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REHA-Kompass | März 2019

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Der<br />

<strong>REHA</strong> <strong>Kompass</strong><br />

DAS MAGAZIN ZUR SERIE<br />

<strong>März</strong> <strong>2019</strong><br />

ÜBERBLICK<br />

Als Abschluss der großen<br />

redaktionellen Serie zu<br />

sächsischen Reha-Kliniken<br />

fasst das Magazin die wichtigsten<br />

Fakten zusammen.<br />

THERAPIEN<br />

Neue Hüfte, Sucht, Schlaganfall<br />

– Experten erklären<br />

welche Behandlungsmethoden<br />

sinnvoll sind.<br />

SERVICE<br />

Welche Leistungen übernehmen<br />

die Krankenkassen?<br />

Fachleute<br />

erläutern die Regelungen.<br />

Seite 8<br />

FIT NACH DER OP<br />

Wer hat Anspruch auf eine Reha?


Lebensfreude<br />

zurückgewinnen<br />

Fachklinik für onkologische, gynäkologische<br />

und orthopädische Anschlussrehabilitation sowie<br />

stationäre und teilstationäre Rehabilitation<br />

Unsere Indikationen:<br />

• Tumorerkrankungen<br />

• Maligne Systemerkrankungen<br />

• Spezielle Psychoonkologische<br />

Rehabilitation<br />

• Gynäkologische Erkrankungen<br />

• Erkrankungen und Unfallfolgen<br />

des Haltungs- und Bewegungsapparates.<br />

• Unsere Klinik ist voll beihilfefähig.<br />

• Begleitpersonen Aufnahme eines und Kindes Kinder im Alter nehmen bis wir<br />

im 12 Patientenzimmer Jahren im Patientenzimmer mit auf. möglich.<br />

Anerkannt wird eine<br />

Gesundheitsmaßnahme von:<br />

• allen Rentenversicherungsträgern<br />

• gesetzlichen und privaten Krankenkassen<br />

• Berufsgenossenschaften<br />

Paracelsus-Klinik Am Schillergarten Bad Elster<br />

Martin-Andersen-Nexö-Straße 10 · 08645 Bad Elster<br />

Rezeption T 037437 700 · Patientenmanagement: T 037437 703-220<br />

bad_elster@paracelsus-kliniken.de · www.paracelsus-kliniken.de/klinik-am-schillergarten<br />

Wir sind zertifiziert entsprechend der international gültigen Qualitätsanforderungen<br />

der DIN EN ISO 9001:2015 und der branchenspezifischen Standards der DEGEMED.


DAS MAGAZIN ZUR SERIE<br />

DER <strong>REHA</strong>-KOMPASS<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

künstliche Hüfte, Schlaganfall, Sucht –<br />

die Liste der Gründe einer Behandlung ist<br />

so vielfältig, wie das anschließend notwendige<br />

Angebot an Reha-Maßnahmen. Zudem<br />

gibt es natürlich auch DIE Patientin oder DEN Patienten<br />

nicht, sondern die Betroffenen und ihre Erkrankungen, ihr<br />

persönliches Umfeld, ihre beruflichen Wünsche und<br />

Perspektiven sind individuell und verlangen damit auch nach<br />

maßgeschneiderten, individuellen Lösungen. Und Sachsen<br />

ist unter anderem mit seinen 53 stationären Reha-Kliniken<br />

auf diesem Gebiet sehr gut aufgestellt. Neben einem umfangreichen<br />

Überblick bietet diese Broschüre aber auch interessante<br />

Einblicke von Patienten – und Antworten auf die Frage,<br />

welche Leistungen die Krankenkassen beim Thema Reha<br />

übernehmen.<br />

12<br />

AUSZEIT MT KIND<br />

DIE MUTTER-/<br />

VATER-KIND-KUR<br />

32<br />

WIEDER MOBILER<br />

IM ALTER<br />

EDITORIAL<br />

Ihr Redaktions-Team<br />

INHALT<br />

6<br />

DER ERSTE <strong>REHA</strong>-KOMPASS<br />

FÜR SACHSEN<br />

8<br />

WER HAT ANSPRUCH<br />

AUF EINE <strong>REHA</strong>?<br />

12<br />

AUSZEIT MT KIND – DIE<br />

MUTTER-/VATER-KIND-KUR<br />

16<br />

MEINE RECHTE<br />

MEINE PFLICHTEN<br />

20<br />

WENN DER ANTRAG<br />

ABGELEHNT WIRD<br />

22<br />

WENN DER DARM<br />

NICHT MEHR KANN<br />

26<br />

WIE GUT SIND<br />

SACHSENS KLINIKEN?<br />

30<br />

DIE QUALITÄT IST EIN<br />

BETRIEBSGEHEIMNIS<br />

32<br />

WIEDER MOBILER IM ALTER<br />

36<br />

» ICH BIN DER ENKEL-<br />

SOHN-TYP «<br />

42<br />

VOM SCHLAG GETROFFEN<br />

48<br />

MORGENS FANGO,<br />

ABENDS TANGO?<br />

52<br />

GELÄHMT VOR ANGST<br />

56<br />

» ICH SPÜRE<br />

KEINEN HUNGER «<br />

<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />

3


WO DIE SACHSEN<br />

WIEDER<br />

GESUND WERDEN<br />

<strong>REHA</strong> IN SACHSEN IST GEFRAGT: FAST 103.000 PATIENTEN LIESSEN<br />

SICH IM VERGANGENEN JAHR IN EINER DER 53 <strong>REHA</strong>-KLINIKEN<br />

BEHANDELN – RUND 12.000 MEHR ALS NOCH IM JAHR 2005.<br />

DAS GEHT AUS NOCH NICHT VERÖFFENTLICHEN ZAHLEN<br />

DES STATISTISCHEN LANDESAMTES HERVOR.<br />

Foto: iStockphoto.com, © SerafinoMozzo<br />

4 <strong>REHA</strong> KOMPASS


VON STEFFEN KLAMETH<br />

Ziel einer Rehabilitation ist die Wiederherstellung<br />

des Gesundheitszustandes – etwa<br />

nach einem Unfall oder einer Krankheit. Sie<br />

soll den Betroffenen die Rückkehr ins<br />

Berufsleben beziehungsweise ein möglichst<br />

selbstständiges Leben ermöglichen. Die<br />

meisten Rehaleistungen werden von der<br />

Deutschen Rentenversicherung und der<br />

gesetzlichen Krankenversicherung finanziert.<br />

Maßnahmen zur Vorsorge müssen Patienten<br />

seit der Gesundheitsreform im Jahre 2000<br />

größtenteils oder ausschließlich aus eigener<br />

Tasche bezahlen.<br />

Deutschlandweit wurde im Vorjahr knapp<br />

zwei Millionen Menschen eine stationäre<br />

Reha bewilligt. Hauptgründe waren laut<br />

Statistischem Bundesamt Operationen am<br />

Knie- und Hüftgelenk, Rückenschmerzen und<br />

Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Nach Recherchen<br />

der Redaktion sind die Wartezeiten auf<br />

einen Reha-Platz in Sachsen vergleichsweise<br />

gering – anders als bei Kliniken an der Ostsee,<br />

wo man sich ein halbes Jahr oder länger<br />

gedulden muss. Patienten können eine<br />

Wunschklinik nennen.<br />

Doch nicht jeder Reha-Antrag und jeder<br />

Wunschort werden bewilligt. „Im vergangenen<br />

Jahr wurden bei uns rund 1,6 Millionen<br />

Anträge auf eine medizinische Reha gestellt“,<br />

sagt Dr. Ursula Wächter von der Deutschen<br />

Rentenversicherung Mitteldeutschland.<br />

Davon seien 16 Prozent abgelehnt worden.<br />

Bei den gesetzlichen Krankenkassen gingen<br />

im gleichen Zeitraum fast 1,3 Millionen<br />

Anträge auf Reha- oder Vorsorgeleistungen<br />

ein. Hier lag die Ablehnungsquote bei<br />

17 Prozent. Hauptgründe für eine Ablehnung<br />

sind geringe Erfolgs aussichten sowie<br />

fehlende Bedürftigkeit bzw. Fähigkeit für eine<br />

Reha. Mitunter lohne sich aber ein Widerspruch,<br />

sagt Ingo Dörr, Geschäftsführer des<br />

Arbeitskreises Gesundheit: „Manche Ablehnungen<br />

hinterlassen schon einen Eindruck<br />

von Willkür.“ Dies betreffe insbesondere<br />

Ersatzkassen.<br />

» Im vergangenen Jahr wurden bei uns<br />

rund 1,6 Millionen Anträge auf eine<br />

medizinische Reha gestellt. «<br />

Unter dem Titel Reha-<strong>Kompass</strong> Sachsen<br />

erschien Ende 2018 in den drei großen sächsischen<br />

Zeitungen Freie Presse, Sächsische<br />

Zeitung und Leipziger Volkszeitung ein Überblick<br />

über Therapieangebote der Reha-<br />

Kliniken in Sachsen, die nun kompakt<br />

vorliegt. Chefärzte erläutern am Beispiel der<br />

häufigs ten Einweisungsgründe, wie die Reha<br />

abläuft und wie groß die Chancen auf eine<br />

Heilung sind. Anders als Krankenhäuser sind<br />

Reha-Kliniken zwar nicht verpflichtet, über<br />

die Ergebnisse der externen Qualitätsprüfung<br />

Auskunft zu geben. Die Redakteure<br />

haben trotzdem danach gefragt – außer elf<br />

Kliniken gaben alle freiwillig Auskunft.<br />

Impressum<br />

Der » Reha-<strong>Kompass</strong> <strong>2019</strong> « ist eine<br />

Sonderveröffentlichung von<br />

„Freie Presse”, „Leipziger Volkszeitung”<br />

und „Sächsische Zeitung”<br />

Herausgeber:<br />

Chemnitzer Verlag und<br />

Druck GmbH & Co. KG<br />

Brückenstraße 15 | 09111 Chemnitz<br />

Geschäftsführung: Ulrich Lingnau<br />

Anzeigenleitung: Tobias Schniggenfittig<br />

www.freiepresse.de/reha<br />

Leipziger Verlags- und<br />

Druckereigesellschaft mbH & Co. KG<br />

Peterssteinweg 19 | 04107 Leipzig<br />

Geschäftsführung: Björn Steigert<br />

www.lvz.de/reha<br />

Sächsische Zeitung GmbH<br />

Ostra-Allee 20 | 01067 Dresden<br />

Geschäftsführung: Denni Klein<br />

(verantw. für den Anzeigenteil)<br />

www.saechsische.de<br />

Redaktion: Nutzwerk GmbH<br />

Redaktionsschluss 30.11.2018<br />

Satz/Layout: Page Pro Media GmbH<br />

Titelmotiv: iStockphoto.com/<br />

Wavebreakmedia<br />

Druck: Limbacher Druck GmbH<br />

© <strong>2019</strong> für Texte und von uns gestaltete<br />

Anzeigen beim Urheber/Verlag. Nachdruck,<br />

Vervielfältigung und elek tronische Speicherung<br />

nur mit schriftlicher Genehmigung.<br />

<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />

5


DER ERSTE <strong>REHA</strong>-<br />

KOMPASS FÜR SACHSEN<br />

IM WETTBEWERB UM PATIENTEN ZÄHLEN VOR ALLEM<br />

QUALITÄT UND DAS GEWISSE ETWAS.<br />

Foto: iStockphoto.com, © KatarzynaBialasiewicz<br />

VON STEFFEN KLAMETH<br />

Mehr als 1.100 Rehakliniken gibt es in<br />

Deutschland, darunter 53 in Sachsen. Die<br />

Grafik auf der folgenden Seite zeigt:<br />

Besonders viele dieser Einrichtungen befinden<br />

sich im Vogtland und im Landkreis<br />

Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Das<br />

verwundert nicht. Die Kurorte in diesen<br />

Regionen können auf eine lange Tradition<br />

zurückblicken und setzen sie erfolgreich fort.<br />

Das hat sich im übrigen auch jenseits der<br />

Landesgrenzen herumgesprochen. Von den<br />

rund 103.000 Patienten, die im vergangenen<br />

Jahr in einer sächsischen Rehaeinrichtung<br />

weilten, kam ein beträchtlicher Anteil aus<br />

anderen Bundesländern. Umgekehrt nahmen<br />

auch viele Sachsen weitere Wege für<br />

ihre Reha in Kauf.<br />

Dafür kann es gute Gründe geben. Denn die<br />

sächsischen Kliniken bieten zwar Therapien<br />

für eine Vielzahl von Erkrankungen an. Doch<br />

für manche Diagnosen wie Lungenkrankheiten<br />

haben andere Bundesländer schlicht<br />

die besseren natürlichen Voraussetzungen.<br />

Im Wettbe werb um die Patienten können die<br />

Kliniken deshalb vor allem mit der Qualität<br />

punkten. Und dem gewissen Etwas: innovative<br />

Therapien, einer besonderen Ausstattung,<br />

exklusiver Lage.<br />

6 <strong>REHA</strong> KOMPASS


Rehaeinrichtungen in Sachsen<br />

Quelle: Statistisches Landesamt Sachsen, Statistisches Bundesamt, Deutsche Rentenversicherung, GKV-Spitzenverband<br />

Grafik: SZ - Pit Konczak, Romy Thiel<br />

<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />

7


WER HAT ANSPRUCH<br />

AUF EINE <strong>REHA</strong>?<br />

ALLE VIER JAHRE IST EIN ANTRAG MÖGLICH – WENN EINIGE VORAUS-<br />

SETZUNGEN ERFÜLLT SIND. WER SICH DAS ERSTE MAL MIT DEM<br />

THEMA <strong>REHA</strong> BESCHÄFTIGT, IST SCHNELL VERWIRRT. UNZÄHLIGE<br />

FACHBEGRIFFE, VERSCHIEDENE FORMEN UND ZUSTÄNDIGKEITEN<br />

MACHEN ES LAIEN SCHWER, DEN DURCHBLICK ZU BEHALTEN.<br />

Foto: Thomas Kretschel<br />

Die Therapie: Qi Gong löst Blockaden<br />

VON STEFFEN KLAMETH<br />

Was ist eigentlich eine Reha?<br />

Das Wort Rehabilitation bedeutet Wiederherstellung.<br />

Bei der Reha geht es also<br />

darum, den Gesundheitszustand – etwa<br />

nach einem Unfall oder einer Krankheit –<br />

wiederherzustellen oder eine Verschlechterung<br />

zu verhindern. Sie soll die Rückkehr<br />

ins Berufsleben bzw. die Teilhabe am<br />

gesellschaftlichen Leben ermöglichen.<br />

Was ist der Unterschied zwischen Reha<br />

und Kur?<br />

Mit der Gesundheitsreform im Jahr 2000<br />

wurde das Wort Kur in den Sozialgesetzbüchern<br />

durch die Begriffe „Leistungen zur<br />

medizinischen Vorsorge und Rehabilitation“<br />

ersetzt. Die Vorsorge verfolgt vor allem das<br />

Ziel, eine geschwächte Gesundheit zu<br />

stärken. Die Kosten müssen grundsätzlich<br />

selbst gezahlt werden. Krankenkassen<br />

leisten mitunter einen geringen Zuschuss.<br />

8 <strong>REHA</strong> KOMPASS


<strong>REHA</strong> IST NICHT GLEICH <strong>REHA</strong><br />

Foto: iStockphoto.com/<br />

© AndreyPopov<br />

Medizinische Reha:<br />

Die Folgen einer schweren Krankheit oder eines Unfalls<br />

können mit der Akutversorgung oft nicht gänzlich behoben<br />

werden. Die medizinische Reha soll den Betroffenen<br />

helfen, in ihren Beruf zurückzukehren oder sie vor einer<br />

Pflegebedürftigkeit bewahren.<br />

Foto: iStockphoto.com/<br />

© nensuria<br />

Berufliche Reha:<br />

Sie kann sich an eine medizinische Reha anschließen, allerdings<br />

ist dies keine Bedingung. Die Leistungen zur Teilhabe<br />

am Arbeitsleben (so die offizielle Bezeichnung) werden oft<br />

in Berufsförderungswerken angeboten und bestehen z. B.<br />

aus Fortbildungen und Umschulungen. Aber auch Hilfen<br />

bei der Jobsuche und die Kostenübernahme für Prüfungen<br />

oder neue Arbeitsmittel gehören dazu.<br />

Foto: iStockphoto.com/<br />

© Halfpoint<br />

Soziale Reha:<br />

Wenn Menschen nach einem Unfall oder einer Krankheit<br />

dauerhaft eingeschränkt sind, können ihnen sogenannte<br />

Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft<br />

helfen. Finanzielle Zuwendungen etwa zum Umbau der<br />

Wohnung, für Fahrdienste oder Haushaltshilfen sollen<br />

dazu beitragen, dass die Menschen trotz ihrer Behinderung<br />

ihr Leben weitgehend selbst bestimmen können.<br />

Foto: iStockphoto.com/<br />

© KatarzynaBialasiewicz<br />

Geriatrische Reha:<br />

Wer 70 Jahre oder älter ist, hat einen Rechtsanspruch auf<br />

eine geriatrische Reha – vorausgesetzt, der Versicherte<br />

leidet unter mindestens zwei typischen Alterserkran kungen<br />

wie Demenz oder Immobilität. Die Therapien werden<br />

meist in darauf spezialisierten geriatrischen Reha-Kliniken<br />

durchgeführt. Streng genommen ist die geriatrische Reha<br />

eine Form der medizinischen Reha.<br />

Foto: iStockphoto.com/ © Rido<br />

Frühreha:<br />

Sie beginnt bereits während der Akutbehandlung im<br />

Krankenhaus (häufig nach Schlaganfall) und kann<br />

danach als medizinische Reha fortgesetzt werden. Die<br />

Frühreha ist damit Bestandteil der Akutbehandlung.<br />

(rnw/sk)<br />

<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />

9


Welche verschiedenen Reha-Leistungen<br />

gibt es überhaupt?<br />

Am häufigsten werden Leistungen zur<br />

medizinischen Rehabilitation angewandt.<br />

Erfolgt die Reha unmittelbar nach dem<br />

Krankenhausaufenthalt, spricht man von<br />

einer Anschlussrehabilitation. Daneben gibt<br />

es weitere Reha-Leistungen: die berufliche<br />

Reha, die soziale Reha sowie die Reha für<br />

Kinder und Jugendliche. Ein Sonderfall ist<br />

die Mutter-/Vater-Kind-Kur. Sie zählt, anders<br />

als der Name vermuten lässt, als medizinische<br />

Rehabilitation für Mütter und Väter.<br />

Wer hat Anspruch auf eine medizinische<br />

Rehabilitation?<br />

Grundsätzlich jeder, wenn es medizinisch<br />

erforderlich ist. Voraussetzung ist, dass der<br />

Versicherte die Therapie gesundheitlich<br />

bewältigen kann und die Aussicht besteht,<br />

dass seine Leistungsfähigkeit gebessert oder<br />

wiederhergestellt werden kann. Zudem muss<br />

er die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen<br />

erfüllen. Die Rentenversicherung<br />

zum Beispiel verlangt, dass man in den<br />

letzten zwei Jahren vor dem Antrag sechs<br />

Monate Pflichtbeiträge gezahlt hat oder bei<br />

Antragstellung mindestens 15 Jahre versichert<br />

war. Wer erwerbsgemindert ist, muss mindestens<br />

fünf Jahre Versicherungszeit nachweisen<br />

oder Rente wegen verminderter<br />

Erwerbsfähigkeit beziehen.<br />

Wie oft habe ich Anspruch auf eine Reha?<br />

In der Regel dürfen Erwachsene alle vier<br />

Jahre eine Reha in Anspruch nehmen. Dabei<br />

spielt keine Rolle, ob es sich um eine<br />

stationäre oder ambulante Reha handelt.<br />

Wenn medizinische Gründe dies erfordern<br />

– beispielsweise eine andere Erkrankung<br />

oder eine drohende gesundheitliche Verschlechterung<br />

– kann eine erneute Reha<br />

auch früher genehmigt werden. Für Kinder<br />

und Jugendliche gilt die Frist nicht mehr.<br />

10 <strong>REHA</strong> KOMPASS


Wie und wo kann ich eine Reha beantragen?<br />

Das hängt davon ab, welcher Sozialleistungsträger<br />

zuständig ist. Wer noch<br />

erwerbstätig ist, stellt den Antrag für eine<br />

medizinische oder berufliche Reha bei der<br />

Deutschen Rentenversicherung – in<br />

Sachsen bei der Deutschen Rentenversicherung<br />

Mitteldeutschland. Rentner<br />

wenden sich an ihre gesetzliche Krankenkasse.<br />

Bei Kindern und Jugendlichen sind<br />

gesetzliche Krankenkasse und Deutsche<br />

Rentenversicherung zuständig. Bei Arbeitsunfällen<br />

und Berufskrankheiten sind die<br />

Unfallkasse oder die Berufsgenossenschaften<br />

zuständig. In bestimmten Fällen übernehmen<br />

auch die Agenturen für Arbeit, Sozialund<br />

Jugendämter die Kosten.<br />

Übrigens: Wird der Antrag an die falsche<br />

Stelle geschickt, ist diese verpflichtet, ihn<br />

binnen 14 Tagen an den zuständigen<br />

Träger weiterzuleiten. Private Krankenkassen<br />

zahlen – sofern der Versicherte keinen<br />

speziellen Kurtarif abgeschlossen hat – nur<br />

für eine Anschlussreha. Und das auch nur<br />

für ausgewählte Indikationen wie Kardiologie<br />

und Orthopädie sowie unter<br />

bestimm ten Voraussetzungen.<br />

Benötige ich für den Antrag ein Rezept vom<br />

Arzt?<br />

Das hängt vom Kostenträger und der Art der<br />

Reha ab. Die Anschlussreha kann nur vom<br />

Krankenhaus eingeleitet werden. Geht der<br />

Antrag an die Rentenversicherung, genügt in<br />

der Regel ein Befundbericht vom behandelnden<br />

Arzt. Krankenkassen verlangen eine<br />

Verordnung, die jeder niedergelassene Arzt<br />

ausstellen darf. Ist die Unfallversicherung<br />

zuständig, muss man einen Durchgangsarzt<br />

aufsuchen.<br />

Wie lange dauert eine Reha?<br />

In der Regel drei Wochen, bei Kindern vier<br />

Wochen und bei einigen Erkrankungen wie<br />

Sucht auch länger.<br />

Foto: iStockphoto.com/ © humonia<br />

Die Therapie<br />

QI GONG<br />

LÖST BLOCKADEN<br />

Die Übungen haben ungewohnte Namen.<br />

Sie heißen: „Den Himmel mit den Händen<br />

stützen“ oder „Der Kranich“. Was sie vereint,<br />

sind die harmonischen Bewegungsabläufe in<br />

Verbindung mit Atemtechniken und Meditation.<br />

„Qi Gong gehört zur Traditionellen<br />

Chinesischen Medizin“, sagt Timm Richter,<br />

Physiotherapeut und Lehrer für medizinisches<br />

Qi Gong in Chemnitz. Zweimal<br />

wöchentlich gibt er Kurse in der Dekimed-<br />

Klinik Bad Elster. Die Patienten leiden meist<br />

an chronischen Schmerzen, Migräne, Schlafstörungen<br />

oder auch Krebs.<br />

„Wenn es gelingt, nicht so viel über die Ausführung<br />

der Übung nachzudenken, sondern<br />

die Energie des Körpers fließen zu lassen,<br />

können sich Blockaden durch falsche Bewegungsmuster<br />

lösen und die Gedanken zur<br />

Ruhe kommen.“ Bei den Übungen handelt es<br />

sich um einfache Bewegungen, die Menschen<br />

aller Altersstufen und unterschiedlicher Konstitution<br />

schnell und leicht erlernen können.<br />

Sie lassen sich im Stehen, Sitzen, Liegen oder<br />

Gehen ausführen. Die tiefe, heilende Wirkung<br />

hängt Richter zufolge aber von der Qualität<br />

und der Regelmäßigkeit des Übens ab. „Der<br />

Patient steht selbst in der Verantwortung, für<br />

seine Gesundheit aktiv zu werden. Die Reha<br />

kann ein Impuls dafür sein.“<br />

<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />

11


AUSZEIT MT KIND<br />

DIE MUTTER-/<br />

VATER-KIND-KUR<br />

VIELE ELTERN KOMMEN MIT DOPPELBELASTUNG UND LEISTUNGS-<br />

DRUCK NICHT MEHR ZURECHT. ZUNEHMEND TRIFFT ES AUCH VÄTER.<br />

DREI WOCHEN KUR KÖNNEN HELFEN.<br />

Foto: Georg Ulrich Dostmann<br />

Hausbau kann auch leicht sein und Spaß machen – zumindest, wenn man es mit Legosteinen macht. Joachim Richter<br />

aus Netzschkau hat sein realer Hausbau neben der Arbeit und den Kindern so gestresst, dass er eine Kur brauchte. Er<br />

genießt hier im Gesundheitszentrum Grünhain-Beierfeld die Auszeit gemeinsam mit seinem ältesten Sohn.<br />

VON STEPHANIE WESELY<br />

Joachim Richter aus Netzschkau im Vogtland<br />

hatte immer wieder Schwindelanfälle. „Mir<br />

ging es so schlecht, dass ich sogar arbeitsunfähig<br />

geschrieben wurde“, sagt der 34-Jährige.<br />

Die Ursache war Stress – im Beruf als<br />

Projektmanager und privat beim Hausbau.<br />

„Als Familienvater ist man ja heute nicht<br />

mehr nur der Geldverdiener. Auch meine<br />

Frau ist so wie ich voll berufstätig. Da müssen<br />

wir uns in die Erziehung unserer beiden<br />

Söhne und in die Hausarbeit teilen“, sagt er.<br />

Doch am Abend fehle dazu oft die Kraft. „Die<br />

Kinder sind müde, man selbst ist ungeduldig.<br />

Das ist nicht einfach.“<br />

Auch Richters älterer Sohn zeigte Stresssymptome.<br />

Nachts knirschte er mit den Zähnen.<br />

„Da verarbeitet er seinen Tag“, sagt der<br />

12 <strong>REHA</strong> KOMPASS


Vater. Von der Möglichkeit einer Vater-Kind-<br />

Kur hat er durch einen Kollegen erfahren.<br />

Doch die Suche nach Angeboten war<br />

schwierig. Denn es gibt zwar ein Müttergenesungswerk,<br />

aber kein Vatergenesungswerk.<br />

In der Arbeiterwohlfahrt fand er schließlich<br />

einen Ansprechpartner. „Ich habe mich für<br />

das Gesundheitszentrum in Grünhain-Beierfeld<br />

entschieden, weil es in der Nähe liegt.<br />

Meine Frau und unser Jüngster konnten<br />

mich damit leichter besuchen“, sagt Richter.<br />

Sein ältester Sohn fuhr mit zur Kur.<br />

DIE KLINIK: Der Stuhlkreis im Kurgarten ist<br />

ein Blickfang im AWO-Gesundheitszentrum<br />

im erzgebirgischen Grünhain-Beierfeld. Ein<br />

schönes Ambiente für Gespräche und Entspannung.<br />

Nebenan erwärmen sich Männer<br />

und Frauen fürs Nordic Walking. Es wird<br />

gelacht, die Stimmung ist gut.<br />

Mutter-/Vater-Kind-Kuren gelten als Vorsorgemaßnahme.<br />

Seit 2007 sind sie Pflichtleistung<br />

der Kassen. Deutschlandweit gibt es<br />

133 Kurkliniken. Mehr als die Hälfte gehört<br />

dem Müttergenesungswerk an, ist aber<br />

nicht nur Müttern vorbehalten. Die meisten<br />

Kliniken gibt es in Niedersachsen, Schleswig-<br />

Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und<br />

Bayern – in Ländern mit Bergen oder Meer.<br />

Diesen Standortvorteil haben die zwei sächsischen<br />

Einrichtungen nicht. „Deshalb müssen<br />

wir mit Qualität punkten“, sagt Barbara<br />

Jähn, systemische Familientherapeutin im<br />

Gesundheitszentrum.<br />

DIE DIAGNOSEN: Mütter und Väter sind<br />

heute Doppel- und Mehrfachbelastungen<br />

ausgesetzt, denn sie sind meist berufstätig<br />

oder haben nebenher noch Angehörige zu<br />

pflegen. Wird die Eltern-Kind-Beziehung<br />

zusätzlich durch Krankheiten oder Auffälligkeiten<br />

der Kinder erschwert, geraten Familien<br />

schnell an ihre Grenzen. Damit daraus keine<br />

ernsthaften psychischen oder körperlichen<br />

Erkrankungen werden, gibt es Mutter-/<br />

Vater-Kind-Angebote. „Die Chance auf<br />

Genehmigung einer solchen Kur haben<br />

Mütter und Väter mit psychosomatischen<br />

Erschöpfungszuständen, Übergewicht oder<br />

Kopfschmerz. Auch wenn sie unter einer<br />

schwierigen oder angespannten Beziehung<br />

zum Kind leiden, eine Lebenskrise oder<br />

Trauersituation bewältigen müssen“, sagt<br />

Barbara Jähn.<br />

Erschöpfungssymptome zeigten sich selbst<br />

bei den Kindern. Manche leiden unter Verhaltensauffälligkeiten<br />

oder Nervosität und<br />

Schlafstörungen. Übergewicht sei auch bei<br />

den Jüngsten ein Thema.<br />

Deutschlandweit wurden letztes Jahr fast<br />

150.000 Mutter-/Vater-Kind-Kuren genehmigt,<br />

jedoch auch 24.000 Anträge abgelehnt,<br />

sagt Claudia Widmaier, Sprecherin des<br />

Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung,<br />

der auch für die Qualitätskontrolle<br />

zuständig ist. „Die Ablehnungen<br />

erfolgten meist aus medizinischen Gründen“,<br />

sagt sie. Petra Gerstkamp, stellvertretende<br />

Vorsitzende des Müttergenesungswerkes,<br />

kritisiert die Ablehnungspraxis der Krankenkassen:<br />

„Oft werden den Müttern oder<br />

Vätern ambulante Maßnahmen empfohlen,<br />

obwohl ihnen eine stationäre Reha gesetzlich<br />

zusteht.“ Gerade ein Ortswechsel und<br />

etwas Zeit, die Eltern-Kind-Beziehung wieder<br />

zu festigen, seien in diesen Fällen wichtig.<br />

Legten die Antragsteller dann Widerspruch<br />

ein, würde in 65 Prozent der Fälle die Kur<br />

dann doch genehmigt. „Warum dann dieser<br />

zusätzliche Stress?“, fragt sie.<br />

DIE PATIENTEN: Als 1950 das Müttergenesungswerk<br />

gegründet wurde, hatte in<br />

der Regel die Frau die Verantwortung für<br />

Haushalt, Kindererziehung und Pflege<br />

kranker Angehöriger. Für sie wurde die<br />

Mutter-Kind-Kur ins Leben gerufen. „Die<br />

klassischen Mütter- und Väterrollen von<br />

früher gibt es heute nicht mehr. Die Väter<br />

<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />

13


Foto: iStockphoto.com/ © ARTindividual<br />

wollen und müssen sich mit ihren Frauen<br />

heute in die familiären Pflichten teilen“,<br />

sagt die Familientherapeutin. Sie befürwortet<br />

es deshalb sehr, dass auch Männern die<br />

Kur-Angebote zur Verfügung stehen. Etwa<br />

ein Drittel pro Kur-Durchgang seien Väter<br />

mit ihren Kindern.<br />

Der Altersdurchschnitt der Eltern liegt bei<br />

etwa 40 Jahren, Kinder können bis zum<br />

zwölften Lebensjahr mit aufgenommen<br />

werden, in Ausnahmefällen bis 14.<br />

DIE THERAPIEN: Zentrales Anliegen ist die<br />

Verbesserung der körperlichen und psychischen<br />

Gesundheit. „Das ist ein weites Feld“,<br />

so Jähn. Die Männer und Frauen kommen<br />

mit Muskelverspannungen, Verdauungsproblemen,<br />

Schlafstörungen oder einem<br />

gestörten Essverhalten zu uns.<br />

Sie leiden unter dem Leistungsdruck – im Job<br />

und im Privatleben. „In Gesprächen äußern<br />

sie häufig den vielfältigen Stress, der durch<br />

Rollenkonflikte geprägt ist. Sie äußern den<br />

Wunsch, ihre Identität als Vater wiederzugewinnen<br />

und diese nach ihren Bedürfnissen<br />

zu gestalten“, sagt Barabara Jähn. Auch<br />

die vielen unterschiedlichen Richtungen in<br />

der Kindererziehung verunsichern. Täglich<br />

finden Einzel- und Gruppengespräche statt –<br />

bei gutem Wetter in den weißen und pinkfarbenen<br />

Stühlen im Garten. Gelegenheit zum<br />

Austausch gibt es ebenso beim Sport, Essen<br />

oder Wandern. Viele hätten durch ihre Kinder<br />

kaum Zeit für Bewegung. Das ändert sich hier.<br />

Viele Väter und Mütter haben Übergewicht<br />

oder leiden an einem gestörten Essverhalten.<br />

„Wir bieten Ernährungsvorträge zur<br />

gesunden, vollwertigen Küche an, auch<br />

Kochen und Einkaufen kann gemeinsam<br />

trainiert werden“, so Barbara Jähn.<br />

Für die Kinder gibt es Möglichkeiten zur Entspannung,<br />

zur Medienabstinenz, zu kreativem<br />

Spiel und Fröhlichkeit, aber auch einen<br />

Problemlösekurs. Von morgens bis zum<br />

Nachmittag werden sie betreut und therapiert.<br />

Die Mütter und Väter haben dann Zeit<br />

für sich. Ab dem Nachmittag sind sie dann<br />

wieder mit ihren Kindern zusammen, ohne<br />

sich um Haushalt, Kochen oder Schule kümmern<br />

zu müssen. „Das macht den Kopf frei<br />

und bietet die Möglichkeit, die Zeit danach<br />

neu zu planen“, so die Familientherapeutin.<br />

Zu Beginn wird der medizinische Status<br />

eines jeden Teilnehmers erhoben. „Jeder<br />

formuliert drei Therapieziele. Danach erarbeiten<br />

wir die Behandlungspläne“, sagt die<br />

Ärztin Dr. Christa Leicht. Beim Abschlussgespräch<br />

werde Bilanz gezogen.<br />

Sowohl Mütter als auch Väter sind mit ihren<br />

Kindern im AWO-Gesundheitszentrum<br />

untergebracht. Doch das Müttergenesungswerk<br />

gibt klare Regeln vor, unter welchen<br />

Voraussetzungen ein Haus neben Mutter-<br />

Kind- auch Vater-Kind-Kuren anbieten darf.<br />

„Die Männer müssen in der Unterbringung<br />

und bei den Therapien von den Frauen<br />

getrennt sein“, sagt Petra Gerstkamp vom<br />

Müttergenesungswerk. Die Mindestgruppenstärke<br />

ist fünf. Unter dieser Teilnehmerzahl<br />

dürfe keine Vater-Kind-Kur stattfinden, sagt<br />

sie. Außerdem müssten die Kureinrichtungen<br />

dann auch spezielle Männergesund heitsprogramme<br />

vorhalten, ebenso geschlechtsspezifische<br />

Sport- und Freizeit angebote.<br />

14 <strong>REHA</strong> KOMPASS


DIE QUALITÄT: Seit 2015 sind Einrichtungen,<br />

die Mutter- / Vater-Kind-Kuren anbieten,<br />

in das QS-Reha-Verfahren eingebunden.<br />

Dieses externe Qualitätssicherungssystem<br />

macht genaue Vorgaben zur Ausstattung der<br />

Einrichtungen, zu zertifizierten Therapieangeboten<br />

und zum Personal. Hinzu kommt<br />

eine externe Befragung zur Patientenzufriedenheit.<br />

Alle drei Jahre werden stichprobenartig<br />

Kureinrichtungen ausgewählt. So<br />

kommt es, dass einige Einrichtungen noch<br />

nicht kontrolliert wurden. „Im September<br />

begann eine neue Befragungsrunde von<br />

150 Kurfamilien. Sie dauert bis Oktober<br />

<strong>2019</strong>. Die Ergebnisse liegen ab 2020 vor“,<br />

sagt Elvira Kosuch, Leiterin der Einrichtung.<br />

In der ersten Runde, die 2017 abgeschlossen<br />

war, erfüllte das AWO-Gesundheitszentrum<br />

die Qualitätsvorgaben zu 99,4 Prozent. Der<br />

Deutschlanddurchschnitt liegt bei 90 Prozent.<br />

Von den befragten Patienten waren<br />

85 Prozent zufrieden, deutschlandweit 78.<br />

DER THERAPIEERFOLG: 21 Tage dauert<br />

eine Mutter- / Vater-Kind-Kur, keinen Tag<br />

länger. „Da es nicht um die Behandlung von<br />

Krankheiten geht, gibt es keinen Grund für<br />

Verlängerungen“, sagt Barbara Jähn. „Sollten<br />

die Teilnehmer danach noch Beratungsoder<br />

Gesprächsmöglichkeiten brauchen,<br />

helfen wir bei der Suche nach geeigneten<br />

Barbara Jähn<br />

Gesundheitszentrum<br />

Grünhain-Beierfeld<br />

Die 57-Jährige wollte<br />

ursprünglich Ärztin werden<br />

– Psychiaterin, hat damals<br />

aber aus politischen Gründen<br />

keinen Studienplatz für<br />

Medizin bekommen. Deshalb<br />

spezialisierte sie sich auf die<br />

systemische Familientherapie. Seit 30 Jahren ist sie in der<br />

AWO-Kureinrichtung tätig. Barbara Jähn hat zwei<br />

erwachsene Kinder und einen elfjährigen Enkel. Mit<br />

ihrem Mann wohnt sie in Grünhain-Beierfeld.<br />

Stellen.“ Die Mehrzahl verlasse das Haus<br />

voller Elan, mit guten Vorsätzen und Mut zur<br />

Veränderung.<br />

Wie Joachim Richter zum Beispiel. „Während<br />

die Kinder vormittags in der Kindergruppe<br />

betreut wurden, hatte ich Zeit für Sport,<br />

Entspannungsverfahren und Gespräche. Das<br />

tat mir sehr gut“, sagt er. Nicht nur die Erkenntnis,<br />

dass er mit seinen Sorgen nicht der<br />

Einzige ist, auch die vielen Anregungen, wie<br />

man es anders machen kann, haben ihn<br />

inspiriert.<br />

Foto: Georg Ulrich Dostmann<br />

3 Kliniken, 1 Versprechen:<br />

Kindern und Jugendlichen helfen<br />

Medizinische Rehabilitation für Kinder und Jugendliche:<br />

Wir beraten und informieren Sie kostenlos und unverbindlich<br />

über Behandlungsmöglichkeiten.<br />

KJF Reha-Beratungsstelle Augsburg<br />

Silke Siebenhüter l Telefon +49 (0) 821 2412-622<br />

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<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />

15


MEINE RECHTE<br />

MEINE PFLICHTEN<br />

WENN DER <strong>REHA</strong>-ANTRAG GUT BEGRÜNDET IST, STEIGEN<br />

DIE CHANCEN AUF EINE GENEHMIGUNG.<br />

Foto: iStockphoto.com/ © SARINYAPINNGAM<br />

Experten empfehlen, den Antrag am besten<br />

mit dem behandelnden Arzt auszufüllen.<br />

VON STEFFEN KLAMETH<br />

Was muss ich beim Ausfüllen des<br />

Reha-Antrags beachten?<br />

Formulare kann man sich unter anderem auf<br />

den Internetseiten der Deutschen Rentenversicherung<br />

herunterladen. Experten empfehlen,<br />

den Antrag am besten gemeinsam mit<br />

dem behandelnden Arzt auszufüllen. Je<br />

genauer der Nutzen und das Ziel der Reha<br />

beschrieben werden, desto größer die Chancen<br />

auf Genehmigung. Hilfreich sei es immer,<br />

den Befund des Arztes beizufügen – bei der<br />

Deutschen Rentenversicherung (DRV) genügt<br />

das sogar. Auch die bisherigen Krankschreibungen<br />

sollten aufgeführt werden. „Ich<br />

brauche eine Auszeit – diese Begründung<br />

reicht da nicht“, sagt Dr. Wolf Nürnberg,<br />

Leitender Arzt bei der DRV Mitteldeutschland.<br />

Gleichwohl würden alle Anträge geprüft und<br />

bei Bedarf weitere Unterlagen angefordert.<br />

web: www.deutsche-rentenversicherung.de<br />

Darf ich mir meine Wunschklinik<br />

aussuchen?<br />

Patienten haben ein Wunsch- und Wahlrecht<br />

– so steht es im Sozialgesetzbuch. Es<br />

gibt aber Unterschiede zwischen Rentenversicherung<br />

und Krankenkassen. Der<br />

Wunsch nach einer bestimmten Klinik sollte<br />

unbedingt bereits im Antrag genannt und<br />

möglichst mit medizinischen Argumenten<br />

oder mit wichtigen persönlichen Lebensumständen<br />

begründet werden. „Voraussetzung<br />

ist, dass in der Wunschklinik ein<br />

Platz frei ist und das Reha-Ziel dort mit der<br />

gleichen Wirkung und zumindest ebenso<br />

wirtschaftlich erreicht werden kann“, erklärt<br />

16 <strong>REHA</strong> KOMPASS


Muss es die perfekte<br />

Mutter sein?<br />

O<br />

bwohl Schwangerschaft, Stillzeit<br />

und frühe Mutterschaft für die<br />

meisten Frauen glückliche Lebensphasen<br />

sind, kann diese Zeit auch durch<br />

psychische und psychosomatische Störungen<br />

und soziale Probleme belastet sein.<br />

Aktuelle Studien zeigen, dass psychische<br />

Störungen in Schwangerschaft und<br />

Mutterschaft mindestens genauso häufig<br />

auftreten wie in anderen Lebensphasen.<br />

Ungefähr 15 % der Schwangeren haben<br />

eine psychische Störung, die häufig<br />

nicht diagnostiziert und behandelt wird;<br />

Wochenbettdepressionen im klinisch<br />

signi fikantem Ausmaß treten bei ca.<br />

15 % der Mütter bis zu einem Jahr nach<br />

der Geburt eines Kindes auf. Die Belastung<br />

durch Stress, Angst und depressive<br />

Beschwerden ist nochmals höher (zwischen<br />

30 % und 40 %). Die erste Zeit nach<br />

der Entbindung stellt für Frauen, die im<br />

Vorfeld schon einmal psychisch erkrankt<br />

waren ein besonders hohes Risiko dar,<br />

erneut psychische Beschwerden zu entwickeln.<br />

Besonders häufig kommt es in<br />

diesem Zusammenhang zu einer depressiven<br />

Symptomatik, die einhergeht mit<br />

Selbstzweifeln als Mutter zu genügen,<br />

Überforderungserleben und auch aggressiven<br />

Gedanken bezogen auf das neugeborene<br />

Kind. Gelingt es in dieser Zeit<br />

nicht, der Mutter professionelle Hilfe,<br />

z. B. in Form psychotherapeutischer Gespräche<br />

oder psychotroper Medikamente<br />

anzubieten, so steigt in jedem Fall die<br />

Gefahr, dass sich die Beziehung zum Kind<br />

nicht gesund entwickeln kann und eine<br />

liebevolle Bindung ausbleibt. Diese frühe<br />

Beziehungsstörung kann im weiteren<br />

Verlauf zu einer Entfremdung von Mutter<br />

und Kind führen, die einerseits durch Vernachlässigung<br />

andererseits durch inadäquaten<br />

(emotionalen) Umgang geprägt<br />

sein kann. Dieser Teufelskreis sollte so<br />

zeitig als möglich unterbrochen werden,<br />

um eine gesunde (psychische) Entwicklung<br />

von Kindern zu ermöglichen. Bei<br />

der engmaschigen Beratung und Betreuung<br />

psychisch erkrankter Patientinnen<br />

mit Schwangerschaftswunsch, in der<br />

Schwangerschaft und Postpartalzeit fällt<br />

im Verlauf der kontinuierlichen Betreuungszeit<br />

von Monaten bis Jahren auf,<br />

Die Behandlung psychisch<br />

erkrankter Frauen in Schwangerschaft<br />

und Postpartalzeit<br />

dass die Frauen ihren eigenen Selbstwert • somatische, psychiatrische und<br />

in Frage stellen und dass Vertrauen, die psychosomatische Beratung und<br />

Fürsorge und die Zuversicht für ihre eigene Behandlung<br />

Kompetenz und Fähigkeit zur Betreuung<br />

des Kindes verlieren. Aufgrund des auf der Grundlage einzeltherapeu­<br />

• verhaltensorientierte Psychotherapie<br />

Vorliegens einer sehr gut behandelbaren tischer Gespräche und gruppentherapeutischer<br />

Elemente<br />

Erkrankung sind diese Ängste und Selbstzweifel<br />

unbegründet. Seit dem Jahr 2014 • spezielle psychopharmakologische<br />

Muss es die perfekte Mutter sein?<br />

bietet die<br />

Die<br />

CELENUS<br />

Behandlung<br />

KLINIK CAROLABAD<br />

psychisch<br />

die<br />

erkrankter<br />

Beratung und medikamentöse<br />

Frauen in<br />

Einstellung<br />

Schwangersch<br />

Obwohl Behandlung Schwangerschaft, von psychischen Stillzeit und frühe Erkrankungen<br />

Mutterschaft für die • meisten bedarfsorientierte Frauen glücklicheGruppenangebote<br />

gene Kompetenz und Fähigkeit zur<br />

Lebensphasen in Schwangerschaft sind, kann diese und Zeit Postpartalzeit auch durch psychische an. und psychosomatische (z. B.: Angst­, Störungen<br />

und soziale Probleme belastet sein. Aktuelle Studien zeigen, dass psychische Störungen<br />

Depressions­, einer sehrProblem­<br />

löse­, Psychse­, Genuss­, Seit dem Adipositas­, Jahr 2014 bietet die CELE<br />

gut behandelbaren Erkr<br />

In diesen fünf Jahren konnten bereits über<br />

in Schwangerschaft und Mutterschaft mindestens genauso häufig auftreten wie in anderen<br />

Erkrankungen in Schwangerschaft<br />

Lebensphasen. 600 Frauen Ungefähr mit ihren 15% der Kindern Schwangeren im Rahmen haben eine psychische Raucherentwöhnungsgruppe)<br />

Störung, die häufig<br />

reits über 300 Frauen mit ihren Kin<br />

nicht diagnostiziert und behandelt wird; Wochenbettdepressionen im klinisch signifikantem<br />

eines Integrierten Versorgungsvertrages • Beratung und Therapie mit in der Problem­ AOK PLUS, auf der Basis v<br />

Ausmaß treten bei ca. 15% der Mütter bis zu einem Jahr nach der Geburt eines Kindes auf.<br />

oder mit Kostenübernahme der D<br />

Diemit Belastung der AOK durch PLUS, Stress, auf Angst der und Basis depressive von Einzelfallentscheidungen<br />

mit anderen Krankentens­<br />

und Erlebensauffälligkeiten,<br />

Für die stationäre Behandlung bet<br />

Beschwerden ist und nochmals Konfliktsituationen höher (zwischen<br />

30% und 40%).<br />

folgreich bei Verhal­<br />

behandeln.<br />

Die erste Zeit nach der Entbindung stellt für Frauen, die im Vorfeld schon einmal psychisch erkrankt<br />

waren ein besonders hohes Risiko dar, erneut psychische Beschwerden zu entwickeln.<br />

kassen oder mit Kostenübernahme der Erziehungsschwierigkeiten, heitliches Trennungs­ und integratives Konzep<br />

ganzheitlichen Menschenbild im Si<br />

Besonders Deutschen häufig Rentenversicherung kommt es in diesem Zusammenhang Bund aufnehmen<br />

Gedanken und erfolgreich bezogen aufbehandeln. das neugeborene Für Kind. die Gelingt es störungen, in dieser Zeitfamiliären nicht, der • Krisen somatische, psychiatrische und p<br />

zu einer depressiven und Scheidungsphasen, Symptomatik, Entwicklungs­<br />

die einhergeht mit Selbstzweifeln als Mutter zu genügen, Überforderungserleben und auch Es werden folgende Behandlungs<br />

aggressiven<br />

Mutter stationäre professionelle Behandlung Hilfe, z. B. inbetroffener Form psychotherapeutischer Mütter • Gespräche Paargespräche, oder psychotroper<br />

Medikamente anzubieten, so steigt in jedem Fall die Gefahr, dass sich die Beziehung zum und gruppentherapeutischer Ele<br />

bzw. Gespräche • verhaltensorientierte mit Psychothe<br />

Kindmit nicht Ihren gesundKindern entwickelnerweist kann undsich eine liebevolle ein ganzheitliches<br />

frühe Beziehungsstörung und integratives kann im weiteren Konzept Verlauf als zu einer • Sporttherapie, Entfremdung vonKomplementierung<br />

Mut-<br />

Bindung ausbleibt. weiteren Familienangehörigen • spezielle psychopharmakologisch<br />

Diese<br />

• bedarfsorientierte Gruppenange<br />

tersinnvoll. und Kind führen, Das die Behandlungskonzept einerseits durch Vernachlässigung basiert andererseits durch durch gezielte inadäquaten<br />

Genuss-, Adipositas-, Raucheren<br />

physiotherapeutische<br />

(emotionalen) Umgang geprägt sein kann. Dieser Teufelskreis sollte so zeitig als möglich unterbrochen<br />

auf einem werden, ganzheitlichen um eine gesunde Menschenbild (psychische) Entwicklung im vonMaßnahmen<br />

Kindern zu ermöglichen.<br />

• Beratung und Therapie in Proble<br />

auffälligkeiten, Erziehungsschw<br />

lungsstörungen, familiären Krise<br />

BeiSinne der engmaschigen eines biopsychosozia Beratung undlen Betreuung Modells. psychisch erkrankter • Ergotherapie, Patientinnen Genusstraining,<br />

mit • Paargespräche, bzw. Gespräche<br />

Schwangerschaftswunsch, in der Schwangerschaft und Postpartalzeit Körperwahrnehmung fällt im Verlauf der und • Sporttherapie, Komplementierun<br />

kontinuierlichen Betreuungszeit von Monaten bis Jahren auf, dass die Frauen ihren eigenen<br />

Selbstwert Es werden in Fragefolgende stellen und dass Behandlungsangebote<br />

miteinander verbunden: • Ernährungsberatung und<br />

Vertrauen, die Fürsorge und die Entspannungstraining • Ergotherapie, Genusstraining, Kö<br />

Zuversicht für ihre ei-<br />

• Ernährungsberatung und-schulu<br />

­schulung<br />

Medizinisches Rehabilitationszentrum für<br />

Psychotherapie, Psychiatrie und Psychosomatik<br />

Carola PLUS für Mutter und Kind<br />

Versorgung für Patientinnen mit<br />

psychischen Erkrankungen in<br />

Schwangerschaft und Stillzeit<br />

Im Rahmen eines integrierten Versorgungsvertrages<br />

mit der AOK PLUS bieten<br />

wir die Behandlung von Frauen in der<br />

Schwangerschaft und jungen Müttern in<br />

Begleitung ihrer neugeborenen Kinder<br />

(bis zum Ende des 1. Lebensjahres) an.<br />

Behandlungsziel ist die psychische Stabilität<br />

der Mutter durch pharmakologische<br />

und psychotherapeutische Behandlung und<br />

eine stabile Mutter­Kind­Bindung.<br />

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Kontakt unter<br />

Celenus Klinik Carolabad<br />

Riedstraße 32, 09117 Chemnitz,<br />

Tel. 0371 8142­110<br />

Kostenlose Servicehotline:<br />

0800 2276522<br />

klinik@carolabad.de, www.carolabad.de<br />

Ein Unternehmen der Celenus­Gruppe,<br />

Offenburg


die Sprecherin der DRV Mitteldeutschland,<br />

Ursula Wächter.<br />

Wenn der Kostenträger eine andere Einrichtung<br />

vorschlägt, können Patienten in Widerspruch<br />

gehen. Die Erfolgsaussichten sind<br />

dann besonders gut, wenn die Wunschklinik<br />

eine besondere Therapie anbietet, die für den<br />

Reha-Erfolg besser geeignet ist, wenn sie<br />

früher mit der Behandlung beginnen kann<br />

oder der frisch operierte Patient nicht so weit<br />

transportiert werden muss. Krankenkassen<br />

verlangen bei einer Wunschklinik regelmäßig<br />

die Übernahme von Mehrkosten. Wurden<br />

dabei die vorgenannten Gründe nicht berücksichtigt,<br />

lohne sich fast immer ein Widerspruch,<br />

so der Arbeitskreis Gesundheit.<br />

Wovon hängt ab, ob die Reha stationär<br />

oder ambulant durchgeführt wird?<br />

Die Entscheidung liegt maßgeblich beim<br />

Kostenträger und hängt u. a. von der Entfernung<br />

zum Wohnort ab. Das Gesetz gibt der<br />

ambulanten Reha den Vorrang. Tatsächlich<br />

wird allerdings nur ein geringer Teil ambulant<br />

durchgeführt, da diese nicht für alle Patienten<br />

gleichermaßen geeignet ist. Bei der ambulanten<br />

Reha besuchen die Betroffenen<br />

tagsüber vier bis sechs Stunden eine<br />

Reha-Einrichtung und sind ansonsten in<br />

ihrem gewohnten Umfeld, was die Rückkehr<br />

in den Alltag erleichtert. Bei der stationären<br />

Reha können sie sich ganz der Wiederherstellung<br />

ihrer Gesundheit widmen.<br />

„Ambulante Reha darf aber nicht mit einer<br />

ambulanten Behandlung beim niedergelassenen<br />

Haus- oder Facharzt oder einer ambulanten<br />

Badekur verwechselt werden“, sagt<br />

Ingo Dörr, Geschäftsführer des Arbeitskreises<br />

Gesundheit e.V. in Leipzig.<br />

Welche Kosten muss ich bei einer Reha<br />

selbst zahlen?<br />

An- und Abreise, Unterkunft, Verpflegung und<br />

medizinische Leistungen sind bei einer<br />

stationären Reha inklusive. Gegebenenfalls<br />

müssen die Patienten eine Zuzahlung leisten<br />

– zwischen fünf und zehn Euro pro Tag und<br />

längstens 42 Tage, bei einer Anschlussreha<br />

längstens 14 Tage pro Kalenderjahr. Die Höhe<br />

ist vom monatlichen Nettoeinkommen abhängig.<br />

Bis zu einem bestimmten Nettoeinkommen<br />

– zurzeit liegt die Grenze bei 1.218 Euro<br />

– entfällt die Zuzahlung. Auch Kinder, Jugendliche,<br />

Empfänger von Übergangsgeld und<br />

Hartz IV müssen nichts zuzahlen. Die Rentenversicherung<br />

empfiehlt, dem Reha-Antrag<br />

eine aktuelle Entgelt bescheinigung oder den<br />

Sozialleistungsbescheid beizulegen.<br />

Wird die Reha von der Krankenversicherung<br />

finanziert, darf die Zuzahlung zwei Prozent<br />

●<br />

●<br />

18 <strong>REHA</strong> KOMPASS


vom Bruttojahreseinkommen nicht übersteigen,<br />

bei chronisch Kranken gilt die Grenze<br />

von einem Prozent. Bei Reha-Leistungen, die<br />

durch die gesetzliche Unfallversicherung<br />

erbracht werden, besteht in der Regel keine<br />

Zuzahlungspflicht.<br />

Darf ich meinen Partner oder meine Kinder<br />

mit zur Reha nehmen?<br />

Viele Kliniken gestatten gegen einen Aufpreis<br />

die Begleitung durch den Partner – entweder<br />

im Doppelzimmer oder mit Aufbettung. In<br />

seltenen Fällen, etwa einer gleichzeitigen<br />

Erkrankung von zwei Familienmitgliedern,<br />

kann die Reha auch gemeinsam durchgeführt<br />

werden. Die Mitnahme von gesunden<br />

Kindern unter zwölf Jahren ist unter<br />

bestimmten Voraussetzungen möglich –<br />

beispielsweise, wenn niemand den Haushalt<br />

weiterführen kann.<br />

Wie wirkt sich die Reha auf mein Gehalt<br />

und meine Rente aus?<br />

Der Arbeitgeber muss grundsätzlich bis zu<br />

sechs Wochen weiter Gehalt zahlen. Ist der<br />

Anspruch wegen gleichartiger Vorerkrankung<br />

ganz oder teilweise verbraucht, kann man<br />

laut Rentenversicherung Übergangsgeld für<br />

die Dauer der medizinischen Reha erhalten<br />

– vorausgesetzt, man hat zuvor Arbeitseinkünfte<br />

erzielt und Rentenversicherungsbeiträge<br />

gezahlt. Das Übergangsgeld beträgt<br />

für Versicherte ohne Kind 68 Prozent und<br />

mit Kind(ern) 75 Prozent vom letzten Nettogehalt.<br />

Haben die Versicherten Anspruch auf<br />

Übergangsgeld, übernimmt die Rentenversicherung<br />

alle Sozialversicherungsbeträge<br />

– außer dem Beitragszuschlag für Kinderlose<br />

zur Pflegeversicherung. „Der Rentenanspruch<br />

bleibt natürlich erhalten“, sagt<br />

Dr. Nürnberg. Bei einer Reha der Krankenversicherung<br />

gibt es nach Ende der<br />

Lohnfortzahlung für bis zu 78 Wochen<br />

Krankengeld (70 Prozent des bisherigen<br />

Bruttolohns abzüglich der Sozialbeiträge),<br />

von der Unfallversicherung Verletztengeld<br />

(80 Prozent vom Brutto).<br />

Foto: Ronald Bonß<br />

KLETTERN VERSTÄRKT<br />

DAS VERTRAUEN<br />

Die Therapie<br />

Kevin Grossmann (rechts) ist hochkonzentriert.<br />

Bloß nicht danebengreifen! Doch der<br />

Klettertherapeut Dieter Donath und<br />

Kevins Mutter sichern den Jungen.<br />

Klara Fraunhofer wird als Nächste dran sein<br />

und versucht, sich etwas von dem Jungen<br />

abzuschauen.<br />

Sich etwas zutrauen, an die Sicherheit des<br />

Partners denken, ihm vertrauen – diese<br />

Voraussetzungen braucht es, um den<br />

künstlich errichteten Felsen im Mutter-Kind-<br />

Kurhaus des Gesundheitszentrums Jonsdorf<br />

zu besteigen. „Deshalb ist die Klettertherapie<br />

ein wichtiger Bestandteil unserer Mutter-Kind-<br />

Kur. Wir festigen damit die Mutter-Kind-<br />

Beziehung“, sagt Erzieherin Monika Scholze.<br />

Doch nicht nur die pädagogische Seite – wie<br />

das gemeinsame Streben nach einem Ziel –<br />

macht das Klettern so attraktiv. Es schult<br />

alle Muskelgruppen, fördert die Koordination<br />

und die Konzentration“, sagt Dieter<br />

Donath. „Klettern liegt in unseren Genen.<br />

Jeder kann das, auch wenn er vielleicht<br />

etwas ängstlich oder nicht so sportlich ist.<br />

Dafür gibt es ja unterschiedliche Schweregrade.“<br />

Einmal innerhalb von drei Wochen<br />

Kur wird das Klettern angeboten. Ginge es<br />

nach unseren Gästen, könnte es öfter sein,<br />

doch der Kurablauf gibt leider nicht mehr<br />

her“, sagt Monika Scholze.<br />

<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />

19


WENN DER ANTRAG<br />

ABGELEHNT WIRD<br />

VON STEFFEN KLAMETH<br />

Ein Verein in Leipzig erklärt, wie ein Widerspruch<br />

Erfolg hat. Eine Reha kann aus<br />

verschiedenen Gründen abgelehnt werden,<br />

etwa wenn geringe Erfolgsaussichten bestehen<br />

oder der Antragsteller nicht rehabilitationsbedürftig<br />

bzw. -fähig ist. Erscheint die<br />

Ablehnung unbegründet, sollten Betroffene<br />

Widerspruch einlegen und diesen mit Unterstützung<br />

ihres Arztes begründen, rät Ingo<br />

Dörr, Geschäftsführer des Arbeitskreises<br />

Gesundheit. Der gemeinnützige Verein<br />

wurde 1989 in Leipzig gegründet und setzt<br />

sich für die Rechte der Versicherten ein.<br />

Herr Dörr, der Anspruch auf eine<br />

Reha-Leistung ist gesetzlich klar geregelt.<br />

Warum gibt es dann Ihren Verein?<br />

Früher lag der Schwerpunkt unserer Arbeit<br />

auf der Erstellung eines werbefreien Klinikverzeichnisses.<br />

Das gibt es immer noch, aber<br />

heute kümmern wir uns hauptsächlich um<br />

die Beratung der Patienten und dabei vor<br />

allem um den Zugang zur Reha. Denn da<br />

liegt vieles im Argen.<br />

Wie schwer ist es denn, einen Reha-Antrag<br />

genehmigt zu bekommen?<br />

Das kommt auf den Reha-Träger an, der den<br />

Antrag bearbeitet. Die meisten Probleme<br />

gibt es nach unserer Erfahrung mit einigen<br />

Ersatzkassen. Manche dieser Ablehnungen<br />

hinterlassen schon einen Eindruck von<br />

Willkür. Patienten müssen sich da buchstäblich<br />

ihr Recht erkämpfen. Aber es lohnt<br />

sich. Die Erfolgsraten sind sehr hoch.<br />

Welche Kassen meinen Sie genau?<br />

Es sind erfahrungsgemäß oft die Kassen, die<br />

einen besonders hohen Zusatzbeitrag verlangen.<br />

Sie stehen unter finanziellem Druck<br />

und sehen bei der Reha ein Sparpotenzial.<br />

Da werden berechtigte Anträge abgelehnt,<br />

die Patienten einem anderen Kostenträger<br />

zugeschoben, oder es wird der Wunsch nach<br />

itpdesign.de | Foto: ©Fotolia.com<br />

Neukirchen, Hauptstr. 96, Tel.: 0371 / 2780874<br />

Stollberg, Ernst-Thälmann-Str. 3, Tel.: 037296 / 927970, Mo. – Fr.: 9 – 18 Uhr, Sa.: 9 – 12 Uhr<br />

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20 <strong>REHA</strong> KOMPASS


einer bestimmten Klinik nicht gewährt, weil<br />

es eine andere Einrichtung billiger macht.<br />

Für die Reha-Träger gilt doch aber das<br />

Wirtschaftlichkeitsgebot.<br />

Richtig, aber die Erfüllung des Reha-Zieles<br />

darf darunter nicht leiden. Vorrang hat die<br />

medizinisch am besten geeignete Klinik. Man<br />

muss wissen, dass die Verträge über die<br />

Behandlungskosten zwischen Kliniken und<br />

Krankenkassen ausgehandelt werden. Da<br />

gewinnen zunächst die Kliniken, die den<br />

billigsten Preis bieten. Ein billiger Preis ist<br />

aber nicht immer ein günstiger Preis, wenn<br />

er auf Kosten von Therapie und Personal<br />

erzielt wird.<br />

Für viele stationäre Reha-Leistungen ist die<br />

Deutsche Rentenversicherung zuständig.<br />

Wie läuft es dort?<br />

Ich denke, dort läuft es besser. Diese<br />

Patienten haben allerdings aufgrund einer<br />

anderen Gesetzeslage nur ein eingeschränktes<br />

Wahlrecht bei der Klinik. Gute Chancen<br />

bestehen dann, wenn die Wunschklinik<br />

medizinisch besser geeignet ist oder wenn<br />

der Patient seinen Wunsch mit wichtigen<br />

persönlichen Lebensumständen begründen<br />

kann, z. B. der Möglichkeit von Angehörigenbesuchen<br />

bei betagten Patienten oder bei<br />

Patienten mit Kleinkindern.<br />

Wie helfen Sie den Patienten?<br />

Je nach Fall unterstützen wir sie telefonisch,<br />

leisten Formulierungshilfe beim Antrag oder<br />

Widerspruch, telefonieren mit dem Reha-<br />

Träger oder holen uns anwaltliche Hilfe für den<br />

einstweiligen Rechtsschutz oder eine Klage. Bei<br />

erneuter Ablehnung bleibt eine Klage vorm<br />

Sozialgericht, die allerdings lange dauert. Die<br />

Gerichtsverfahren gewinnen wir regelmäßig.<br />

Was kostet die Beratung?<br />

Die Beratung ist kostenlos. Wir finanzieren<br />

uns aus Mitgliedsbeiträgen von rund 200<br />

Reha-Kliniken.<br />

WER IST ZUSTÄNDIG?<br />

Das Lexikon<br />

An wen der Reha-Antrag geht und wer die Kosten<br />

übernimmt, ist vom Reha-Träger abhängig.<br />

Rentenversicherung: Die Mehrzahl der medizinischen<br />

und beruflichen Reha-Leistungen in Deutschland werden<br />

von der Deutschen Rentenversicherung genehmigt und<br />

bezahlt – in der Regel für Berufstätige. Zur Rentenversicherung<br />

gehören u. a. die Bundesversicherungsanstalt<br />

für Angestellte, die Landesversicherungsanstalten und die<br />

Bundesknappschaft. Für Sachsen ist die Mitteldeutsche<br />

Rentenversicherung zuständig.<br />

Gesetzliche Krankenversicherung: Dazu zählen neben<br />

den AOKs auch die Betriebs- und die Ersatzkassen wie<br />

TK und Barmer sowie die Bundesknappschaft und die<br />

Künstlersozialkasse. Die Krankenversicherung bezahlt<br />

medizinische Leistungen zur Rehabilitation und zur<br />

Teilhabe, wenn die Versicherten nicht mehr berufstätig<br />

sind bzw. trotz Reha keine Aussicht auf Rückkehr ins<br />

Berufsleben besteht.<br />

Gesetzliche Unfallversicherung: Bei Arbeitsunfällen,<br />

Berufskrankheiten sowie Schul- und Kindergarten-<br />

Unfällen kommt die Unfallversicherung für die<br />

Reha-Kosten auf. Dazu gehören die Berufsgenossenschaften<br />

und Unfallkassen.<br />

Sozialhilfe: Landschafts- und Landeswohlfahrtsverbände<br />

sowie Landessozialämter sind Träger der Sozialhilfe.<br />

Sie übernehmen die Kosten für Reha-Leistungen für<br />

Menschen mit Behinderung, sofern kein anderer Träger<br />

zuständig ist.<br />

Öffentliche Jugendhilfe: Die örtlichen Jugendämter<br />

bezahlen Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe bei<br />

Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen unter<br />

27 Jahren, falls kein anderer Reha-Träger zuständig ist.<br />

Bundesagentur für Arbeit: Die Arbeitsagenturen sind für<br />

Leistungen der beruflichen Reha und Teilhabe zuständig,<br />

wenn hierfür kein anderer Träger verantwortlich ist.<br />

Reha-Servicestellen: 2002 erhielten die Rehabilitationsträger<br />

den Auftrag, bundesweit Gemeinsame Servicestellen<br />

einzurichten. Damit sollten insbesondere<br />

Behinderte und von Behinderung bedrohte Menschen<br />

eine zentrale Anlaufstelle erhalten. Die Servicestellen<br />

arbeiteten trägerübergreifend und klärten unter<br />

anderem, welcher Träger für die gewünschte Leistung<br />

zuständig war. Mit dem neuen Bundesteilhabegesetz hat<br />

sich die Rechtslage seit <strong>2019</strong> geändert. Die gemeinsamen<br />

Servicestellen wurden aufgelöst, stattdessen sind bei den<br />

genannten Rehaträgern sogenannte Ansprechstellen<br />

geschaffen worden. Sie sollen dem Antragsteller den Weg<br />

zum jeweils zuständigen Träger weisen. Gehört die<br />

Beratungsstelle selbst zum zuständigen Träger (z. B. die<br />

Rentenversicherung für Berufstätige), dann darf sie auch<br />

eine Beratung durchführen. (rnw / sk)<br />

<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />

21


WENN DER DARM<br />

NICHT MEHR KANN<br />

VERDAUUNGS- UND STOFFWECHSELSTÖRUNGEN – IN DER<br />

FALKENSTEIN-KLINIK BAD SCHANDAU LERNEN PATIENTEN MIT DICK-<br />

DARMKREBS ODER MORBUS CROHN, IHRE KRANKHEIT ANZUNEHMEN.<br />

Foto: Ronald Bonß<br />

Als Franz Nowak zur Reha in die Sächsische Schweiz kam, hatte er 20 Kilo verloren<br />

und schaffte gerade mal eine Runde um die Klinik. Nach den drei Wochen waren<br />

es bereits zehn Kilometer. „Jetzt bin ich viel fitter“, sagt der 36-Jährige, der unter der<br />

unheilbaren Krankheit Morbus Crohn leidet.<br />

VON STEFFEN KLAMETH<br />

Früher konnte Franz Nowak Türen und<br />

Fenster durch die Gegend tragen, als seien<br />

sie aus Pappe. „Heute hänge ich dran wie ein<br />

Schluck Wasser“, sagt der 36-Jährige, der in<br />

der Nähe von Bautzen lebt. Zwischen Früher<br />

und Heute liegen reichlich 16 Jahre. Ein Leidensweg,<br />

der ziemlich seltsam begann: „Eines<br />

Tages hatte ich plötzlich ganz dicke Lippen“,<br />

erinnert er sich. Er bekam Medikamente, aber<br />

die Krankheit kehrte immer wieder zurück.<br />

Die Ursache entdeckten die Ärzte erst, als<br />

der junge Mann ein paar Jahre später wegen<br />

einer Fistel am Hintern ins Krankenhaus<br />

kam: Morbus Crohn, eine entzündliche<br />

Darmerkrankung. Bei mehreren OPs wurden<br />

nach und nach besonders betroffene<br />

Darmabschnitte entfernt und ein künstlicher<br />

Ausgang gelegt, nach einem starken Schub<br />

im Mai dieses Jahres verlegten die Ärzte das<br />

Stoma auf die rechte Seite. Beide Male war<br />

er im Anschluss zur Reha in der Falkenstein-<br />

Klinik im Bad Schandauer Ortsteil Ostrau.<br />

„Ich war total geschwächt, hatte 20 Kilo<br />

verloren“, sagt der Patient.<br />

DIE KLINIK: Als Franz Nowak das erste Mal<br />

die Klinik sah, war er beeindruckt: Weit reicht<br />

22 <strong>REHA</strong> KOMPASS


der Blick von dem Plateau oberhalb der Elbe,<br />

die Felsen der Sächsischen Schweiz scheinen<br />

zum Greifen nah. „Die Natur ist genauso<br />

Bestandteil unserer Therapie wie die<br />

Ernährung“, sagt der stellvertretende<br />

Chefarzt Dr. Uwe Häntzschel. „Wir behandeln<br />

Patienten mit gastroenterologischen,<br />

Stoffwechsel- und Herz-Kreislauf-<br />

Erkrankungen.“ Die Falkenstein-Klinik ist<br />

damit eine von vier in Sachsen, die sich auf<br />

die stationäre Rehabilitation von Patienten<br />

mit Verdauungs- und / oder Stoffwechselstörungen<br />

spezialisiert haben.<br />

Entsprechend vielseitig ist der Speiseplan:<br />

Die einen bekommen mittags ein Drei-Gänge-<br />

Menü mit Szegediner Gulasch als Hauptspeise,<br />

die anderen müssen sich mit einer<br />

Rinderkraftbrühe begnügen. Dazwischen gibt<br />

es eine Vielzahl weiterer Angebote für jede<br />

erdenkliche Ernährungsform und Unverträglichkeit:<br />

leicht oder vegetarisch, lactosefrei<br />

oder fructosearm, Schon- oder LOGI-Kost.<br />

Die Kombination der Fachgebiete, die<br />

moderne Ausstattung und ein kompetentes<br />

Mitarbeiterteam sind für Häntzschel die<br />

entscheidenden Dinge, mit denen die<br />

Falkenstein-Klinik punkten kann – und die<br />

außergewöhnliche Lage.<br />

DIE ERKRANKUNGEN: Die Gastroenterologie<br />

beschäftigt sich mit Erkrankungen des<br />

Magen-Darm-Trakts und der damit verbundenen<br />

Organe Leber, Gallenblase und<br />

Bauchspeicheldrüse (Pankreas). Eng damit<br />

verbunden ist der Stoffwechsel, also die<br />

Umwandlung von Nährstoffen und Sauerstoff<br />

in Energie. Beide Fachgebiete werden<br />

deshalb häufig in einem Atemzug genannt<br />

und in der Medizin oft auch von den gleichen<br />

Ärzten behandelt. Eingriffe am Darm führten<br />

vergangenes Jahr die Liste der häufigsten<br />

Operationen in deutschen Krankenhäusern<br />

an. Bei den stationären medizinischen<br />

Reha-Leistungen machen die Verdauungsund<br />

Stoffwechselerkrankungen laut<br />

Dr. Uwe Häntzschel<br />

Falkenstein-Klinik<br />

in Bad Schandau<br />

Der leitende Arzt wirkte<br />

maßgeblich am Therapiekonzept<br />

der Rehaklinik<br />

mit. „Es ist ein Glück zu<br />

arbeiten“, sagt der 76-Jährige,<br />

der seinen Chefarztposten in<br />

der Abteilung für Verdauungsund<br />

Stoffwechselerkrankungen inzwischen an<br />

Elisabeth Braun abgegeben hat. Der gebürtige Chemnitzer<br />

hat unter anderem in Kliniken in Erlabrunn, Rostock und<br />

Neubrandenburg gearbeitet. Häntzschel ist Spezialist für<br />

Gastroenterologie, Diabetologe und Ernährungsmediziner.<br />

Deutscher Rentenversicherung etwa<br />

vier Prozent aus.<br />

DIE PATIENTEN: Ein Teil der gastroenterologischen<br />

Patienten kommt nach einer<br />

Krebsbehandlung nach Ostrau. „Sie sind von<br />

der Operation und den folgenden Therapien<br />

geschwächt, können nur wenig essen,<br />

vielleicht den Stuhl nicht mehr halten oder<br />

haben andere Einschränkungen“, sagt<br />

Häntzschel. Er beobachtet in den letzten<br />

Jahren eine deutliche Zunahme an Patienten<br />

mit Dickdarmkrebs. Die zweite Gruppe sind<br />

Patienten mit chronisch-entzündlichen<br />

Darmerkrankungen, insbesondere Morbus<br />

Crohn und Colitis ulcerosa. Laut Häntzschel<br />

sind in Deutschland rund 500.000 Menschen<br />

davon betroffen, darunter viele junge Leute.<br />

Sie leiden unter Durchfall (auch blutig),<br />

Bauchschmerzen, Gewichtsverlust und<br />

Mitreaktionen anderer Organe.<br />

Zum Teil haben sie auch schwerwiegende<br />

psychosoziale Probleme.<br />

Dazu können Entzündungen an anderen<br />

Organen kommen. Erkrankungen des Pankreas<br />

sind unter anderem Folge eines ungesunden<br />

Lebensstils. „Hier geht es darum, die<br />

Funktion des geschädigten oder entfernten<br />

Foto: Ronald Bonß<br />

<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />

23


Foto: iStockphoto.com/ © Tharakorn<br />

Organs zu ersetzen“, erklärt der Arzt, der auf<br />

diesem Gebiet geforscht hat. Häufigste<br />

Erkrankung in diesem Zusammenhang sei<br />

der Typ-3-Diabetes-mellitus.<br />

Zahlreiche Patienten leiden unter einer<br />

Divertikulitis (einer Entzündung im Dickdarm)<br />

oder haben Probleme mit der Wundheilung.<br />

Andere müssen sich an ein Stoma – einen<br />

künstlichen Darmausgang – gewöhnen. Bei<br />

Patienten mit Stuhlverstopfung, Reizdarm<br />

und Nahrungsunverträglichkeiten setzt die<br />

Reha-Klinik die Diagnose fort, um die<br />

genauen Ursachen der Unverträglichkeit zu<br />

finden. „Wir arbeiten wie Detektive“, sagt<br />

Häntzschel. Patienten mit Stoffwechselproblemen<br />

wie Diabetes und Gicht sowie mit<br />

krankhaftem Übergewicht (Adipositas)<br />

machen in Ostrau etwa ein Drittel aus und<br />

sind auf einer eigenen Station untergebracht.<br />

Häntzschel: „Hier ist meist eine<br />

Umstellung des Lebensstils gefragt.“<br />

DIE THERAPIEN: Jeder Patient erhält einen<br />

individuellen Behandlungsplan. Bei der<br />

Mehrzahl gehe es darum, die Defizite nach<br />

einer Operation auszugleichen, sagt<br />

Häntzschel. „Die Patienten sollen Kraft<br />

schöpfen, mehr Beweglichkeit und Ausdauer<br />

gewinnen.“ Aber auch der Umgang<br />

mit den Folgen der Krankheit müsse gelernt<br />

werden: Wie spritzt man Insulin? Wie geht<br />

man mit einem Stoma um? In Ostrau hat<br />

man dafür einen treffenden Namen:<br />

Fahrschule.<br />

Das Reha-Konzept der Falkenstein-Klinik fußt<br />

– neben den Medikamenten und der psychosozialen<br />

Betreuung – auf vier Säulen:<br />

Ernährung, Bewegung, Entspannung, Natur.<br />

„Ernährung ist mehr als nur Essen“, betont<br />

der frühere Chefarzt. Es gehe um Energieund<br />

Flüssigkeitszufuhr, aber auch ums<br />

Kochen und kulturvolles Speisen.<br />

Ernährungsberatung findet sowohl individuell<br />

als auch in der Gruppe statt. Dafür steht<br />

auch eine Lehrküche zur Verfügung. Die<br />

Patienten lernen, wie man sich gesund<br />

ernährt und auf welche Nahrungsmittel sie<br />

künftig verzichten sollten.<br />

Die Physio- und Bewegungstherapie zielt<br />

auf die Verbesserung der Kondition, den<br />

Aufbau von Muskelmasse und – bei übergewichtigen<br />

Patienten – auf einen Abbau<br />

von Körperfett. Bei Patienten mit chronischentzündlichen<br />

Darmerkrankungen könnte<br />

durch Bewegung auch der Appetit angeregt<br />

und der Abbau von Entzündungsstoffen<br />

gefördert werden.<br />

In der Falkenstein-Klinik verfolgen die Ärzte<br />

einen ganzheitlichen Ansatz. „Die Gesundheit<br />

wird immer auch von psychischen und<br />

sozialen Faktoren beeinflusst“, sagt<br />

Häntzschel. Oft beginne das Leiden mit<br />

24 <strong>REHA</strong> KOMPASS


einem Schicksalsschlag in der Familie oder<br />

einem Kindheitstrauma. Oder die Krankheit<br />

führe zu einer Belastung der Beziehung und<br />

des Berufslebens. Neben der Schmerztherapie<br />

haben deshalb Stressabbau, Entspannungsübungen<br />

und die psychosoziale<br />

Beratung einen hohen Stellenwert in der<br />

Therapie: „Die Patienten müssen auch<br />

lernen, ihre Krankheit anzunehmen.“<br />

DIE <strong>REHA</strong>-DAUER: Eine Reha bei<br />

Verdauungs- und Stoffwechselstörungen<br />

dauert in der Regel drei Wochen.<br />

In begründeten Fällen kann auch eine<br />

Verlängerung beantragt werden.<br />

DER <strong>REHA</strong>-ERFOLG: Die große Mehrzahl<br />

der Patienten verlasse die Reha-Klinik<br />

gestärkt. Dr. Häntzschel verweist auf<br />

Studien, wonach mit einer Reha auch bei<br />

Patienten mit chronisch-entzündlichen<br />

Darmerkrankungen die Häufigkeit und<br />

die Schwere von Schüben sinken und die<br />

Arbeits- und Erwerbsfähigkeit wiederhergestellt<br />

werden kann. Ist die Rückkehr in<br />

den alten Beruf nicht möglich, werden zum<br />

Beispiel Umschulungen als Leistungen zur<br />

Teilhabe am Arbeitsleben angeboten. Bei<br />

einem kleinen Teil der Patienten können<br />

Ärzte, Therapeuten und Pfleger das Leid<br />

nur noch lindern. „Dann steht die palliative<br />

Betreuung im Vordergrund“, erklärt<br />

Dr. Häntzschel. Auch hier leiste die psychosoziale<br />

Betreuung einen wichtigen Beitrag.<br />

Franz Nowak geht es seit der neuerlichen<br />

Reha merklich besser. Er sei viel gelaufen<br />

und habe viel Krafttraining gemacht,<br />

berichtet er. „Jetzt bin ich viel fitter.“ Nur in<br />

seinen alten Beruf als selbstständiger<br />

Tischler wird er nicht mehr zurückkehren<br />

können. Stattdessen schult er zum<br />

technischen Produktdesigner um – und will<br />

auch zu Hause fleißig trainieren.<br />

Knappschafts-Klinik Warmbad<br />

Indikationen<br />

Orthopädie | Innere Medizin<br />

• Erkrankungen des Bewegungsapparates, Zustände<br />

nach Operationen (Knie, Hüfte, Wirbelsäule)<br />

und chronisch-rheumatische Erkrankungen<br />

• internistische Krankheiten, z. B. Herz-Kreislauf-<br />

Erkran kungen, Bluthochdruck, chronischischämische<br />

Herzkrankheit, arterielle und venöse<br />

periphere Durchblutungsstörungen<br />

Wir führen durch<br />

• Medizinische Rehabilitationsmaßnahmen<br />

• Medizinisch beruflich orientierte<br />

Rehabilitationen (MBOR)<br />

• Anschlussrehabilitationen (AHB)<br />

• Berufsgenossenschaftliche<br />

Weiterbehandlungen (BGSW)<br />

• Ganztägig ambulante Rehabilitation<br />

• Rehabilitationsnachsorge (IRENA,T-RENA)<br />

Unsere Leistungen<br />

• Physio-, Sport-, Bewegungstherapie<br />

• Krankengymnastik<br />

• Thermalbäder, Moorpackungen<br />

• Elektrotherapie<br />

• Ernährungsberatung<br />

• Psychologische Patientenbetreuung<br />

• Ergotherapie<br />

• Reha-, Sozialberatung<br />

• Seminare und Vorträge<br />

Kostenträger<br />

Deutsche Rentenversicherung,<br />

alle gesetzlichen und privaten Krankenkassen,<br />

Unfallversicherungsträger / Berufsgenossenschaften,<br />

Beihilfe, Selbstzahler<br />

Knappschafts-Klinik Warmbad<br />

Am Kurpark 10 | 09429 Wolkenstein<br />

Tel.: 037369 / 83-0<br />

E-Mail: knappschafts-klinik.warmbad@t-online.de<br />

www.knappschafts-klinik-warmbad.de<br />

<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />

25


WIE GUT SIND<br />

SACHSENS KLINIKEN?<br />

DIE RENTENVERSICHERUNG KONTROLLIERT DIE MEISTEN<br />

<strong>REHA</strong>-KLINIKEN – UND HAT EIN EIGENES SYSTEM ZUR<br />

QUALITÄTSSICHERUNG.<br />

Foto: iStockphoto.com/ © monkeybusinessimages<br />

Reha-Maßnahmen unterliegen in Deutschland strengen Kontrollen.<br />

So soll die hohe Qualität der Angebote gesichert werden.<br />

VON STEFFEN KLAMETH<br />

Reha-Patienten haben ein Wunsch- und<br />

Wahlrecht. Doch es ist schwer für sie,<br />

die Qualität einer Klinik zu beurteilen.<br />

Wir fragten Dr. Wolf Nürnberg von der<br />

Deutschen Rentenversicherung<br />

Mitteldeutschland nach den Kriterien.<br />

Herr Dr. Nürnberg, viele Reha-Kliniken<br />

werben im Internet mit positiven<br />

Meinungen ihrer Patienten.<br />

Darf man solchen Befragungen<br />

vertrauen?<br />

Das kommt darauf an. Wenn viele Bewertungen<br />

vorliegen, lassen sich durchaus<br />

Tendenzen erkennen. Man darf nur eines<br />

nicht vergessen: Alles ist subjektiv, und die<br />

Unzufriedenen melden sich am lautesten<br />

zu Wort.<br />

Wie gut sind die sächsischen Kliniken?<br />

Ich kann nur für die Reha-Kliniken sprechen,<br />

die von der Deutschen Rentenversicherung<br />

belegt werden. Und dort ist die Qualität gut.<br />

Sie muss auch gut sein, denn wir übernehmen<br />

nur dann die Federführung für eine<br />

Klinik, wenn diese hält, was sie verspricht.<br />

26 <strong>REHA</strong> KOMPASS


Schließlich ist es Ziel der Rentenversicherung,<br />

den Patienten wieder in die<br />

Erwerbsfähigkeit zu bringen oder diese zu<br />

sichern.<br />

Und bundesweit?<br />

Sachsen muss sich nicht verstecken, im<br />

Gegenteil. Die große Mehrzahl der Kliniken<br />

wurde nach der Wende neu gebaut bzw.<br />

modernisiert. Es gab keinen Wildwuchs,<br />

sondern wir haben Verträge nur mit den<br />

Kliniken abgeschlossen, die die Strukturanforderungen<br />

der Deutschen Rentenversicherung<br />

erfüllen.<br />

Wie messen Sie die Qualität?<br />

Bevor wir mit einer Klinik einen Belegungsvertrag<br />

schließen, prüfen wir das Konzept<br />

und die Struktur, führen eine Visitation<br />

durch. Danach erfolgt eine kontinuierliche<br />

und umfassende Qualitätssicherung.<br />

Die besteht im Wesentlichen aus zwei Komplexen.<br />

Auf der einen Seite geht es um<br />

Strukturen und Prozesse: Wie steht es um<br />

die räumliche, technische und personelle<br />

Ausstattung? Bietet die Klinik die geforderten<br />

therapeutischen Leistungen an? Erfüllt sie die<br />

Reha-Therapiestandards? Auf der anderen<br />

Seite interessieren wir uns für die Ergebnisse.<br />

Dazu werden monatlich 20 Patienten pro<br />

Fachabteilung jeder Klinik befragt, und zwar<br />

acht bis zwölf Wochen nach der Entlassung.<br />

Zusätzlich lassen wir in Stichproben Entlassungsberichte<br />

prüfen. Weiterhin schauen wir<br />

auch auf den medizinischen Verlauf, um zu<br />

erfahren, ob der Versicherte das Reha-Ziel<br />

erreicht hat – die Rückkehr ins Berufsleben.<br />

Im Schnitt aller drei Jahre finden Visitationen<br />

statt, bei einer Häufung von Beschwerden<br />

oder von Baumaßnahmen kann dies auch in<br />

unregelmäßigen Zeitabständen erfolgen.<br />

Was passiert, wenn die Kontrolleure auf<br />

Mängel stoßen?<br />

Zunächst werden die Kliniken angeschrieben<br />

und um Stellungnahme gebeten. Dafür wird<br />

Foto: Georg Ulrich Dostmann<br />

Die Therapie<br />

DAS GEHT UNTER<br />

DIE HAUT<br />

Am Anfang kitzelt es vielleicht ein wenig. Oder<br />

es fühlt sich ungewohnt an. Doch unter An -<br />

leitung von Therapeut Jens Dullies kriegen die<br />

Patienten in der Dekimed-Klinik in Bad Elster<br />

schnell den Dreh raus, wie sie auf so einfache<br />

Weise ihrem Körper etwas Gutes tun können.<br />

„Das Trockenbürsten ist bei uns fester<br />

Bestandteil des Gesundheitstrainings“, sagt<br />

Chefärztin Anke Wißgott. Ob chronische<br />

Rücken schmerzen, Migräne, Erschöpfung oder<br />

Diabetes – alle Patienten profitierten von der<br />

Therapie, die auf den Naturheilkundler<br />

Sebastian Kneipp zurückgeht. Durch den<br />

leichten Druck und die kreisförmigen Bewegungen<br />

werde nicht nur die Haut gestrafft,<br />

sondern auch der Blutdruck reguliert. Mehr<br />

noch: „Beim Bürsten werden abgestorbene<br />

Hautzellen abgetragen“, erklärt Frau Wißgott.<br />

Das fördere die Entgiftung des Körpers und<br />

stärke die Abwehrkräfte. „Die positiven Effekte<br />

auf Blutzucker, Cholesterin und Harnsäure<br />

sind nachweisbar.“ Nach der Anleitung in der<br />

Gruppe sind die Patienten angehalten, das<br />

Trockenbürsten jeden Morgen vor dem<br />

Duschen selbstständig durchzuführen.<br />

Zusammen mit den anderen Therapiebausteinen<br />

wie Bewegung, Ernährung und<br />

Entspannung führe das Trockenbürsten zu<br />

einem besseren Wohlbefinden – „vorausgesetzt,<br />

man macht es regelmäßig.“ (rnw / sk)<br />

<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />

27


ein Termin festgesetzt. Meist handelt es sich<br />

um personelle Engpässe. Im äußersten Fall<br />

können wir die Belegung der Klinik einseitig<br />

stoppen. Aber das war in Sachsen nur in<br />

ganz wenigen Fällen notwendig geworden.<br />

Unser Ziel ist es, mit und nicht gegen die<br />

Kliniken zu arbeiten. Wir sind Partner.<br />

Worüber beschweren sich denn die<br />

Patienten so?<br />

Das Essen, die Sauberkeit, die Therapien – es<br />

gibt eigentlich nichts, was nicht kritisiert wird.<br />

Bei uns beschweren sich die Versicherten<br />

vor allem, wenn sie mit der sozialmedizinischen<br />

Einschätzung nicht einverstanden<br />

sind. Manche sehen nicht ein, dass sie nach<br />

der Reha wieder arbeitsfähig sind. Andere<br />

würden gern wieder arbeiten, aber die<br />

behandelnden Ärzte in der Reha-Klinik<br />

bescheinigen ihnen Arbeitsunfähigkeit.<br />

Und dann?<br />

Beschwerden werden grundsätzlich nicht<br />

einfach abgeheftet. Wir gehen jeder nach,<br />

auch wenn das ein immenser Aufwand ist.<br />

Haben solche Beschwerden Erfolg?<br />

Das ist ganz verschieden. Zufriedenheit<br />

hängt von so vielen Dingen ab, auch von der<br />

Art der Erkrankung sowie individuellen beruflichen<br />

und sozialen Faktoren. Wenn jemand<br />

mit dem Reha-Ergebnis nicht zufrieden ist,<br />

dann sucht er häufig Gründe auch bei<br />

anderen: Dem Arzt fehlt die Qualifikation,<br />

der Therapeut ist unfähig.<br />

Gibt es Qualitätsunterschiede zwischen<br />

den Klinikträgern?<br />

Die Frage ist für uns nicht entscheidend.<br />

Jede Klinik muss die Qualitätsanforderungen<br />

der Deutschen Rentenversicherung erfüllen<br />

Leidet Ihr Kind unter starkem Übergewicht, ADHS, Entwicklungsverzögerungen,<br />

Sprachstörungen, häufigen Kopfschmerzen, schweren Schulproblemen, Skoliose,<br />

Neurodermitis oder Atemwegserkrankungen hilft ihm ein mehrwöchiger Aufenthalt<br />

in einer spezialisierten Kinder- & Jugendreha-Klinik. Die Lebensqualität Ihres Kindes<br />

steigt nachhaltig, die ganze Familie wird entlastet.<br />

Ihre Rentenversicherung übernimmt die kompletten Kosten – für Ihr Kind und für<br />

eine Begleitperson bei unter 12-Jährigen. Eine Reha muss nicht in den Ferien<br />

stattfinden, denn auch Schulunterricht erfolgt in der Reha.<br />

Schreiben Sie uns eine E-Mail: kontakt@kinder-und-jugendreha-im-netz.de<br />

28 <strong>REHA</strong> KOMPASS


– unsere eigenen wie jene, mit denen wir<br />

Belegungsverträge geschlossen haben.<br />

Die gesetzliche Krankenversicherung<br />

prüft nach anderen Maßstäben. Warum<br />

eigent lich?<br />

Das kann ich nicht sagen. Ich bin<br />

leidenschaftlicher Anhänger des Qualitätssicherungssystems<br />

der Deutschen<br />

Rentenversicherung. In meinen Augen ist es<br />

sehr ausgeklügelt und in sich stimmig. Auch<br />

bei den Kliniken genießt das System eine<br />

hohe Akzeptanz.<br />

Krankenhäuser müssen ihre<br />

Qualitätsberichte veröffentlichen. Warum<br />

nicht auch die Reha-Kliniken?<br />

Die Reha-Kliniken können selbst<br />

entscheiden, ob sie die Berichte veröffentlichen<br />

– und einige machen das auch. Ich<br />

würde mich freuen, wenn alle diese Transparenz<br />

herstellen würden. Allerdings muss<br />

man wissen, dass es selbst für Fachleute<br />

nicht einfach ist, diese Berichte zu lesen.<br />

Da gibt es großen Interpretationsspielraum.<br />

Vielleicht haben die Kliniken deshalb eine<br />

gewisse Hemmung, was die Öffentlichkeit<br />

angeht.<br />

Können die Zertifikate, mit denen die Kliniken<br />

werben, eine Orientierungshilfe sein?<br />

Die Zertifizierung ist für die Kliniken notwendig,<br />

um Qualitätsansprüche zu erfüllen.<br />

Natürlich schauen auch wir darauf, denn<br />

ohne Zertifizierung dürfen wir diese gar nicht<br />

belegen. Dennoch ist dies nur ein Baustein<br />

von vielen.<br />

Deshalb können sich Patienten darauf<br />

verlassen: Wenn wir für eine Rehabilitationsleistung<br />

in einer Klinik, die unter Federführung<br />

der Deutschen Rentenversicherung<br />

steht, die Kosten übernehmen, dann stimmt<br />

auch die Qualität. Das ist praktisch so wie<br />

beim Tüv-Siegel.<br />

Service<br />

NICHTS VERGESSEN<br />

Wer in die Reha-Klinik fährt, sollte nicht nur an<br />

Hausschuhe denken. Eine kleine Packliste.<br />

Zum Anziehen:<br />

Freizeitgarderobe genügt. T-Shirts mit weitem<br />

Kragen oder zum Knöpfen. Unterwäsche,<br />

Nachthemd bzw. Schlafanzug, Hausschuhe<br />

Für die Therapie:<br />

Trainingsanzug oder Jogginghosen bzw.<br />

Leggins, T-Shirt, Turnschuhe für drinnen und<br />

draußen.<br />

Für Bad und Sauna:<br />

Badehose / -anzug, Badeschuhe und -kappe,<br />

Bademantel<br />

Für die Pflege:<br />

Zahnputzzeug, gegebenenfalls Prothesenbecher<br />

und Haftcreme, Kamm, Deo,<br />

Rasierzeug, Feuchttücher<br />

Für jedes Wetter:<br />

Regenjacke, feste Schuhe, Regenschirm,<br />

Sonnencreme<br />

Für die Gesundheit:<br />

gegebenenfalls Medikamente, Medikationsplan,<br />

Krankenkassen-Chipkarte<br />

Für die Freizeit:<br />

Bücher / Reiseführer, Musik, Strickzeug,<br />

Schreibzeug. Und etwas Persönliches, das an<br />

die Lieben zu Hause erinnert – ein Foto, ein<br />

Andenken ...<br />

Wer ganz sicher gehen will, sollte sich vor der<br />

Anreise noch mal bei der Reha-Klinik kundig<br />

machen. Viele Einrichtungen haben auf ihren<br />

Internetseiten eine Checkliste veröffentlicht<br />

– oder sie verschicken sie auf telefonische Bitte.<br />

Sie vermissen in der Aufzählung das Handy<br />

oder Tablet? Das darf natürlich mit, um den<br />

Kontakt nach Hause zu halten. Aber versuchen<br />

Sie, die Nutzung zu begrenzen. Und Arbeit hat<br />

bei der Reha gar nichts zu suchen! (rnw)<br />

<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />

29


DIE QUALITÄT IST EIN<br />

BETRIEBSGEHEIMNIS<br />

KONTROLLE – <strong>REHA</strong>-EINRICHTUNGEN WERDEN STRENG GEPRÜFT.<br />

DIE ERGEBNISSE DÜRFEN ABER NICHT ALLE SEHEN.<br />

VON STEFFEN KLAMETH<br />

Stimmt die Lage? Schmeckt das Essen?<br />

Ist das Personal nett? Wenn die Antwort<br />

dreimal ja lautet, dann sind viele Patienten<br />

beruhigt: In dieser Reha-Einrichtung wird es<br />

mir gut ergehen.<br />

Vielleicht geht wirklich alles gut. Schließlich<br />

tragen die Umgebung, das Essen und die<br />

Freundlichkeit der Mitarbeiter eine Menge<br />

dazu bei, dass sich Patienten wohlfühlen.<br />

Der Erfolg einer medizinischen Rehabilitation<br />

hängt aber maßgeblich von anderen Dingen<br />

ab: die Anzahl und Qualifikation der Mit-<br />

FachklinikumSachsenhof<br />

arbeiter, die Ausstattung der Einrichtung, die<br />

Bausteine und der Ablauf der Behandlungen,<br />

die Vielfalt an Ernährungsangeboten. Das<br />

Problem: Selbst wenn sich Patienten für<br />

solche Qualitätsdaten interessieren würden<br />

– sie haben kein Recht darauf. Die Ergebnisse<br />

seien „Betriebsgeheimnisse“ und<br />

unterlägen dem Sozialdatenschutz, erklärt<br />

Meinolf Moldenhauer vom Spitzenverband<br />

der Gesetzlichen Krankenversicherung.<br />

Dabei herrscht an Informationen kein Mangel.<br />

Das Thema Qualität spielt gerade in der<br />

Rehabilitation eine zunehmend wichtige<br />

Rolle. Ambulante und stationäre Vorsorgeund<br />

Reha-Einrichtungen sind per Gesetz<br />

zur regelmäßigen Überprüfung der Vorgaben<br />

verpflichtet. Die Ergebnisse werden<br />

mithilfe spezifischer Verfahren bewertet<br />

und zertifiziert. Neben diesem internen<br />

Qualitätsmanagement gibt es noch externe<br />

Prüfungen durch die beiden größten<br />

Kostenträger: die Deutsche Rentenversicherung<br />

(DRV) und die gesetzliche<br />

Krankenversicherung (GKV).<br />

Postakut-<br />

Postakut- und<br />

und Rehazentrum<br />

Rehazentrum für<br />

für Orthopädie<br />

Orthopädie und<br />

und Kardiologie<br />

Kardiologie<br />

Badstr.<br />

Badstr. 21,<br />

21, 08645<br />

08645 Bad<br />

Bad Elster<br />

Elster<br />

info@fachklinikum-sachsenhof.de<br />

info@fachklinikum-sachsenhof.de<br />

www.fachklinikum-sachsenhof.de<br />

www.fachklinikum-sachsenhof.de<br />

FachklinikumSachsenhof Infohotline (kostenlos) 0800 277-3784<br />

Unsere<br />

Unsere Vorteile:<br />

Vorteile:<br />

• AHB,<br />

AHB, Reha<br />

Reha und<br />

und Vorsorge<br />

Vorsorge auf<br />

auf hohem<br />

hohem medizinischen<br />

medizinischen Niveau<br />

Niveau<br />

• Frühzeitige<br />

Frühzeitige Aufnahme<br />

Aufnahme aus<br />

aus dem<br />

dem Akutkrankenhaus<br />

Akutkrankenhaus<br />

• Aufnahme<br />

Aufnahme an<br />

an 7 Tagen<br />

Tagen in<br />

in der<br />

der Woche<br />

Woche (auch<br />

(auch mit<br />

mit Begleitperson)<br />

Begleitperson)<br />

• Interdisziplinäres<br />

Interdisziplinäres Therapiekonzept<br />

Therapiekonzept<br />

• Pauschalangebote<br />

Pauschalangebote für<br />

für selbst<br />

selbst finanzierten<br />

finanzierten Kuraufenthalt<br />

Kuraufenthalt<br />

• Komfortable<br />

Komfortable Unterbringung<br />

Unterbringung in<br />

in wunderschönem<br />

wunderschönem Ambiente<br />

Ambiente<br />

• Kooperation<br />

Kooperation mit<br />

mit Pflegeeinrichtung<br />

Pflegeeinrichtung für<br />

für pflegebedürftige<br />

pflegebedürftige<br />

Begleitpersonen<br />

Begleitpersonen (Kurzzeitpflege)<br />

(Kurzzeitpflege)<br />

30 <strong>REHA</strong> KOMPASS


Diese Prüfungen sind äußerst komplex.<br />

Im Wesentlichen dreht sich alles um drei<br />

Bereiche: Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität,<br />

also Ausstattung, Abläufe und Resultate.<br />

Wie das im Einzelnen abläuft, schildert<br />

Dr. Wolf Nürnberg von der Deutschen<br />

Rentenversicherung Mitteldeutschland im<br />

Interview. Nach Angaben der DRV nehmen<br />

zurzeit etwa 950 Reha-Einrichtungen oder<br />

-Fachabteilungen daran teil.<br />

Die gesetzliche Krankenversicherung hat das<br />

BQS-Institut in Düsseldorf mit der externen<br />

Qualitätssicherung beauftragt. Es orientiert<br />

sich ebenfalls an den Kriterien der Rentenversicherung,<br />

nutzt dabei aber ein eigenes<br />

System: das QS-Reha-Verfahren. Dazu<br />

gehören Befragungen von rund 600 Fachabteilungen<br />

und von Patienten sowie<br />

Vor-Ort-Kontrollen im dreijährigen Turnus.<br />

Zwischen 2007 und 2011 wurde das Verfahren<br />

grundlegend überarbeitet. Seitdem<br />

hat sich der Umfang immer mehr erweitert.<br />

Im September hat die dritte Erhebungsrunde<br />

begonnen, bei der neun stationäre<br />

und drei ambulante Reha-Bereiche einbezogen<br />

werden.<br />

PATIENTENMEINUNG IST WICHTIG: Die<br />

Meinung der Patienten spielt sowohl für die<br />

Rentenversicherung als auch für die Krankenkassen<br />

eine wichtige Rolle. Die Patienten<br />

werden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt<br />

und zu Beginn, zum Abschluss und einige<br />

Zeit nach der Rehamaßnahme befragt: Hat<br />

Ihr Arzt oder Therapeut Ihnen erklärt, wofür<br />

die einzelnen Therapien gut waren?<br />

Wie häufig kam es vor, dass bei einer<br />

bestimmten Einzeltherapie (z. B. Krankengymnastik)<br />

Ihr jeweiliger Therapeut<br />

wechselte? Wissen Sie, was Sie nach der<br />

Rehabilitation aufgrund Ihrer Erkrankung<br />

tun dürfen, und was Sie nicht tun dürfen?<br />

Das sind nur drei von über 40 Fragen, die<br />

Patienten in der sogenannten Nachbefragung<br />

beantworten sollen.<br />

Foto: iStockphoto.com/ © KatarzynaBialasiewicz<br />

Die Ergebnisse werden den Kliniken in Form<br />

von ausführlichen Berichten übermittelt.<br />

Die DRV operiert dabei mit Punkten und<br />

Noten, die GKV mit Mittelwerten und Summenscores.<br />

Damit können sich die Kliniken<br />

zwar mit dem Durchschnitt der anderen<br />

Einrichtungen des gleichen Fachgebiets<br />

vergleichen, allerdings nur innerhalb des<br />

jeweiligen Prüfsystems. Die Berichte seien<br />

„nur sinnvoll zu lesen und zu verstehen,<br />

wenn man ein gewisses Verständnis für die<br />

Methodik hat“, räumt Meinolf Moldenhauer<br />

von der GKV ein.<br />

Patienten haben dieses Verständnis<br />

gewöhnlich nicht. Das allein begründet nach<br />

Ansicht des Sachverständigenrates im<br />

Gesundheitswesen allerdings noch längst<br />

nicht die Geheimniskrämerei. In ihrem<br />

Gutachten zur Rehabilitation schlagen die<br />

Experten vor, die Qualitätsdaten in Form von<br />

Vergleichsportalen laienverständlich aufzubereiten.<br />

Dies „könnte die Transparenz<br />

deutlich erhöhen und die Position der<br />

Rehabilitanden bei der Auswahl geeigneter<br />

Einrichtungen und Behandlungskonzepte<br />

stärken.“ Der Vorschlag ist inzwischen vier<br />

Jahre alt – getan hat sich seitdem nichts.<br />

<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />

31


WIEDER MOBILER<br />

IM ALTER<br />

GERIATRISCHE <strong>REHA</strong> – SPEZIELLE THERAPIEN SOLLEN SENIOREN VOR<br />

DER PFLEGE BEWAHREN. NACH DER <strong>REHA</strong> IN ZWENKAU KÖNNEN DIE<br />

MEISTEN ZURÜCK NACH HAUSE.<br />

Foto: Ronald Bonß<br />

Für den Muskelaufbau ist es nie zu spät: Waltraud Tomaczak aus Leipzig<br />

bei der Bewegungstherapie in der Reha Zwenkau.<br />

VON GABRIELE FLEISCHER<br />

Waltraud Tomaczak hat Probleme mit dem<br />

Laufen. Die 84-Jährige aus Leipzig ist zwar geistig<br />

noch fit. Aber Alltagsdinge fallen ihr zunehmend<br />

schwerer. An eine Reha hatte sie nie<br />

gedacht. Erst als sie vom Medizinischen Dienst<br />

der Krankenkassen wegen einer Pflegestufe<br />

begutachtet wurde, hörte sie von der Möglichkeit.<br />

Kinder und Enkel redeten ihr zu. Und so<br />

bekam sie zwei Monate nach ihrem Antrag die<br />

Zusage, für drei Wochen ins Geriatriezentrum<br />

Zwenkau zu fahren. Es ist eine von vier Kliniken<br />

in Sachsen, die sich auf die Rehabilitation alter,<br />

kranker Menschen spezialisiert haben.<br />

Im Geriatriezentrum Zwenkau, das seit 2017<br />

zu den Sana Kliniken Leipziger Land gehört,<br />

hängen Kinderzeichnungen in den Gängen:<br />

ein Skateboard fahrender Opa, ein Senior<br />

als Batman und eine flotte ältere Dame unterwegs<br />

mit dem Rollator. So stellen sich<br />

Teenager aus Markleeberg Bewegung im Alter<br />

vor. Die Patienten in Zwenkau sind im<br />

Durchschnitt 81 Jahre alt. „Bewegung ist bei<br />

ihnen genau unser Ansatz“, sagt der ärztliche<br />

Direktor Dr. Ralf Sultzer – wenn auch etwas<br />

anderer Art.<br />

DIE DIAGNOSE: Knapp 50 Prozent der<br />

Patienten treten die geriatrische Reha nach<br />

einer chirurgischen Behandlung an, also nach<br />

Brüchen in Beinen, Armen und Hüftgelenken.<br />

Viele haben Endoprothesen und ein hohes<br />

Sturzrisiko. „Hier dürfen wir keine Zeit verlieren.<br />

Die Muskeln müssen schnell wieder<br />

32 <strong>REHA</strong> KOMPASS


aufgebaut werden. Denn je länger man damit<br />

im Alter wartet, umso schwieriger wird es“,<br />

sagt Ralf Sultzer, der auch Chefarzt ist. 15 bis<br />

20 Prozent der Patienten haben neurologische<br />

Erkrankungen, kommen beispielsweise nach<br />

einem Schlaganfall und haben Koordinationsschwierigkeiten.<br />

Andere werden nach internistischen<br />

Behandlungen zur Reha geschickt. Oft<br />

sind es mehrere Krankheiten wie die Operation<br />

eines Bruchs, Orientierungsstörungen und<br />

Diabetes. „Ziel ist es, Menschen mit körperlichen<br />

und geistigen Gebrechen auf den Alltag<br />

vorzubereiten und möglichst eine dauerhafte<br />

Pflege zu verhindern“, sagt Sultzer. Treten<br />

schwere akute Erkrankungen auf, müssen sie<br />

zurück in die Klinik.<br />

DIE PATIENTEN: Nach Zwenkau werden die<br />

meisten Patienten direkt nach einem Krankenhausaufenthalt<br />

geschickt. Klinikarzt und Sozialdienst<br />

stellen den Antrag. „Bei uns sind es fast<br />

80 Prozent, die bei der Anschlussreha eines der<br />

86 Betten belegen“, sagt Dr. Sultzer. 15 Prozent<br />

würden nach einer Pflegebegutachtung durch<br />

den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung<br />

einen Antrag stellen, weitere fünf<br />

Prozent auf Empfehlung des Hausarztes. Für sie<br />

könne die Wartezeit auch mal einige Wochen<br />

oder Monate dauern. „Da entscheiden Indikation,<br />

Dringlichkeit und Wünsche“, so der<br />

Chefarzt. Wer in eines der sieben Einzelzimmer<br />

möchte, muss mehr Geduld haben. Wird Sauerstoff<br />

benötigt, sollte neben dem Pflegebett ein<br />

mobiles Sauerstoffgerät verfügbar sein.<br />

24 solcher Betten gibt es in Zwenkau. Sind die<br />

belegt, dauert es länger. Die Kassen geben vor,<br />

dass die genehmigte Reha innerhalb von<br />

sechs Monaten anzutreten ist. Länger wartet<br />

auch in Zwenkau niemand. „Zwei Drittel unserer<br />

Patienten sind Frauen. Das hat nichts damit zu<br />

tun, dass die Männer nicht wollen. Die Frauen<br />

leben meist länger“, sagt Sultzer. Angesichts der<br />

immer älter werdenden Bevölkerung steige der<br />

Reha-Bedarf aber insgesamt an.<br />

DIE THERAPIEN: Je nach Indikation wird für<br />

den dreiwöchigen Aufenthalt ein Therapieplan<br />

erstellt. Wichtig sind Bewegung und<br />

Sturzprophylaxe. „Viele Patienten sind nach<br />

Stürzen oder Schlaganfällen nicht mehr<br />

mobil. Wir wollen Muskeln aufbauen und<br />

ihnen Unsicherheiten nehmen“, sagt Sultzer.<br />

Geübt wird Laufen auf dem Gang, über einen<br />

Parcours und auf einem speziellen Laufband,<br />

das den Möglichkeiten der älteren Patienten<br />

angepasst ist. Neben intensiver Krankengymnastik<br />

mit und ohne Geräten führen<br />

Physiotherapeuten Wärme- und Kältebehandlungen,<br />

Kneippsche Güsse, Atemtherapie,<br />

Massagen und Lymphdrainagen<br />

durch. Eine zweite Säule ist die Ergotherapie.<br />

Dort geht es ums Training für das tägliche<br />

Leben. „Viele Ältere müssen nach schweren<br />

Krankheiten erst wieder lernen, wie sie sich<br />

waschen, anziehen, essen und kochen<br />

können“, erklärt der Chefarzt. Seit vergangenem<br />

Jahr helfen eine komplette Küchen- und<br />

Badeinrichtung sowie eine Wand mit Wasserhahn,<br />

Steckdose, Griffen und Schloss beim<br />

Üben alltäglicher Aufgaben. Im Ergotherapie-<br />

Plan stehen zudem Gedächtnis- und Aufmerksamkeitstraining<br />

sowie Kreativangebote<br />

wie Arbeiten mit Ton, Singen und Musizieren.<br />

Logopäden behandeln Sprach-, Stimm-,<br />

Kau- und Schluckstörungen oder Lähmungen<br />

der Gesichtsmuskulatur. Bei der Ernährungsberatung<br />

bekommen die Patienten Hinweise,<br />

welche Lebensmittel sie bei Erkrankungen wie<br />

Gicht oder Rheuma lieber weglassen, wie sie<br />

Fehlernährung vermeiden oder sich bei Diabetes<br />

ernähren sollten. „Psychologen bieten<br />

Einzel- und Gruppengespräche und psychotherapeutische<br />

Maßnahmen an“, sagt Sultzer.<br />

Einen wesentlichen Beitrag bei der Therapie<br />

übernehmen die Pflegekräfte. Denn das Erlernte<br />

setzen sie mit den Patienten um. „Zum<br />

Rehakonzept gehören Pflege- und Therapietage<br />

für Angehörige“, so der Chefarzt. Sie<br />

müssten wissen, wie sie Eltern oder Großeltern<br />

später helfen können. Während der Reha<br />

kümmern sich Internisten, Geriater, Rehamediziner,<br />

Neurologen, Therapeuten, Sozialarbeiter,<br />

Psychologen, Diätassistenten und Pflegepersonal<br />

um die Patienten. „Eine solche<br />

<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />

33


fachübergreifende Zusammenarbeit im Team<br />

ist bei der Geriatrie etwas Besonderes“, so<br />

Sultzer. Bei schwerkranken Patienten, die zu<br />

schwach für eine Behandlung in der Klinik<br />

oder zu sehr in ihrer Bewegung eingeschränkt<br />

sind, ist die mobile Reha eine Alternative.<br />

Die wird in Sachsen aber nur vom Klinikum<br />

Chemnitz angeboten. „Die Patienten werden<br />

dabei an 20 Behandlungstagen für jeweils<br />

zwei Therapieeinheiten besucht, pro Woche<br />

drei Tage“, sagt Verwaltungsleiter<br />

Ludwig Heinze. „Das können Physio- und<br />

Ergotherapie, Logopädie und Psychologie<br />

sein.“ 80 bis 100 Rehabilitanden würden in<br />

diesem Jahr im Umkreis von 25 Kilometern<br />

betreut, 1 500 in der stationären Reha. Die<br />

Wartezeiten sind kurz: „Maximal zwei Wochen<br />

sind es bei einer Anschlussreha, egal ob mobil<br />

oder stationär“, so Heinze. Ist die Reha nicht<br />

akut, haben die Patienten Wünsche für eine<br />

bestimmte Zeit oder fehlen Unterlagen, kann<br />

es ein paar Wochen länger dauern.<br />

DER <strong>REHA</strong>-ERFOLG: Reha nach Hause entlassen.<br />

„Weil viele ihren Alltag aber noch nicht<br />

vollständig allein meistern können, müssen<br />

ihnen Angehörige oder Pflegedienste helfen“,<br />

sagt Ralf Sultzer. Mitarbeiter des Sozialdienstes<br />

informieren die Patienten über Dienste,<br />

Alltagsbegleiter, Nachbarschaftshelfer, Selbsthilfegruppen,<br />

Pflegekassen und Sozialämter.<br />

Die Therapeuten geben den Patienten Hinweise<br />

zu Möglichkeiten der Nachbehandlung<br />

wie Rehasport, Übungspläne und Tipps für<br />

den Alltag. Wenn sich Ärzte davon einen<br />

Erfolg erhoffen, kann die Reha um ein bis zwei<br />

Wochen verlängert werden. Bei der Entlassung<br />

bekommt jeder Patient sein Reha-Buch<br />

mit, in das er sich während der Therapien<br />

Notizen macht. Problematischer wird es,<br />

wenn die Patienten von der geriatrischen<br />

Reha nicht nach Hause können und kein<br />

Heimplatz frei ist. Wichtig sei es deshalb,<br />

schon zu Beginn der Erkrankung oder eines<br />

Krankenhausaufenthaltes mit Ärzten und<br />

GEWICHTIGE PROBLEME<br />

Service<br />

Schwere Patienten – Jeder zehnte Deutsche ist<br />

adipös. Auch Reha-Kliniken müssen sich darauf<br />

einstellen.<br />

Große Betten und Toilettensitze, die 200 Kilogramm<br />

und mehr aushalten, Duschen in Sondermaßen,<br />

spezielle Rollstühle und Beckenlifte –<br />

die sächsischen Rehakliniken stehen vor einem<br />

gewichtigen Problem. Denn die Zahl der Übergewichtigen<br />

und Adipösen hat auch unter ihren<br />

Patienten stark zugenommen. „Erschreckend<br />

viele junge Menschen leiden schon an Übergewicht“,<br />

sagt Johanna Kunze, Chefärztin der<br />

Psychosomatischen Rehaklinik Carolabad in<br />

Chemnitz, in der auch Adipositaspatienten<br />

behandelt werden. „Fast jedes zehnte Zimmer<br />

konnten wir bereits für diese stark Übergewichtigen<br />

umbauen. Das ist sehr teuer und viele<br />

Kliniken scheuen deshalb den Aufwand.“ Doch<br />

die Ausstattung sei es nicht allein, man brauche<br />

auch spezielle Programme zur Behandlung des<br />

krankhaften Übergewichts. „Als psychosomatische<br />

Klinik sehen wir immer auch die seelische<br />

Komponente hinter dem Übergewicht. Denn das<br />

Fett hat bei vielen eine wichtige Aufgabe, es fungiert<br />

zum Beispiel Schutzhülle gegen traumatische<br />

Lebenserfahrungen“, so Johanna Kunze. In<br />

Einzel- und Gruppengesprächen werde das<br />

bearbeitet. Und natürlich auch das<br />

Ernährungsverhalten. „Bei uns gibt es keine Diät<br />

und keine Lightprodukte“, sagt die Chefärztin. Da<br />

der Stoffwechsel in Gang gehalten werden muss,<br />

bekommen die Adipositaspatienten mindestens<br />

drei Mahlzeiten am Tag. Sie würden aber<br />

hinsichtlich der Auswahl und der Menge der<br />

einzelnen Komponenten von erfahrenen<br />

Ernährungstherapeuten angeleitet. Betroffene<br />

Patienten könnten fast gar nicht mehr genießen.<br />

Genusstraining sei deshalb eine wichtige Therapie.<br />

Ein häufiger Ernährungsfehler der Adipösen<br />

34 <strong>REHA</strong> KOMPASS


Pflegern über realistische Ziele zu sprechen<br />

– Woche für Woche – und notfalls weitere<br />

Pflege zu organisieren, so Sultzer. „Im Internet<br />

gibt es unter anderem beim Portal Pflegenetz.<br />

Sachsen.de Informationen.“ In Zwenkau soll<br />

die oft schwierige lückenlose Betreuung mit<br />

einem Altersmedizinischen Zentrum gesichert<br />

werden. Neben der Reha-Klinik sind dort die<br />

Klinik für innere Medizin, Akutgeriatrie,<br />

Tagesklinik und eine Institutsambulanz unter<br />

einem Dach. „So etwas gibt es bisher in<br />

Sachsen noch nicht“, sagt Sultzer. Mit der<br />

Ambulanz sollen Hausärzte in der Betreuung<br />

geriatrischer Patienten unterstützt werden.<br />

Patientin Waltraud Tomaczak kommt nach<br />

der Reha zu Hause wieder besser zurecht.<br />

Die „Rehaklinik bot mir viele Möglichkeiten,<br />

meine Beweglichkeit zu stabilisieren und die<br />

Muskeln zu kräftigen“, sagt die gelernte<br />

Damenschneiderin. Sie nutzte jede Gymnastikstunde,<br />

hob Bälle, zog an Seilen und trat<br />

auf dem Fahrradergometer in die Pedalen.<br />

Dr. Ralf Sultzer<br />

Geriatriezentrum<br />

in Zwenkau<br />

Der 58-Jährige ist seit<br />

16 Jahren Chefarzt und<br />

ärztlicher Direktor. Die Ausbildung<br />

zum Facharzt für Innere<br />

Medizin absolvierte er im<br />

Klinikum St. Georg Leipzig.<br />

Seit 1994 ist er in der Geriatrie<br />

tätig. Neue Therapieverfahren testet er selbst – auch<br />

mit Patienten. Angesichts der immer älter werdenden<br />

Bevölkerung steige der Reha-Bedarf aber insgesamt an.<br />

Mit ihrem Rollator spazierte sie oft im Park<br />

hinter der Klinik, meist mit ihrer Zimmernachbarin.<br />

Gespräche waren ihr genauso wichtig.<br />

„Und ich habe gelernt, vor dem Aufstehen aus<br />

dem Bett ein paar Übungen mit den Armen<br />

und Beinen zu machen, um den Kreislauf in<br />

Schwung zu bringen“, sagt sie.<br />

Foto: Ronald Bonß<br />

sei ihr zufolge das falsche Trinkverhalten: Junge<br />

Patienten trinken bis zu drei Liter Süßgetränke<br />

pro Tag. Gegessen werde gar nicht so viel. „In der<br />

Gruppe zu essen, ist den meisten unangenehm.<br />

Sie haben sich die gemeinsamen Mahlzeiten<br />

abgewöhnt, um den verletzenden Bemerkungen<br />

der Schlanken zu entgehen. Gegessen wird dann<br />

in der Regel unbeobachtet, vor allem abends<br />

und nachts.“ Doch in der Rehaklinik gebe es<br />

18 Uhr Abendessen – die letzte Mahlzeit des<br />

Tages bis morgens 8 Uhr. „Das müssen die<br />

meisten wieder ganz neu lernen.“<br />

Ein weiterer Therapieschwerpunkt ist die Bewegung.<br />

„Vielen Übergewichtigen fehlt dafür das<br />

Selbstbewusstsein.“ Sie zeigen sich nicht gern in<br />

Sport- oder Badebekleidung. Doch sie verlieren<br />

die Scheu, wenn sie merken, dass sie damit nicht<br />

allein sind. Für Übergewichtige sind solche<br />

Sportarten geeignet, die die Gelenke nicht zu<br />

stark belasten, zum Beispiel Radfahren, Walken<br />

und vor allem Aquafitness. „Die Bewegung funktioniert<br />

fast mit jedem Gewicht. Viele Patienten<br />

zeigen sich begeistert beim Sport, weil sie sich<br />

lange Zeit nichts mehr zugetraut haben.“ Auch in<br />

puncto Kleidung gebe es Nachholebedarf. „Dicke<br />

gehen oft im Schlabberlook, um nicht zu viel von<br />

ihrem Körper zu zeigen. Doch das ist falsch.“<br />

Deshalb arbeitet die Klinik mit einer Boutique<br />

zusammen, die Bekleidung in Übergrößen<br />

anbietet und außerhalb ihrer Öffnungszeiten die<br />

Adipositaspatienten individuell berät. „Da leben<br />

manche wieder richtig auf. Sie drehen sich vor<br />

dem Spiegel und freuen sich über ihr neues<br />

Äußeres“, sagt Kunze. Das motiviere dann<br />

zusätzlich. In sechs Wochen Reha sind maximal<br />

fünf Kilogramm Gewichtsabnahme möglich. „Zu<br />

Hause weiterzumachen und sich gegen Versuchungen<br />

zu wehren, ist Thema in den Gesprächsgruppen“,<br />

so Kunze.<br />

Von Stephanie Wesely<br />

<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />

35


» ICH BIN DER<br />

ENKELSOHN-TYP «<br />

<strong>REHA</strong>-ALLTAG – THOMAS KLINKE IST PHYSIOTHERAPEUT IN DER<br />

GERIATRIE IN RADEBURG. DIE SZ HAT IHN EINEN TAG BEGLEITET<br />

UND MIT IHM ÜBER PERSONALNOT UND ERFÜLLUNG BEI DER<br />

PFLEGE GESPROCHEN.<br />

Schwerer als es aussieht.<br />

Die Gummiringe müssen von einem<br />

Ständer an den Arm des<br />

Therapeuten gefädelt werden.<br />

Anhocken und fest gegen meine<br />

Hand drücken.<br />

Fotos (3): Ronald Bonß<br />

Die 90-jährige Annemarie Wittig kommt immer besser im<br />

Alltag zurecht. Das Treppentraining mit Physiotherapeut<br />

Thomas Klinke ist anstrengend, aber wichtig.<br />

VON STEPHANIE WESELY<br />

Mit alten Menschen zu arbeiten, schreckt<br />

Thomas Klinke nicht. Hat er doch bereits<br />

seinen Großvater gepflegt. Punkt 8 Uhr tritt<br />

er seinen Dienst in der Fachklinik für Geriatrie<br />

in Radeburg an. Der Tag beginnt mit<br />

der morgendlichen Teambesprechung auf<br />

Station. Eine Kollegin ist krank. Ihre<br />

Patienten werden auf die anderen aufgeteilt.<br />

„Wir sind hier elf Physiotherapeuten<br />

– vier Männer und sieben Frauen“, sagt<br />

Klinke. Zum therapeutischen Team gehören<br />

neben Ärzten und Pflegepersonal auch<br />

Ergotherapeuten, Logopäden, Psychologen,<br />

Masseure und eine Musiktherapeutin. Die<br />

Shirts der Physiotherapeuten sind blau, die<br />

der Ergotherapeuten lindgrün, das Pflege-<br />

36 <strong>REHA</strong> KOMPASS


personal und die Ärzte gehen in Weiß.<br />

Auch die Stationen haben unterschiedliche<br />

Farben. Das erleichtert den meist hochbetagten<br />

Patienten die Orientierung. „In der<br />

Geriatrie ist die Einweisungsdiagnose oft<br />

nicht das Hauptproblem. Unsere Patienten<br />

haben meist fünf und mehr Erkrankungen.<br />

Darauf müssen wir uns einstellen“, sagt<br />

Physiotherapeut Thomas Klinke. In der Reha<br />

sind sie meist aufgrund von operativ versorgten<br />

Knochenbrüchen, die sie sich durch<br />

Stürze zugezogen haben. Die Klinik in Radeburg<br />

ist die erste berufliche Station für den<br />

34-Jährigen Dresdner. „In der Geriatrie<br />

muss man auch mal schwere Patienten<br />

heben und stützen können. Junge Männer<br />

sind da immer willkommen. Deshalb wurde<br />

ich auch gleich genommen.“ 8.30 Uhr holt<br />

Physiotherapeut Klinke seine erste Patientin<br />

aus ihrem Zimmer ab. Heidi Richter * aus<br />

Dresden ist seit einer Woche in der Reha.<br />

Nach einem Oberschenkelhalsbruch bekam<br />

sie eine künstliche Hüfte. „Der Bruch hätte<br />

nicht passieren dürfen“, sagt sie. „Ich pflege<br />

doch meinen Mann, und jetzt muss er<br />

wegen mir ins Heim.“ Der 84-Jährigen stehen<br />

die Tränen in den Augen. Allerdings hat<br />

sie die Pflege offenbar überfordert, das wird<br />

ihr jetzt klar. „Meine Wohnung wird saniert,<br />

sie ist sowieso jetzt zu groß für mich. Wahrscheinlich<br />

muss ich ausziehen.“ Sorgen wie<br />

diese hört Thomas Klinke fast täglich in<br />

seiner Behandlung. Sein Zuspruch tut gut.<br />

Ehe er mit seiner Behandlung beginnen<br />

kann, muss die Patientin auf die Toilette.<br />

„Das ist ganz oft so. Viele unserer alten<br />

Menschen sind auch inkontinent. Wenn sie<br />

sagen, dass sie müssen, ist es manchmal<br />

schon zu spät“, sagt er. „Aber das stört mich<br />

nicht. Da wird die Kleidung schnell gewechselt,<br />

und weiter geht’s.“ Die inneren<br />

Verletzungen nach der OP machen<br />

Heidi Richter Probleme. Das Bein ist noch<br />

geschwollen, und die entstauende Massage<br />

schmerzt. Auch beim Druck auf die Triggerpunkte<br />

zieht sie die Luft durch die Zähne.<br />

Doch danach fühlt sie sich besser. Die<br />

Schmerzen haben nachgelassen. „Sie sind<br />

ein Engel“, sagt sie dankbar. Thomas Klinke<br />

arbeitet jetzt seit 13 Jahren in der Reha-<br />

Klinik und hat diesen Schritt noch nicht<br />

bereut, wie er sagt. „Ich empfinde eine<br />

große Erfüllung bei meiner Arbeit“, sagt er.<br />

In einer Rehaklinik müsse sich der Therapeut<br />

keine Sorgen darüber machen, welche<br />

Behandlungsmethode er auswählt und ob<br />

diese auch die Kasse übernimmt. Was gut<br />

ist für den Patienten, könne er nutzen.<br />

„Auch wenn ich statt den vorgesehenen<br />

30 Minuten mal 45 brauche, ist das kein<br />

Problem. Das ist der Unterschied zur ambulanten<br />

Praxis.“ Physiotherapeuten und<br />

Masseure bilden nach dem Pflegepersonal<br />

die größte Berufsgruppe des nichtärztlichen<br />

Personals in deutschen Rehakliniken. Laut<br />

Statistischem Bundesamt sind mehr als<br />

28.000 Pflegekräfte und über 15.000 Phy sio -<br />

therapeuten für die stationäre Behandlung<br />

der Reha-Patienten verantwortlich.<br />

Mit Patient Rudi Seibold * redet Thomas<br />

Klinke über Dynamo. Der 72-Jährige konnte<br />

aufgrund seiner vielen anderen Erkrankungen<br />

nicht an der Hüfte operiert werden.<br />

Heute entscheidet der Arzt, ob die Belastung<br />

in der Therapie erhöht werden kann.<br />

Die Behandlungen dienen der Mobilisation<br />

und dem Erhalt seiner Selbstständigkeit.<br />

Seibold hat einen derben Humor. Kraftausdrücke<br />

sind da keine Seltenheit. Thomas<br />

Klinke kann sich darauf einstellen. Danach<br />

muss er aber sofort wieder die Gefühle<br />

wechseln. Denn Patientin Elisabeth Naumann<br />

* muss mit den sprichwörtlichen<br />

Samthandschuhen angefasst werden. Der<br />

operierte Schenkelhalsbruch der 89-Jährigen<br />

ist nicht das Hauptproblem. Sie leidet<br />

an Angstzuständen und braucht gerontopsychiatrische<br />

Behandlung. „Mir geht es gar<br />

nicht gut, ich habe so Angst, ich kann nicht<br />

mehr“, wiederholt sie gebetsmühlenartig.<br />

„Ist mein Geld noch in der Schublade, und<br />

habe ich noch Schokolade?“, will sie wissen.<br />

Thomas Klinke bestätigt alles und möchte,<br />

<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />

37


dass sie mal aufsteht und ein paar Schritte<br />

am Gehbänkchen läuft. Doch sie ist in<br />

Tränen aufgelöst, sie könne das nicht und<br />

möchte zuerst mit ihrer Tochter telefonieren.<br />

So lässt er sich von einer Schwester<br />

die Nummer der Tochter geben, ruft sie an<br />

und reicht das Telefon weiter. Glücklich<br />

spricht Elisabeth Naumann mit ihr über<br />

die Gaststätte, die die Tochter jetzt führt.<br />

Bis vor ihrem Sturz hatte die Mutter noch<br />

mitgeholfen, Gemüse geputzt und Tische<br />

gedeckt. Physiotherapeutisch ist bei ihr<br />

heute nicht viel vorwärtsgegangen. „Aber<br />

manchmal ist Zuhören und Trösten einfach<br />

wichtiger“, sagt Thomas Klinke. Diese Vielseitigkeit<br />

ist es auch, die Klinke an seiner<br />

Arbeit schätzt. Der Mangel an Therapeuten<br />

in seinem Fachgebiet sorgt ihn deshalb<br />

sehr. „Aus meiner Sicht müsste das<br />

Schulgeld bundesweit abgeschafft und eine<br />

Ausbildungsvergütung gezahlt werden.<br />

Er selbst zahlte 55 Euro monatlich für die<br />

Ausbildung, hinzu kamen Fahrgeld und<br />

Unterkunftskosten bei Praktika, wofür er<br />

keinen Cent erhielt. „Der Beruf muss attraktiver<br />

werden, sonst stirbt er eines Tages<br />

aus.“ Die Arbeit sei so anspruchsvoll, dass<br />

man nicht mit Mindestlohn abgespeist<br />

werden dürfe. In Kliniken würde zwar<br />

besser bezahlt als in ambulanten Praxen.<br />

Doch eine Aufwertung sei auch hier<br />

dringend nötig. Dafür macht er sich zum<br />

Beispiel im Betriebsrat stark.<br />

Bis zur Mittagspause sind noch drei weitere<br />

Patienten dran. Die Verzögerung zu Beginn<br />

des Arbeitstages lässt sich nicht mehr aufholen.<br />

Thomas Klinkes Mittagspause fällt<br />

entsprechend kürzer aus. Denn bevor die<br />

Patienten für den Nachmittag an die Reihe<br />

kommen, ist noch der Schreibkram dran.<br />

Wöchentlich ist Reha-Visite, die muss er<br />

heute vorbereiten. Gangbild, Bewegungsfortschritt,<br />

Wegstrecke und andere Parameter<br />

gilt es zu erfassen, das Therapieziel zu<br />

definieren und einzuschätzen, ob eine Verlängerungswoche<br />

nötig ist. „Der Schreibaufwand<br />

hat sich im Vergleich zum Beginn<br />

meiner Tätigkeit verzehnfacht. Die Dokumentation<br />

ist zwar wichtig, aber es ist leider<br />

auch wertvolle Therapiezeit, die da verloren<br />

geht“, bedauert Thomas Klinke. Gegen<br />

16 Uhr ist seine letzte Patientin dran.<br />

Annemarie Wittig ist schon 90 und fast<br />

vier Wochen in der Reha – auch wegen<br />

eines Oberschenkelhalsbruchs. Nun kann<br />

sie bald nach Hause. Das Treppensteigen<br />

geht schon sehr gut. Auch die Koordinationsübungen.<br />

Sie soll Gummiringe von<br />

einem Ständer nehmen und abwechselnd,<br />

mal mit links, mal mit rechts an Thomas<br />

Klinkes Arm hängen, dabei frei stehen und<br />

das Gleichgewicht halten. Sie lächelt ihn an<br />

und gibt sich extra Mühe, damit er mit ihr<br />

zufrieden ist. „Ich bin der Enkelsohntyp, ich<br />

weiß, da hat man es bei den älteren Damen<br />

besonders leicht“, sagt Thomas Klinke. Das<br />

mag vielleicht stimmen, doch dass er seine<br />

Arbeit mit Liebe tut, sieht ihm jeder an.<br />

„Qualität ist uns sehr wichtig, unser fachlich<br />

hochqualifiziertes Personal ist unser<br />

größtes Gut“, sagt auch Claudia Fischer, die<br />

Therapieleiterin. „Unser Haus ist in eher<br />

ländlicher Gegend gelegen und hat bei der<br />

räumlichen Ausstattung vielleicht nicht ganz<br />

so viel zu bieten wie andere Einrichtungen.<br />

Gerade deshalb müssen wir mit der<br />

Patientenversorgung punkten.“ In der<br />

letzten halben Stunde seiner Dienstzeit<br />

kümmert sich Thomas Klinke um Hilfsmittelempfehlungen.<br />

Rollatoren, Gehgestelle,<br />

spezielle Gehstöcke oder Orthesen müssen<br />

für Patienten verordnet werden, die bald<br />

nach Hause können. Geduldig berät er die<br />

Patienten und ihre Angehörigen, erklärt die<br />

Funktion und beantwortet Fragen.<br />

„Die Leute müssen später ja auch damit<br />

zurechtkommen“, sagt er. Endlich ist Feierabend,<br />

und Thomas Klinke freut sich auf<br />

seinen Fußballverein. Er spielt beim<br />

TuS Weinböhla und trainiert zusätzlich noch<br />

eine Mannschaft: „Ein guter Ausgleich zu<br />

meinen alten Leutchen in der Reha.“<br />

*<br />

Name geändert<br />

38 <strong>REHA</strong> KOMPASS


<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />

39


– ANZEIGE –<br />

HP INGO LAUTERLEIN:<br />

„BEI RÜCKENSCHMERZEN<br />

OPERATIONEN OFT VERMEIDBAR“<br />

BILDGEBENDE UNTERSUCHUNGEN ZEIGEN ZWAR OFT<br />

VERÄNDERUNGEN ZUM NORMALEN, OHNE EINDEUTIG DIE<br />

SCHMERZURSACHE ZU BENENNEN<br />

Foto: privat<br />

Haben Ihre Patienten oft<br />

ähnliche Beschwerden?<br />

Fast alle meine Patienten haben Schmerzen,<br />

zeitweise sehr starke Schmerzen. Diese<br />

führen zu einer enormen Einschränkung ihrer<br />

Lebensqualität und behindern den Alltag. Bei<br />

zahlreichen Patienten denen ich zum ersten<br />

Mal begegne, bestehen die Schmerzen schon<br />

über einen längeren Zeitraum, häufig schon<br />

seit Jahren mit wiederkehrenden Akutphasen.<br />

Was haben diese Patienten bis dahin<br />

schon erlebt und mit welchen Unterlagen<br />

kommen diese zum ersten Termin?<br />

In der Regel sind die Patienten in der Vorgeschichte<br />

mit den verschiedensten Schmerzmitteln<br />

ausgestattet worden und haben eine<br />

oft zu kurze physiotherapeutische Behandlung<br />

hinter sich. Außerdem bekomme ich hin<br />

und wieder einen MRT Befund vorgelegt, der<br />

in manchen Fällen eine Operation mit unbefriedigendem<br />

Ergebnis oder auch gar keine<br />

Therapie zur Folge hatte.<br />

Wo sehen Sie die Ursachen<br />

für Rückenschmerzen?<br />

Häufig werden Rückenschmerzen durch eine<br />

ruckartige Drehung, Fehlbelastung bei Arbeit<br />

oder Sport oder beim schweren Heben verursacht.<br />

Nervliche und körperliche Überlastung<br />

können dabei auch eine wichtige Rolle<br />

spielen. Manchmal lässt sich jedoch kein<br />

nennbares Ereignis ermitteln. Zusammenfassend<br />

kann ich sicher sagen, dass es wahrscheinlich<br />

jeden einmal betrifft. Verschleiß ist<br />

seltener die Ursache als häufig angenommen.<br />

Bei der spezifischen Untersuchung meiner<br />

Patienten stelle ich immer wieder Fehlstellung<br />

und Blockaden im Bereich des Beckens und<br />

der Wirbelsäule fest. Diese erworbenen, das<br />

40 <strong>REHA</strong> KOMPASS


– ANZEIGE –<br />

heißt im Laufe des Lebens entstanden<br />

Veränderungen, sehe ich oft als die<br />

eigentliche Schmerzursache.<br />

Warum kommen die Patienten<br />

speziell zu Ihnen?<br />

Die Patienten kommen zu mir, weil die bis<br />

dahin unternommenen therapeutischen<br />

Maßnahmen erfolglos geblieben sind. Ich bin<br />

von der ersten Untersuchung bis zum letzten<br />

Termin persönlich für meine Patienten da. Ich<br />

stelle die Diagnose und führe die Behandlung<br />

immer eigenhändig durch. Sollte sich einmal<br />

die Situation einstellen, dass zur weiterführenden<br />

Diagnostik oder Therapie ein anderes<br />

Fachgebiet hinzugezogen werden muss,<br />

geschieht das unverzüglich. Mir ist wichtig,<br />

dass jedem meiner Patienten geholfen wird.<br />

Was denken Sie über MRT Untersuchungen<br />

bei Rückenschmerzen, lohnt es sich<br />

eigentlich, so lange auf einen Termin in<br />

der Radiologie zu warten?<br />

Ich halte eine MRT Untersuchung bei Rückenschmerzen<br />

häufig nicht für notwendig. Sicher<br />

gibt es Situationen in der diese Diagnostik<br />

unverzichtbar ist. Dabei handelt es sich zum<br />

Beispiel um den Ausschluss einer Wirbelsäulenfraktur,<br />

bei Lähmungserscheinungen oder<br />

beim Kontrollverlust über Blase und Darm.<br />

Das sind Symptome die dringend abgeklärt<br />

werden müssen. Meine Meinung ist, dass es<br />

in vielen Fällen nicht ausreicht, sich bei der<br />

Suche nach der Ursache auf die Bildgebung<br />

zu verlassen. Häufig gibt erst eine gezielte<br />

körperliche Untersuchung die Möglichkeit zur<br />

sicheren Diagnose. Mitunter könnte so die<br />

eine oder andere Operation vermieden<br />

werden.<br />

Brauchen Sie zur Behandlung Ihrer<br />

Patienten ein MRT oder CT?<br />

Nein, wenn ich bei der Untersuchung in<br />

meiner Praxis eine Ursache feststellen kann,<br />

besteht überhaupt gar keine Notwendigkeit<br />

für eine zeitraubende, strahlenbelastende<br />

Bilddiagnostik.<br />

Für wie sinnvoll halten Sie Operationen<br />

bei Rückenschmerzen?<br />

Wird häufig vorschnell operiert?<br />

Es gibt leider Situationen in denen Operationen<br />

bei Rückenschmerzen unumgänglich<br />

sind, vorher sollten aber alle Möglichkeiten<br />

von konventionellen Therapien ausgeschöpft<br />

sein. Es könnten sich aber eine ganze Reihe<br />

von medizinischen Eingriffen vermeiden<br />

lassen, wenn intensiver nach der eigentlichen<br />

Schmerzursache gesucht werden würde. Oft<br />

genug habe ich es erlebt, dass Patienten zu<br />

mir kommen, weil der medizinische Eingriff<br />

nicht den angestrebten Erfolg brachte.<br />

Wie kann man sich Ihre Rückentherapie<br />

vorstellen, Herr Lauterlein?<br />

Bei vielen meiner Patienten, die an<br />

unveränderten Schmerzen litten, konnte ich<br />

bei meiner gezielten chiropraktischen<br />

Untersuchung Fehlstellungen in Becken und<br />

Lendenwirbelsäule feststellen. Durch diese<br />

Fehlstellungen können Nerven, die aus der<br />

Wirbelsäule entspringen, irritiert werden und<br />

Schmerzen verursachen. Durch meine<br />

gezielte chiropraktische Behandlung sollen<br />

solche Fehlstellungen durch sanfte Impulse<br />

korrigiert werden und der Druck auf den Nerv<br />

kann so nachlassen. Durch meine Art der<br />

Therapie kann ich bei meiner Arbeit gänzlich<br />

auf Schmerzmittel oder Cortison verzichten.<br />

Denn häufig verursachen diese unerwünschte<br />

Nebenwirkungen und bekämpfen den<br />

Schmerz nur vorübergehend. Die Ursache<br />

wird dadurch jedoch nicht beseitigt.<br />

Heilpraktiker Ingo Lauterlein<br />

ChiroPraxis<br />

Telefon 0371 262 56 50<br />

09113 Chemnitz<br />

Straße der Nationen 73 – 75<br />

E-Mail: mail@lauterlein.de<br />

www.lauterlein.de<br />

Mo – Do 9 – 12 Uhr & 14 – 17 Uhr<br />

Fr 9 – 12 Uhr<br />

sowie nach Vereinbarung<br />

Foto: Privat<br />

<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />

41


VOM SCHLAG<br />

GETROFFEN<br />

NEUROLOGISCHE <strong>REHA</strong> – ETWA JEDER VIERTE STIRBT NACH EINEM<br />

HIRNINFARKT BINNEN EINES JAHRES. EINE GESTUFTE THERAPIE KANN<br />

DEM VORBEUGEN – WIE IN KREISCHA.<br />

Fotos (3): Ronald Bonß<br />

Reiner Scheffler ist Linkshänder – notgedrungen. Seit einem Schlaganfall im Mai dieses Jahres ist seine<br />

gesamte rechte Körperhälfte gelähmt. Sechs Monate lang wurde er in der Bavaria-Klinik Kreischa betreut,<br />

jetzt lebt er wieder zu Hause. „Diese Reha war das Beste, was mir passieren konnte“, sagt der 78-Jährige.<br />

VON STEFFEN KLAMETH<br />

Zur Begrüßung reicht Reiner Scheffler die<br />

linke Hand. Seltsam ist das allenfalls für seinen<br />

Gegenüber; der 78-Jährige hat sich längst<br />

daran gewöhnt. Denn faktisch muss er alles<br />

mit links machen: essen, schreiben, den Stock<br />

halten. Dabei gab es Zeiten, in denen er<br />

nichts von alledem allein erledigen konnte –<br />

als Folge eines zweifachen Schlaganfalls. „Wir<br />

waren gerade aus dem Urlaub in Tschechien<br />

zurückgekehrt, da merkte ich plötzlich, wie<br />

mein rechtes Bein nach außen verdreht war“,<br />

erinnert sich der Rentner, der in Wiederau bei<br />

Rochlitz lebt. Seine Frau alarmierte den<br />

Notdienst, der brachte den Rentner ins<br />

Diakoniekrankenhaus nach Hartmannsdorf.<br />

Die Untersuchung bestätigte den Verdacht. In<br />

der Folgenacht sei er von einer Wärmewelle<br />

erfasst worden. „Danach war meine ganze<br />

rechte Seite bis zum Fuß gelähmt.“ Nach zwei<br />

Wochen Krankenhaus wurde der Patient in<br />

die Bavaria-Klinik Kreischa verlegt, dort folgten<br />

sechs Monate intensive Reha.<br />

42 <strong>REHA</strong> KOMPASS


DIE KLINIK: Die Klinik Bavaria, südlich von<br />

Dresden am Ortsrand von Kreischa gelegen,<br />

gleicht aus der Ferne einem Schloss. Mit<br />

weniger Abstand denkt man eher an ein<br />

Grand Hotel. Genau genommen sind es<br />

mehrere Einrichtungen – ein Fachkrankenhaus<br />

mit dem Zentrum für fachübergreifende<br />

Intensivmedizin und die Rehaklinik mit<br />

dem Schwerpunkt für die neurologische<br />

Rehabilitation. „Der Vorteil dieser Einrichtung<br />

ist, dass die Patienten nach der Behandlung<br />

im Akutkrankenhaus über unsere Intensivstation<br />

direkt in die Rehabilitation<br />

übergeleitet werden können“, sagt Dr. Ulf<br />

Bodechtel. Davon profitierten insbesondere<br />

Patienten mit Nervenschäden, da sie in der<br />

Regel mehrere Reha-Phasen durchlaufen.<br />

Umgekehrt hätten Patienten bei während<br />

der Reha auftretenden Komplikationen<br />

einen schnellen Zugang zur Intensivmedizin,<br />

ergänzt Dr. Andreas Bauer. Beide Chefärzte<br />

leiten gemeinsam den Krankenhausbereich.<br />

Dr. Andreas Bauer<br />

Bavaria Klinik Kreischa<br />

Der gebürtige Österreicher ist<br />

seit zweieinhalb Jahren Chefarzt<br />

an der Klinik Bavaria in<br />

Kreischa. Er hat in Wien<br />

stu diert und verfügt über<br />

Fach arztabschlüsse für Innere<br />

Medizin, Allgemeinmedizin,<br />

Notfallmedizin und Spezielle<br />

internistische Intensivmedizin. Seit 2003 lebt der 48-Jährige<br />

in Dresden und war unter anderem am Herzzentrum und<br />

im Diakonissenkrankenhaus tätig.<br />

DIE PATIENTEN: Wer von neurologischen<br />

Schäden hört, denkt zuerst an die Folgen<br />

eines Schlaganfalls. Tatsächlich bilden diese<br />

Patienten in der neurologischen Reha in<br />

Kreischa die größte Gruppe. Im Fachkrankenhaus<br />

machen sie dagegen nur ein Drittel<br />

aus. Hier komme die Mehrzahl mit einer<br />

septischen Enzephalopathie infolge einer<br />

schweren Infektion oder Neuropathie,<br />

erläutert Bodechtel. „Die meisten dieser<br />

Patienten werden bei der Aufnahme beatmet<br />

und sind nicht oder nur bedingt<br />

an sprechbar. Je länger die Erkrankung<br />

dauert, desto größer ist die Gefahr von<br />

Nerven schäden. Gleichzeitig wird der Körper<br />

immer schwächer – bis hin zur vollständigen<br />

Lähmung der Arm-, Bein- und auch der<br />

Atemmuskulatur. Mediziner sprechen dann<br />

von einem erworbenen Schwäche-Syndrom<br />

(CIP-CIM). „Die lange Liegedauer wirkt sich<br />

zusätzlich negativ aus“, sagt Bauer.<br />

Übrigens: Die Sepsis – umgangssprachlich<br />

auch als Blutvergiftung bezeichnet – gehört<br />

in Deutschland zu den häufigsten Todesursachen.<br />

Laut Kompetenznetz Sepsis verstirbt<br />

mehr als jeder dritte Betroffene daran.<br />

Ein Schlaganfall wird durch eine plötzliche<br />

Durchblutungsstörung im Gehirn ausgelöst.<br />

Das Hirn bekommt nicht mehr genug Sauerstoff<br />

und Nährstoffe, die Nervenzellen sterben<br />

ab. Deshalb zählt bei Verdacht auf einen<br />

Schlaganfall jede Minute. In darauf spezialisierten<br />

Stationen (Stroke Units) untersuchen<br />

Ärzte mithilfe der Computertomografie, ob<br />

ein verstopftes Gefäß oder eine Hirnblutung<br />

für den Schlaganfall verantwortlich ist.<br />

Danach richtet sich dann die Behandlung.<br />

Nach der Erstversorgung in einem Akutkrankenhaus<br />

werden die Patienten in ein<br />

Dr. Ulf Bodechtel<br />

Bavaria Klinik Kreischa<br />

Der gebürtige Berliner arbeitet<br />

seit Mai 2016 als Chefarzt an<br />

der Klinik Bavaria in Kreischa.<br />

Er hat in Berlin Medizin<br />

studiert. Seine Ausbildung zum<br />

Facharzt für Neurologie<br />

absolvierte er am Dresdner<br />

Uniklinikum, wo er später viele<br />

Jahre unter anderem als Oberarzt arbeitete. Der 48-Jährige<br />

besitzt die Zusatzqualifikationen für Spezielle neurologische<br />

Intensivmedizin und Geriatrie.<br />

<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />

43


spezialisiertes Krankenhaus oder in eine<br />

Reha-Klinik verlegt. In der Mehrzahl bleiben<br />

trotz Frühtherapie Schäden am Hirn zurück.<br />

Die Patienten benötigen dann eine spezifische<br />

neurologische Rehabilitation. Sie soll<br />

nach Möglichkeit eine Pflegebedürftigkeit<br />

verhindern bzw. mindern und den Weg<br />

zurück zu einem selbstbestimmten Leben<br />

bahnen.<br />

DIE <strong>REHA</strong>BILITATION: Die neurologische<br />

Reha ist oft langwierig. Sie folgt einer eigenen<br />

Systematik und ist im Ablauf nicht mit<br />

anderen Reha-Maßnahmen vergleichbar.<br />

Grundlage ist ein Sechs-Phasen-Modell, das<br />

bereits in den 1960er-Jahren entwickelt<br />

wurde. Bodechtel: „Je nach Zustand des<br />

Patienten wird er einer bestimmten Reha-<br />

Phase zugeordnet.“ Die Einordnung erfolgt<br />

u. a. mithilfe des Barthel-Indexes. Damit<br />

kann beurteilt werden, wie selbstständig –<br />

beziehungsweise pflegebedürftig – ein<br />

Mensch ist. Essen und trinken, baden und<br />

duschen, an- und ausziehen, Harn- und<br />

Stuhlkontrolle, Mobilität und Treppensteigen:<br />

Für jede Fähigkeit werden Punkte<br />

vergeben. Das Maximum sind 100 Punkte.<br />

In der neurologischen Reha beginnen<br />

Patienten nicht selten mit null Punkten,<br />

schwerst betroffene Patienten haben sogar<br />

Minuspunkte. Je mehr Fähigkeiten – und<br />

damit Punkte – sie im Verlaufe der Reha<br />

erlangen, desto eher kommt der Zeitpunkt,<br />

an dem sie in die nächste Phase wechseln.<br />

„Die Prüfung durch die Ärzte erfolgt einmal<br />

pro Woche“, sagt Bodechtel.<br />

Phase A: So wird die Akutbehandlung im<br />

Krankenhaus bezeichnet. Nach Aussage<br />

der Kreischaer Chefärzte dauert sie im<br />

Schnitt drei bis vier Wochen. Die<br />

Patienten sind lebensbedrohlich krank.<br />

Sie werden intensivmedizinisch versorgt<br />

und per Monitor überwacht. Fast alle<br />

sind in dieser Zeit noch vom Beatmungsgerät<br />

abhängig, viele benötigen<br />

zudem eine Dialysebehandlung. Um die<br />

Patienten frühzeitig an Therapien<br />

heranzuführen, bietet die Bavaria-Klinik<br />

auch die Möglichkeit einer Frührehabilitation<br />

im Krankenhaus.<br />

„Sobald die Patienten keine intensivmedizinische<br />

Betreuung mehr<br />

benötigen, können sie in die Phase B<br />

entlassen werden“, erklärt Bauer.<br />

Phase B: In der Frührehabilitation werden<br />

Patienten aufgenommen, die wegen<br />

ihrer schweren Einschränkungen nicht<br />

belastbar sind und demzufolge nur<br />

eingeschränkt an der Behandlung mitwirken<br />

können. Sie werden oft noch<br />

künstlich ernährt und benötigen rund<br />

um die Uhr pflegerische Betreuung.<br />

Phase C: Voraussetzung für die weiterführende<br />

Rehabilitation ist, dass der<br />

Patient weitgehend bewusstseinsklar ist<br />

und mehrere 30-minütige Therapieeinheiten<br />

pro Tag wahrnehmen kann.<br />

Bei vielen Aktivitäten ist er aber noch<br />

auf Hilfe angewiesen. „In der Phase C ist<br />

es das Ziel, dass die Betroffenen ihren<br />

Alltag wieder selbstständig meistern<br />

können“, erläutert Bodechtel. Dies<br />

könne sich oft über mehrere Monate<br />

hinziehen.<br />

Phase D: Diese Phase entspricht einer<br />

Anschlussheilbehandlung. Die Patienten<br />

benötigen nur noch gelegentlich<br />

Hilfsmittel. Am Ende sollten sie ihr<br />

Leben trotz gewisser Einschränkungen<br />

wieder vollständig allein führen können.<br />

Phase E: In dieser Phase leben Reha-<br />

Patienten in der Regel wieder zu Hause.<br />

Die Behandlung erfolgt tagsüber in<br />

einer ambulanten oder teilstationären<br />

Einrichtung. Dabei geht es vor allem um<br />

eine effektive Nachsorge, damit die<br />

Betroffenen in ihren Job zurückkehren<br />

oder einen anderen Beruf erlernen<br />

44 <strong>REHA</strong> KOMPASS


können bzw. als Rentner am sozialen<br />

Leben teilnehmen können. Bestimmte<br />

Maßnahmen können bis zum<br />

Lebensende notwendig sein.<br />

Phase F: Wenn sich der Zustand der<br />

Patienten in den Phasen B und C trotz<br />

umfangreicher Therapien nicht weiter<br />

verbessert, müssen sie in Phase F<br />

verlegt werden. Die Stiftung Deutsche<br />

Schlaganfall-Hilfe beschreibt diese<br />

Phase als „aktivierende, zustandserhaltende<br />

Langzeitpflege bei anhaltend<br />

hoher Pflegebedürftigkeit“.<br />

Die Behandlung erfolgt in spezialisierten<br />

Pflegeheimen oder auf Wachkoma-<br />

Stationen. Bestenfalls können diese<br />

Patienten die Rehabilitation in Stufe B,<br />

C oder D fortsetzen.<br />

DIE THERAPIEN: Die Behandlung von<br />

Patienten mit neurologischen Schäden ist<br />

immer eine Kombination von ärztlichen,<br />

therapeutischen und pflegerischen<br />

Maßnahmen. „Von Phase zu Phase verschiebt<br />

sich das Gewicht, also weniger<br />

ärztliche und mehr therapeutische Betreuung“,<br />

sagt Dr. Bodechtel. Anfangs gehe es<br />

vor allem darum, die Patienten von Organersatzsystemen<br />

wie der apparativen Beatmung<br />

oder einer Nierenersatztherapie<br />

(Dialyse) zu entwöhnen. Auch erste<br />

Übungen zur Wiedererlangung motorischer<br />

und kognitiver Fähigkeiten seien bereits<br />

auf der Intensivstation möglich. Dr. Bauer:<br />

„Unser Ziel ist es, dass die Patienten wieder<br />

selbstständig atmen, sprechen und essen<br />

können.“ In den folgenden Phasen wird das<br />

Therapiespektrum immer breiter und<br />

anspruchsvoller. Die Deutsche Rentenversicherung<br />

hat im Rahmen der Qualitätssicherung<br />

Studien ausgewertet und<br />

Therapiestandards für Schlaganfall-<br />

Patienten empfohlen. Bewährt haben sich<br />

<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />

45


demzufolge in der Phase D unter anderem<br />

die Bewegungstherapie, das Alltagstraining<br />

und die Therapie kommunikativer und<br />

Schluckstörungen. Kliniken, die sich auf die<br />

neurologische Reha spezialisiert haben,<br />

müssen also eine Vielzahl von Therapien<br />

anbieten. Im Kreischaer Rehazentrum<br />

arbeiten Physio-, Ergo- und Atemtherapeuten,<br />

Logopäden sowie neuropsychologisch<br />

und klinisch orientierte Psychologen Hand<br />

in Hand. Die Physiotherapie beginnt<br />

beispielsweise frühzeitig mit einer passiven<br />

Mobilisation, später folgen unter anderem<br />

das Gang- und das Armtraining zur<br />

Schulung von Tätigkeiten des täglichen<br />

Lebens wie Duschen und Anziehen. Ergotherapeuten<br />

trainieren mit den Patienten<br />

das Schlucken und Greifen, Logopäden das<br />

Lautmalen und Sprechen. Auch innovative<br />

Geräte wie Computer, die von schwer<br />

beeinträchtigten Patienten mit den Augen<br />

gesteuert werden können, finden Anwendung.<br />

Bodechtel: „Die Patienten können damit<br />

wieder mit der Umwelt kommunizieren und<br />

die Technik auch zu Hause nutzen.“<br />

DER <strong>REHA</strong>-ERFOLG: „Am Anfang jeder<br />

Reha-Maßnahme steht eine realistische<br />

Prognose“, betont Dr. Bauer. Anhand des<br />

aktuellen Zustands und von Erfahrungswerten<br />

schätzen die Mediziner die Erfolgsaussichten<br />

ab. „Das Ziel ist eine maximale<br />

Selbstständigkeit, natürlich immer unter<br />

Berücksichtigung der Schädigung, des<br />

Alters und Begleiterkrankungen.“ Auf dieser<br />

Grundlage erfolgt dann die Planung der<br />

Behandlungen. „Dies wird immer mit den<br />

Angehörigen besprochen“, so Bodechtel. Im<br />

Vordergrund stehe aber der mutmaßliche<br />

Wille des Patienten. „Im Idealfall kann das<br />

Therapiekonzept im Verlauf der Behandlung<br />

mit dem Patienten abgestimmt<br />

werden.“ Wunder kann niemand vollbringen.<br />

Für die meisten ist die Reha aber der<br />

Weg zurück ins Leben. „Eine einseitige<br />

Lähmung nach einem Schlaganfall kann<br />

sich rückbilden“, nennt Ulf Bodechtel als<br />

Beispiel. Auch Patienten mit einem<br />

Schwäche-Syndrom hätten gute Prognosen,<br />

wenn das Gehirn nicht geschädigt sei.<br />

Am Ende müssten aber viele Patienten mit<br />

einer Behinderung – mal kleiner, mal<br />

größer – leben. Mit diesem Handicap leben<br />

zu lernen ist ebenso Teil der Rehabilitation.<br />

„Oft sind es schon kleine Fortschritte, die<br />

dem Patienten neuen Lebensmut geben“,<br />

berichtet Bauer. Die Perspektive eines<br />

Lebens im Rollstuhl oder eines dauerhaft<br />

gelähmten Armes könnte so ihren<br />

Schrecken verlieren. Mitunter müssen auch<br />

Celenus Deutsche Klinik für Integrative Medizin<br />

und Naturheilverfahren<br />

Fachzentrum für Innere Medizin/Stoffwechsel,<br />

Psychosomatik und Orthopädie<br />

Prof.-Paul-Köhler-Str. 3, 08645 Bad Elster<br />

Kostenlose Hotline: 0800/751 11 11<br />

info@dekimed.de, www.dekimed.de<br />

Ein Unternehmen der Celenus-Gruppe<br />

46 <strong>REHA</strong> KOMPASS


die Ärzte ihre Prognose revidieren: „Wenn<br />

wir sehen, dass durch die Rehamaßnahmen<br />

keine weitere Verbesserung möglich ist,<br />

wird die Weiterversorgung zu Hause oder<br />

in einer geeigneten Pflegeeinrichtung<br />

organisiert.“ Ein kleiner Anteil der Patienten<br />

ist so schwer betroffen, dass er trotz aller<br />

Therapiebemühungen die Erkrankung nicht<br />

überlebt. In Deutschland erleiden jährlich<br />

rund 270.000 Menschen einen Schlaganfall,<br />

zwischen 20 und 30 Prozent von ihnen<br />

sterben innerhalb eines Jahres.<br />

Reiner Scheffler aus Wiederau hat ein<br />

halbes Jahr gebraucht, ehe er die Reha-<br />

Klinik in Kreischa wieder verlassen konnte.<br />

Die Therapien hätten ihn ständig auf Trab<br />

gehalten, berichtet er. „Und sie haben mich<br />

so auf die Beine gebracht, dass ich noch<br />

was vom Leben habe.“ Anders als seine<br />

beiden Großmütter, die bereits mit Anfang<br />

60 an den Folgen eines Schlaganfalls verstorben<br />

waren. Nur den rechten Arm wird<br />

der Rentner wohl nie mehr so bewegen<br />

können wie früher. Aber der Mann gibt die<br />

Hoffnung nicht auf: Vielleicht, so hofft er,<br />

wird er eines Tages wieder seinem Hobby<br />

Holzbau nachgehen können. Oder wenigstens<br />

einen Stift halten – mit rechts.<br />

BEWÄHRTE THERAPIE<br />

Baden für die Gesundheit<br />

Der Name ist Programm: Im Kurort Warmbad<br />

im Erzgebirge sprudelt Sachsens wärmste<br />

Thermalquelle. Sie wurde bereits im 14. Jahrhundert<br />

von Bergleuten entdeckt und alsbald<br />

auch für Heilzwecke genutzt. Und so ist es bis<br />

heute: In der Knappschafts-Klinik Warmbad<br />

gehört das Bewegungsbad im Thermalwasser für<br />

viele Reha-Patienten zum Therapieprogramm.<br />

Hier wird es von 26 auf 31 Grad Celsius erwärmt<br />

– das fördert die<br />

Entspannung und die<br />

Durchblutung und<br />

regt den Stoffwechsel<br />

an. Doch damit nicht<br />

genug. Der Auftrieb<br />

entlastet die Gelenke,<br />

die Beweg lichkeit wird<br />

damit spürbar<br />

verbessert.<br />

Andererseits erschwert<br />

der Wasserwiderstand<br />

die Bewegungen.<br />

Nach Aussage der<br />

Therapeuten ist<br />

dadurch ein sanfter<br />

und effizienter<br />

Muskel aufbau<br />

möglich. Davon profitieren<br />

vor allem<br />

Foto: Knappschafts.Klinik Warmbad<br />

Patienten, die nach einer Gelenk ersatz-OP die<br />

Reha-Klinik besuchen. Schließlich bewirke der<br />

hydrostatische Druck auch ein Training des<br />

Herz-Kreislauf-Systems. In der Knappschaftsklinik<br />

steht das Bewegungsbad in der Regel dreimal<br />

wöchentlich auf dem Therapieplan und dauert<br />

etwa eine halbe Stunde. Übrigens: Ein Bad im<br />

erwärmten Thermalheilwasser ist auch in der<br />

benach barten Silber-Therme möglich. (rnw/sk)<br />

<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />

47


MORGENS FANGO,<br />

ABENDS TANGO?<br />

DER <strong>REHA</strong>-ALLTAG – EINE <strong>REHA</strong> MIT NEUER HÜFTE IST HARTE ARBEIT.<br />

WIR HABEN EINEN PATIENTEN EINEN TAG IM JOHANNESBAD<br />

RAUPENNEST IN ALTENBERG BEGLEITET.<br />

Fotos (3): Ronald Bonß<br />

Puh, anstrengend. Doch Reginald Grimm ist emsig. Muskelaufbau ist<br />

wichtig, um das neue Hüftgelenk zu stabilisieren.<br />

VON STEPHANIE WESELY<br />

Ausschlafen? Fehlanzeige. Das gibt es in der<br />

Reha nur sonntags. In der Woche und samstags<br />

geht es sieben Uhr los. Für Reginald<br />

Grimm aus Radebeul ist das kein Problem.<br />

„Ich bin Frühaufsteher“, sagt der 55-Jährige.<br />

Mit seinen beiden Gehstützen marschiert er<br />

an diesem Morgen zügig in seine Behandlungskabine.<br />

Heute steht die Pelosepackung<br />

auf seinem Therapieplan. Pelose ist ein<br />

Heilschlamm, der aus dem Schollener See<br />

bei Rathenow gewonnen wird. „Das Material<br />

ist wie Fango ein guter Wärmeträger. Die<br />

organischen Bestandteile fördern die Durchblutung<br />

und lockern die Muskeln“, sagt<br />

Therapeutin Silvia Stemme. Reginald Grimm<br />

genießt die Entspannung für seinen Rücken.<br />

„Das Gehen mit Unterarmstützen ist doch<br />

anstrengend, man verspannt sich schnell“,<br />

sagt er. Vor fünf Wochen bekam Reginald<br />

Grimm ein künstliches Hüftgelenk eingesetzt.<br />

Mit 55 ist er noch recht jung für so einen<br />

Eingriff. „Ich habe mir die Entscheidung auch<br />

nicht leicht gemacht. Schließlich muss man<br />

in meinem Alter davon ausgehen, dass das<br />

Kunstgelenk vielleicht wieder gewechselt<br />

werden muss.“ Doch weder sein Beruf noch<br />

seine geliebten Wanderungen waren ohne<br />

Schmerzen möglich. „Ich konnte nur wenige<br />

Schritte gehen, dann musste ich mich<br />

setzen, weil die Schmerzen so stark waren.“<br />

Obwohl seine Frau viel Verständnis zeigte,<br />

konnte es für ihn so nicht weitergehen. „Nur<br />

dasitzen und Tabletten nehmen, dazu war<br />

ich noch nicht bereit.“ Auch in seinem Beruf<br />

spürte er zunehmend Einschränkungen.<br />

Er ist Sachverständiger in einem großen<br />

Chemieunternehmen. Zu Grimms Aufgaben<br />

gehört es, Kessel oder Industrie-Behälter zu<br />

48 <strong>REHA</strong> KOMPASS


Foto: Egbert Kamprath<br />

Physiotherapeutin Anke Riesing<br />

behandelt im Raupennest mit<br />

Heilschlamm.<br />

Gut trainiert ist auch beim Ergometertraining<br />

ein Plausch mit Sporttherapeutin<br />

Kristin Kluge möglich.<br />

Physiotherapeutin Stephanie<br />

Flemmig hilft beim Gehtraining auf<br />

wechselnden Untergründen.<br />

prüfen. „Da muss ich auf Leitern hineinsteigen,<br />

das Material begutachten und Empfehlungen<br />

abgeben”, sagt er. Nach einer halben<br />

Stunde kommt Silvia Stemme in die Kabine<br />

und nimmt die von der Packung warmen<br />

Decken ab. Reginald Grimm hat jetzt noch<br />

gut 30 Minuten Zeit, um sich in seinem Zimmer<br />

fürs Frühstück fertigzumachen. Vor dem<br />

Speiseraum hat sich schon eine beachtliche<br />

Traube gebildet. Zuerst dürfen die Rollstuhlfahrer<br />

ans Buffet. Männer und Frauen mit<br />

amputierten Gliedmaßen sind zu sehen und<br />

Poliopatienten. Die Klinik Raupennest ist eine<br />

Fachklinik für die Nachsorge bei Post-Polio-<br />

Syndrom. Die größte Gruppe im Frühstücksraum<br />

sind Männer und Frauen mit Unterarmstützen<br />

oder Rollatoren. Sie suchen sich<br />

ihr Essen aus und eine Servicekraft bringt es<br />

ihnen an den Platz. Damit keiner zu lange<br />

warten muss, gibt es zwei Essensdurchgänge.<br />

Reginald Grimm ist im zweiten Durchgang,<br />

von 8.15 bis 9 Uhr. Die Auswahl ist<br />

groß: frische Brötchen, Brot und Knäcke,<br />

Wurst, Käse, Quark und Joghurt, dazu Müsli<br />

Fachklinik für<br />

konserva ve Orthopädie<br />

und Sportmedizin<br />

• ambulante/sta onäre Rehabilitaon<br />

und Anschlussbehandlung<br />

• berufsgenossenscha liche sta onäre/<br />

ambulante Weiterbehandlung<br />

• ambulante/sta onäre Vorsorge- sowie<br />

Prävenonsmaßnahmen<br />

• ambulante physiotherapeusche Leistungen<br />

• zahlreiche Gesundheitsangebote mit<br />

Übernachtung<br />

• Behandlung in einem Zentrum für<br />

Tradionelle Chinesische Medizin<br />

und Osteopathie<br />

• Mitaufnahme von Begleitpersonen<br />

• weitläufige Bäderlandscha mit Sauna<br />

NEU: Sportmedizin<br />

Sprechstunde – Vorsorge – Leistungsdiagnos k<br />

Johannesbad Raupennest GmbH & Co. KG │ Rehefelder Straße 18 │ 01773 Altenberg │ Tel.: +49 35056 30-0 │ www.raupennest.de<br />

<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />

49


und Obst. Schilder informieren über die<br />

Kalorien pro Portion, über Inhaltsstoffe und<br />

eventuelle Allergieauslöser. Reginald Grimm<br />

bekommt Normalkost, denn er hat kein<br />

Übergewicht. Eine Ernährungsberaterin<br />

berät andere Patienten bei der Auswahl.<br />

Sechs Personen – alt und jung – sitzen mit<br />

Reginald Grimm an einem Tisch. Jeder hat<br />

seinen festen Platz. „Doch es reisen ständig<br />

Patienten ab und neue an, da wechseln<br />

unsere Tischnachbarn auch immer mal“, sagt<br />

er. Bisher sei er mit jedem ins Gespräch<br />

gekommen.<br />

Allzu viel Zeit bleibt dafür aber nicht.<br />

9.30 Uhr steht bereits Wassergymnastik auf<br />

seinem Plan. Die Therapie nennt sich Hüftgruppe.<br />

„Hüftoperierte dürfen ihr Gelenk<br />

nicht verdrehen. Brustschwimmen ist<br />

deshalb wegen der Beinbewegung tabu“,<br />

sagt Physiotherapeutin Anke Riesing. Durch<br />

den Auftrieb des Wassers fiele es den<br />

Patienten aber leichter, sich zu bewegen. Ziel<br />

sei es, die Muskulatur, die bei der OP gelitten<br />

hat, wieder aufzubauen. „Muskeln sind ein<br />

wichtiger Halt fürs neue Gelenk“, so Riesing.<br />

Reginald Grimm freut sich aufs Wasser. „So<br />

oft es geht, nutze ich die herrliche Bäderlandschaft“,<br />

sagt er. Auch außerplanmäßig,<br />

wenn gerade mal keine Therapie auf seinem<br />

Plan steht, trainiert er. „Wir freuen uns, wenn<br />

Patienten aktiv an ihrer Genesung mitarbeiten“,<br />

sagt Dr. Friedemann Steinfeldt,<br />

Chefarzt der Rehaklinik. Doch viele könnten<br />

das nicht mehr so gut. „Wir haben immer<br />

mehr sehr alte und multimorbide Patienten.<br />

Das verzögert den Heilungsfortschritt, zum<br />

Beispiel nach Oberschenkelhalsfrakturen“, so<br />

Steinfeldt. Zwischen Wassergymnastik und<br />

Gerätetraining liegt eine gute halbe Stunde.<br />

Abtrocknen, Sportkleidung an, und schon<br />

geht es zur nächsten Therapie. Fahrradergometer,<br />

Beinpresse, Kniebeuger und<br />

Übungen an der Sprossenwand – die<br />

45 Minuten Krafttraining bringen den 55-Jährigen<br />

ins Schwitzen. Wenn er aber an seine<br />

Anfänge vor drei Wochen zurückdenkt,<br />

merkt er, dass er schon viel geschafft hat.<br />

Reginald Grimm hat zwei Verlängerungswochen<br />

von der Rentenversicherung genehmigt<br />

bekommen. „Bei ärztlicher Begründung<br />

bewilligen die Kostenträger das meist, damit<br />

die Patienten anschließend wieder in den<br />

Beruf zurückkönnen“, sagt Dr. Steinfeldt. „Die<br />

Verlängerung habe ich gerne angenommen“,<br />

sagt Grimm. Ein bisschen Heimweh habe er<br />

schon, war sechs Wochen lang nicht mehr zu<br />

Hause. „Aber ich habe ja ein Ziel vor Augen:<br />

Ich möchte unbedingt wieder ohne Einschränkungen<br />

in den Beruf zurück. Schmerzen<br />

habe ich seit dem OP-Tag gar nicht<br />

mehr“, sagt er. 12.30 Uhr gibt es Mittagessen.<br />

Drei Gerichte stehen zur Wahl. Dienstags<br />

ist Suppentag: Erbseneintopf und<br />

Möhrensuppe. Wer keine Suppe mag, kann<br />

Salat mit Ofenkartoffel wählen. Einmal in der<br />

Woche gibt es einen Aktionstag, zum Beispiel<br />

italienische oder französische Küche, auch<br />

mal vegetarisch oder vegan. Allzu viel essen<br />

möchte Reginald Grimm aber nicht. Denn<br />

eine Stunde später steht schon wieder<br />

Krankengymnastik an. Am Gehbarren<br />

trainiert er auf einem Wackelbrett das<br />

Gleich gewicht. Die Übung ist schwierig, aber<br />

sehr wichtig für die Zeit nach der Reha. Es<br />

folgt die Gehschule, in der er sich auf unterschiedlichen<br />

Untergründen fortbewegen<br />

muss – auf Unterarmstützen, denn die wird<br />

er noch weitere sieben Wochen brauchen.<br />

Erst zwölf Wochen nach der OP darf das<br />

Gelenk voll belastet werden. Mit Sport geht<br />

es auch im Anschluss weiter. Die Hüftgruppe<br />

trifft sich diesmal im Sportraum, „leider nicht<br />

im Wasser“. Es ist 17.30 Uhr. An der Rezeption<br />

erhält Grimm noch den Plan für den<br />

nächsten Tag. Bis zum Abendessen will er<br />

noch duschen, E-Mails checken und mit<br />

seiner Frau skypen. Beim Abendessen geht<br />

es ruhiger zu als am Mittag. Der Tag hat bei<br />

allen seine Spuren hinterlassen. Ein paar<br />

Runden Rommé gehen trotzdem, bevor es<br />

morgen früh wieder zeitig los geht.<br />

50 <strong>REHA</strong> KOMPASS


GELÄHMT VOR ANGST<br />

DIE PSYCHOSOMATISCHE <strong>REHA</strong> – SCHON JUNGE MENSCHEN LEIDEN<br />

AN DEPRESSION UND ÜBERFORDERUNG. IN CHEMNITZ WERDEN SIE<br />

NACH EINEM OFFENEN KONZEPT BEHANDELT.<br />

Fotos (2): Ronald Bonß<br />

Der Blick ins Grüne beruhigt. Sandy ist so oft es geht an diesem Teich<br />

im Kurpark der Rehaklinik Carolabad in Chemnitz.<br />

VON STEPHANIE WESELY<br />

Sandy aus Burgstädt plagten immer wieder<br />

Panikattacken. Sie ergriffen so sehr Besitz<br />

von der jungen Mutter, dass sie ihren Beruf<br />

und ihren Alltag kaum noch meistern konnte.<br />

„Im Mai kam der Tiefpunkt. Ich war zeitweise<br />

gelähmt, konnte mich nicht bewegen, kaum<br />

sprechen“, sagt sie. Vier Ärzte hatte sie aufgesucht,<br />

keiner fand organische Ursachen.<br />

Heute weiß die 37-Jährige, dass diese<br />

Anzeichen zu ihrer Angsterkrankung<br />

gehören. Sie fürchtet sich extrem vor Krankheit,<br />

auch leichte körperliche Symptome<br />

verursachen zum Teil Todesängste. Hinzu<br />

kommt eine ausgeprägte Höhenangst.<br />

Diesen Ängsten will sie sich jetzt in der Reha<br />

stellen. Die Klinik Carolabad Chemnitz ist<br />

eine gute Adresse dafür. Inmitten von Feldern,<br />

am Rande des Rabensteiner Waldes,<br />

kann die Seele zur Ruhe kommen. Seit mehr<br />

als 40 Jahren werden hier psychosomatische<br />

Beschwerden behandelt. „Verschlossene<br />

Türen, wie es manche Patienten aus ihrer<br />

vorherigen Akutbehandlung kennen, gibt es<br />

bei uns mit Ausnahme der Nachtstunden<br />

nicht“, sagt Chefärztin Dr. Johanna Kunze.<br />

„Wir sind ein offenes Haus ohne das klassische<br />

Konzept einzelner Stationen.“ Das ist<br />

schon beim Betreten der lichtdurchfluteten<br />

Eingangshalle spürbar. In den vielen<br />

Sitzecken treffen sich Besucher und<br />

Patienten, schwatzen oder trinken Kaffee.<br />

Eine Gruppe Frauen in Bademänteln kommt<br />

aus dem Bad. Aus der benachbarten<br />

Sporthalle klingt Musik.<br />

52 <strong>REHA</strong> KOMPASS


DIE DIAGNOSEN: Der Bedarf an psychosomatischer<br />

Rehabilitation steigt ständig.<br />

Nutzten sie 2005 in Sachsen knapp<br />

8.400 Patienten, hat sich die Zahl aktuell auf<br />

rund 14.000 fast verdoppelt. Damit ist die<br />

Psyche nach der Orthopädie die zweithäufigste<br />

Indikation für eine stationäre Reha. Zehn<br />

Rehakliniken mit psychosomatischem Schwerpunkt<br />

gibt es derzeit in Sachsen. Bundesweit<br />

wurden 2016 fast 260 000 Patienten in der<br />

stationären Reha behandelt. Die Hälfte leidet<br />

an Depressionen, Burnout und Angststörungen.<br />

Eine große Gruppe sind auch die bipolar<br />

Erkrankten – bei ihnen wechseln sich<br />

depressive und manische Phasen ab.<br />

Schwerpunkt und Alleinstellungsmerkmal der<br />

Klinik Carolabad ist die Behandlung psychischer<br />

Erkrankungen in der Schwangerschaft<br />

und nach der Geburt. Das können Probleme<br />

nach einer traumatischen Geburt oder<br />

Bindungsstörungen zwischen Mutter und<br />

Kind sein. Die Psyche sorgt oft auch für<br />

körperliche Beschwerden, etwa Schmerzen,<br />

Schlafstörungen oder Tinnitus. „Das passiert<br />

zum Beispiel nach Mobbingerfahrungen.<br />

Dafür gibt es bei uns spezielle Konzepte“,<br />

sagt Chefärztin Kunze.<br />

DIE PATIENTEN: Die Psychosomatik ist der<br />

Fachbereich in der Reha mit den jüngsten<br />

Patienten. Im Schnitt sind sie unter 50 Jahre<br />

alt. „Die Gruppe der Mittzwanziger wird aber<br />

immer größer“, sagt Johanna Kunze. Viele von<br />

ihnen hätten im Beruf noch gar nicht Fuß<br />

gefasst, sind überfordert von den vielen Angeboten,<br />

Ausbildungsrichtungen und möglichen<br />

Abschlüssen. „Man lässt sich heute häufig<br />

mehr Zeit für die Berufswahl, die eigenen<br />

Befindlichkeiten haben einen höheren Stellenwert.<br />

Von Jahr zu Jahr nehme dann das<br />

Vertrauen in das eigene Leistungsvermögen<br />

ab, Versagens- und Zukunftsängste kommen<br />

hinzu. Um überhaupt erwerbstätig zu werden,<br />

brauchten sie zunächst eine geschützte<br />

Ausbildung, Bewerbungstraining, Konzentrationsübungen<br />

und Zuspruch. Zugenommen<br />

Dr. Johanna Kunze<br />

Celenus-Klinik Carolabad<br />

Chemnitz<br />

Die Chefärztin der Reha-Klinik<br />

Carolabad wollte eigentlich<br />

Chirurgin werden und etwas<br />

„medizinisch Handfestes“ tun.<br />

Während des Medizinstudiums<br />

jedoch absolvierte sie ein<br />

Praktikum in einer psychiatrischen<br />

Klinik in Wien und fand Interesse an den<br />

Geheimnissen des Gehirns. Als Oberärztin für Psychiatrie<br />

war sie zuvor in der Uniklinik Dresden, im Klinikum<br />

Potsdam und in der Rehaklinik Carolabad tätig. Die Reha<br />

habe für sie den Vorteil, dass sie nicht mehr nur den<br />

eingeschränkten Blick des Akutarztes auf die Krankheit<br />

habe, sondern den Menschen als Ganzes sehe und ihm<br />

helfen könne, sein Leben zu planen. Die 45-Jährige ist<br />

verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Dresden.<br />

habe auch die Zahl der Männer, die eine Reha<br />

in Anspruch nehmen. Der Rentenversicherung<br />

zufolge beträgt das Verhältnis Männer zu<br />

Frauen 4:5. Vor zehn Jahren lag es bei 3:5.<br />

Im Carolabad gehöre etwa ein Drittel der<br />

Patienten zum „starken Geschlecht“, wobei<br />

gerade die Abkehr von diesem falschen Rollenbild<br />

dazu beigetragen habe, dass sich jetzt<br />

auch Männer in psychischen Notlagen Hilfe<br />

suchen. Hinzu komme, dass die Diagnose<br />

„Burnout“ gesellschaftlich anerkannt sei und<br />

sich mehr Betroffene trauen, zum Arzt oder<br />

Therapeuten zu gehen. „Ein Teil unserer<br />

Patienten ist aber auch sehr schwer psychisch<br />

krank. Diese Frauen und Männer leiden<br />

möglicherweise dauerhaft an Beeinträchtigungen<br />

der Denkleistung, an Umstellungs- und<br />

Anpassungsproblemen oder an Wahrnehmungsstörungen.<br />

Manche haben sogar<br />

Suizidgedanken.“ Sie brauchen Stabilisierung.<br />

Doch selbst für so schwer Betroffene biete<br />

sich das offene Konzept der Klinik an. „Wir<br />

geben den Patienten so viel Freiheit wie<br />

möglich, sie müssen sich aber an bestimmte<br />

Regeln halten.“ Dazu gehöre es, die Therapie-<br />

<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />

53


stunden diszipliniert wahrzunehmen und<br />

alles in Rücksprache mit den Therapeuten zu<br />

tun. „Morgens beim Betreten des Frühstücksraumes<br />

loggen sie sich in unser Anwesenheitssystem<br />

ein. Dann wissen wir, dass sie<br />

aufgestanden sind und es ihnen soweit gut<br />

geht“, sagt die Chefärztin. Haben sie sich bis<br />

zu einer bestimmten Zeit nicht registriert,<br />

sucht das Pflegepersonal die Patienten auf.<br />

„Gerade bei schweren Depressionen fehlt<br />

vielen der Antrieb, ihnen fällt es schwer, pünktlich<br />

aufzustehen.“ Wer das Haus verlassen<br />

will, trägt sich in Abstimmung mit dem Therapeuten<br />

in eine Liste ein. Viel Freiraum für<br />

einen selbstbestimmten Aufenthalt, doch<br />

genug Bindung für eine erfolgreiche Therapie.<br />

DIE THERAPIEN: Die Rentenversicherung<br />

stellt klare Forderungen an die Therapiedichte.<br />

Jeder Patient soll vier bis sechs Einheiten<br />

täglich absolvieren – 22 pro Woche.<br />

Die wöchentliche Therapiezeit ist dabei auf 20<br />

bis 25 Stunden festgelegt und soll ärztliche,<br />

psychotherapeutische, ergotherapeutische,<br />

körperlichaktivierende und entspannende<br />

Teile enthalten. Die therapiefreie Zeit muss<br />

der Umsetzung des Gelernten dienen, zum<br />

Beispiel bei gemeinsamen Freizeitaktivitäten.<br />

In der Klinik Carolabad erfolgt die psychotherapeutische<br />

Arbeit imeist in Gruppentherapien,<br />

aber auch in Einzelgesprächen mit<br />

dem jeweiligen Bezugstherapeuten. „Im Aufnahmegespräch<br />

wird ermittelt, wo der Patient<br />

gerade steht, ob er zum Beispiel Trauer oder<br />

eine Trennung durchmacht“, sagt die Chefärztin.<br />

„Nicht die Diagnose, sondern die<br />

aktuelle Problematik bestimmt die Art der<br />

Behandlung.“ Trotz Vorgaben der Rentenversicherung<br />

gebe es in der Chemnitzer Klinik<br />

kein Pflichtprogramm. Über alle Therapien<br />

dürfe der Patient mitentscheiden. „Denn<br />

wenn er etwas nicht möchte, hat es auch<br />

keinen Erfolg. Lehnt ein Patient aber alles ab,<br />

ist es an uns, ihm Kompromissangebote zu<br />

machen“, sagt Johanna Kunze. So hätten<br />

manche Patienten, insbesondere solche mit<br />

Mobbingerfahrung, Angst vor einer Gruppentherapie.<br />

Sie bekämen dann häufigere<br />

Einzelgesprächsangebote, und es wird<br />

versucht, sie Schritt für Schritt an eine Gruppe<br />

zu gewöhnen. „Gruppen entwickeln nämlich<br />

eine ganz eigene Dynamik. Hier sitzen Gleichbetroffene<br />

zusammen, die sich motivieren<br />

und einander verstehen.“ In diesem geschützten<br />

Rahmen lernen sie, Kritik auszuhalten und<br />

Lob anzunehmen. Die Gruppe sei unersetzlich.<br />

Bei der klassischen Depression steht die<br />

Aktivierung im Mittelpunkt. Dazu gibt es<br />

vielfältigste Sportangebote. Die Patienten<br />

haben sich vorher meist lange isoliert, sie<br />

brauchen wieder Kontakt und den Austausch<br />

mit anderen. Wer eher ruhig veranlagt ist,<br />

fände über Yoga und Tai-Chi den Zugang zu<br />

Sportarten mit mehr Power. „Um Kontakte zu<br />

fördern, motivieren wir Patienten zur Teilnahme<br />

an Ausfahrten und Wanderungen in<br />

der therapiefreien Zeit“, so Kunze.<br />

DIE THERAPIEDAUER: Für eine psychotherapeutische<br />

Reha reichen drei Wochen<br />

nicht aus. „Durchschnittlich fünf Wochen sind<br />

die Patienten hier“, sagt Johanna Kunze. Etwa<br />

20 Prozent brauchen trotzdem noch eine<br />

Verlängerung, die vom Rentenversicherer in<br />

der Regel auch bewilligt wird.<br />

DER HEILERFOLG: Ob sich ein Patient<br />

zutraut, den Alltag wieder zu meistern, kann<br />

der Chefärztin zufolge nur er selbst<br />

beurteilen. Zu Beginn und am Ende der<br />

Reha würden Untersuchungen und Leistungseinschätzungen<br />

vorgenommen, die<br />

dann miteinander verglichen werden. Auch<br />

das persönliche Therapieziel sei entscheidend.<br />

„Manche wollen wieder arbeiten,<br />

andere eine Ausbildung aufnehmen oder<br />

auch nur stabiler für die Aufgaben zu Hause<br />

sein. „Die Patienten sind oft mindestens ein<br />

Jahr aus dem Arbeitsprozess heraus.<br />

Ein Neuanfang macht Angst.“ 80 Prozent<br />

nutzen das intensivierte Nachsorgeprogramm<br />

an der Klinik, wenn sie in der Nähe<br />

54 <strong>REHA</strong> KOMPASS


Foto: iStockphoto.com, © Witthaya Prasongsin<br />

wohnen. Dafür gibt es 25 Gruppengesprächstermine<br />

und zusätzlich ein Aufnahme-<br />

und Entlassungsgespräch.<br />

DIE QUALITÄT: Für den Qualitätsbericht<br />

„Psychosomatik und Sucht 2017“ wurden<br />

deutschlandweit mehr als 5 600 Entlassungsberichte<br />

und Therapiepläne durch speziell<br />

geschulte Chef- und Oberärzte der Psychosomatik<br />

geprüft und mit Punkten bewertet.<br />

Die höchstmögliche Punktzahl liegt bei 100.<br />

Deutschlandweit wurden im Schnitt 74<br />

Punkte erreicht. Bei drei Viertel der Kliniken<br />

stellten die Prüfer keine oder nur leichte Mängel<br />

fest. Die Rentenversicherung befragt<br />

außerdem Rehabilitanden zu ihrem Therapieerfolg<br />

und zur Qualität der Reha. Zwischen<br />

61 und 75 Prozent liegen die Zufriedenheitswerte<br />

in Sachsen. Diese Berichte sind<br />

Bestandteil der Qualitätszirkel, die in der<br />

Klinik Carolabad wöchentlich stattfinden. „Wir<br />

bieten außerdem ein Beschwerdemanagement<br />

an, bei dem sich Patienten direkt an die<br />

Klinikleitung wenden können oder auch anonym<br />

Wünsche und Anregungen einreichen<br />

können“, sagt Anke Fritz, Klinikdirektorin im<br />

Carolabad. „Bei unserer internen Patientenbefragung<br />

wurde der Reha-Aufenthalt durchschnittlich<br />

mit der Note 1,8 bewertet, besser<br />

als durch die Rentenversicherung mit 2,0“.<br />

WARTEZEITEN: Innerhalb der sechs Monate,<br />

die ein Patient Zeit hat, eine ärztlich verordnete<br />

Reha anzutreten, gelinge es den meisten,<br />

einen Platz zu bekommen, so Anke Fritz. Längere<br />

Wartezeiten gibt es aber, wenn Patienten<br />

ihren Hund mitbringen wollen. „Dieses Angebot<br />

der Klinik ist sehr begehrt. Denn viele<br />

wollen sich in den Therapiewochen nicht von<br />

ihrem geliebten Tier trennen. Zudem entwickeln<br />

sich über das Tier wieder Kontakte zu<br />

anderen. Der Hund hat also einen zusätzlichen<br />

therapeutischen Effekt“, sagt die Chefärztin.<br />

Nach fünf Wochen Reha in der Klinik<br />

Carolabad Chemnitz hat auch Sandy langsam<br />

das Gefühl, wieder zu gesunden. Die junge<br />

Frau hat sich für eine tagesklinische Behandlung<br />

entschieden, um nicht von ihren kleinen<br />

Kindern getrennt zu sein. Sie geht morgens in<br />

die Klinik und ist am Nachmittag wieder zu<br />

Hause. „In intensiven Einzelgesprächen habe<br />

ich gelernt, dass Angst etwas Normales ist.<br />

Und vor allem, dass sie auch wieder vergeht,<br />

dass sie nicht lebensbedrohlich ist.“ Das hat<br />

Sandy in der Konfrontationstherapie Schritt<br />

für Schritt gelernt. „Ich bin mit meiner Therapeutin<br />

sogar auf einen Turm gestiegen und<br />

konnte hinunter sehen. Wenn ich diese Angst<br />

besiege, wird mir das auch mit meiner Krankheitsangst<br />

gelingen“, sagt sie – und arbeitet<br />

weiter intensiv daran.<br />

<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />

55


» ICH SPÜRE<br />

KEINEN HUNGER «<br />

KINDER- UND JUGEND-<strong>REHA</strong> – DIE ZAHL DER JUNGEN <strong>REHA</strong>-<br />

PATIENTEN IST STARK GESTIEGEN. IN BAD GOTTLEUBA BEKOMMEN<br />

SIE KLARE ZIELVORGABEN.<br />

Fotos (2) Ronald Bonß<br />

Henrik Marten wiegt mit seinen 18 Jahren nicht mal 50 Kilo. Eine vierwöchige Reha in der<br />

Kinder- und Jugendklinik in Bad Gottleuba sollte ihm beim Umgang mit der Krankheit helfen.<br />

VON STEFFEN KLAMETH<br />

Henrik Marten ist 18 Jahre alt und und ein<br />

ziemlich schmächtiges Bürschchen: 1,65 Meter<br />

klein, 48,5 Kilo leicht. „Andere beneiden mich<br />

dafür“, sagt er. Und dass er gern größer,<br />

schwerer, kräftiger wäre. Doch zwischen<br />

Wunsch und Wirklichkeit steht ein Problem:<br />

„Ich spüre einfach keinen Hunger.“ Essen ist<br />

für ihn kein Vergnügen, im Gegenteil. Schon<br />

bei dem Gedanken daran habe er manchmal<br />

das Gefühl, sich übergeben zu müssen. Und<br />

oft sei ihm schon am Morgen so übel, dass er<br />

es nicht zur Schule schafft. „Dort glaubte man,<br />

ich will nur schwänzen“, erzählt er. Auch viele<br />

Ärzte hätten ihn nicht ernst genommen,<br />

sodass er mehrmals den Hausarzt wechselte.<br />

Erst habe man eine Fructoseintoleranz festgestellt,<br />

dann wurde Weizen vom Speiseplan<br />

gestrichen. Dazu kommt noch ein Zwerchfelldurchbruch.<br />

Auf Anraten seiner Mutter<br />

entschloss er sich schließlich zu einer Reha:<br />

„Einen Versuch war es wert.“ Vier Wochen<br />

verbrachte der junge Mann aus dem<br />

brandenburgischen Stahnsdorf in der Kinderund<br />

Jugendklinik in Bad Gottleuba.<br />

DIE KLINIK: Ein großer Park, darin weit<br />

verstreut drei Dutzend Gebäude: Wer zum<br />

ersten Mal das Klinikgelände in Bad Gottleuba<br />

betritt, kann schnell mal die Orientierung<br />

verlieren. Und außer Puste geraten, denn die<br />

Anlage klebt förmlich an einem steilen Hang.<br />

1913 wurde sie als erste Arbeiterheilstätte<br />

56 <strong>REHA</strong> KOMPASS


Deutschlands eröffnet. In der DDR war sie das<br />

erste Kliniksanatorium. Nach der Wende ging<br />

sie in den Besitz der Landesversicherungsanstalt<br />

Sachsen über. Seit über drei Jahren ist<br />

die Liegenschaft an den Median-Konzern<br />

verpachtet. Der betreibt hier insgesamt sechs<br />

Fachkliniken – darunter auch die Klinik für<br />

Kinder und Jugendliche.<br />

DIE DIAGNOSEN: Wenn Kinder krank<br />

werden, dann ist das in den meisten Fällen<br />

schnell auskuriert. Doch auch im jungen Alter<br />

– und manchmal bereits mit der Geburt –<br />

können Krankheiten auftreten, die das Leben<br />

über einen längeren Zeitraum oder gar<br />

dauer haft beeinträchtigen. Eine frühzeitige<br />

Reha bietet die Chance, dass die Betroffenen<br />

künftig einen Beruf erlernen und selbstständig<br />

ihr Leben gestalten können. Seit 2017<br />

sind Reha-Maßnahmen für Kinder und<br />

Jugendliche eine Pflichtleistung der Rentenversicherung.<br />

Im gleichen Jahr stieg die Zahl<br />

der jungen Reha-Patienten auf rund 35 000<br />

– so viele wie noch nie. Häufigste Gründe<br />

waren Asthma bronchiale und andere<br />

Atemwegserkrankungen, Hautkrankheiten,<br />

Adipositas sowie psychische und Verhaltensstörungen.<br />

Daneben werden unter anderem<br />

auch Krebserkrankungen, Diabetes und<br />

Immundefekte in einer Reha behandelt.<br />

DIE KLINIKEN: In Sachsen haben sich vier<br />

Reha-Kliniken auf die Behandlung junger<br />

Patienten spezialisiert. Sie decken allerdings<br />

nicht alle Krankheiten ab. „Bei Erkrankungen<br />

der Atemwege werden die jungen Patienten<br />

beispielsweise in Thüringen und Sachsen-<br />

Anhalt, aber auch in anderen Bundesländern<br />

behandelt“, sagt Dr. Ursula Wächter<br />

von der Deutschen Rentenversicherung<br />

Mitteldeutschland.<br />

Dr. Milan Meder<br />

Median-Klinik Bad Gottleuba<br />

Der 44-Jährige ist seit acht<br />

Jahren Chefarzt der<br />

Median-Klinik für Kinder und<br />

Jugendliche in Bad Gottleuba.<br />

Seine Ausbildung zum Facharzt<br />

für Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />

und -psychotherapie<br />

sowie Sozialmedizin<br />

absolvierte er in Freiburg. Danach arbeitete er in einem<br />

christlichen Kinderkrankenhaus. Er hat auch ein Jahr in<br />

Russland gelebt und spricht fließend Russisch.<br />

DIE PATIENTEN: Die Altersspanne in der<br />

Kinder- und Jugend-Reha ist weit gefasst. In<br />

der Median-Klinik Bad Gottleuba werden nach<br />

Auskunft von Chefarzt Dr. Milan Meder<br />

Patienten im Alter von 2 bis 22 Jahren behandelt.<br />

Die Mehrzahl sei zwischen acht und<br />

15 Jahren alt, wobei die Geschlechter gleich<br />

stark vertreten sind. Der Schwerpunkt liege<br />

auf psychischen und Verhaltensstörungen,<br />

Anpassungs- und Essstörungen, Sprach- und<br />

Sprechstörungen, Hyperaktivität und Konzentrationsschwäche,<br />

Einnässen und Einkoten<br />

ohne körperliche Ursache sowie auf Störungen<br />

des Sozialverhaltens. „Manche haben<br />

schon eine Heimkarriere oder ein Dutzend<br />

Psychiatrieaufenthalte hinter sich“, sagt<br />

Meder. Eine Besonderheit in Bad Gottleuba<br />

ist die Familienklinik: Hier sind Kinder und<br />

Eltern gemeinsam untergebracht – entweder<br />

als Begleitperson oder beiderseits als<br />

Patienten. Die Kinder und der Elternteil –<br />

manchmal auch Oma oder Opa – erhalten<br />

dann unabhängig voneinander eine Therapie.<br />

„Der Schwerpunkt liegt auf psychotherapeutischer<br />

Arbeit“, erklärt der Chefarzt.<br />

DIE THERAPIE: Ohne konkretes Ziel kein<br />

Erfolg: Was für die Reha ganz allgemein gilt,<br />

habe bei jungen Menschen ganz besondere<br />

Bedeutung, erklärt Dr. Meder: „Kinder und<br />

Jugendliche brauchen eine klare Zielsetzung.“<br />

Deshalb werden zu Beginn zahlreiche<br />

Gespräche geführt – mit Ärzten, Pädagogen,<br />

Psychologen. Auf dieser Grundlage erarbeiten<br />

die Fachleute einen individuellen Therapieplan<br />

für jeden Patienten. Bei Kindern mit<br />

<strong>REHA</strong> KOMPASS<br />

57


Übergewicht – der Extremfall war ein<br />

elfjähriges Mädchen, das 150 Kilo wog –<br />

stehen etwa viel Bewegung und Ernährungsberatung<br />

im Mittelpunkt. Bei Patienten mit<br />

psychischen Diagnosen ist die Gruppentherapie<br />

ein fester Bestandteil. Dabei gehe<br />

es unter anderem darum, sie „aus der<br />

chemischen Zwangsjacke zu befreien“. Das<br />

heißt: weniger Medikamente, mehr emotionale<br />

Fähigkeiten. „Meist haben wir es mit<br />

gestörten Eltern-Kind-Beziehungen zu tun“,<br />

sagt Meder. „Dem Therapeuten kommt dann<br />

die Rolle des hilfreichen Dritten zu.“ Das erfordere<br />

auch einen kritischeren Umgang mit den<br />

Eltern – bis hin zur Empfehlung einer<br />

vollstationären Jugendhilfemaßnahme.<br />

DER TAGESABLAUF: In Bad Gottleuba<br />

werden die jungen Patienten 6.30 Uhr<br />

geweckt, 7.15 Uhr gibt es Frühstück. Daran<br />

schließen sich der (verkürzte) Unterricht in<br />

der klinikeigenen Schule sowie Therapien –<br />

zum Beispiel in der Gruppe oder Schwimmen<br />

– an. Nachmittags steht noch mal Unterricht<br />

auf dem Plan, ebenso Sport oder Gruppenaktivitäten.<br />

Regelmäßige Mahlzeiten sind ein<br />

wesentlicher Baustein der Therapie. Nach<br />

dem Abendbrot haben die jungen Leute<br />

Freizeit, die Nachtruhe ist altersabhängig.<br />

Am Wochenende können die Patienten<br />

ausschlafen, sonnabends werden Exkursionen<br />

angeboten, sonntags ist der Besuch<br />

der Schwimmhalle möglich.<br />

DIE THERAPIEDAUER: Eine Kinderund<br />

Jugend-Reha dauert in der Regel<br />

sechs Wochen. „In Ausnahmefällen kann sie<br />

auch auf bis zu zwölf Wochen verlängert<br />

werden“, erklärt Dr. Meder.<br />

DER ANTRAG: Die Initiative für eine Kinderund<br />

Jugend-Reha geht meist vom Haus- oder<br />

Kinderarzt aus – häufig im Zusammenhang<br />

mit einer Vorsorgeuntersuchung. Den Antrag<br />

müssen allerdings die Eltern stellen. In den<br />

allermeisten Fällen ist dafür die Deutsche<br />

Rentenversicherung zuständig. Die hundert<br />

Plätze der Kinder- und Jugendklinik in Bad<br />

Gottleuba sind begehrt. „Patienten, die allein<br />

anreisen, warten im Schnitt drei Monate“, sagt<br />

der Chefarzt. In der Familienklinik könne sich<br />

die Wartezeit auf ein halbes Jahr verlängern.<br />

Seit vergangenem Jahr haben Kinder bis zum<br />

zwölften Lebensjahr Anspruch auf die Begleitung<br />

durch Familienangehörige, und zwar<br />

unabhängig von der Schwere der Erkrankung.<br />

Bisher war das nur bis zum zehnten Lebensjahr<br />

möglich. Auf Antrag zahlt die Rentenversicherung<br />

dann nicht nur für Unterkunft und<br />

Verpflegung, sondern auch für den Verdienstausfall.<br />

Das Flexirentengesetz hat auch die<br />

vierjährige Wartefrist für die Wiederholung<br />

einer Kinder- und Jugend-Reha abgeschafft.<br />

„Eine erneute Behandlung ist jetzt in<br />

deutlich kürzeren Abständen möglich“, erklärt<br />

die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland.<br />

DER THERAPIEERFOLG: „Wir garantieren für<br />

einen maximalen Therapieerfolg“, sagt<br />

Dr. Meder. Maßstab sei dabei das individuelle<br />

Ziel. Bei übergewichtigen Patienten liege der<br />

Gewichtsverlust im Schnitt bei einem bis<br />

anderthalb Kilo pro Woche. Bei ADHS-<br />

Patienten gehe es darum, die Medikamente<br />

zu reduzieren oder ganz abzusetzen. Der<br />

Mediziner berichtet von einem 16-jährigen<br />

Mädchen, das die Reha mit einer hochdosierten<br />

Ritalin-Verordnung antrat – und<br />

nach der sechswöchigen Therapie regelrecht<br />

befreit wirkte. Voraussetzung für den Erfolg<br />

sei aber auch die Motivation der Patienten.<br />

Wer in den ersten sieben Tagen keinen Willen<br />

zeige oder sich nicht in die Gruppe einordne,<br />

müsse die Reha abbrechen. Dies geschehe<br />

allerdings sehr selten. Der 18-jährige Henrik<br />

Marten wollte das Beste aus der Reha<br />

machen. Er experimentierte mit Lebensmitteln,<br />

ging viel Schwimmen und abends in<br />

den Fitnessraum. „Ich wollte meine Ernährung<br />

optimieren und fitter werden“, erzählt er.<br />

Und er fuhr mit mehr Elan nach Hause, denn<br />

er hatte erkannt: „Ich bin meines Glückes<br />

eigener Schmied.“<br />

58 <strong>REHA</strong> KOMPASS


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Telefon: 035206 6-3302<br />

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Rehabilitationsklinik für Säuglinge,<br />

Kinder, Jugendliche und<br />

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Zscheckwitz 1-3 | 01731 Kreischa<br />

Telefon: 035206 5-5304<br />

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www.klinik-bavaria.de<br />

zscheckwitz.klinik-bavaria.de<br />

⋅ Medizinisch-Berufsorientierte<br />

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