Berliner Kurier 12.07.2019
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SERIE<br />
DerBoots-Retter<br />
vonGrünheide<br />
WerProbleme mit dem eigenen Kahn hat,kommt an den Pfennigs kaum<br />
vorbei: Seit mehr als einem Jahrhundertgibt es die Bootsbauer-Dynastie.<br />
KURIER besuchte die Traditions-Werft„Franz Pfennig“ an der Löcknitz<br />
Irgendwann hat allesein Ende<br />
–das trifft auf gute und<br />
schlechte Lebensabschnitte<br />
zu. Aber auch auf Boote. Mal ist<br />
es ein Leck, das denHobby-Kapitän<br />
verzweifeln lässt, mal eine<br />
gesprungene Scheibe, mal ein<br />
defekter Motor.Wer nach einer<br />
Werkstatt sucht, in der ein<br />
schwimmender Untersatz verarztet<br />
werden kann, kommt in<br />
Berlin-Brandenburg an einem<br />
Namennicht vorbei: Pfennig.<br />
Grünheide, rund 25 Kilometer<br />
Luftlinie von Berlins Mitte.<br />
Ein großes Grundstück, darauf<br />
mehrere Hallen, es riecht nach<br />
Öl und Holz. Draußen ein Garten,<br />
idyllisch fließt die Löcknitz<br />
vorbei –und auf einem Plastikstuhl<br />
sitzt Frank Pfennig. „Das<br />
ist hier alles noch so wie vor fast<br />
100 Jahren“, sagt er. „Wir dachten<br />
uns: Wir ziehen das durch.“<br />
Der 55-Jährige ist Bootsbauer<br />
in der inzwischen dritten Generation,<br />
führt noch heute das Geschäft,<br />
das sein Großvater<br />
Franz Pfennig einst gründete.<br />
Die Geschichte reicht sogar<br />
weiter zurück: Pfennigs Urgroßvater<br />
betrieb schon im 19.<br />
Jahrhundert eine Werft am<br />
Werlsee, die er an einen seiner<br />
beiden Söhne weitergab. Für<br />
den anderen, Frank Pfennigs<br />
Großvater, wurde eine neue<br />
Werkstatt in Grünheide gezimmert.<br />
„Ab 1918 wurden hier<br />
Boote gebaut, offiziell gegründet<br />
wurde das Unternehmen<br />
1921“, sagt er. Franz Pfennig<br />
starb 1959, seine Frau führte die<br />
Geschäfte weiter, weil Sohnemann<br />
Fredy noch nicht so weit<br />
war. „Er steckte noch in der<br />
Lehre, war nicht fertig“, sagt<br />
Pfennig. Der heimliche Chef<br />
war er dennoch –erführte die<br />
handwerklichen Dinge, seine<br />
Mutter erledigte den Papierkram.<br />
1970 wurde er offiziell<br />
Chef. Im Jahr 2000 gab er das<br />
Geschäft an Frank ab –erführt<br />
die die traditionsreichste Werft<br />
im Raum Berlin weiter.<br />
Pfennig hängt an dem Unternehmen<br />
– schon der Familie<br />
wegen. Die Werkstatt kennt er<br />
seit seiner frühen Kindheit inund<br />
auswendig. „Andere Kinder<br />
waren im Sandkasten oder<br />
spielten Fußball, ich habe Boote<br />
gebaut“, sagt er. „Eigentlich<br />
war ich immer in der Werkstatt,<br />
denn mir machte das<br />
Spaß. Als kleines Kind habe ich<br />
die Dinge natürlich eher verschlimmbessert.“<br />
Er lacht. „Also<br />
alles zerhauen. Aber dann,<br />
mit etwa zwölf Jahren, baute<br />
ich mein erstes Boot.“ Sein Vater<br />
habe ihn immer mitarbeiten<br />
lassen, ihm vieles beigebracht.<br />
„Er hat immer gesagt: Komm,<br />
hier, kannste machen. Aus Arbeit<br />
lernt man, nicht aus der<br />
Lehre.“ Eine Lehre habe er<br />
trotzdem gemacht, natürlich in<br />
der Werkstatt. „Ich habe angefangen<br />
und wusste nichts, aber<br />
wiederum schon ziemlich viel.<br />
Vom ersten Tag an habe ich das<br />
meiste allein gemacht“, sagt er.<br />
Woltersdorf<br />
Erkner<br />
Gosen-<br />
Neu Zittau<br />
1km<br />
A10<br />
Bootsmanufaktur<br />
Pfennig<br />
Grünheide<br />
ODER-SPREE<br />
Spree<br />
Grafik/Hecher