29.08.2019 Aufrufe

HIER+JETZT. Impulsmagazin // Sonderheft 2019

Unternehmergeist und Forschungsexzellenz in Sachsen-Anhalt: Das Impulsmagazin HIER+JETZT zeigt Erfolgsgeschichten, deckt Potenziale auf, begleitet Anfänge und Durchbrüche und zeichnet Zukunftsszenarien.

Unternehmergeist und Forschungsexzellenz in Sachsen-Anhalt: Das Impulsmagazin HIER+JETZT zeigt Erfolgsgeschichten, deckt Potenziale auf, begleitet Anfänge und Durchbrüche und zeichnet Zukunftsszenarien.

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IMPULSMAGAZIN<br />

<strong>HIER+JETZT</strong>.<br />

Unternehmergeist und Forschungsexzellenz<br />

in Sachsen-Anhalt<br />

wirtschaft-in-sachsen-anhalt.de<br />

SONDER<br />

HEFT<br />

Mut.<br />

Innovation.<br />

Macher.


EDITORIAL<br />

HIER<br />

werden Ideen<br />

erfolgreich.<br />

Es genügt nicht, gute Ideen zu haben.<br />

Sie müssen Wirklichkeit werden. Damit Ideen<br />

zum Erfolg führen, brauchen sie Chancen.<br />

Sachsen-Anhalt bietet diese Chancen. Unternehmerinnen<br />

und Unternehmer schätzen<br />

nicht nur die zentrale Lage und die hervorragende<br />

Infrastruktur, die das Bundesland in<br />

Deutschland und Europa zu einer führenden<br />

Logistik-Drehscheibe macht.<br />

Auch die optimale Wissenschaftsstruktur<br />

sowie ein durchdachtes Clustermanagement<br />

bieten Gründern sowie etablierten<br />

Unternehmen beste Rahmenbedingungen.<br />

Die historischen Wurzeln im Maschinenbau<br />

und der Chemieindustrie bilden ein<br />

zukunftsfähiges Fundament für die Region<br />

und schaffen Brücken zu noch relativ jungen<br />

Branchen wie der Informationstechnologie<br />

oder der Bioökonomie. Sachsen-Anhalt gehört<br />

zu den Vorreitern bei neuen Werkstoffe<br />

und Materialien auf Basis nachwachsender<br />

Rohstoffe. Ebenso finden hier schöpferische<br />

Menschen ein anregendes Umfeld und den<br />

künstlerischen Freiraum für ihre Ideen. Die<br />

Kreativwirtschaft wird zunehmend zu einem<br />

Impulsgeber und Innovationsmotor für andere<br />

Branchen.<br />

Die besten Chancen zählen jedoch<br />

wenig, wenn sie nicht genutzt werden. Alles<br />

ist nichts ohne Menschen mit dem Mut ein<br />

Unternehmen zu gründen oder eine Innovation<br />

auf den Markt zu bringen. Diesen Menschen<br />

stehen das Ministerium für Wirtschaft,<br />

Wissenschaft und Digitalisierung sowie die<br />

Investitions- und Marketinggesellschaft<br />

Sachsen-Anhalt als Partner und Lotsen an der<br />

Seite – bei der Suche nach einem geeigneten<br />

Standort, bei Fragen zu Verwaltungsverfahren<br />

der Behörden oder finanziellen Förderungen<br />

bis hin zur Projektkonzeption.<br />

Für Unternehmerinnen und Unternehmer<br />

mit Mut und Ideen ist Sachsen-Anhalt<br />

gut gerüstet. Mit seiner Innovationsstrategie<br />

ist das Land in den vergangenen Jahren gut<br />

vorangekommen. Die Verbindung zwischen<br />

Wirtschaft und Wissenschaft wurde nachhaltig<br />

ausgebaut und der Wissens- und Technologietransfer<br />

hat entscheidende Impulse<br />

erhalten. Dazu beigetragen haben wegweisende<br />

Initiativen wie die Landesexzellenzinitiative,<br />

der gezielte Ausbau der wirtschaftsnahen<br />

Forschungsinfrastruktur, der<br />

Aufbau einer leistungsfähigen Transferinfrastruktur<br />

mit dem Kompetenznetzwerk<br />

für Angewandte und transferorientierte<br />

Forschung (KAT) sowie die Förderung von<br />

Ver bundvorhaben und von Forschung- und<br />

Entwicklungsprojekten in Unternehmen.<br />

Um im internationalen Standortwettbewerb<br />

die Position Sachsen-Anhalts<br />

weiter zu verbessern, haben auch zukünftig<br />

Bildung, Forschung und Innovation Priorität.<br />

Das der eingeschlagenen Weg richtig<br />

ist, zeigen die Erfolgsgeschichten auf den<br />

folgenden Seiten.<br />

wirtschaft-in-sachsen-anhalt.de<br />

3


Inhalt<br />

6<br />

11<br />

16<br />

21<br />

26<br />

29<br />

Ernährung und Landwirtschaft<br />

Roquette + PureRaw:<br />

Echte Kracher in der Röhre<br />

Chemie und Bioökonomie<br />

EW Biotech:<br />

Aus klein wird groß<br />

Mobilität und Logistik<br />

FEV Dauerlaufprüfzentrum:<br />

Auf Herz und Nieren<br />

Gesundheit und Medizin<br />

neotiv:<br />

Kopfsache<br />

Energie, Maschinen- und Anlagenbau,<br />

Ressourceneffizienz<br />

INTEB-M:<br />

Maschinenbau in der DNA<br />

Ceterum:<br />

Freiraum schaffen für Innovationen<br />

4


INHALT<br />

31<br />

36<br />

41<br />

Informations- und<br />

Kommunikationstechnologien<br />

mercateo:<br />

Ledermanns Liebling<br />

Kreativwirtschaft<br />

Designhaus Halle:<br />

Ein Brutkasten für Kreative<br />

Schlüsseltechnologien<br />

SmartMembranes:<br />

Haarklein zum Erfolg<br />

5


ZUKUNFTS-<br />

MARKT<br />

ERNÄHRUNG<br />

UND LAND-<br />

WIRTSCHAFT<br />

Echte Kracher<br />

in der Röhre<br />

Roquette + PureRaw<br />

6


ZUKUNFTSMARKT ERNÄHRUNG UND LANDWIRTSCHAFT<br />

Ein starkes Team will in<br />

Klötze ein Forschungs- und<br />

Kompetenzzentrum für<br />

Algen heranziehen<br />

Kirstin<br />

Knufmann,<br />

Geschäftsführerin<br />

Knufmann GmbH,<br />

und Jörg Ullmann,<br />

Geschäftsfüher<br />

Roquette Klötze<br />

GmbH & Co. KG<br />

„Irgendwo im Osten.“ Dort soll es<br />

einen guten Hersteller für Algen geben,<br />

erfuhr Kirstin Knufmann einst von einem Kunden.<br />

Sie suchte gerade nach regionalen Alternativen<br />

für ihre Lieferanten aus China. Es war<br />

die Zeit, als sich in ihrem Elternhaus bei Köln die<br />

Kartons und Kisten mit ihren Waren stapelten<br />

und die Familie nur noch mit angezogenen<br />

Armen durch die Gänge laufen konnte. Dank<br />

des Hinweises entdeckte Kirstin Knufmann in<br />

Sachsen-Anhalt die Roquette Klötze GmbH &<br />

Co. KG und mit ihr einen starken Partner, mit<br />

dem sie immer neue Produkte entwickelt. Sie<br />

fand in Klötze in der Altmark aber auch einen<br />

attraktiven Standort für ihr eigenes Unternehmen:<br />

die Knufmann GmbH mit der Marke<br />

PureRaw.<br />

PureRaw steht für die Produkte, von denen<br />

Kirstin Knufmann persönlich überzeugt ist.<br />

Denn sie ernährt sich seit vielen Jahren von veganer<br />

Rohkost, entwickelt eigene Rezepte und<br />

informiert in Fachbüchern, auf Messen und in<br />

Vorträgen über das Thema Ernährung. „Algen<br />

sind nicht nur für Menschen interessant, die<br />

sich vegan ernähren. Ein Mangel an Vitamin<br />

B12, Eisen oder Jod ist mittlerweile in ganz Europa<br />

Thema“, sagt Kirstin Knufmann. „Die Böden<br />

sind ausgelaugt und die Suche nach hochwertiger<br />

Nahrung wird zum Problem.“<br />

Algen liefern wertvolle Proteine,<br />

Vitamine und Fettsäuren, wachsen bei<br />

geringer Nährstoffzufuhr 10- bis 30-mal schneller<br />

als Landpflanzen und sind lange haltbar. Auf<br />

viele drängende Fragen zu Klima, Landwirtschaft<br />

und Ernährung der Weltbevölkerung<br />

liefern sie Antworten. Im Tierfutter können sie<br />

dazu beitragen, dass weniger Antibiotika eingesetzt<br />

werden, und sogar als Treibstofflieferant<br />

sind sie im Gespräch.<br />

„Mit der Alge habe ich immer eine Lösung<br />

parat. Es gibt nur ein Problem: Das weiß kaum<br />

jemand“, sagt der Biologe Jörg Ullmann. „Dabei<br />

können wir gar nicht mehr vom Hoffnungs-<br />

7


Fakten<br />

Ernährung und Landwirtschaft<br />

in Sachsen-Anhalt<br />

1,2<br />

100<br />

Sachsen-Anhalt besitzt<br />

rund 1,2 Millionen Hektar<br />

landwirtschaftlich genutzte<br />

Fläche, davon circa<br />

85 Prozent Ackerland.<br />

Klein Wanzleben ist einer<br />

der ältesten Standorte<br />

der Zuckerproduktion in<br />

Deutschland.<br />

In Sachsen-Anhalt findet<br />

man Böden mit der höchsten<br />

Bodengüte. Vielerorts wird die<br />

maximale Bodenwertzahl von<br />

100 erreicht.<br />

In der Ernährungsbranche<br />

gibt es 22.500<br />

Unternehmen mit mind.<br />

20 Mitarbeitenden.<br />

träger der Zukunft sprechen. Die Algen sind<br />

schon längst da.“ Etwa 70 Prozent aller verarbeitenden<br />

Lebensmittel enthalten bereits<br />

Algen. Dabei werden sie erst seit 65 Jahren<br />

industriell produziert. In Klötze steht die erste<br />

deutsche Algenfarm, die bis heute zu den<br />

größten Europas gehört. Hier wird seit 2004 in<br />

erster Linie die Mikroalge Chlorella gezüchtet in<br />

einem 500 Kilometer langen Röhrensystem aus<br />

Glas. Das spart Platz sowie Energie und schützt<br />

vor Verunreinigungen. Auf Bestellung baut die<br />

Roquette Klötze GmbH auch rund 15 andere<br />

Algenarten an. Ein zweites Werk in Mecklenburg-Vorpommern<br />

hat jüngst damit begonnen,<br />

mit einer ganz neuen Technologie die wärmeliebende<br />

Spirulina herzustellen.<br />

„Das wäre weltweit einmalig. Wir wollen<br />

hier neue Produkte für Supermärkte<br />

entwickeln und diese Produkte auch vor<br />

Ort herstellen sowie vermarkten. Zudem<br />

möchten wir die Öffentlichkeit darüber<br />

aufklären, was Algen alles können.“<br />

KIRSTIN KNUFMANN<br />

Jörg Ullmann arbeitet seit 2004 in der<br />

Algenfarm und übernahm 2012 die<br />

Leitung in Klötze. „Wir sehen uns hier als<br />

Biomasseproduzent“, sagt der Fachmann für<br />

Pulver und Presslinge aus Mikroalgen. „PureRaw<br />

hingegen ist näher am Endkunden und weiß,<br />

was sich die Menschen wünschen und was sie<br />

am besten anspricht.“ Gemeinsam sind Kirstin<br />

Knufmann und Jörg Ullman in der Lage, gesunde<br />

und beliebte Produkte zu entwickeln und sie<br />

erfolgreich zu vermarkten: Das Pulver „BOBEI“<br />

ersetzt beim Backen die Zutaten Butter und Ei.<br />

Die Instant-Trinkmischung „Einhorn-Zauber“<br />

bringt den natürlichen blauen Farbstoff der Spirulina-Alge<br />

mitsamt ihren wertvollen Inhaltsstoffen<br />

ins Glas.<br />

Es gibt auch Kooperationen mit anderen Unternehmen<br />

und vieles ist im Geheimen noch in<br />

Vorbereitung. „Wir haben echte Kracher in der<br />

Röhre“, sagt Ullmann zum Beispiel im Hinblick<br />

auf die Algencracker „Helga“ und das gleichnamige<br />

Bio-Getränk. Es gibt Eismischungen,<br />

Algennudeln und man probiert sich an Gebäck.<br />

Eine Mosterei versetzt Fruchtsäfte mit dem<br />

Algenpulver aus Klötze und deckt so den Tagesbedarf<br />

an Vitamin B12. Doch Knufmann und<br />

Ullmann haben das Thema Algen noch lange<br />

nicht satt. „Wir brauchen noch mehr tolle, sexy<br />

Produkte“, sagen sie.<br />

Die beiden träumen von einem<br />

Forschungs- und Kompetenzzentrum<br />

in Klötze. Mit Geschäftspartnern und mutigen<br />

Start-ups wollen sie Know-how am Standort<br />

bündeln. „Das wäre weltweit einmalig. Wir<br />

wollen hier neue Produkte für Supermärkte<br />

entwickeln und diese Produkte auch vor Ort<br />

8


ZUKUNFTSMARKT ERNÄHRUNG UND LANDWIRTSCHAFT<br />

algomed.de<br />

kirstinknufmann.de<br />

pureraw.de<br />

herstellen sowie vermarkten. Zudem möchten<br />

wir die Öffentlichkeit darüber aufklären, was<br />

Algen alles können“, erklärt Kirstin Knufmann.<br />

Im Internet zeigt die junge Frau, wie sich Algen<br />

zu Hause zubereiten lassen. Die Aufnahmen<br />

entstehen in ihrer privaten Küche, die sie sich<br />

inzwischen ebenfalls mit Jörg Ullmann teilt. Die<br />

beiden kochen, braten und trocknen Algen. Die<br />

uralten Wasserpflanzen dienen ihnen als Gemüse,<br />

Gewürz, Geliermittel und Geschmacksverstärker.<br />

Vermutlich gibt es 400.000 verschiedene<br />

Algenarten auf der Welt, und die Forschung<br />

steht noch ganz am Anfang. „Wir sind<br />

gerade erst dabei, diese Schatztruhe zu öffnen“,<br />

sagt Ullmann. Für das neue Kompetenzzentrum<br />

hat er mit seiner Partnerin den ersten Grundstein<br />

gelegt. 2018 initiierten die beiden das<br />

mehrmonatige Innovationsforum AlgaeFood,<br />

zu dem auch eine internationale Konferenz in<br />

Magdeburg gehörte. Die Suche nach weiteren<br />

Geschäftspartnern hat somit begonnen. Doch<br />

auch Multiplikatoren wie Köche, Blogger und<br />

prominente Markenbotschafter werden gebraucht.<br />

„Es ist schön, dass Sachsen-Anhalt die<br />

Algen in seine Leitmarktstrategie aufgenommen<br />

hat“, findet Ullmann. „Klötze könnte zum<br />

Ausgangspunkt für einen ganzen Industriezweig<br />

werden.“<br />

Als Kirstin Knufmann damals nach einem neuen<br />

Standort für ihr Unternehmen suchte, hatte<br />

sie auch München und Hamburg im Blick. In<br />

Klötze fand sie nicht nur günstigere Lager- und<br />

Produktionsflächen, sondern auch 18 Mitarbeiterinnen,<br />

Haus und Hund – und in Jörg Ullmann<br />

einen starken Partner im Beruflichen wie im<br />

Privaten. „Wir haben schon so viel zusammen<br />

angestoßen“, freut sie sich. „Dafür haben wir<br />

es drei Jahre lang nicht geschafft, ins Kino zu<br />

gehen.“<br />

9


ZUKUNFTSMARKT ERNÄHRUNG UND LANDWIRTSCHAFT<br />

Frei von<br />

Gewissensbissen<br />

Gut gemeinte und gut gemachte<br />

Schokolade kommt aus Tangermünde<br />

Tangermünder Nährstange, Magdeburger<br />

Kugeln oder Tanolo – die<br />

Konditorei Stehwien ist für außergewöhnliche<br />

regionale Spezialitäten bekannt. Doch sie hat<br />

auch die Trends der Zukunft im Blick.<br />

Die Konditorei wurde 1899 in Tangermünde<br />

gegründet und ist bis heute in Familienhand<br />

geblieben. Der Inhaber Olaf Stehwien freut sich,<br />

wenn er durch die moderne Produktionsstätte<br />

führen kann. Er hat nichts zu verbergen, aber<br />

viel vorzuzeigen. Neben den traditionellen Pro-<br />

dukten bedient das 20-köpfige Team unter anderen<br />

auch die Marke „ChocQlate“ des Münchner<br />

Unternehmens TrustFood GmbH und damit<br />

den überregionalen Zukunftsmarkt: Die feinen<br />

Virgin-Kakao-Schokoladen sind vegan, bio,<br />

gluten- und laktosefrei. Gesüßt werden sie mit<br />

Kokosblüten und verpackt in kompostierbarer<br />

Holzfolie.<br />

naehrstange.de, chocqlate.com<br />

Bibliothek<br />

des Lebens<br />

Die große Genbank in Gatersleben<br />

ist lebenswichtig<br />

Knackige<br />

Ideen<br />

Die Trockenfrüchte von PÄX Food garantieren<br />

natürlichen Geschmack<br />

Die wissenschaftliche Arbeit in Gatersleben<br />

baut auf ein grünes Herz: die<br />

bundeszentrale Ex-situ-Genbank. Sie sichert<br />

als eine der weltweit größten und ältesten Einrichtungen<br />

ihrer Art die genetische Vielfalt von<br />

Kulturpflanzen.<br />

In der Genbank am Leibniz-Institut für Pflanzengenetik<br />

und Kulturpflanzenforschung (IPK)<br />

Gatersleben werden 151.002 Muster aus 2.933<br />

Arten und 776 Gattungen bewahrt und so<br />

dauerhaft nutzbar gemacht: Mit Hilfe dieser<br />

Sammlung werden Kulturpflanzen und deren<br />

verwandte Wildarten erforscht. Die Forschungsergebnisse<br />

führen zu einem besseren<br />

Pflanzenverständnis und werden zur Grundlage<br />

für Neuzüchtungen. Für die Recherche dient<br />

Wissenschaftlern das Genbankinformationssystem<br />

(GBIS).<br />

Trockenfrüchte klingen nach dürrer,<br />

weicher Diätkost. PÄX Food serviert sie<br />

ganz anders: Die haltbaren Früchte aus Magdeburg<br />

sind knackig, farbfrisch und enthalten<br />

noch nahezu alle Vitamine.<br />

Nicht gebacken, nicht frittiert, nicht gefriergetrocknet:<br />

Die PÄX Food AG hat ein ganz neues<br />

Verfahren entwickelt, um Früchte haltbar zu<br />

machen: Sie werden bei Wärmezufuhr schonend<br />

im Vakuum getrocknet. Dabei kommen<br />

weder Zucker noch andere Zusatzstoffe in die<br />

Tüte. Im Onlineshop gibt es neben Apfelringen<br />

auch Exoten wie Maulbeere oder Physalis.<br />

Zucchini, Zwiebeln und Rote Bete lassen sich<br />

super verkochen. Für eine vegane, gesunde<br />

Küche zu jeder Jahreszeit oder einfach als<br />

knuspriger Snack zwischendurch.<br />

ipk-gatersleben.de<br />

paexfood.com<br />

10


EW Biotech<br />

Geschäftsführer<br />

Dr. Joachim<br />

Schulze<br />

ZUKUNFTS-<br />

MARKT<br />

CHEMIE UND<br />

BIOÖKONOMIE<br />

Aus klein<br />

wird groß<br />

EW Biotech<br />

11


EW Biotech<br />

skaliert in Leuna<br />

biotechnologische<br />

Prozesse<br />

Der Chemiepark in Leuna ist eine eigene<br />

kleine Welt. Ohne Ausweiskontrolle und<br />

Sicherheitsbelehrung darf niemand das Gelände<br />

befahren. Im Inneren vernetzt ein kilometerlanges<br />

Geflecht aus Straßen, Schienen, Rohrleitungen<br />

und Stromkabeln das traditionsreiche<br />

Industriegebiet. Über 6.000 Menschen arbeiten<br />

auf dem 1.300 Hektar großen Areal – Leuna hat<br />

in der Chemiebranche einen Namen.<br />

Eines der zahlreichen Unternehmen, die ihren<br />

Sitz im Chemiepark haben, ist die EW Biotech<br />

GmbH. Hier wird der Sprung vom Labor zur<br />

industriellen Fertigung geprobt. So hat beispielsweise<br />

ein amerikanisches Unternehmen<br />

den Stoff 1,3-Butylenglykol, der als Feuchtigkeitsspender<br />

in vielen Cremes steckt, bei EW<br />

Biotech in kleinen Mengen produzieren lassen.<br />

„Wir können mit unserer Anlage jeden biotechnologischen<br />

Prozess skalieren und zur Industriereife<br />

führen. Die ersten Tonnen von einem Stoff<br />

lassen Kunden bei uns produzieren. Weltweit<br />

gibt es nur zwei bis drei Unternehmen, die so<br />

etwas können. Diese Tatsache macht uns zu<br />

einem gefragten Partner“, sagt Geschäftsführer<br />

Dr. Joachim Schulze, während im Nebenzimmer<br />

Vertreter eines amerikanischen Startups<br />

sitzen und mit den Entwicklern aus Leuna<br />

über zukünftige Projekte verhandeln. Neben<br />

der Skalierung und Lohnfertigung ermöglicht<br />

die Anlage von EW Biotech auch Forschungs-<br />

12


ZUKUNFTSMARKT CHEMIE UND BIOÖKONOMIE<br />

„In der Summe bilden die<br />

Chemie-Unternehmen in<br />

Sachsen-Anhalt ein sehr<br />

interessantes Spektrum ab<br />

und wir haben eine gute<br />

Zusammenarbeit. In diese<br />

Komplexität habe ich das<br />

selten erlebt.“<br />

DR. JOACHIM SCHULZE<br />

und Entwicklungsaktivitäten auf dem Gebiet<br />

bio-basierter Chemikalien für Kosmetika sowie<br />

Lebensmittel- und Futtermittelzusatzstoffe.<br />

EW Biotech ist regelmäßig auf internationalen<br />

Messen vertreten, um Kunden<br />

mit ihren Projekten nach Leuna zu holen.<br />

Der Bereich Bioökonomie wächst stetig.<br />

„In Deutschland und den USA gründeten sich in<br />

den vergangenen Jahren zahlreiche Start-ups,<br />

die Bakterien, Hefen und Pilze gentechnisch so<br />

modifizieren, dass sie Feinchemikalien produzieren<br />

können. Das ist exakt der Punkt, wo wir<br />

ins Spiel kommen, um auszutesten, was geht.<br />

Mittlerweile klopfen 60 bis 70 Prozent der amerikanischen<br />

Start-ups in der Bioökonomie hier<br />

bei uns an“, erklärt Geschäftsführer Joachim<br />

Schulze. Bevor der gebürtige Dortmunder nach<br />

Leuna kam, arbeitete er in der Forschung und<br />

Entwicklung sowie als Manager im Anlagenbau<br />

und war weltweit im Einsatz. „Mich reizt diese<br />

neue Technologie und die Innovationskraft. In<br />

der Bioökonomie steckt ein gigantisches Potenzial.<br />

Sachsen-Anhalt hat in diesem Bereich den<br />

richtigen Kurs eingeschlagen, um weltweit<br />

ganz vorn mitspielen zu können. Wir sind momentan<br />

an einer Schwelle, wo wir biotechnologische<br />

Verfahren in die Industrie reinbringen“,<br />

erklärt Schulze.<br />

Bei EW Biotech arbeiten gegenwärtig<br />

mehr als 30 Beschäftigte. In der noch<br />

jungen Branche erfahrene Mitarbeiter zu bekommen,<br />

gilt als schwierig. Der Ausbildungsbereich<br />

in dieser Schwellentechnologie muss<br />

sich noch deutlich erweitern.<br />

Auch deshalb gibt es in Sachsen-Anhalt den<br />

Cluster BioEconomy – einem Verbunden aus<br />

Unternehmen, Forschungs- und Bildungseinrichtungen,<br />

die eng vernetzt an einer biobasierten<br />

Wirtschaft arbeiten. So sollen Wertschöpfungsketten<br />

erweitert und effizient optimiert<br />

werden. Ziel ist es, eine deutschland- und europaweite<br />

Modellregion für die Bioökonomie zu<br />

schaffen. Gegenwärtig sind mehr als 70 Unternehmen,<br />

Forschungsinstitute und Bildungseinrichtungen<br />

in dem Cluster organisiert.<br />

„Wir haben ideale Voraussetzungen. Es<br />

gibt in Sachsen-Anhalt die drei größten<br />

Zuckerfabriken auf der Welt. Außerdem ist<br />

die Akzeptanz für die Chemieindustrie in der<br />

Region größer, weil es eine jahrzehntelange<br />

Tradition gibt, das ist ein klarer Vorteil.<br />

13


Fakten<br />

Chemie und Bioökonomie<br />

in Sachsen-Anhalt<br />

80.000 13.800<br />

Jahre alt ist der<br />

älteste Kunststoff aus<br />

Mitteldeutschland –<br />

gefunden in Königsaue<br />

bei Aschersleben.<br />

Gut ein Sechstel des<br />

Gesamtindustrieumsatzes<br />

des Landes Sachsen-Anhalt<br />

werden von der chemischen<br />

Industrie erwirtschaftet.<br />

In der Chemieindustrie<br />

Sachsen-Anhalts<br />

arbeiten rund 13.800<br />

Beschäftigte, die<br />

einen Umsatz von rund<br />

7,5 Milliarden Euro<br />

erwirtschaften.<br />

Im Bundesland gibt es<br />

fünf Chemieparks: Chemiepark<br />

Bitterfeld-Wolfen,<br />

Chemiestandort Leuna, Dow<br />

Value Park Schkopau/Böhlen,<br />

Agro-Chemie Park Piesteritz<br />

sowie den Chemie- und<br />

Industriepark Zeitz.<br />

In der Summe bilden die Chemie-Unternehmen<br />

in Sachsen-Anhalt ein sehr interessantes<br />

Spektrum ab, und wir haben eine gute<br />

Zusammen arbeit. In dieser Komplexität habe<br />

ich das selten erlebt“, sagt Joachim Schulze, der<br />

zugleich auch der Vorstandsvorsitzende des<br />

Clusters BioEconomy ist.<br />

Innovationen haben in Leuna Tradition.<br />

Im Jahr 1916 begründete Carl Bosch im<br />

Auftrag der BASF mit einem Ammoniakwerk<br />

die Geschichte des Chemiestandortes. Die vorausschauenden<br />

Pläne des Chemikers verhalfen<br />

Leuna zu internationalem Ansehen.<br />

Nach der industriellen Einführung der Ammoniaksynthese<br />

wurde ab 1923 erstmalig im Weltmaßstab<br />

Methanol im Hochdruckverfahren<br />

hergestellt. Ende der zwanziger Jahre wurde<br />

mit der entwickelten Braunkohlehydrierung<br />

zur Herstellung synthetischer Treibstoffe die<br />

Geschichte Leunas als Standort der Mineralölindustrie<br />

eingeleitet. Ein Meilenstein in der<br />

Geschichte des Standorts war das Jahr 1938: In<br />

Leuna gelang die Synthese von Caprolactam zur<br />

Erzeugung von Perlon. Bis zum Zweiten Weltkrieg<br />

entwickelte sich die Technologiehochburg<br />

zum damals größten Betrieb der deutschen<br />

Chemieindustrie. Beispielhaft dafür ist die 1942<br />

in Betrieb genommene, weltweit erste Produktionsanlage<br />

zur Herstellung synthetischer Tenside.<br />

Ein Synonym für Chemie blieb Leuna auch<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg. Von der Produktion<br />

unter ostdeutscher Flagge profitieren auch<br />

heutige Investoren am Standort. Den Ruf einer<br />

umweltverschmutzenden Industrieregion hat<br />

Leuna längst hinter sich gelassen. Im Vergleich<br />

zu 1989 wurden die Umweltbelastungen um<br />

95 Prozent gesenkt und mehr als 6,5 Milliarden<br />

Euro in den Chemiestandort investiert. Der<br />

Standort hat sich zum Schmelztiegel internationaler<br />

Chemieunternehmen entwickelt, an dem<br />

Franzosen, Amerikaner, Belgier und Deutsche<br />

eng zusammenarbeiten.<br />

ew-biotech.com<br />

14


ZUKUNFTSMARKT CHEMIE UND BIOÖKONOMIE<br />

Stabile Werte<br />

Die C3 Technologies GmbH in Halle (Saale)<br />

baut auf umweltfreundliche Verbundstoffe<br />

ohne Erdöl<br />

Kann man besser bauen als die Natur?<br />

Natürliche Materialien sind gesund und<br />

beliebt, doch oft auch teurer als herkömmliche<br />

Stoffe und anspruchsvoll in der Anwendung.<br />

Das GreenTech-Unternehmen C3 Technologies<br />

antwortet mit umweltfreundlichen Verbundstoffen.<br />

Die Hightech-Werkstoffe aus regionalen, nachwachsenden<br />

Rohstoffen optimieren Eigenschaften<br />

sowie Kosten und schonen zugleich<br />

wertvolle Ressourcen. Sie sind stabil, kostengünstig<br />

und kommen ohne Erdöl und Hochleistungsprozesse<br />

aus. Zu den Lösungen aus Halle<br />

(Saale) gehört auch das weltweit einmalige<br />

Bauelement-System NatureComposite-Panels<br />

mit tragender Funktion. Es kann beim Bau<br />

mehrstöckiger Gebäude angewandt werden.<br />

Die C3-Produkte werden gemeinsam mit dem<br />

Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen<br />

und Systemen IMWS entwickelt.<br />

c3tec.de<br />

Stroh zu Gold<br />

Die Global Bioenergies GmbH zeigt in Leuna<br />

Alternativen für Erdöl auf<br />

Für die Herstellung von Treibstoff,<br />

Lösungsmittel, Gummi oder Acrylglas<br />

benötigt man Isobuten. Für Isobuten benötigt<br />

man Erdöl – oder Zucker. In einer Demonstrationsanlage<br />

in Leuna suchen Forscher nach<br />

neuen Wegen.<br />

Isobuten ist ein Basisrohstoff für die Industrie<br />

und gehört zu den wichtigsten petrochemischen<br />

Grundstoffen. Doch die Ressource Erdöl<br />

ist begrenzt. Das deutsch-französische Unternehmen<br />

Global Bioenergies GmbH und das<br />

Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische<br />

Prozesse CBP demonstrieren einen Aus-<br />

weg. 2017 haben sie eine Pilotanlage errichtet,<br />

in der jährlich 100 Tonnen Isobuten produziert<br />

werden können – dank der Verdauungsprozesse<br />

eines Mikroorganismus. Die Grundlage dafür<br />

bilden nachwachsende Rohstoffe wie Zuckerrüben<br />

oder Getreide. Um Nahrungsmittel zu<br />

schützen, haben die Forscher auch land- und<br />

forstwirtschaftliche Reststoffe wie Stroh und<br />

Holz im Blick. Perspektivisch soll in Leuna aus<br />

Zucker so Biokerosin entstehen.<br />

global-bioenergies.com<br />

cbp.fraunhofer.de<br />

15


ZUKUNFTS-<br />

MARKT<br />

MOBILITÄT<br />

UND LOGISTIK<br />

Auf Herz<br />

und Nieren<br />

FEV Dauerlaufprüfzentrum<br />

16


ZUKUNFTSMARKT MOBILITÄT UND LOGISTIK<br />

FEV in Brehna testet<br />

Motoren an 365 Tagen<br />

rund um die Uhr<br />

Auf mehr als zwei Dutzend Monitoren<br />

schwirren Verlaufskurven, Zahlenkolonnen,<br />

Balkendiagramme. An der Wand<br />

zeigen Uhren die Zeit in den USA, China oder<br />

Japan. Ingenieure klicken sich routiniert durch<br />

Verlaufsprotokolle. Im Kontrollraum vom FEV<br />

Dauerlaufprüfzentrum herrscht nicht nur Überblick<br />

– hier hat man den Durchblick.<br />

Im Gewerbegebiet in Brehna nordöstlich von<br />

Halle lassen Automobilhersteller aus der ganzen<br />

Welt ihre neu entwickelten Motoren auf<br />

„Herz und Nieren“ prüfen, bevor sie in die Serienfertigung<br />

gehen. In konfigurierten Prüfzellen<br />

werden mit modernster Messtechnik unterschiedlichste<br />

Motoren auf Dauer und Funktion<br />

erprobt. Vom Verschleiß einzelner Bauteile<br />

über den Öl- oder Kühlmittelverbrauch bis zur<br />

Ansaugluft werden tausende Daten sekundengenau<br />

dokumentiert und an die Entwicklungsabteilungen<br />

der Autohersteller übermittelt.<br />

Hans-Dieter Sonntag ist einer von zwei Geschäftsführern<br />

vom FEV Dauerlaufprüfzentrum.<br />

Er sitzt in seinem Büro und blickt aus<br />

dem Fenster auf die am Horizont vorbeiziehenden<br />

Fahrzeuge der A9. „Rund um die Uhr haben<br />

wir hier Mechaniker, Techniker und Ingenieure<br />

im Dienst. Das schafft eine sehr hohe Effizienz<br />

beim Erledigen der Prüfaufgaben. Zudem<br />

können wir Auswertungen, Sondermessungen,<br />

Fehleranalysen und entsprechende Lösungen<br />

zu jeder Tages- und Nachtzeit erledigen und<br />

unseren Kunden zur Verfügung stellen“, erklärt<br />

Hans-Dieter Sonntag. Diese hohe Effizienz<br />

sowie der 24-Stunden-Service sind auch der<br />

Grund dafür, dass Automobilhersteller ihre<br />

Motoren nicht mehr selbst testen, sondern<br />

nach Brehna geben. Immer schnellere Modellwechselzyklen<br />

und die steigende Komplexität<br />

der Antriebskonfigurationen erhöhen den<br />

Bedarf zur technischen Absicherung von neuen<br />

Motorenfamilien.<br />

Hans-Dieter<br />

Sonntag,<br />

Geschäftsführer<br />

FEV Dauerlaufprüfzentrum<br />

Im FEV Dauerlaufprüfzentrum können<br />

sowohl alle Verbrennungsmotoren wie<br />

auch Hybride oder rein elektrische Fahrzeugantriebe<br />

erprobt werden. „Es ist gegenwärtig<br />

17


Fakten<br />

Mobilität und Logistik<br />

in Sachsen-Anhalt<br />

Mit 3.100 Kilometern gibt<br />

es in Sachsen-Anhalt eines<br />

der weltweit dichtesten<br />

Schienennetze.<br />

6<br />

6 Fachbereiche an<br />

Hochschulen im Land bilden<br />

Nachwuchs für den Bereich<br />

Logistik aus.<br />

Sachsen-Anhalt hat eines der<br />

modernsten Wasserstraßennetze<br />

in Europa mit Elbe, Mittellandkanal,<br />

Elbe-Havel-Kanal<br />

und Wasserstraßenkreuz.<br />

schwierig vorherzusagen, welche Antriebsform<br />

sich zukünftig durchsetzen wird. Wir gehen<br />

davon aus, dass in den kommenden zehn<br />

Jahren die verschiedenen Technologien parallel<br />

weiterentwickelt werden. Von dieser Mehrgleisigkeit<br />

profitieren wir natürlich“, so Hans-Dieter<br />

Sonntag. Für FEV in Brehna heißt das Wachstum.<br />

Insbesondere in den Ausbau von Prüfständen<br />

für Elektromotoren hat FEV investiert – der<br />

Bedarf in diesem Segment ist enorm.<br />

„Hier in der Region herrscht<br />

eine Mentalität des Anpackens. Man<br />

äußert eine Idee und dann geht es los.<br />

Das ist ein Hauptgrund, warum wir heute<br />

am Standort Brehna sind.“<br />

HANS-DIETER SONNTAG<br />

Begonnen hat das Unternehmen im<br />

Jahr 2008 mit 80 Mitarbeitern, die für 31<br />

Motoren- und Antriebsstrangprüfanlagen zuständig<br />

waren. Heute hat der Standort 48 Prüfstände<br />

und mehr als 200 Mitarbeitende. Als die<br />

FEV Gruppe mit Hauptsitz in Aachen damals<br />

nach einem geeigneten Standort gesucht hat,<br />

überzeugte Sachsen-Anhalt mit Schnelligkeit.<br />

„Hier in der Region herrscht eine Mentalität des<br />

Anpackens. Man äußert eine Idee, und dann<br />

geht es los. Das ist ein Hauptgrund, warum wir<br />

heute am Standort Brehna sind. Wir hatten<br />

damals Zeitnot, um pünktlich operativ zu sein.<br />

Schließlich haben die hiesigen Behörden eine<br />

Ämterkonferenz abgehalten und was wir nicht<br />

für möglich hielten, innerhalb einer Woche<br />

hatten wir die Genehmigung“, erinnert sich<br />

Geschäftsführer Sonntag, der vorher viele Jahre<br />

in Aachen für das Unternehmen gearbeitet hat.<br />

Mittlerweile hat FEV 90 Millionen Euro in den<br />

Standort Brehna investiert und dabei soll es<br />

nicht bleiben. Gegenwärtig gibt es Pläne, noch<br />

im Jahr <strong>2019</strong> in der Nachbarschaft den nächsten<br />

Schritt in Richtung e-Mobilität zu gehen – mit<br />

bis zu 80 neuen Arbeitsplätzen.<br />

Um die Forschung und Entwicklung in<br />

Sachsen-Anhalt zu stärken, ist FEV<br />

Teil des Cluster MAHREG Automotive. Dabei<br />

handelt es sich um ein Netzwerk, dem 170<br />

Unternehmen und Forschungseinrichtungen<br />

angehören. Die zentrale Aufgabe des Netzwerkmanagements<br />

ist es, die Innovations- und<br />

Leistungsfähigkeit regionaler Zulieferer zu stärken.<br />

Neben Entwicklungspartnerschaften gibt<br />

es einen intensiven Wissens- und Technologietransfer<br />

zwischen Wissenschaft, Dienstleistern<br />

und Fertigern. Die FEV pflegt vielfältige<br />

Kooperationen mit den Hochschulen Sachsen-<br />

Anhalts. So ist beispielsweise geplant, gemein-<br />

18


ZUKUNFTSMARKT MOBILITÄT UND LOGISTIK<br />

sam mit der Otto-von-Guericke-Universität<br />

Magdeburg ein „Center for Method Development“<br />

aufzubauen. „Es wird an Bedeutung<br />

zunehmen, gute Verbindungen zu den Hochschulen<br />

und Universitäten zu haben. Ziel muss<br />

es sein, die Absolventen in Sachsen-Anhalt zu<br />

halten. Wirtschaft und Wissenschaft müssen<br />

enger zusammenrücken. Auch die dualen<br />

Studiengänge sollten ausgebaut werden, um<br />

nicht nur reine Theoretiker auszubilden“, so<br />

Hans-Dieter Sonntag.<br />

Im Dauerlaufprüfzentrum in Brehna arbeiten<br />

viele junge Ingenieure im Schichtbetrieb.<br />

fev-dlp.de<br />

„Es ist heutzutage nicht mehr ganz leicht, gute<br />

Leute zu finden. Doch wir haben neben einer<br />

angemessenen Bezahlung auch weitere Leistungen<br />

wie Gesundheitsmanagement, Wäscheservice,<br />

frisches Obst und Kaffee und bieten<br />

interessante Jobs, das macht uns attraktiv.<br />

Auch wenn wir mit Porsche oder BMW im nahe<br />

gelegen Leipzig um gut ausgebildete Fachkräfte<br />

konkurrieren“, erklärt der Geschäftsführer.<br />

Mitarbeitern, die aus dem Schicht-Rhythmus<br />

herauswollen, versucht FEV eine Alternative zu<br />

bieten, um sie im Unternehmen zu halten. So<br />

gibt es beispielsweise eine Abteilung, in der die<br />

Motoren nach dem Dauerlauf in alle ihre Einzelteile<br />

zerlegt und fotodokumentiert werden.<br />

Die Bürotür von Hans-Dieter Sonntag öffnet<br />

sich einen Spalt und seine Assistentin erinnert<br />

ihn daran, dass in 30 Minuten das Boarding für<br />

seinen Flug beginnt. Auch das ist ein Vorteil am<br />

Standort Brehna – man braucht lediglich 20 Minuten<br />

bis zum Flughafen Leipzig/Halle.<br />

19


ZUKUNFTSMARKT MOBILITÄT UND LOGISTIK<br />

Virtuelle Visionen<br />

Nericon liefert maßgeschneiderte<br />

Designs für Automobile<br />

Das eigene Auto ist längst ein schickes<br />

Statussymbol. Zugleich werden innerhalb<br />

kürzester Zeit immer neue Lösungen in<br />

Sachen Antrieb, Leistung und Umweltschutz<br />

gebraucht. NERICON antwortet mit virtuellen<br />

Visionen und konstruiert optimale Lösungen<br />

in 3D.<br />

Die Geschichte der NERICON engineering &<br />

design GbR begann mit einem effizienten<br />

Solarmobil, das Studierende der Hochschule<br />

Anhalt mit viel Leidenschaft entwickelten. Auf<br />

diese Kompetenzen bauten sie 2012 ihr eigenes<br />

Unternehmen. Seither widmen sie sich<br />

in Gardelegen dem Automobil als Ausdrucksform.<br />

Für Volkswagen, Skoda und Zulieferer<br />

arbeitet NERICON an maßgeschneiderten<br />

Designs und verbessert die Konstruktion von<br />

Funktionsbauteilen innen und außen – von<br />

der Heckschürze über die Sitzgarnitur bis zu<br />

den Armaturen.<br />

nericon.de<br />

Unvorstellbar<br />

hilfreich<br />

Die tarakos GmbH simuliert Logistikprozesse<br />

Eine gute Planung ist die halbe Miete:<br />

Mit den 3D-Softwarelösungen der<br />

Magdeburger tarakos GmbH werden weltweit<br />

Kosten in Milliardenhöhe eingespart. Die<br />

Simulationen entscheiden darüber, ob und wie<br />

Produktionsanlagen und Logistikzentren gebaut<br />

werden.<br />

Zu den Kunden von tarakos gehören unter<br />

anderen Volkswagen, Siemens und Nestle.<br />

Ihnen stellt das Unternehmen Softwaretools<br />

zur Verfügung, mit denen komplexe Logistikund<br />

Fertigungsprozesse virtuell geplant und<br />

simuliert werden. Diese kostengünstige und<br />

bedienfreundliche 3D-Prozess-Visualisierung<br />

ermöglicht dem Mittelstand genauere Planung,<br />

höhere Produktion, mehr Sicherheit und niedrigere<br />

Energiekosten. Die tarakos ist ursprünglich<br />

ein Spinn-offs des Fraunhofer-Instituts für<br />

Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF und<br />

arbeitet auch mit der Universität Magdeburg<br />

zusammen.<br />

tarakos.de<br />

20


Dr. Chris Rehse,<br />

Geschäftsführer<br />

und Mitgründer<br />

des Start-ups<br />

neotiv<br />

ZUKUNFTS-<br />

MARKT<br />

GESUNDHEIT<br />

UND<br />

MEDIZIN<br />

Kopfsache<br />

neotiv<br />

21


Mit einer App<br />

geht neotiv<br />

erste Schritte in<br />

Richtung frühzeitige<br />

Erkennung von<br />

Alzheimer<br />

Die Sorge, an Alzheimer zu erkranken,<br />

ist insbesondere unter älteren Menschen<br />

weit verbreitet. Die Gehirnerkrankung<br />

ist heutzutage für mehr als 60 Prozent aller<br />

Demenz-Fälle verantwortlich. Dabei verschlimmert<br />

sich der Gedächtnisverlust schrittweise<br />

über mehrere Jahre, bis die Betroffenen am<br />

Ende nicht mehr auf ihr Umfeld reagieren<br />

können.<br />

Eine Software des Magdeburger Unternehmens<br />

neotiv macht nun Hoffnung, die Erkrankung<br />

frühzeitig zu erkennen. „Symptome, die<br />

zu einer Alzheimer Erkrankung führen können,<br />

werden immer noch zu spät erkannt. Heutige<br />

Therapieansätze beginnen erst, wenn die Schäden<br />

bereits irreparabel sind. Mit dem Einsatz<br />

unser App wollen wir das ändern. Alzheimer<br />

beginnt meist 10-15 Jahre, bevor die Erkrankung<br />

wahrnehmbare Symptome zeigt. Dieses<br />

Zeitfenster muss für aktive Prävention und<br />

therapeutische Ansätze genutzt werden“, sagt<br />

Dr. Chris Rehse, Geschäftsführer und einer der<br />

vier Gründer des Start-ups neotiv.<br />

Die digitale Lösung der Magdeburger<br />

kommt in Form von spielerischen Gedächtnistests.<br />

Mit Hilfe von Erkenntnissen aus<br />

der Kognitionsforschung fokussieren sich die<br />

Tests der App auf frühzeitig von Alzheimer<br />

betroffene Gedächtnisfunktionen. Über einen<br />

längeren Zeitraum werden spezielle Gedächtnisleistungen<br />

regelmäßig gemessen, so dass<br />

Veränderungen festgestellt werden können.<br />

22


ZUKUNFTSMARKT GESUNDHEIT UND MEDIZIN<br />

„Der Standort Magdeburg<br />

ist für uns optimal. Wir<br />

haben einen kurzen Draht<br />

zur Uni-Leitung und werden<br />

von den Landesministerien<br />

unterstützt. Gerade bei<br />

Wissenschaftsausgründungen<br />

ist eine enge Verzahnung mit der<br />

Universität unabdingbar.“<br />

DR. CHRIS REHSE<br />

Zu Beginn des Messzeitraumes wird ein Profil<br />

des Nutzers erstellt, in dem Risikofaktoren wie<br />

Bluthochdruck oder Diabetes erfasst werden.<br />

Sind die Abstände der Tests am Anfang noch<br />

relativ eng, vergrößern sie sich später auf zwei<br />

Mal monatlich.<br />

Da Alzheimer in der Frühphase zukünftig nicht<br />

nur pharmakologisch gebremst werden kann,<br />

sondern auch durch Lebensstilveränderungen<br />

beeinflussbar ist, gibt die App Ratschläge zur<br />

Modifikation von Risikofaktoren wie z. B. zur Ernährung<br />

oder auch zum Bewegungsverhalten.<br />

„Unsere App ist eine Art Blutdruckmessgerät<br />

für das Gehirn. Ein einmaliger Test ist immer<br />

eine Momentaufnahme, die wenig Aufschluss<br />

gibt. Erst eine langfristige Begleitung unterstützt<br />

diagnostische Schlussfolgerungen sinnvoll.<br />

Wir wollen den Ärzten mit der Software<br />

ein Hilfsmittel geben, weil bei der Diagnose von<br />

Alzheimer oft Unsicherheit herrscht und somit<br />

viele Patienten durch das Raster fallen“, erklärt<br />

Chris Rehse. Um einen möglichen Missbrauch<br />

der sensiblen Daten zu verhindern, gibt es ein<br />

ausgeklügeltes Datenschutzkonzept. So kann<br />

sich die App zwar jeder herunterladen, aber nur<br />

eine speziell dafür ausgewählte Forschungseinrichtung<br />

ist zur Auswertung der persönlichen<br />

Daten berechtigt. Im Gegensatz dazu ist es<br />

neotiv durch ein Anonymisierungsverfahren innerhalb<br />

der App zu keinem Zeitpunkt möglich,<br />

die erfassten Daten mit den Namen der Nutzer<br />

in Verbindung zu bringen.<br />

Gegenwärtig befindet sich die App<br />

noch im Studieneinsatz und wird von<br />

einigen hundert Menschen beispielsweise in<br />

den USA und Schweden verwendet. Zudem<br />

startete neotiv Anfang <strong>2019</strong> zusammen mit<br />

dem Deutschen Zentrum für neurodegenerative<br />

Erkrankungen (DZNE) und der Otto-von-Guericke-<br />

Universität Magdeburg ein sogenanntes<br />

Bürgerforschungsprojekt. Hier tragen Bürger<br />

aktiv dazu bei, den Einfluss von bestimmten<br />

Lebensstilfaktoren wie zum Beispiel Schlaf oder<br />

Stress auf die Gedächtnisfunktion besser zu<br />

verstehen. Geht es nach Chris Rehse, so werden<br />

die von neotiv entwickelten digitalen Biomarker<br />

zukünftig zum Standard in der internationalen<br />

Demenzdiagnostik und -therapie gehören. Ziel<br />

ist es, die neotiv-App in die Regelversorgung zu<br />

integrieren.<br />

„Gegenwärtig müssen wir noch viel Aufklärungsarbeit<br />

leisten. Alzheimer-Demenz unterliegt<br />

einem starken Stigma. Daher möchten wir<br />

dazu beitragen, über Präventionsmöglichkeiten<br />

aufzuklären und neue Therapieverfahren zu<br />

entwickeln“, erläutert der neotiv-Geschäftsführer.<br />

Als Ausgründung der Universität Magdeburg<br />

hat neotiv einen direkten Zugang<br />

zur Wissenschaft. Durch die enge Zusammenarbeit<br />

mit dem dortigen Institut für<br />

Kognitive Neurologie und Demenzforschung<br />

(IKND) sowie durch die Kooperation mit dem<br />

23


Fakten<br />

Gesundheit und Medizin<br />

in Sachsen-Anhalt<br />

Sachsen-Anhalt Fachkräftepotenzial mit<br />

über 55.000 Studenten an 10 Universitäten<br />

und Hochschulen des Landes und große<br />

Anzahl interdisziplinärer Studiengänge, wie<br />

Biotechnologie und Medizintechnik.<br />

1863<br />

Im Uniklinikum Magdeburg<br />

entstand 1863 der<br />

erste Operationssaal<br />

mit abwaschbaren<br />

Oberflächen in Europa.<br />

Etwa 1.000 Menschen<br />

forschen in Sachsen-Anhalt<br />

in der roten Biotechnologie.<br />

DZNE stehen neotiv zwei international renommierte<br />

Forschungseinrichtungen zur Seite, die<br />

beide ihren Sitz in der Landeshauptstadt haben.<br />

„Der Standort Magdeburg ist für uns optimal.<br />

Wir haben einen kurzen Draht zur Uni-Leitung<br />

und werden von den Landesministerien unterstützt.<br />

Gerade bei Wissenschaftsausgründungen<br />

ist eine hohe Verzahnung mit der Universität<br />

unabdingbar“, so Wirtschaftsingenieur<br />

Rehse. Auch bei der Suche nach geeigneten<br />

Mitarbeitern ist die Nähe zur Forschung von<br />

Vorteil. Einige Mitarbeiter von neotiv haben<br />

bereits während ihres Studiums als Hilfswissenschaftler<br />

an der Gedächtnis-App mitgearbeitet.<br />

Das 18-köpfige Team von neotiv ist international<br />

und interdisziplinär: einige Mitarbeitende<br />

stammen aus Frankreich, andere aus Venezuela.<br />

„Wir pflegen hier eine sehr offene und partnerschaftliche<br />

Unternehmenskultur. Jeder Mitarbeiter<br />

muss das Unternehmen repräsentieren<br />

können und ist ein Botschafter nach außen“,<br />

so Chris Rehse. Die Büros auf dem Campus der<br />

Magdeburger Uni hat das Start-up vor Kurzem<br />

verlassen und ist in die Magdeburger Innenstadt<br />

gezogen.<br />

Was es bedeutet ein Unternehmen zu<br />

gründen, hat Chris Rehse bereits in den<br />

USA erfahren, als er an der Stanford University<br />

tätig war. „Im Vergleich zu Deutschland ist dort<br />

das Thema Gründung viel selbstverständlicher,<br />

dazu gehört auch die Möglichkeit und der Umgang<br />

mit dem Scheitern. Außerdem kommt<br />

man als Start-up wesentlich schneller an Risikokapital.<br />

Wer eine Vision und eine Geschäftsidee<br />

hat, legt einfach los. Dies ermöglicht vor<br />

allem Wissenschaftsausgründungen einen<br />

besseren Zugang zum Gesundheitssystem und<br />

bietet schlussendlich Patienten eine schnellere<br />

Möglichkeit validierte Lösungen zur Diagnostik,<br />

Vorsorge und Therapie nutzen zu können.“<br />

An Ideen und Visionen mangelt es auch neotiv<br />

nicht. „Bedingt durch die demografische Entwicklung<br />

leben in Sachsen-Anhalt viele ältere<br />

Menschen, da wäre es doch ein gutes Zeichen,<br />

wenn aus Magdeburg eine starke Lösung<br />

gegen Alzheimer in die Welt geht“, sagt Chris<br />

Rehse.<br />

gedächtnis-erforschen.de<br />

24


ZUKUNFTSMARKT GESUNDHEIT UND MEDIZIN<br />

Heilsam<br />

an der Spitze<br />

Impfstoffe der IDT Biologika GmbH<br />

retten Leben<br />

Biotechnologie ist eine globale Schlüsselte<br />

c hn o l o gi e für das 21. Jahrhundert – da<br />

sind sich 1.900 Mitarbeiter schon lange einig.<br />

In Dessau-Roßlau forscht man seit 95 Jahren an<br />

Impfstoffen und Krankheiten.<br />

Dank der Präparate der IDT Biologika GmbH<br />

konnte in Deutschland die Tollwut ausgerottet<br />

werden, und auch der erste Salmonellen-Lebendimpfstoff<br />

für Hühner stammt aus Dessau. Es<br />

gibt Niederlassungen in China, den USA und<br />

mehreren europäischen Ländern. In Dessau<br />

können in einer neuen Produktionshalle jedes<br />

Jahr bis zu 60 Millionen Injektionsflaschen hergestellt<br />

werden. Somit ist IDT Biologika für den<br />

Ernstfall gewappnet und leistet einen wichtigen<br />

Beitrag für die Gesundheit von Mensch<br />

und Tier.<br />

idt-biologika.com<br />

Menschliche<br />

Technik<br />

MediGlove will Untersuchungen<br />

revolutionieren<br />

„Knochenjob“<br />

neu gesponnen<br />

Ein Vlies aus Kollagen unterstützt<br />

die Heilung von Körperzellen<br />

Was passiert, wenn Designer, Techniker<br />

und Programmierer gemeinsam über<br />

Menschlichkeit nachdenken? MediGlove entwickelt<br />

einen intelligenten Handschuh, der<br />

medizinische Untersuchungen revolutionieren<br />

könnte.<br />

Zeitdruck, Kostenorientierung und eine hohe<br />

Patientenzahl sorgen dafür, dass ärztliche Untersuchungen<br />

wie am Fließband laufen. Diesen<br />

Stress auf beiden Seiten will MediGlove heilen:<br />

Beim Handauflegen nimmt moderne Sensortechnologie<br />

die gewünschten Messdaten auf.<br />

Per Bluetooth werden sie unmittelbar an eine<br />

zentrale Stelle übertragen und für Mediziner<br />

wie Patienten transparent aufbereitet. Der<br />

Aufwand sinkt. Was bleibt, ist mehr Zeit für<br />

die menschliche Begegnung.<br />

Ein Durchbruch in der regenerativen<br />

Medizin: Die SpinPlant GmbH hat am<br />

Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von<br />

Werkstoffen und Systemen IMWS mit dem<br />

Elektrospinnverfahren ein neuartiges Vlies aus<br />

nativem Kollagen entwickelt. Es ist dreidimensional<br />

sowie nano- und mikroporös.<br />

Das Protein Kollagen gehört zu den Grundbausteinen<br />

des Körpers. Das Vlies der SpinPlant<br />

GmbH behält trotz des komplizierten technischen<br />

Verfahrens die natürlichen Eigenschaften<br />

des Strukturproteins: Es wirkt regenerativ<br />

und regt umliegende Zellen zur Biosynthese<br />

an. Das hilft zum Beispiel beim Knochenaufbau,<br />

bei der Wundheilung und bei der Knorpelregeneration.<br />

Am Standort Halle (Saale) stellt<br />

Spinplant das Plattformprodukt SpinBase und<br />

das Knochenfüllmaterial SpinFill her.<br />

mediglove.de<br />

spinplant.de<br />

25


ZUKUNFTS-<br />

MARKT<br />

ENERGIE,<br />

MASCHINEN- UND<br />

ANLAGENBAU,<br />

RESSOURCEN-<br />

EFFIZIENZ<br />

Maschinenbau<br />

in der DNA<br />

INTEB-M<br />

26


ZUKUNFTSMARKT ENERGIE, MASCHINEN- UND ANLAGENBAU, RESSOURCENEFFIZIENZ<br />

Die Holding Inteb-M<br />

nimmt die weltweiten<br />

Märkte in den Blick<br />

Felix von<br />

Nathusius,<br />

geschäftsführender<br />

Gesellschafter von<br />

INTEB-M<br />

Wenn Felix von Nathusius in die<br />

Zukunft denkt, dann hat er auch ein<br />

Stück Vergangenheit im Kopf. „In Magdeburg<br />

gibt es geschichtlich bedingt eine Begeisterung<br />

für Maschinenbau“, erklärt Nathusius. Dabei<br />

erinnert er vor allem an die Zeiten, in denen<br />

der Magdeburger Maschinenbau mit Firmen<br />

wie Polte, Wolf oder Gruson in Deutschland an<br />

erster Stelle stand und Weltruf besaß. Auch<br />

die Geschichte der Familie Nathusius ist eng<br />

mit der Industrialisierung der Region Magdeburg<br />

verbunden. So gründete Johann Gottlob<br />

Nathusius zu Beginn des 19. Jahrhunderts einen<br />

der ersten deutschen Industriekonzerne.<br />

„Heute ist Magdeburg auf der Karte des weltweiten<br />

Maschinenbaus leider nicht mehr zu<br />

finden. Trotzdem hat der Maschinenbau hier<br />

noch wahnsinnig viel DNA hinterlassen. Er ist<br />

nicht tot, nicht weg und schon gar nicht wegzudenken“,<br />

ist Nathusius überzeugt.<br />

An die erfolgreiche Maschinenbau-Ära<br />

möchten Felix von Nathusius und sein<br />

Geschäftspartner Karl-Thomas Klingebiel gern<br />

anknüpfen. Mit der im Jahr 2017 gegründeten<br />

Beteiligungsgesellschaft Inteb-M haben sie die<br />

Vision, den Maschinenbau in der Landeshauptstadt<br />

neu zu beleben und global zu etablieren.<br />

Die Holding führt Industrie- und Technologiebeteiligungen<br />

aus dem Maschinenbau zusammen<br />

und entwickelt diese im Verbund weiter.<br />

Zunächst übernahm Inteb-M den Mineralgussspezialisten<br />

IZM Polycast, der mit einem<br />

intelligenten Werkstoff Bauteile für den europäischen<br />

Markt gießt. IZM entwickelt jedoch<br />

auch Lösungen für Mess- und Medizintechnik.<br />

Danach folgte der Einstieg beim Werkzeugmaschinenhersteller<br />

H&B Omega mit ausgeprägten<br />

Kompetenzen in Reibschweißtechnologien.<br />

27


„Sachsen-Anhalt hat eine<br />

exzellente Projekt- und<br />

Netzwerkförderung und die Wege zu<br />

den Entscheidungsträgern in<br />

Verwaltung und Politik sind kurz.“<br />

FELIX VON NATHUSIUS<br />

Der jüngste Zugang im Verbund ist Symacon,<br />

wo Sondermaschinen für die Automatisierung<br />

von Montage- und Fertigungsprozessen entwickelt<br />

werden.<br />

Momentan befindet sich Inteb-M noch<br />

in der Anfangsphase. „Gegenwärtig sind<br />

einige Maschinenbauunternehmen der Region<br />

auf dem Sprung in die nächste Generation und<br />

müssen sich neu aufstellen. Hier sehen wir<br />

unsere Chance für weitere gezielte Zukäufe.<br />

Als international wettbewerbsfähiger Werkzeugmaschinenhersteller<br />

brauchen wir noch<br />

eine ganze Reihe Kompetenzen und organisatorischer<br />

Verstärkung, aber selbstverständlich<br />

müssen wir auch organisch wachsen“, sagt<br />

Felix von Nathusius.<br />

Die Bedingungen in Sachsen-Anhalt für die<br />

Pläne von Inteb-M in sind günstig. Mit den<br />

Hochschulen und Universitäten im Land gibt<br />

es viele gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsprojekte,<br />

die eine frühzeitige Bindung von<br />

gut ausgebildeten Ingenieuren zur Folge hat.<br />

„Sachsen-Anhalt hat eine exzellente Projektund<br />

Netzwerkförderung und die Wege zu<br />

den Entscheidungsträgern in Verwaltung und<br />

Politik sind kurz“, lobt Unternehmer<br />

Nathusius.<br />

inteb-m.de<br />

28


ZUKUNFTSMARKT ENERGIE, MASCHINEN- UND ANLAGENBAU, RESSOURCENEFFIZIENZ<br />

Freiraum schaffen<br />

für Innovationen<br />

Ceterum<br />

29


Fakten<br />

Energie, Maschinen- und Anlagenbau, Ressourceneffizienz<br />

in Sachsen-Anhalt<br />

2.500<br />

Knapp 30 Prozent aller Betriebe im<br />

verarbeitenden Gewerbe in Sachsen-Anhalt<br />

sind auf dem Gebiet des Maschinenbaus<br />

sowie der Herstellung und Erzeugung von<br />

Metallerzeugnissen, Metallbearbeitung tätig.<br />

Jährlich werden mindestens<br />

2.500 Ingenieure an den<br />

Hochschulen in Sachsen-<br />

Anhalt ausgebildet.<br />

Unternehmen<br />

profitieren von der<br />

maschinenbaunahen<br />

Forschungslandschaft<br />

im Land.<br />

Krebs&Aulich entwickelt und baut<br />

hochinnovative elektrische Antriebe<br />

in Wernigerode, Magdeburg und Shanghai. So<br />

entwickelte das Unternehmen beispielsweise<br />

in Kooperation mit der amerikanischen NASA<br />

und dem Deutschen Zentrum für Luft- und<br />

Raumfahrt den Antrieb für ein Infrarot-Stratosphären-Teleskop,<br />

welches in einer Boing 747<br />

installiert ist (SOFIA). Die Infrarotaufnahmen<br />

aus dem Weltraum ermöglichen neue Erkenntnisse<br />

über die Geburt von Sternen und die Entstehung<br />

von Galaxien.<br />

Die FAM Förderanlagen<br />

und Systeme werden für<br />

ihre hohe Qualität weltweit<br />

geschätzt<br />

Unternehmen den Rücken freihalten<br />

und ihre Innovationskraft stärken, das<br />

ist das Anliegen der Ceterum Holding. Die Gesellschaft<br />

mit Sitz in Wernigerode hält gegenwärtig<br />

Beteiligungen an 18 Unternehmen,<br />

darunter auch die FAM Magdeburger Förderanlagen<br />

und Baumaschinen GmbH sowie der<br />

Sondermaschinenbauer für Elektromotoren<br />

Krebs&Aulich in Sachsen-Anhalt. Die Förderanlagen<br />

und Systeme des traditionsreichen Unternehmens<br />

FAM werden für ihre hohe Qualität<br />

geschätzt und befinden sich in 80 Ländern im<br />

Einsatz. Die FAM mit ihren über 1.400 Mitarbeitenden<br />

ist auf allen Kontinenten vertreten.<br />

„Die hier ansässigen Unternehmen sollten ihre<br />

Erfolge stärker nach außen darstellen. Sachsen-Anhalt<br />

muss sich als Wirtschaftsstandort<br />

nicht verstecken und kann deutlich selbstbewusster<br />

auftreten“, sagt Clemens Aulich, Geschäftsführender<br />

Gesellschafter der Ceterum<br />

Holding.<br />

Um für die Zukunft gut gerüstet zu sein,<br />

sollte die Hochschullandschaft im Land<br />

weiter gestärkt werden. Insbesondere das<br />

duale Studium muss seiner Ansicht nach dabei<br />

deutlicher in den Fokus genommen werden.<br />

„Wichtig ist eine ausgewogene Balance zwischen<br />

Wissenschaft und Praxis bei den Absolventen“,<br />

so der Geschäftsführer. Kritisch bewertet<br />

Aulich die zunehmenden bürokratischen<br />

Vorschriften und Regularien, die Entscheidungen<br />

häufig verlangsamten. „Um international<br />

mithalten zu können, brauchen wir mehr Freiraum<br />

für Innovationen.“<br />

ceterum-holding.com<br />

30


Peter Ledermann,<br />

Gründer und Vorstand der<br />

Mercateo Deutschland AG<br />

ZUKUNFTS-<br />

MARKT<br />

INFORMATIONS-<br />

UND<br />

KOMMUNIKATIONS-<br />

TECHNOLOGIEN<br />

IKT<br />

Ledermanns<br />

Liebling<br />

mercateo<br />

31


Von Köthen<br />

aus wächst ein<br />

Online-Marktplatz für<br />

Sonderwünsche<br />

„Mach doch, trau dich!“ Das dürfte<br />

Peter Ledermanns Lieblingssatz sein.<br />

Mit dem Online-Marktplatz mercateo sprang<br />

er einst ins kalte Wasser – und ging erst mal<br />

unter. In Köthen tauchte der Visionär mit seinem<br />

Unternehmen ganz neu auf. Es begann die<br />

Geschichte eines viral skalierenden Systems.<br />

Peter Ledermann ist studierter Betriebswirt.<br />

Wenn er redet, dann lässt er immer wieder<br />

ganz nebenbei Zahlen fallen: Über 250 Millionen<br />

Euro Umsatz im Jahr, 23 Millionen Artikel<br />

im System, 1,4 Millionen Geschäftskunden …<br />

Zahlen, die stolz machen. Doch ihn selbst beeindrucken<br />

sie scheinbar nicht. „Was ich mir für<br />

die Zukunft noch vorstellen kann, das glauben<br />

Sie mir eh nicht“, sagt er und schmunzelt auf<br />

seine freundschaftliche Art.<br />

Der Vorstand der mercateo Gruppe wirkt<br />

eher wie ein netter Nachbar als ein Entscheidungsträger<br />

eines Unternehmens mit mehr<br />

als 520 Mitarbeitern an drei Standorten in<br />

Deutschland und 13 europäischen Dependancen.<br />

Das Herz von mercateo schlägt in der<br />

Innenstadt von Köthen. Hier arbeiten allein 250<br />

Frauen und Männer in den Bereichen Vertrieb,<br />

IT-Entwicklung, Buchhaltung und Kundenbetreuung<br />

daran, Einkäufer und Verkäufer<br />

aus ganz Europa glücklich zu machen.<br />

32


ZUKUNFTSMARKT INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNOLOGIEN<br />

„Ich war nicht einfach nur<br />

mutig. Ich war auch naiv.“<br />

PETER LEDERMANN<br />

Denn mercateo ist ein Online-Marktplatz für<br />

Geschäftskunden.<br />

Die Beschaffungsplattform erleichtert<br />

Buchhaltern, Einkäufern und Entscheidungsträgern<br />

die Arbeit erheblich. Sie setzt<br />

dort an, wo viele verzweifeln: Bei der Recherche<br />

nach speziellen Produkten, die nur ausnahmsweise<br />

benötigt werden. Sie kosten den Verantwortlichen<br />

im laufenden Tagesgeschäft viel<br />

Zeit, Geld und Nerven und lassen den buchhalterischen<br />

Aufwand explodieren.<br />

Explodieren können aber auch die Wachstumsraten<br />

eines Unternehmens, das Lösungen parat<br />

hält. „Ich war nicht einfach nur mutig. Ich war<br />

auch naiv“, sagt Ledermann ehrlich, wenn er<br />

über die Anfänge spricht. Das Unternehmen<br />

mercateo wurde 1999 in München gegründet<br />

und ein Jahr später von einem Investor übernommen.<br />

In dieser Zeit stieg auch Ledermann<br />

mit ein.<br />

Er und sein Geschäftspartner Dr. Sebastian<br />

Wieser waren überzeugt von ihrer Idee und<br />

bauten ein bisschen um: „Wir glauben an ein<br />

viral skalierendes System.“ Der Investor aber<br />

glaubte nicht daran. Denn anfangs lief noch<br />

nicht alles rund auf dem Online-Marktplatz.<br />

Doch gewinnbringende Geschäftsbereiche<br />

stellten die beiden zugunsten ihres kränkelnden<br />

Lieblings ein. Sie sprangen ins kalte Wasser und<br />

machten ihr eigenes Ding. Es war eine Zeit der<br />

Ungewissheit. Sehr viele Mitarbeiter mussten<br />

die beiden entlassen und zugleich wurde Ledermann<br />

zum zweiten Mal Vater.<br />

Die Wiege stand in München. In Köthen<br />

wagten die beiden Unternehmer 2004<br />

einen Neuanfang, weil sie hier Starthilfe für<br />

die teuren Personalkosten erhielten. Die ersten<br />

Bewerbungsgespräche führten sie am Aschermittwoch<br />

im Arbeitsamt der Karnevalshochburg<br />

Köthen. Eine dringend benötigte Buchhalterin<br />

sagte kurzfristig ab, weil ihr der Laden zu<br />

windig erschien. Ein Student, der sich eigentlich<br />

nur für eine Diplomarbeit bewerben wollte,<br />

wurde kurzerhand einkassiert und erlebte<br />

mit dem Jahresabschluss seine Feuertaufe. Er<br />

arbeitet heute noch für mercateo. Ledermann<br />

ist stolz wegen der Mitarbeiter, die über Jahre<br />

hinweg treu bleiben. Es sind viele. Das könnte<br />

daran liegen, dass die Menschen in diesem<br />

Unternehmen als das wirkliche Kapital angesehen<br />

werden.<br />

Als Zwischenhändler stellt mercateo ohne eigenes<br />

Lager auf seiner Plattform ein unfassbar<br />

breites Sortiment bereit. Eigens programmierte,<br />

intelligente Suchfilter bringen die Kunden<br />

33


Fakten<br />

Informations- und Kommunikationstechnologien<br />

in Sachsen-Anhalt<br />

500<br />

Die Hochschulen des Landes<br />

bilden mehr als 3.500 Studierende in<br />

IT-spezifischen Studiengängen aus.<br />

IT-Unternehmen<br />

haben sich in<br />

Sachsen-Anhalt<br />

angesiedelt.<br />

Mehr als 14.000<br />

Beschäftigte arbeiten<br />

aktuell im IT-Bereich in<br />

Sachsen-Anhalt.<br />

schnell und unkompliziert zur Erfüllung ihrer<br />

Sonderwünsche, und ganz nebenbei empfehlen<br />

sie den Nutzern attraktive Konditionen bei den<br />

unterschiedlichen Lieferanten. Den einzelnen<br />

Verkäufern spiegelt die Software wiederum die<br />

Kaufentscheidung des Kunden und regt damit<br />

zu Verbesserungen an.<br />

Die mercateo Büros haben eine genauso<br />

spannende Geschichte wie die<br />

Firma selbst: In einem ehemaligen Kaufhaus<br />

und dem früheren Heimatmuseum finden sich<br />

heute freundliche und durchdacht gestaltete<br />

Arbeitsplätze, die dem Begriff „Büro“ einfach<br />

nicht gerecht werden wollen. Die Geschichte<br />

der Gebäude scheint überall durch, die Atmosphäre<br />

wirkt entspannt. Entscheidungen trifft<br />

immer der, der auch auf das Problem dazu<br />

trifft. Wenn der Chef hereinspaziert, dann duzt<br />

man sich, erinnert sich gemeinsam an Firmenfeiern<br />

und spricht unbefangen über das Tagesgeschäft.<br />

Auf Formalitäten und übertriebenes Höflichkeitsgebaren<br />

legt Peter Ledermann keinen<br />

Wert. Probleme müssen immer Probleme sein<br />

dürfen. Sein Sakko zieht er nur auf Nachfrage<br />

an und eigentlich krempelt er lieber die Hemdsärmel<br />

hoch. Ledermann ist ein Macher und mit<br />

dem, was er macht, dürfte er nicht nur zum<br />

Liebling seiner eigenen Mitarbeiter avancieren.<br />

mercateo ermöglicht auch kleineren Unternehmen<br />

ohne eigene IT-Infrastruktur ganz unkompliziert<br />

eine Vielzahl von Geschäftskontakten.<br />

Gleichzeitig schlägt es für alle auf der Plattform<br />

bestellten Waren als einziger Kreditor in der<br />

Bilanz zu Buche. Ein Händler für alle und für alles.<br />

Inzwischen entstand mit „mercateo unite“<br />

ein weiteres Geschäftsmodell: ein Netzwerk,<br />

in das die Kunden auch ihre Stammlieferanten<br />

und Rahmenverträge mitbringen. Sie kaufen<br />

also nicht nur direkt bei Mercato ein, sondern<br />

nutzen die Plattform als Online-System für all<br />

ihre Liefergeschäfte.<br />

Die Unternehmensgruppe expandiert<br />

viral, die Umsatzzahlen wachsen explosionsartig<br />

– von rund sieben Millionen im Jahr<br />

2004 auf inzwischen 250 Millionen. Grenzen<br />

sind nicht absehbar, neue Ideen für weitere<br />

Adaptionen liegen schon in der Schublade. So,<br />

wie Ledermann es sich erträumt hatte.<br />

unite.eu<br />

mercateo.com/corporate<br />

34


ZUKUNFTSMARKT INFORMATIONS- UND<br />

KOMMUNIKATIONSTECHNOLOGIEN<br />

Die Nutzerfreunde<br />

Mit der Agentur UCD+ liegt<br />

man intuitiv richtig<br />

Der Kunde ist König. Diesen Grundsatz<br />

überträgt UCD+ in ganz neue Dimensionen.<br />

Die Magdeburger Design-Agentur stellt<br />

den Nutzer einer Anwendung ins Zentrum<br />

jeder Überlegung – und gibt dem Mittelstand<br />

Starthilfe für den digitalen Wandel.<br />

„Usability” und „User Experience” gehören zu<br />

den wichtigsten Schlagworten bei UCD+: Das<br />

14-köpfige Team hat sich auf die Schnittstelle<br />

zwischen Mensch und Hardware spezialisiert.<br />

Es konzipiert, gestaltet und entwickelt intuitive<br />

Benutzeroberflächen – von der Maschinensteuerung<br />

über Software für Messinstrumente<br />

bis hin zu Webseiten und mobilen Apps. Dabei<br />

stets im Blick: die Anforderungen der Nutzer an<br />

die jeweilige Anwendung. So entstehen digitale<br />

Produkte, die schneller und einfacher zu bedienen<br />

sind und zudem genau so funktionieren,<br />

wie es der Nutzer erwartet. Von der Landmaschine<br />

bis zur Steuerung von Fertigungsstraßen<br />

– die Bandbreite der Branchen und Produkte,<br />

die UCD+ bereits erfolgreich in die digitale<br />

Zukunft begleitet hat, ist groß.<br />

ucdplus.com<br />

Wissen, wo<br />

es lang geht<br />

INABE navigiert zielsicher durch<br />

Innenräume<br />

Der Geschäftsführer<br />

der<br />

INABE UG Florian<br />

Thürkow<br />

Auf Flughäfen und in anderen komplexen<br />

Gebäuden kann man sich leicht<br />

verlaufen. GPS steht für die Navigation nicht<br />

zur Verfügung und WLAN kommt die Betreiber<br />

sehr teuer. Das Unternehmen INABE antwortet<br />

mit Bluetooth.<br />

„Beacons” sind Signalgeber, mit denen Smartphones<br />

mit allen gängigen Betriebssystemen<br />

Informationen zum eigenen Standort austauschen<br />

können. Diese Technologie nutzt das<br />

Team des Hallenser Unternehmens INABE. Es<br />

hat eine Navigationssoftware für komplexe<br />

Gebäude entwickelt, die der Orientierung auf<br />

Flughäfen und Messen, in Kliniken, Zoos oder<br />

Freizeitparks dient. Zudem kann das System die<br />

anonym empfangenen Datenströme auswerten<br />

und Bewegungsprofile erstellen. Welche<br />

Wege nehmen Menschen, wo bleiben sie<br />

stehen? Supermärkte wissen, wo ihre Waren<br />

die größte Aufmerksamkeit genießen, und im<br />

Museum können auf dem Smartphone automatisch<br />

Informationen zum jeweiligen Ausstellungsstück<br />

erscheinen.<br />

inabe.de<br />

35


ZUKUNFTS-<br />

MARKT<br />

KREATIV-<br />

WIRTSCHAFT<br />

Ein Brutkasten<br />

für Kreative<br />

Designhaus Halle<br />

36


ZUKUNFTSMARKT KREATIVWIRTSCHAFT<br />

Das Designhaus Halle<br />

hilft Existenzgründer auf<br />

den ersten Metern<br />

Simon<br />

Santschi,<br />

Projektleiter<br />

der Initiative<br />

„Burg<br />

gründet“<br />

Im Raum mit der Nummer 003 rattert<br />

eine Nähmaschine. Stoffrollen, Kleider,<br />

Nadeln, Jacken, Knöpfe, Scheren, Zeichnungen<br />

und Fotos mit Entwürfen – im Atelier von<br />

Alexandra Börner wimmelt es wie in einem<br />

Nähkästchen. Erst kürzlich ist die Multi Media<br />

Modedesignerin aus den USA nach Halle zurückgeflogen.<br />

Ihre Arbeiten bewegen sich zwischen Mode<br />

und Performance. Es sind Tanzproduktionen<br />

wie „Cry Up“ von Nina Mc Neely oder eine Oper<br />

am Red Cat Theater in Los Angeles, für die sie<br />

das Kostümbild kreiert. Aber auch am Musikvideo<br />

„free drink ticket“ der kanadischen Electroclash-Sängerin<br />

Peaches wirkte sie mit. „Hier<br />

finde ich die Ruhe, meine Ideen auszubrüten.<br />

Außerdem kann ich die Werkstätten nutzen,<br />

das ist ein großer Vorteil“, so Alexandra Börner.<br />

Sie ist eine von derzeit 30 Mietern im Designhaus,<br />

dem Existenzgründerzentrum der Kunsthochschule<br />

Burg Giebichenstein in Halle.<br />

Das herrschaftliche Haus unmittelbar an der<br />

Peißnitzinsel gleicht im Inneren einem Labyrinth.<br />

Verwinkelte Flure und Treppen durchziehen<br />

das Gebäude wie ein Geflecht aus Adern.<br />

Simon Santschi hat in diesem Labyrinth den<br />

Überblick. Der Schweizer ist Projektleiter der<br />

Initiative „Burg gründet!“. Bevor er auf die Stelle<br />

nach Halle wechselte, arbeitete der studierte<br />

Kommunikationsdesigner bereits für eine<br />

Gründerinitiative in Luzern. „Mich reizte die<br />

Idee eines Gründerzentrums für Kreative an<br />

einer Kunsthochschule. Zumal Giebichenstein<br />

auch in der Schweiz ein Begriff ist“, sagt Simon<br />

Santschi.<br />

Die direkte Verbindung von Kunsthochschule<br />

und Gründerzentrum ist in<br />

Deutschland einmalig. „Kreativwirtschaft ist<br />

ein sehr breiter Begriff. Wenn es um Netzwerke<br />

37


Fakten<br />

Kreativwirtschaft<br />

in Sachsen-Anhalt<br />

300<br />

20 Studienrichtungen in<br />

Design und Kunst gibt es<br />

an der Burg Giebichenstein<br />

Kunsthochschule Halle.<br />

Mehr als 300 sachsenanhaltische<br />

Kreativunternehmen<br />

haben sich<br />

in der Datenbank auf<br />

www.kreativ-sachsenanhalt.de<br />

registriert.<br />

7 Hochschulen in Sachsen-<br />

Anhalt bieten Studiengänge<br />

mit Kreativinhalten an.<br />

Mit dem Wettbewerb<br />

„BESTFORM“ macht das<br />

Land Sachsen-Anhalt auf<br />

den wichtigen „Rohstoff“<br />

Kreativität aufmerksam und<br />

fördert die Branche.<br />

„Die meisten Gründer, die im<br />

Designhaus angefangen haben,<br />

bleiben in der Region, weil sie sich gut<br />

etabliert haben und diesen Standortvorteil<br />

nicht aufgeben wollen.“<br />

SIMON SANTSCHI<br />

geht, müssen wir deshalb auf Teilbranchen wie<br />

Gaming, Mode oder Kommunikationsdesign<br />

fokussieren, weil jede Branche ihre spezifischen<br />

Themen hat“, erklärt Santschi.<br />

In unterschiedlichen Angebotsformaten<br />

veranstaltet das Designhaus auf<br />

Kreative zugeschnittene Vorträge und Workshops<br />

zu Themen wie Buchhaltung, Steuern<br />

oder Recht. „Bereiche wie Netzwerken und<br />

Präsentieren liegen Kreativen ganz gut, da gibt<br />

es bei den Gründern wenig Nachholbedarf. Den<br />

gibt es eher beim Marktverständnis, also, wie<br />

positioniere ich mich mit meinem Produkt oder<br />

meiner Dienstleistung“, so der Projektleiter.<br />

Im Dienstleistungsbereich für Musiker hat der<br />

Designhaus-Mieter CALYRA erfolgreich seinen<br />

Markt gefunden. Der Musikverlag vertritt<br />

Künstler der Unterhaltungsbranche in kaufmännischen<br />

und rechtlichen Angelegenheiten<br />

und kümmert sich um Management, Booking<br />

sowie Promotion. „Im Designhaus gibt es<br />

ein cooles und kreatives Umfeld, in dem wir<br />

uns gut entfalten konnten“, sagt CALYRA-<br />

Geschäftsführer Alexander Wolff, der sich mit<br />

seinem Team bald größere Büroräume in Halle<br />

suchen muss.<br />

„Die meisten Gründer, die im Designhaus<br />

angefangen haben, bleiben in der<br />

Region, weil sie sich gut etabliert haben und<br />

diesen Standortvorteil nicht aufgeben wollen“,<br />

erläutert Simon Santschi. Fest verwurzelt in<br />

Halle ist auch das Team der „Freiraumgalerie –<br />

Kollektiv für Raumentwicklung“. Die fünf<br />

jungen Stadtplaner und Pädagogen arbeiten in<br />

einem großzügigen und stillvoll eingerichteten<br />

Büro im Erdgeschoss des Designhauses. Das<br />

Planungsbüro widmet sich der kreativen Stadtentwicklung<br />

und Umgestaltung von urbanen<br />

Räumen. Dabei setzt das Team vor allem großflächige<br />

Wandbilder, Bildungsangebote sowie<br />

Bürgerbeteiligungsprozesse um. So haben sie<br />

beispielsweise für Halle-Freiimfelde, ein Viertel<br />

zwischen Bahnhof und Industriegebiet mit<br />

wenig Grün und viel Leerstand, erfolgreich<br />

ein Quartierskonzept umgesetzt, so dass der<br />

Leerstand spürbar zurückging. „Wir profitieren<br />

enorm vom kreativen Geist im Designhaus.<br />

Bei unserer Projekten sind wir sehr stark auf<br />

38


ZUKUNFTSMARKT KREATIVWIRTSCHAFT<br />

„Unter den Absolventen von Kreativstudiengängen<br />

ist der Wunsch, sich<br />

selbstständig zu machen, sehr ausgeprägt. Die<br />

Freiheit, sein Ding machen zu können, ist eng<br />

mit der Selbstständigkeit verbunden. Aber es<br />

gibt auch viele Absolventen, die sich einmal in<br />

einer Agentur umschauen wollen. Da kommt<br />

der Gedanke an die Selbstständigkeit nach den<br />

ersten Berufsjahren, wenn man weiß, wie es<br />

läuft“, erläutert Santschi.<br />

designhaus-halle.de<br />

alexandraboerner.com<br />

calyra.de<br />

freiraumgalerie.com<br />

ratking.de<br />

die Mitarbeit von Künstlern angewiesen“, sagt<br />

Philipp Kienast von „Freiraumgalerie“.<br />

Obwohl das Gründerzentrum hauptsächlich für<br />

Absolventen der Kunsthochschule vorgesehen<br />

ist, können sich auch andere Kreative für ein<br />

Büro im Designhaus bewerben. Bei der Vergabe<br />

von Räumen wird jedoch darauf geachtet,<br />

dass die Geschäftsidee Potenzial hat und ein<br />

Branchenmix aus der Kreativwirtschaft im<br />

Haus abgebildet wird. Die Aufenthaltsdauer für<br />

die Gründer beträgt maximal fünf Jahre – für<br />

diesen Zeitraum müssen die jungen Kreativen<br />

lediglich eine sehr preiswerte, sich staffelnde<br />

Miete zahlen.<br />

Den Sprung in die Selbstständigkeit unmittelbar<br />

nach dem Studium wagten auch Jana<br />

Reinhardt und Friedrich Hanisch. Die Multimediadesigner<br />

gründeten das Computerspielstudio<br />

RAT KING und haben sich durch Computerspiele<br />

wie „TRI: Of Friendship and Madness“<br />

einen Namen gemacht, in denen spielerische<br />

Freiheiten mit verrückten Charakteren verknüpft<br />

sind. „Von der Spieleidee bis zum Marketing<br />

bieten wir das gesamte Programm. Dabei<br />

versuchen wir, eine Mischung aus eigenen<br />

Projekten und Auftragsarbeiten hinzubekommen.<br />

Wir haben hier in Sachsen-Anhalt tolle<br />

Firmen im Games-Bereich, aber wir haben nicht<br />

die Aufmerksamkeit wie Unternehmen in Berlin<br />

oder Hamburg. Das Designhaus kann mitwirken,<br />

Leute zusammenzubringen.“<br />

Damit im Designhaus nicht nur ein kreativer,<br />

sondern auch ein gemeinschaftlicher Geist<br />

weht, gibt es regelmäßige gemeinsame Essen<br />

und einmal im Jahr eine Werkausstellung. „So<br />

wissen alle Bewohner, was hier im Haus alles<br />

geschaffen wird“, sagt Simon Santschi.<br />

39


ZUKUNFTSMARKT KREATIVWIRTSCHAFT<br />

Visionäre<br />

Großhirnakrobaten<br />

Die Designer hinter prefrontal<br />

cortex sind virtuell virtuos<br />

Der Mensch braucht Visionen. Die junge<br />

Agentur prefrontal cortex in Halle (Saale)<br />

liefert sie auf Bestellung: die Designer und<br />

Programmierer denken Marketing und Unterhaltung<br />

in ganz neuen Dimensionen.<br />

Wie wir die Umgebung wahrnehmen und<br />

unsere Handlungen an sie anpassen, bestimmt<br />

ein Teil der Großhirnrinde: der präfrontale<br />

Cortex. Die Großhirnakrobaten hinter „prefrontal<br />

cortex“ haben sich auf innovative Anwendungen<br />

und Interaktionskonzepte im Bereich<br />

Virtual und Augmented Reality spezialisiert. Zu<br />

ihren Referenzen gehören ein raumfüllendes,<br />

Digitalisierung war noch kein geläufiger Begriff,<br />

als Karsten Angermann und Alexander Michaelis<br />

im Jahr 2002 damit begannen, Dinge am<br />

Computer zu visualisieren. Mithilfe des Verfahrens<br />

„Computer Generated Imagery“, kurz CGI,<br />

erstellen sie fotorealistische Bilder und Animationen<br />

aus CAD-Daten. Diese Daten fallen in<br />

der Konstruktion oder im Designprozess von<br />

Produkten ohnehin an. Mit dem Bildmaterial<br />

aus Halle (Saale) machen Unternehmen Werinteraktives<br />

Wasserspektakel in der Lobby des<br />

Intel-Hauptquartiers im Silicon Valley und die<br />

AR-Visualisierung einer archäologischen Ausgrabungsstätte.<br />

Die Hallenser bieten alles aus<br />

einer Hand: Planung, Konzept, Gestaltung, Entwicklung.<br />

Mit viel Experimentierfreude finden<br />

sie ihre Ideen im Wechselspiel aus Wissenschaft<br />

und Kunst.<br />

prefrontalcortex.de<br />

Aus dem Nichts<br />

Fotos aus Konstruktionsdaten erstellt<br />

a&m creative services<br />

Ein Produkt kann realistisch und in allen<br />

möglichen Varianten gezeigt werden,<br />

ohne dass es tatsächlich existiert. Mit den Bildern<br />

von a&m creative services machen Unternehmen<br />

Werbung vor der Produktion.<br />

bung, obwohl es das echte Produkt noch gar<br />

nicht gibt. Das spart Geld und Ressourcen – ein<br />

handfester Mehrwert der Digitalisierung.<br />

Zu den Kunden von a&m creative services zählen<br />

Automobilhersteller und Maschinenbauer,<br />

aber auch Architekten, Agenturen und Unternehmen<br />

der Entertainmentbranche. Neben der<br />

Erstellung von Bildmaterial für Werbekampagnen,<br />

Broschüren und Messen sind die Hallenser<br />

vor allem Experten für Konfiguratoren.<br />

am-cs.de<br />

40


Dr. Petra Göring,<br />

Mitgründerin von<br />

SmartMembranes<br />

ZUKUNFTS-<br />

MARKT<br />

SCHLÜSSEL-<br />

TECHNOLOGIEN<br />

Haarklein<br />

zum Erfolg<br />

SmartMembranes<br />

41


SmartMembranes<br />

bringt Nano-Membranen<br />

auf den Weltmarkt<br />

Die Geschichte von SmartMembranes<br />

begann mit einem Workshop, bei dem<br />

sich die beiden Gründerinnen kennenlernten.<br />

Das liegt nun mehr als zehn Jahre zurück.<br />

Petra Göring forschte damals am Max-Planck-<br />

Institut für Mikrostrukturphysik in Halle, und<br />

Monika Lelonek arbeitete an der Univer sität<br />

Münster. Der Workshop „nano4women &<br />

Entrepreneurship“ richtete sich an junge<br />

Wissen schaftlerinnen, um ihnen die Erstellung<br />

eines Businessplanes zu vermitteln.<br />

„Mein damaliger Chef gab mir den Hinweis,<br />

dass ich mich doch für den Workshop anmelden<br />

solle. Frauen, die sich aus der Wissenschaft<br />

ausgründeten, waren damals noch seltener als<br />

heute“, erinnert sich Petra Göring. Heute sitzt<br />

sie am Schreibtisch ihres Unternehmens im<br />

Technologiepark Weinberg Campus. Gegenüber<br />

von ihr steht der Schreibtisch von Monika Lelonek.<br />

In einer Männerdomäne wie der Nanotechnologie<br />

ist eine weibliche Doppelspitze immer<br />

noch eine kleine Sensation.<br />

Die vergangenen zehn Jahre waren für<br />

die beiden Frauen eine turbulente und<br />

lehrreiche Zeit. Doch ihr Plan ist aufgegangen:<br />

SmartMembranes ist der weltweit führende<br />

Hersteller von porösen hochgeordneten Materialien<br />

aus Aluminiumoxid und Silizium. Die<br />

42


ZUKUNFTSMARKT SCHLÜSSELTECHNOLOGIEN<br />

„Hier in Sachsen-Anhalt gibt<br />

es die für uns notwendige<br />

Infrastruktur und ein enges<br />

Netzwerk mit ansässigen<br />

Forschungseinrichtungen wie<br />

dem Fraunhofer-Institut für<br />

Mikrostruktur von Werkstoffen und<br />

Systemen IMWS und der Martin-<br />

Luther-Universität. Wir sind<br />

damals eingezogen und konnten<br />

sofort anfangen.“<br />

DR. PETRA GÖRING<br />

von dem Unternehmen hergestellten porösen<br />

Membranen mit Luftlöchern im Nanobereich<br />

waren damals so neuartig, dass den potenziellen<br />

Kunden erst einmal erklärt werden musste,<br />

dass es sie gibt.<br />

Die Membranen zeichnen sich durch<br />

eine hochgeordnete Struktur und eine<br />

enge Verteilung der Porendurchmesser aus.<br />

Strukturparameter wie Porengröße, Gitterkonstante,<br />

Porosität oder die Membrandicke können<br />

auf Nanometerebene nach Kundenwunsch<br />

produziert werden.<br />

Ob bei der Filtration, in der Sensorik oder<br />

Diagnostik: Die Einsatzmöglichkeiten der haarkleinen<br />

Strukturen sind nahezu unbegrenzt. Die<br />

Membranen können einerseits Gase und Flüssigkeiten<br />

filtern, aber auch als Schutzmembran<br />

gegen Verunreinigungen wie Bakterien, Staub<br />

oder Viren dienen. Zudem sind Aluminiumoxid<br />

und Silizium implantierbar und biokompatibel.<br />

„Zu Beginn stellten wir uns oft die Frage, ob<br />

es überhaupt einen Markt für unsere Produkte<br />

gibt. Wir mussten viel Überzeugungsarbeit leisten,<br />

zumal unser Produkt nicht billig ist, dafür<br />

aber kleiner, schneller und sensitiver. Wir haben<br />

von Anfang an auf den internationalen Einsatz<br />

gesetzt, da die Entwicklungen in diesem<br />

Bereich hauptsächlich aus den USA und Asien<br />

kommen“, erklärt die promovierte Chemikerin<br />

Göring.<br />

Auf Messen machten die beiden Wissenschaftlerinnen<br />

ihre Produkte bekannt und gewannen<br />

Vertriebspartner, die Kontakte zu anderen<br />

Start-up-Unternehmen in Japan und Korea oder<br />

den USA knüpften. Der deutsche und europäische<br />

Markt spielt für SmartMembranes immer<br />

noch eine untergeordnete Rolle. „Leider gibt es<br />

bei den hiesigen Unternehmen eine große Zurückhaltung,<br />

wenn es darum geht, Forschungsund<br />

Entwicklungsprojekte auszulagern. Doch<br />

wir haben es geschafft. Mittlerweile haben wir<br />

den kritischen Punkt überschritten. Wenn es so<br />

weitergeht, können wir uns nicht beschweren“,<br />

sagt die Gründerin.<br />

Neben Petra Göring und Monika<br />

Lelonek gehören fünf weitere Mitarbeiter<br />

zum Team von SmartMembranes.<br />

Mittelfristig will sichdas Unternehmen vergrößern,<br />

denn es ist absehbar, dass der Bereich<br />

der Membranen-Produktion wächst.<br />

Der Schritt aus der Wissenschaftswelt hinein<br />

in die Geschäftswelt war und ist manchmal<br />

noch immer eine Herausforderung. Finanzpläne,<br />

Marketing, Vertriebsstrategien – die beiden<br />

Forscherinnen mussten in den vergangenen<br />

Jahren in vielen Bereichen Neuland betreten.<br />

43


Fakten<br />

Schlüsseltechnologien<br />

in Sachsen-Anhalt<br />

In Sachsen-Anhalt<br />

entsteht Energie nachhaltig.<br />

Jede zweite Kilowattstunde<br />

wird mittlerweile aus<br />

Wind, Sonne und Biomasse<br />

erzeugt.<br />

120<br />

Über 120 vorwiegend<br />

kleine und mittelständische<br />

Unternehmen aus dem<br />

Bereich Life-Science gibt<br />

es im Land.<br />

Die Protein- und Wirkstoffforschung<br />

in Sachsen-Anhalt konzentriert sich auf<br />

dem Weinberg Campus in Halle (Saale).<br />

Im Technologiepark forschen zahlreiche<br />

Biotechnologie-Unternehmen sowie<br />

Forschungseinrichtungen.<br />

„Ich habe unglaublich viel dazugelernt, das hat<br />

mein Leben zweifellos bereichert und mich als<br />

Person weitergebracht. Doch als Mutter von<br />

drei Kindern waren da auch immer das schlechte<br />

Gewissen und die Angst, dass für die Familie<br />

zu wenig Zeit übrigbleibt. Auf jeden Fall möchte<br />

ich das Gefühl der Selbstständigkeit nicht mehr<br />

missen“, so das Fazit von Petra Göring. Für die<br />

Forschung kann sie heute nur noch ein Drittel<br />

ihrer Zeit verwenden, der Rest ihrer Arbeitszeit<br />

ist mit Management, Vertrieb, Produktion und<br />

Dienstreisen ausgefüllt.<br />

Optimale Arbeitsbedingungen findet<br />

das Unternehmen in ihren Labor- und<br />

Büroräumen im Technologiepark Weinberg<br />

Campus. „Hier gibt es die für uns notwendige<br />

Infrastruktur und ein enges Netzwerk mit ansässigen<br />

Forschungseinrichtungen wie dem<br />

Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von<br />

Werkstoffen und Systemen IMWS und der<br />

Martin-Luther Universität. Wir sind damals<br />

eingezogen und konnten sofort anfangen“,<br />

so die Wissenschaftlerin.<br />

Der Weinberg, wie er von den Hallensern genannt<br />

wird, ist der Innovationsstandort für die<br />

Life-Sciences- und Material-Sciences-Branche<br />

in Sachsen-Anhalt. Mit 134 Hektar ist er der<br />

Größte in Mitteldeutschland. Mehr als 100<br />

Unternehmen und Institute mit rund 5.500<br />

Beschäftigten gibt es heute auf dem Areal.<br />

Biochemiker, Biotechnologen, Materialwissenschaftler,<br />

Pharmazeuten, Agrar- und Ernährungswissenschaftler<br />

der bedeutendsten<br />

außeruniversitären Forschungseinrichtungen<br />

forschen auf dem Weinberg Tür an Tür.<br />

SmartMembranes konnte in den vergangenen<br />

Jahren auf dem Weinberg in Halle wachsen und<br />

gedeihen. Und auch wenn man die Produkte<br />

der beiden Unternehmerinnen nur unter dem<br />

Mikroskop erkennen kann – ihr Erfolg ist deutlich<br />

sichtbar.<br />

smartmembranes.de<br />

technologiepark-weinberg-campus.de<br />

44


ZUKUNFTSMARKT SCHLÜSSELTECHNOLOGIEN<br />

Kleinlich in<br />

Sachen Reinheit<br />

In Halberstadt entstehen Wasserfilter<br />

mit Nanotechnologie<br />

Schätzungsweise zwei Milliarden<br />

Menschen haben weltweit keinen Zugang<br />

zu sauberem Trinkwasser. Die innovativen<br />

Produkte der Nanostone Water GmbH könnten<br />

das Trinkwasserproblem bereinigen.<br />

Seit 2004 werden in Halberstadt in großen<br />

Brennöfen keramische Wasserfilter produziert.<br />

Die nanobeschichtete Keramik hat Poren, die<br />

nur milliardstel Meter groß sind. Das hält sogar<br />

Viren und Bakterien zurück sowie Rückstände<br />

von Chemikalien. Interessant sind die Filter<br />

vor allem für Industriepartner in Amerika und<br />

China. Im Hinblick auf das Thema Mikroplastik<br />

steckt ebenfalls viel Potenzial in dieser robusten<br />

und haltbaren Lösung. Der Hauptsitz des<br />

Unternehmens befindet sich seit einigen Jahren<br />

in den USA und Zweigstellen gibt es auch in<br />

China. In Halberstadt arbeiten mittlerweile 140<br />

Mitarbeiter an der Produktion sowie der weiteren<br />

Forschung und Entwicklung.<br />

nanostone.com<br />

Mathematisches<br />

Meisterstück<br />

Die IM&P GmbH kann Schäden vorhersagen<br />

und verhindern.<br />

Vorbeugen ist gut. Vorhersagen ist<br />

besser: Die Softwarelösungen der<br />

Indalyz Monitoring & Prognostics GmbH in<br />

Halle (Saale) bauen auf eigens entwickelte<br />

Algorithmen. Diese helfen, Wartungsarbeiten<br />

besser zu planen.<br />

Dank der fortschrittlichen Produkte aus Halle<br />

wird zum Beispiel die Wartung von Windkraftanlagen<br />

erleichtert. Denn die intelligenten<br />

Prognoseverfahren ermöglichen eine prädiktiv-zustandsorientierte<br />

Strategie. Das System<br />

überwacht Maschinen, komplexe Anlagen<br />

sowie Maschinen-Cluster und bezieht bei<br />

seinen Berechnungen nicht nur bisherige Ereignisse,<br />

sondern auch aktuelle Beobachtungen<br />

ein. Repariert wird nur, wenn sich ein tatsächliches<br />

Problem ankündigt. Das verringert die<br />

Betriebs- und Wartungskosten und verlängert<br />

die Laufzeiten. Gleichzeitig werden unerwartete<br />

Ausfälle und mögliche Folgeschäden auf ein<br />

Minimum reduziert. Das System rechnet sich<br />

also.<br />

imprognostics.com<br />

45


HIER<br />

TRIFFT WIRTSCHAFT<br />

WISSENSCHAFT.<br />

Team Bilberry, Mateyusz Krain (li.) und Krzysztof Dobrinin<br />

©Marco Warmuth/TGZ Halle GmbH<br />

ES IST EIN GÄNGIGES KLISCHEE: SACHSEN-ANHALT UND INNOVATIONEN?<br />

DAS PASST NICHT ZUSAMMEN.<br />

Wir treten den Gegenbeweis an und zeigen, dass in Sachsen-Anhalt Prägendes entsteht. Standorte<br />

in Sachsen-Anhalt bieten dazu die perfekten Bedingungen. Es sind unsere ZUKUNFTSORTE. Hier<br />

konzentrieren sich Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft an einem Ort. Die Wege sind kurz, das<br />

ermöglicht Begegnung und Austausch. Neue Ideen entstehen und werden so einfacher realisiert.<br />

www.zukunftsorte-sachsen-anhalt.de


WER ERFORSCHT<br />

WAS UND WO?<br />

DAS PORTAL FÜR<br />

DIE FORSCHUNGS-<br />

LANDSCHAFT IN<br />

SACHSEN-ANHALT<br />

Das Forschungsportal gibt einen Überblick über die Universitäten,<br />

Hochschulen und Forschungsinstitute in Sachsen-Anhalt. Vorgestellt<br />

werden zudem Forschungsprojekte aller Fachrichtungen. So<br />

können Wissenschaftler ihre Arbeit bekannt machen und gezielt<br />

nach Projektpartnern suchen. Außerdem informiert die Seite über<br />

Förderprogramme und Sponsoren sowie über Beratungsmöglichkeiten<br />

bei Unternehmensgründungen.<br />

www.forschung-sachsen-anhalt.de


Ministerium für Wirtschaft,<br />

Wissenschaft und Digitalisierung<br />

des Landes Sachsen-Anhalt<br />

Hasselbachstraße 4<br />

39104 Magdeburg<br />

Tel. +49 391 5674316<br />

www.mw.sachsen-anhalt.de<br />

presse@mw.sachsen-anhalt.de<br />

in Zusammenarbeit mit der<br />

Investitions- und Marketinggesellschaft<br />

Sachsen-Anhalt mbH<br />

Am Alten Theater 6<br />

39104 Magdeburg<br />

Tel. +49 391 56899 - 0<br />

www.wirtschaft-in-sachsen-anhalt.de<br />

welcome@img-sachsen-anhalt.de<br />

Konzept, Gestaltung, Grafiken: genese werbeagentur GmbH, Magdeburg /// Text: Textbüro Wortschatz, Genthin /// Redaktionsschluss: Mai <strong>2019</strong> /// 1. Auflage;<br />

Änderungen vorbehalten /// Druck und Weiterverarbeitung: Harzdruckerei GmbH, Wernigerode /// Bildnachweise: N. Böhme, H. Krieg, IDT Biologika/C. Bösener,<br />

SpinPlant GmbH, plainpicture/H. Hermann, MediGlove, ChocQlate, PÄX Food, c3tec, FAM/C. Bierwagen, UCDplus/B. Ehl, Inabe, prefrontal cortex /// Die Benutzung<br />

der Veröffentlichungen zum Zwecke der gewerbsmäßigen Veräußerung, insbesondere Adressveräußerung, an Dritte oder des Nachdrucks – auch auszugsweise –<br />

ist nicht gestattet.

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