Ausgabe 187
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>187</strong> / 07. 08. 2019<br />
Österreich, Europa und die Welt<br />
4<br />
Der Bundespräsident äußerte sich auch<br />
zur Kontroverse um die in Italien verhaftete<br />
Kapitänin des Flüchtlings-Rettungsschiffes<br />
„Sea Watch 3“, Carola Rackete: „Die genauen<br />
Umstände des Falles sind mir nicht persönlich<br />
bekannt. Nur grundsätzlich scheint<br />
mir schon: Wenn ich in Österreich an einem<br />
Binnensee ein Boot in Not sehe und nicht zu<br />
Hilfe eile, dann werde ich bestraft wegen un -<br />
terlassener Hilfeleistung – aber ich werde<br />
nicht dafür bestraft, wenn ich diese Hilfe leiste.“<br />
Mattarella hatte die handelnden Personen<br />
im Konflikt um das Flüchtlings-Rettungsschiff<br />
„Sea Watch 3“ dazu aufgerufen, „sich<br />
etwas im Ton zu mäßigen“, um das tatsächliche<br />
Problem besser lösen zu können und<br />
das Migrationsproblem müsse von Europa<br />
„gemeinsam, mit Intelligenz – und mit Afrika“<br />
angegangen werden. Was die verhaftete<br />
Kapitänin der „Sea Watch 3“ betrifft, verwies<br />
Staatspräsident Mattarella auf die in der<br />
Konstitution seines Landes verankerte „ab -<br />
solute“ Gewaltentrennung: „Die italienische<br />
Justiz, die nun am Zug ist, ist völlig unabhängig,<br />
ich habe großes Vertrauen in sie.“<br />
„Wir wissen um die demografische Entwicklung<br />
Afrikas Bescheid, wir wissen auch<br />
über die Bedingungen und Voraussetzungen<br />
von Migrationsbewegungen Bescheid“, er -<br />
gänzte Alexander Van der Bellen: Die EU sei<br />
aber „über Jahre nicht bereit gewesen, die<br />
Konsequenzen daraus zu ziehen“. Daher<br />
stellten die südlichen EU-Grenzen nach wie<br />
vor „einen Weg für jene Menschen dar, die<br />
zu Hause keine Perspektive finden“. Die Eu -<br />
ropäische Union sei daher in den kommenden<br />
Jahren gut beraten, „sich dieses Problems<br />
wirklich anzunehmen – nicht nur durch<br />
reden“, appellierte der Bundespräsident.<br />
Sobotka und Mattarella unterstreichen<br />
Vorbildwirkung der<br />
Autonomie Südtirols in Europa<br />
Nach seinem Besuch in der Hofburg traf<br />
der italienische Staatspräsident mit Nationalratspräsident<br />
Wolfgang Sobotka im Parlament<br />
zu sammen. Beide Seiten unterstrichen<br />
die Vorbildwirkung der Autonomie Südtirols<br />
für den Minderheitenschutz in Europa. „Süd-<br />
tirols Autonomie ist beispielhaft für die Um -<br />
setzung des europäischen Grundsatzes ,In<br />
Vielfalt geeint‘. Wir wollen diesen Weg mit<br />
Italien partnerschaftlich weitergehen und<br />
uns gemeinsam verantwortungsvoll für die<br />
Entwicklung Südtirols einsetzen“, sagte So -<br />
botka in Übereinstimmung mit dem italienischen<br />
Staatspräsidenten. Italien sei entschlos -<br />
sen, die Autonomie Südtirols auch in Zu -<br />
Foto: HBF / Carina Karlovits und Peter Lechner/<br />
Foto: Parlamentsdirektion / Thomas Topf<br />
Sergio Mattarella und Alexander Van der Bellen bei der gemeinsamen Pressekonferenz<br />
Der italienische Staatspräsident im Gespräch mit Nationalratspräsideint Wolfgang Sobotka<br />
»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at<br />
kunft in jeder Hinsicht zu garantieren, be -<br />
kräftigte Mattarella.<br />
Vor dem Hintergrund der sehr positiven<br />
Wirtschaftsbeziehungen würdigte der Nationalratspräsident<br />
Italien als einen der wichtigsten<br />
Handelspartner Österreichs. Die engen<br />
nachbarschaftlichen Beziehungen würden<br />
sich jedoch nicht nur in einem wachsenden<br />
Handelsvolumen ausdrücken, so Sobotka, an<br />
einem Strang ziehe man mit Rom auch in der<br />
Frage der Heranführung des Westbalkans an<br />
die Europäische Union.<br />
„Unsere gemeinsame geografische Nähe<br />
sowie die kulturellen und historischen Verbindungen<br />
zu Südosteuropa machen Österreich<br />
und Italien zu idealen Kooperationspartnern,<br />
um die Entwicklung und Reformbemühungen<br />
dieser Länder zu unterstützen“,<br />
unterstrich der Nationalratspräsident. Die<br />
Europäische Union müsse sich auf große<br />
Fragen wie Migration, Sicherheit, Außenpolitik<br />
und Digitalisierung konzentrieren und<br />
ihr internationales Gewicht festigen. Dafür<br />
brauche es ein stärkeres und geeintes Europa.<br />
„Dieses geeinte Europa ist ohne die Länder<br />
des Westbalkans jedoch noch nicht vollständig“,<br />
so Sobotka. Beide Seiten stimmten<br />
darin überein, die Integration der südost -<br />
europäischen Länder auch weiterhin forcieren<br />
zu wollen.<br />
Nach den offiziellen Gesprächen in Wien<br />
führte der zweite Tag des Staatsbesuches den<br />
Italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella<br />
nach Salzburg.