SOCIETY 375
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<strong>SOCIETY</strong><br />
Wer war Maximilian?<br />
Der Künstler Maximilian Otte liebt das Spiel mit<br />
Ikonen, in seinem neuesten Werk widmete er<br />
sich dem Habsburgerregenten Maximilian I.<br />
Fotos: Kolja Kramer Fine Arts<br />
Seit vielen Jahren beschäftigt den<br />
Künstler außergewöhnliche Schönheit<br />
mit starkem Charakter in opulentem<br />
Umfeld und glänzender Staffage. Ob es<br />
blinkende Accessoires, Schmuckstücke<br />
oder andere glamouröse Gegenstände<br />
an schönen Körpern von bekannten<br />
Charakteren sind, Maximilian<br />
Ottes Welten brillieren im glitzerndem<br />
Umfeld des Augenblicks.<br />
Vieles beginnt bei Maximilian Otte<br />
zunächst mit einem glücklich unreflektierten<br />
„Wow ist das toll, wow<br />
ist das schön!“. Man erhält Zugang<br />
zu seinen bunten Traumwelten durch<br />
temporären, freudigen Eskapismus.<br />
Und so antwortet er selbst auch auf<br />
die Frage, ob er die Darsteller seiner<br />
malerischen Feste auch näher kennenlernen<br />
möchte, mit einem klaren<br />
„Nein“ – der schöne Traum, die Schönheit<br />
der Oberfläche, die Illusion würde<br />
schwinden. In diesem Ästhetizismus<br />
wird der Betrachter aber vielleicht<br />
von der die schöne Illusion störenden<br />
Frage eingeholt, was Traum ist und was<br />
Realität. Wie nähert sich die Realität<br />
dem Traum? Denn irgendetwas scheint<br />
der „edlen Einfalt und stillen Größe“<br />
in seinen Bildern entgegenzustehen.<br />
Man erhält Zugang<br />
zu seinen bunten<br />
Traumwelten durch<br />
temporären, freudigen<br />
Eskapismus.<br />
Und inmitten der so angenehmen<br />
Weltflucht erhält die Frage nach Traum<br />
und Realität plötzlich besondere<br />
Brisanz. Denn wir stellen fest, dass<br />
heute unsere Realitäten zugunsten<br />
eines Traumes digital manipuliert und<br />
körperlich-operativ künstlich verändert<br />
werden, was nicht nur Fragen zur<br />
geschönten Welt, sondern auch zum<br />
Wesen der Schönheit selbst aufwirft.<br />
Die Künstlichkeit seiner so sorgfältig<br />
gemalten und klar konturierten<br />
Figuren beginnt dann zu irritieren, die<br />
Illusionen beginnen zu bröckeln. Nicht<br />
jeder will in der Künstlichkeit Möglichkeiten<br />
finden und einen Moment in<br />
der unreflektiert künstlichen Illusion<br />
verweilen. Mit Maximilian Ottes Kunst<br />
gelingt dieser Genuss vor allem jenen,<br />
die sich der Tragik des vergänglichen<br />
Lebens bewusst sind und dennoch die<br />
vergeblichen Versuche der Menschen<br />
im Schönen leben zu können, mitleidvoll<br />
mitfeiern können – wenigstens für<br />
den Augenblick.<br />
Die Groteske, sowie das gewisse<br />
Augenzwinkern in nahezu all seinen<br />
Bildern, zeigt nicht nur seine Distanz<br />
zu den Dingen, sondern auch, dass bei<br />
Maximilian Otte Teilhabe und völliges<br />
Fallenlassen in die Welt der Schönheit<br />
durch eben diese Überzeichnung<br />
immer doch so weit reduziert ist, wie<br />
es für den wohlreflektierten Künstler<br />
notwendig scheint.<br />
Bis zum Jahr 2018 hat sich der mit<br />
seiner Malerei in der Pop Art Tradition,<br />
stehende Maximilian Otte mit internationalen,<br />
weiblichen Pop-Divas der<br />
Film- und Musikindustrie beschäftigt.<br />
Mit Persönlichkeiten wie Audrey<br />
Hepburn, Pamela Anderson, Madonna,<br />
aber auch Lana Del Rey konfrontiert er<br />
uns mit bekannten Imagebildern, und<br />
somit mit unserer menschlichen Voreingenommenheit<br />
und dem ausbleibenden<br />
Hinterfragen von Images.<br />
2018 beschäftigte Maximilian sich erstmals<br />
mit einer historischen Person aus<br />
der Geschichte des 19. Jahrhunderts:<br />
mit Sissi, der Kaiserin von Österreich<br />
und Königin von Ungarn. Wie Madonna<br />
und Pamela Anderson war auch Sissi<br />
schon zu Lebzeiten nicht nur Kult,-<br />
sondern auch Kunstfigur, deren Person<br />
durch ihr Image nach außen getragen<br />
wurde. Dass Sissi heute wie ein Popstar<br />
und Merchandise-Artikel gehandelt<br />
wird und die Diskrepanz zwischen<br />
Image und Realität zunehmende<br />
Beachtung findet, machte die Auseinandersetzung<br />
mit der Pop-Queen<br />
Sissi für Maximilian Otte besonders<br />
spannend.<br />
Wird in diesem Jahr das Jubiläumsjahr<br />
für Maximilian I., den letzten Ritter<br />
gefeiert, so wird interessant zu sehen<br />
sein, welches Image und welche<br />
Realität durch das Programm des<br />
Erinnerungsjahres transportiert und<br />
wie Maximilian I. an uns 2019 herangetragen<br />
wird. Wer war Maximilian?<br />
Text: Kolja Kramer<br />
KUNST UND KULTUR<br />
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