BremerSport_Juni_2019-web
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AUSSERGEWÖHNLICHE SPORTARTEN<br />
Rempeln auf acht Rollen<br />
Ausprobiert: Ein Training bei den Meatgrinders<br />
Fotos (5): Bea Ruffer<br />
VON KRISTINA WIEDE<br />
Als Kind habe ich mit meinen Freunden<br />
Fangen auf Rollschuhen gespielt,<br />
dabei unzählige Löcher in die Hosenbeine<br />
geschlittert und mit jedem Buckel<br />
im Asphalt unserer Wohnsiedlung nähere<br />
Bekanntschaft geschlossen. 30 Jahre später<br />
stehe ich beim Training des Bremer Rollerderby-Vereins<br />
Meatgrinders erneut auf acht<br />
Rollen. Ein Selbstversuch.<br />
Ein greller Pfiff, dann sprintet die Fahrerin<br />
los. Weit kommt sie jedoch nicht, zwei Blockerinnen<br />
verstellen ihr in den Weg, Hüften<br />
und Schultern drängeln bis es kracht.<br />
Die Trainerin pfeift ein zweites Mal, blitzschnell<br />
entwirrt sich das Knäuel und das<br />
Manöver beginnt von Neuem. Drehe ich<br />
zwar am Osterdeich und Werdersee gern<br />
ab und zu meine Runde auf Rollschuhen<br />
und fühle mich dabei einigermaßen sicher,<br />
so bin ich beim Anblick der Fortgeschrittenen<br />
Spielerinnen trotzdem aufgeregt, als<br />
ich mir in der Halle an der Grazer Straße die<br />
Skates schnüre. Was für eine Energie!<br />
Mut zur Nähe<br />
Während die Fortgeschrittenen bereits<br />
trainieren, hantiere ich noch mit der<br />
Schutzkleidung herum. „Du hast deine<br />
Handgelenkschützer falsch rum an“, sagt<br />
Anne, die Trainerin der Anfängerinnengruppe,<br />
und prüft skeptisch meine restliche<br />
Ausrüstung. Helm, Knie- und Ellenbogenschoner<br />
sitzen und die Rollschuhe habe<br />
ich zum Glück richtig herum angezogen.<br />
Immerhin. Dann geht es auf den Track, ein<br />
ovales Spielfeld von etwa 27 mal 17 Metern.<br />
Wir bilden eine Kette, fahren hintereinander<br />
her. Die hinterste Spielerin überholt<br />
im Slalom und arbeitet sich vor. „Ihr könnt<br />
ruhig an den Hüften eurer Vorderfrau zupacken,<br />
um Schwung zu holen“, ermuntert<br />
uns die Trainerin. Zimperlich geht es hier<br />
also nicht zu und Mut zur Nähe ist von Vorteil.<br />
Wer gerade erst mit dem Roller Derby<br />
begonnen hat, scheut sich zuzupacken, das<br />
ist spürbar – auch für mich ist der Körperkontakt<br />
ungewohnt.<br />
Auch darum geht es: Geschlechterrollen<br />
umzudefinieren. Frauen eine Sportart<br />
anzubieten, die rasant ist, die sie aus ihrer<br />
Wohlfühlzone holt und bei der sie ihre starke<br />
Seite entwickeln. Dreimal pro Woche<br />
30<br />
Redakteurin Kristina Wiede (rechtes Bild) im Selbstversuch: Beim Training der Nachwuchsspielerinnen stehen diesmal Bremsübungen und die Stärkung der Rumpfmuskulatur<br />
auf dem Programm. Der Vollkontaktsport auf Rollschuhen erfordert Fahrtechnik, Fitness und Mut zur Nähe.