REHA-Kompass | März 2019
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Der<br />
<strong>REHA</strong> <strong>Kompass</strong><br />
DAS MAGAZIN ZUR SERIE<br />
<strong>März</strong> <strong>2019</strong><br />
ÜBERBLICK<br />
Als Abschluss der großen<br />
redaktionellen Serie zu<br />
sächsischen Reha-Kliniken<br />
fasst das Magazin die wichtigsten<br />
Fakten zusammen.<br />
THERAPIEN<br />
Neue Hüfte, Sucht, Schlaganfall<br />
– Experten erklären<br />
welche Behandlungsmethoden<br />
sinnvoll sind.<br />
SERVICE<br />
Welche Leistungen übernehmen<br />
die Krankenkassen?<br />
Fachleute<br />
erläutern die Regelungen.<br />
Seite 8<br />
FIT NACH DER OP<br />
Wer hat Anspruch auf eine Reha?
Lebensfreude<br />
zurückgewinnen<br />
Fachklinik für onkologische, gynäkologische<br />
und orthopädische Anschlussrehabilitation sowie<br />
stationäre und teilstationäre Rehabilitation<br />
Unsere Indikationen:<br />
• Tumorerkrankungen<br />
• Maligne Systemerkrankungen<br />
• Spezielle Psychoonkologische<br />
Rehabilitation<br />
• Gynäkologische Erkrankungen<br />
• Erkrankungen und Unfallfolgen<br />
des Haltungs- und Bewegungsapparates.<br />
• Unsere Klinik ist voll beihilfefähig.<br />
• Begleitpersonen Aufnahme eines und Kindes Kinder im Alter nehmen bis wir<br />
im 12 Patientenzimmer Jahren im Patientenzimmer mit auf. möglich.<br />
Anerkannt wird eine<br />
Gesundheitsmaßnahme von:<br />
• allen Rentenversicherungsträgern<br />
• gesetzlichen und privaten Krankenkassen<br />
• Berufsgenossenschaften<br />
Paracelsus-Klinik Am Schillergarten Bad Elster<br />
Martin-Andersen-Nexö-Straße 10 · 08645 Bad Elster<br />
Rezeption T 037437 700 · Patientenmanagement: T 037437 703-220<br />
bad_elster@paracelsus-kliniken.de · www.paracelsus-kliniken.de/klinik-am-schillergarten<br />
Wir sind zertifiziert entsprechend der international gültigen Qualitätsanforderungen<br />
der DIN EN ISO 9001:2015 und der branchenspezifischen Standards der DEGEMED.
DAS MAGAZIN ZUR SERIE<br />
DER <strong>REHA</strong>-KOMPASS<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
künstliche Hüfte, Schlaganfall, Sucht –<br />
die Liste der Gründe einer Behandlung ist<br />
so vielfältig, wie das anschließend notwendige<br />
Angebot an Reha-Maßnahmen. Zudem<br />
gibt es natürlich auch DIE Patientin oder DEN Patienten<br />
nicht, sondern die Betroffenen und ihre Erkrankungen, ihr<br />
persönliches Umfeld, ihre beruflichen Wünsche und<br />
Perspektiven sind individuell und verlangen damit auch nach<br />
maßgeschneiderten, individuellen Lösungen. Und Sachsen<br />
ist unter anderem mit seinen 53 stationären Reha-Kliniken<br />
auf diesem Gebiet sehr gut aufgestellt. Neben einem umfangreichen<br />
Überblick bietet diese Broschüre aber auch interessante<br />
Einblicke von Patienten – und Antworten auf die Frage,<br />
welche Leistungen die Krankenkassen beim Thema Reha<br />
übernehmen.<br />
12<br />
AUSZEIT MT KIND<br />
DIE MUTTER-/<br />
VATER-KIND-KUR<br />
32<br />
WIEDER MOBILER<br />
IM ALTER<br />
EDITORIAL<br />
Ihr Redaktions-Team<br />
INHALT<br />
6<br />
DER ERSTE <strong>REHA</strong>-KOMPASS<br />
FÜR SACHSEN<br />
8<br />
WER HAT ANSPRUCH<br />
AUF EINE <strong>REHA</strong>?<br />
12<br />
AUSZEIT MT KIND – DIE<br />
MUTTER-/VATER-KIND-KUR<br />
16<br />
MEINE RECHTE<br />
MEINE PFLICHTEN<br />
20<br />
WENN DER ANTRAG<br />
ABGELEHNT WIRD<br />
22<br />
WENN DER DARM<br />
NICHT MEHR KANN<br />
26<br />
WIE GUT SIND<br />
SACHSENS KLINIKEN?<br />
30<br />
DIE QUALITÄT IST EIN<br />
BETRIEBSGEHEIMNIS<br />
32<br />
WIEDER MOBILER IM ALTER<br />
36<br />
» ICH BIN DER ENKEL-<br />
SOHN-TYP «<br />
42<br />
VOM SCHLAG GETROFFEN<br />
48<br />
MORGENS FANGO,<br />
ABENDS TANGO?<br />
52<br />
GELÄHMT VOR ANGST<br />
56<br />
» ICH SPÜRE<br />
KEINEN HUNGER «<br />
<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />
3
WO DIE SACHSEN<br />
WIEDER<br />
GESUND WERDEN<br />
<strong>REHA</strong> IN SACHSEN IST GEFRAGT: FAST 103.000 PATIENTEN LIESSEN<br />
SICH IM VERGANGENEN JAHR IN EINER DER 53 <strong>REHA</strong>-KLINIKEN<br />
BEHANDELN – RUND 12.000 MEHR ALS NOCH IM JAHR 2005.<br />
DAS GEHT AUS NOCH NICHT VERÖFFENTLICHEN ZAHLEN<br />
DES STATISTISCHEN LANDESAMTES HERVOR.<br />
Foto: iStockphoto.com, © SerafinoMozzo<br />
4 <strong>REHA</strong> KOMPASS
VON STEFFEN KLAMETH<br />
Ziel einer Rehabilitation ist die Wiederherstellung<br />
des Gesundheitszustandes – etwa<br />
nach einem Unfall oder einer Krankheit. Sie<br />
soll den Betroffenen die Rückkehr ins<br />
Berufsleben beziehungsweise ein möglichst<br />
selbstständiges Leben ermöglichen. Die<br />
meisten Rehaleistungen werden von der<br />
Deutschen Rentenversicherung und der<br />
gesetzlichen Krankenversicherung finanziert.<br />
Maßnahmen zur Vorsorge müssen Patienten<br />
seit der Gesundheitsreform im Jahre 2000<br />
größtenteils oder ausschließlich aus eigener<br />
Tasche bezahlen.<br />
Deutschlandweit wurde im Vorjahr knapp<br />
zwei Millionen Menschen eine stationäre<br />
Reha bewilligt. Hauptgründe waren laut<br />
Statistischem Bundesamt Operationen am<br />
Knie- und Hüftgelenk, Rückenschmerzen und<br />
Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Nach Recherchen<br />
der Redaktion sind die Wartezeiten auf<br />
einen Reha-Platz in Sachsen vergleichsweise<br />
gering – anders als bei Kliniken an der Ostsee,<br />
wo man sich ein halbes Jahr oder länger<br />
gedulden muss. Patienten können eine<br />
Wunschklinik nennen.<br />
Doch nicht jeder Reha-Antrag und jeder<br />
Wunschort werden bewilligt. „Im vergangenen<br />
Jahr wurden bei uns rund 1,6 Millionen<br />
Anträge auf eine medizinische Reha gestellt“,<br />
sagt Dr. Ursula Wächter von der Deutschen<br />
Rentenversicherung Mitteldeutschland.<br />
Davon seien 16 Prozent abgelehnt worden.<br />
Bei den gesetzlichen Krankenkassen gingen<br />
im gleichen Zeitraum fast 1,3 Millionen<br />
Anträge auf Reha- oder Vorsorgeleistungen<br />
ein. Hier lag die Ablehnungsquote bei<br />
17 Prozent. Hauptgründe für eine Ablehnung<br />
sind geringe Erfolgs aussichten sowie<br />
fehlende Bedürftigkeit bzw. Fähigkeit für eine<br />
Reha. Mitunter lohne sich aber ein Widerspruch,<br />
sagt Ingo Dörr, Geschäftsführer des<br />
Arbeitskreises Gesundheit: „Manche Ablehnungen<br />
hinterlassen schon einen Eindruck<br />
von Willkür.“ Dies betreffe insbesondere<br />
Ersatzkassen.<br />
» Im vergangenen Jahr wurden bei uns<br />
rund 1,6 Millionen Anträge auf eine<br />
medizinische Reha gestellt. «<br />
Unter dem Titel Reha-<strong>Kompass</strong> Sachsen<br />
erschien Ende 2018 in den drei großen sächsischen<br />
Zeitungen Freie Presse, Sächsische<br />
Zeitung und Leipziger Volkszeitung ein Überblick<br />
über Therapieangebote der Reha-<br />
Kliniken in Sachsen, die nun kompakt<br />
vorliegt. Chefärzte erläutern am Beispiel der<br />
häufigs ten Einweisungsgründe, wie die Reha<br />
abläuft und wie groß die Chancen auf eine<br />
Heilung sind. Anders als Krankenhäuser sind<br />
Reha-Kliniken zwar nicht verpflichtet, über<br />
die Ergebnisse der externen Qualitätsprüfung<br />
Auskunft zu geben. Die Redakteure<br />
haben trotzdem danach gefragt – außer elf<br />
Kliniken gaben alle freiwillig Auskunft.<br />
Impressum<br />
Der » Reha-<strong>Kompass</strong> <strong>2019</strong> « ist eine<br />
Sonderveröffentlichung von<br />
„Freie Presse”, „Leipziger Volkszeitung”<br />
und „Sächsische Zeitung”<br />
Herausgeber:<br />
Chemnitzer Verlag und<br />
Druck GmbH & Co. KG<br />
Brückenstraße 15 | 09111 Chemnitz<br />
Geschäftsführung: Ulrich Lingnau<br />
Anzeigenleitung: Tobias Schniggenfittig<br />
www.freiepresse.de/reha<br />
Leipziger Verlags- und<br />
Druckereigesellschaft mbH & Co. KG<br />
Peterssteinweg 19 | 04107 Leipzig<br />
Geschäftsführung: Björn Steigert<br />
www.lvz.de/reha<br />
Sächsische Zeitung GmbH<br />
Ostra-Allee 20 | 01067 Dresden<br />
Geschäftsführung: Denni Klein<br />
(verantw. für den Anzeigenteil)<br />
www.saechsische.de<br />
Redaktion: Nutzwerk GmbH<br />
Redaktionsschluss 30.11.2018<br />
Satz/Layout: Page Pro Media GmbH<br />
Titelmotiv: iStockphoto.com/<br />
Wavebreakmedia<br />
Druck: Limbacher Druck GmbH<br />
© <strong>2019</strong> für Texte und von uns gestaltete<br />
Anzeigen beim Urheber/Verlag. Nachdruck,<br />
Vervielfältigung und elek tronische Speicherung<br />
nur mit schriftlicher Genehmigung.<br />
<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />
5
DER ERSTE <strong>REHA</strong>-<br />
KOMPASS FÜR SACHSEN<br />
IM WETTBEWERB UM PATIENTEN ZÄHLEN VOR ALLEM<br />
QUALITÄT UND DAS GEWISSE ETWAS.<br />
Foto: iStockphoto.com, © KatarzynaBialasiewicz<br />
VON STEFFEN KLAMETH<br />
Mehr als 1.100 Rehakliniken gibt es in<br />
Deutschland, darunter 53 in Sachsen. Die<br />
Grafik auf der folgenden Seite zeigt:<br />
Besonders viele dieser Einrichtungen befinden<br />
sich im Vogtland und im Landkreis<br />
Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Das<br />
verwundert nicht. Die Kurorte in diesen<br />
Regionen können auf eine lange Tradition<br />
zurückblicken und setzen sie erfolgreich fort.<br />
Das hat sich im übrigen auch jenseits der<br />
Landesgrenzen herumgesprochen. Von den<br />
rund 103.000 Patienten, die im vergangenen<br />
Jahr in einer sächsischen Rehaeinrichtung<br />
weilten, kam ein beträchtlicher Anteil aus<br />
anderen Bundesländern. Umgekehrt nahmen<br />
auch viele Sachsen weitere Wege für<br />
ihre Reha in Kauf.<br />
Dafür kann es gute Gründe geben. Denn die<br />
sächsischen Kliniken bieten zwar Therapien<br />
für eine Vielzahl von Erkrankungen an. Doch<br />
für manche Diagnosen wie Lungenkrankheiten<br />
haben andere Bundesländer schlicht<br />
die besseren natürlichen Voraussetzungen.<br />
Im Wettbe werb um die Patienten können die<br />
Kliniken deshalb vor allem mit der Qualität<br />
punkten. Und dem gewissen Etwas: innovative<br />
Therapien, einer besonderen Ausstattung,<br />
exklusiver Lage.<br />
6 <strong>REHA</strong> KOMPASS
Rehaeinrichtungen in Sachsen<br />
Quelle: Statistisches Landesamt Sachsen, Statistisches Bundesamt, Deutsche Rentenversicherung, GKV-Spitzenverband<br />
Grafik: SZ - Pit Konczak, Romy Thiel<br />
<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />
7
WER HAT ANSPRUCH<br />
AUF EINE <strong>REHA</strong>?<br />
ALLE VIER JAHRE IST EIN ANTRAG MÖGLICH – WENN EINIGE VORAUS-<br />
SETZUNGEN ERFÜLLT SIND. WER SICH DAS ERSTE MAL MIT DEM<br />
THEMA <strong>REHA</strong> BESCHÄFTIGT, IST SCHNELL VERWIRRT. UNZÄHLIGE<br />
FACHBEGRIFFE, VERSCHIEDENE FORMEN UND ZUSTÄNDIGKEITEN<br />
MACHEN ES LAIEN SCHWER, DEN DURCHBLICK ZU BEHALTEN.<br />
Foto: Thomas Kretschel<br />
Die Therapie: Qi Gong löst Blockaden<br />
VON STEFFEN KLAMETH<br />
Was ist eigentlich eine Reha?<br />
Das Wort Rehabilitation bedeutet Wiederherstellung.<br />
Bei der Reha geht es also<br />
darum, den Gesundheitszustand – etwa<br />
nach einem Unfall oder einer Krankheit –<br />
wiederherzustellen oder eine Verschlechterung<br />
zu verhindern. Sie soll die Rückkehr<br />
ins Berufsleben bzw. die Teilhabe am<br />
gesellschaftlichen Leben ermöglichen.<br />
Was ist der Unterschied zwischen Reha<br />
und Kur?<br />
Mit der Gesundheitsreform im Jahr 2000<br />
wurde das Wort Kur in den Sozialgesetzbüchern<br />
durch die Begriffe „Leistungen zur<br />
medizinischen Vorsorge und Rehabilitation“<br />
ersetzt. Die Vorsorge verfolgt vor allem das<br />
Ziel, eine geschwächte Gesundheit zu<br />
stärken. Die Kosten müssen grundsätzlich<br />
selbst gezahlt werden. Krankenkassen<br />
leisten mitunter einen geringen Zuschuss.<br />
8 <strong>REHA</strong> KOMPASS
<strong>REHA</strong> IST NICHT GLEICH <strong>REHA</strong><br />
Foto: iStockphoto.com/<br />
© AndreyPopov<br />
Medizinische Reha:<br />
Die Folgen einer schweren Krankheit oder eines Unfalls<br />
können mit der Akutversorgung oft nicht gänzlich behoben<br />
werden. Die medizinische Reha soll den Betroffenen<br />
helfen, in ihren Beruf zurückzukehren oder sie vor einer<br />
Pflegebedürftigkeit bewahren.<br />
Foto: iStockphoto.com/<br />
© nensuria<br />
Berufliche Reha:<br />
Sie kann sich an eine medizinische Reha anschließen, allerdings<br />
ist dies keine Bedingung. Die Leistungen zur Teilhabe<br />
am Arbeitsleben (so die offizielle Bezeichnung) werden oft<br />
in Berufsförderungswerken angeboten und bestehen z. B.<br />
aus Fortbildungen und Umschulungen. Aber auch Hilfen<br />
bei der Jobsuche und die Kostenübernahme für Prüfungen<br />
oder neue Arbeitsmittel gehören dazu.<br />
Foto: iStockphoto.com/<br />
© Halfpoint<br />
Soziale Reha:<br />
Wenn Menschen nach einem Unfall oder einer Krankheit<br />
dauerhaft eingeschränkt sind, können ihnen sogenannte<br />
Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft<br />
helfen. Finanzielle Zuwendungen etwa zum Umbau der<br />
Wohnung, für Fahrdienste oder Haushaltshilfen sollen<br />
dazu beitragen, dass die Menschen trotz ihrer Behinderung<br />
ihr Leben weitgehend selbst bestimmen können.<br />
Foto: iStockphoto.com/<br />
© KatarzynaBialasiewicz<br />
Geriatrische Reha:<br />
Wer 70 Jahre oder älter ist, hat einen Rechtsanspruch auf<br />
eine geriatrische Reha – vorausgesetzt, der Versicherte<br />
leidet unter mindestens zwei typischen Alterserkran kungen<br />
wie Demenz oder Immobilität. Die Therapien werden<br />
meist in darauf spezialisierten geriatrischen Reha-Kliniken<br />
durchgeführt. Streng genommen ist die geriatrische Reha<br />
eine Form der medizinischen Reha.<br />
Foto: iStockphoto.com/ © Rido<br />
Frühreha:<br />
Sie beginnt bereits während der Akutbehandlung im<br />
Krankenhaus (häufig nach Schlaganfall) und kann<br />
danach als medizinische Reha fortgesetzt werden. Die<br />
Frühreha ist damit Bestandteil der Akutbehandlung.<br />
(rnw/sk)<br />
<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />
9
Welche verschiedenen Reha-Leistungen<br />
gibt es überhaupt?<br />
Am häufigsten werden Leistungen zur<br />
medizinischen Rehabilitation angewandt.<br />
Erfolgt die Reha unmittelbar nach dem<br />
Krankenhausaufenthalt, spricht man von<br />
einer Anschlussrehabilitation. Daneben gibt<br />
es weitere Reha-Leistungen: die berufliche<br />
Reha, die soziale Reha sowie die Reha für<br />
Kinder und Jugendliche. Ein Sonderfall ist<br />
die Mutter-/Vater-Kind-Kur. Sie zählt, anders<br />
als der Name vermuten lässt, als medizinische<br />
Rehabilitation für Mütter und Väter.<br />
Wer hat Anspruch auf eine medizinische<br />
Rehabilitation?<br />
Grundsätzlich jeder, wenn es medizinisch<br />
erforderlich ist. Voraussetzung ist, dass der<br />
Versicherte die Therapie gesundheitlich<br />
bewältigen kann und die Aussicht besteht,<br />
dass seine Leistungsfähigkeit gebessert oder<br />
wiederhergestellt werden kann. Zudem muss<br />
er die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen<br />
erfüllen. Die Rentenversicherung<br />
zum Beispiel verlangt, dass man in den<br />
letzten zwei Jahren vor dem Antrag sechs<br />
Monate Pflichtbeiträge gezahlt hat oder bei<br />
Antragstellung mindestens 15 Jahre versichert<br />
war. Wer erwerbsgemindert ist, muss mindestens<br />
fünf Jahre Versicherungszeit nachweisen<br />
oder Rente wegen verminderter<br />
Erwerbsfähigkeit beziehen.<br />
Wie oft habe ich Anspruch auf eine Reha?<br />
In der Regel dürfen Erwachsene alle vier<br />
Jahre eine Reha in Anspruch nehmen. Dabei<br />
spielt keine Rolle, ob es sich um eine<br />
stationäre oder ambulante Reha handelt.<br />
Wenn medizinische Gründe dies erfordern<br />
– beispielsweise eine andere Erkrankung<br />
oder eine drohende gesundheitliche Verschlechterung<br />
– kann eine erneute Reha<br />
auch früher genehmigt werden. Für Kinder<br />
und Jugendliche gilt die Frist nicht mehr.<br />
10 <strong>REHA</strong> KOMPASS
Wie und wo kann ich eine Reha beantragen?<br />
Das hängt davon ab, welcher Sozialleistungsträger<br />
zuständig ist. Wer noch<br />
erwerbstätig ist, stellt den Antrag für eine<br />
medizinische oder berufliche Reha bei der<br />
Deutschen Rentenversicherung – in<br />
Sachsen bei der Deutschen Rentenversicherung<br />
Mitteldeutschland. Rentner<br />
wenden sich an ihre gesetzliche Krankenkasse.<br />
Bei Kindern und Jugendlichen sind<br />
gesetzliche Krankenkasse und Deutsche<br />
Rentenversicherung zuständig. Bei Arbeitsunfällen<br />
und Berufskrankheiten sind die<br />
Unfallkasse oder die Berufsgenossenschaften<br />
zuständig. In bestimmten Fällen übernehmen<br />
auch die Agenturen für Arbeit, Sozialund<br />
Jugendämter die Kosten.<br />
Übrigens: Wird der Antrag an die falsche<br />
Stelle geschickt, ist diese verpflichtet, ihn<br />
binnen 14 Tagen an den zuständigen<br />
Träger weiterzuleiten. Private Krankenkassen<br />
zahlen – sofern der Versicherte keinen<br />
speziellen Kurtarif abgeschlossen hat – nur<br />
für eine Anschlussreha. Und das auch nur<br />
für ausgewählte Indikationen wie Kardiologie<br />
und Orthopädie sowie unter<br />
bestimm ten Voraussetzungen.<br />
Benötige ich für den Antrag ein Rezept vom<br />
Arzt?<br />
Das hängt vom Kostenträger und der Art der<br />
Reha ab. Die Anschlussreha kann nur vom<br />
Krankenhaus eingeleitet werden. Geht der<br />
Antrag an die Rentenversicherung, genügt in<br />
der Regel ein Befundbericht vom behandelnden<br />
Arzt. Krankenkassen verlangen eine<br />
Verordnung, die jeder niedergelassene Arzt<br />
ausstellen darf. Ist die Unfallversicherung<br />
zuständig, muss man einen Durchgangsarzt<br />
aufsuchen.<br />
Wie lange dauert eine Reha?<br />
In der Regel drei Wochen, bei Kindern vier<br />
Wochen und bei einigen Erkrankungen wie<br />
Sucht auch länger.<br />
Foto: iStockphoto.com/ © humonia<br />
Die Therapie<br />
QI GONG<br />
LÖST BLOCKADEN<br />
Die Übungen haben ungewohnte Namen.<br />
Sie heißen: „Den Himmel mit den Händen<br />
stützen“ oder „Der Kranich“. Was sie vereint,<br />
sind die harmonischen Bewegungsabläufe in<br />
Verbindung mit Atemtechniken und Meditation.<br />
„Qi Gong gehört zur Traditionellen<br />
Chinesischen Medizin“, sagt Timm Richter,<br />
Physiotherapeut und Lehrer für medizinisches<br />
Qi Gong in Chemnitz. Zweimal<br />
wöchentlich gibt er Kurse in der Dekimed-<br />
Klinik Bad Elster. Die Patienten leiden meist<br />
an chronischen Schmerzen, Migräne, Schlafstörungen<br />
oder auch Krebs.<br />
„Wenn es gelingt, nicht so viel über die Ausführung<br />
der Übung nachzudenken, sondern<br />
die Energie des Körpers fließen zu lassen,<br />
können sich Blockaden durch falsche Bewegungsmuster<br />
lösen und die Gedanken zur<br />
Ruhe kommen.“ Bei den Übungen handelt es<br />
sich um einfache Bewegungen, die Menschen<br />
aller Altersstufen und unterschiedlicher Konstitution<br />
schnell und leicht erlernen können.<br />
Sie lassen sich im Stehen, Sitzen, Liegen oder<br />
Gehen ausführen. Die tiefe, heilende Wirkung<br />
hängt Richter zufolge aber von der Qualität<br />
und der Regelmäßigkeit des Übens ab. „Der<br />
Patient steht selbst in der Verantwortung, für<br />
seine Gesundheit aktiv zu werden. Die Reha<br />
kann ein Impuls dafür sein.“<br />
<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />
11
AUSZEIT MT KIND<br />
DIE MUTTER-/<br />
VATER-KIND-KUR<br />
VIELE ELTERN KOMMEN MIT DOPPELBELASTUNG UND LEISTUNGS-<br />
DRUCK NICHT MEHR ZURECHT. ZUNEHMEND TRIFFT ES AUCH VÄTER.<br />
DREI WOCHEN KUR KÖNNEN HELFEN.<br />
Foto: Georg Ulrich Dostmann<br />
Hausbau kann auch leicht sein und Spaß machen – zumindest, wenn man es mit Legosteinen macht. Joachim Richter<br />
aus Netzschkau hat sein realer Hausbau neben der Arbeit und den Kindern so gestresst, dass er eine Kur brauchte. Er<br />
genießt hier im Gesundheitszentrum Grünhain-Beierfeld die Auszeit gemeinsam mit seinem ältesten Sohn.<br />
VON STEPHANIE WESELY<br />
Joachim Richter aus Netzschkau im Vogtland<br />
hatte immer wieder Schwindelanfälle. „Mir<br />
ging es so schlecht, dass ich sogar arbeitsunfähig<br />
geschrieben wurde“, sagt der 34-Jährige.<br />
Die Ursache war Stress – im Beruf als<br />
Projektmanager und privat beim Hausbau.<br />
„Als Familienvater ist man ja heute nicht<br />
mehr nur der Geldverdiener. Auch meine<br />
Frau ist so wie ich voll berufstätig. Da müssen<br />
wir uns in die Erziehung unserer beiden<br />
Söhne und in die Hausarbeit teilen“, sagt er.<br />
Doch am Abend fehle dazu oft die Kraft. „Die<br />
Kinder sind müde, man selbst ist ungeduldig.<br />
Das ist nicht einfach.“<br />
Auch Richters älterer Sohn zeigte Stresssymptome.<br />
Nachts knirschte er mit den Zähnen.<br />
„Da verarbeitet er seinen Tag“, sagt der<br />
12 <strong>REHA</strong> KOMPASS
Vater. Von der Möglichkeit einer Vater-Kind-<br />
Kur hat er durch einen Kollegen erfahren.<br />
Doch die Suche nach Angeboten war<br />
schwierig. Denn es gibt zwar ein Müttergenesungswerk,<br />
aber kein Vatergenesungswerk.<br />
In der Arbeiterwohlfahrt fand er schließlich<br />
einen Ansprechpartner. „Ich habe mich für<br />
das Gesundheitszentrum in Grünhain-Beierfeld<br />
entschieden, weil es in der Nähe liegt.<br />
Meine Frau und unser Jüngster konnten<br />
mich damit leichter besuchen“, sagt Richter.<br />
Sein ältester Sohn fuhr mit zur Kur.<br />
DIE KLINIK: Der Stuhlkreis im Kurgarten ist<br />
ein Blickfang im AWO-Gesundheitszentrum<br />
im erzgebirgischen Grünhain-Beierfeld. Ein<br />
schönes Ambiente für Gespräche und Entspannung.<br />
Nebenan erwärmen sich Männer<br />
und Frauen fürs Nordic Walking. Es wird<br />
gelacht, die Stimmung ist gut.<br />
Mutter-/Vater-Kind-Kuren gelten als Vorsorgemaßnahme.<br />
Seit 2007 sind sie Pflichtleistung<br />
der Kassen. Deutschlandweit gibt es<br />
133 Kurkliniken. Mehr als die Hälfte gehört<br />
dem Müttergenesungswerk an, ist aber<br />
nicht nur Müttern vorbehalten. Die meisten<br />
Kliniken gibt es in Niedersachsen, Schleswig-<br />
Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und<br />
Bayern – in Ländern mit Bergen oder Meer.<br />
Diesen Standortvorteil haben die zwei sächsischen<br />
Einrichtungen nicht. „Deshalb müssen<br />
wir mit Qualität punkten“, sagt Barbara<br />
Jähn, systemische Familientherapeutin im<br />
Gesundheitszentrum.<br />
DIE DIAGNOSEN: Mütter und Väter sind<br />
heute Doppel- und Mehrfachbelastungen<br />
ausgesetzt, denn sie sind meist berufstätig<br />
oder haben nebenher noch Angehörige zu<br />
pflegen. Wird die Eltern-Kind-Beziehung<br />
zusätzlich durch Krankheiten oder Auffälligkeiten<br />
der Kinder erschwert, geraten Familien<br />
schnell an ihre Grenzen. Damit daraus keine<br />
ernsthaften psychischen oder körperlichen<br />
Erkrankungen werden, gibt es Mutter-/<br />
Vater-Kind-Angebote. „Die Chance auf<br />
Genehmigung einer solchen Kur haben<br />
Mütter und Väter mit psychosomatischen<br />
Erschöpfungszuständen, Übergewicht oder<br />
Kopfschmerz. Auch wenn sie unter einer<br />
schwierigen oder angespannten Beziehung<br />
zum Kind leiden, eine Lebenskrise oder<br />
Trauersituation bewältigen müssen“, sagt<br />
Barbara Jähn.<br />
Erschöpfungssymptome zeigten sich selbst<br />
bei den Kindern. Manche leiden unter Verhaltensauffälligkeiten<br />
oder Nervosität und<br />
Schlafstörungen. Übergewicht sei auch bei<br />
den Jüngsten ein Thema.<br />
Deutschlandweit wurden letztes Jahr fast<br />
150.000 Mutter-/Vater-Kind-Kuren genehmigt,<br />
jedoch auch 24.000 Anträge abgelehnt,<br />
sagt Claudia Widmaier, Sprecherin des<br />
Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung,<br />
der auch für die Qualitätskontrolle<br />
zuständig ist. „Die Ablehnungen<br />
erfolgten meist aus medizinischen Gründen“,<br />
sagt sie. Petra Gerstkamp, stellvertretende<br />
Vorsitzende des Müttergenesungswerkes,<br />
kritisiert die Ablehnungspraxis der Krankenkassen:<br />
„Oft werden den Müttern oder<br />
Vätern ambulante Maßnahmen empfohlen,<br />
obwohl ihnen eine stationäre Reha gesetzlich<br />
zusteht.“ Gerade ein Ortswechsel und<br />
etwas Zeit, die Eltern-Kind-Beziehung wieder<br />
zu festigen, seien in diesen Fällen wichtig.<br />
Legten die Antragsteller dann Widerspruch<br />
ein, würde in 65 Prozent der Fälle die Kur<br />
dann doch genehmigt. „Warum dann dieser<br />
zusätzliche Stress?“, fragt sie.<br />
DIE PATIENTEN: Als 1950 das Müttergenesungswerk<br />
gegründet wurde, hatte in<br />
der Regel die Frau die Verantwortung für<br />
Haushalt, Kindererziehung und Pflege<br />
kranker Angehöriger. Für sie wurde die<br />
Mutter-Kind-Kur ins Leben gerufen. „Die<br />
klassischen Mütter- und Väterrollen von<br />
früher gibt es heute nicht mehr. Die Väter<br />
<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />
13
Foto: iStockphoto.com/ © ARTindividual<br />
wollen und müssen sich mit ihren Frauen<br />
heute in die familiären Pflichten teilen“,<br />
sagt die Familientherapeutin. Sie befürwortet<br />
es deshalb sehr, dass auch Männern die<br />
Kur-Angebote zur Verfügung stehen. Etwa<br />
ein Drittel pro Kur-Durchgang seien Väter<br />
mit ihren Kindern.<br />
Der Altersdurchschnitt der Eltern liegt bei<br />
etwa 40 Jahren, Kinder können bis zum<br />
zwölften Lebensjahr mit aufgenommen<br />
werden, in Ausnahmefällen bis 14.<br />
DIE THERAPIEN: Zentrales Anliegen ist die<br />
Verbesserung der körperlichen und psychischen<br />
Gesundheit. „Das ist ein weites Feld“,<br />
so Jähn. Die Männer und Frauen kommen<br />
mit Muskelverspannungen, Verdauungsproblemen,<br />
Schlafstörungen oder einem<br />
gestörten Essverhalten zu uns.<br />
Sie leiden unter dem Leistungsdruck – im Job<br />
und im Privatleben. „In Gesprächen äußern<br />
sie häufig den vielfältigen Stress, der durch<br />
Rollenkonflikte geprägt ist. Sie äußern den<br />
Wunsch, ihre Identität als Vater wiederzugewinnen<br />
und diese nach ihren Bedürfnissen<br />
zu gestalten“, sagt Barabara Jähn. Auch<br />
die vielen unterschiedlichen Richtungen in<br />
der Kindererziehung verunsichern. Täglich<br />
finden Einzel- und Gruppengespräche statt –<br />
bei gutem Wetter in den weißen und pinkfarbenen<br />
Stühlen im Garten. Gelegenheit zum<br />
Austausch gibt es ebenso beim Sport, Essen<br />
oder Wandern. Viele hätten durch ihre Kinder<br />
kaum Zeit für Bewegung. Das ändert sich hier.<br />
Viele Väter und Mütter haben Übergewicht<br />
oder leiden an einem gestörten Essverhalten.<br />
„Wir bieten Ernährungsvorträge zur<br />
gesunden, vollwertigen Küche an, auch<br />
Kochen und Einkaufen kann gemeinsam<br />
trainiert werden“, so Barbara Jähn.<br />
Für die Kinder gibt es Möglichkeiten zur Entspannung,<br />
zur Medienabstinenz, zu kreativem<br />
Spiel und Fröhlichkeit, aber auch einen<br />
Problemlösekurs. Von morgens bis zum<br />
Nachmittag werden sie betreut und therapiert.<br />
Die Mütter und Väter haben dann Zeit<br />
für sich. Ab dem Nachmittag sind sie dann<br />
wieder mit ihren Kindern zusammen, ohne<br />
sich um Haushalt, Kochen oder Schule kümmern<br />
zu müssen. „Das macht den Kopf frei<br />
und bietet die Möglichkeit, die Zeit danach<br />
neu zu planen“, so die Familientherapeutin.<br />
Zu Beginn wird der medizinische Status<br />
eines jeden Teilnehmers erhoben. „Jeder<br />
formuliert drei Therapieziele. Danach erarbeiten<br />
wir die Behandlungspläne“, sagt die<br />
Ärztin Dr. Christa Leicht. Beim Abschlussgespräch<br />
werde Bilanz gezogen.<br />
Sowohl Mütter als auch Väter sind mit ihren<br />
Kindern im AWO-Gesundheitszentrum<br />
untergebracht. Doch das Müttergenesungswerk<br />
gibt klare Regeln vor, unter welchen<br />
Voraussetzungen ein Haus neben Mutter-<br />
Kind- auch Vater-Kind-Kuren anbieten darf.<br />
„Die Männer müssen in der Unterbringung<br />
und bei den Therapien von den Frauen<br />
getrennt sein“, sagt Petra Gerstkamp vom<br />
Müttergenesungswerk. Die Mindestgruppenstärke<br />
ist fünf. Unter dieser Teilnehmerzahl<br />
dürfe keine Vater-Kind-Kur stattfinden, sagt<br />
sie. Außerdem müssten die Kureinrichtungen<br />
dann auch spezielle Männergesund heitsprogramme<br />
vorhalten, ebenso geschlechtsspezifische<br />
Sport- und Freizeit angebote.<br />
14 <strong>REHA</strong> KOMPASS
DIE QUALITÄT: Seit 2015 sind Einrichtungen,<br />
die Mutter- / Vater-Kind-Kuren anbieten,<br />
in das QS-Reha-Verfahren eingebunden.<br />
Dieses externe Qualitätssicherungssystem<br />
macht genaue Vorgaben zur Ausstattung der<br />
Einrichtungen, zu zertifizierten Therapieangeboten<br />
und zum Personal. Hinzu kommt<br />
eine externe Befragung zur Patientenzufriedenheit.<br />
Alle drei Jahre werden stichprobenartig<br />
Kureinrichtungen ausgewählt. So<br />
kommt es, dass einige Einrichtungen noch<br />
nicht kontrolliert wurden. „Im September<br />
begann eine neue Befragungsrunde von<br />
150 Kurfamilien. Sie dauert bis Oktober<br />
<strong>2019</strong>. Die Ergebnisse liegen ab 2020 vor“,<br />
sagt Elvira Kosuch, Leiterin der Einrichtung.<br />
In der ersten Runde, die 2017 abgeschlossen<br />
war, erfüllte das AWO-Gesundheitszentrum<br />
die Qualitätsvorgaben zu 99,4 Prozent. Der<br />
Deutschlanddurchschnitt liegt bei 90 Prozent.<br />
Von den befragten Patienten waren<br />
85 Prozent zufrieden, deutschlandweit 78.<br />
DER THERAPIEERFOLG: 21 Tage dauert<br />
eine Mutter- / Vater-Kind-Kur, keinen Tag<br />
länger. „Da es nicht um die Behandlung von<br />
Krankheiten geht, gibt es keinen Grund für<br />
Verlängerungen“, sagt Barbara Jähn. „Sollten<br />
die Teilnehmer danach noch Beratungsoder<br />
Gesprächsmöglichkeiten brauchen,<br />
helfen wir bei der Suche nach geeigneten<br />
Barbara Jähn<br />
Gesundheitszentrum<br />
Grünhain-Beierfeld<br />
Die 57-Jährige wollte<br />
ursprünglich Ärztin werden<br />
– Psychiaterin, hat damals<br />
aber aus politischen Gründen<br />
keinen Studienplatz für<br />
Medizin bekommen. Deshalb<br />
spezialisierte sie sich auf die<br />
systemische Familientherapie. Seit 30 Jahren ist sie in der<br />
AWO-Kureinrichtung tätig. Barbara Jähn hat zwei<br />
erwachsene Kinder und einen elfjährigen Enkel. Mit<br />
ihrem Mann wohnt sie in Grünhain-Beierfeld.<br />
Stellen.“ Die Mehrzahl verlasse das Haus<br />
voller Elan, mit guten Vorsätzen und Mut zur<br />
Veränderung.<br />
Wie Joachim Richter zum Beispiel. „Während<br />
die Kinder vormittags in der Kindergruppe<br />
betreut wurden, hatte ich Zeit für Sport,<br />
Entspannungsverfahren und Gespräche. Das<br />
tat mir sehr gut“, sagt er. Nicht nur die Erkenntnis,<br />
dass er mit seinen Sorgen nicht der<br />
Einzige ist, auch die vielen Anregungen, wie<br />
man es anders machen kann, haben ihn<br />
inspiriert.<br />
Foto: Georg Ulrich Dostmann<br />
3 Kliniken, 1 Versprechen:<br />
Kindern und Jugendlichen helfen<br />
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<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />
15
MEINE RECHTE<br />
MEINE PFLICHTEN<br />
WENN DER <strong>REHA</strong>-ANTRAG GUT BEGRÜNDET IST, STEIGEN<br />
DIE CHANCEN AUF EINE GENEHMIGUNG.<br />
Foto: iStockphoto.com/ © SARINYAPINNGAM<br />
Experten empfehlen, den Antrag am besten<br />
mit dem behandelnden Arzt auszufüllen.<br />
VON STEFFEN KLAMETH<br />
Was muss ich beim Ausfüllen des<br />
Reha-Antrags beachten?<br />
Formulare kann man sich unter anderem auf<br />
den Internetseiten der Deutschen Rentenversicherung<br />
herunterladen. Experten empfehlen,<br />
den Antrag am besten gemeinsam mit<br />
dem behandelnden Arzt auszufüllen. Je<br />
genauer der Nutzen und das Ziel der Reha<br />
beschrieben werden, desto größer die Chancen<br />
auf Genehmigung. Hilfreich sei es immer,<br />
den Befund des Arztes beizufügen – bei der<br />
Deutschen Rentenversicherung (DRV) genügt<br />
das sogar. Auch die bisherigen Krankschreibungen<br />
sollten aufgeführt werden. „Ich<br />
brauche eine Auszeit – diese Begründung<br />
reicht da nicht“, sagt Dr. Wolf Nürnberg,<br />
Leitender Arzt bei der DRV Mitteldeutschland.<br />
Gleichwohl würden alle Anträge geprüft und<br />
bei Bedarf weitere Unterlagen angefordert.<br />
web: www.deutsche-rentenversicherung.de<br />
Darf ich mir meine Wunschklinik<br />
aussuchen?<br />
Patienten haben ein Wunsch- und Wahlrecht<br />
– so steht es im Sozialgesetzbuch. Es<br />
gibt aber Unterschiede zwischen Rentenversicherung<br />
und Krankenkassen. Der<br />
Wunsch nach einer bestimmten Klinik sollte<br />
unbedingt bereits im Antrag genannt und<br />
möglichst mit medizinischen Argumenten<br />
oder mit wichtigen persönlichen Lebensumständen<br />
begründet werden. „Voraussetzung<br />
ist, dass in der Wunschklinik ein<br />
Platz frei ist und das Reha-Ziel dort mit der<br />
gleichen Wirkung und zumindest ebenso<br />
wirtschaftlich erreicht werden kann“, erklärt<br />
16 <strong>REHA</strong> KOMPASS
Muss es die perfekte<br />
Mutter sein?<br />
O<br />
bwohl Schwangerschaft, Stillzeit<br />
und frühe Mutterschaft für die<br />
meisten Frauen glückliche Lebensphasen<br />
sind, kann diese Zeit auch durch<br />
psychische und psychosomatische Störungen<br />
und soziale Probleme belastet sein.<br />
Aktuelle Studien zeigen, dass psychische<br />
Störungen in Schwangerschaft und<br />
Mutterschaft mindestens genauso häufig<br />
auftreten wie in anderen Lebensphasen.<br />
Ungefähr 15 % der Schwangeren haben<br />
eine psychische Störung, die häufig<br />
nicht diagnostiziert und behandelt wird;<br />
Wochenbettdepressionen im klinisch<br />
signi fikantem Ausmaß treten bei ca.<br />
15 % der Mütter bis zu einem Jahr nach<br />
der Geburt eines Kindes auf. Die Belastung<br />
durch Stress, Angst und depressive<br />
Beschwerden ist nochmals höher (zwischen<br />
30 % und 40 %). Die erste Zeit nach<br />
der Entbindung stellt für Frauen, die im<br />
Vorfeld schon einmal psychisch erkrankt<br />
waren ein besonders hohes Risiko dar,<br />
erneut psychische Beschwerden zu entwickeln.<br />
Besonders häufig kommt es in<br />
diesem Zusammenhang zu einer depressiven<br />
Symptomatik, die einhergeht mit<br />
Selbstzweifeln als Mutter zu genügen,<br />
Überforderungserleben und auch aggressiven<br />
Gedanken bezogen auf das neugeborene<br />
Kind. Gelingt es in dieser Zeit<br />
nicht, der Mutter professionelle Hilfe,<br />
z. B. in Form psychotherapeutischer Gespräche<br />
oder psychotroper Medikamente<br />
anzubieten, so steigt in jedem Fall die<br />
Gefahr, dass sich die Beziehung zum Kind<br />
nicht gesund entwickeln kann und eine<br />
liebevolle Bindung ausbleibt. Diese frühe<br />
Beziehungsstörung kann im weiteren<br />
Verlauf zu einer Entfremdung von Mutter<br />
und Kind führen, die einerseits durch Vernachlässigung<br />
andererseits durch inadäquaten<br />
(emotionalen) Umgang geprägt<br />
sein kann. Dieser Teufelskreis sollte so<br />
zeitig als möglich unterbrochen werden,<br />
um eine gesunde (psychische) Entwicklung<br />
von Kindern zu ermöglichen. Bei<br />
der engmaschigen Beratung und Betreuung<br />
psychisch erkrankter Patientinnen<br />
mit Schwangerschaftswunsch, in der<br />
Schwangerschaft und Postpartalzeit fällt<br />
im Verlauf der kontinuierlichen Betreuungszeit<br />
von Monaten bis Jahren auf,<br />
Die Behandlung psychisch<br />
erkrankter Frauen in Schwangerschaft<br />
und Postpartalzeit<br />
dass die Frauen ihren eigenen Selbstwert • somatische, psychiatrische und<br />
in Frage stellen und dass Vertrauen, die psychosomatische Beratung und<br />
Fürsorge und die Zuversicht für ihre eigene Behandlung<br />
Kompetenz und Fähigkeit zur Betreuung<br />
des Kindes verlieren. Aufgrund des auf der Grundlage einzeltherapeu<br />
• verhaltensorientierte Psychotherapie<br />
Vorliegens einer sehr gut behandelbaren tischer Gespräche und gruppentherapeutischer<br />
Elemente<br />
Erkrankung sind diese Ängste und Selbstzweifel<br />
unbegründet. Seit dem Jahr 2014 • spezielle psychopharmakologische<br />
Muss es die perfekte Mutter sein?<br />
bietet die<br />
Die<br />
CELENUS<br />
Behandlung<br />
KLINIK CAROLABAD<br />
psychisch<br />
die<br />
erkrankter<br />
Beratung und medikamentöse<br />
Frauen in<br />
Einstellung<br />
Schwangersch<br />
Obwohl Behandlung Schwangerschaft, von psychischen Stillzeit und frühe Erkrankungen<br />
Mutterschaft für die • meisten bedarfsorientierte Frauen glücklicheGruppenangebote<br />
gene Kompetenz und Fähigkeit zur<br />
Lebensphasen in Schwangerschaft sind, kann diese und Zeit Postpartalzeit auch durch psychische an. und psychosomatische (z. B.: Angst, Störungen<br />
und soziale Probleme belastet sein. Aktuelle Studien zeigen, dass psychische Störungen<br />
Depressions, einer sehrProblem<br />
löse, Psychse, Genuss, Seit dem Adipositas, Jahr 2014 bietet die CELE<br />
gut behandelbaren Erkr<br />
In diesen fünf Jahren konnten bereits über<br />
in Schwangerschaft und Mutterschaft mindestens genauso häufig auftreten wie in anderen<br />
Erkrankungen in Schwangerschaft<br />
Lebensphasen. 600 Frauen Ungefähr mit ihren 15% der Kindern Schwangeren im Rahmen haben eine psychische Raucherentwöhnungsgruppe)<br />
Störung, die häufig<br />
reits über 300 Frauen mit ihren Kin<br />
nicht diagnostiziert und behandelt wird; Wochenbettdepressionen im klinisch signifikantem<br />
eines Integrierten Versorgungsvertrages • Beratung und Therapie mit in der Problem AOK PLUS, auf der Basis v<br />
Ausmaß treten bei ca. 15% der Mütter bis zu einem Jahr nach der Geburt eines Kindes auf.<br />
oder mit Kostenübernahme der D<br />
Diemit Belastung der AOK durch PLUS, Stress, auf Angst der und Basis depressive von Einzelfallentscheidungen<br />
mit anderen Krankentens<br />
und Erlebensauffälligkeiten,<br />
Für die stationäre Behandlung bet<br />
Beschwerden ist und nochmals Konfliktsituationen höher (zwischen<br />
30% und 40%).<br />
folgreich bei Verhal<br />
behandeln.<br />
Die erste Zeit nach der Entbindung stellt für Frauen, die im Vorfeld schon einmal psychisch erkrankt<br />
waren ein besonders hohes Risiko dar, erneut psychische Beschwerden zu entwickeln.<br />
kassen oder mit Kostenübernahme der Erziehungsschwierigkeiten, heitliches Trennungs und integratives Konzep<br />
ganzheitlichen Menschenbild im Si<br />
Besonders Deutschen häufig Rentenversicherung kommt es in diesem Zusammenhang Bund aufnehmen<br />
Gedanken und erfolgreich bezogen aufbehandeln. das neugeborene Für Kind. die Gelingt es störungen, in dieser Zeitfamiliären nicht, der • Krisen somatische, psychiatrische und p<br />
zu einer depressiven und Scheidungsphasen, Symptomatik, Entwicklungs<br />
die einhergeht mit Selbstzweifeln als Mutter zu genügen, Überforderungserleben und auch Es werden folgende Behandlungs<br />
aggressiven<br />
Mutter stationäre professionelle Behandlung Hilfe, z. B. inbetroffener Form psychotherapeutischer Mütter • Gespräche Paargespräche, oder psychotroper<br />
Medikamente anzubieten, so steigt in jedem Fall die Gefahr, dass sich die Beziehung zum und gruppentherapeutischer Ele<br />
bzw. Gespräche • verhaltensorientierte mit Psychothe<br />
Kindmit nicht Ihren gesundKindern entwickelnerweist kann undsich eine liebevolle ein ganzheitliches<br />
frühe Beziehungsstörung und integratives kann im weiteren Konzept Verlauf als zu einer • Sporttherapie, Entfremdung vonKomplementierung<br />
Mut-<br />
Bindung ausbleibt. weiteren Familienangehörigen • spezielle psychopharmakologisch<br />
Diese<br />
• bedarfsorientierte Gruppenange<br />
tersinnvoll. und Kind führen, Das die Behandlungskonzept einerseits durch Vernachlässigung basiert andererseits durch durch gezielte inadäquaten<br />
Genuss-, Adipositas-, Raucheren<br />
physiotherapeutische<br />
(emotionalen) Umgang geprägt sein kann. Dieser Teufelskreis sollte so zeitig als möglich unterbrochen<br />
auf einem werden, ganzheitlichen um eine gesunde Menschenbild (psychische) Entwicklung im vonMaßnahmen<br />
Kindern zu ermöglichen.<br />
• Beratung und Therapie in Proble<br />
auffälligkeiten, Erziehungsschw<br />
lungsstörungen, familiären Krise<br />
BeiSinne der engmaschigen eines biopsychosozia Beratung undlen Betreuung Modells. psychisch erkrankter • Ergotherapie, Patientinnen Genusstraining,<br />
mit • Paargespräche, bzw. Gespräche<br />
Schwangerschaftswunsch, in der Schwangerschaft und Postpartalzeit Körperwahrnehmung fällt im Verlauf der und • Sporttherapie, Komplementierun<br />
kontinuierlichen Betreuungszeit von Monaten bis Jahren auf, dass die Frauen ihren eigenen<br />
Selbstwert Es werden in Fragefolgende stellen und dass Behandlungsangebote<br />
miteinander verbunden: • Ernährungsberatung und<br />
Vertrauen, die Fürsorge und die Entspannungstraining • Ergotherapie, Genusstraining, Kö<br />
Zuversicht für ihre ei-<br />
• Ernährungsberatung und-schulu<br />
schulung<br />
Medizinisches Rehabilitationszentrum für<br />
Psychotherapie, Psychiatrie und Psychosomatik<br />
Carola PLUS für Mutter und Kind<br />
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Celenus Klinik Carolabad<br />
Riedstraße 32, 09117 Chemnitz,<br />
Tel. 0371 8142110<br />
Kostenlose Servicehotline:<br />
0800 2276522<br />
klinik@carolabad.de, www.carolabad.de<br />
Ein Unternehmen der CelenusGruppe,<br />
Offenburg
die Sprecherin der DRV Mitteldeutschland,<br />
Ursula Wächter.<br />
Wenn der Kostenträger eine andere Einrichtung<br />
vorschlägt, können Patienten in Widerspruch<br />
gehen. Die Erfolgsaussichten sind<br />
dann besonders gut, wenn die Wunschklinik<br />
eine besondere Therapie anbietet, die für den<br />
Reha-Erfolg besser geeignet ist, wenn sie<br />
früher mit der Behandlung beginnen kann<br />
oder der frisch operierte Patient nicht so weit<br />
transportiert werden muss. Krankenkassen<br />
verlangen bei einer Wunschklinik regelmäßig<br />
die Übernahme von Mehrkosten. Wurden<br />
dabei die vorgenannten Gründe nicht berücksichtigt,<br />
lohne sich fast immer ein Widerspruch,<br />
so der Arbeitskreis Gesundheit.<br />
Wovon hängt ab, ob die Reha stationär<br />
oder ambulant durchgeführt wird?<br />
Die Entscheidung liegt maßgeblich beim<br />
Kostenträger und hängt u. a. von der Entfernung<br />
zum Wohnort ab. Das Gesetz gibt der<br />
ambulanten Reha den Vorrang. Tatsächlich<br />
wird allerdings nur ein geringer Teil ambulant<br />
durchgeführt, da diese nicht für alle Patienten<br />
gleichermaßen geeignet ist. Bei der ambulanten<br />
Reha besuchen die Betroffenen<br />
tagsüber vier bis sechs Stunden eine<br />
Reha-Einrichtung und sind ansonsten in<br />
ihrem gewohnten Umfeld, was die Rückkehr<br />
in den Alltag erleichtert. Bei der stationären<br />
Reha können sie sich ganz der Wiederherstellung<br />
ihrer Gesundheit widmen.<br />
„Ambulante Reha darf aber nicht mit einer<br />
ambulanten Behandlung beim niedergelassenen<br />
Haus- oder Facharzt oder einer ambulanten<br />
Badekur verwechselt werden“, sagt<br />
Ingo Dörr, Geschäftsführer des Arbeitskreises<br />
Gesundheit e.V. in Leipzig.<br />
Welche Kosten muss ich bei einer Reha<br />
selbst zahlen?<br />
An- und Abreise, Unterkunft, Verpflegung und<br />
medizinische Leistungen sind bei einer<br />
stationären Reha inklusive. Gegebenenfalls<br />
müssen die Patienten eine Zuzahlung leisten<br />
– zwischen fünf und zehn Euro pro Tag und<br />
längstens 42 Tage, bei einer Anschlussreha<br />
längstens 14 Tage pro Kalenderjahr. Die Höhe<br />
ist vom monatlichen Nettoeinkommen abhängig.<br />
Bis zu einem bestimmten Nettoeinkommen<br />
– zurzeit liegt die Grenze bei 1.218 Euro<br />
– entfällt die Zuzahlung. Auch Kinder, Jugendliche,<br />
Empfänger von Übergangsgeld und<br />
Hartz IV müssen nichts zuzahlen. Die Rentenversicherung<br />
empfiehlt, dem Reha-Antrag<br />
eine aktuelle Entgelt bescheinigung oder den<br />
Sozialleistungsbescheid beizulegen.<br />
Wird die Reha von der Krankenversicherung<br />
finanziert, darf die Zuzahlung zwei Prozent<br />
●<br />
●<br />
18 <strong>REHA</strong> KOMPASS
vom Bruttojahreseinkommen nicht übersteigen,<br />
bei chronisch Kranken gilt die Grenze<br />
von einem Prozent. Bei Reha-Leistungen, die<br />
durch die gesetzliche Unfallversicherung<br />
erbracht werden, besteht in der Regel keine<br />
Zuzahlungspflicht.<br />
Darf ich meinen Partner oder meine Kinder<br />
mit zur Reha nehmen?<br />
Viele Kliniken gestatten gegen einen Aufpreis<br />
die Begleitung durch den Partner – entweder<br />
im Doppelzimmer oder mit Aufbettung. In<br />
seltenen Fällen, etwa einer gleichzeitigen<br />
Erkrankung von zwei Familienmitgliedern,<br />
kann die Reha auch gemeinsam durchgeführt<br />
werden. Die Mitnahme von gesunden<br />
Kindern unter zwölf Jahren ist unter<br />
bestimmten Voraussetzungen möglich –<br />
beispielsweise, wenn niemand den Haushalt<br />
weiterführen kann.<br />
Wie wirkt sich die Reha auf mein Gehalt<br />
und meine Rente aus?<br />
Der Arbeitgeber muss grundsätzlich bis zu<br />
sechs Wochen weiter Gehalt zahlen. Ist der<br />
Anspruch wegen gleichartiger Vorerkrankung<br />
ganz oder teilweise verbraucht, kann man<br />
laut Rentenversicherung Übergangsgeld für<br />
die Dauer der medizinischen Reha erhalten<br />
– vorausgesetzt, man hat zuvor Arbeitseinkünfte<br />
erzielt und Rentenversicherungsbeiträge<br />
gezahlt. Das Übergangsgeld beträgt<br />
für Versicherte ohne Kind 68 Prozent und<br />
mit Kind(ern) 75 Prozent vom letzten Nettogehalt.<br />
Haben die Versicherten Anspruch auf<br />
Übergangsgeld, übernimmt die Rentenversicherung<br />
alle Sozialversicherungsbeträge<br />
– außer dem Beitragszuschlag für Kinderlose<br />
zur Pflegeversicherung. „Der Rentenanspruch<br />
bleibt natürlich erhalten“, sagt<br />
Dr. Nürnberg. Bei einer Reha der Krankenversicherung<br />
gibt es nach Ende der<br />
Lohnfortzahlung für bis zu 78 Wochen<br />
Krankengeld (70 Prozent des bisherigen<br />
Bruttolohns abzüglich der Sozialbeiträge),<br />
von der Unfallversicherung Verletztengeld<br />
(80 Prozent vom Brutto).<br />
Foto: Ronald Bonß<br />
KLETTERN VERSTÄRKT<br />
DAS VERTRAUEN<br />
Die Therapie<br />
Kevin Grossmann (rechts) ist hochkonzentriert.<br />
Bloß nicht danebengreifen! Doch der<br />
Klettertherapeut Dieter Donath und<br />
Kevins Mutter sichern den Jungen.<br />
Klara Fraunhofer wird als Nächste dran sein<br />
und versucht, sich etwas von dem Jungen<br />
abzuschauen.<br />
Sich etwas zutrauen, an die Sicherheit des<br />
Partners denken, ihm vertrauen – diese<br />
Voraussetzungen braucht es, um den<br />
künstlich errichteten Felsen im Mutter-Kind-<br />
Kurhaus des Gesundheitszentrums Jonsdorf<br />
zu besteigen. „Deshalb ist die Klettertherapie<br />
ein wichtiger Bestandteil unserer Mutter-Kind-<br />
Kur. Wir festigen damit die Mutter-Kind-<br />
Beziehung“, sagt Erzieherin Monika Scholze.<br />
Doch nicht nur die pädagogische Seite – wie<br />
das gemeinsame Streben nach einem Ziel –<br />
macht das Klettern so attraktiv. Es schult<br />
alle Muskelgruppen, fördert die Koordination<br />
und die Konzentration“, sagt Dieter<br />
Donath. „Klettern liegt in unseren Genen.<br />
Jeder kann das, auch wenn er vielleicht<br />
etwas ängstlich oder nicht so sportlich ist.<br />
Dafür gibt es ja unterschiedliche Schweregrade.“<br />
Einmal innerhalb von drei Wochen<br />
Kur wird das Klettern angeboten. Ginge es<br />
nach unseren Gästen, könnte es öfter sein,<br />
doch der Kurablauf gibt leider nicht mehr<br />
her“, sagt Monika Scholze.<br />
<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />
19
WENN DER ANTRAG<br />
ABGELEHNT WIRD<br />
VON STEFFEN KLAMETH<br />
Ein Verein in Leipzig erklärt, wie ein Widerspruch<br />
Erfolg hat. Eine Reha kann aus<br />
verschiedenen Gründen abgelehnt werden,<br />
etwa wenn geringe Erfolgsaussichten bestehen<br />
oder der Antragsteller nicht rehabilitationsbedürftig<br />
bzw. -fähig ist. Erscheint die<br />
Ablehnung unbegründet, sollten Betroffene<br />
Widerspruch einlegen und diesen mit Unterstützung<br />
ihres Arztes begründen, rät Ingo<br />
Dörr, Geschäftsführer des Arbeitskreises<br />
Gesundheit. Der gemeinnützige Verein<br />
wurde 1989 in Leipzig gegründet und setzt<br />
sich für die Rechte der Versicherten ein.<br />
Herr Dörr, der Anspruch auf eine<br />
Reha-Leistung ist gesetzlich klar geregelt.<br />
Warum gibt es dann Ihren Verein?<br />
Früher lag der Schwerpunkt unserer Arbeit<br />
auf der Erstellung eines werbefreien Klinikverzeichnisses.<br />
Das gibt es immer noch, aber<br />
heute kümmern wir uns hauptsächlich um<br />
die Beratung der Patienten und dabei vor<br />
allem um den Zugang zur Reha. Denn da<br />
liegt vieles im Argen.<br />
Wie schwer ist es denn, einen Reha-Antrag<br />
genehmigt zu bekommen?<br />
Das kommt auf den Reha-Träger an, der den<br />
Antrag bearbeitet. Die meisten Probleme<br />
gibt es nach unserer Erfahrung mit einigen<br />
Ersatzkassen. Manche dieser Ablehnungen<br />
hinterlassen schon einen Eindruck von<br />
Willkür. Patienten müssen sich da buchstäblich<br />
ihr Recht erkämpfen. Aber es lohnt<br />
sich. Die Erfolgsraten sind sehr hoch.<br />
Welche Kassen meinen Sie genau?<br />
Es sind erfahrungsgemäß oft die Kassen, die<br />
einen besonders hohen Zusatzbeitrag verlangen.<br />
Sie stehen unter finanziellem Druck<br />
und sehen bei der Reha ein Sparpotenzial.<br />
Da werden berechtigte Anträge abgelehnt,<br />
die Patienten einem anderen Kostenträger<br />
zugeschoben, oder es wird der Wunsch nach<br />
itpdesign.de | Foto: ©Fotolia.com<br />
Neukirchen, Hauptstr. 96, Tel.: 0371 / 2780874<br />
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20 <strong>REHA</strong> KOMPASS
einer bestimmten Klinik nicht gewährt, weil<br />
es eine andere Einrichtung billiger macht.<br />
Für die Reha-Träger gilt doch aber das<br />
Wirtschaftlichkeitsgebot.<br />
Richtig, aber die Erfüllung des Reha-Zieles<br />
darf darunter nicht leiden. Vorrang hat die<br />
medizinisch am besten geeignete Klinik. Man<br />
muss wissen, dass die Verträge über die<br />
Behandlungskosten zwischen Kliniken und<br />
Krankenkassen ausgehandelt werden. Da<br />
gewinnen zunächst die Kliniken, die den<br />
billigsten Preis bieten. Ein billiger Preis ist<br />
aber nicht immer ein günstiger Preis, wenn<br />
er auf Kosten von Therapie und Personal<br />
erzielt wird.<br />
Für viele stationäre Reha-Leistungen ist die<br />
Deutsche Rentenversicherung zuständig.<br />
Wie läuft es dort?<br />
Ich denke, dort läuft es besser. Diese<br />
Patienten haben allerdings aufgrund einer<br />
anderen Gesetzeslage nur ein eingeschränktes<br />
Wahlrecht bei der Klinik. Gute Chancen<br />
bestehen dann, wenn die Wunschklinik<br />
medizinisch besser geeignet ist oder wenn<br />
der Patient seinen Wunsch mit wichtigen<br />
persönlichen Lebensumständen begründen<br />
kann, z. B. der Möglichkeit von Angehörigenbesuchen<br />
bei betagten Patienten oder bei<br />
Patienten mit Kleinkindern.<br />
Wie helfen Sie den Patienten?<br />
Je nach Fall unterstützen wir sie telefonisch,<br />
leisten Formulierungshilfe beim Antrag oder<br />
Widerspruch, telefonieren mit dem Reha-<br />
Träger oder holen uns anwaltliche Hilfe für den<br />
einstweiligen Rechtsschutz oder eine Klage. Bei<br />
erneuter Ablehnung bleibt eine Klage vorm<br />
Sozialgericht, die allerdings lange dauert. Die<br />
Gerichtsverfahren gewinnen wir regelmäßig.<br />
Was kostet die Beratung?<br />
Die Beratung ist kostenlos. Wir finanzieren<br />
uns aus Mitgliedsbeiträgen von rund 200<br />
Reha-Kliniken.<br />
WER IST ZUSTÄNDIG?<br />
Das Lexikon<br />
An wen der Reha-Antrag geht und wer die Kosten<br />
übernimmt, ist vom Reha-Träger abhängig.<br />
Rentenversicherung: Die Mehrzahl der medizinischen<br />
und beruflichen Reha-Leistungen in Deutschland werden<br />
von der Deutschen Rentenversicherung genehmigt und<br />
bezahlt – in der Regel für Berufstätige. Zur Rentenversicherung<br />
gehören u. a. die Bundesversicherungsanstalt<br />
für Angestellte, die Landesversicherungsanstalten und die<br />
Bundesknappschaft. Für Sachsen ist die Mitteldeutsche<br />
Rentenversicherung zuständig.<br />
Gesetzliche Krankenversicherung: Dazu zählen neben<br />
den AOKs auch die Betriebs- und die Ersatzkassen wie<br />
TK und Barmer sowie die Bundesknappschaft und die<br />
Künstlersozialkasse. Die Krankenversicherung bezahlt<br />
medizinische Leistungen zur Rehabilitation und zur<br />
Teilhabe, wenn die Versicherten nicht mehr berufstätig<br />
sind bzw. trotz Reha keine Aussicht auf Rückkehr ins<br />
Berufsleben besteht.<br />
Gesetzliche Unfallversicherung: Bei Arbeitsunfällen,<br />
Berufskrankheiten sowie Schul- und Kindergarten-<br />
Unfällen kommt die Unfallversicherung für die<br />
Reha-Kosten auf. Dazu gehören die Berufsgenossenschaften<br />
und Unfallkassen.<br />
Sozialhilfe: Landschafts- und Landeswohlfahrtsverbände<br />
sowie Landessozialämter sind Träger der Sozialhilfe.<br />
Sie übernehmen die Kosten für Reha-Leistungen für<br />
Menschen mit Behinderung, sofern kein anderer Träger<br />
zuständig ist.<br />
Öffentliche Jugendhilfe: Die örtlichen Jugendämter<br />
bezahlen Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe bei<br />
Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen unter<br />
27 Jahren, falls kein anderer Reha-Träger zuständig ist.<br />
Bundesagentur für Arbeit: Die Arbeitsagenturen sind für<br />
Leistungen der beruflichen Reha und Teilhabe zuständig,<br />
wenn hierfür kein anderer Träger verantwortlich ist.<br />
Reha-Servicestellen: 2002 erhielten die Rehabilitationsträger<br />
den Auftrag, bundesweit Gemeinsame Servicestellen<br />
einzurichten. Damit sollten insbesondere<br />
Behinderte und von Behinderung bedrohte Menschen<br />
eine zentrale Anlaufstelle erhalten. Die Servicestellen<br />
arbeiteten trägerübergreifend und klärten unter<br />
anderem, welcher Träger für die gewünschte Leistung<br />
zuständig war. Mit dem neuen Bundesteilhabegesetz hat<br />
sich die Rechtslage seit <strong>2019</strong> geändert. Die gemeinsamen<br />
Servicestellen wurden aufgelöst, stattdessen sind bei den<br />
genannten Rehaträgern sogenannte Ansprechstellen<br />
geschaffen worden. Sie sollen dem Antragsteller den Weg<br />
zum jeweils zuständigen Träger weisen. Gehört die<br />
Beratungsstelle selbst zum zuständigen Träger (z. B. die<br />
Rentenversicherung für Berufstätige), dann darf sie auch<br />
eine Beratung durchführen. (rnw / sk)<br />
<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />
21
WENN DER DARM<br />
NICHT MEHR KANN<br />
VERDAUUNGS- UND STOFFWECHSELSTÖRUNGEN – IN DER<br />
FALKENSTEIN-KLINIK BAD SCHANDAU LERNEN PATIENTEN MIT DICK-<br />
DARMKREBS ODER MORBUS CROHN, IHRE KRANKHEIT ANZUNEHMEN.<br />
Foto: Ronald Bonß<br />
Als Franz Nowak zur Reha in die Sächsische Schweiz kam, hatte er 20 Kilo verloren<br />
und schaffte gerade mal eine Runde um die Klinik. Nach den drei Wochen waren<br />
es bereits zehn Kilometer. „Jetzt bin ich viel fitter“, sagt der 36-Jährige, der unter der<br />
unheilbaren Krankheit Morbus Crohn leidet.<br />
VON STEFFEN KLAMETH<br />
Früher konnte Franz Nowak Türen und<br />
Fenster durch die Gegend tragen, als seien<br />
sie aus Pappe. „Heute hänge ich dran wie ein<br />
Schluck Wasser“, sagt der 36-Jährige, der in<br />
der Nähe von Bautzen lebt. Zwischen Früher<br />
und Heute liegen reichlich 16 Jahre. Ein Leidensweg,<br />
der ziemlich seltsam begann: „Eines<br />
Tages hatte ich plötzlich ganz dicke Lippen“,<br />
erinnert er sich. Er bekam Medikamente, aber<br />
die Krankheit kehrte immer wieder zurück.<br />
Die Ursache entdeckten die Ärzte erst, als<br />
der junge Mann ein paar Jahre später wegen<br />
einer Fistel am Hintern ins Krankenhaus<br />
kam: Morbus Crohn, eine entzündliche<br />
Darmerkrankung. Bei mehreren OPs wurden<br />
nach und nach besonders betroffene<br />
Darmabschnitte entfernt und ein künstlicher<br />
Ausgang gelegt, nach einem starken Schub<br />
im Mai dieses Jahres verlegten die Ärzte das<br />
Stoma auf die rechte Seite. Beide Male war<br />
er im Anschluss zur Reha in der Falkenstein-<br />
Klinik im Bad Schandauer Ortsteil Ostrau.<br />
„Ich war total geschwächt, hatte 20 Kilo<br />
verloren“, sagt der Patient.<br />
DIE KLINIK: Als Franz Nowak das erste Mal<br />
die Klinik sah, war er beeindruckt: Weit reicht<br />
22 <strong>REHA</strong> KOMPASS
der Blick von dem Plateau oberhalb der Elbe,<br />
die Felsen der Sächsischen Schweiz scheinen<br />
zum Greifen nah. „Die Natur ist genauso<br />
Bestandteil unserer Therapie wie die<br />
Ernährung“, sagt der stellvertretende<br />
Chefarzt Dr. Uwe Häntzschel. „Wir behandeln<br />
Patienten mit gastroenterologischen,<br />
Stoffwechsel- und Herz-Kreislauf-<br />
Erkrankungen.“ Die Falkenstein-Klinik ist<br />
damit eine von vier in Sachsen, die sich auf<br />
die stationäre Rehabilitation von Patienten<br />
mit Verdauungs- und / oder Stoffwechselstörungen<br />
spezialisiert haben.<br />
Entsprechend vielseitig ist der Speiseplan:<br />
Die einen bekommen mittags ein Drei-Gänge-<br />
Menü mit Szegediner Gulasch als Hauptspeise,<br />
die anderen müssen sich mit einer<br />
Rinderkraftbrühe begnügen. Dazwischen gibt<br />
es eine Vielzahl weiterer Angebote für jede<br />
erdenkliche Ernährungsform und Unverträglichkeit:<br />
leicht oder vegetarisch, lactosefrei<br />
oder fructosearm, Schon- oder LOGI-Kost.<br />
Die Kombination der Fachgebiete, die<br />
moderne Ausstattung und ein kompetentes<br />
Mitarbeiterteam sind für Häntzschel die<br />
entscheidenden Dinge, mit denen die<br />
Falkenstein-Klinik punkten kann – und die<br />
außergewöhnliche Lage.<br />
DIE ERKRANKUNGEN: Die Gastroenterologie<br />
beschäftigt sich mit Erkrankungen des<br />
Magen-Darm-Trakts und der damit verbundenen<br />
Organe Leber, Gallenblase und<br />
Bauchspeicheldrüse (Pankreas). Eng damit<br />
verbunden ist der Stoffwechsel, also die<br />
Umwandlung von Nährstoffen und Sauerstoff<br />
in Energie. Beide Fachgebiete werden<br />
deshalb häufig in einem Atemzug genannt<br />
und in der Medizin oft auch von den gleichen<br />
Ärzten behandelt. Eingriffe am Darm führten<br />
vergangenes Jahr die Liste der häufigsten<br />
Operationen in deutschen Krankenhäusern<br />
an. Bei den stationären medizinischen<br />
Reha-Leistungen machen die Verdauungsund<br />
Stoffwechselerkrankungen laut<br />
Dr. Uwe Häntzschel<br />
Falkenstein-Klinik<br />
in Bad Schandau<br />
Der leitende Arzt wirkte<br />
maßgeblich am Therapiekonzept<br />
der Rehaklinik<br />
mit. „Es ist ein Glück zu<br />
arbeiten“, sagt der 76-Jährige,<br />
der seinen Chefarztposten in<br />
der Abteilung für Verdauungsund<br />
Stoffwechselerkrankungen inzwischen an<br />
Elisabeth Braun abgegeben hat. Der gebürtige Chemnitzer<br />
hat unter anderem in Kliniken in Erlabrunn, Rostock und<br />
Neubrandenburg gearbeitet. Häntzschel ist Spezialist für<br />
Gastroenterologie, Diabetologe und Ernährungsmediziner.<br />
Deutscher Rentenversicherung etwa<br />
vier Prozent aus.<br />
DIE PATIENTEN: Ein Teil der gastroenterologischen<br />
Patienten kommt nach einer<br />
Krebsbehandlung nach Ostrau. „Sie sind von<br />
der Operation und den folgenden Therapien<br />
geschwächt, können nur wenig essen,<br />
vielleicht den Stuhl nicht mehr halten oder<br />
haben andere Einschränkungen“, sagt<br />
Häntzschel. Er beobachtet in den letzten<br />
Jahren eine deutliche Zunahme an Patienten<br />
mit Dickdarmkrebs. Die zweite Gruppe sind<br />
Patienten mit chronisch-entzündlichen<br />
Darmerkrankungen, insbesondere Morbus<br />
Crohn und Colitis ulcerosa. Laut Häntzschel<br />
sind in Deutschland rund 500.000 Menschen<br />
davon betroffen, darunter viele junge Leute.<br />
Sie leiden unter Durchfall (auch blutig),<br />
Bauchschmerzen, Gewichtsverlust und<br />
Mitreaktionen anderer Organe.<br />
Zum Teil haben sie auch schwerwiegende<br />
psychosoziale Probleme.<br />
Dazu können Entzündungen an anderen<br />
Organen kommen. Erkrankungen des Pankreas<br />
sind unter anderem Folge eines ungesunden<br />
Lebensstils. „Hier geht es darum, die<br />
Funktion des geschädigten oder entfernten<br />
Foto: Ronald Bonß<br />
<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />
23
Foto: iStockphoto.com/ © Tharakorn<br />
Organs zu ersetzen“, erklärt der Arzt, der auf<br />
diesem Gebiet geforscht hat. Häufigste<br />
Erkrankung in diesem Zusammenhang sei<br />
der Typ-3-Diabetes-mellitus.<br />
Zahlreiche Patienten leiden unter einer<br />
Divertikulitis (einer Entzündung im Dickdarm)<br />
oder haben Probleme mit der Wundheilung.<br />
Andere müssen sich an ein Stoma – einen<br />
künstlichen Darmausgang – gewöhnen. Bei<br />
Patienten mit Stuhlverstopfung, Reizdarm<br />
und Nahrungsunverträglichkeiten setzt die<br />
Reha-Klinik die Diagnose fort, um die<br />
genauen Ursachen der Unverträglichkeit zu<br />
finden. „Wir arbeiten wie Detektive“, sagt<br />
Häntzschel. Patienten mit Stoffwechselproblemen<br />
wie Diabetes und Gicht sowie mit<br />
krankhaftem Übergewicht (Adipositas)<br />
machen in Ostrau etwa ein Drittel aus und<br />
sind auf einer eigenen Station untergebracht.<br />
Häntzschel: „Hier ist meist eine<br />
Umstellung des Lebensstils gefragt.“<br />
DIE THERAPIEN: Jeder Patient erhält einen<br />
individuellen Behandlungsplan. Bei der<br />
Mehrzahl gehe es darum, die Defizite nach<br />
einer Operation auszugleichen, sagt<br />
Häntzschel. „Die Patienten sollen Kraft<br />
schöpfen, mehr Beweglichkeit und Ausdauer<br />
gewinnen.“ Aber auch der Umgang<br />
mit den Folgen der Krankheit müsse gelernt<br />
werden: Wie spritzt man Insulin? Wie geht<br />
man mit einem Stoma um? In Ostrau hat<br />
man dafür einen treffenden Namen:<br />
Fahrschule.<br />
Das Reha-Konzept der Falkenstein-Klinik fußt<br />
– neben den Medikamenten und der psychosozialen<br />
Betreuung – auf vier Säulen:<br />
Ernährung, Bewegung, Entspannung, Natur.<br />
„Ernährung ist mehr als nur Essen“, betont<br />
der frühere Chefarzt. Es gehe um Energieund<br />
Flüssigkeitszufuhr, aber auch ums<br />
Kochen und kulturvolles Speisen.<br />
Ernährungsberatung findet sowohl individuell<br />
als auch in der Gruppe statt. Dafür steht<br />
auch eine Lehrküche zur Verfügung. Die<br />
Patienten lernen, wie man sich gesund<br />
ernährt und auf welche Nahrungsmittel sie<br />
künftig verzichten sollten.<br />
Die Physio- und Bewegungstherapie zielt<br />
auf die Verbesserung der Kondition, den<br />
Aufbau von Muskelmasse und – bei übergewichtigen<br />
Patienten – auf einen Abbau<br />
von Körperfett. Bei Patienten mit chronischentzündlichen<br />
Darmerkrankungen könnte<br />
durch Bewegung auch der Appetit angeregt<br />
und der Abbau von Entzündungsstoffen<br />
gefördert werden.<br />
In der Falkenstein-Klinik verfolgen die Ärzte<br />
einen ganzheitlichen Ansatz. „Die Gesundheit<br />
wird immer auch von psychischen und<br />
sozialen Faktoren beeinflusst“, sagt<br />
Häntzschel. Oft beginne das Leiden mit<br />
24 <strong>REHA</strong> KOMPASS
einem Schicksalsschlag in der Familie oder<br />
einem Kindheitstrauma. Oder die Krankheit<br />
führe zu einer Belastung der Beziehung und<br />
des Berufslebens. Neben der Schmerztherapie<br />
haben deshalb Stressabbau, Entspannungsübungen<br />
und die psychosoziale<br />
Beratung einen hohen Stellenwert in der<br />
Therapie: „Die Patienten müssen auch<br />
lernen, ihre Krankheit anzunehmen.“<br />
DIE <strong>REHA</strong>-DAUER: Eine Reha bei<br />
Verdauungs- und Stoffwechselstörungen<br />
dauert in der Regel drei Wochen.<br />
In begründeten Fällen kann auch eine<br />
Verlängerung beantragt werden.<br />
DER <strong>REHA</strong>-ERFOLG: Die große Mehrzahl<br />
der Patienten verlasse die Reha-Klinik<br />
gestärkt. Dr. Häntzschel verweist auf<br />
Studien, wonach mit einer Reha auch bei<br />
Patienten mit chronisch-entzündlichen<br />
Darmerkrankungen die Häufigkeit und<br />
die Schwere von Schüben sinken und die<br />
Arbeits- und Erwerbsfähigkeit wiederhergestellt<br />
werden kann. Ist die Rückkehr in<br />
den alten Beruf nicht möglich, werden zum<br />
Beispiel Umschulungen als Leistungen zur<br />
Teilhabe am Arbeitsleben angeboten. Bei<br />
einem kleinen Teil der Patienten können<br />
Ärzte, Therapeuten und Pfleger das Leid<br />
nur noch lindern. „Dann steht die palliative<br />
Betreuung im Vordergrund“, erklärt<br />
Dr. Häntzschel. Auch hier leiste die psychosoziale<br />
Betreuung einen wichtigen Beitrag.<br />
Franz Nowak geht es seit der neuerlichen<br />
Reha merklich besser. Er sei viel gelaufen<br />
und habe viel Krafttraining gemacht,<br />
berichtet er. „Jetzt bin ich viel fitter.“ Nur in<br />
seinen alten Beruf als selbstständiger<br />
Tischler wird er nicht mehr zurückkehren<br />
können. Stattdessen schult er zum<br />
technischen Produktdesigner um – und will<br />
auch zu Hause fleißig trainieren.<br />
Knappschafts-Klinik Warmbad<br />
Indikationen<br />
Orthopädie | Innere Medizin<br />
• Erkrankungen des Bewegungsapparates, Zustände<br />
nach Operationen (Knie, Hüfte, Wirbelsäule)<br />
und chronisch-rheumatische Erkrankungen<br />
• internistische Krankheiten, z. B. Herz-Kreislauf-<br />
Erkran kungen, Bluthochdruck, chronischischämische<br />
Herzkrankheit, arterielle und venöse<br />
periphere Durchblutungsstörungen<br />
Wir führen durch<br />
• Medizinische Rehabilitationsmaßnahmen<br />
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Rehabilitationen (MBOR)<br />
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Weiterbehandlungen (BGSW)<br />
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alle gesetzlichen und privaten Krankenkassen,<br />
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<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />
25
WIE GUT SIND<br />
SACHSENS KLINIKEN?<br />
DIE RENTENVERSICHERUNG KONTROLLIERT DIE MEISTEN<br />
<strong>REHA</strong>-KLINIKEN – UND HAT EIN EIGENES SYSTEM ZUR<br />
QUALITÄTSSICHERUNG.<br />
Foto: iStockphoto.com/ © monkeybusinessimages<br />
Reha-Maßnahmen unterliegen in Deutschland strengen Kontrollen.<br />
So soll die hohe Qualität der Angebote gesichert werden.<br />
VON STEFFEN KLAMETH<br />
Reha-Patienten haben ein Wunsch- und<br />
Wahlrecht. Doch es ist schwer für sie,<br />
die Qualität einer Klinik zu beurteilen.<br />
Wir fragten Dr. Wolf Nürnberg von der<br />
Deutschen Rentenversicherung<br />
Mitteldeutschland nach den Kriterien.<br />
Herr Dr. Nürnberg, viele Reha-Kliniken<br />
werben im Internet mit positiven<br />
Meinungen ihrer Patienten.<br />
Darf man solchen Befragungen<br />
vertrauen?<br />
Das kommt darauf an. Wenn viele Bewertungen<br />
vorliegen, lassen sich durchaus<br />
Tendenzen erkennen. Man darf nur eines<br />
nicht vergessen: Alles ist subjektiv, und die<br />
Unzufriedenen melden sich am lautesten<br />
zu Wort.<br />
Wie gut sind die sächsischen Kliniken?<br />
Ich kann nur für die Reha-Kliniken sprechen,<br />
die von der Deutschen Rentenversicherung<br />
belegt werden. Und dort ist die Qualität gut.<br />
Sie muss auch gut sein, denn wir übernehmen<br />
nur dann die Federführung für eine<br />
Klinik, wenn diese hält, was sie verspricht.<br />
26 <strong>REHA</strong> KOMPASS
Schließlich ist es Ziel der Rentenversicherung,<br />
den Patienten wieder in die<br />
Erwerbsfähigkeit zu bringen oder diese zu<br />
sichern.<br />
Und bundesweit?<br />
Sachsen muss sich nicht verstecken, im<br />
Gegenteil. Die große Mehrzahl der Kliniken<br />
wurde nach der Wende neu gebaut bzw.<br />
modernisiert. Es gab keinen Wildwuchs,<br />
sondern wir haben Verträge nur mit den<br />
Kliniken abgeschlossen, die die Strukturanforderungen<br />
der Deutschen Rentenversicherung<br />
erfüllen.<br />
Wie messen Sie die Qualität?<br />
Bevor wir mit einer Klinik einen Belegungsvertrag<br />
schließen, prüfen wir das Konzept<br />
und die Struktur, führen eine Visitation<br />
durch. Danach erfolgt eine kontinuierliche<br />
und umfassende Qualitätssicherung.<br />
Die besteht im Wesentlichen aus zwei Komplexen.<br />
Auf der einen Seite geht es um<br />
Strukturen und Prozesse: Wie steht es um<br />
die räumliche, technische und personelle<br />
Ausstattung? Bietet die Klinik die geforderten<br />
therapeutischen Leistungen an? Erfüllt sie die<br />
Reha-Therapiestandards? Auf der anderen<br />
Seite interessieren wir uns für die Ergebnisse.<br />
Dazu werden monatlich 20 Patienten pro<br />
Fachabteilung jeder Klinik befragt, und zwar<br />
acht bis zwölf Wochen nach der Entlassung.<br />
Zusätzlich lassen wir in Stichproben Entlassungsberichte<br />
prüfen. Weiterhin schauen wir<br />
auch auf den medizinischen Verlauf, um zu<br />
erfahren, ob der Versicherte das Reha-Ziel<br />
erreicht hat – die Rückkehr ins Berufsleben.<br />
Im Schnitt aller drei Jahre finden Visitationen<br />
statt, bei einer Häufung von Beschwerden<br />
oder von Baumaßnahmen kann dies auch in<br />
unregelmäßigen Zeitabständen erfolgen.<br />
Was passiert, wenn die Kontrolleure auf<br />
Mängel stoßen?<br />
Zunächst werden die Kliniken angeschrieben<br />
und um Stellungnahme gebeten. Dafür wird<br />
Foto: Georg Ulrich Dostmann<br />
Die Therapie<br />
DAS GEHT UNTER<br />
DIE HAUT<br />
Am Anfang kitzelt es vielleicht ein wenig. Oder<br />
es fühlt sich ungewohnt an. Doch unter An -<br />
leitung von Therapeut Jens Dullies kriegen die<br />
Patienten in der Dekimed-Klinik in Bad Elster<br />
schnell den Dreh raus, wie sie auf so einfache<br />
Weise ihrem Körper etwas Gutes tun können.<br />
„Das Trockenbürsten ist bei uns fester<br />
Bestandteil des Gesundheitstrainings“, sagt<br />
Chefärztin Anke Wißgott. Ob chronische<br />
Rücken schmerzen, Migräne, Erschöpfung oder<br />
Diabetes – alle Patienten profitierten von der<br />
Therapie, die auf den Naturheilkundler<br />
Sebastian Kneipp zurückgeht. Durch den<br />
leichten Druck und die kreisförmigen Bewegungen<br />
werde nicht nur die Haut gestrafft,<br />
sondern auch der Blutdruck reguliert. Mehr<br />
noch: „Beim Bürsten werden abgestorbene<br />
Hautzellen abgetragen“, erklärt Frau Wißgott.<br />
Das fördere die Entgiftung des Körpers und<br />
stärke die Abwehrkräfte. „Die positiven Effekte<br />
auf Blutzucker, Cholesterin und Harnsäure<br />
sind nachweisbar.“ Nach der Anleitung in der<br />
Gruppe sind die Patienten angehalten, das<br />
Trockenbürsten jeden Morgen vor dem<br />
Duschen selbstständig durchzuführen.<br />
Zusammen mit den anderen Therapiebausteinen<br />
wie Bewegung, Ernährung und<br />
Entspannung führe das Trockenbürsten zu<br />
einem besseren Wohlbefinden – „vorausgesetzt,<br />
man macht es regelmäßig.“ (rnw / sk)<br />
<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />
27
ein Termin festgesetzt. Meist handelt es sich<br />
um personelle Engpässe. Im äußersten Fall<br />
können wir die Belegung der Klinik einseitig<br />
stoppen. Aber das war in Sachsen nur in<br />
ganz wenigen Fällen notwendig geworden.<br />
Unser Ziel ist es, mit und nicht gegen die<br />
Kliniken zu arbeiten. Wir sind Partner.<br />
Worüber beschweren sich denn die<br />
Patienten so?<br />
Das Essen, die Sauberkeit, die Therapien – es<br />
gibt eigentlich nichts, was nicht kritisiert wird.<br />
Bei uns beschweren sich die Versicherten<br />
vor allem, wenn sie mit der sozialmedizinischen<br />
Einschätzung nicht einverstanden<br />
sind. Manche sehen nicht ein, dass sie nach<br />
der Reha wieder arbeitsfähig sind. Andere<br />
würden gern wieder arbeiten, aber die<br />
behandelnden Ärzte in der Reha-Klinik<br />
bescheinigen ihnen Arbeitsunfähigkeit.<br />
Und dann?<br />
Beschwerden werden grundsätzlich nicht<br />
einfach abgeheftet. Wir gehen jeder nach,<br />
auch wenn das ein immenser Aufwand ist.<br />
Haben solche Beschwerden Erfolg?<br />
Das ist ganz verschieden. Zufriedenheit<br />
hängt von so vielen Dingen ab, auch von der<br />
Art der Erkrankung sowie individuellen beruflichen<br />
und sozialen Faktoren. Wenn jemand<br />
mit dem Reha-Ergebnis nicht zufrieden ist,<br />
dann sucht er häufig Gründe auch bei<br />
anderen: Dem Arzt fehlt die Qualifikation,<br />
der Therapeut ist unfähig.<br />
Gibt es Qualitätsunterschiede zwischen<br />
den Klinikträgern?<br />
Die Frage ist für uns nicht entscheidend.<br />
Jede Klinik muss die Qualitätsanforderungen<br />
der Deutschen Rentenversicherung erfüllen<br />
Leidet Ihr Kind unter starkem Übergewicht, ADHS, Entwicklungsverzögerungen,<br />
Sprachstörungen, häufigen Kopfschmerzen, schweren Schulproblemen, Skoliose,<br />
Neurodermitis oder Atemwegserkrankungen hilft ihm ein mehrwöchiger Aufenthalt<br />
in einer spezialisierten Kinder- & Jugendreha-Klinik. Die Lebensqualität Ihres Kindes<br />
steigt nachhaltig, die ganze Familie wird entlastet.<br />
Ihre Rentenversicherung übernimmt die kompletten Kosten – für Ihr Kind und für<br />
eine Begleitperson bei unter 12-Jährigen. Eine Reha muss nicht in den Ferien<br />
stattfinden, denn auch Schulunterricht erfolgt in der Reha.<br />
Schreiben Sie uns eine E-Mail: kontakt@kinder-und-jugendreha-im-netz.de<br />
28 <strong>REHA</strong> KOMPASS
– unsere eigenen wie jene, mit denen wir<br />
Belegungsverträge geschlossen haben.<br />
Die gesetzliche Krankenversicherung<br />
prüft nach anderen Maßstäben. Warum<br />
eigent lich?<br />
Das kann ich nicht sagen. Ich bin<br />
leidenschaftlicher Anhänger des Qualitätssicherungssystems<br />
der Deutschen<br />
Rentenversicherung. In meinen Augen ist es<br />
sehr ausgeklügelt und in sich stimmig. Auch<br />
bei den Kliniken genießt das System eine<br />
hohe Akzeptanz.<br />
Krankenhäuser müssen ihre<br />
Qualitätsberichte veröffentlichen. Warum<br />
nicht auch die Reha-Kliniken?<br />
Die Reha-Kliniken können selbst<br />
entscheiden, ob sie die Berichte veröffentlichen<br />
– und einige machen das auch. Ich<br />
würde mich freuen, wenn alle diese Transparenz<br />
herstellen würden. Allerdings muss<br />
man wissen, dass es selbst für Fachleute<br />
nicht einfach ist, diese Berichte zu lesen.<br />
Da gibt es großen Interpretationsspielraum.<br />
Vielleicht haben die Kliniken deshalb eine<br />
gewisse Hemmung, was die Öffentlichkeit<br />
angeht.<br />
Können die Zertifikate, mit denen die Kliniken<br />
werben, eine Orientierungshilfe sein?<br />
Die Zertifizierung ist für die Kliniken notwendig,<br />
um Qualitätsansprüche zu erfüllen.<br />
Natürlich schauen auch wir darauf, denn<br />
ohne Zertifizierung dürfen wir diese gar nicht<br />
belegen. Dennoch ist dies nur ein Baustein<br />
von vielen.<br />
Deshalb können sich Patienten darauf<br />
verlassen: Wenn wir für eine Rehabilitationsleistung<br />
in einer Klinik, die unter Federführung<br />
der Deutschen Rentenversicherung<br />
steht, die Kosten übernehmen, dann stimmt<br />
auch die Qualität. Das ist praktisch so wie<br />
beim Tüv-Siegel.<br />
Service<br />
NICHTS VERGESSEN<br />
Wer in die Reha-Klinik fährt, sollte nicht nur an<br />
Hausschuhe denken. Eine kleine Packliste.<br />
Zum Anziehen:<br />
Freizeitgarderobe genügt. T-Shirts mit weitem<br />
Kragen oder zum Knöpfen. Unterwäsche,<br />
Nachthemd bzw. Schlafanzug, Hausschuhe<br />
Für die Therapie:<br />
Trainingsanzug oder Jogginghosen bzw.<br />
Leggins, T-Shirt, Turnschuhe für drinnen und<br />
draußen.<br />
Für Bad und Sauna:<br />
Badehose / -anzug, Badeschuhe und -kappe,<br />
Bademantel<br />
Für die Pflege:<br />
Zahnputzzeug, gegebenenfalls Prothesenbecher<br />
und Haftcreme, Kamm, Deo,<br />
Rasierzeug, Feuchttücher<br />
Für jedes Wetter:<br />
Regenjacke, feste Schuhe, Regenschirm,<br />
Sonnencreme<br />
Für die Gesundheit:<br />
gegebenenfalls Medikamente, Medikationsplan,<br />
Krankenkassen-Chipkarte<br />
Für die Freizeit:<br />
Bücher / Reiseführer, Musik, Strickzeug,<br />
Schreibzeug. Und etwas Persönliches, das an<br />
die Lieben zu Hause erinnert – ein Foto, ein<br />
Andenken ...<br />
Wer ganz sicher gehen will, sollte sich vor der<br />
Anreise noch mal bei der Reha-Klinik kundig<br />
machen. Viele Einrichtungen haben auf ihren<br />
Internetseiten eine Checkliste veröffentlicht<br />
– oder sie verschicken sie auf telefonische Bitte.<br />
Sie vermissen in der Aufzählung das Handy<br />
oder Tablet? Das darf natürlich mit, um den<br />
Kontakt nach Hause zu halten. Aber versuchen<br />
Sie, die Nutzung zu begrenzen. Und Arbeit hat<br />
bei der Reha gar nichts zu suchen! (rnw)<br />
<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />
29
DIE QUALITÄT IST EIN<br />
BETRIEBSGEHEIMNIS<br />
KONTROLLE – <strong>REHA</strong>-EINRICHTUNGEN WERDEN STRENG GEPRÜFT.<br />
DIE ERGEBNISSE DÜRFEN ABER NICHT ALLE SEHEN.<br />
VON STEFFEN KLAMETH<br />
Stimmt die Lage? Schmeckt das Essen?<br />
Ist das Personal nett? Wenn die Antwort<br />
dreimal ja lautet, dann sind viele Patienten<br />
beruhigt: In dieser Reha-Einrichtung wird es<br />
mir gut ergehen.<br />
Vielleicht geht wirklich alles gut. Schließlich<br />
tragen die Umgebung, das Essen und die<br />
Freundlichkeit der Mitarbeiter eine Menge<br />
dazu bei, dass sich Patienten wohlfühlen.<br />
Der Erfolg einer medizinischen Rehabilitation<br />
hängt aber maßgeblich von anderen Dingen<br />
ab: die Anzahl und Qualifikation der Mit-<br />
FachklinikumSachsenhof<br />
arbeiter, die Ausstattung der Einrichtung, die<br />
Bausteine und der Ablauf der Behandlungen,<br />
die Vielfalt an Ernährungsangeboten. Das<br />
Problem: Selbst wenn sich Patienten für<br />
solche Qualitätsdaten interessieren würden<br />
– sie haben kein Recht darauf. Die Ergebnisse<br />
seien „Betriebsgeheimnisse“ und<br />
unterlägen dem Sozialdatenschutz, erklärt<br />
Meinolf Moldenhauer vom Spitzenverband<br />
der Gesetzlichen Krankenversicherung.<br />
Dabei herrscht an Informationen kein Mangel.<br />
Das Thema Qualität spielt gerade in der<br />
Rehabilitation eine zunehmend wichtige<br />
Rolle. Ambulante und stationäre Vorsorgeund<br />
Reha-Einrichtungen sind per Gesetz<br />
zur regelmäßigen Überprüfung der Vorgaben<br />
verpflichtet. Die Ergebnisse werden<br />
mithilfe spezifischer Verfahren bewertet<br />
und zertifiziert. Neben diesem internen<br />
Qualitätsmanagement gibt es noch externe<br />
Prüfungen durch die beiden größten<br />
Kostenträger: die Deutsche Rentenversicherung<br />
(DRV) und die gesetzliche<br />
Krankenversicherung (GKV).<br />
Postakut-<br />
Postakut- und<br />
und Rehazentrum<br />
Rehazentrum für<br />
für Orthopädie<br />
Orthopädie und<br />
und Kardiologie<br />
Kardiologie<br />
Badstr.<br />
Badstr. 21,<br />
21, 08645<br />
08645 Bad<br />
Bad Elster<br />
Elster<br />
info@fachklinikum-sachsenhof.de<br />
info@fachklinikum-sachsenhof.de<br />
www.fachklinikum-sachsenhof.de<br />
www.fachklinikum-sachsenhof.de<br />
FachklinikumSachsenhof Infohotline (kostenlos) 0800 277-3784<br />
Unsere<br />
Unsere Vorteile:<br />
Vorteile:<br />
• AHB,<br />
AHB, Reha<br />
Reha und<br />
und Vorsorge<br />
Vorsorge auf<br />
auf hohem<br />
hohem medizinischen<br />
medizinischen Niveau<br />
Niveau<br />
• Frühzeitige<br />
Frühzeitige Aufnahme<br />
Aufnahme aus<br />
aus dem<br />
dem Akutkrankenhaus<br />
Akutkrankenhaus<br />
• Aufnahme<br />
Aufnahme an<br />
an 7 Tagen<br />
Tagen in<br />
in der<br />
der Woche<br />
Woche (auch<br />
(auch mit<br />
mit Begleitperson)<br />
Begleitperson)<br />
• Interdisziplinäres<br />
Interdisziplinäres Therapiekonzept<br />
Therapiekonzept<br />
• Pauschalangebote<br />
Pauschalangebote für<br />
für selbst<br />
selbst finanzierten<br />
finanzierten Kuraufenthalt<br />
Kuraufenthalt<br />
• Komfortable<br />
Komfortable Unterbringung<br />
Unterbringung in<br />
in wunderschönem<br />
wunderschönem Ambiente<br />
Ambiente<br />
• Kooperation<br />
Kooperation mit<br />
mit Pflegeeinrichtung<br />
Pflegeeinrichtung für<br />
für pflegebedürftige<br />
pflegebedürftige<br />
Begleitpersonen<br />
Begleitpersonen (Kurzzeitpflege)<br />
(Kurzzeitpflege)<br />
30 <strong>REHA</strong> KOMPASS
Diese Prüfungen sind äußerst komplex.<br />
Im Wesentlichen dreht sich alles um drei<br />
Bereiche: Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität,<br />
also Ausstattung, Abläufe und Resultate.<br />
Wie das im Einzelnen abläuft, schildert<br />
Dr. Wolf Nürnberg von der Deutschen<br />
Rentenversicherung Mitteldeutschland im<br />
Interview. Nach Angaben der DRV nehmen<br />
zurzeit etwa 950 Reha-Einrichtungen oder<br />
-Fachabteilungen daran teil.<br />
Die gesetzliche Krankenversicherung hat das<br />
BQS-Institut in Düsseldorf mit der externen<br />
Qualitätssicherung beauftragt. Es orientiert<br />
sich ebenfalls an den Kriterien der Rentenversicherung,<br />
nutzt dabei aber ein eigenes<br />
System: das QS-Reha-Verfahren. Dazu<br />
gehören Befragungen von rund 600 Fachabteilungen<br />
und von Patienten sowie<br />
Vor-Ort-Kontrollen im dreijährigen Turnus.<br />
Zwischen 2007 und 2011 wurde das Verfahren<br />
grundlegend überarbeitet. Seitdem<br />
hat sich der Umfang immer mehr erweitert.<br />
Im September hat die dritte Erhebungsrunde<br />
begonnen, bei der neun stationäre<br />
und drei ambulante Reha-Bereiche einbezogen<br />
werden.<br />
PATIENTENMEINUNG IST WICHTIG: Die<br />
Meinung der Patienten spielt sowohl für die<br />
Rentenversicherung als auch für die Krankenkassen<br />
eine wichtige Rolle. Die Patienten<br />
werden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt<br />
und zu Beginn, zum Abschluss und einige<br />
Zeit nach der Rehamaßnahme befragt: Hat<br />
Ihr Arzt oder Therapeut Ihnen erklärt, wofür<br />
die einzelnen Therapien gut waren?<br />
Wie häufig kam es vor, dass bei einer<br />
bestimmten Einzeltherapie (z. B. Krankengymnastik)<br />
Ihr jeweiliger Therapeut<br />
wechselte? Wissen Sie, was Sie nach der<br />
Rehabilitation aufgrund Ihrer Erkrankung<br />
tun dürfen, und was Sie nicht tun dürfen?<br />
Das sind nur drei von über 40 Fragen, die<br />
Patienten in der sogenannten Nachbefragung<br />
beantworten sollen.<br />
Foto: iStockphoto.com/ © KatarzynaBialasiewicz<br />
Die Ergebnisse werden den Kliniken in Form<br />
von ausführlichen Berichten übermittelt.<br />
Die DRV operiert dabei mit Punkten und<br />
Noten, die GKV mit Mittelwerten und Summenscores.<br />
Damit können sich die Kliniken<br />
zwar mit dem Durchschnitt der anderen<br />
Einrichtungen des gleichen Fachgebiets<br />
vergleichen, allerdings nur innerhalb des<br />
jeweiligen Prüfsystems. Die Berichte seien<br />
„nur sinnvoll zu lesen und zu verstehen,<br />
wenn man ein gewisses Verständnis für die<br />
Methodik hat“, räumt Meinolf Moldenhauer<br />
von der GKV ein.<br />
Patienten haben dieses Verständnis<br />
gewöhnlich nicht. Das allein begründet nach<br />
Ansicht des Sachverständigenrates im<br />
Gesundheitswesen allerdings noch längst<br />
nicht die Geheimniskrämerei. In ihrem<br />
Gutachten zur Rehabilitation schlagen die<br />
Experten vor, die Qualitätsdaten in Form von<br />
Vergleichsportalen laienverständlich aufzubereiten.<br />
Dies „könnte die Transparenz<br />
deutlich erhöhen und die Position der<br />
Rehabilitanden bei der Auswahl geeigneter<br />
Einrichtungen und Behandlungskonzepte<br />
stärken.“ Der Vorschlag ist inzwischen vier<br />
Jahre alt – getan hat sich seitdem nichts.<br />
<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />
31
WIEDER MOBILER<br />
IM ALTER<br />
GERIATRISCHE <strong>REHA</strong> – SPEZIELLE THERAPIEN SOLLEN SENIOREN VOR<br />
DER PFLEGE BEWAHREN. NACH DER <strong>REHA</strong> IN ZWENKAU KÖNNEN DIE<br />
MEISTEN ZURÜCK NACH HAUSE.<br />
Foto: Ronald Bonß<br />
Für den Muskelaufbau ist es nie zu spät: Waltraud Tomaczak aus Leipzig<br />
bei der Bewegungstherapie in der Reha Zwenkau.<br />
VON GABRIELE FLEISCHER<br />
Waltraud Tomaczak hat Probleme mit dem<br />
Laufen. Die 84-Jährige aus Leipzig ist zwar geistig<br />
noch fit. Aber Alltagsdinge fallen ihr zunehmend<br />
schwerer. An eine Reha hatte sie nie<br />
gedacht. Erst als sie vom Medizinischen Dienst<br />
der Krankenkassen wegen einer Pflegestufe<br />
begutachtet wurde, hörte sie von der Möglichkeit.<br />
Kinder und Enkel redeten ihr zu. Und so<br />
bekam sie zwei Monate nach ihrem Antrag die<br />
Zusage, für drei Wochen ins Geriatriezentrum<br />
Zwenkau zu fahren. Es ist eine von vier Kliniken<br />
in Sachsen, die sich auf die Rehabilitation alter,<br />
kranker Menschen spezialisiert haben.<br />
Im Geriatriezentrum Zwenkau, das seit 2017<br />
zu den Sana Kliniken Leipziger Land gehört,<br />
hängen Kinderzeichnungen in den Gängen:<br />
ein Skateboard fahrender Opa, ein Senior<br />
als Batman und eine flotte ältere Dame unterwegs<br />
mit dem Rollator. So stellen sich<br />
Teenager aus Markleeberg Bewegung im Alter<br />
vor. Die Patienten in Zwenkau sind im<br />
Durchschnitt 81 Jahre alt. „Bewegung ist bei<br />
ihnen genau unser Ansatz“, sagt der ärztliche<br />
Direktor Dr. Ralf Sultzer – wenn auch etwas<br />
anderer Art.<br />
DIE DIAGNOSE: Knapp 50 Prozent der<br />
Patienten treten die geriatrische Reha nach<br />
einer chirurgischen Behandlung an, also nach<br />
Brüchen in Beinen, Armen und Hüftgelenken.<br />
Viele haben Endoprothesen und ein hohes<br />
Sturzrisiko. „Hier dürfen wir keine Zeit verlieren.<br />
Die Muskeln müssen schnell wieder<br />
32 <strong>REHA</strong> KOMPASS
aufgebaut werden. Denn je länger man damit<br />
im Alter wartet, umso schwieriger wird es“,<br />
sagt Ralf Sultzer, der auch Chefarzt ist. 15 bis<br />
20 Prozent der Patienten haben neurologische<br />
Erkrankungen, kommen beispielsweise nach<br />
einem Schlaganfall und haben Koordinationsschwierigkeiten.<br />
Andere werden nach internistischen<br />
Behandlungen zur Reha geschickt. Oft<br />
sind es mehrere Krankheiten wie die Operation<br />
eines Bruchs, Orientierungsstörungen und<br />
Diabetes. „Ziel ist es, Menschen mit körperlichen<br />
und geistigen Gebrechen auf den Alltag<br />
vorzubereiten und möglichst eine dauerhafte<br />
Pflege zu verhindern“, sagt Sultzer. Treten<br />
schwere akute Erkrankungen auf, müssen sie<br />
zurück in die Klinik.<br />
DIE PATIENTEN: Nach Zwenkau werden die<br />
meisten Patienten direkt nach einem Krankenhausaufenthalt<br />
geschickt. Klinikarzt und Sozialdienst<br />
stellen den Antrag. „Bei uns sind es fast<br />
80 Prozent, die bei der Anschlussreha eines der<br />
86 Betten belegen“, sagt Dr. Sultzer. 15 Prozent<br />
würden nach einer Pflegebegutachtung durch<br />
den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung<br />
einen Antrag stellen, weitere fünf<br />
Prozent auf Empfehlung des Hausarztes. Für sie<br />
könne die Wartezeit auch mal einige Wochen<br />
oder Monate dauern. „Da entscheiden Indikation,<br />
Dringlichkeit und Wünsche“, so der<br />
Chefarzt. Wer in eines der sieben Einzelzimmer<br />
möchte, muss mehr Geduld haben. Wird Sauerstoff<br />
benötigt, sollte neben dem Pflegebett ein<br />
mobiles Sauerstoffgerät verfügbar sein.<br />
24 solcher Betten gibt es in Zwenkau. Sind die<br />
belegt, dauert es länger. Die Kassen geben vor,<br />
dass die genehmigte Reha innerhalb von<br />
sechs Monaten anzutreten ist. Länger wartet<br />
auch in Zwenkau niemand. „Zwei Drittel unserer<br />
Patienten sind Frauen. Das hat nichts damit zu<br />
tun, dass die Männer nicht wollen. Die Frauen<br />
leben meist länger“, sagt Sultzer. Angesichts der<br />
immer älter werdenden Bevölkerung steige der<br />
Reha-Bedarf aber insgesamt an.<br />
DIE THERAPIEN: Je nach Indikation wird für<br />
den dreiwöchigen Aufenthalt ein Therapieplan<br />
erstellt. Wichtig sind Bewegung und<br />
Sturzprophylaxe. „Viele Patienten sind nach<br />
Stürzen oder Schlaganfällen nicht mehr<br />
mobil. Wir wollen Muskeln aufbauen und<br />
ihnen Unsicherheiten nehmen“, sagt Sultzer.<br />
Geübt wird Laufen auf dem Gang, über einen<br />
Parcours und auf einem speziellen Laufband,<br />
das den Möglichkeiten der älteren Patienten<br />
angepasst ist. Neben intensiver Krankengymnastik<br />
mit und ohne Geräten führen<br />
Physiotherapeuten Wärme- und Kältebehandlungen,<br />
Kneippsche Güsse, Atemtherapie,<br />
Massagen und Lymphdrainagen<br />
durch. Eine zweite Säule ist die Ergotherapie.<br />
Dort geht es ums Training für das tägliche<br />
Leben. „Viele Ältere müssen nach schweren<br />
Krankheiten erst wieder lernen, wie sie sich<br />
waschen, anziehen, essen und kochen<br />
können“, erklärt der Chefarzt. Seit vergangenem<br />
Jahr helfen eine komplette Küchen- und<br />
Badeinrichtung sowie eine Wand mit Wasserhahn,<br />
Steckdose, Griffen und Schloss beim<br />
Üben alltäglicher Aufgaben. Im Ergotherapie-<br />
Plan stehen zudem Gedächtnis- und Aufmerksamkeitstraining<br />
sowie Kreativangebote<br />
wie Arbeiten mit Ton, Singen und Musizieren.<br />
Logopäden behandeln Sprach-, Stimm-,<br />
Kau- und Schluckstörungen oder Lähmungen<br />
der Gesichtsmuskulatur. Bei der Ernährungsberatung<br />
bekommen die Patienten Hinweise,<br />
welche Lebensmittel sie bei Erkrankungen wie<br />
Gicht oder Rheuma lieber weglassen, wie sie<br />
Fehlernährung vermeiden oder sich bei Diabetes<br />
ernähren sollten. „Psychologen bieten<br />
Einzel- und Gruppengespräche und psychotherapeutische<br />
Maßnahmen an“, sagt Sultzer.<br />
Einen wesentlichen Beitrag bei der Therapie<br />
übernehmen die Pflegekräfte. Denn das Erlernte<br />
setzen sie mit den Patienten um. „Zum<br />
Rehakonzept gehören Pflege- und Therapietage<br />
für Angehörige“, so der Chefarzt. Sie<br />
müssten wissen, wie sie Eltern oder Großeltern<br />
später helfen können. Während der Reha<br />
kümmern sich Internisten, Geriater, Rehamediziner,<br />
Neurologen, Therapeuten, Sozialarbeiter,<br />
Psychologen, Diätassistenten und Pflegepersonal<br />
um die Patienten. „Eine solche<br />
<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />
33
fachübergreifende Zusammenarbeit im Team<br />
ist bei der Geriatrie etwas Besonderes“, so<br />
Sultzer. Bei schwerkranken Patienten, die zu<br />
schwach für eine Behandlung in der Klinik<br />
oder zu sehr in ihrer Bewegung eingeschränkt<br />
sind, ist die mobile Reha eine Alternative.<br />
Die wird in Sachsen aber nur vom Klinikum<br />
Chemnitz angeboten. „Die Patienten werden<br />
dabei an 20 Behandlungstagen für jeweils<br />
zwei Therapieeinheiten besucht, pro Woche<br />
drei Tage“, sagt Verwaltungsleiter<br />
Ludwig Heinze. „Das können Physio- und<br />
Ergotherapie, Logopädie und Psychologie<br />
sein.“ 80 bis 100 Rehabilitanden würden in<br />
diesem Jahr im Umkreis von 25 Kilometern<br />
betreut, 1 500 in der stationären Reha. Die<br />
Wartezeiten sind kurz: „Maximal zwei Wochen<br />
sind es bei einer Anschlussreha, egal ob mobil<br />
oder stationär“, so Heinze. Ist die Reha nicht<br />
akut, haben die Patienten Wünsche für eine<br />
bestimmte Zeit oder fehlen Unterlagen, kann<br />
es ein paar Wochen länger dauern.<br />
DER <strong>REHA</strong>-ERFOLG: Reha nach Hause entlassen.<br />
„Weil viele ihren Alltag aber noch nicht<br />
vollständig allein meistern können, müssen<br />
ihnen Angehörige oder Pflegedienste helfen“,<br />
sagt Ralf Sultzer. Mitarbeiter des Sozialdienstes<br />
informieren die Patienten über Dienste,<br />
Alltagsbegleiter, Nachbarschaftshelfer, Selbsthilfegruppen,<br />
Pflegekassen und Sozialämter.<br />
Die Therapeuten geben den Patienten Hinweise<br />
zu Möglichkeiten der Nachbehandlung<br />
wie Rehasport, Übungspläne und Tipps für<br />
den Alltag. Wenn sich Ärzte davon einen<br />
Erfolg erhoffen, kann die Reha um ein bis zwei<br />
Wochen verlängert werden. Bei der Entlassung<br />
bekommt jeder Patient sein Reha-Buch<br />
mit, in das er sich während der Therapien<br />
Notizen macht. Problematischer wird es,<br />
wenn die Patienten von der geriatrischen<br />
Reha nicht nach Hause können und kein<br />
Heimplatz frei ist. Wichtig sei es deshalb,<br />
schon zu Beginn der Erkrankung oder eines<br />
Krankenhausaufenthaltes mit Ärzten und<br />
GEWICHTIGE PROBLEME<br />
Service<br />
Schwere Patienten – Jeder zehnte Deutsche ist<br />
adipös. Auch Reha-Kliniken müssen sich darauf<br />
einstellen.<br />
Große Betten und Toilettensitze, die 200 Kilogramm<br />
und mehr aushalten, Duschen in Sondermaßen,<br />
spezielle Rollstühle und Beckenlifte –<br />
die sächsischen Rehakliniken stehen vor einem<br />
gewichtigen Problem. Denn die Zahl der Übergewichtigen<br />
und Adipösen hat auch unter ihren<br />
Patienten stark zugenommen. „Erschreckend<br />
viele junge Menschen leiden schon an Übergewicht“,<br />
sagt Johanna Kunze, Chefärztin der<br />
Psychosomatischen Rehaklinik Carolabad in<br />
Chemnitz, in der auch Adipositaspatienten<br />
behandelt werden. „Fast jedes zehnte Zimmer<br />
konnten wir bereits für diese stark Übergewichtigen<br />
umbauen. Das ist sehr teuer und viele<br />
Kliniken scheuen deshalb den Aufwand.“ Doch<br />
die Ausstattung sei es nicht allein, man brauche<br />
auch spezielle Programme zur Behandlung des<br />
krankhaften Übergewichts. „Als psychosomatische<br />
Klinik sehen wir immer auch die seelische<br />
Komponente hinter dem Übergewicht. Denn das<br />
Fett hat bei vielen eine wichtige Aufgabe, es fungiert<br />
zum Beispiel Schutzhülle gegen traumatische<br />
Lebenserfahrungen“, so Johanna Kunze. In<br />
Einzel- und Gruppengesprächen werde das<br />
bearbeitet. Und natürlich auch das<br />
Ernährungsverhalten. „Bei uns gibt es keine Diät<br />
und keine Lightprodukte“, sagt die Chefärztin. Da<br />
der Stoffwechsel in Gang gehalten werden muss,<br />
bekommen die Adipositaspatienten mindestens<br />
drei Mahlzeiten am Tag. Sie würden aber<br />
hinsichtlich der Auswahl und der Menge der<br />
einzelnen Komponenten von erfahrenen<br />
Ernährungstherapeuten angeleitet. Betroffene<br />
Patienten könnten fast gar nicht mehr genießen.<br />
Genusstraining sei deshalb eine wichtige Therapie.<br />
Ein häufiger Ernährungsfehler der Adipösen<br />
34 <strong>REHA</strong> KOMPASS
Pflegern über realistische Ziele zu sprechen<br />
– Woche für Woche – und notfalls weitere<br />
Pflege zu organisieren, so Sultzer. „Im Internet<br />
gibt es unter anderem beim Portal Pflegenetz.<br />
Sachsen.de Informationen.“ In Zwenkau soll<br />
die oft schwierige lückenlose Betreuung mit<br />
einem Altersmedizinischen Zentrum gesichert<br />
werden. Neben der Reha-Klinik sind dort die<br />
Klinik für innere Medizin, Akutgeriatrie,<br />
Tagesklinik und eine Institutsambulanz unter<br />
einem Dach. „So etwas gibt es bisher in<br />
Sachsen noch nicht“, sagt Sultzer. Mit der<br />
Ambulanz sollen Hausärzte in der Betreuung<br />
geriatrischer Patienten unterstützt werden.<br />
Patientin Waltraud Tomaczak kommt nach<br />
der Reha zu Hause wieder besser zurecht.<br />
Die „Rehaklinik bot mir viele Möglichkeiten,<br />
meine Beweglichkeit zu stabilisieren und die<br />
Muskeln zu kräftigen“, sagt die gelernte<br />
Damenschneiderin. Sie nutzte jede Gymnastikstunde,<br />
hob Bälle, zog an Seilen und trat<br />
auf dem Fahrradergometer in die Pedalen.<br />
Dr. Ralf Sultzer<br />
Geriatriezentrum<br />
in Zwenkau<br />
Der 58-Jährige ist seit<br />
16 Jahren Chefarzt und<br />
ärztlicher Direktor. Die Ausbildung<br />
zum Facharzt für Innere<br />
Medizin absolvierte er im<br />
Klinikum St. Georg Leipzig.<br />
Seit 1994 ist er in der Geriatrie<br />
tätig. Neue Therapieverfahren testet er selbst – auch<br />
mit Patienten. Angesichts der immer älter werdenden<br />
Bevölkerung steige der Reha-Bedarf aber insgesamt an.<br />
Mit ihrem Rollator spazierte sie oft im Park<br />
hinter der Klinik, meist mit ihrer Zimmernachbarin.<br />
Gespräche waren ihr genauso wichtig.<br />
„Und ich habe gelernt, vor dem Aufstehen aus<br />
dem Bett ein paar Übungen mit den Armen<br />
und Beinen zu machen, um den Kreislauf in<br />
Schwung zu bringen“, sagt sie.<br />
Foto: Ronald Bonß<br />
sei ihr zufolge das falsche Trinkverhalten: Junge<br />
Patienten trinken bis zu drei Liter Süßgetränke<br />
pro Tag. Gegessen werde gar nicht so viel. „In der<br />
Gruppe zu essen, ist den meisten unangenehm.<br />
Sie haben sich die gemeinsamen Mahlzeiten<br />
abgewöhnt, um den verletzenden Bemerkungen<br />
der Schlanken zu entgehen. Gegessen wird dann<br />
in der Regel unbeobachtet, vor allem abends<br />
und nachts.“ Doch in der Rehaklinik gebe es<br />
18 Uhr Abendessen – die letzte Mahlzeit des<br />
Tages bis morgens 8 Uhr. „Das müssen die<br />
meisten wieder ganz neu lernen.“<br />
Ein weiterer Therapieschwerpunkt ist die Bewegung.<br />
„Vielen Übergewichtigen fehlt dafür das<br />
Selbstbewusstsein.“ Sie zeigen sich nicht gern in<br />
Sport- oder Badebekleidung. Doch sie verlieren<br />
die Scheu, wenn sie merken, dass sie damit nicht<br />
allein sind. Für Übergewichtige sind solche<br />
Sportarten geeignet, die die Gelenke nicht zu<br />
stark belasten, zum Beispiel Radfahren, Walken<br />
und vor allem Aquafitness. „Die Bewegung funktioniert<br />
fast mit jedem Gewicht. Viele Patienten<br />
zeigen sich begeistert beim Sport, weil sie sich<br />
lange Zeit nichts mehr zugetraut haben.“ Auch in<br />
puncto Kleidung gebe es Nachholebedarf. „Dicke<br />
gehen oft im Schlabberlook, um nicht zu viel von<br />
ihrem Körper zu zeigen. Doch das ist falsch.“<br />
Deshalb arbeitet die Klinik mit einer Boutique<br />
zusammen, die Bekleidung in Übergrößen<br />
anbietet und außerhalb ihrer Öffnungszeiten die<br />
Adipositaspatienten individuell berät. „Da leben<br />
manche wieder richtig auf. Sie drehen sich vor<br />
dem Spiegel und freuen sich über ihr neues<br />
Äußeres“, sagt Kunze. Das motiviere dann<br />
zusätzlich. In sechs Wochen Reha sind maximal<br />
fünf Kilogramm Gewichtsabnahme möglich. „Zu<br />
Hause weiterzumachen und sich gegen Versuchungen<br />
zu wehren, ist Thema in den Gesprächsgruppen“,<br />
so Kunze.<br />
Von Stephanie Wesely<br />
<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />
35
» ICH BIN DER<br />
ENKELSOHN-TYP «<br />
<strong>REHA</strong>-ALLTAG – THOMAS KLINKE IST PHYSIOTHERAPEUT IN DER<br />
GERIATRIE IN RADEBURG. DIE SZ HAT IHN EINEN TAG BEGLEITET<br />
UND MIT IHM ÜBER PERSONALNOT UND ERFÜLLUNG BEI DER<br />
PFLEGE GESPROCHEN.<br />
Schwerer als es aussieht.<br />
Die Gummiringe müssen von einem<br />
Ständer an den Arm des<br />
Therapeuten gefädelt werden.<br />
Anhocken und fest gegen meine<br />
Hand drücken.<br />
Fotos (3): Ronald Bonß<br />
Die 90-jährige Annemarie Wittig kommt immer besser im<br />
Alltag zurecht. Das Treppentraining mit Physiotherapeut<br />
Thomas Klinke ist anstrengend, aber wichtig.<br />
VON STEPHANIE WESELY<br />
Mit alten Menschen zu arbeiten, schreckt<br />
Thomas Klinke nicht. Hat er doch bereits<br />
seinen Großvater gepflegt. Punkt 8 Uhr tritt<br />
er seinen Dienst in der Fachklinik für Geriatrie<br />
in Radeburg an. Der Tag beginnt mit<br />
der morgendlichen Teambesprechung auf<br />
Station. Eine Kollegin ist krank. Ihre<br />
Patienten werden auf die anderen aufgeteilt.<br />
„Wir sind hier elf Physiotherapeuten<br />
– vier Männer und sieben Frauen“, sagt<br />
Klinke. Zum therapeutischen Team gehören<br />
neben Ärzten und Pflegepersonal auch<br />
Ergotherapeuten, Logopäden, Psychologen,<br />
Masseure und eine Musiktherapeutin. Die<br />
Shirts der Physiotherapeuten sind blau, die<br />
der Ergotherapeuten lindgrün, das Pflege-<br />
36 <strong>REHA</strong> KOMPASS
personal und die Ärzte gehen in Weiß.<br />
Auch die Stationen haben unterschiedliche<br />
Farben. Das erleichtert den meist hochbetagten<br />
Patienten die Orientierung. „In der<br />
Geriatrie ist die Einweisungsdiagnose oft<br />
nicht das Hauptproblem. Unsere Patienten<br />
haben meist fünf und mehr Erkrankungen.<br />
Darauf müssen wir uns einstellen“, sagt<br />
Physiotherapeut Thomas Klinke. In der Reha<br />
sind sie meist aufgrund von operativ versorgten<br />
Knochenbrüchen, die sie sich durch<br />
Stürze zugezogen haben. Die Klinik in Radeburg<br />
ist die erste berufliche Station für den<br />
34-Jährigen Dresdner. „In der Geriatrie<br />
muss man auch mal schwere Patienten<br />
heben und stützen können. Junge Männer<br />
sind da immer willkommen. Deshalb wurde<br />
ich auch gleich genommen.“ 8.30 Uhr holt<br />
Physiotherapeut Klinke seine erste Patientin<br />
aus ihrem Zimmer ab. Heidi Richter * aus<br />
Dresden ist seit einer Woche in der Reha.<br />
Nach einem Oberschenkelhalsbruch bekam<br />
sie eine künstliche Hüfte. „Der Bruch hätte<br />
nicht passieren dürfen“, sagt sie. „Ich pflege<br />
doch meinen Mann, und jetzt muss er<br />
wegen mir ins Heim.“ Der 84-Jährigen stehen<br />
die Tränen in den Augen. Allerdings hat<br />
sie die Pflege offenbar überfordert, das wird<br />
ihr jetzt klar. „Meine Wohnung wird saniert,<br />
sie ist sowieso jetzt zu groß für mich. Wahrscheinlich<br />
muss ich ausziehen.“ Sorgen wie<br />
diese hört Thomas Klinke fast täglich in<br />
seiner Behandlung. Sein Zuspruch tut gut.<br />
Ehe er mit seiner Behandlung beginnen<br />
kann, muss die Patientin auf die Toilette.<br />
„Das ist ganz oft so. Viele unserer alten<br />
Menschen sind auch inkontinent. Wenn sie<br />
sagen, dass sie müssen, ist es manchmal<br />
schon zu spät“, sagt er. „Aber das stört mich<br />
nicht. Da wird die Kleidung schnell gewechselt,<br />
und weiter geht’s.“ Die inneren<br />
Verletzungen nach der OP machen<br />
Heidi Richter Probleme. Das Bein ist noch<br />
geschwollen, und die entstauende Massage<br />
schmerzt. Auch beim Druck auf die Triggerpunkte<br />
zieht sie die Luft durch die Zähne.<br />
Doch danach fühlt sie sich besser. Die<br />
Schmerzen haben nachgelassen. „Sie sind<br />
ein Engel“, sagt sie dankbar. Thomas Klinke<br />
arbeitet jetzt seit 13 Jahren in der Reha-<br />
Klinik und hat diesen Schritt noch nicht<br />
bereut, wie er sagt. „Ich empfinde eine<br />
große Erfüllung bei meiner Arbeit“, sagt er.<br />
In einer Rehaklinik müsse sich der Therapeut<br />
keine Sorgen darüber machen, welche<br />
Behandlungsmethode er auswählt und ob<br />
diese auch die Kasse übernimmt. Was gut<br />
ist für den Patienten, könne er nutzen.<br />
„Auch wenn ich statt den vorgesehenen<br />
30 Minuten mal 45 brauche, ist das kein<br />
Problem. Das ist der Unterschied zur ambulanten<br />
Praxis.“ Physiotherapeuten und<br />
Masseure bilden nach dem Pflegepersonal<br />
die größte Berufsgruppe des nichtärztlichen<br />
Personals in deutschen Rehakliniken. Laut<br />
Statistischem Bundesamt sind mehr als<br />
28.000 Pflegekräfte und über 15.000 Phy sio -<br />
therapeuten für die stationäre Behandlung<br />
der Reha-Patienten verantwortlich.<br />
Mit Patient Rudi Seibold * redet Thomas<br />
Klinke über Dynamo. Der 72-Jährige konnte<br />
aufgrund seiner vielen anderen Erkrankungen<br />
nicht an der Hüfte operiert werden.<br />
Heute entscheidet der Arzt, ob die Belastung<br />
in der Therapie erhöht werden kann.<br />
Die Behandlungen dienen der Mobilisation<br />
und dem Erhalt seiner Selbstständigkeit.<br />
Seibold hat einen derben Humor. Kraftausdrücke<br />
sind da keine Seltenheit. Thomas<br />
Klinke kann sich darauf einstellen. Danach<br />
muss er aber sofort wieder die Gefühle<br />
wechseln. Denn Patientin Elisabeth Naumann<br />
* muss mit den sprichwörtlichen<br />
Samthandschuhen angefasst werden. Der<br />
operierte Schenkelhalsbruch der 89-Jährigen<br />
ist nicht das Hauptproblem. Sie leidet<br />
an Angstzuständen und braucht gerontopsychiatrische<br />
Behandlung. „Mir geht es gar<br />
nicht gut, ich habe so Angst, ich kann nicht<br />
mehr“, wiederholt sie gebetsmühlenartig.<br />
„Ist mein Geld noch in der Schublade, und<br />
habe ich noch Schokolade?“, will sie wissen.<br />
Thomas Klinke bestätigt alles und möchte,<br />
<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />
37
dass sie mal aufsteht und ein paar Schritte<br />
am Gehbänkchen läuft. Doch sie ist in<br />
Tränen aufgelöst, sie könne das nicht und<br />
möchte zuerst mit ihrer Tochter telefonieren.<br />
So lässt er sich von einer Schwester<br />
die Nummer der Tochter geben, ruft sie an<br />
und reicht das Telefon weiter. Glücklich<br />
spricht Elisabeth Naumann mit ihr über<br />
die Gaststätte, die die Tochter jetzt führt.<br />
Bis vor ihrem Sturz hatte die Mutter noch<br />
mitgeholfen, Gemüse geputzt und Tische<br />
gedeckt. Physiotherapeutisch ist bei ihr<br />
heute nicht viel vorwärtsgegangen. „Aber<br />
manchmal ist Zuhören und Trösten einfach<br />
wichtiger“, sagt Thomas Klinke. Diese Vielseitigkeit<br />
ist es auch, die Klinke an seiner<br />
Arbeit schätzt. Der Mangel an Therapeuten<br />
in seinem Fachgebiet sorgt ihn deshalb<br />
sehr. „Aus meiner Sicht müsste das<br />
Schulgeld bundesweit abgeschafft und eine<br />
Ausbildungsvergütung gezahlt werden.<br />
Er selbst zahlte 55 Euro monatlich für die<br />
Ausbildung, hinzu kamen Fahrgeld und<br />
Unterkunftskosten bei Praktika, wofür er<br />
keinen Cent erhielt. „Der Beruf muss attraktiver<br />
werden, sonst stirbt er eines Tages<br />
aus.“ Die Arbeit sei so anspruchsvoll, dass<br />
man nicht mit Mindestlohn abgespeist<br />
werden dürfe. In Kliniken würde zwar<br />
besser bezahlt als in ambulanten Praxen.<br />
Doch eine Aufwertung sei auch hier<br />
dringend nötig. Dafür macht er sich zum<br />
Beispiel im Betriebsrat stark.<br />
Bis zur Mittagspause sind noch drei weitere<br />
Patienten dran. Die Verzögerung zu Beginn<br />
des Arbeitstages lässt sich nicht mehr aufholen.<br />
Thomas Klinkes Mittagspause fällt<br />
entsprechend kürzer aus. Denn bevor die<br />
Patienten für den Nachmittag an die Reihe<br />
kommen, ist noch der Schreibkram dran.<br />
Wöchentlich ist Reha-Visite, die muss er<br />
heute vorbereiten. Gangbild, Bewegungsfortschritt,<br />
Wegstrecke und andere Parameter<br />
gilt es zu erfassen, das Therapieziel zu<br />
definieren und einzuschätzen, ob eine Verlängerungswoche<br />
nötig ist. „Der Schreibaufwand<br />
hat sich im Vergleich zum Beginn<br />
meiner Tätigkeit verzehnfacht. Die Dokumentation<br />
ist zwar wichtig, aber es ist leider<br />
auch wertvolle Therapiezeit, die da verloren<br />
geht“, bedauert Thomas Klinke. Gegen<br />
16 Uhr ist seine letzte Patientin dran.<br />
Annemarie Wittig ist schon 90 und fast<br />
vier Wochen in der Reha – auch wegen<br />
eines Oberschenkelhalsbruchs. Nun kann<br />
sie bald nach Hause. Das Treppensteigen<br />
geht schon sehr gut. Auch die Koordinationsübungen.<br />
Sie soll Gummiringe von<br />
einem Ständer nehmen und abwechselnd,<br />
mal mit links, mal mit rechts an Thomas<br />
Klinkes Arm hängen, dabei frei stehen und<br />
das Gleichgewicht halten. Sie lächelt ihn an<br />
und gibt sich extra Mühe, damit er mit ihr<br />
zufrieden ist. „Ich bin der Enkelsohntyp, ich<br />
weiß, da hat man es bei den älteren Damen<br />
besonders leicht“, sagt Thomas Klinke. Das<br />
mag vielleicht stimmen, doch dass er seine<br />
Arbeit mit Liebe tut, sieht ihm jeder an.<br />
„Qualität ist uns sehr wichtig, unser fachlich<br />
hochqualifiziertes Personal ist unser<br />
größtes Gut“, sagt auch Claudia Fischer, die<br />
Therapieleiterin. „Unser Haus ist in eher<br />
ländlicher Gegend gelegen und hat bei der<br />
räumlichen Ausstattung vielleicht nicht ganz<br />
so viel zu bieten wie andere Einrichtungen.<br />
Gerade deshalb müssen wir mit der<br />
Patientenversorgung punkten.“ In der<br />
letzten halben Stunde seiner Dienstzeit<br />
kümmert sich Thomas Klinke um Hilfsmittelempfehlungen.<br />
Rollatoren, Gehgestelle,<br />
spezielle Gehstöcke oder Orthesen müssen<br />
für Patienten verordnet werden, die bald<br />
nach Hause können. Geduldig berät er die<br />
Patienten und ihre Angehörigen, erklärt die<br />
Funktion und beantwortet Fragen.<br />
„Die Leute müssen später ja auch damit<br />
zurechtkommen“, sagt er. Endlich ist Feierabend,<br />
und Thomas Klinke freut sich auf<br />
seinen Fußballverein. Er spielt beim<br />
TuS Weinböhla und trainiert zusätzlich noch<br />
eine Mannschaft: „Ein guter Ausgleich zu<br />
meinen alten Leutchen in der Reha.“<br />
*<br />
Name geändert<br />
38 <strong>REHA</strong> KOMPASS
<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />
39
– ANZEIGE –<br />
HP INGO LAUTERLEIN:<br />
„BEI RÜCKENSCHMERZEN<br />
OPERATIONEN OFT VERMEIDBAR“<br />
BILDGEBENDE UNTERSUCHUNGEN ZEIGEN ZWAR OFT<br />
VERÄNDERUNGEN ZUM NORMALEN, OHNE EINDEUTIG DIE<br />
SCHMERZURSACHE ZU BENENNEN<br />
Foto: privat<br />
Haben Ihre Patienten oft<br />
ähnliche Beschwerden?<br />
Fast alle meine Patienten haben Schmerzen,<br />
zeitweise sehr starke Schmerzen. Diese<br />
führen zu einer enormen Einschränkung ihrer<br />
Lebensqualität und behindern den Alltag. Bei<br />
zahlreichen Patienten denen ich zum ersten<br />
Mal begegne, bestehen die Schmerzen schon<br />
über einen längeren Zeitraum, häufig schon<br />
seit Jahren mit wiederkehrenden Akutphasen.<br />
Was haben diese Patienten bis dahin<br />
schon erlebt und mit welchen Unterlagen<br />
kommen diese zum ersten Termin?<br />
In der Regel sind die Patienten in der Vorgeschichte<br />
mit den verschiedensten Schmerzmitteln<br />
ausgestattet worden und haben eine<br />
oft zu kurze physiotherapeutische Behandlung<br />
hinter sich. Außerdem bekomme ich hin<br />
und wieder einen MRT Befund vorgelegt, der<br />
in manchen Fällen eine Operation mit unbefriedigendem<br />
Ergebnis oder auch gar keine<br />
Therapie zur Folge hatte.<br />
Wo sehen Sie die Ursachen<br />
für Rückenschmerzen?<br />
Häufig werden Rückenschmerzen durch eine<br />
ruckartige Drehung, Fehlbelastung bei Arbeit<br />
oder Sport oder beim schweren Heben verursacht.<br />
Nervliche und körperliche Überlastung<br />
können dabei auch eine wichtige Rolle<br />
spielen. Manchmal lässt sich jedoch kein<br />
nennbares Ereignis ermitteln. Zusammenfassend<br />
kann ich sicher sagen, dass es wahrscheinlich<br />
jeden einmal betrifft. Verschleiß ist<br />
seltener die Ursache als häufig angenommen.<br />
Bei der spezifischen Untersuchung meiner<br />
Patienten stelle ich immer wieder Fehlstellung<br />
und Blockaden im Bereich des Beckens und<br />
der Wirbelsäule fest. Diese erworbenen, das<br />
40 <strong>REHA</strong> KOMPASS
– ANZEIGE –<br />
heißt im Laufe des Lebens entstanden<br />
Veränderungen, sehe ich oft als die<br />
eigentliche Schmerzursache.<br />
Warum kommen die Patienten<br />
speziell zu Ihnen?<br />
Die Patienten kommen zu mir, weil die bis<br />
dahin unternommenen therapeutischen<br />
Maßnahmen erfolglos geblieben sind. Ich bin<br />
von der ersten Untersuchung bis zum letzten<br />
Termin persönlich für meine Patienten da. Ich<br />
stelle die Diagnose und führe die Behandlung<br />
immer eigenhändig durch. Sollte sich einmal<br />
die Situation einstellen, dass zur weiterführenden<br />
Diagnostik oder Therapie ein anderes<br />
Fachgebiet hinzugezogen werden muss,<br />
geschieht das unverzüglich. Mir ist wichtig,<br />
dass jedem meiner Patienten geholfen wird.<br />
Was denken Sie über MRT Untersuchungen<br />
bei Rückenschmerzen, lohnt es sich<br />
eigentlich, so lange auf einen Termin in<br />
der Radiologie zu warten?<br />
Ich halte eine MRT Untersuchung bei Rückenschmerzen<br />
häufig nicht für notwendig. Sicher<br />
gibt es Situationen in der diese Diagnostik<br />
unverzichtbar ist. Dabei handelt es sich zum<br />
Beispiel um den Ausschluss einer Wirbelsäulenfraktur,<br />
bei Lähmungserscheinungen oder<br />
beim Kontrollverlust über Blase und Darm.<br />
Das sind Symptome die dringend abgeklärt<br />
werden müssen. Meine Meinung ist, dass es<br />
in vielen Fällen nicht ausreicht, sich bei der<br />
Suche nach der Ursache auf die Bildgebung<br />
zu verlassen. Häufig gibt erst eine gezielte<br />
körperliche Untersuchung die Möglichkeit zur<br />
sicheren Diagnose. Mitunter könnte so die<br />
eine oder andere Operation vermieden<br />
werden.<br />
Brauchen Sie zur Behandlung Ihrer<br />
Patienten ein MRT oder CT?<br />
Nein, wenn ich bei der Untersuchung in<br />
meiner Praxis eine Ursache feststellen kann,<br />
besteht überhaupt gar keine Notwendigkeit<br />
für eine zeitraubende, strahlenbelastende<br />
Bilddiagnostik.<br />
Für wie sinnvoll halten Sie Operationen<br />
bei Rückenschmerzen?<br />
Wird häufig vorschnell operiert?<br />
Es gibt leider Situationen in denen Operationen<br />
bei Rückenschmerzen unumgänglich<br />
sind, vorher sollten aber alle Möglichkeiten<br />
von konventionellen Therapien ausgeschöpft<br />
sein. Es könnten sich aber eine ganze Reihe<br />
von medizinischen Eingriffen vermeiden<br />
lassen, wenn intensiver nach der eigentlichen<br />
Schmerzursache gesucht werden würde. Oft<br />
genug habe ich es erlebt, dass Patienten zu<br />
mir kommen, weil der medizinische Eingriff<br />
nicht den angestrebten Erfolg brachte.<br />
Wie kann man sich Ihre Rückentherapie<br />
vorstellen, Herr Lauterlein?<br />
Bei vielen meiner Patienten, die an<br />
unveränderten Schmerzen litten, konnte ich<br />
bei meiner gezielten chiropraktischen<br />
Untersuchung Fehlstellungen in Becken und<br />
Lendenwirbelsäule feststellen. Durch diese<br />
Fehlstellungen können Nerven, die aus der<br />
Wirbelsäule entspringen, irritiert werden und<br />
Schmerzen verursachen. Durch meine<br />
gezielte chiropraktische Behandlung sollen<br />
solche Fehlstellungen durch sanfte Impulse<br />
korrigiert werden und der Druck auf den Nerv<br />
kann so nachlassen. Durch meine Art der<br />
Therapie kann ich bei meiner Arbeit gänzlich<br />
auf Schmerzmittel oder Cortison verzichten.<br />
Denn häufig verursachen diese unerwünschte<br />
Nebenwirkungen und bekämpfen den<br />
Schmerz nur vorübergehend. Die Ursache<br />
wird dadurch jedoch nicht beseitigt.<br />
Heilpraktiker Ingo Lauterlein<br />
ChiroPraxis<br />
Telefon 0371 262 56 50<br />
09113 Chemnitz<br />
Straße der Nationen 73 – 75<br />
E-Mail: mail@lauterlein.de<br />
www.lauterlein.de<br />
Mo – Do 9 – 12 Uhr & 14 – 17 Uhr<br />
Fr 9 – 12 Uhr<br />
sowie nach Vereinbarung<br />
Foto: Privat<br />
<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />
41
VOM SCHLAG<br />
GETROFFEN<br />
NEUROLOGISCHE <strong>REHA</strong> – ETWA JEDER VIERTE STIRBT NACH EINEM<br />
HIRNINFARKT BINNEN EINES JAHRES. EINE GESTUFTE THERAPIE KANN<br />
DEM VORBEUGEN – WIE IN KREISCHA.<br />
Fotos (3): Ronald Bonß<br />
Reiner Scheffler ist Linkshänder – notgedrungen. Seit einem Schlaganfall im Mai dieses Jahres ist seine<br />
gesamte rechte Körperhälfte gelähmt. Sechs Monate lang wurde er in der Bavaria-Klinik Kreischa betreut,<br />
jetzt lebt er wieder zu Hause. „Diese Reha war das Beste, was mir passieren konnte“, sagt der 78-Jährige.<br />
VON STEFFEN KLAMETH<br />
Zur Begrüßung reicht Reiner Scheffler die<br />
linke Hand. Seltsam ist das allenfalls für seinen<br />
Gegenüber; der 78-Jährige hat sich längst<br />
daran gewöhnt. Denn faktisch muss er alles<br />
mit links machen: essen, schreiben, den Stock<br />
halten. Dabei gab es Zeiten, in denen er<br />
nichts von alledem allein erledigen konnte –<br />
als Folge eines zweifachen Schlaganfalls. „Wir<br />
waren gerade aus dem Urlaub in Tschechien<br />
zurückgekehrt, da merkte ich plötzlich, wie<br />
mein rechtes Bein nach außen verdreht war“,<br />
erinnert sich der Rentner, der in Wiederau bei<br />
Rochlitz lebt. Seine Frau alarmierte den<br />
Notdienst, der brachte den Rentner ins<br />
Diakoniekrankenhaus nach Hartmannsdorf.<br />
Die Untersuchung bestätigte den Verdacht. In<br />
der Folgenacht sei er von einer Wärmewelle<br />
erfasst worden. „Danach war meine ganze<br />
rechte Seite bis zum Fuß gelähmt.“ Nach zwei<br />
Wochen Krankenhaus wurde der Patient in<br />
die Bavaria-Klinik Kreischa verlegt, dort folgten<br />
sechs Monate intensive Reha.<br />
42 <strong>REHA</strong> KOMPASS
DIE KLINIK: Die Klinik Bavaria, südlich von<br />
Dresden am Ortsrand von Kreischa gelegen,<br />
gleicht aus der Ferne einem Schloss. Mit<br />
weniger Abstand denkt man eher an ein<br />
Grand Hotel. Genau genommen sind es<br />
mehrere Einrichtungen – ein Fachkrankenhaus<br />
mit dem Zentrum für fachübergreifende<br />
Intensivmedizin und die Rehaklinik mit<br />
dem Schwerpunkt für die neurologische<br />
Rehabilitation. „Der Vorteil dieser Einrichtung<br />
ist, dass die Patienten nach der Behandlung<br />
im Akutkrankenhaus über unsere Intensivstation<br />
direkt in die Rehabilitation<br />
übergeleitet werden können“, sagt Dr. Ulf<br />
Bodechtel. Davon profitierten insbesondere<br />
Patienten mit Nervenschäden, da sie in der<br />
Regel mehrere Reha-Phasen durchlaufen.<br />
Umgekehrt hätten Patienten bei während<br />
der Reha auftretenden Komplikationen<br />
einen schnellen Zugang zur Intensivmedizin,<br />
ergänzt Dr. Andreas Bauer. Beide Chefärzte<br />
leiten gemeinsam den Krankenhausbereich.<br />
Dr. Andreas Bauer<br />
Bavaria Klinik Kreischa<br />
Der gebürtige Österreicher ist<br />
seit zweieinhalb Jahren Chefarzt<br />
an der Klinik Bavaria in<br />
Kreischa. Er hat in Wien<br />
stu diert und verfügt über<br />
Fach arztabschlüsse für Innere<br />
Medizin, Allgemeinmedizin,<br />
Notfallmedizin und Spezielle<br />
internistische Intensivmedizin. Seit 2003 lebt der 48-Jährige<br />
in Dresden und war unter anderem am Herzzentrum und<br />
im Diakonissenkrankenhaus tätig.<br />
DIE PATIENTEN: Wer von neurologischen<br />
Schäden hört, denkt zuerst an die Folgen<br />
eines Schlaganfalls. Tatsächlich bilden diese<br />
Patienten in der neurologischen Reha in<br />
Kreischa die größte Gruppe. Im Fachkrankenhaus<br />
machen sie dagegen nur ein Drittel<br />
aus. Hier komme die Mehrzahl mit einer<br />
septischen Enzephalopathie infolge einer<br />
schweren Infektion oder Neuropathie,<br />
erläutert Bodechtel. „Die meisten dieser<br />
Patienten werden bei der Aufnahme beatmet<br />
und sind nicht oder nur bedingt<br />
an sprechbar. Je länger die Erkrankung<br />
dauert, desto größer ist die Gefahr von<br />
Nerven schäden. Gleichzeitig wird der Körper<br />
immer schwächer – bis hin zur vollständigen<br />
Lähmung der Arm-, Bein- und auch der<br />
Atemmuskulatur. Mediziner sprechen dann<br />
von einem erworbenen Schwäche-Syndrom<br />
(CIP-CIM). „Die lange Liegedauer wirkt sich<br />
zusätzlich negativ aus“, sagt Bauer.<br />
Übrigens: Die Sepsis – umgangssprachlich<br />
auch als Blutvergiftung bezeichnet – gehört<br />
in Deutschland zu den häufigsten Todesursachen.<br />
Laut Kompetenznetz Sepsis verstirbt<br />
mehr als jeder dritte Betroffene daran.<br />
Ein Schlaganfall wird durch eine plötzliche<br />
Durchblutungsstörung im Gehirn ausgelöst.<br />
Das Hirn bekommt nicht mehr genug Sauerstoff<br />
und Nährstoffe, die Nervenzellen sterben<br />
ab. Deshalb zählt bei Verdacht auf einen<br />
Schlaganfall jede Minute. In darauf spezialisierten<br />
Stationen (Stroke Units) untersuchen<br />
Ärzte mithilfe der Computertomografie, ob<br />
ein verstopftes Gefäß oder eine Hirnblutung<br />
für den Schlaganfall verantwortlich ist.<br />
Danach richtet sich dann die Behandlung.<br />
Nach der Erstversorgung in einem Akutkrankenhaus<br />
werden die Patienten in ein<br />
Dr. Ulf Bodechtel<br />
Bavaria Klinik Kreischa<br />
Der gebürtige Berliner arbeitet<br />
seit Mai 2016 als Chefarzt an<br />
der Klinik Bavaria in Kreischa.<br />
Er hat in Berlin Medizin<br />
studiert. Seine Ausbildung zum<br />
Facharzt für Neurologie<br />
absolvierte er am Dresdner<br />
Uniklinikum, wo er später viele<br />
Jahre unter anderem als Oberarzt arbeitete. Der 48-Jährige<br />
besitzt die Zusatzqualifikationen für Spezielle neurologische<br />
Intensivmedizin und Geriatrie.<br />
<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />
43
spezialisiertes Krankenhaus oder in eine<br />
Reha-Klinik verlegt. In der Mehrzahl bleiben<br />
trotz Frühtherapie Schäden am Hirn zurück.<br />
Die Patienten benötigen dann eine spezifische<br />
neurologische Rehabilitation. Sie soll<br />
nach Möglichkeit eine Pflegebedürftigkeit<br />
verhindern bzw. mindern und den Weg<br />
zurück zu einem selbstbestimmten Leben<br />
bahnen.<br />
DIE <strong>REHA</strong>BILITATION: Die neurologische<br />
Reha ist oft langwierig. Sie folgt einer eigenen<br />
Systematik und ist im Ablauf nicht mit<br />
anderen Reha-Maßnahmen vergleichbar.<br />
Grundlage ist ein Sechs-Phasen-Modell, das<br />
bereits in den 1960er-Jahren entwickelt<br />
wurde. Bodechtel: „Je nach Zustand des<br />
Patienten wird er einer bestimmten Reha-<br />
Phase zugeordnet.“ Die Einordnung erfolgt<br />
u. a. mithilfe des Barthel-Indexes. Damit<br />
kann beurteilt werden, wie selbstständig –<br />
beziehungsweise pflegebedürftig – ein<br />
Mensch ist. Essen und trinken, baden und<br />
duschen, an- und ausziehen, Harn- und<br />
Stuhlkontrolle, Mobilität und Treppensteigen:<br />
Für jede Fähigkeit werden Punkte<br />
vergeben. Das Maximum sind 100 Punkte.<br />
In der neurologischen Reha beginnen<br />
Patienten nicht selten mit null Punkten,<br />
schwerst betroffene Patienten haben sogar<br />
Minuspunkte. Je mehr Fähigkeiten – und<br />
damit Punkte – sie im Verlaufe der Reha<br />
erlangen, desto eher kommt der Zeitpunkt,<br />
an dem sie in die nächste Phase wechseln.<br />
„Die Prüfung durch die Ärzte erfolgt einmal<br />
pro Woche“, sagt Bodechtel.<br />
Phase A: So wird die Akutbehandlung im<br />
Krankenhaus bezeichnet. Nach Aussage<br />
der Kreischaer Chefärzte dauert sie im<br />
Schnitt drei bis vier Wochen. Die<br />
Patienten sind lebensbedrohlich krank.<br />
Sie werden intensivmedizinisch versorgt<br />
und per Monitor überwacht. Fast alle<br />
sind in dieser Zeit noch vom Beatmungsgerät<br />
abhängig, viele benötigen<br />
zudem eine Dialysebehandlung. Um die<br />
Patienten frühzeitig an Therapien<br />
heranzuführen, bietet die Bavaria-Klinik<br />
auch die Möglichkeit einer Frührehabilitation<br />
im Krankenhaus.<br />
„Sobald die Patienten keine intensivmedizinische<br />
Betreuung mehr<br />
benötigen, können sie in die Phase B<br />
entlassen werden“, erklärt Bauer.<br />
Phase B: In der Frührehabilitation werden<br />
Patienten aufgenommen, die wegen<br />
ihrer schweren Einschränkungen nicht<br />
belastbar sind und demzufolge nur<br />
eingeschränkt an der Behandlung mitwirken<br />
können. Sie werden oft noch<br />
künstlich ernährt und benötigen rund<br />
um die Uhr pflegerische Betreuung.<br />
Phase C: Voraussetzung für die weiterführende<br />
Rehabilitation ist, dass der<br />
Patient weitgehend bewusstseinsklar ist<br />
und mehrere 30-minütige Therapieeinheiten<br />
pro Tag wahrnehmen kann.<br />
Bei vielen Aktivitäten ist er aber noch<br />
auf Hilfe angewiesen. „In der Phase C ist<br />
es das Ziel, dass die Betroffenen ihren<br />
Alltag wieder selbstständig meistern<br />
können“, erläutert Bodechtel. Dies<br />
könne sich oft über mehrere Monate<br />
hinziehen.<br />
Phase D: Diese Phase entspricht einer<br />
Anschlussheilbehandlung. Die Patienten<br />
benötigen nur noch gelegentlich<br />
Hilfsmittel. Am Ende sollten sie ihr<br />
Leben trotz gewisser Einschränkungen<br />
wieder vollständig allein führen können.<br />
Phase E: In dieser Phase leben Reha-<br />
Patienten in der Regel wieder zu Hause.<br />
Die Behandlung erfolgt tagsüber in<br />
einer ambulanten oder teilstationären<br />
Einrichtung. Dabei geht es vor allem um<br />
eine effektive Nachsorge, damit die<br />
Betroffenen in ihren Job zurückkehren<br />
oder einen anderen Beruf erlernen<br />
44 <strong>REHA</strong> KOMPASS
können bzw. als Rentner am sozialen<br />
Leben teilnehmen können. Bestimmte<br />
Maßnahmen können bis zum<br />
Lebensende notwendig sein.<br />
Phase F: Wenn sich der Zustand der<br />
Patienten in den Phasen B und C trotz<br />
umfangreicher Therapien nicht weiter<br />
verbessert, müssen sie in Phase F<br />
verlegt werden. Die Stiftung Deutsche<br />
Schlaganfall-Hilfe beschreibt diese<br />
Phase als „aktivierende, zustandserhaltende<br />
Langzeitpflege bei anhaltend<br />
hoher Pflegebedürftigkeit“.<br />
Die Behandlung erfolgt in spezialisierten<br />
Pflegeheimen oder auf Wachkoma-<br />
Stationen. Bestenfalls können diese<br />
Patienten die Rehabilitation in Stufe B,<br />
C oder D fortsetzen.<br />
DIE THERAPIEN: Die Behandlung von<br />
Patienten mit neurologischen Schäden ist<br />
immer eine Kombination von ärztlichen,<br />
therapeutischen und pflegerischen<br />
Maßnahmen. „Von Phase zu Phase verschiebt<br />
sich das Gewicht, also weniger<br />
ärztliche und mehr therapeutische Betreuung“,<br />
sagt Dr. Bodechtel. Anfangs gehe es<br />
vor allem darum, die Patienten von Organersatzsystemen<br />
wie der apparativen Beatmung<br />
oder einer Nierenersatztherapie<br />
(Dialyse) zu entwöhnen. Auch erste<br />
Übungen zur Wiedererlangung motorischer<br />
und kognitiver Fähigkeiten seien bereits<br />
auf der Intensivstation möglich. Dr. Bauer:<br />
„Unser Ziel ist es, dass die Patienten wieder<br />
selbstständig atmen, sprechen und essen<br />
können.“ In den folgenden Phasen wird das<br />
Therapiespektrum immer breiter und<br />
anspruchsvoller. Die Deutsche Rentenversicherung<br />
hat im Rahmen der Qualitätssicherung<br />
Studien ausgewertet und<br />
Therapiestandards für Schlaganfall-<br />
Patienten empfohlen. Bewährt haben sich<br />
<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />
45
demzufolge in der Phase D unter anderem<br />
die Bewegungstherapie, das Alltagstraining<br />
und die Therapie kommunikativer und<br />
Schluckstörungen. Kliniken, die sich auf die<br />
neurologische Reha spezialisiert haben,<br />
müssen also eine Vielzahl von Therapien<br />
anbieten. Im Kreischaer Rehazentrum<br />
arbeiten Physio-, Ergo- und Atemtherapeuten,<br />
Logopäden sowie neuropsychologisch<br />
und klinisch orientierte Psychologen Hand<br />
in Hand. Die Physiotherapie beginnt<br />
beispielsweise frühzeitig mit einer passiven<br />
Mobilisation, später folgen unter anderem<br />
das Gang- und das Armtraining zur<br />
Schulung von Tätigkeiten des täglichen<br />
Lebens wie Duschen und Anziehen. Ergotherapeuten<br />
trainieren mit den Patienten<br />
das Schlucken und Greifen, Logopäden das<br />
Lautmalen und Sprechen. Auch innovative<br />
Geräte wie Computer, die von schwer<br />
beeinträchtigten Patienten mit den Augen<br />
gesteuert werden können, finden Anwendung.<br />
Bodechtel: „Die Patienten können damit<br />
wieder mit der Umwelt kommunizieren und<br />
die Technik auch zu Hause nutzen.“<br />
DER <strong>REHA</strong>-ERFOLG: „Am Anfang jeder<br />
Reha-Maßnahme steht eine realistische<br />
Prognose“, betont Dr. Bauer. Anhand des<br />
aktuellen Zustands und von Erfahrungswerten<br />
schätzen die Mediziner die Erfolgsaussichten<br />
ab. „Das Ziel ist eine maximale<br />
Selbstständigkeit, natürlich immer unter<br />
Berücksichtigung der Schädigung, des<br />
Alters und Begleiterkrankungen.“ Auf dieser<br />
Grundlage erfolgt dann die Planung der<br />
Behandlungen. „Dies wird immer mit den<br />
Angehörigen besprochen“, so Bodechtel. Im<br />
Vordergrund stehe aber der mutmaßliche<br />
Wille des Patienten. „Im Idealfall kann das<br />
Therapiekonzept im Verlauf der Behandlung<br />
mit dem Patienten abgestimmt<br />
werden.“ Wunder kann niemand vollbringen.<br />
Für die meisten ist die Reha aber der<br />
Weg zurück ins Leben. „Eine einseitige<br />
Lähmung nach einem Schlaganfall kann<br />
sich rückbilden“, nennt Ulf Bodechtel als<br />
Beispiel. Auch Patienten mit einem<br />
Schwäche-Syndrom hätten gute Prognosen,<br />
wenn das Gehirn nicht geschädigt sei.<br />
Am Ende müssten aber viele Patienten mit<br />
einer Behinderung – mal kleiner, mal<br />
größer – leben. Mit diesem Handicap leben<br />
zu lernen ist ebenso Teil der Rehabilitation.<br />
„Oft sind es schon kleine Fortschritte, die<br />
dem Patienten neuen Lebensmut geben“,<br />
berichtet Bauer. Die Perspektive eines<br />
Lebens im Rollstuhl oder eines dauerhaft<br />
gelähmten Armes könnte so ihren<br />
Schrecken verlieren. Mitunter müssen auch<br />
Celenus Deutsche Klinik für Integrative Medizin<br />
und Naturheilverfahren<br />
Fachzentrum für Innere Medizin/Stoffwechsel,<br />
Psychosomatik und Orthopädie<br />
Prof.-Paul-Köhler-Str. 3, 08645 Bad Elster<br />
Kostenlose Hotline: 0800/751 11 11<br />
info@dekimed.de, www.dekimed.de<br />
Ein Unternehmen der Celenus-Gruppe<br />
46 <strong>REHA</strong> KOMPASS
die Ärzte ihre Prognose revidieren: „Wenn<br />
wir sehen, dass durch die Rehamaßnahmen<br />
keine weitere Verbesserung möglich ist,<br />
wird die Weiterversorgung zu Hause oder<br />
in einer geeigneten Pflegeeinrichtung<br />
organisiert.“ Ein kleiner Anteil der Patienten<br />
ist so schwer betroffen, dass er trotz aller<br />
Therapiebemühungen die Erkrankung nicht<br />
überlebt. In Deutschland erleiden jährlich<br />
rund 270.000 Menschen einen Schlaganfall,<br />
zwischen 20 und 30 Prozent von ihnen<br />
sterben innerhalb eines Jahres.<br />
Reiner Scheffler aus Wiederau hat ein<br />
halbes Jahr gebraucht, ehe er die Reha-<br />
Klinik in Kreischa wieder verlassen konnte.<br />
Die Therapien hätten ihn ständig auf Trab<br />
gehalten, berichtet er. „Und sie haben mich<br />
so auf die Beine gebracht, dass ich noch<br />
was vom Leben habe.“ Anders als seine<br />
beiden Großmütter, die bereits mit Anfang<br />
60 an den Folgen eines Schlaganfalls verstorben<br />
waren. Nur den rechten Arm wird<br />
der Rentner wohl nie mehr so bewegen<br />
können wie früher. Aber der Mann gibt die<br />
Hoffnung nicht auf: Vielleicht, so hofft er,<br />
wird er eines Tages wieder seinem Hobby<br />
Holzbau nachgehen können. Oder wenigstens<br />
einen Stift halten – mit rechts.<br />
BEWÄHRTE THERAPIE<br />
Baden für die Gesundheit<br />
Der Name ist Programm: Im Kurort Warmbad<br />
im Erzgebirge sprudelt Sachsens wärmste<br />
Thermalquelle. Sie wurde bereits im 14. Jahrhundert<br />
von Bergleuten entdeckt und alsbald<br />
auch für Heilzwecke genutzt. Und so ist es bis<br />
heute: In der Knappschafts-Klinik Warmbad<br />
gehört das Bewegungsbad im Thermalwasser für<br />
viele Reha-Patienten zum Therapieprogramm.<br />
Hier wird es von 26 auf 31 Grad Celsius erwärmt<br />
– das fördert die<br />
Entspannung und die<br />
Durchblutung und<br />
regt den Stoffwechsel<br />
an. Doch damit nicht<br />
genug. Der Auftrieb<br />
entlastet die Gelenke,<br />
die Beweg lichkeit wird<br />
damit spürbar<br />
verbessert.<br />
Andererseits erschwert<br />
der Wasserwiderstand<br />
die Bewegungen.<br />
Nach Aussage der<br />
Therapeuten ist<br />
dadurch ein sanfter<br />
und effizienter<br />
Muskel aufbau<br />
möglich. Davon profitieren<br />
vor allem<br />
Foto: Knappschafts.Klinik Warmbad<br />
Patienten, die nach einer Gelenk ersatz-OP die<br />
Reha-Klinik besuchen. Schließlich bewirke der<br />
hydrostatische Druck auch ein Training des<br />
Herz-Kreislauf-Systems. In der Knappschaftsklinik<br />
steht das Bewegungsbad in der Regel dreimal<br />
wöchentlich auf dem Therapieplan und dauert<br />
etwa eine halbe Stunde. Übrigens: Ein Bad im<br />
erwärmten Thermalheilwasser ist auch in der<br />
benach barten Silber-Therme möglich. (rnw/sk)<br />
<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />
47
MORGENS FANGO,<br />
ABENDS TANGO?<br />
DER <strong>REHA</strong>-ALLTAG – EINE <strong>REHA</strong> MIT NEUER HÜFTE IST HARTE ARBEIT.<br />
WIR HABEN EINEN PATIENTEN EINEN TAG IM JOHANNESBAD<br />
RAUPENNEST IN ALTENBERG BEGLEITET.<br />
Fotos (3): Ronald Bonß<br />
Puh, anstrengend. Doch Reginald Grimm ist emsig. Muskelaufbau ist<br />
wichtig, um das neue Hüftgelenk zu stabilisieren.<br />
VON STEPHANIE WESELY<br />
Ausschlafen? Fehlanzeige. Das gibt es in der<br />
Reha nur sonntags. In der Woche und samstags<br />
geht es sieben Uhr los. Für Reginald<br />
Grimm aus Radebeul ist das kein Problem.<br />
„Ich bin Frühaufsteher“, sagt der 55-Jährige.<br />
Mit seinen beiden Gehstützen marschiert er<br />
an diesem Morgen zügig in seine Behandlungskabine.<br />
Heute steht die Pelosepackung<br />
auf seinem Therapieplan. Pelose ist ein<br />
Heilschlamm, der aus dem Schollener See<br />
bei Rathenow gewonnen wird. „Das Material<br />
ist wie Fango ein guter Wärmeträger. Die<br />
organischen Bestandteile fördern die Durchblutung<br />
und lockern die Muskeln“, sagt<br />
Therapeutin Silvia Stemme. Reginald Grimm<br />
genießt die Entspannung für seinen Rücken.<br />
„Das Gehen mit Unterarmstützen ist doch<br />
anstrengend, man verspannt sich schnell“,<br />
sagt er. Vor fünf Wochen bekam Reginald<br />
Grimm ein künstliches Hüftgelenk eingesetzt.<br />
Mit 55 ist er noch recht jung für so einen<br />
Eingriff. „Ich habe mir die Entscheidung auch<br />
nicht leicht gemacht. Schließlich muss man<br />
in meinem Alter davon ausgehen, dass das<br />
Kunstgelenk vielleicht wieder gewechselt<br />
werden muss.“ Doch weder sein Beruf noch<br />
seine geliebten Wanderungen waren ohne<br />
Schmerzen möglich. „Ich konnte nur wenige<br />
Schritte gehen, dann musste ich mich<br />
setzen, weil die Schmerzen so stark waren.“<br />
Obwohl seine Frau viel Verständnis zeigte,<br />
konnte es für ihn so nicht weitergehen. „Nur<br />
dasitzen und Tabletten nehmen, dazu war<br />
ich noch nicht bereit.“ Auch in seinem Beruf<br />
spürte er zunehmend Einschränkungen.<br />
Er ist Sachverständiger in einem großen<br />
Chemieunternehmen. Zu Grimms Aufgaben<br />
gehört es, Kessel oder Industrie-Behälter zu<br />
48 <strong>REHA</strong> KOMPASS
Foto: Egbert Kamprath<br />
Physiotherapeutin Anke Riesing<br />
behandelt im Raupennest mit<br />
Heilschlamm.<br />
Gut trainiert ist auch beim Ergometertraining<br />
ein Plausch mit Sporttherapeutin<br />
Kristin Kluge möglich.<br />
Physiotherapeutin Stephanie<br />
Flemmig hilft beim Gehtraining auf<br />
wechselnden Untergründen.<br />
prüfen. „Da muss ich auf Leitern hineinsteigen,<br />
das Material begutachten und Empfehlungen<br />
abgeben”, sagt er. Nach einer halben<br />
Stunde kommt Silvia Stemme in die Kabine<br />
und nimmt die von der Packung warmen<br />
Decken ab. Reginald Grimm hat jetzt noch<br />
gut 30 Minuten Zeit, um sich in seinem Zimmer<br />
fürs Frühstück fertigzumachen. Vor dem<br />
Speiseraum hat sich schon eine beachtliche<br />
Traube gebildet. Zuerst dürfen die Rollstuhlfahrer<br />
ans Buffet. Männer und Frauen mit<br />
amputierten Gliedmaßen sind zu sehen und<br />
Poliopatienten. Die Klinik Raupennest ist eine<br />
Fachklinik für die Nachsorge bei Post-Polio-<br />
Syndrom. Die größte Gruppe im Frühstücksraum<br />
sind Männer und Frauen mit Unterarmstützen<br />
oder Rollatoren. Sie suchen sich<br />
ihr Essen aus und eine Servicekraft bringt es<br />
ihnen an den Platz. Damit keiner zu lange<br />
warten muss, gibt es zwei Essensdurchgänge.<br />
Reginald Grimm ist im zweiten Durchgang,<br />
von 8.15 bis 9 Uhr. Die Auswahl ist<br />
groß: frische Brötchen, Brot und Knäcke,<br />
Wurst, Käse, Quark und Joghurt, dazu Müsli<br />
Fachklinik für<br />
konserva ve Orthopädie<br />
und Sportmedizin<br />
• ambulante/sta onäre Rehabilitaon<br />
und Anschlussbehandlung<br />
• berufsgenossenscha liche sta onäre/<br />
ambulante Weiterbehandlung<br />
• ambulante/sta onäre Vorsorge- sowie<br />
Prävenonsmaßnahmen<br />
• ambulante physiotherapeusche Leistungen<br />
• zahlreiche Gesundheitsangebote mit<br />
Übernachtung<br />
• Behandlung in einem Zentrum für<br />
Tradionelle Chinesische Medizin<br />
und Osteopathie<br />
• Mitaufnahme von Begleitpersonen<br />
• weitläufige Bäderlandscha mit Sauna<br />
NEU: Sportmedizin<br />
Sprechstunde – Vorsorge – Leistungsdiagnos k<br />
Johannesbad Raupennest GmbH & Co. KG │ Rehefelder Straße 18 │ 01773 Altenberg │ Tel.: +49 35056 30-0 │ www.raupennest.de<br />
<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />
49
und Obst. Schilder informieren über die<br />
Kalorien pro Portion, über Inhaltsstoffe und<br />
eventuelle Allergieauslöser. Reginald Grimm<br />
bekommt Normalkost, denn er hat kein<br />
Übergewicht. Eine Ernährungsberaterin<br />
berät andere Patienten bei der Auswahl.<br />
Sechs Personen – alt und jung – sitzen mit<br />
Reginald Grimm an einem Tisch. Jeder hat<br />
seinen festen Platz. „Doch es reisen ständig<br />
Patienten ab und neue an, da wechseln<br />
unsere Tischnachbarn auch immer mal“, sagt<br />
er. Bisher sei er mit jedem ins Gespräch<br />
gekommen.<br />
Allzu viel Zeit bleibt dafür aber nicht.<br />
9.30 Uhr steht bereits Wassergymnastik auf<br />
seinem Plan. Die Therapie nennt sich Hüftgruppe.<br />
„Hüftoperierte dürfen ihr Gelenk<br />
nicht verdrehen. Brustschwimmen ist<br />
deshalb wegen der Beinbewegung tabu“,<br />
sagt Physiotherapeutin Anke Riesing. Durch<br />
den Auftrieb des Wassers fiele es den<br />
Patienten aber leichter, sich zu bewegen. Ziel<br />
sei es, die Muskulatur, die bei der OP gelitten<br />
hat, wieder aufzubauen. „Muskeln sind ein<br />
wichtiger Halt fürs neue Gelenk“, so Riesing.<br />
Reginald Grimm freut sich aufs Wasser. „So<br />
oft es geht, nutze ich die herrliche Bäderlandschaft“,<br />
sagt er. Auch außerplanmäßig,<br />
wenn gerade mal keine Therapie auf seinem<br />
Plan steht, trainiert er. „Wir freuen uns, wenn<br />
Patienten aktiv an ihrer Genesung mitarbeiten“,<br />
sagt Dr. Friedemann Steinfeldt,<br />
Chefarzt der Rehaklinik. Doch viele könnten<br />
das nicht mehr so gut. „Wir haben immer<br />
mehr sehr alte und multimorbide Patienten.<br />
Das verzögert den Heilungsfortschritt, zum<br />
Beispiel nach Oberschenkelhalsfrakturen“, so<br />
Steinfeldt. Zwischen Wassergymnastik und<br />
Gerätetraining liegt eine gute halbe Stunde.<br />
Abtrocknen, Sportkleidung an, und schon<br />
geht es zur nächsten Therapie. Fahrradergometer,<br />
Beinpresse, Kniebeuger und<br />
Übungen an der Sprossenwand – die<br />
45 Minuten Krafttraining bringen den 55-Jährigen<br />
ins Schwitzen. Wenn er aber an seine<br />
Anfänge vor drei Wochen zurückdenkt,<br />
merkt er, dass er schon viel geschafft hat.<br />
Reginald Grimm hat zwei Verlängerungswochen<br />
von der Rentenversicherung genehmigt<br />
bekommen. „Bei ärztlicher Begründung<br />
bewilligen die Kostenträger das meist, damit<br />
die Patienten anschließend wieder in den<br />
Beruf zurückkönnen“, sagt Dr. Steinfeldt. „Die<br />
Verlängerung habe ich gerne angenommen“,<br />
sagt Grimm. Ein bisschen Heimweh habe er<br />
schon, war sechs Wochen lang nicht mehr zu<br />
Hause. „Aber ich habe ja ein Ziel vor Augen:<br />
Ich möchte unbedingt wieder ohne Einschränkungen<br />
in den Beruf zurück. Schmerzen<br />
habe ich seit dem OP-Tag gar nicht<br />
mehr“, sagt er. 12.30 Uhr gibt es Mittagessen.<br />
Drei Gerichte stehen zur Wahl. Dienstags<br />
ist Suppentag: Erbseneintopf und<br />
Möhrensuppe. Wer keine Suppe mag, kann<br />
Salat mit Ofenkartoffel wählen. Einmal in der<br />
Woche gibt es einen Aktionstag, zum Beispiel<br />
italienische oder französische Küche, auch<br />
mal vegetarisch oder vegan. Allzu viel essen<br />
möchte Reginald Grimm aber nicht. Denn<br />
eine Stunde später steht schon wieder<br />
Krankengymnastik an. Am Gehbarren<br />
trainiert er auf einem Wackelbrett das<br />
Gleich gewicht. Die Übung ist schwierig, aber<br />
sehr wichtig für die Zeit nach der Reha. Es<br />
folgt die Gehschule, in der er sich auf unterschiedlichen<br />
Untergründen fortbewegen<br />
muss – auf Unterarmstützen, denn die wird<br />
er noch weitere sieben Wochen brauchen.<br />
Erst zwölf Wochen nach der OP darf das<br />
Gelenk voll belastet werden. Mit Sport geht<br />
es auch im Anschluss weiter. Die Hüftgruppe<br />
trifft sich diesmal im Sportraum, „leider nicht<br />
im Wasser“. Es ist 17.30 Uhr. An der Rezeption<br />
erhält Grimm noch den Plan für den<br />
nächsten Tag. Bis zum Abendessen will er<br />
noch duschen, E-Mails checken und mit<br />
seiner Frau skypen. Beim Abendessen geht<br />
es ruhiger zu als am Mittag. Der Tag hat bei<br />
allen seine Spuren hinterlassen. Ein paar<br />
Runden Rommé gehen trotzdem, bevor es<br />
morgen früh wieder zeitig los geht.<br />
50 <strong>REHA</strong> KOMPASS
GELÄHMT VOR ANGST<br />
DIE PSYCHOSOMATISCHE <strong>REHA</strong> – SCHON JUNGE MENSCHEN LEIDEN<br />
AN DEPRESSION UND ÜBERFORDERUNG. IN CHEMNITZ WERDEN SIE<br />
NACH EINEM OFFENEN KONZEPT BEHANDELT.<br />
Fotos (2): Ronald Bonß<br />
Der Blick ins Grüne beruhigt. Sandy ist so oft es geht an diesem Teich<br />
im Kurpark der Rehaklinik Carolabad in Chemnitz.<br />
VON STEPHANIE WESELY<br />
Sandy aus Burgstädt plagten immer wieder<br />
Panikattacken. Sie ergriffen so sehr Besitz<br />
von der jungen Mutter, dass sie ihren Beruf<br />
und ihren Alltag kaum noch meistern konnte.<br />
„Im Mai kam der Tiefpunkt. Ich war zeitweise<br />
gelähmt, konnte mich nicht bewegen, kaum<br />
sprechen“, sagt sie. Vier Ärzte hatte sie aufgesucht,<br />
keiner fand organische Ursachen.<br />
Heute weiß die 37-Jährige, dass diese<br />
Anzeichen zu ihrer Angsterkrankung<br />
gehören. Sie fürchtet sich extrem vor Krankheit,<br />
auch leichte körperliche Symptome<br />
verursachen zum Teil Todesängste. Hinzu<br />
kommt eine ausgeprägte Höhenangst.<br />
Diesen Ängsten will sie sich jetzt in der Reha<br />
stellen. Die Klinik Carolabad Chemnitz ist<br />
eine gute Adresse dafür. Inmitten von Feldern,<br />
am Rande des Rabensteiner Waldes,<br />
kann die Seele zur Ruhe kommen. Seit mehr<br />
als 40 Jahren werden hier psychosomatische<br />
Beschwerden behandelt. „Verschlossene<br />
Türen, wie es manche Patienten aus ihrer<br />
vorherigen Akutbehandlung kennen, gibt es<br />
bei uns mit Ausnahme der Nachtstunden<br />
nicht“, sagt Chefärztin Dr. Johanna Kunze.<br />
„Wir sind ein offenes Haus ohne das klassische<br />
Konzept einzelner Stationen.“ Das ist<br />
schon beim Betreten der lichtdurchfluteten<br />
Eingangshalle spürbar. In den vielen<br />
Sitzecken treffen sich Besucher und<br />
Patienten, schwatzen oder trinken Kaffee.<br />
Eine Gruppe Frauen in Bademänteln kommt<br />
aus dem Bad. Aus der benachbarten<br />
Sporthalle klingt Musik.<br />
52 <strong>REHA</strong> KOMPASS
DIE DIAGNOSEN: Der Bedarf an psychosomatischer<br />
Rehabilitation steigt ständig.<br />
Nutzten sie 2005 in Sachsen knapp<br />
8.400 Patienten, hat sich die Zahl aktuell auf<br />
rund 14.000 fast verdoppelt. Damit ist die<br />
Psyche nach der Orthopädie die zweithäufigste<br />
Indikation für eine stationäre Reha. Zehn<br />
Rehakliniken mit psychosomatischem Schwerpunkt<br />
gibt es derzeit in Sachsen. Bundesweit<br />
wurden 2016 fast 260 000 Patienten in der<br />
stationären Reha behandelt. Die Hälfte leidet<br />
an Depressionen, Burnout und Angststörungen.<br />
Eine große Gruppe sind auch die bipolar<br />
Erkrankten – bei ihnen wechseln sich<br />
depressive und manische Phasen ab.<br />
Schwerpunkt und Alleinstellungsmerkmal der<br />
Klinik Carolabad ist die Behandlung psychischer<br />
Erkrankungen in der Schwangerschaft<br />
und nach der Geburt. Das können Probleme<br />
nach einer traumatischen Geburt oder<br />
Bindungsstörungen zwischen Mutter und<br />
Kind sein. Die Psyche sorgt oft auch für<br />
körperliche Beschwerden, etwa Schmerzen,<br />
Schlafstörungen oder Tinnitus. „Das passiert<br />
zum Beispiel nach Mobbingerfahrungen.<br />
Dafür gibt es bei uns spezielle Konzepte“,<br />
sagt Chefärztin Kunze.<br />
DIE PATIENTEN: Die Psychosomatik ist der<br />
Fachbereich in der Reha mit den jüngsten<br />
Patienten. Im Schnitt sind sie unter 50 Jahre<br />
alt. „Die Gruppe der Mittzwanziger wird aber<br />
immer größer“, sagt Johanna Kunze. Viele von<br />
ihnen hätten im Beruf noch gar nicht Fuß<br />
gefasst, sind überfordert von den vielen Angeboten,<br />
Ausbildungsrichtungen und möglichen<br />
Abschlüssen. „Man lässt sich heute häufig<br />
mehr Zeit für die Berufswahl, die eigenen<br />
Befindlichkeiten haben einen höheren Stellenwert.<br />
Von Jahr zu Jahr nehme dann das<br />
Vertrauen in das eigene Leistungsvermögen<br />
ab, Versagens- und Zukunftsängste kommen<br />
hinzu. Um überhaupt erwerbstätig zu werden,<br />
brauchten sie zunächst eine geschützte<br />
Ausbildung, Bewerbungstraining, Konzentrationsübungen<br />
und Zuspruch. Zugenommen<br />
Dr. Johanna Kunze<br />
Celenus-Klinik Carolabad<br />
Chemnitz<br />
Die Chefärztin der Reha-Klinik<br />
Carolabad wollte eigentlich<br />
Chirurgin werden und etwas<br />
„medizinisch Handfestes“ tun.<br />
Während des Medizinstudiums<br />
jedoch absolvierte sie ein<br />
Praktikum in einer psychiatrischen<br />
Klinik in Wien und fand Interesse an den<br />
Geheimnissen des Gehirns. Als Oberärztin für Psychiatrie<br />
war sie zuvor in der Uniklinik Dresden, im Klinikum<br />
Potsdam und in der Rehaklinik Carolabad tätig. Die Reha<br />
habe für sie den Vorteil, dass sie nicht mehr nur den<br />
eingeschränkten Blick des Akutarztes auf die Krankheit<br />
habe, sondern den Menschen als Ganzes sehe und ihm<br />
helfen könne, sein Leben zu planen. Die 45-Jährige ist<br />
verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Dresden.<br />
habe auch die Zahl der Männer, die eine Reha<br />
in Anspruch nehmen. Der Rentenversicherung<br />
zufolge beträgt das Verhältnis Männer zu<br />
Frauen 4:5. Vor zehn Jahren lag es bei 3:5.<br />
Im Carolabad gehöre etwa ein Drittel der<br />
Patienten zum „starken Geschlecht“, wobei<br />
gerade die Abkehr von diesem falschen Rollenbild<br />
dazu beigetragen habe, dass sich jetzt<br />
auch Männer in psychischen Notlagen Hilfe<br />
suchen. Hinzu komme, dass die Diagnose<br />
„Burnout“ gesellschaftlich anerkannt sei und<br />
sich mehr Betroffene trauen, zum Arzt oder<br />
Therapeuten zu gehen. „Ein Teil unserer<br />
Patienten ist aber auch sehr schwer psychisch<br />
krank. Diese Frauen und Männer leiden<br />
möglicherweise dauerhaft an Beeinträchtigungen<br />
der Denkleistung, an Umstellungs- und<br />
Anpassungsproblemen oder an Wahrnehmungsstörungen.<br />
Manche haben sogar<br />
Suizidgedanken.“ Sie brauchen Stabilisierung.<br />
Doch selbst für so schwer Betroffene biete<br />
sich das offene Konzept der Klinik an. „Wir<br />
geben den Patienten so viel Freiheit wie<br />
möglich, sie müssen sich aber an bestimmte<br />
Regeln halten.“ Dazu gehöre es, die Therapie-<br />
<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />
53
stunden diszipliniert wahrzunehmen und<br />
alles in Rücksprache mit den Therapeuten zu<br />
tun. „Morgens beim Betreten des Frühstücksraumes<br />
loggen sie sich in unser Anwesenheitssystem<br />
ein. Dann wissen wir, dass sie<br />
aufgestanden sind und es ihnen soweit gut<br />
geht“, sagt die Chefärztin. Haben sie sich bis<br />
zu einer bestimmten Zeit nicht registriert,<br />
sucht das Pflegepersonal die Patienten auf.<br />
„Gerade bei schweren Depressionen fehlt<br />
vielen der Antrieb, ihnen fällt es schwer, pünktlich<br />
aufzustehen.“ Wer das Haus verlassen<br />
will, trägt sich in Abstimmung mit dem Therapeuten<br />
in eine Liste ein. Viel Freiraum für<br />
einen selbstbestimmten Aufenthalt, doch<br />
genug Bindung für eine erfolgreiche Therapie.<br />
DIE THERAPIEN: Die Rentenversicherung<br />
stellt klare Forderungen an die Therapiedichte.<br />
Jeder Patient soll vier bis sechs Einheiten<br />
täglich absolvieren – 22 pro Woche.<br />
Die wöchentliche Therapiezeit ist dabei auf 20<br />
bis 25 Stunden festgelegt und soll ärztliche,<br />
psychotherapeutische, ergotherapeutische,<br />
körperlichaktivierende und entspannende<br />
Teile enthalten. Die therapiefreie Zeit muss<br />
der Umsetzung des Gelernten dienen, zum<br />
Beispiel bei gemeinsamen Freizeitaktivitäten.<br />
In der Klinik Carolabad erfolgt die psychotherapeutische<br />
Arbeit imeist in Gruppentherapien,<br />
aber auch in Einzelgesprächen mit<br />
dem jeweiligen Bezugstherapeuten. „Im Aufnahmegespräch<br />
wird ermittelt, wo der Patient<br />
gerade steht, ob er zum Beispiel Trauer oder<br />
eine Trennung durchmacht“, sagt die Chefärztin.<br />
„Nicht die Diagnose, sondern die<br />
aktuelle Problematik bestimmt die Art der<br />
Behandlung.“ Trotz Vorgaben der Rentenversicherung<br />
gebe es in der Chemnitzer Klinik<br />
kein Pflichtprogramm. Über alle Therapien<br />
dürfe der Patient mitentscheiden. „Denn<br />
wenn er etwas nicht möchte, hat es auch<br />
keinen Erfolg. Lehnt ein Patient aber alles ab,<br />
ist es an uns, ihm Kompromissangebote zu<br />
machen“, sagt Johanna Kunze. So hätten<br />
manche Patienten, insbesondere solche mit<br />
Mobbingerfahrung, Angst vor einer Gruppentherapie.<br />
Sie bekämen dann häufigere<br />
Einzelgesprächsangebote, und es wird<br />
versucht, sie Schritt für Schritt an eine Gruppe<br />
zu gewöhnen. „Gruppen entwickeln nämlich<br />
eine ganz eigene Dynamik. Hier sitzen Gleichbetroffene<br />
zusammen, die sich motivieren<br />
und einander verstehen.“ In diesem geschützten<br />
Rahmen lernen sie, Kritik auszuhalten und<br />
Lob anzunehmen. Die Gruppe sei unersetzlich.<br />
Bei der klassischen Depression steht die<br />
Aktivierung im Mittelpunkt. Dazu gibt es<br />
vielfältigste Sportangebote. Die Patienten<br />
haben sich vorher meist lange isoliert, sie<br />
brauchen wieder Kontakt und den Austausch<br />
mit anderen. Wer eher ruhig veranlagt ist,<br />
fände über Yoga und Tai-Chi den Zugang zu<br />
Sportarten mit mehr Power. „Um Kontakte zu<br />
fördern, motivieren wir Patienten zur Teilnahme<br />
an Ausfahrten und Wanderungen in<br />
der therapiefreien Zeit“, so Kunze.<br />
DIE THERAPIEDAUER: Für eine psychotherapeutische<br />
Reha reichen drei Wochen<br />
nicht aus. „Durchschnittlich fünf Wochen sind<br />
die Patienten hier“, sagt Johanna Kunze. Etwa<br />
20 Prozent brauchen trotzdem noch eine<br />
Verlängerung, die vom Rentenversicherer in<br />
der Regel auch bewilligt wird.<br />
DER HEILERFOLG: Ob sich ein Patient<br />
zutraut, den Alltag wieder zu meistern, kann<br />
der Chefärztin zufolge nur er selbst<br />
beurteilen. Zu Beginn und am Ende der<br />
Reha würden Untersuchungen und Leistungseinschätzungen<br />
vorgenommen, die<br />
dann miteinander verglichen werden. Auch<br />
das persönliche Therapieziel sei entscheidend.<br />
„Manche wollen wieder arbeiten,<br />
andere eine Ausbildung aufnehmen oder<br />
auch nur stabiler für die Aufgaben zu Hause<br />
sein. „Die Patienten sind oft mindestens ein<br />
Jahr aus dem Arbeitsprozess heraus.<br />
Ein Neuanfang macht Angst.“ 80 Prozent<br />
nutzen das intensivierte Nachsorgeprogramm<br />
an der Klinik, wenn sie in der Nähe<br />
54 <strong>REHA</strong> KOMPASS
Foto: iStockphoto.com, © Witthaya Prasongsin<br />
wohnen. Dafür gibt es 25 Gruppengesprächstermine<br />
und zusätzlich ein Aufnahme-<br />
und Entlassungsgespräch.<br />
DIE QUALITÄT: Für den Qualitätsbericht<br />
„Psychosomatik und Sucht 2017“ wurden<br />
deutschlandweit mehr als 5 600 Entlassungsberichte<br />
und Therapiepläne durch speziell<br />
geschulte Chef- und Oberärzte der Psychosomatik<br />
geprüft und mit Punkten bewertet.<br />
Die höchstmögliche Punktzahl liegt bei 100.<br />
Deutschlandweit wurden im Schnitt 74<br />
Punkte erreicht. Bei drei Viertel der Kliniken<br />
stellten die Prüfer keine oder nur leichte Mängel<br />
fest. Die Rentenversicherung befragt<br />
außerdem Rehabilitanden zu ihrem Therapieerfolg<br />
und zur Qualität der Reha. Zwischen<br />
61 und 75 Prozent liegen die Zufriedenheitswerte<br />
in Sachsen. Diese Berichte sind<br />
Bestandteil der Qualitätszirkel, die in der<br />
Klinik Carolabad wöchentlich stattfinden. „Wir<br />
bieten außerdem ein Beschwerdemanagement<br />
an, bei dem sich Patienten direkt an die<br />
Klinikleitung wenden können oder auch anonym<br />
Wünsche und Anregungen einreichen<br />
können“, sagt Anke Fritz, Klinikdirektorin im<br />
Carolabad. „Bei unserer internen Patientenbefragung<br />
wurde der Reha-Aufenthalt durchschnittlich<br />
mit der Note 1,8 bewertet, besser<br />
als durch die Rentenversicherung mit 2,0“.<br />
WARTEZEITEN: Innerhalb der sechs Monate,<br />
die ein Patient Zeit hat, eine ärztlich verordnete<br />
Reha anzutreten, gelinge es den meisten,<br />
einen Platz zu bekommen, so Anke Fritz. Längere<br />
Wartezeiten gibt es aber, wenn Patienten<br />
ihren Hund mitbringen wollen. „Dieses Angebot<br />
der Klinik ist sehr begehrt. Denn viele<br />
wollen sich in den Therapiewochen nicht von<br />
ihrem geliebten Tier trennen. Zudem entwickeln<br />
sich über das Tier wieder Kontakte zu<br />
anderen. Der Hund hat also einen zusätzlichen<br />
therapeutischen Effekt“, sagt die Chefärztin.<br />
Nach fünf Wochen Reha in der Klinik<br />
Carolabad Chemnitz hat auch Sandy langsam<br />
das Gefühl, wieder zu gesunden. Die junge<br />
Frau hat sich für eine tagesklinische Behandlung<br />
entschieden, um nicht von ihren kleinen<br />
Kindern getrennt zu sein. Sie geht morgens in<br />
die Klinik und ist am Nachmittag wieder zu<br />
Hause. „In intensiven Einzelgesprächen habe<br />
ich gelernt, dass Angst etwas Normales ist.<br />
Und vor allem, dass sie auch wieder vergeht,<br />
dass sie nicht lebensbedrohlich ist.“ Das hat<br />
Sandy in der Konfrontationstherapie Schritt<br />
für Schritt gelernt. „Ich bin mit meiner Therapeutin<br />
sogar auf einen Turm gestiegen und<br />
konnte hinunter sehen. Wenn ich diese Angst<br />
besiege, wird mir das auch mit meiner Krankheitsangst<br />
gelingen“, sagt sie – und arbeitet<br />
weiter intensiv daran.<br />
<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />
55
» ICH SPÜRE<br />
KEINEN HUNGER «<br />
KINDER- UND JUGEND-<strong>REHA</strong> – DIE ZAHL DER JUNGEN <strong>REHA</strong>-<br />
PATIENTEN IST STARK GESTIEGEN. IN BAD GOTTLEUBA BEKOMMEN<br />
SIE KLARE ZIELVORGABEN.<br />
Fotos (2) Ronald Bonß<br />
Henrik Marten wiegt mit seinen 18 Jahren nicht mal 50 Kilo. Eine vierwöchige Reha in der<br />
Kinder- und Jugendklinik in Bad Gottleuba sollte ihm beim Umgang mit der Krankheit helfen.<br />
VON STEFFEN KLAMETH<br />
Henrik Marten ist 18 Jahre alt und und ein<br />
ziemlich schmächtiges Bürschchen: 1,65 Meter<br />
klein, 48,5 Kilo leicht. „Andere beneiden mich<br />
dafür“, sagt er. Und dass er gern größer,<br />
schwerer, kräftiger wäre. Doch zwischen<br />
Wunsch und Wirklichkeit steht ein Problem:<br />
„Ich spüre einfach keinen Hunger.“ Essen ist<br />
für ihn kein Vergnügen, im Gegenteil. Schon<br />
bei dem Gedanken daran habe er manchmal<br />
das Gefühl, sich übergeben zu müssen. Und<br />
oft sei ihm schon am Morgen so übel, dass er<br />
es nicht zur Schule schafft. „Dort glaubte man,<br />
ich will nur schwänzen“, erzählt er. Auch viele<br />
Ärzte hätten ihn nicht ernst genommen,<br />
sodass er mehrmals den Hausarzt wechselte.<br />
Erst habe man eine Fructoseintoleranz festgestellt,<br />
dann wurde Weizen vom Speiseplan<br />
gestrichen. Dazu kommt noch ein Zwerchfelldurchbruch.<br />
Auf Anraten seiner Mutter<br />
entschloss er sich schließlich zu einer Reha:<br />
„Einen Versuch war es wert.“ Vier Wochen<br />
verbrachte der junge Mann aus dem<br />
brandenburgischen Stahnsdorf in der Kinderund<br />
Jugendklinik in Bad Gottleuba.<br />
DIE KLINIK: Ein großer Park, darin weit<br />
verstreut drei Dutzend Gebäude: Wer zum<br />
ersten Mal das Klinikgelände in Bad Gottleuba<br />
betritt, kann schnell mal die Orientierung<br />
verlieren. Und außer Puste geraten, denn die<br />
Anlage klebt förmlich an einem steilen Hang.<br />
1913 wurde sie als erste Arbeiterheilstätte<br />
56 <strong>REHA</strong> KOMPASS
Deutschlands eröffnet. In der DDR war sie das<br />
erste Kliniksanatorium. Nach der Wende ging<br />
sie in den Besitz der Landesversicherungsanstalt<br />
Sachsen über. Seit über drei Jahren ist<br />
die Liegenschaft an den Median-Konzern<br />
verpachtet. Der betreibt hier insgesamt sechs<br />
Fachkliniken – darunter auch die Klinik für<br />
Kinder und Jugendliche.<br />
DIE DIAGNOSEN: Wenn Kinder krank<br />
werden, dann ist das in den meisten Fällen<br />
schnell auskuriert. Doch auch im jungen Alter<br />
– und manchmal bereits mit der Geburt –<br />
können Krankheiten auftreten, die das Leben<br />
über einen längeren Zeitraum oder gar<br />
dauer haft beeinträchtigen. Eine frühzeitige<br />
Reha bietet die Chance, dass die Betroffenen<br />
künftig einen Beruf erlernen und selbstständig<br />
ihr Leben gestalten können. Seit 2017<br />
sind Reha-Maßnahmen für Kinder und<br />
Jugendliche eine Pflichtleistung der Rentenversicherung.<br />
Im gleichen Jahr stieg die Zahl<br />
der jungen Reha-Patienten auf rund 35 000<br />
– so viele wie noch nie. Häufigste Gründe<br />
waren Asthma bronchiale und andere<br />
Atemwegserkrankungen, Hautkrankheiten,<br />
Adipositas sowie psychische und Verhaltensstörungen.<br />
Daneben werden unter anderem<br />
auch Krebserkrankungen, Diabetes und<br />
Immundefekte in einer Reha behandelt.<br />
DIE KLINIKEN: In Sachsen haben sich vier<br />
Reha-Kliniken auf die Behandlung junger<br />
Patienten spezialisiert. Sie decken allerdings<br />
nicht alle Krankheiten ab. „Bei Erkrankungen<br />
der Atemwege werden die jungen Patienten<br />
beispielsweise in Thüringen und Sachsen-<br />
Anhalt, aber auch in anderen Bundesländern<br />
behandelt“, sagt Dr. Ursula Wächter<br />
von der Deutschen Rentenversicherung<br />
Mitteldeutschland.<br />
Dr. Milan Meder<br />
Median-Klinik Bad Gottleuba<br />
Der 44-Jährige ist seit acht<br />
Jahren Chefarzt der<br />
Median-Klinik für Kinder und<br />
Jugendliche in Bad Gottleuba.<br />
Seine Ausbildung zum Facharzt<br />
für Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />
und -psychotherapie<br />
sowie Sozialmedizin<br />
absolvierte er in Freiburg. Danach arbeitete er in einem<br />
christlichen Kinderkrankenhaus. Er hat auch ein Jahr in<br />
Russland gelebt und spricht fließend Russisch.<br />
DIE PATIENTEN: Die Altersspanne in der<br />
Kinder- und Jugend-Reha ist weit gefasst. In<br />
der Median-Klinik Bad Gottleuba werden nach<br />
Auskunft von Chefarzt Dr. Milan Meder<br />
Patienten im Alter von 2 bis 22 Jahren behandelt.<br />
Die Mehrzahl sei zwischen acht und<br />
15 Jahren alt, wobei die Geschlechter gleich<br />
stark vertreten sind. Der Schwerpunkt liege<br />
auf psychischen und Verhaltensstörungen,<br />
Anpassungs- und Essstörungen, Sprach- und<br />
Sprechstörungen, Hyperaktivität und Konzentrationsschwäche,<br />
Einnässen und Einkoten<br />
ohne körperliche Ursache sowie auf Störungen<br />
des Sozialverhaltens. „Manche haben<br />
schon eine Heimkarriere oder ein Dutzend<br />
Psychiatrieaufenthalte hinter sich“, sagt<br />
Meder. Eine Besonderheit in Bad Gottleuba<br />
ist die Familienklinik: Hier sind Kinder und<br />
Eltern gemeinsam untergebracht – entweder<br />
als Begleitperson oder beiderseits als<br />
Patienten. Die Kinder und der Elternteil –<br />
manchmal auch Oma oder Opa – erhalten<br />
dann unabhängig voneinander eine Therapie.<br />
„Der Schwerpunkt liegt auf psychotherapeutischer<br />
Arbeit“, erklärt der Chefarzt.<br />
DIE THERAPIE: Ohne konkretes Ziel kein<br />
Erfolg: Was für die Reha ganz allgemein gilt,<br />
habe bei jungen Menschen ganz besondere<br />
Bedeutung, erklärt Dr. Meder: „Kinder und<br />
Jugendliche brauchen eine klare Zielsetzung.“<br />
Deshalb werden zu Beginn zahlreiche<br />
Gespräche geführt – mit Ärzten, Pädagogen,<br />
Psychologen. Auf dieser Grundlage erarbeiten<br />
die Fachleute einen individuellen Therapieplan<br />
für jeden Patienten. Bei Kindern mit<br />
<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />
57
Übergewicht – der Extremfall war ein<br />
elfjähriges Mädchen, das 150 Kilo wog –<br />
stehen etwa viel Bewegung und Ernährungsberatung<br />
im Mittelpunkt. Bei Patienten mit<br />
psychischen Diagnosen ist die Gruppentherapie<br />
ein fester Bestandteil. Dabei gehe<br />
es unter anderem darum, sie „aus der<br />
chemischen Zwangsjacke zu befreien“. Das<br />
heißt: weniger Medikamente, mehr emotionale<br />
Fähigkeiten. „Meist haben wir es mit<br />
gestörten Eltern-Kind-Beziehungen zu tun“,<br />
sagt Meder. „Dem Therapeuten kommt dann<br />
die Rolle des hilfreichen Dritten zu.“ Das erfordere<br />
auch einen kritischeren Umgang mit den<br />
Eltern – bis hin zur Empfehlung einer<br />
vollstationären Jugendhilfemaßnahme.<br />
DER TAGESABLAUF: In Bad Gottleuba<br />
werden die jungen Patienten 6.30 Uhr<br />
geweckt, 7.15 Uhr gibt es Frühstück. Daran<br />
schließen sich der (verkürzte) Unterricht in<br />
der klinikeigenen Schule sowie Therapien –<br />
zum Beispiel in der Gruppe oder Schwimmen<br />
– an. Nachmittags steht noch mal Unterricht<br />
auf dem Plan, ebenso Sport oder Gruppenaktivitäten.<br />
Regelmäßige Mahlzeiten sind ein<br />
wesentlicher Baustein der Therapie. Nach<br />
dem Abendbrot haben die jungen Leute<br />
Freizeit, die Nachtruhe ist altersabhängig.<br />
Am Wochenende können die Patienten<br />
ausschlafen, sonnabends werden Exkursionen<br />
angeboten, sonntags ist der Besuch<br />
der Schwimmhalle möglich.<br />
DIE THERAPIEDAUER: Eine Kinderund<br />
Jugend-Reha dauert in der Regel<br />
sechs Wochen. „In Ausnahmefällen kann sie<br />
auch auf bis zu zwölf Wochen verlängert<br />
werden“, erklärt Dr. Meder.<br />
DER ANTRAG: Die Initiative für eine Kinderund<br />
Jugend-Reha geht meist vom Haus- oder<br />
Kinderarzt aus – häufig im Zusammenhang<br />
mit einer Vorsorgeuntersuchung. Den Antrag<br />
müssen allerdings die Eltern stellen. In den<br />
allermeisten Fällen ist dafür die Deutsche<br />
Rentenversicherung zuständig. Die hundert<br />
Plätze der Kinder- und Jugendklinik in Bad<br />
Gottleuba sind begehrt. „Patienten, die allein<br />
anreisen, warten im Schnitt drei Monate“, sagt<br />
der Chefarzt. In der Familienklinik könne sich<br />
die Wartezeit auf ein halbes Jahr verlängern.<br />
Seit vergangenem Jahr haben Kinder bis zum<br />
zwölften Lebensjahr Anspruch auf die Begleitung<br />
durch Familienangehörige, und zwar<br />
unabhängig von der Schwere der Erkrankung.<br />
Bisher war das nur bis zum zehnten Lebensjahr<br />
möglich. Auf Antrag zahlt die Rentenversicherung<br />
dann nicht nur für Unterkunft und<br />
Verpflegung, sondern auch für den Verdienstausfall.<br />
Das Flexirentengesetz hat auch die<br />
vierjährige Wartefrist für die Wiederholung<br />
einer Kinder- und Jugend-Reha abgeschafft.<br />
„Eine erneute Behandlung ist jetzt in<br />
deutlich kürzeren Abständen möglich“, erklärt<br />
die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland.<br />
DER THERAPIEERFOLG: „Wir garantieren für<br />
einen maximalen Therapieerfolg“, sagt<br />
Dr. Meder. Maßstab sei dabei das individuelle<br />
Ziel. Bei übergewichtigen Patienten liege der<br />
Gewichtsverlust im Schnitt bei einem bis<br />
anderthalb Kilo pro Woche. Bei ADHS-<br />
Patienten gehe es darum, die Medikamente<br />
zu reduzieren oder ganz abzusetzen. Der<br />
Mediziner berichtet von einem 16-jährigen<br />
Mädchen, das die Reha mit einer hochdosierten<br />
Ritalin-Verordnung antrat – und<br />
nach der sechswöchigen Therapie regelrecht<br />
befreit wirkte. Voraussetzung für den Erfolg<br />
sei aber auch die Motivation der Patienten.<br />
Wer in den ersten sieben Tagen keinen Willen<br />
zeige oder sich nicht in die Gruppe einordne,<br />
müsse die Reha abbrechen. Dies geschehe<br />
allerdings sehr selten. Der 18-jährige Henrik<br />
Marten wollte das Beste aus der Reha<br />
machen. Er experimentierte mit Lebensmitteln,<br />
ging viel Schwimmen und abends in<br />
den Fitnessraum. „Ich wollte meine Ernährung<br />
optimieren und fitter werden“, erzählt er.<br />
Und er fuhr mit mehr Elan nach Hause, denn<br />
er hatte erkannt: „Ich bin meines Glückes<br />
eigener Schmied.“<br />
58 <strong>REHA</strong> KOMPASS
KLINIK BAVARIA<br />
Kreischa/Zscheckwitz<br />
WIR UNTERSTÜTZEN<br />
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LEBENSQUALITÄT ZU<br />
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⋅ Intensiv-<strong>REHA</strong> mit Weaning-Zentrum<br />
(Beatmungsentwöhnung)<br />
⋅ Neurologie/Neuroonkologie<br />
Phase B, C, D<br />
⋅ Onkologie/Hämatologie<br />
⋅ Orthopädie/Traumatologie/<br />
Querschnittgelähmtenzentrum<br />
⋅ Allgemeine Innere Medizin,<br />
Diabetologie u. Kardiologie<br />
⋅ Psychotherapie und<br />
Verhaltenstherapie<br />
⋅ Neurologie/Neuropädiatrie<br />
⋅ Allgemeine Pädiatrie<br />
HABEN SIE FRAGEN?<br />
WIR BERATEN SIE GERN!<br />
KLINIK BAVARIA Kreischa<br />
An der Wolfsschlucht 1-2 | 01731 Kreischa<br />
INTENSIV-<strong>REHA</strong>:<br />
Telefon: 035206 6-2953<br />
Fax: 035206 6-2954<br />
<strong>REHA</strong>:<br />
Telefon: 035206 6-3302<br />
Fax: 035206 6-3333<br />
KLINIK BAVARIA Zscheckwitz<br />
Fachkrankenhaus und<br />
Rehabilitationsklinik für Säuglinge,<br />
Kinder, Jugendliche und<br />
junge Erwachsene<br />
Zscheckwitz 1-3 | 01731 Kreischa<br />
Telefon: 035206 5-5304<br />
Fax: 035206 6-3333<br />
www.klinik-bavaria.de<br />
zscheckwitz.klinik-bavaria.de<br />
⋅ Medizinisch-Berufsorientierte<br />
Rehabilitation<br />
⋅ Medizinisch-Berufliche Rehabilitation