SPORTaktiv August 2019
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Rückstau von Bergsteigern, die bereits<br />
mehrere Anläufe genommen hatten. Da<br />
ist es verständlich, dass sie heuer ihre<br />
letzte Chance ergriffen haben.“<br />
Taut habe auch die „differenzierte Berichterstattung<br />
in den nepalesischen Medien“<br />
verfolgt, die an die Vernunft und<br />
bessere Absprachen in künftigen Saisonen<br />
appelliert hätten. Und: „Ein nepalesischer<br />
Bergsteiger hat Fotos von einem<br />
leeren Berg gepostet, als er eben schon<br />
etwas früher oben war.“<br />
Generell ist die Saison für eine Everest-Besteigung<br />
kurz, sie beginnt im April<br />
und endet Ende Mai. Objektiv waren<br />
die Bedingungen <strong>2019</strong> ungewöhnlich<br />
schlecht, am 22. Mai tat sich ein Wetterfenster<br />
auf. Ebenfalls generell gesprochen<br />
stehen Everest-Aspiranten vor der<br />
Entscheidung, den Aufstieg von der nepalesischen<br />
Südseite oder aber von der<br />
chinesisch-tibetischen Nordseite aus zu<br />
versuchen. Für den Aufstieg benötigt<br />
man behördliche Genehmigungen, sogenannte<br />
Permits, die rund 11.000<br />
US-Dollar (rund 10.000 Euro) kosten.<br />
Heuer wurden 144 Permits für ausländische<br />
Bergsteiger von den chinesischen<br />
Behörden, 382 Permits auf der nepalesischen<br />
Südseite erteilt – so listet es der<br />
US-Experte Alan Arnette in seinem Blog<br />
(www.alanarnette.com) auf.<br />
„Erfüllung eines Lebenstraums“<br />
Am 23. Mai war Rupert Hauer am<br />
Mount-Everest-Gipfel. Der 50-jährige<br />
Bergführer und Alpinpolizist aus Tamsweg<br />
(S) leitete wie auch schon 2018 eine<br />
Gruppe des Tiroler Veranstalters „Furtenbach<br />
Adventures“. Hauer bestieg den<br />
Gipfel in beiden Jahren von der weniger<br />
stark frequentierten Nordseite. „Es ist<br />
schon so, dass man auch hier beim Aufstieg<br />
einmal stehen muss, aber das hat<br />
man im Vorfeld gewusst“, sagt Hauer.<br />
Als er mit seiner Gruppe den Gipfel<br />
erreichte, wäre dann schon „reger Betrieb“<br />
gewesen. „Im Vorjahr waren wir<br />
dagegen für eine halbe Stunde komplett<br />
allein am Gipfel, konnten das richtig genießen“,<br />
erzählt der Salzburger. Ob die<br />
Bergsteiger in seiner Gruppe deshalb<br />
heuer enttäuscht gewesen wären? „Nein,<br />
denn das weiß man im Vorfeld, dass<br />
2018 WAREN WIR<br />
EINE HALBE STUNDE<br />
ALLEIN AM GIPFEL.<br />
DAS WAR GENIAL.<br />
Rupert Hauer ist Bergführer und Alpinpolizist<br />
und führte 2018 und <strong>2019</strong> eine<br />
Gruppe auf den Everest-Gipfel.<br />
man nicht allein am Gipfel ist. Enttäuschend<br />
fanden viele eher, wie negativ<br />
berichtet wurde. Schließlich erfüllen sich<br />
die Leute einen Lebenstraum.“<br />
Natürlich habe man mitbekommen,<br />
was auf der Südseite los war. Neben der<br />
speziellen Wettersituation sieht Hauer<br />
durchaus einige Problemfelder, die zu<br />
der speziellen Situation geführt hätten:<br />
Dass gerade in Nepal viele Billig anbieter<br />
unter den Veranstaltern seien und diese<br />
an der Sicherheit – konkret: der Qualität<br />
der Bergführer und an der Sauerstoffmenge<br />
– sparen würden. Nicht zuletzt,<br />
dass manchen Aspiranten die notwendigen<br />
bergsteigerischen Kenntnisse fehlen<br />
würden, wodurch es bei Schlüsselstellen<br />
zu langen Wartezeiten kommen würde.<br />
Vor allem aus Ländern wie Indien, China<br />
und Korea, wo das Ziel Everest gerade<br />
entdeckt werde, meint Hauer. Die<br />
bergsteigerischen Fähigkeiten würden<br />
von manchen Anbietern zu wenig geprüft.<br />
„Um 25.000 bis 30.000 Euro<br />
kann man eine Everest-Expedition nicht<br />
seriös anbieten“, sagt Hauer auch.<br />
Der Lebenstraum benötigt jedenfalls<br />
Zeit und Geld. Bei „Furtenbach Adventures“<br />
kostet eine auf 57 Tage angesetzte<br />
Everest-Expedition 55.000 Euro, daneben<br />
gibt es eine „Flash“-Gruppe, die der<br />
Salzburger in diesem Jahr führte: Für<br />
95.000 Euro werden nur 30 Tage vor<br />
Ort verbracht, die nötige Akklimatisierung<br />
erfolgt teils schon zu Hause mit sogenannten<br />
Hypoxi-Zelten, die eine Höhenlage<br />
von 7000 Metern simulieren.<br />
„Lukas Furtenbach spricht mit jedem<br />
Interessenten persönlich, die Höhenerfahrung,<br />
der bergsteigerische Lebenslauf<br />
werden genau hinterfragt. Dann erfolgt<br />
erst die Auswahl, wer mitgenommen<br />
wird“, erzählt der Salzburger.<br />
Auf der chinesischen Nordseite würden<br />
solche Probleme jedenfalls auch<br />
2020 sicher kein Thema sein, meint<br />
Hauer. Auf der Südseite werde man sich<br />
etwas einfallen lassen müssen, denn mit<br />
so negativen Schlagzeilen würden auch<br />
Trekkingtouren im Himalaya in ein<br />
schlechtes Licht gerückt. „Man muss<br />
aber auch die Kirche im Dorf lassen:<br />
Viele Menschen haben sich eine Lebensexistenz<br />
rund um den Tourismus aufgebaut.“<br />
Nepal gehört zu den ärmsten<br />
Ländern der Welt, die durchschnittliche<br />
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