Hotel Interior 2018-19
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18 OBJEKT<br />
OBJEKT <strong>19</strong><br />
links: Im ehemaligen<br />
Telegraphenamt wird<br />
der Gast königlich<br />
empfangen<br />
unten: Akribisch<br />
ausgewählte Details<br />
machen jeden Raum<br />
unverwechselbar<br />
EXPERTENTIPP<br />
THE ROYAL BAVARIAN<br />
DETAIL SCHAFFT<br />
SEELE<br />
Mit einem Blick für Finesse inszeniert<br />
Dreimeta Erlebniswelten. Jeder Raum soll seinen<br />
ganz eigenen Charakter erhalten<br />
Text: Uwe Linke Fotos: Steve Herod, Berlin<br />
Wenn Andrea Kraft-Hammerschall<br />
von ihren Projekten<br />
berichtet, merkt man ihr den<br />
hintergründigen Witz und ihre Liebe<br />
zum Detail an, denn ihre Devise lautet:<br />
„Das <strong>Hotel</strong> soll als Erlebnis an sich in Erinnerung<br />
des Gastes bleiben, nicht nur<br />
der Ort“. Die Innenarchitektin ist schon<br />
seit acht Jahren Teil des zehnköpfigen<br />
Teams der Augsburger Ideenschmiede<br />
Dreimeta. Seit einiger Zeit fungiert sie<br />
dort neben dem Gründer Armin Fischer<br />
als CEO. Kraft-Hammerschall möchte ihren<br />
Projekten eine Seele geben, indem sie<br />
ihre Geschichten erzählt. So erstaunt es<br />
auch nicht, dass bei Kraft-Hammerschall<br />
anders als in den meisten Kettenhotels<br />
üblich die Gästezimmer selten identisch<br />
eingerichtet sind. Natürlich gebe<br />
es Standards, die aufgrund der Kategorie<br />
des Hauses notwendig sind, doch muss<br />
oder besser darf nicht jedes Gastzimmer<br />
gleich aussehen, erklärte sie auf einem<br />
<strong>Hotel</strong>kongress in Hamburg: „Der Gast soll<br />
auch beim nächsten Aufenthalt wieder<br />
Unerwartetes entdecken und auf neue<br />
Erlebnisse gespannt sein dürfen.“<br />
Reise in die Monarchie<br />
Für das Münchner 25hours, welches im<br />
November 2017 eröffnete, wurden statt<br />
rot-weißer Karos und hölzerner Berghütten<br />
im Jodlerstil Elemente aus bayerischen<br />
Sagen und Mythen oder Erinnerungen<br />
an am Ort verehrter Wilderer<br />
verwendet. Das Gebäude selbst wurde<br />
1871 als königliches Telegraphen- und<br />
Oberpostamt errichtet. Die Idee von<br />
Dreimeta war es, ein Grandhotel mit<br />
Augenzwinkern angelehnt an die bayerischen<br />
Könige, vor allem an den sagenumwobenen<br />
Monarchen Ludwig II. zu<br />
schaffen. Der Arbeitstitel des Entwurfs<br />
FACTS<br />
25hours The Royal Bavarian<br />
Bahnhofpl. 1<br />
80335 München<br />
Tel: +49 89 904001255<br />
Architektur<br />
ehemaliges Königliches Telegraphenamt<br />
Baujahr 1871, Neorenaissance<br />
Gestaltung<br />
Dreimeta, Augsburg<br />
Besonderheit:<br />
165 unterschiedlich gestaltete Zimmer,<br />
inspiriert von Mythen und Sagen in Bayern<br />
Andrea<br />
Kraft-<br />
Hammerschall<br />
Innenarchitektin<br />
und CEO bei<br />
Dreimeta<br />
Was macht ein Gästezimmer<br />
gemütlich?<br />
Jedenfalls niemals Weiß. Wir<br />
plädieren zu mehr Mut Farben<br />
einzusetzen und greifen zu warmen,<br />
aber nicht grellen Tönen. Bei<br />
Materialien achten wir auf Natur<br />
und empfehlen Echtholzparkett,<br />
wenn es Holz sein soll. Bevor wir<br />
ein Fake-Material wie Laminat oder<br />
PVC einsetzen, bevorzugen wir andere,<br />
echte Materialien. Unbedingt<br />
sollte man mehrere verschiedene<br />
Lichtquellen in einem Raum einsetzen,<br />
die sich dimmen lassen oder<br />
auf die Tageszeiten eingehen.<br />
„The Royal Bavarian“ blieb am Ende sogar<br />
im Namen des <strong>Hotel</strong>s erhalten. Das<br />
Designteam recherchierte für die Umsetzung<br />
in bayerischen Schlössern. Dabei<br />
sollte es aber nie um eine Kopie gehen,<br />
sondern um eine liebevolle und leicht<br />
überspitzte Inszenierung des Themas.<br />
Daher durfte auch der Schwan nicht<br />
fehlen, als Lieblingstier von Ludwig II.<br />
ein notwendiges Accessoire, das jetzt<br />
in der Suite wohnt. Eine Bibliothek mit<br />
einem alten Grammophon, eine Bar mit<br />
Lichtinstallationen oder ein Absurditätenkabinett<br />
im Aufzug gehören ebenso<br />
zu den gestalterischen Mitteln, die den<br />
Gast im Royal Bavarian nun überraschen.<br />
oben: Das Ambiente ist von bayerischen<br />
Sagen und Geschichten über bekannte<br />
Wilderer inspiriert<br />
Originelles für die Sinne<br />
„Uns geht es immer darum die Identität<br />
des Kunden zu stärken,“ sagt Kraft-Hammerschall<br />
und wer den Aufwand bemerkt,<br />
den ihr Team betreibt, um ein <strong>Hotel</strong>zimmer<br />
in ein Erlebnis zu verwandeln, der<br />
glaubt ihr das auch gerne. Akribisch detailverliebt<br />
sucht sie Ausstattungsgegenstände,<br />
Leuchten und Accessoires von<br />
Flohmärkten und Händlern zusammen.<br />
Wenn sie etwas Originelles sieht, kauft sie<br />
es auch ohne konkrete Idee, doch eines<br />
Tages kommt dann die große Stunde wie<br />
zum Beispiel für alte Straßenleuchten aus<br />
Paris, die zu stilgerechten Leuchten in einer<br />
Bar umgebaut wurden. Das Team bei<br />
Dreimeta setzt auf alle Sinne und versucht<br />
mit Struktur, Duft und Farben ein stimmiges<br />
Farb- und Materialkonzept zu erzielen,<br />
das sich behaglich anfühlt. „Textilien<br />
sind uns wichtig, um Gemütlichkeit zu<br />
erzeugen“, sagt die <strong>Interior</strong>-Expertin, „Wir<br />
wissen, dass einige <strong>Hotel</strong>iers zu viele Stoffe<br />
wegen des Pflegeaufwands vermeiden,<br />
daher denken wir uns kreative Lösungen<br />
aus, wie beispielsweise eine Textilschlange<br />
am Fenster gegen vermeintliche Zugluft“.<br />
Andrea Kraft-Hammerschall rät auch<br />
zu Vorhängen, Teppichen und Kissen:<br />
„Im 25hours München haben wir zum<br />
Beispiel einen zusätzlichen Vorhang um<br />
das Bett für mehr Intimität entworfen.<br />
Dennoch gibt es keine Pauschallösungen,<br />
sondern nur auf das Projekt bezogene<br />
Konzepte mit unterschiedlichen Oberflächen<br />
in einem Raum.“ <br />
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