Berliner Kurier 18.06.2019
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*<br />
Wikinger Madsen<br />
nimmtRostock<br />
im zweitenAnlauf<br />
Rostock –Welche Klischees fallen uns beim Thema<br />
Skandinavien ein? Möbelhäuser, Wikinger,<br />
vielleicht noch der Hygge-Lifestyle-Trend, der<br />
die Dänen zu einem der glücklichsten Völker<br />
macht. Der 46-jährige Däne Claus Ruhe Madsen<br />
hat mit all diesen Stereotypen gespielt –und war<br />
erfolgreich. Als erster Bürger ohne deutschen Pass<br />
wird er Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt.<br />
Bei der Stichwahl am Sonntag setzte sich der<br />
von CDU und FDP unterstützte Kandidat mit<br />
57,1 Prozent der Stimmen gegen den amtierenden<br />
Sozialsenator Steffen Bockhahn (Linke)<br />
durch.<br />
Mit Wikingerbart undschwarz gerahmter<br />
Brille, meist mit Kapuzenpulloverstatt<br />
Hemd, setzter<br />
auf traditionell grüneund auf<br />
digitale Themen und gibt<br />
sich unkonventionell. Der<br />
in Kopenhagen geborene<br />
Madsen lebt seit 1998 in<br />
Rostock und leitete dort<br />
mehrere Möbelhäuser.<br />
Madsen will auch ein<br />
Zeichen für Weltoffenheit<br />
der Hafenstadt<br />
setzen, die immer<br />
noch mit dem Fanal<br />
von Lichtenhagen<br />
im August 1992 in<br />
Verbindung gebracht<br />
wird, bei<br />
dem Rechtsextremeunterdem<br />
Applaus von<br />
Zuschauern<br />
ein Wohnheim<br />
für Vietnamesen<br />
in Brand<br />
setzten.<br />
DieBahn wirdkaputtgespart<br />
Im europäischen Vergleich liegenwir auf einem der letzten Plätze. Musterschüler: Schweiz und Österreich<br />
Berlin –Die Investitionen in<br />
den deutschen Schienenverkehr<br />
wachsen, doch im europäischen<br />
Vergleich steht die<br />
Bundesrepublik schlecht da.<br />
Pro Kopf seien im Vorjahr<br />
77 Euro in die Schieneninfrastruktur<br />
investiert worden, wie<br />
das Verkehrsbündnis Allianz<br />
pro Schiene mitteilte. Seit 2014<br />
seien die Investitionen jedes<br />
Jahr gestiegen –damals flossen<br />
49 Euro.<br />
„Wir erkennen das Bemühen<br />
der Bundesregierung und gerade<br />
des Bundesverkehrsministers<br />
an, die Schiene zu stärken.<br />
Mit Klein-Klein aber ist es nicht<br />
getan“, sagte der Geschäftsführer<br />
der Allianz pro Schiene,<br />
Dirk Flege. „Zwar gehen die<br />
Pro-Kopf-Investitionen seit<br />
2014 schrittweise nach oben,<br />
doch mit diesem Tempo kann<br />
die Bundesrepublik gerade einmal<br />
die größten Schwachstellen<br />
ausbessern, aber nicht die<br />
Verkehrswende gestalten.“<br />
Im europaweiten Vergleich<br />
liegt Deutschland trotz gestiegener<br />
Investitionen auf dem<br />
drittletzten Platz. Hinter der<br />
Bundesrepublik sind noch<br />
Frankreich und Spanien. An<br />
der Spitze liegen die Schweiz<br />
mit 365 Euro pro Kopf und Österreich<br />
mit 218 Euro pro Kopf.<br />
Beide Länder investieren damit<br />
mehr Geld in die Schienen- als<br />
in die Straßeninfrastruktur.<br />
Die Deutsche Bahn kämpft<br />
mit einem Investitionsrückstau.<br />
Vor allem das veraltete<br />
Schienennetz belastet den Konzern,<br />
auch fehlt es an Zügen<br />
und Personal.<br />
Bundesregierung und Bahn<br />
arbeiten an Verbesserungen<br />
beim Schienenverkehr: Verkehrsminister<br />
Andreas Scheuer<br />
Pro-Kopf-Investitionen des Staates in die<br />
Schieneninfrastruktur<br />
in ausgewählten europäischen Ländern,<br />
in Euro, 2018<br />
172<br />
135<br />
116<br />
29<br />
40<br />
77<br />
93<br />
Der Däne Claus Ruhe<br />
Madsen regiert<br />
demnächst Rostock.<br />
formulierte das Ziel, die Zahl<br />
der Fahrgäste bei der Bahn bis<br />
2030 zu verdoppeln. Um das zu<br />
schaffen, will die Bahn investieren<br />
– in neue Mitarbeiter,<br />
den Ausbau der Fernverkehrsflotte<br />
und die Infrastruktur.<br />
365<br />
182<br />
218<br />
Spanien<br />
Frankreich<br />
Deutschland<br />
Italien<br />
Großbritannien<br />
Niederlande<br />
Schweden<br />
Dänemark<br />
Österreich<br />
Schweiz<br />
Quelle: Allianz pro Schiene<br />
Foto: Bernd Wüstneck/dpa<br />
Foto: Szilard Vörös/Imago images<br />
Foto: Martin Schutt/dpa<br />
SEITE3<br />
BERLINER KURIER, Dienstag, 18. Juni 2019<br />
NACHRICHTEN<br />
FPÖ-Strache verzichtet<br />
Wien –Der nach dem Skandalvideo<br />
zurückgetretene<br />
FPÖ-Chef und Vizekanzler<br />
Heinz-Christian Strache<br />
nimmt sein bei der Europawahl<br />
gewonnenes Mandat<br />
nicht an. Spekuliert wird,<br />
dies sei Voraussetzung für<br />
die aussichtsreiche Kandidatur<br />
seiner Frau Philippa für<br />
den Wiener Nationalrat.<br />
Ex-Präsident Mursi tot<br />
Kairo –Der frühere ägyptische<br />
Präsident Mohammed<br />
Mursi ist tot. Wie das staatliche<br />
ägyptische Fernsehen am<br />
Montag mitteilte, soll der 67-<br />
Jährige während einer Verhandlung<br />
im Gerichtssaal zusammengebrochen<br />
sein.<br />
Mursi war von 2012 bis 2013<br />
Staatspräsident des Landes.<br />
Ramelows Toleranzgrenze<br />
Erfurt –Auf das Werben von<br />
Altbundespräsident Joachim<br />
Gauck für „eine erweiterte<br />
Toleranz“ hat Thüringens<br />
Ministerpräsident Bodo Ramelow<br />
(Linke) reagiert: Er<br />
sieht bei Thüringens<br />
AfD-Fraktionschef Björn Höcke<br />
die Grenzen der Toleranz<br />
überschritten, sagt er Medien.<br />
Weniger Einnahmen<br />
Augsburg –Die Einnahmen<br />
durch die geplante Pkw-Maut<br />
könnten deutlichniedriger<br />
ausfallen: Eine interne Prognosedes<br />
Verkehrsministeriums<br />
geht laut „FAZ“ von<br />
400 Millionen Euro aus.Verkehrsminister<br />
Andreas<br />
Scheuersei von einer halben<br />
Milliarde Euro jährlich ausgegangen.<br />
Irans Atomoffensive<br />
Teheran –Der Iran will sich<br />
nicht mehr an zentrale Auflagen<br />
aus dem 2015 geschlossenen<br />
Atomabkommen halten.<br />
Teheran werde Uran künftig<br />
wieder so hoch anreichern,<br />
wie es der Bedarf des Landes<br />
erfordere –bis zu 20 Prozent,<br />
so der Sprecher der<br />
Atomenergiebehörde.