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akzent Magazin August '19 BO

akzent – DAS GRÖSSTE LIFESTYLE- & VERANSTALTUNGSMAGAZIN VOM BODENSEE BIS OBERSCHWABEN www.akzent-magazin.com

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SEE-LEUTE<br />

Die letzten sechs Monate waren die ersten<br />

in den vergangenen 15 Jahren, in denen<br />

sie nicht permanent auf Reisen war, erzählt<br />

sie, und lässt den Blick über den Bodensee<br />

schweifen. Jetlag kenne sie nicht,<br />

weil sie sowieso ständig Zeitzonen durchreist.<br />

„Ich schaue halt auf die Uhr im jeweiligen<br />

Land.“ Dass sie zum Interview<br />

an der Hafenpromenade in Friedrichshafen<br />

sein kann, hat einen ganz einfachen<br />

Grund: Marie-Sophie Reck ist hier geboren.<br />

Ihre Familie lebt in der Zeppelinstadt<br />

– und sie ist ein paar Tage zu Besuch, bevor<br />

sie nach New York zieht, um im Büro<br />

des Generalsekretärs der UNO, António<br />

Guterres, zu arbeiten. Hier leistet sie Verbindungsarbeit<br />

zwischen den Mitgliedstaaten<br />

der UNO und weiteren Akteuren,<br />

mit dem Ziel Ressourcen, sprich Gelder<br />

zu mobilisieren, für die große Reform in<br />

der Entwicklungshilfe. Die internationale<br />

Staatengemeinschaft hat dem Generalsekretär<br />

das Mandat dafür erteilt. „Das<br />

ist eine sehr spannende Aufgabe, in einer<br />

historisch einzigartigen Zeit für die Vereinten<br />

Nationen. Es ist ein unheimlicher<br />

Aufwind und eine gute Energie zu spüren“,<br />

sagt sie, und erzählt von der Arbeit<br />

des OCHA – Office for the Coordination<br />

for Humanitarian Affairs (OCHA), dem<br />

Büro der Vereinten Nationen für die Koordinierung<br />

humanitärer Angelegenheiten<br />

in Genf, für das sie in den vergangenen<br />

14 Jahren gearbeitet hat. Die Erfahrung<br />

aus dieser Zeit, in der sie viel Feldarbeit<br />

geleistet hat – sprich leibhaftig vor Ort in<br />

Krisen- oder Katastrophengebieten gewesen<br />

ist – sei für ihren neuen Auftrag sehr<br />

nützlich.<br />

Ein Fax von der UNO<br />

„Die UNO ist das Gewissen der Welt“, hat<br />

der frühere Generalsekretär Kofi Annan<br />

einmal gesagt. Wie kommt ein Mädchen<br />

vom Bodensee in das Hauptquartier der<br />

UNO in New York? Marie-Sophie Reck<br />

war 23 Jahre jung, als sie ihre Karriere bei<br />

der UNO mit einem Praktikum gestartet<br />

hat. Das war 2003. „Mich hat immer<br />

das Internationale interessiert“, erklärt<br />

sie. Mit 16 wechselte sie auf eine Schule<br />

in England, begann in Schottland ihr<br />

Studium der Politikwissenschaften und<br />

Sprachen, das sie in Frankreich beendete.<br />

Die UNO stand damals noch nicht<br />

auf ihrem Lebensplan. Eigentlich wollte<br />

sie ihren Doktor machen. Dachte an den<br />

diplomatischen oder auch militärischen<br />

Dienst. Während ihrer Masterarbeit,<br />

die sie über die Zusammenarbeit<br />

zwischen humanitären Organisationen<br />

und dem Militär im Irak,<br />

im Kosovo und in Afghanistan<br />

geschrieben hatte, ergaben sich<br />

die ersten Kontakte zur UNO und<br />

sie bewarb sich schließlich für ein<br />

Praktikum in Genf. „Ich weiß<br />

noch genau, wie es sich<br />

angefühlt hat, als das<br />

Fax mit der Zusage<br />

der UNO bei mir<br />

ankam. Wie stolz<br />

ich war“, sagt sie<br />

und ergänzt, „das<br />

geschah nur, weil<br />

mich mein Professor<br />

für die Masterarbeit<br />

nicht ins<br />

Feld gelassen hat. Er<br />

sagte, das sei zu gefährlich<br />

für mich. Und so habe ich so viele Interviews<br />

wie möglich mit Leuten geführt,<br />

die selbst draußen waren.“ Heute sagt<br />

sie, dass die UNO genau zu ihr passe.<br />

„Mich faszinieren die Werte, für die diese<br />

Organisation steht, und die Art, wie sie<br />

ihre Prinzipien umsetzt. Auf dieser Basis<br />

zu handeln und international etwas in der<br />

Welt zu bewirken, motiviert mich jeden<br />

Tag.“ Die Eigenschaften, die sie persönlich<br />

mitbrachte – mehrere Sprachen,<br />

Engagement, Weltoffenheit, Interesse…<br />

waren sehr hilfreich. Nach ihrem Praktikum<br />

wurde sie direkt eingestellt.<br />

Kokosnusspalmen<br />

versperren den Weg<br />

Naturkatastrophen oder Krisen durch<br />

Kriege stürzen viele Menschen in große<br />

Not. Sie sind dann auf humanitäre<br />

Hilfe angewiesen. Aber richtig zu helfen<br />

erfordere Besonnenheit, Planung, und<br />

den Dialog mit den betroffenen Ländern<br />

und Menschen, den Geldgebern, den<br />

anderen Organisationen. Dazu kämen<br />

Faktoren, die das Helfen zusätzlich erschweren:<br />

Zerstörung durch Erdbeben,<br />

unpassierbare Straßen, wie beim Taifun<br />

Haiyan auf den Philippinen geschehen,<br />

als umgestürzte Kokosnusspalmen<br />

sämtliche Wege versperrten. Deshalb sei<br />

die Koordination so wichtig. OCHA sei<br />

geschaffen worden, um die notwendige<br />

Hilfe zu koordinieren. Marie-Sophie Reck<br />

war zuständig für die Koordination und<br />

die strategische Planung der Hilfseinsätze,<br />

die Koordination mit dem Militär vor<br />

Ort, sowie das Mobilisieren von Ressourcen.<br />

„Da gehört es dazu, dass man rausgeht.<br />

Das bedeutet nicht, selber Hilfsgüter<br />

zu verteilen, sondern dafür zu sorgen,<br />

dass die richtige Hilfe zur richtigen Zeit<br />

am richtigen Ort ankommt“ betont sie.<br />

Eine der Hauptaufgaben von OCHA sei<br />

es, im Feld eine Plattform darzustellen,<br />

zum systematischen und strukturierten<br />

Informationsaustausch, für alle humanitären<br />

Organisationen, für die lokalen<br />

Behörden und lokalen Helfer, die sich<br />

auskennen und mit Wissen und Ortskenntnis<br />

den Einsatz unterstützen. Nach<br />

der Bestandsaufnahme werde die Hilfe<br />

thematisch eingeteilt, beispielsweise Medizin,<br />

Ernährung, Bildung, Wasser… für<br />

jedes Thema gibt es Organisationen, die<br />

sich darauf spezialisiert haben, ob Organisationen<br />

der Vereinten Nationen oder<br />

Nichtregierungsorganisationen (NGOs).<br />

OCHA erstelle Karten, die visualisieren,<br />

was wo gebraucht wird, welche Organisation<br />

wo im Einsatz ist. „Beim Haiti<br />

Erdbeben hatten wir beispielsweise fast<br />

tausend Organisationen bei uns registriert“,<br />

erzählt Reck. Humanitäre Hilfe sei<br />

eine vielschichtige Aufgabe und sehe aus<br />

der Ferne sehr viel weniger komplex aus,<br />

als sie es tatsächlich ist.<br />

TEXT & FOTOS: SUSI DONNER<br />

Lesen Sie den ganzen Artikel über die Arbeit von Marie-Sophie Reck<br />

in der UNO auf: www.<strong>akzent</strong>-magazin.com/marie-sophie-reck<br />

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