
noch einen Schritt weiter: „Die<br />
Bio-Landwirtschaft wird künftig<br />
nicht mehr nur für die ‚Landschaftspflege’<br />
bezahlt. Sie wird<br />
Geld dafür bekommen, dass sie<br />
der Gesellschaft gesundes Wasser,<br />
lebendige Böden und saubere<br />
Luft zur Verfügung stellt.“<br />
120 freiwillig<br />
bei Bio Austria<br />
Bio Austria bezeichnet sich selbst<br />
als die größte Bio-Interessenvertretung<br />
Europas, mit 14.000 Mitgliedern<br />
und 400 gewerblichen Verarbeitern<br />
als Partner. „Bio Austria ist<br />
strenger als die EU-Bio-Richtlinie. Es<br />
können nur Betriebe dabei sein, die<br />
zu 100 Prozent bio sind. Ganz bio –<br />
oder nicht dabei!“, sagt Ernst Trettler,<br />
der in Horitschon wohnt. Im <strong>Mitte</strong>lburgenland<br />
sind 120 Bio-Betriebe<br />
als Mitglieder registriert. Freiwillig,<br />
gegen einen Mitgliedsbeitrag.<br />
Bio bringt bessere Preise<br />
Die finanzielle Faustregel lautet:<br />
Bio bedeutet mehr Arbeit und eine<br />
kleinere Ernte – aber diese zu<br />
einem besseren Preis.<br />
Bei vielen Produkt-Sparten<br />
stimmt das. Bei den Sojabohnen<br />
ist der Verkaufspreis rund doppelt<br />
so hoch. Mit Bio-Ferkeln erzielt<br />
man den doppelten Preis. Und<br />
der Preis für Bio-Milch ist trotz<br />
der deutlich gestiegenen Menge<br />
um rund 30 Prozent höher.<br />
Bei Tierhaltung stark<br />
Im <strong>Mitte</strong>lburgenland wächst<br />
praktisch alles, von Getreide bis<br />
zu Sojabohnen. Auch die Vielfalt<br />
der Bio-Produkte sei dementsprechend<br />
groß, stellt der<br />
Bio-Austria-Geschäftsführer fest.<br />
„Was das <strong>Mitte</strong>lburgenland unterscheidet,<br />
ist die Tierhaltung. Hier<br />
wirtschaften sehr potente Bio-Betriebe,<br />
die auch burgenlandweit<br />
bedeutend sind.“ Trettler verweist<br />
auf Milchhöfe in Oberpetersdorf,<br />
Ritzing und Lackendorf, auf die<br />
Mutterkuhhaltung in Unterfrauenhaid,<br />
auf den Bio-Eier-Spezialisten<br />
in Markt St. Martin und die<br />
landesweit größte Bio-Ferkel-<br />
Zucht in Draßmarkt.<br />
Übrigens: Beim Schweinefleisch<br />
hat sich bio österreichweit<br />
noch nicht durchgesetzt; nur<br />
2 Prozent der Schweine sind bio.<br />
Die Bio-Betriebe im Bezirk sind<br />
nicht so groß wie im Nordburgenland,<br />
mehr als 200 Hektar haben<br />
nur wenige. Der größte Bio-Bauer<br />
dürfte mehr als 500 Hektar bewirtschaften,<br />
der Durchschnittbetrieb<br />
rund 50 Hektar.<br />
Weinbauern ziehen nach<br />
Knapp 19 Prozent der Weingartenfläche<br />
im <strong>Burgenland</strong> wird<br />
biologisch bewirtschaftet; mehr<br />
als in Niederösterreich und in der<br />
Steiermark. <strong>Burgenland</strong>weit sind<br />
es rund 230 Betriebe mit rund<br />
2.000 Hektar Bio-Weingärten.<br />
Im Blaufränkischland lassen<br />
sich die Winzer, die Bio-Weine<br />
in Flaschen füllen, an den Fingern<br />
der zwei Hände abzählen.<br />
In Horitschon sind es Franz Weninger,<br />
das Bio-Rotweingut Iby,<br />
Alfred Moritz und der Weinhof<br />
Bauer-Pöltl, in Neckenmarkt das<br />
Weingut Draxler, Bio in Deutschkreutz<br />
sind Albert Gesellmann<br />
und Thomas Weber sowie in<br />
Lutzmannsburg Roland Velich.<br />
Aber es gibt viele Newcomer. In<br />
der Umstellungsphase befinden<br />
sich die Betriebe von Monika<br />
Strehn und Gerhard Neubauer in<br />
Deutschkreutz, Dominik Gober in<br />
Hortischon und der Betrieb des<br />
jungen Stefan Wellanschitz in Neckenmarkt.<br />
Als Hindernis betrachtet man<br />
vor allem die im Bio-Betrieb verbotenen<br />
Pflanzenschutz-Maßnahmen<br />
gegen Krankheiten<br />
aufgrund extremer Wettersituationen.<br />
Schwefel- und Kupfer-Präparate<br />
dürfen in beschränkten<br />
Mengen zwar gespritzt werden,<br />
dem Bio-Winzer stehen aber keine<br />
wirksamen <strong>Mitte</strong>l für „Reparaturmaßnahmen“<br />
zur Verfügung.<br />
Zuckerrüben als Versuch<br />
Die Brüder Karall in Großwarasdorf<br />
sind seit 17 Jahren<br />
Bio-Bauern, mit mehreren hundert<br />
Hektar die größten im Bezirk.<br />
Sie suchen Marktnischen – und<br />
finden sie immer wieder. Derzeit<br />
testen sie, wie sich Bio-Zuckerrüben<br />
wirtschaftlich rechnen können.<br />
„Die Zuckerrüben sind extrem<br />
arbeitsaufwändig. Im Vorjahr<br />
haben wir erstmals getestet. 200<br />
bis 500 Stunden Handarbeit sind<br />
pro Hektar nötig, um das Unkraut<br />
zwischen den Rübenpflanzen in<br />
der Reihe zu beseitigen. Die Arbeit<br />
ist teuer – und man findet<br />
keine Leute mehr fürs Arbeiten“,<br />
stellt Friedrich Karall nüchtern<br />
fest. Er arbeite aber an einer<br />
Lösung: „Heuer testen wir zum<br />
ersten Mal eine verrottbare Folie.<br />
Diese kostet 1.700 bis 2.200<br />
Euro pro Hektar. Sie ist teuer, hat<br />
aber Vorteile: Nicht nur das Unkraut<br />
kommt nicht auf, die Rüben<br />
wachsen auch besser.“ Für<br />
Valentin Karall, der sich im Betrieb<br />
um die Finanzen kümmert, müsste<br />
sich noch einiges ändern, um<br />
einen akzeptablen Rohertrag zu<br />
erzielen. „Es müsste gelingen, die<br />
Kosten für die Folien zu senken,<br />
und die Agrana müsste für den<br />
Bio-Zucker mehr zahlen.“<br />
Bei den Rübenbauern herrscht<br />
Alarm. Für den konventionellen<br />
Bauern ist die Zuckerrübenproduktion<br />
derzeit nicht kostendeckend.<br />
Bei einem Umstieg auf bio<br />
könnten Zuckerrüben künftig eine<br />
attraktive Feldfrucht sein.<br />
Fruchtsenf und Honigbier<br />
Das Bio-Angebot ist groß. Man<br />
könnte ein vollwertiges, attraktives<br />
Bio-Menü anrichten, das nur<br />
aus Produkten aus der Region<br />
besteht. Von Wurst und Grammeln,<br />
Räucherkäse und Dinkelflocken<br />
bis Ribiselmarmelade<br />
und Quittensaft. Und angeboten<br />
werden auch rare Spezialitäten<br />
wie Bio-Hanfhonig oder Weinbergschnecken,<br />
Fruchtsenf und<br />
Honigbier. Alles Produkte, die ab<br />
Christine Hofer im Hofladen<br />
Fotos: Tesch (5)<br />
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Die nächste Ausgabe erscheint am<br />
4. September <strong>2019</strong><br />
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gesellschaftliche Ereignisse aus den Regionen Bucklige Welt, dem Wechselland und<br />
Teilen des <strong>Mitte</strong>lburgenlandes. Der „Bote aus der Buckligen Welt“ finanziert sich ausschließlich<br />
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Anmerkung: Im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes weisen<br />
wir an dieser Stelle darauf hin, dass geschlechtsspezifische<br />
Ausdrücke (z. B. Schüler/Schülerinnen) für Frauen und Männer<br />
gleichermaßen zu verstehen sind. Für eine bessere Verständlichkeit<br />
und Leserlichkeit verzichten wir daher auf die Endungen<br />
-In und -Innen in unseren Beiträgen.<br />
z e r t i f i z i e r t 2 0 1 8 / 1 9<br />
14 <strong>Burgenland</strong> <strong>Mitte</strong> | <strong>Juni</strong> <strong>2019</strong>
Bio-Ferkel<br />
Offensichtlich sauwohl fühlen sich die kleinen Ferkel<br />
im Bio-Betrieb Johann Schlögl in Draßmarkt. Sie liegen<br />
auf Einstreu, haben dreimal so viel Platz wie herkömmliche<br />
Ferkel, dürfen jederzeit zum Säugen und<br />
können immer an die frische Luft. 125 Zuchtsauen<br />
stehen in den Ställen. „Bio bedeutet, dass ich in meinen<br />
Stallungen nur ein Drittel bis halb so viele Ferkel<br />
züchten kann wie bei konventioneller Haltung. Und die<br />
Futterkosten sind wegen der Qualität und der längeren<br />
Fütterungsdauer doppelt so hoch. Ich muss aber auch<br />
sagen, ich werde dafür durch einen stabilen und höheren<br />
Preis entschädigt.“ Warum bio? „Das Geld war<br />
es nicht. Ich wollte als Landwirt ohne Gift arbeiten!“<br />
Bienenwachstücher<br />
Der Biohof Katona in Lockenhaus lässt Bienen aus 13<br />
Stöcken für sich arbeiten. Und mit dem produzierten<br />
Wachs, Propolis, Honig und den Blütenpollen wurden<br />
von Brigitte Katona innovative Anwendungen geschaffen,<br />
wie eine umweltfreundliche Verpackung und eine<br />
Bienenluft-Inhalations-Anwendung. „Ich arbeite nach<br />
strengen Demeter-Richtlinien“, sagt die Bio-Bäuerin.<br />
„Der Brutraum muss im Sinne der Bienen geräumiger<br />
sein, und ich darf nicht den ganzen Honig entnehmen.“<br />
Das Bienenwachstuch ist ein wiederverwendbares<br />
Frischhaltetuch. „Es ist eine umweltfreundliche<br />
Alternative zu Frischhaltefolie und Plastikverpackung.<br />
Man hält Lebensmittel auf natürliche Weise frisch."<br />
Eselwandern<br />
Ein Bio-Bauer mit Matura ist er, der Andreas Schlögl<br />
vom Archehof im Rabnitztal. Vor 24 Jahren ist er umgestiegen.<br />
80 Hektar Ackerbau und 20 Hektar Grünland<br />
bewirtschaftet er. Doch sein Herz gehört seinen<br />
Tieren, vor allem den gefährdeten Haustierrassen: „Ich<br />
züchte die genügsamen und wenig krankheitsanfälligen<br />
Waldschafe und die fast ausgestorbenen robusten<br />
Turopolje-Mastschweine, die man auch im Winter auf<br />
der Weide halten kann.“ Stolz des Biohofes ist ein im<br />
Hause gezüchteter Noriker. Beliebt bei den Schülern<br />
wie den Pensionisten sind seine Esel, mit denen er<br />
fachkundige Führungen in der Umgebung und außergewöhnliche<br />
Kindergeburtstagsfeiern anbietet.<br />
Hof, auf Märkten des Bezirkes<br />
und darüber hinaus – auch auf<br />
Märkten in Wien – angeboten<br />
werden.<br />
Milchbäuerin mit Hofladen<br />
Christine Hofer hätte es einfacher<br />
haben können nach der Matura<br />
für Agrar- und Ernährungswirtschaft.<br />
An den Freitagen und<br />
Samstagen steht die Bio-Bäuerin<br />
oft um drei Uhr in der Früh auf,<br />
setzt den Sauerteig an, und um<br />
halb sechs ist das erste Brot<br />
fertig. Frisches Biobrot für die<br />
Kunden im eigenen Hofladen in<br />
Ritzing. Begonnen hat die engagierte<br />
Bäuerin die Verwertung<br />
und Veredelung ihrer Biomilch<br />
mit Frischkäse in Öl. Heute gibt<br />
es auch Butter, Topfen, Joghurt,<br />
Räucherkäse, Frischkäse, Topfenaufstriche,<br />
Rohrahm und<br />
Sauermilch. „Frische und Qualität<br />
sind das Um und Auf. Anders<br />
geht’s nicht. Und du musst jede<br />
Woche dieselbe Qualität produzieren“,<br />
nennt Christine Hofer ihr<br />
Erfolgsrezept. Ihr Einzugsgebiet<br />
geht bis in den Raum Wiener<br />
Neustadt, wo sie sogar ein Geschäft<br />
als „Großkunden“ hat.<br />
Die Familie Hofer verarbeitet<br />
im Jahr 20.000 Liter Milch für<br />
Produkte, die im Hofladen verkauft<br />
werden. Ebenfalls 20.000<br />
Liter gehen als Biomilch an die<br />
NÖM, die niederösterreichische<br />
Molkerei. „Pro Liter bekommen<br />
wir um 10 bis 13 Cent mehr als<br />
für konventionelle Milch bezahlt<br />
wird“, erwähnt die Bio-Bäuerin,<br />
die 8 Kühe und 11 Jungrinder<br />
am Hof hat.<br />
Bio-Bewusstsein gefragt<br />
Die Bäuerin, die von ihrem<br />
Mann, ihrer Tochter und ihrem<br />
Sohn unterstützt wird, ist trotz<br />
der vielen Arbeit zufrieden: „Man<br />
muss Tag für Tag dahinterstehen.<br />
Und von den Kunden bekomme<br />
ich die Bestätigung, dass ich auf<br />
dem richtigen Weg bin.“ Sie hat<br />
aus dem eigenen Biogarten auch<br />
Marmeladen und Eingelegtes<br />
sowie Mehle, Haferflocken und<br />
Dinkelflocken sowie Produkte<br />
von drei Bio-Partnern. Ihr Credo:<br />
Kein Weizen bei einem Gebäck!<br />
Ihr Plan: „Noch stärker auf<br />
Selbstvermarktung setzen, aber<br />
langsam und gesund wachsen.“<br />
Und vor all dem will sie den Kindern<br />
eine gesunde Umwelt weitergeben.<br />
Die Ritzinger Bio-Bäuerin engagiert<br />
sich auch als sogenannte<br />
„Seminarbäuerin“. Vier bis 16<br />
Stunden pro Woche erzählt sie<br />
in Volksschulen und <strong>Mitte</strong>lschulen<br />
über die vielen Facetten der<br />
Bio-Produktion – oder macht<br />
informative Führungen auf ihrem<br />
Bio-Betrieb. Christine Hofer vermittle<br />
Bio-Bewusstsein. Leute<br />
wie sie tragen die Bio-Region,<br />
heißt es. Und von diesen gäbe<br />
es viel zu wenige.<br />
Was noch fehlt<br />
„Beim Kern der biologischen<br />
Landwirtschaft, bei der Bewirtschaftung<br />
von immer mehr Flächen<br />
sind wir im <strong>Mitte</strong>lburgen-<br />
Orthopädieschuhtechnik<br />
Schuhhaus<br />
HAUSER<br />
land auf einem sehr guten Weg“,<br />
zieht Bio-Austria-Geschäftsführer<br />
Ernst Trettler eine Zwischenbilanz.<br />
„Im Bezirk fehlen aber Verarbeitungsbetriebe,<br />
bäuerliche<br />
ebenso wie gewerbliche. Außerdem<br />
muss die Direktvermarktung<br />
verstärkt werden. Nur dann werden<br />
wir in der breiten Öffentlichkeit<br />
auch als Bio-Region wahrgenommen“,<br />
argumentiert Trettler.<br />
Und das Manko sei nicht zu übersehen,<br />
dass es keine Kooperationen<br />
und keine Vernetzung mit<br />
anderen regionalen Akteuren gibt:<br />
„Leider fehlt hier das gastronomische<br />
Bio-Angebot praktisch zur<br />
Gänze – und ebenso das touristische<br />
Bio-Angebot!“<br />
Resümee: Wir marschieren in<br />
die richtige Richtung, sind aber<br />
noch lange nicht am Ziel. Nötig<br />
sind einige zusätzliche Anstrengungen.<br />
Zum Gipfel der Bio-Region<br />
<strong>Mitte</strong>lburgenland ist noch<br />
ein steiles Stück des Weges zu<br />
gehen!<br />
Hans Tesch<br />
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<strong>Burgenland</strong> <strong>Mitte</strong> | <strong>Juni</strong> <strong>2019</strong><br />
15
Interview DI Nikolaus Berlakovich<br />
Präsident der Landwirtschaftskammer <strong>Burgenland</strong><br />
Wie – konkret – unterstützt die LK<br />
die Bestrebungen der Regierung, die<br />
Bio-Wende zu schaffen?<br />
Bereits seit den 80er-Jahren beraten<br />
wir als Landwirtschaftskammer Bauern<br />
in Richtung bio. Unsere Mitarbeiter sind<br />
Pioniere auf dem Gebiet dieser Beratung.<br />
Laufende Kurse und Weiterbildungsmaßnahmen<br />
stehen bei uns genauso am<br />
Programm wie Versuche, Exkursionen<br />
und Einzelberatungen.<br />
schadet das den Biobauern. Andererseits<br />
müssten wir konventionelle Produkte aus<br />
dem Ausland importieren. Regionale<br />
Lebensmittel sind wichtig, auch wegen<br />
der kurzen Transportwege. Daher ist die<br />
regionale Versorgung mit Lebensmitteln<br />
ein vorrangiges Ziel. Dies hat auch die<br />
Umfrage der Landesregierung ergeben.<br />
Demnach wünschen sich 95 % der Befragten<br />
mehr regionale Lebensmittel im<br />
Handel.<br />
Herr Präsident, wo sehen Sie das<br />
<strong>Burgenland</strong> derzeit auf dem Weg zum<br />
Bioland?<br />
Das <strong>Burgenland</strong> ist bereits jetzt Biospitzenreiter<br />
in Österreich. Schon seit<br />
Jahrzehnten berät und unterstützt die<br />
Landwirtschaftskammer <strong>Burgenland</strong><br />
unsere Biobetriebe. Bereits mehr als<br />
ein Drittel der Ackerfläche wird im <strong>Burgenland</strong><br />
biologisch bewirtschaftet. Die<br />
Bioflächen steigen kontinuierlich.<br />
Kann sich die LK mit dem politischen<br />
Ziel „100 % bio“ identifizieren?<br />
Hat man sich schon angefreundet?<br />
Die LK ist bereit, den Bioweg, wie im<br />
Landesvertrag vereinbart, gemeinsam<br />
zu gehen. Zwangsmaßnahmen lehnen<br />
wir jedoch ab. 100 % kann auch nicht<br />
von heute auf morgen geschehen und<br />
muss mit den Märkten wachsen. Uns ist<br />
wichtig, dass niemand zurückgelassen<br />
wird. Alle Kammermitglieder haben das<br />
Recht auf Beratung. Die Entscheidung<br />
zur biologischen Produktion liegt allein<br />
beim Bauern und kann nicht erzwungen<br />
werden. Nur mehr Bioställe zu genehmigen<br />
ist schwerwiegend, da das <strong>Burgenland</strong><br />
im Fleischbereich nicht einmal eine<br />
50-prozentige Selbstversorgung hat. Außerdem<br />
würde es zu einer massiven Ungleichbehandlung<br />
unserer Bauern führen.<br />
Darüber hinaus hat die Landwirtschaftskammer<br />
konkrete Ideen entwickelt,<br />
die sich im Bioaktionsprogramm<br />
der Landwirtschaftskammer wiederfinden.<br />
So soll unter anderem durch Biomodellgemeinden<br />
und Biomodellschulen<br />
eine Informationsoffensive gestartet<br />
werden. Bio muss in den Köpfen der<br />
Konsumenten stattfinden. Das Bioland<br />
<strong>Burgenland</strong> allein auf die Landwirtschaft<br />
zu reduzieren ist zu kurz gegriffen.<br />
„100 % bio“ ist ein hehres Ansinnen.<br />
Ist das zu schaffen? Welcher<br />
Prozentsatz wäre für Sie realistischer?<br />
Bereits jetzt produzieren wir im <strong>Burgenland</strong>,<br />
aber auch in Österreich mehr<br />
Bioprodukte als im Inland nachgefragt<br />
werden. Wenn die Bioprodukte auf den<br />
Märkten nicht verkauft werden können,<br />
Nach wie vielen Jahren könnte eine<br />
Bio-Wende geschafft sein? Mit welcher<br />
Bio-Quote rechnen Sie in 5 Jahren? Mit<br />
einer Verdoppelung von heute?<br />
Dies hängt bei den Lebensmitteln wie<br />
bereits erwähnt ganz vom Markt und von<br />
der Nachfrage der Konsumenten ab. Die<br />
Konsumenten beeinflussen mit ihrem<br />
Lebensmitteleinkauf, in welche Richtung<br />
sich die Landwirtschaft entwickelt.<br />
Je mehr Biolebensmittel gekauft werden,<br />
desto schneller wird sich bio entwickeln.<br />
Die Bio-Wende muss man aber weit über<br />
den landwirtschaftlichen Bereich sehen.<br />
Es geht um eine Bewusstseins- und Verhaltensänderung<br />
in allen Lebensbereichen.<br />
Beispielsweise sind Putzmittel und<br />
Kosmetik dabei genauso zu hinterfragen<br />
wie Mobilität, Energie und Bodenversiegelung.<br />
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16 <strong>Burgenland</strong> <strong>Mitte</strong> | <strong>Juni</strong> <strong>2019</strong>
Wo sehen Sie Hürden für die<br />
Bio-Wende, bzw. wo und wodurch erwarten<br />
Sie große Fortschritte in diese<br />
Richtung?<br />
Der Klimawandel stellt alle Bauern<br />
vor neue Herausforderungen. Hier ist<br />
die Wissenschaft gefordert, durch neue<br />
Sorten und neue Wirkstoffe eine Versorgungssicherheit<br />
zu ermöglichen. Eine<br />
weitere Herausforderung ist der Markt.<br />
Auch der Markt muss den Biobauern<br />
kostendeckende Preise gewähren.<br />
Halten Sie weitere Landesförderungen<br />
oder anderweitige Unterstützungen<br />
als Hilfe oder Anreiz für den Umstieg<br />
für nötig? Welche wären nützlich?<br />
Biologische Bewirtschaftung soll aus<br />
eigenem Antrieb entstehen und nicht<br />
nur aufgrund von Fördergeldern gemacht<br />
werden. Eine Umstiegsförderung<br />
ist prinzipiell zu begrüßen. Diese muss<br />
aber durch Richtlinien einen möglichst<br />
effektiven Einsatz der Fördergelder ermöglichen.<br />
Die größte Hilfe wäre aber, die Nachfrage<br />
für Bioprodukte zu erhöhen (z. B.<br />
Landesküchen) und damit den Absatz<br />
und die Preise zu sichern.<br />
Die Interview-Fragen wurden von<br />
Hans Tesch schriftlich übermittelt.<br />
Die Antworten werden ungekürzt<br />
wieder gegeben.<br />
Interview<br />
Mag. Hans Peter Doskozil<br />
Landeshauptmann des <strong>Burgenland</strong>es<br />
Herr Landeshauptmann, „100 %<br />
bio“ ist ein hehres Ansinnen. Mit welchem<br />
Prozentsatz wäre für Sie diese<br />
Vision praktisch erfüllt?<br />
Wenn man etwas erreichen will, muss<br />
man sich sehr hohe Ziele stecken. Wir<br />
haben im <strong>Burgenland</strong> mit 31 Prozent aktuell<br />
den zweithöchsten Bio-Anteil nach<br />
Salzburg und gehen davon aus, dass die<br />
50 Prozent bei entsprechenden Anreizen<br />
bis zum Ende der kommenden GAP-Periode<br />
2027 (Anm.: Gemeinsame Agrarpolitik;<br />
Politikbereich der EU) durchaus<br />
realistisch sind. Auf lange Sicht gesehen<br />
kann nur 100 % bio der Anspruch sein,<br />
denn gesunde Böden und gesunde Nahrungsmittel<br />
sind nicht nur ein Gebot der<br />
Stunde, sondern viel mehr ein Auftrag<br />
für die Politik, dies für die nachfolgenden<br />
Generationen sicherzustellen.<br />
Nach wie vielen Jahren wollen Sie<br />
die Bio-Wende geschafft haben? Mit<br />
welcher Bio-Quote sind Sie in 5 Jahren<br />
zufrieden?<br />
Die Biowende als solche im <strong>Burgenland</strong><br />
ist an kein Enddatum geknüpft.<br />
Vielmehr soll dies ein immer währender<br />
Prozess im Sinne der Nachhaltigkeit<br />
sein, dass die Bio-Quote sich auch nach<br />
fünf Jahren weiterhin steigert. Ein Anteil<br />
von 40 % in fünf Jahren und von 50 %<br />
bis zum Ende der kommenden Agrarförderperiode<br />
ist unser erklärtes Ziel.<br />
Wo sehen Sie Hürden für die Bio-<br />
Wende bzw. wo erwarten Sie Hilfestellungen?<br />
Es wird sicher notwendig sein, sich<br />
am Markt zu orientieren. Ich sehe eine<br />
solche Sättigung aber momentan nicht.<br />
Im Lebensmittelhandel sind wir generell<br />
erst bei zehn Prozent Bio-Ware. Es ist<br />
also noch Luft nach oben. Um mit gutem<br />
Beispiel voranzugehen, werden wir<br />
das Landhausbuffet, die Landhausküche<br />
und alle landesnahen Unternehmen<br />
Schritt für Schritt auf bio umstellen. Bis<br />
2024 soll auch das Essen in Schulen und<br />
Kindergärten zu hundert Prozent umgestellt<br />
werden. Diese und viele weitere<br />
Maßnahmen, die wir setzen, gehen in<br />
den Bereich der Bewusstseinsbildung.<br />
Wir haben aus meiner Sicht das Ziel bei<br />
Weitem nicht erreicht, wenn der- oder<br />
dieselbe KonsumentIn im Supermarkt<br />
zum 1-Euro-Chlorhuhn greift, aber fünf<br />
Minuten später seinem Auto einen Liter<br />
Motoröl um 60 Euro gönnt. Da ist noch<br />
viel Luft nach oben, und diesen Bereich<br />
werden wir ganz konzentriert bespielen.<br />
Planen Sie weitere Landesförderungen<br />
als Hilfe oder Anreiz für den<br />
Umstieg?<br />
In den Gesprächen, die ich führe, erkenne<br />
ich durchaus die ungebrochene<br />
Bereitschaft, auf bio umzusteigen. Daher<br />
wollen wir die Übergangszeit, in der<br />
keine EU-Förderungen zur Verfügung<br />
stehen, überbrücken und haben eine<br />
Bio-Umstiegsförderung von 15.000 Euro<br />
pro Betrieb präsentiert. Diese wird<br />
ab Juli zur Verfügung stehen. Für einen<br />
größeren Betrieb wird das vielleicht nicht<br />
der große Anreiz sein. Wir glauben aber,<br />
dass wir kleinere und mittlere Betriebe<br />
damit erreichen können.<br />
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Allerhand aus de<br />
Zug auf „blaufränkischland PUR“ getauft<br />
Das <strong>Mitte</strong>lburgenland ist aus der Weltstadt Wien komfortabel mit<br />
der Bahn zu erreichen. Die Weinorte Deutschkreutz, Horitschon,<br />
Lutzmannsburg, Neckenmarkt und Raiding nutzen das und setzen<br />
die Bahn als Werbeträger ein. Christian Gradwohl, der Obmann des<br />
Vereins Blaufränkischland PUR, lädt – nach erfolgreichen Verhandlungen<br />
mit der ÖBB – zur „Zugtaufe“ mit Dechant Franz Brei. Sogar<br />
Landeshauptmann Hans Peter Doskozil kommt vorbei und bezeichnet<br />
den Zug als „Regionsbotschafter auf Schienen“. Deutschkreutz ist<br />
täglich zumindest im 2-Stunden-Takt mit Wien verbunden. Fahrzeit<br />
eineinhalb Stunden. Ein zugkräftiges Argument beim Werben um neue<br />
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Das Phantom der Berge<br />
Markus Kirnbauer aus Deutschkreutz ist immer für Experimente gut.<br />
Im Pinzgau auf 800 Meter Seehöhe, auf einem Niveau, das fast schon<br />
dem höchsten Berg des <strong>Burgenland</strong>es entspricht, hat er für zwei befreundete<br />
Salzburger Unternehmer einen kleinen Weingarten angelegt.<br />
Auf einem Sonnenhang südsüdwestlich. „Wir haben widerstandsfähige<br />
Weißweinsorten gesucht, die auch in dieser Höhenlage auf felsigem<br />
Boden gedeihen und wenig Pflanzenschutz brauchen“, beschreibt<br />
„Phantom“-Winzer Kirnbauer sein Engagement. Geschafft hat er es<br />
gemeinsam mit Hary Iby von der Rebschule in Neckenmarkt; gesetzt<br />
wurden 220 Reben der „pilzwiderstandsfähigen“ Sorten Souvignier<br />
gris, Blütenmuskateller, Cabernet Blanc und Sauvignac. Gepflanzt<br />
wurde in der seinerzeit üblichen Stockkultur, bei der jede einzelne<br />
Rebe mit einem Stecken gestützt wird. „Diese ist für diese Lage am<br />
besten geeignet. Außerdem ist dadurch die Belastung für die einzelne<br />
Rebe nicht so hoch“, argumentiert Markus Kirnbauer. Nun braucht<br />
es noch viel Glück, dass die Reben die Witterungsextreme auf dieser<br />
Berghöhe überdauern und auch die nötigen Zuckergrade produzieren.<br />
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Fotos: Tesch (3), Kirnbauer, Heinrich
m Blaufränkischland<br />
Hochzeitsweine für China<br />
Es muss eine beeindruckende Zeremonie sein, wenn bei einer<br />
Hochzeit in Peking aus einer 18-Liter-Goliath-Flasche der Deutschkreutzer<br />
Spitzenwein Cupido – „Gott der Begierde“ – ausgeschenkt<br />
wird. „Die Chinesen sind sehr großzügig. Repräsentation ist ihnen<br />
wichtig“, erzählt Weinproduzentin Silvia Heinrich, die in Deutschkreutz<br />
rund 43 Hektar bewirtschaftet. Seit 8 Jahren exportiert sie ihre Prestigeweine<br />
und den klassischen Blaufränkisch auch nach Fernost. Begonnen<br />
hat alles in Wien – mit dem Kommentar des chinesischen<br />
Staatspräsidenten Hu Jintao. „Unser Goldberg Reserve schmeckt<br />
ihm besser als der Bordeaux“, zitiert ihn Silvia Heinrich. Und was dem<br />
Staatsoberhaupt schmeckt, das wollen auch seine Landsleute trinken.<br />
Zwei „Goldberg-Shops“ betreibt das Weingut Heinrich derzeit in China<br />
gemeinsam mit ortsansässigen Partnern. „Ich bin sehr zufrieden mit<br />
dem Geschäft. Was ausgemacht wird, hält. Man muss aber wissen,<br />
dass österreichischer Wein nur Insidern bekannt ist. Und diese kennen<br />
sich aus und suchen unsere Weine.“ Der Preis ist für die wohlhabenden<br />
Chinesen ein Qualitätsmerkmal und kein Hindernis. Für eine<br />
0,75-Liter-Flasche Cupido oder Elegy zahlt man in Österreich 70 Euro.<br />
Die Chinesen zahlen zu Hause – wegen hoher Transportkosten in<br />
Kühlcontainern und hoher Zölle – das Doppelte. In die Großflasche<br />
passt der Inhalt von immerhin 24 Bouteillen hinein.<br />
Lydia Kainz<br />
Die energetische<br />
und körperliche<br />
Halswirbelsäule<br />
Der Kopf ist das Haupt, aber<br />
der Hals dreht ihn so, wie er<br />
ihn braucht.<br />
Arachon ade<br />
Überraschende Neuaufstellung der Horitschoner Genossenschaft<br />
„Vereinte Winzer Blaufränkischland“. Der größte Rotweinproduzent<br />
des <strong>Burgenland</strong>es nennt sich jetzt „Eichenwald Weine“ und tritt mit<br />
einem neuem Marketingkonzept und neuer Wein-Linie auf. „Wir wollen<br />
weg vom Gebindewein-Verkauf. Unser Ziel ist es, den gesamten<br />
Wein in Flaschen zu verkaufen“, erklärt Genossenschafts-Obmann<br />
Mag. Ernst Mayrhofer die Strategie. „Mit einem Flaschen-Anteil von<br />
20 Prozent ist es nicht möglich, ein hohes Traubengeld für die 100<br />
Mitglieder abzusichern.“ Zur Neuaufstellung geführt habe der niedrige<br />
Preis für den Gebindewein, nicht der Wegfall der Parade-Marke<br />
„Arachon“, stellt Obmann Mayrhofer klar. Die Arachon-„Regisseure“<br />
Manfred Tement aus der Steiermark, F.X. Pichler aus der Wachau und<br />
Oscar Szemes aus Pinkafeld wollen sich mit dem jetzigen Ende des<br />
Kooperations-Vertrages mit der Genossenschaft von dieser verabschieden,<br />
erklärt Szemes: „Der Jahrgang 2017 wird bereits in Pinkafeld<br />
gefüllt. Und künftig wird es eine eigene Arachon-Kellerei geben.“<br />
Gesellmann legt Terrassen-Weingarten an<br />
„Der Wein entsteht im Kopf – und dann kommt erst<br />
der Weingarten und dann erst der Keller!“ Dieser Überzeugung<br />
ist Albert Gesellmann. Der frühere Deutschkreutzer<br />
Weinbau-Obmann, der zu den Spitzenwinzern<br />
Österreichs zählt, verwirklicht in der Ried Hochberg ein<br />
einzigartiges Projekt. Der Bio-Winzer hat auf fünf Hektar<br />
Fläche seine Philosophie verwirklicht: „Die perfekte Auspflanzung<br />
führt von Nord nach Süd, nicht automatisch<br />
vom Berg ins Tal. Und das geht auf dieser Fläche aber<br />
nur mit einem Terrassenweingarten.“ 20 Terrassen hat er<br />
– fachmännisch unterstützt – angelegt. Von den 20.000<br />
Reben sind 90 Prozent Blaufränkisch und tiefer gelegen<br />
10 Prozent Chardonnay. Erste Ernte 2022, erster Wein im<br />
Verkauf 2025. „Das ist für die Kinder gemacht. Als perfektes<br />
Alter eines Weingartens gelten nämlich 20 Jahre“,<br />
sagt Albert Gesellmann.<br />
Wichtig ist der Ausgleich von<br />
Energiemangel und Energieüberschuss,<br />
da sich diese auf<br />
die Meridiane und dazugehörigen<br />
Halswirbel, Muskel und<br />
Sehnen auswirken. In den<br />
Halswirbeln C1–C3 sieht man<br />
eventuell körperliche Belastungen<br />
im Kopfbereich bis zu<br />
den Zähnen (Schwindel, Ohren-<br />
u. Augenbeschwerden,<br />
Müdigkeit, Anspannung).<br />
In der energetischen Ebene<br />
belasten Themen wie Angst,<br />
Verwirrung, Gedankenkarussell,<br />
Unentschlossenheit, Groll<br />
und Vorwurf.<br />
Blockierte Halswirbel C4–C7<br />
beeinflussen die körperlichen<br />
Muster von Stimmbändern,<br />
Schilddrüse, Herz, Schultern,<br />
Ellbogen.<br />
Energetisch entstehen Verbitterung,<br />
angestaute Gefühle,<br />
mangelnde Flexibilität, ungeweinte<br />
Tränen. Das Verdrängen<br />
dieser Lasten treibt viele<br />
an die Grenzen.<br />
Als Therapeutin ist es mir<br />
möglich, diese Verbindungen<br />
zwischen Hals und Kopf zu<br />
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<strong>Burgenland</strong> <strong>Mitte</strong> | <strong>Juni</strong> <strong>2019</strong><br />
19
25 Jahre Expertin für schöne Haut<br />
Für Katharina Deischler aus<br />
Markt St. Martin gehört die<br />
Schönheit zum Geschäftsmodell.<br />
Seit 25 Jahren ist sie als<br />
Kosmetikerin und Fußpflegerin<br />
im Einsatz und bringt mit ihrem<br />
reichen Erfahrungsschatz auch<br />
Ihre Haut zum Strahlen.<br />
Die Haut ist nicht nur unser<br />
größtes Sinnesorgan,<br />
sondern es ist auch jenes, das<br />
Umwelteinflüssen am stärksten<br />
ausgesetzt ist. Gerade jetzt, in<br />
der warmen Jahreszeit, wenn<br />
wir wieder mehr „Haut zeigen“,<br />
empfiehlt es sich daher, dieser<br />
besondere Beachtung zu schenken.<br />
Dabei ist es ratsam, sich auf<br />
die Expertin in Sachen Schönheit<br />
zu verlassen.<br />
Katharina Deischler kann auf<br />
25 Jahre Berufserfahrung zurückblicken.<br />
Hinzu kommen Aus- und<br />
Fortbildungen, um für ihre Kundinnen<br />
und Kunden immer am<br />
aktuellsten Stand der Forschung<br />
zu sein. Vor sieben Jahren verwirklichte<br />
sie sich ihren Traum<br />
vom eigenen Salon und machte<br />
sich mit ihrem Geschäft in Markt<br />
St. Martin unter dem Motto „Katharina<br />
macht schön!“ selbstständig.<br />
Ihr zur Seite stehen ihr<br />
Mann und ihr zweijähriger Sohn<br />
Thorsten, der die Jung-Mama<br />
ordentlich auf Trab hält und den<br />
Eltern viel Freude macht. So hat<br />
die Beauty-Expertin aber für sich<br />
selbst die Erfahrung gemacht,<br />
wie man trotz hektischen Zeiten<br />
mit Familie und eigenem Unternehmen<br />
dennoch die Zeit findet,<br />
auf sich zu achten. Und dieses<br />
Wissen gibt sie an ihre Kundinnen<br />
und Kunden weiter.<br />
Katharina Deischler mit ihrem Mann Gernot und Sohn Thorsten<br />
Beauty-Auszeit<br />
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Kundenwunsch, aber auch für<br />
jedes Zeitfenster hat sie das<br />
passenende Angebot parat.<br />
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die Expertin auch jahrelange Erfahrung<br />
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besonders empfindlicher Haut.<br />
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abgestimmten Produkten<br />
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Teint, der geschützt ist vor<br />
Angriffen durch Sonne, Wind und<br />
Wetter. Diese persönliche Beratung<br />
und das Eingehen auf die<br />
Bedürfnisse der Kunden macht<br />
auch das Besondere bei „Katharina<br />
macht schön!“ aus.<br />
Das merken auch immer mehr<br />
Kunden aus der Region, die der<br />
Expertin vertrauen. Probieren Sie<br />
es selbst aus und lassen Sie sich<br />
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20 <strong>Burgenland</strong> <strong>Mitte</strong> | <strong>Juni</strong> <strong>2019</strong><br />
Öffnungszeiten Mo, Mi, Do 9–12 und 13–15 Uhr, Di Ruhetag, Fr 8–12 und 13–17 Uhr, 1. Samstag im Monat nach Vereinbarung
Fachhochschule<br />
bei Frauen beliebt<br />
Fotos: Schumitsch, Nusshall, FH<br />
38 Studentinnen stellt das <strong>Mitte</strong>lburgenland – und den Chef, Georg Pehm aus Kobersdorf.<br />
Interessante Betrachtungen zum Jubiläum der Fachhochschule <strong>Burgenland</strong>.<br />
Historische Momente sind selten.<br />
Die Verleihung der ersten<br />
Doktorate an einer burgenländischen<br />
Institution im Mai war ein<br />
solcher für den engagierten Geschäftsführer<br />
der Fachhochschule<br />
Georg Pehm: „Die erste Promotion<br />
stellt einen Meilenstein in<br />
der fast 100-jährigen Geschichte<br />
unseres Bundeslandes und in der<br />
25-jährigen Geschichte der Fachhochschule<br />
<strong>Burgenland</strong> dar.“<br />
Pehm ist stolz auf die Zusammenarbeit<br />
mit Universitäten aus<br />
sieben Ländern: „Das grenzüberschreitende<br />
Doktorratsprogramm<br />
positioniert uns als europäische<br />
Hochschule mit einem starken<br />
internationalen Netzwerk.“<br />
<strong>Mitte</strong>lburgenländerinnen<br />
fallen auf<br />
Insgesamt sind es knapp 4.200<br />
Studierende, die gerade an den<br />
Standorten Eisenstadt und Pinkafeld<br />
auf einen Studienabschluss<br />
hinarbeiten. Aus dem <strong>Mitte</strong>lburgenland<br />
sind es 56. Allerdings:<br />
Von drei Studierenden, die aus<br />
dem Bezirk kommen, sind zwei<br />
Frauen – vergleichsweise viele.<br />
Konkret studieren 38 Frauen und<br />
18 Männer. Der Frauenanteil liegt<br />
somit bei 68 Prozent, an der gesamten<br />
Fachhochschule macht<br />
er nur 54 Prozent aus.<br />
Was noch auffällt: Deutlich geringer<br />
ist der Anteil derer im <strong>Mitte</strong>lburgenland,<br />
die überhaupt an<br />
der Fachhochschule <strong>Burgenland</strong><br />
studieren. Und deutlich geringer<br />
ist auch der Anteil derer, die berufsbegleitend<br />
studieren.<br />
Bei den <strong>Mitte</strong>lburgenländern<br />
sind die Studiengänge „Internationale<br />
Wirtschaftsbeziehungen“<br />
und „Internationales Weinmarketing“<br />
am beliebtesten. Die<br />
zwei größten Orte des Bezirks<br />
stellen gleich ein Drittel der Studierenden:<br />
Aus Oberpullendorf<br />
kommen 10 und aus Deutschkreutz<br />
8.<br />
Der Chef ist Kobersdorfer<br />
Geschäftsführer der Fachhochschule<br />
<strong>Burgenland</strong> ist Mag. Georg<br />
Pehm. Der heute 55-Jährige<br />
ist in Kobersdorf aufgewachsen.<br />
„Ich lebe nun schon seit 38 Jahren<br />
nicht mehr in Kobersdorf.<br />
Fragt mich aber jemand, woher<br />
ich komme, sage ich immer noch:<br />
aus Kobersdorf“, outet sich Pehm<br />
als <strong>Mitte</strong>lburgenländer.<br />
Georg Pehm gilt als ein „politischer<br />
Kopf“, er ist vielseitig,<br />
engagiert und zielstrebig. Sein<br />
Lebenslauf enthält viele unterschiedliche<br />
Stationen.<br />
Chefredakteur, Politiker<br />
Berufsbegleitend stud ierte<br />
Pehm Volkswirtschaftslehre sowie<br />
Politikwissenschaft und Sozialrecht<br />
an der Uni Wien. Er war<br />
Chefredakteur der „BF“, Pressesprecher<br />
des Sozialministers in<br />
Wien und leitete die Büros von<br />
SPÖ-Regierungsmitgliedern in<br />
Eisenstadt. Als 40-Jähriger wurde<br />
Pehm Landesgeschäftsführer<br />
der SPÖ und Politiker. Ein Jahr<br />
war er Bundesrat, dann fünf<br />
Jahre Abgeordneter zum burgenländischen<br />
Landtag. Mit dem<br />
Fachhochschul-Sektor kam Georg<br />
Pehm erstmals vor 20 Jahren<br />
in Kontakt. Seit sieben Jahren ist<br />
Pehm Geschäftsführer der Fachhochschule<br />
<strong>Burgenland</strong> GmbH.<br />
Erfolgsbilanz<br />
Die Fakten 25 Jahre nach<br />
der Gründung: Heute studieren<br />
knapp 4.200 Menschen in mehr<br />
als 50 Studien- und Lehrgängen<br />
in Eisenstadt und Pinkafeld.<br />
Aktuell laufen mehr als 130 Forschungs-<br />
und Entwicklungsprojekte.<br />
Allein in Lehre und Forschung<br />
sind fast 700 Personen<br />
beschäftigt. Absolventen gibt es<br />
insgesamt mehr als 7.800.<br />
Ausbaupläne<br />
Der Geschäftsführer sieht die<br />
Bildungsstätten für die Zukunft<br />
gewappnet. Es werde ausgebaut,<br />
wenn der Bund finanziert:<br />
„Die Digitalisierung ist eine Entwicklung,<br />
auf die wir reagieren.<br />
Wir verankern dieses Thema in<br />
den bestehenden Studiengängen<br />
und Ausbildungen.“ Zum<br />
Thema Gesundheit seien in den<br />
nächsten Jahren mehr Studien-<br />
plätze geplant. „Und weil die Globalisierung<br />
mehr Führungskräfte<br />
für internationale Geschäftsbeziehungen<br />
verlange, werden wir<br />
mit einem neuen Studienangebot<br />
darauf reagieren.“ Eine bestimmte<br />
Größe sei jedoch nicht das Ziel,<br />
es gäbe keine Vorgabe, zu wachsen,<br />
stellt Pehm klar: „Unsere Kriterien<br />
sind eine gute Ausbildung<br />
und ein Bedarf der Wirtschaft.<br />
Und das, was wir tun, wollen wir<br />
noch besser machen!“<br />
Warum Fachhochschule?<br />
„Die Fachhochschule ist der<br />
Universität gleichwertig, aber<br />
andersartig“, argumentiert Georg<br />
Pehm. „An der FH gäbe es<br />
einen ganz eigenen Bezug zum<br />
praktischen, angewandten Wissen<br />
– neben einer guten Basis im<br />
wissenschaftlichen Bereich.<br />
„Weitere Hauptargumente für<br />
die Fachhochschule seien die<br />
klaren Strukturen und die überschaubare<br />
Studienzeit von sechs<br />
Semestern für den Bachelor und<br />
weiteren 4 Semestern für den<br />
Master. Dazu kommt die persönliche<br />
Beziehung der Studenten<br />
zu den Professoren. Und man<br />
kann berufsbegleitend studieren“,<br />
nennt Pehm seine Gründe. Für<br />
Eisenstadt und Pinkafeld spreche<br />
weiters, dass keine Studiengebühren<br />
eingehoben werden und<br />
die Nähe zum Wohnort: „Wir machen<br />
es möglich, dass die Leute<br />
im <strong>Burgenland</strong> studieren können.<br />
Sie können täglich nach Hause<br />
fahren oder an Freitagen und<br />
Samstagen ganztägig studieren.“<br />
Studium bringt Chancen<br />
Dem Aufstieg der hochkarätigsten<br />
Bildungsinstitution im<br />
Land kommt auch der generelle<br />
Imagegewinn der Fachhochschulen<br />
in ganz Österreich zugute.<br />
Fachhochschul-Manager Georg<br />
Pehm verweist darüber hinaus<br />
auf den persönlichen Nutzen:<br />
„Die Absolventen haben die besten<br />
Chancen am Arbeitsmarkt<br />
und mit nur rund eineinhalb Prozent<br />
die niedrigste Arbeitslosenrate.“<br />
Hans Tesch<br />
Anika Nusshall, BA<br />
26 Jahre alt, aus Deutschkreutz<br />
Masterstudiengang Internationale Wirtschaftsbeziehungen,<br />
Financial Management,<br />
drei Jahre nach dem Bachelor<br />
„Ich habe das Studium gewählt, weil es<br />
berufsbegleitend mit Lehrveranstaltungen<br />
am Wochenende und mittels Online-Lehre<br />
organisiert ist. Ich konnte dadurch meinen<br />
Vollzeitjob beibehalten. Noch während des<br />
Studiums habe ich den Arbeitgeber gewechselt<br />
und arbeite nun bereits im gewünschten<br />
Tätigkeitsfeld. Ich konnte die Studieninhalte<br />
gut mit meiner Arbeit verknüpfen.“<br />
Ing. Teresa Schumitsch, BA<br />
25 Jahre alt, aus Raiding<br />
Masterstudium Internationales Weinmarketing,<br />
Absolventin der Bundeslehranstalt für<br />
Wein- und Obstbau in Klosterneuburg; Jungwinzerin<br />
mit Sommelierprüfung.<br />
„Ich verwertete das erworbene Wissen bereits<br />
laufend im eigenen 12 Hektar großen<br />
Familien-Weingut. Für besonders wertvoll<br />
halte ich die Praxisnähe des Unterrichts; wir<br />
haben sogar Fachexkursionen zu Weingütern<br />
in Frankreich, Portugal und Ungarn gemacht.“<br />
Geschäftsführer Georg Pehm<br />
<strong>Burgenland</strong> <strong>Mitte</strong> mit | <strong>Juni</strong> Studierenden <strong>2019</strong><br />
21
Familie Hirsch<br />
Familie Keinrath<br />
Familie Gager<br />
Fery Keinrath mit den Wurfdosen, die er von seinem Schwiegervater Ignaz Hirsch jun. geschenkt bekommen hat<br />
Fotos (4): Pastorek<br />
Vom Ringelspiel und Autodrom<br />
Kaum ein Gewerbe hat in den letzten Jahrzehnten so einen massiven Wandel wie das der Schausteller erlebt.<br />
Auch heuer geht’s am Rummel bereits rund, und die Saison läuft schon auf Hochtouren. BURGENLAND MITTE<br />
hat sich in Deutschkreutz informiert, viel Wissenswertes erfahren – unter anderem auch, dass die Schaustellerfamilien<br />
Keinrath, Hirsch und Gager allesamt einen gemeinsamen Vorfahren haben: Ignaz Hirsch sen.<br />
Dass Schausteller heute andere Geräte<br />
als vor 50 Jahren brauchen, um Menschen<br />
zu unterhalten, liegt nicht nur an der<br />
allgemeinen Entwicklung. Sondern auch<br />
daran, dass gerade Jugendliche – also die<br />
Hauptkundschaft – durch „Kinocenter, Internet,<br />
Handy und Freizeitangebote ganzjährig<br />
mit Unterhaltung eingedeckt sind. Früher war<br />
der Kirtag ein Highlight“, erzählt Doris Keinrath,<br />
Tochter von Fery und Hertha Keinrath,<br />
und Urenkelin von Ignaz Hirsch sen.<br />
Klassiker<br />
Typisch für jeden Kirtag ist das Autodrom.<br />
Monika Hirsch hat 17-jährig in die Schaustellerfamilie<br />
Hirsch eingeheiratet. Das Autodrom<br />
ist seither ihr Arbeitsplatz. „Seit mein<br />
Mann in Pension ist, sind wir nicht mehr<br />
jede Woche auf einem Kirtag. Wir machen<br />
nur mehr, was Spaß macht, und schlafen<br />
jeden Tag zu Hause. Früher sind wir Freitag<br />
mit dem Wohnwagen losgefahren und<br />
Montag wieder heimgekommen. Sehr familienfreundlich<br />
war das nicht. Zu Schul- und<br />
Kindergartenfesten musste immer die Oma<br />
hin“, erzählt die 58-Jährige. Einzugsgebiet<br />
ist jetzt hauptsächlich das mittlere <strong>Burgenland</strong>.<br />
Was der zweifachen Mutter und Oma<br />
von zwei Mädchen und Zwillingsbuben noch<br />
immer ganz besonders gut an ihrer Arbeit<br />
gefällt, ist der Kontakt mit der Jugend, immer<br />
die neueste Musik zu spielen und unter der<br />
Woche daheim sein zu können.<br />
Saisonstart ist bei Deutschkreutzs Schaustellern<br />
immer Ostern, und im Wochentakt<br />
geht es dann von Kirtag zu Kirtag. Für die<br />
Schaustellerfamilie Gager endet die Saison<br />
stets zu Martini, dann noch ein Weihnachts-<br />
markt in Mattersburg und Rust mit dem<br />
Kinderkarussell. Dieses hat sich ebenfalls<br />
als Klassiker etabliert, ebenso wie die Schiffschaukel.<br />
Während der Saison ist Familie<br />
Gager hauptsächlich im <strong>Burgenland</strong> anzutreffen,<br />
vereinzelt auch in Wien, Niederösterreich<br />
und der Steiermark. „Auf Kirtagen einen<br />
Stellplatz zu bekommen wird zunehmend<br />
schwieriger. Die Konkurrenz wird größer, und<br />
die Vorschriften werden auch immer mehr“,<br />
weiß Verena Gager, Schaustellerin, Berufsgruppensprecherin<br />
der burgenländischen<br />
Schausteller und Enkelin von Ignaz Hirsch<br />
sen. zu erzählen.<br />
Einteilungssache<br />
Und obgleich der Platz auf einem Kirtag für<br />
den Umsatz nicht von allzu großer Bedeutung<br />
ist, ist es das Wetter ganz bestimmt.<br />
Zwei bis drei Ausfälle von 100 %, damit kann<br />
man pro Saison rechnen. Aber auch kaltes,<br />
kühles oder regnerisches Wetter haben Umsatzeinbußen<br />
zur Folge. Ebenso wie sehr<br />
heißes Wetter – wenn das Schwimmbad<br />
lieber als der Rummel besucht wird. Doch<br />
seit jeher wissen sich Schausteller ihren Verdienst<br />
einzuteilen – acht Monate Einnahmen<br />
reichen schon seit Generationen für zwölf<br />
Monate Lebensunterhalt. „Schwierig war<br />
es, als wir ein Haus gebaut haben – da lernt<br />
man, mit dem Geld hauszuhalten. Aber auch<br />
bei Neuinvestitionen muss man sich über zumindest<br />
10 Jahre sein Geld wieder einteilen“,<br />
erinnert sich Monika Hirsch. Deshalb stand<br />
vor 17 Jahren für Wolfgang und Monika<br />
Hirsch aufhören oder Investitionskosten von<br />
300.000 Euro zur Debatte. Die Wahl fiel auf<br />
investieren. Es waren viermal so hohe Anschaffungskosten<br />
wie beim ersten Autodrom<br />
des Schwiegervaters vor 52 Jahren.<br />
Schwierig: Personal finden<br />
Woran die Hersteller von Schausteller-Unterhaltungstechnik<br />
– welche aus Italien, Holland,<br />
Belgien, England und Deutschland<br />
importiert wird – die letzten Jahrzehnte gefeilt<br />
haben, ist, den Schaustellern mit immerwährenden<br />
technischen Verbesserungen,<br />
zwecks einfacherem und vor allem auch<br />
schnellerem Auf- und Abbau, das Leben zu<br />
erleichtern. Was doppelt gut ist, denn Personal<br />
zu rekrutieren ist im Schaustellergewerbe<br />
schon sehr lange problematisch. „Jetzt aber<br />
müssen Veranstaltungen manchmal schon<br />
abgesagt werden, weil kein Personal zu<br />
finden ist“, berichtet Monika Hirsch. Hertha<br />
Keinrath, die in dieser Branche aufgewachsen<br />
ist, dazu: „Jeder will am Wochenende<br />
seine freien Tage, das geht in unserer Branche<br />
nicht. Und der Kälte sind manche auch<br />
nicht gewachsen.“ Im Personalstamm von<br />
Familie Keinrath sind deshalb fast nur rumänische<br />
Arbeiter zu finden. Saisonende ist bei<br />
den Keinraths am 26. Dezember nach dem<br />
Christkindlmarkt am Wiener Rathausplatz.<br />
Handwerkliches Geschick<br />
Ist das Gewerbe stillgelegt, beginnt für<br />
die Schausteller die Zeit, in der sie Schriftliches,<br />
wie z. B. Anträge für Stellplätze bei den<br />
Gemeinden und Messeveranstaltern für die<br />
nächste Saison, aber auch Reparaturen und<br />
Instandhaltungen erledigen. Bei Familie Keinrath<br />
sind es Fery und Sven, die mechanische<br />
Reparaturen aller Art, auch Schweißarbeiten,<br />
durchführen. Bei Familie Hirsch ist es Robert,<br />
und bei Familie Gager ist es Franz. „Ein<br />
Schausteller muss handwerklich geschickt<br />
22 <strong>Burgenland</strong> <strong>Mitte</strong> | <strong>Juni</strong> <strong>2019</strong>
sein, sonst kann man den Beruf nicht ausüben“,<br />
erklärt Monika Hirsch. „Wenn ein<br />
Autodrom-Wagerl nicht geht, musst du es<br />
selbst reparieren. Da kannst du nicht mit<br />
jedem nach Italien fahren“, verdeutlicht sie.<br />
Auch werden alle Geräte einmal jährlich<br />
von einem Zivilingenieur für fliegende Bauten<br />
überprüft. Die sicherheitstechnischen<br />
Auflagen sind sehr hoch und sehr streng.<br />
Das hat seine Berechtigung, wohingegen<br />
andere Vorschriften nicht zu verstehen sind.<br />
„Für jedes einzelne Schaustellergerät muss<br />
in jedem Bundesland eine eigene Veranstaltungsbewilligung<br />
eingeholt werden. Das sind<br />
bei uns <strong>Burgenland</strong>, Wien, Kärnten, Niederösterreich<br />
und Steiermark. Und bei einem<br />
unserer Geräte, das in Deutschland mit einer<br />
TÜV-Zertifizierung gekauft wurde – eine<br />
Norm, die für ganz Europa Gültigkeit hat –,<br />
braucht man im Bundesland Wien zusätzlich<br />
noch einen Zivilingenieur für fliegende Bauten,<br />
der das Gerät genehmigt“, erörtert Doris<br />
Keinrath.<br />
Leidenschaft und Geschäftssinn<br />
52 Jahre ist Fery Keinrath schon im Geschäft.<br />
Vor 22 Jahren bekam er den Kommerzialrat<br />
von Bundespräsident Thomas<br />
Klestil für besondere Verdienste in der Berufssparte<br />
der Schausteller verliehen. Angefangen<br />
hat alles 1967 mit Wurfdosen, die<br />
er von seinem Schwiegervater Ignaz Hirsch<br />
jun. nach seiner Heirat mit dessen Tochter<br />
Hertha bekommen hat. Damit waren für den<br />
gelernten Maschinenschlosser die Weichen<br />
für seine neue berufliche Laufbahn gestellt.<br />
Fery Keinrath ist heute wie damals mit sehr<br />
viel Engagement und Leidenschaft bei seiner<br />
Arbeit: Zum 50-jährigen Jubiläum wurde ein<br />
Riesenrad angeschafft. Für Doris und Sven<br />
Keinrath gab es in den letzten Jahren ebenfalls<br />
Investitionen: Fighter und Piratenbahn.<br />
„Man muss schon gut überlegen, in was<br />
man investiert – ob es beim Publikum gut<br />
ankommt und sich auf 15 Jahre rechnet“,<br />
konkretisiert Schaustellerin Doris Keinrath<br />
die Investitionspläne der Firma. Zweimal wurden<br />
auch schon Geräte wieder zurück- bzw.<br />
weggegeben. Eines war technisch nicht ausgereift,<br />
und eines wurde weiterverkauft, weil<br />
es aufgrund von zu großer Konkurrenz nicht<br />
lukrativ genug war.<br />
Abseits der Anschaffungskosten müssen<br />
mit den Fahrpreisen natürlich auch noch viele<br />
andere Fixkosten gedeckt werden, „daran<br />
denken viele nicht, nur dass es viel Geld<br />
bringt, wenn das Ringelspiel voll ist“, sagen<br />
Schausteller. Platzmiete samt Anschlussgebühren<br />
für Elektriker, Vergnügungssteuer,<br />
Straßenmaut wie auch Löhne mit Lohnnebenkosten,<br />
Diesel für Transporte und<br />
Stromaggregate, Neuanschaffungen sowie<br />
Instandhaltungskosten müssen natürlich<br />
ebenfalls erwirtschaftet werden. Bei Reparaturen<br />
von Luftschläuchen können sich diese<br />
durchwegs auf 3.000 bis 5.000 Euro belaufen.<br />
Dass es heutzutage weniger Kinder gibt<br />
als noch vor 50 Jahren, das macht sich für<br />
Schausteller bei den Kirtagen auch bemerkbar.<br />
„Nikitsch, Oberloisdorf – das waren früher<br />
große Kirtage“, informiert Monika Hirsch.<br />
Ein anderer Aspekt, der sich für Schausteller<br />
bemerkbar macht, ist die Jugendarbeitslosigkeit.<br />
„Viele Jugendliche haben kein Geld<br />
fürs Ringelspiel“, sagt Herta Keinrath. Das<br />
Gegengewicht dazu beschreibt Doris Keinrath:<br />
„Manche Familien können sich keine<br />
Urlaube leisten und gehen deshalb mit den<br />
Kindern einen Tag zum Ringelspiel.“<br />
Erfolgreicher Generationenwechsel<br />
„Die Herausforderung, kurzfristig Lösungen<br />
bei auftretenden Problemen und Engpässen<br />
zu finden“, das ist es, was Doris<br />
Keinrath an ihrem Job ganz besonders mag,<br />
und sagt weiters: „Ich kenne nichts anderes.<br />
Ich bin in diesen Beruf hineingeboren und in<br />
diese Arbeit reingewachsen, und es macht<br />
Spaß.“ Vor zwei Jahren ist ihre Tochter Celina<br />
fix in das Geschäft ihrer Eltern eingestiegen.<br />
Ihre Großmutter Hertha Keinrath dazu: „Es<br />
ist ein anstrengender Beruf, aber man ist<br />
sein eigener Chef. 8-Stunden-Tage kennen<br />
wir nicht, und während der Saison hat man<br />
keine freien Tage. Doch im Winter kann man<br />
sich regenerieren.“ Die Familienbande sind<br />
stark, bei Problemen, egal welcher Art, hält<br />
die Familie wie auch die Großfamilie zusammen,<br />
und es wird einander geholfen. Ignaz<br />
Hirsch sen. kann stolz auf seine Nachfahren<br />
sein. Ringelspiel und Kirtag, das hat Tradition.<br />
Schausteller pflegen diese Tradition<br />
schon, seit es Kirtage gibt. Und der erste<br />
Kuss, das erste Händchenhalten, das hat<br />
auch noch heute auf einem Ringelspiel seinen<br />
Platz. Womit sich noch immer bewahrheitet:<br />
Schön ist so ein Ringelspiel.<br />
Cornelia Pastorek<br />
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23
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