akzent Magazin August '19 GB
akzent – DAS GRÖSSTE LIFESTYLE- & VERANSTALTUNGSMAGAZIN VOM BODENSEE BIS OBERSCHWABEN www.akzent-magazin.com
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KULTUR | THEMA<br />
MEHR LEBEN<br />
CH – Kreuzlingen | Seit 2017 läuft das neue Kreuzlinger<br />
Kulturzentrum Kult-X im ehemaligen Schiesser-Areal<br />
als Pilotprojekt. Der Pilot gewinnt allmählich an Höhe.<br />
Wie soll es weitergehen? <strong>akzent</strong> traf sich mit Stadträtin<br />
Dorena Raggenbass und Projektleiterin und Musikerin<br />
Christine Forster.<br />
<strong>akzent</strong>: Welche Vorteile hat es, wenn mehrere bestehende<br />
Kreuzlinger Kulturveranstalter in ein gemeinsames Gebäude<br />
umziehen?<br />
Dorena Raggenbass: Wir haben in<br />
Kreuzlingen schon hervorragende Veranstaltungen,<br />
die aber teilweise nicht<br />
auffallen. Wenn wir sie an einem gemeinsamen<br />
Ort konzentrieren plus diejenigen,<br />
die sich jetzt schon neu entwickeln,<br />
dann wird die Außenwirkung<br />
wesentlich größer und sichtbarer. Wie<br />
zum Beispiel die neue Kinogruppe, die<br />
ein eigenständiges Filmprogramm zeigt<br />
und ein begeistertes Publikum in dieser<br />
kurzen Zeit anziehen konnte. Das ist<br />
das Fantastische: Was alles entsteht,<br />
das man gar nicht planen kann, wenn<br />
du einen Raum zur Verfügung stellst.<br />
<strong>akzent</strong>: Neben den Veranstaltungen<br />
der Stammmieter sollen auch Externe<br />
hier auftreten und veranstalten können.<br />
Nach welchen Kriterien wird das<br />
entschieden?<br />
Christine Forster: Wir haben immer<br />
wieder Anfragen, wir prüfen das und<br />
wenn es für uns interessant ist, dann<br />
lassen wir das unter dem Verein Kult-X<br />
laufen. Ich bin selber Musikerin, und<br />
wenn es Musikveranstaltungen sind,<br />
muss es ein gewisses Niveau haben<br />
und Leute mit dabei haben, die hier<br />
bekannt sind oder die in Verbindung<br />
stehen mit den Bildungsinstitutionen<br />
vor Ort und junges Publikum hierher<br />
holen. Wir bekommen Anfragen von<br />
Rock- und Pop-Bands, auch Free Jazz,<br />
aus aller Welt, da sage ich meistens<br />
nein. Wenn sie hier in der Gegend nicht<br />
bekannt oder verankert sind, dann ist<br />
das schwierig, das Publikum zu bekommen.<br />
Häufig haben wir auch Theateranfragen<br />
und Performances.<br />
<strong>akzent</strong>: Wie finanziert sich Kult-X?<br />
Forster: Das Pilotprojekt wird von der<br />
Stadt stark gefördert (Anm.: die Stadt<br />
Kreuzlingen subventioniert das Kulturzentrum<br />
mit jährlich CHF 77.000 für<br />
CHRISTINE FORSTER<br />
ist Projektleiterin bei Kult-X.<br />
Geboren und aufgewachsen<br />
in Kreuzlingen, ging<br />
sie nach der Matura nach<br />
Basel zum Studieren, lebte<br />
danach ein Jahr lang auf<br />
Kuba und reiste um die<br />
Welt. Sie ist Musikerin und<br />
Musiklehrerin an der Pädagogischen<br />
Maturitätsschule<br />
Kreuzlingen und spielt mit<br />
verschiedenen Bands, u. a.<br />
mit Jürgen Waidele.<br />
DORENA RAGGENBASS<br />
ist Kreuzlinger Stadträtin<br />
im Departement Gesellschaft.<br />
Geboren wurde<br />
sie im Haus Sallmann in<br />
Kreuzlingen, ist von Haus<br />
aus Grafikerin und leitete<br />
sieben Jahre lang das Theater<br />
an der Grenze.<br />
Veranstalter im Kult-X sind<br />
das Filmforum KuK, das<br />
Theater an der Grenze, der<br />
Verein Kultling, der Horst-<br />
Club, das Z88, der Campus<br />
Kreuzlingen, das KiK-Festival<br />
und weitere Kulturschaffende<br />
aus der Region.<br />
Derzeit werden vier Veranstaltungsräume<br />
ausgebaut:<br />
für Kunst, für Kleinkunst-<br />
Theater-Kino, ein Raum mit<br />
Schallschutz für Konzerte,<br />
ein Multifunktionsraum für<br />
Performances und andere<br />
Veranstaltungen aller Art<br />
und das Verbindungstück<br />
aller Sparten: ein Bistro.<br />
die Miete und CHF 40.000 für den Betrieb). Ziel ist es,<br />
dass in Zukunft auch der Kanton den Betrieb unterstützt.<br />
Er signalisiert schon seit Jahren, dass Kreuzlingen ein Kulturzentrum<br />
aufbauen soll, das dann mit subventioniert<br />
werden kann.<br />
<strong>akzent</strong>: Und wie sieht es aus mit der Initiative und dem<br />
Interesse aus der Bevölkerung?<br />
Forster: Wir merken, die Zeit in Kreuzlingen ist reif für<br />
ein Kulturzentrum, weil die Stadt wächst<br />
und wir eine bunt gemischte Bevölkerung<br />
hier haben. 25 Prozent sind Deutsche,<br />
oft mit hohem Bildungsniveau, und gerade<br />
die Deutschen freuen sich: „Endlich<br />
muss ich nicht mehr nach Stuttgart oder<br />
Zürich, sondern habe auch hier vor Ort etwas<br />
Spannendes.“ Viele wollen sich sogar<br />
mit einbringen und engagieren, weil sie<br />
finden: „Eigentlich möchte ich hier nicht<br />
nur schlafen, sondern auch vor Ort ausgehen<br />
können.“ Ich glaube, wir haben einen<br />
Punkt erreicht, an dem selbst wir Kreuzlinger<br />
nicht mehr so gerne nach Konstanz<br />
gehen, weil es leider zu überlaufen ist. Mit<br />
den günstigeren Kaufangeboten können<br />
wir nicht mithalten …<br />
Raggenbass: ... aber wir können mit<br />
Qualität, Dienstleistungen und mit etwas<br />
Neuem, Frechem punkten. Ich glaube, das<br />
zeichnet uns aus im direkten Vergleich zu<br />
Konstanz und den Angeboten, die von der<br />
Stadt unterstützt werden. In Deutschland<br />
sind oft die Wege der Unterstützungsanträge<br />
länger, bevor man einen Franken<br />
oder Euro bekommt. Das ist ein Riesenunterschied<br />
zur schweiztypischen Subventionspolitik.<br />
<strong>akzent</strong>: Kreuzlingen kapituliert also nicht<br />
vor den Problemen des Frankenkurses,<br />
sondern sagt: „Mit Kultur und Engagement<br />
kriegen wir das hin“?<br />
Forster: Es ist tatsächlich so. Das ist auch<br />
meine eigene Motivation – wenn ich hier<br />
leben möchte, dann muss ich auch etwas<br />
tun, damit es hier attraktiv ist und bleibt.<br />
Es soll Leben in der Stadt stattfinden.<br />
Kult-X<br />
Hafenstrasse 8<br />
CH-8280 Kreuzlingen<br />
www.kult-x.ch<br />
TEXT: ANJA BÖHME<br />
FOTO: ANJA MAI<br />
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