09_2019 HEINZ MAGAZIN Dortmund
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phonikern unterdem Titel„EinFestfür Mackie“(Neukompositionen<br />
von Moritz Eggert). Anschließend kommt Heiner Müllers „Die Hydra“auf<br />
die Bühne und in „Antibodies“ resümiertdie kanadischePerformance-MusikerinPeaches<br />
über den alternden Körper.<br />
Szene aus „Biedermann und die Brandstifter“ ©Martin Kaufhold<br />
Politikund Puppenspiel in Essenund Gelsenkirchen<br />
Brandanschläge und Bücherverbrennung: MaxFrischs „Biedermann<br />
und die Brandstifter“ erlebt seit einigen Jahren eine Auferstehung<br />
auf den Bühnen, nun auch am Essener Grillo-Theater. Als Reaktion<br />
auf den Nationalsozialismus entstanden, kritisiert Frisch ingrotesken<br />
Bildern das angepasste Kleinbürgertum. Politisch aktuell ist<br />
auch der Theatertext von Annalena und Konstantin Küspert mit<br />
dem Titel „Der Reichsbürger“. Auf welchen Argumenten beruht die<br />
Ablehnung des deutschen Staates der gleichnamigen Gruppierung?<br />
Wie ernst ist die Gefahr? Näheres dazu als Solo des Schauspielers<br />
Stefan Diekmann zu Spielzeitbeginn. Das für Theater-<br />
Games bekannte Berliner Kollektiv machina eXmanövriert sein Publikum<br />
in „Sign here“durch einen fiktivenPapier-und Paragraphenwald<br />
einer Behörde.ZuschauerwerdenzuSpielerneines verwirrenden<br />
Buchstaben-Spiels. Um ein Glücksspiel dreht sich die erste<br />
Opernpremiere amEssener Aalto-Theater: In„Pique Dame“ verliert<br />
der ProtagonistHermannamEnde seinLebenaufgrund einesverlorenenKartenspiels.TschaikowskysGeisterstückerklingt<br />
in Essenauthentisch<br />
in russischer Sprache. Mit dem Gruselklassiker „Frankenstein“startetdas<br />
Musiktheater Gelsenkirchen in die neue Saison. Allerdings<br />
in einer Puppentheater-Fassung mit der Musik von Jan<br />
Dvořák.Unterstütztvom NRW-Förderprogramm „NeueWege“ eröffnet<br />
das MiR damit eine neue Kunstsparte, die Puppenspielerinnen<br />
EviBrygmannund Gloria Iberl-Thiemesindfür zwei weitereProduktionen<br />
eingeplant. Aber auch der frisch gebackene Leiter der Tanzsparte<br />
Giuseppe Spota gibt mit „Les Noces/Sacre“ zuIgor Strawinskysbombastischer<br />
Musikseinengebührenden Einstand, danach erarbeitet<br />
er eine Ballettfassung von „Momo“. Außerdem plant erein<br />
digitales Tanzlabor im Settingeines Green-Screen-Studios.<br />
Fluchtwege undSpionage in Mülheimund Oberhausen<br />
Die Mülheimer Theatercrew trifft sich anDeck zum „Untergang der<br />
Titanic“, einer humorvollen Havarie nach Hans Magnus Enzensberger.<br />
Am Jahresende geht es dann ernster zur Sache, wenn Roberto<br />
Ciulli mit dem Ensemblein„Boat Memory“ eine Gegenwartsanalyse<br />
zum Thema Flucht und Heimat erarbeitet. Das Team am Theater an<br />
der Ruhr kann auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen,<br />
denn inhaltlich steht das international wirkende Haus nicht zuletzt<br />
mit seinen „Klanglandschaften“ im regen Austausch mit Künstlern<br />
anderer Kulturen. Zwischen großen und kleinen Lebenslügen bewegt<br />
sich Oberhausens Intendant Florian Fiedler, wenn erHorváths<br />
„Glaube, Liebe Hoffnung“ und die Komödie „Hase Hase“ inszeniert.<br />
Für den Nachwuchs gibt’s „Keloğlan Eulenspiegel“, die türkischdeutschen<br />
Abenteuer zweier Kinderhelden, deren Streiche weltberühmt<br />
sind. Einen besonderen Coup kann die Oberhausener Bühne<br />
vermelden: Marita Lorenz, Ex-Geliebte Fidel Castros und Geheimnis<br />
umwobene Spionin, istaus den USAnach Oberhausenumgesiedelt.<br />
Sie liefert die Vorlage für das Doku-Drama mit dem Titel „Alles ist<br />
wahr –die neun Leben derMarita Lorenz“.<br />
Beziehungen im Bergischen<br />
Die schönen und die dunklen Seiten zwischenmenschlicher Beziehungen<br />
siehtman vermehrt aufWuppertalsBühnen. Im Opernhaus<br />
etwa stürzen sich Shakespeares „Romeo und Julia“ mal wieder gemeinsam<br />
inden Tod(Premiere 28.3.), während im Theater amEngelsgarten<br />
Wolfgang Herrndorfs Isa in „Bilder deiner großen Liebe“<br />
eineschwierigeBeziehungmit dem Leben selbst eingeht(Premiere<br />
7.12.). Komplizierte Familienbeziehungendeckt indesAlbert Camus<br />
in „Das Missverständnis“ auf, wenn ein verloren geglaubter Sohn<br />
heimkehrt, ohne seine Identität preiszugeben (Premiere 5.10.). Wen<br />
es nach leichtererKostdürstet,der könnte am 7.11. im Remscheider<br />
Teo-Otto-Theater das Charlie-Chaplin-Musical besuchen, welches<br />
2012 am Broadway uraufgeführtwurde und seitdem für stetes Staunen<br />
sorgt. Auch nicht ohne seine dunklen Passagen, aber voll von<br />
kindlichem Vergnügen. Wer davon die volle Dosis braucht, muss einige<br />
Tage vorher (3.11.) ebendazu„PeterPan“pilgern.ZeitloseStory,fantasiereichinszeniertund<br />
für jedes Altergeeignet. Kinderliteratur<br />
auf eine ganz neue Art erlebt hingegen, wer imTeo-Otto-Theater<br />
am 5.12. zur Junk-Oper-Version vom Struwwelpeter geht:<br />
„Shockheaded Peter“ amplifiziert dasDunkelder Geschichte underzählt<br />
sieauf durchgeknallt poetische,eigenwilligwitzigeund skurril<br />
schöne Art. Und witzig wird es auch in Solingen: Aus dem neuen<br />
Programm sticht inSachen Humor die Komödie „Taxi, Taxi“ heraus.<br />
Thema: Ein Taxifahrer mit Doppelleben und endlosem Gefahrenpotenzial<br />
auf humorige Verstrickungen. Ernster wird es da beim Stück<br />
„Hunger“ des Jungen Theaters Solingen, welches am 29.2. auf der<br />
Studiobühne aufgeführt wird. Die Schlagwörter: Lebensmittelverschwendung,Körperwahnund<br />
Fertigessen.<br />
Klassikerstehenwie immer in den Programmen derneuen Spielzeit.<br />
Aber nicht Weniges wird mit modernem Griff auf die Bühnen gehievt.<br />
Welche Überraschungen Monat für Monat auf Theaterfans<br />
warten,steht immer auf diesen Seiten.<br />
as, lv<br />
Im Teo Otto Theater: Peter Pan ©Tom Schulze<br />
Neu in Gelsenkirchen: Giuseppe Spota leitet das Ballett am MiR ©Gerd Kaemper<br />
<strong>09</strong>.<strong>2019</strong>| <strong>HEINZ</strong> |61