30.07.2019 Aufrufe

SPORTaktiv August 2019

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Diabetes und chronische Erkrankungen<br />

der Atemwege und der Lunge. Was allgemein<br />

gilt: Beim Höhentraining werden<br />

vermehrt Antischmerzhormone, sogenannte<br />

Endorphine („Glückshormone“),<br />

freigesetzt. Man kann sich also ein<br />

bisschen mehr „Glück“ antrainieren.<br />

Dennoch ist Höhentraining weder ein<br />

Allheilmittel noch grundsätzlich für jeden<br />

sinnvoll. Erstens sind die Kosten<br />

nicht unerheblich (Pegger: „Die Kosten<br />

für eine Behandlung sind vergleichbar<br />

mit denen eines Tauchganges“), zweitens<br />

gibt es auch medizinische Gründe, die<br />

ein Höhentraining nicht empfehlenswert<br />

machen. Dazu wird ein Höhenverträglichkeitstest<br />

gemacht. „Aus Erfahrung<br />

wissen wir, dass bis zu 50 Prozent<br />

der Bevölkerung nicht auf künstliches<br />

Höhentraining reagieren“, so Pegger.<br />

Zudem müssen eine Reihe von Laborwerten<br />

absolut normal – wenn nicht<br />

hochnormal – sein, insbesondere die Eisen-<br />

und Schilddrüsenwerte.<br />

Der Mensch kann generell nicht in<br />

extremen Höhen leben. Die höchsten<br />

dauerhaft besiedelten Gebiete der Erde<br />

liegen auf etwa 5300 bis 5400 Meter.<br />

„Darüber hinaus ist dauerhaftes Leben<br />

ohne zusätzliche Hilfen und ohne Gesundheitsschaden<br />

nicht möglich“, sagt<br />

Pegger. „Im Körper laufen zunehmend<br />

katabole Prozesse ab, die die körperlichen<br />

Reserven angreifen.“<br />

Und wenn wir schon bei den negativen<br />

Folgen der Höhe sind: Das künstliche<br />

Höhentraining wird von Kritikern<br />

oft als „legales Doping“ bezeichnet, ein<br />

Vorwurf, den Pegger natürlich kennt.<br />

Was den Einsatz von künstlichem Höhentraining<br />

betrifft, besteht derzeit laut<br />

der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA<br />

kein Verbot. Pegger: „Und ich sehe keine<br />

Anzeichen, dass sich das in absehbarer<br />

Zeit ändert, da künstliches Höhentraining<br />

schon sehr lange bekannt ist und<br />

angewendet wird.“ Der teils schlechte<br />

Ruf des Hypoxietrainings rührt vielmehr<br />

daher, dass es in der Vergangenheit oft<br />

zusätzlich mit dem illegalen Blutdoping<br />

kombiniert wurde.<br />

Für „normale“ Patienten hat das Training<br />

den Vorteil, dass es mit geringem<br />

Zeitaufwand leicht zu konsumieren und<br />

reproduzierbar ist. „Die Kunden kommen<br />

zum Beispiel ein bis drei Mal in der<br />

Woche zu einer Behandlung zu mir. Es<br />

gibt aber auch Anwendungen, die weitaus<br />

mehr Schweiß verlangen.“ Sportliche<br />

Anwendungen dauern drei bis vier<br />

Wochen oder, im Sinne eines Trainingsschwerpunktes,<br />

therapeutische Anwendungen<br />

ein bis zwei Monate.<br />

Für den Mediziner ist künstliches<br />

Höhentraining jedenfalls ein taugliches<br />

Mittel, das er bei Patienten begleitend<br />

zu anderen Maßnahmen einsetzt. „Und<br />

ich mache es ganz klar nur, wenn für<br />

den Patienten eine Verbesserung zu erwarten<br />

ist, bei Sportlern nur, wenn<br />

rundum eingeschätzt alles legal ist,<br />

und ganz allgemein nur dann, wenn es<br />

medizinisch Sinn macht.“<br />

WAS IST<br />

HÖHENTRAINING?<br />

Höhentraining (Hypoxietraining) ist der Versuch, durch<br />

natürliche oder simulierte Seehöhe einen Trainingseffekt<br />

und verbesserte Leistungen zu erreichen. Trainiert<br />

wird entweder in der Ebene bei sauerstoffreduzierter<br />

Luft (Hypoxiekammern, Sauerstoffzelt, Atemmaske)<br />

oder in „echten“ Seehöhen von 1900 bis 2500 Metern.<br />

Darüber und vor allem ab 4000 Meter Seehöhe gilt es<br />

wegen der ungenügenden Akklimatisation und der<br />

deutlich niedriger anzusetzenden Intensität als kaum<br />

noch sinnvoll.<br />

Wirkung: Der Sauerstoffanteil in der Luft liegt grundsätzlich<br />

bei konstant 21 Prozent. In der Höhe nimmt<br />

der Luftdruck jedoch ab und reduziert damit den absoluten<br />

Sauerstoffgehalt in der Luft. Der Bedarf des Körpers<br />

an Sauerstoff bleibt aber derselbe. Die Reaktion<br />

des Körpers und des vom Gehirn gesteuerten Atemantriebs:<br />

Weil die Atemtätigkeit zunimmt (Hyperventilation),<br />

produziert der Organismus in einer Folge biochemischer<br />

Vorgänge vermehrt rote Blutkörperchen. Das<br />

führt zu einer erhöhten Sauerstoffaufnahme über die<br />

Lungen, zu einem verbesserten Sauerstofftransport in<br />

der Blutbahn und im Gewebe und schlussendlich zu<br />

mehr Sauerstoff im Muskel. Zudem wird durch die<br />

verbesserte Sauerstoffverwertbarkeit die Stoffwechseltätigkeit<br />

angeregt und mehr Energie freigesetzt.<br />

Ausdauer, Schnelligkeit (besonders Reaktionsschnelligkeit),<br />

motorisches Gleichgewicht und Bewegungskoordination<br />

werden schon bei kurzem Höhenaufenthalt<br />

positiv beeinflusst, Maximalkraft und Kraftausdauer<br />

hingegen sind unter akuter Hypoxie kaum<br />

verändert. Nach etwa 10 bis 14 Tagen lassen die Effekte<br />

des Trainings nach.<br />

36 <strong>SPORTaktiv</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!