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Falstaff Magazin Deutschland 6/2019

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sep–okt <strong>2019</strong><br />

GENIESSEN WEIN ESSEN REISEN<br />

SPANIEN-WEINE<br />

ZURÜCK ZU<br />

DEN WURZELN<br />

COGNAC & CO<br />

WEINBRÄNDE<br />

DE LUXE<br />

DRESDEN<br />

IM OSTEN<br />

VIEL NEUES<br />

SPANIEN/ITALIEN € 12,80; BELGIEN/LUXEMBURG/FRANKREICH € 10,90<br />

06<br />

Asien für Gourmets<br />

DER GESCHMACK EINES RASTLOSEN KONTINENTS<br />

DEUTSCHLAND-AUSGABE 06/<strong>2019</strong><br />

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06


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kombiniert 19,1; CO 2<br />

-Emissionen in g/km: kombiniert 53.


AUS DER<br />

CHEFREDAKTION<br />

Designed by Angela Schramm<br />

BOOM-KONTINENT ASIEN<br />

LIEBE LESERINNEN, LIEBE LESER!<br />

Wenn heute von China die Rede ist, dann ist<br />

der Spott früherer Tage längst ehrlichem<br />

Respekt, ja sogar einer gewissen Ehrfurcht<br />

gewichen. Was die Chinesen anpacken, das packen sie<br />

richtig an. Klotzen statt kleckern: Selten passt dieser<br />

Ausspruch besser als zum Gigantismus im riesigen Reich<br />

der Mitte. Für die aktuelle Ausgabe, die im Zeichen der<br />

kulinarisch fünf einflussreichsten Länder Asiens steht,<br />

haben wir uns angeschaut, wie die Chinesen den heimischen<br />

Weinmarkt aufrollen und dabei ganze Châteaux<br />

von Frankreich nach China versetzen. Ja, das ist wörtlich<br />

zu verstehen. Schauen Sie sich unseren Bericht dazu an,<br />

dann werden Sie wissen, was wir meinen.<br />

Nicht nur die vielseitige chinesische Küche (allein acht<br />

große Richtungen!), auch die anderen Küchenstile des<br />

asiatischen Kontinents haben in den vergangenen Jahren<br />

weltweit einen enormen Boom erlebt. Wir schildern<br />

Ihnen aus erster Hand, was derzeit die spannendsten<br />

Hotspots sind. In Vietnam haben wir in die Töpfe der<br />

Ph’o´-Suppe geschaut, die nicht nur ein köstliches Essen<br />

ist, sondern die Geschichte des Landes erzählt. In Korea<br />

waren wir auf dem Noryangjin-Fischmarkt. Wir bereisen<br />

Thailand und China und widerlegen schließlich das<br />

Vorurteil, dass die japanische Küche nur fettarm und<br />

leicht sei. Wie Sie es von uns gewohnt sind, liefern wir<br />

Ihnen auch Rezepte für den heimischen Herd – für jedes<br />

Land eines, entwickelt von den besten Köchen.<br />

So viel Asien bringen wir Ihnen mit diesem Heft nach<br />

Hause, dass Sie sich einen Flug fast sparen könnten. Falls<br />

Sie es sich anders überlegen (was wir Ihnen selbstverständlich<br />

ans Herz legen), dann verlassen Sie sich auf<br />

unsere Gourmet-Expertise: Für die Mega-City Tokio<br />

haben wir genauso wie für Taiwan etliche empfehlenswerte<br />

Adressen zusammengestellt.<br />

WOLFGANG M. ROSAM<br />

Chefredakteur und Herausgeber<br />

wolfgang.rosam@falstaff.com<br />

@RosamWolfgang<br />

DR. ULRICH SAUTTER<br />

Chefredakteur Wein<br />

ulrich.sautter@falstaff.com<br />

Fotos: Ian Ehm, Manfred Klimek<br />

Viel Spaß und Genuss mit dem neuen <strong>Falstaff</strong> wünschen<br />

PHILIPP ELSBROCK<br />

Chefredakteur Gourmet<br />

philipp.elsbrock@falstaff.com<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

5


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06<br />

06<br />

SEPTEMBER<br />

12<br />

Asien ist nicht nur der größte, sondern<br />

auch der facettenreichste Kontinent<br />

der Erde. Und so beeindrucken auch<br />

die Küchen seiner Länder mit einer<br />

Vielfalt, die ihresgleichen sucht – eine<br />

Reise durch Japan, Vietnam, China,<br />

Südkorea und Thailand.<br />

/ sep–okt <strong>2019</strong><br />

SPANIEN-WEINE<br />

ZURÜCK ZU<br />

DEN WURZELN<br />

GENIESSEN WEIN ESSEN REISEN<br />

COGNAC & CO<br />

WEINBRÄNDE<br />

DE LUXE<br />

DRESDEN<br />

IM OSTEN<br />

VIEL NEUES<br />

COVER<br />

FOTO: SHUTTERSTOCK<br />

SPANIEN/ITALIEN € 12,80; BELGIEN/LUXEMBURG/FRANKREICH € 10,90<br />

Asien für Gourmets<br />

DER GESCHMACK EINES RASTLOSEN KONTINENTS<br />

DEUTSCHLAND-AUSGABE 06/<strong>2019</strong> € 9,50 WWW.FALSTAFF.COM<br />

48<br />

Spaniens Weine waren<br />

nie aufregender – ein<br />

Land im Umbruch.<br />

COVER: ASIEN<br />

12 CHINA, DER DURSTIGE<br />

DRACHE<br />

Rasant hält die Weinkultur<br />

Einzug in China<br />

92 FERNKÖSTLICH<br />

Fünf Top-Rezepte aus der<br />

asiatischen Küche<br />

104 SO SCHMECKT ASIEN<br />

Eine Reise durch den Kontinent<br />

108 JAPAN –<br />

DEN OSTEN KOSTEN<br />

An kaum einem anderen Ort<br />

auf der Welt kann man so gut<br />

essen wie in Japan<br />

114 VIETNAM – DIE KUNST<br />

DER SUPPE<br />

Ph’o´ erzählt die Geschichte des<br />

Landes wie kein anderes Gericht<br />

116 CHINA – DIE VERKOSTUNG<br />

DER WELT<br />

Acht große Küchen zählt<br />

China offiziell – und das ist<br />

nur der Anfang<br />

122 KOREA – WEIT MEHR<br />

ALS KIMCHI<br />

Bulgogi, Bibimbap & Co.<br />

124 THAILAND – THAI-SOCIETY!<br />

Geprägt von zahlreichen Einflüssen,<br />

verfügt die Thai-Küche<br />

über eine imposante Vielfalt<br />

126 GENUSS-GUIDE<br />

Die besten Adressen Asiens<br />

136 SARAHS STERN<br />

Sterneköchin Sarah Henke<br />

im Porträt<br />

142 MACH MICH MISO!<br />

Wie die japanische Würzpaste die<br />

Spitzengastronomie erobert<br />

146 TOP-ASIATEN DEUTSCHLANDS<br />

Die besten asiatischen Restaurants<br />

WEIN & MEHR<br />

10 WEIN-NOTIZEN<br />

Wein-Chefredakteur Ulrich Sautter<br />

präsentiert seine Neuigkeiten aus<br />

der Welt des Weins<br />

26 SERIE: AM STROME<br />

Weinkultur an der Mosel<br />

38 DIE ZWEITE CHANCE<br />

DES ORLEANS<br />

Die spätreifende Sorte<br />

48 BACK TO THE ROOTS<br />

Die besten Weine Spaniens<br />

60 WUNDERFITZIGES<br />

MARKGRÄFLERLAND<br />

Weine aus dem Dreiländereck<br />

74 SERIE:<br />

WORLD CHAMPIONS<br />

Harlan Estate im Porträt<br />

Fotos: Martin Ruetschi/Switzerland, Shutterstock, beigestellt<br />

60<br />

Das Weingut Ziereisen aus dem<br />

Markgräflerland setzt auf Landwein.<br />

5 AUS DER CHEFREDAKTION<br />

197 IMPRESSUM<br />

274 TISCHGESPRÄCH<br />

74<br />

Der Harlan Estate Proprietary Red<br />

zählt zu den besten Rotweinen der Welt.<br />

6 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Weit über seltene Jahrgänge hinaus<br />

Rekonstruktion<br />

des perfekten Jahrgangs<br />

95-96/100 95/100<br />

Entdecken Sie die Iteration Nº22 unter<br />

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OKTOBER<br />

82 SEELENBALSAM DE LUXE<br />

Best of Cognac & Co.<br />

GOURMET<br />

90 GOURMET-NOTIZEN<br />

Gourmet-Chefredakteur Philipp<br />

Elsbrock stellt kulinarische News vor<br />

132 BÖSES GLUTAMAT?<br />

Was ist dran am schlechten Ruf?<br />

152 SERIE: CORTIS KÜCHENZETTEL<br />

Hitze hoch drei<br />

154 ASIATISCH GENUG?<br />

Essay von Karl-Markus Gauß<br />

156 IM OSTEN VIEL NEUES<br />

Dresden und das Elbland im Porträt<br />

165 SIXPACK<br />

Sechs Restaurants im Test<br />

170 INTERNATIONAL HOTSPOT<br />

Geranium, Kopenhagen<br />

EXTRA: LIVING<br />

177 INTRO<br />

178 EDITOR’S NOTEBOOK<br />

Angelika Rosam präsentiert die<br />

Highlights aus dem Design-Kosmos<br />

180 PFLEGERITUAL MIT AUSSICHT<br />

Die attraktivsten Panoramabäder<br />

184 THE RISE OF THE ROOFTOP<br />

Dachterrassen de luxe<br />

92<br />

Sukiyaki-Donburi mit<br />

Rindfleisch, Tofu, Pilzen<br />

und Chinakohl.<br />

DIE NÄCHSTE FALSTAFF-AUSGABE ERSCHEINT AM 16. 10. <strong>2019</strong><br />

156<br />

<strong>Deutschland</strong>s östlichste<br />

Großstadt verzeichnet regen<br />

Besucherzuwachs.<br />

190 PERFEKTE SCHNITTSTELLE<br />

Wittmann-Geschäftsführer<br />

Hartmut Roehrig über den Einfluss<br />

der Digitalisierung auf das Interieur<br />

194 COFFEE TO STAY<br />

Coole Kaffeemaschinen<br />

196 GENIAL FLORAL<br />

Drew Barrymores erste Home-<br />

Kollektion<br />

REISE<br />

198 TRAVEL-NOTIZEN<br />

Online-Chefredakteur<br />

Bernhard Degen präsentiert<br />

seine Reise-Highlights<br />

200 DAS BESTE AUS DREI WELTEN<br />

Taiwan, ein fast unentdeckter Schatz<br />

210 LONG WEEKEND TOKIO<br />

Tipps für ein perfektes Wochenende<br />

JOURNAL<br />

169 DELI-GENUSSPARTNER<br />

220 MIT BESTER EMPFEHLUNG<br />

224 VINOTHEKEN<br />

264 EVENTS<br />

TASTINGS<br />

226 SHORTLIST<br />

228 MOSEL-WEINE<br />

238 VALPOLICELLA TROPHY<br />

248 SAN LEONARDO<br />

250 MARKGRÄFLERLAND<br />

256 KÜSTE TOSKANA<br />

72<br />

Solor apicias persperfe<br />

rum que voluptatis dol<br />

uptam harum rehendus<br />

200<br />

Das »Raw« gehört zu den<br />

angesagtesten Fine-<br />

Dining-Lokalen in Taipeh.<br />

210<br />

Eine Stadt wie keine andere: In Tokio gibt<br />

es an jeder Ecke fantastisches Essen.<br />

Fotos: Konrad Limbeck, Getty Images, beigestellt<br />

8 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


EIN SEKT IST<br />

IMMER SO GUT WIE<br />

SEIN WEIN.<br />

Guter Sekt wird im Weinberg geboren.<br />

Für unsere Kellermeister ist deutscher Riesling der ideale Wein,<br />

aus dem sie mit aller Sorgfalt und langjähriger Erfahrung<br />

grandiose, rebsortenreine Cuvées kreieren.<br />

Fürst VON METTERNICH.<br />

FürstLICH GENIESSEN.


Wein-Chefredakteur<br />

ULRICH SAUTTER<br />

WEIN<br />

RETTET DIE<br />

BIENEN!<br />

Die Volksinitiative »Rettet die<br />

Bienen!« sorgt für Besorgnis<br />

unter Baden-Württembergs<br />

Winzern. Dabei ist es nicht der im<br />

Namen der Initiative genannte Zweck,<br />

der Opposition hervorruft: Vielmehr<br />

gehen die Forderungen der Initiatoren<br />

so weit, dass jetzt selbst einige Bio-<br />

Verbände auf Distanz gehen. Denn<br />

betroffen von einem Verbot wären<br />

offenbar selbst Hilfsmittel des Bio-<br />

Anbaus: Schwefel und Kupfer, Fenchelöl<br />

und Backpulver. Während<br />

Demeter und Naturland die Initative<br />

unterstützen, setzen Ecovin und Bioland<br />

darauf, die Initiatoren zu Anpassungen<br />

der Vorlage zu bewegen. In<br />

Bayern wurde ein ähnliches Volksbegehren<br />

gerade umgesetzt. Die dortige<br />

Regelung lässt jedoch Ausnahmen<br />

vom Pestizidverbot zu.<br />

MAS LA PLANA MIT<br />

RESTAURANT<br />

Miguel Torres hat in der Bodega seines<br />

Kultweins Mas La Plana im Ort Pacs del<br />

Penedès ein Restaurant eröffnet: »El Celleret«<br />

bietet Platz für 66 Gäste und verfügt<br />

über eine große Terrasse mit Blick auf die<br />

Reben. Im Zentrum des Konzepts stehen<br />

Food-&-Wine-Pairings. torres.es<br />

RIEDEL PERFORMT BEI<br />

ANGELO GAJA<br />

Über 100 Gastronomen hatte Riedel-<br />

CEO Maximilian Riedel zu Angelo Gaja<br />

ins Piemont eingeladen, um sie die neue<br />

»Performance«-Glasserie testen zu lassen.<br />

Bei dieser Serie ist die Oberfläche des Glases<br />

durch einen speziellen Schliff vergrößert,<br />

was den Duft steigert. riedel.com<br />

LESEBEGINN AUF<br />

SIZILIEN: 7. AUGUST<br />

Für Italiens Winzer fällt der Ferragosto, die<br />

kollektive Urlaubszeit, immer häufiger ins<br />

Wasser. Auf Sizilien begann die Lese dieses<br />

Jahr bereits am 7. August. Allerdings war<br />

es keine einheimische Sorte, die schon so<br />

früh reif war, sondern ein Import aus dem<br />

Norden, nämlich Pinot Grigio.<br />

10 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


NOTIZEN<br />

»Kork und Glas sind zwei<br />

Schlüsselkomponenten in der<br />

Geschichte des Weins – eine<br />

historische Partnerschaft!«<br />

ANTONIO AMORIM CEO Corticeira Amorim<br />

AMORIM + VINOLOK<br />

Der weltgrößte Korkproduzent Amorim hat 50<br />

Prozent der Anteile am Glasverschluss Vinolok<br />

übernommen. Die andere Hälfte verbleibt im<br />

Besitz des böhmischen Glasherstellers Preciosa.<br />

Der Glasverschluss war 2001 von Dr. Karl<br />

Matheis erfunden worden, einem Mediziner aus<br />

Alzey – als Alternative zum fehleranfälligen<br />

Naturkorken. vinolok.cz/de<br />

KLAUS PETER KELLER JETZT<br />

AUCH IN NORWEGEN<br />

Rheinhessen, Mosel – und jetzt auch<br />

Norwegen: Wie die »Süddeutsche Zeitung«<br />

berichtet, hat der Starwinzer aus<br />

Flörsheim-Dalsheim einen 2018er Kabinett<br />

aus norwegischen Riesling-Trauben<br />

im Keller. Das Projekt läuft zwar unter<br />

Hobby, doch immerhin hatten die Trauben<br />

76 Oechsle. kellerwein.de<br />

WEINSKANDAL<br />

IN RHEINHESSEN<br />

Fotos: MIQUEL MILLAN, Getty Images, Shutterstock, beigestellt<br />

EXODUS BEI VON BUHL<br />

Die Fälschungsmeldung<br />

des Monats kommt aus<br />

Rheinhessen: Dort laufen<br />

Ermittlungen gegen eine<br />

Kellerei, die zur Destillation<br />

vorgesehene Übermengen<br />

vermarktet hat –<br />

und es auch sonst bei der<br />

Auszeichnung der Weine<br />

nicht so genau genommen<br />

haben soll. Die<br />

Staatsanwaltschaft hat<br />

7 Millionen Liter Wein<br />

beschlagnahmt.<br />

Kurz vor dem Herbst <strong>2019</strong> dreht sich im Weingut Reichsrat von Buhl<br />

das Personenkarussell: Anfang August wurde bekannt, dass Richard<br />

Grosche als Geschäftsführer beim ikonischen Deidesheimer Weingut<br />

ausscheidet, zwei Wochen später wurde auch der Rückzug des Önologen<br />

Mathieu Kauffmann öffentlich, der gerade erst im Frühjahr<br />

zum <strong>Falstaff</strong> Winzer des Jahres <strong>2019</strong> gewählt wurde. Die Geschäftsführung<br />

übernimmt nun Peter Hüftlein-Seeger, Ehemann von Jana<br />

Seeger, der Besitzerin aller drei historischen Jordan-Weingüter.<br />

BENEDIKT BALTES VERLÄSST<br />

KLINGENBERG<br />

Das frühere Weingut der Stadt Klingenberg<br />

– zuletzt Weingut Benedikt Baltes –<br />

hat neue Eigentümer und heißt nun<br />

Weingut Steintal. Baltes bleibt beratend<br />

für das Weingut tätig, wechselt aber<br />

zurück an die Ahr, wo er gemeinsam mit<br />

seiner Lebensgefährtin Julia Bertram<br />

Wein machen wird.<br />

BETRÜGER ERGAUNERN 200.000 €<br />

MIT WINDIGER WEIN-ANLAGE<br />

Ein Unternehmen namens Stock Wine<br />

aus Paris hat ein Ehepaar aus Vichy in<br />

Zentralfrankreich mit angeblichen Wein-<br />

Investments um nahezu 200.000 Euro<br />

geprellt. Die windige Firma scheint europaweit<br />

aktiv zu sein und tritt auch als<br />

Cavedor in Erscheinung, Sitz in London.<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

11


cover / CHINA<br />

CHINA<br />

DER DURSTIGE<br />

Fotos: beigestellt Andrea Di Martino<br />

12 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Mit rasender Geschwindigkeit hält die Weinkultur Einzug in China.<br />

Am Anfang standen Importe teurer Prestigeweine, heute verfügt<br />

China bereits über die zweitgrößte Rebfläche der Welt. Und es<br />

werden erste Weine von internationalem Format gekeltert.<br />

TEXT PETER MOSER<br />

DRACHE<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

13


cover / CHINA<br />

1<br />

WEINGUT LONG DAI<br />

SHANDONG<br />

WEINGUT SILVER HEIGHTS<br />

5 9<br />

NINGXIA<br />

WEINGUT HELAN MOUNTAIN<br />

NINGXIA<br />

2<br />

GRACE VINEYARD<br />

SHANXI<br />

WEINGUT KANAAN<br />

6 10<br />

NINGXIA<br />

WEINGUT AO YUN<br />

YUNNAN<br />

3<br />

CHÂTEAU RONGZI<br />

SHANXI<br />

WEINGUT HELAN QING XUE<br />

7 11<br />

NINGXIA<br />

WEINGUT LOULAN<br />

JINXIANG<br />

4<br />

CHÂTEAU CHANGYU MOSER XV<br />

NINGXIA<br />

MOËT CHANDON CHINA<br />

8<br />

NINGXIA<br />

12<br />

WEINGUT SKYLINE OF GOBI<br />

JINXIANG<br />

14 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Fotos: Richard Haughton Karte: Stefanie Hilgarth<br />

Wein getrunken wird im<br />

Reich der Mitte seit<br />

der Antike, wie Funde<br />

und Schrifttum bezeugen.<br />

Bei religiösen<br />

Ritualen, Festivitäten und Feierlichkeiten<br />

wurde Wein ausgeschenkt, dem sogar eine<br />

heilende Wirkung zugesprochen wurde. Die<br />

Sache hat nur einen Haken: Der Begriff »Jiu«<br />

für »Wein« bedeutet für Chinesen nicht Wein<br />

aus Traubensaft, sondern steht für alkoholische<br />

Getränke aller Arten, von Reiswein bis<br />

Spirituosen aus Getreiden wie den Moutai.<br />

Doch in den vergangenen Dekaden erlebte<br />

auch der Wein nach westlichem Vorbild<br />

einen enormen Boom.<br />

Rund 1,4 Milliarden Menschen leben heute<br />

in China, das ist rund ein Fünftel der Weltbevölkerung.<br />

Und speziell die gut ausgebildete<br />

junge Generation begann nach dem Millennium<br />

davon zu träumen, was man »The<br />

Chinese Dream« nennt: vom Aufstieg in die<br />

größte gesellschaftliche Mittelklasse der Welt.<br />

Diese nach 1980 geborenen Menschen bilden<br />

ein enormes Reservoir, rund 300 Millionen<br />

von ihnen streben nach Lebensglück. Ein<br />

Marktinsider formuliert das so: »Sie träumen<br />

von einem Kühlschrank, dann vom eigenen<br />

Auto und schließlich von einer Flasche Rotwein<br />

am Tisch. Denn dann haben sie es<br />

geschafft.« Erstaunlich schnell hat der Wein<br />

seinen Status als »Gesicht gebendes« Symbol<br />

umfassend umsetzen können, sage und<br />

schreibe 96 Prozent der jungen erwachsenen<br />

Chinesen geben in einer jüngsten Konsumstudie<br />

Wein als ihr bevorzugtes alkoholisches<br />

Getränk an. Natürlich genießt Rotwein aus<br />

Frankreich das höchste Prestige, doch auch<br />

wenn die Importe wachsen – mengenmäßig<br />

spielen sie eine untergeordnete Rolle.<br />

Tatsächlich wird Rebensaft aus einheimischen<br />

Kellereien genossen, deren Zahl Jahr<br />

für Jahr wächst. Der Durst des roten Drachen<br />

wird immer größer: Noch 2016 tranken<br />

die Chinesen Wein im Wert von etwas mehr<br />

als 15 Milliarden US-Dollar, für 2021 ist ein<br />

Umsatz von 23 Milliarden oder eine Steigerung<br />

von einem Drittel binnen fünf Jahren<br />

prognostiziert. Im Jahr 2020 wird China für<br />

72 Prozent der Steigerung des weltweiten<br />

Weinimports stehen und Großbritannien als<br />

zweitwichtigsten Exportmarkt der Welt<br />

abgelöst haben. Und da die chinesischen Produzenten<br />

trotz regelmäßiger Steigerungen<br />

aktuell nicht in der Lage sind, ihren Binnenmarkt<br />

abzudecken, findet auch so gut wie<br />

kein Export statt – von minimalen Mengen<br />

einmal abgesehen. Dazu kommt, dass auch<br />

die anerkannt guten Weine der kleinen Boutique<br />

Winerys wie Grace, Silver Heights und<br />

Co. in sehr limitierten Mengen von oft nur<br />

wenigen tausend Flaschen erzeugt werden<br />

und trotz ihrer sehr hohen Preise von<br />

den chinesischen Connaisseurs extrem<br />

begehrt sind.<br />

Aktuell sind in China etwa 875.000 Hektar<br />

mit Reben bepflanzt, das ist die zweitgrößte<br />

Anbaufläche der Welt. Der Großteil<br />

davon wird allerdings zur Erzeugung von<br />

Tafeltrauben verwendet. Man schätzt, dass<br />

aus nur rund 15 Prozent tatsächlich Wein<br />

gemacht wird. Verlässliche Zahlen gibt es<br />

nicht, Experten schätzen die tatsächliche<br />

Weinproduktionsfläche auf etwa 140.000<br />

Hektar – Tendenz steigend, auch wenn sich<br />

nach zehn starken Jahren das Zuwachstempo<br />

verlangsamt hat. 11,5 Millionen Hektoliter<br />

will China zuletzt produziert haben, das<br />

entspräche mehr als 8000 Liter per Hektar,<br />

eine etwas optimistische Zahl – als Produzent<br />

nähme China die weltweit achte Stelle<br />

ein, konsumiert wurden im letzten Jahr<br />

geschätzte 17 Millionen Hektoliter Wein.<br />

Auf insgesamt 360 Terrassen in Penglai auf<br />

der Halbinsel Shandong wachsen die Reben<br />

des Lafite-Rothschild-Projekts in China.<br />

<<br />

Die Weingeschichte<br />

Chinas ist noch jung, die<br />

Entwicklung dafür rasant.<br />

Das Land wird zweifellos<br />

auch qualitativ schneller zu<br />

den Toperzeugern zählen, als<br />

man heute annehmen würde.<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

15


cover / CHINA<br />

Der Genuss von Wein<br />

ist ein Sinnbild der<br />

westlichen Lebenskultur,<br />

die für viele junge urbane<br />

Chinesen der entstehenden<br />

Mittelklasse ein Leitbild ist.<br />

<<br />

Vor mehr als<br />

20 Jahren wurde das<br />

Familienweingut Grace<br />

Vineyard gegründet,<br />

das Judy Chan leitet.<br />

Auch das ist eine etwas schwierige Zahl,<br />

sollen doch mehr als 80 Prozent des Konsums<br />

aus chinesischer Produktion bedient<br />

worden sein. Erklären lässt sich diese aber<br />

durchaus, wenn man den Begriff »chinesischer<br />

Wein« relativiert. Es werden beträchtliche<br />

Mengen an Tankweinen aus vielen Ländern<br />

der Welt importiert und dem eigenen<br />

Gewächs beigemengt, das Endprodukt ist<br />

selbstverständlich »made in China«. Man<br />

nimmt es nicht so genau mit der Herkunft.<br />

Das Chinese Policy Institute untersuchte<br />

2017 das Weinangebot in China und kam zu<br />

dem Schluss, dass es sich bei rund 70 Prozent<br />

aller Produkte um irgendeine Form von Fälschung<br />

gehandelt hat, egal ob aus dem Inoder<br />

aus dem Ausland. Ein Umstand, der den<br />

erfolgreichen Export von chinesischen Weinen<br />

in andere Länder nicht gerade erleichtert.<br />

Dabei hatte alles ganz anders begonnen:<br />

Erst zwanzig Jahre vor dem Ende der letzten<br />

kaiserlichen Dynastie, der Qing-Periode<br />

(1644 bis 1911), wurde in der Provinz Shandong<br />

in Chefoo (dt. Tchifu), heute Yantai,<br />

die erste Weinkellerei nach europäischem<br />

Vorbild gegründet. Der Vater des modernen<br />

chinesischen Weinbaus war der Regierungsbeamte<br />

und Kaufmann Chang Bishi, der<br />

Name des ersten kommerziellen Weinguts im<br />

größeren Format lautet Changyu (»Zhang<br />

Yu« bedeutet Wohlstand). Chang Bishi kaufte<br />

rund 67 Hektar Land, um Weinstöcke zu<br />

pflanzen. Er hatte es geschafft, die Produktion<br />

von Wein aus Trauben als Privatmonopol<br />

zu bekommen. Chang Bishi verfügte jedoch<br />

nicht über das nötige Fachwissen, also engagierte<br />

er 1896 einen ausgewiesenen Experten<br />

seiner Zeit als Kellermeister. Über Anregung<br />

des k.u.k. Konsuls Daniel Brandt in Singapur<br />

wurde durch das Handelsmuseum ein fachmännisch<br />

gebildeter Österreicher gesucht<br />

und gefunden: Maximilian Freiherr von<br />

Babo, 1862 in Klosterneuburg bei Wien<br />

geboren und Sohn des Leiters der Klosterneuburger<br />

Weinbauschule, sorgte dafür, dass<br />

Changyu ein Erfolg wurde. Er ließ Pressen<br />

und Fässer aus Österreich und Frankreich<br />

nach China kommen und die Weingärten<br />

nach den neuesten Erkenntnissen der Zeit<br />

anlegen. Produziert wurden Weine aus Riesling,<br />

Gewürztraminer oder Merlot, aber auch<br />

Cognac und Brandy.<br />

Nicht weniger als 120 verschiedene Rebsorten<br />

reisten unter der Ägide des Freiherrn<br />

von Babo aus Europa nach Yantai, darunter<br />

auch eine, die unter dem Namen Cabernet<br />

Gernischt eine chinesische Besonderheit darstellt.<br />

Heute weiß man, dass der Cabernet<br />

Gernischt nichts anderes ist als die alte Bordeaux-Rebsorte<br />

Carménère, die heute vor<br />

allem in Chile kultiviert wird. Nach China<br />

kam sie unter der deutschen Bezeichnung<br />

Cabernet Gemischt, ein späterer Schreibfehler<br />

bescherte ihr den merkwürdigen Namen.<br />

Max Freiherr von Babo war der erste in einer<br />

langen Reihe von ausgezeichneten Önologen,<br />

die für Yantai Changyu tätig wurden, ihm zu<br />

Ehren wurde eines der acht Châteaux<br />

benannt, die in jüngerer Zeit als Fantasie-<br />

Kopien französischer Schlösser errichtet wurden.<br />

Das Château Changyu Baron Balboa<br />

liegt im Nanshan New District bei Shihezi<br />

City und wurde 2013 fertiggestellt. Dass<br />

<<br />

Fotos: Getty Images<br />

16 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


cover / CHINA<br />

Das modern gestaltete Grace Vineyard liegt<br />

in der Region Taigu in der Provinz Shanxi.<br />

Das Weingut Château Changyu Balboa liegt im<br />

Nashan New District in der Provinz Xinjiang.<br />

Fotos: Mauritius Images, beigestellt<br />

18 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


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„Wein ist wie<br />

Wasser, mal<br />

Nahrung,<br />

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cover / CHINA<br />

Silver Heights:<br />

Chefönologin Emma<br />

Gao ist eine der<br />

bekanntesten<br />

Weinpersönlichkeiten<br />

des Landes.<br />

Nach wie vor ist China<br />

auf Importe angewiesen,<br />

der Durst im Land wächst<br />

schneller, als neue Flächen<br />

mit Reben bepflanzt werden<br />

können.<br />

Der Familienbetrieb Silver Heights in<br />

der Boom-Region Ningxia setzt auf<br />

Rotwein aus Cabernet und Carménère.<br />

der Baron von Babo und nicht Balboa<br />

hieß, ist nur ein weiterer Schreibfehler in dieser<br />

kuriosen Geschichte. Noch ein weiteres<br />

der mittlerweile acht repräsentativen Schlösser<br />

ist nach einem Paten aus Österreich<br />

benannt, es liegt in der autonomen Region<br />

Ningxia Hui und heißt Château Changyu<br />

Moser XV, hier ist bereits seit einigen Jahren<br />

Laurenz V. Moser als önologischer Berater<br />

und Mastermind tätig.<br />

Europäische Expertise und Investitionen<br />

spielten bei der Entwicklung des chinesischen<br />

Weinwunders von Anfang an eine bedeutende<br />

Rolle, und viele der mehrheitlich französischen<br />

Big Players wie Rémy Martin, Pernod<br />

Ricard, LVMH oder die Rothschilds haben<br />

seit Längerem in China Fuß gefasst. Aber die<br />

Chinesen haben aus den Zeiten gelernt, in<br />

denen sie von europäischen Schlaumeiern<br />

nach allen Regeln der Kunst über den Tisch<br />

gezogen wurden. Heute besitzen sie in so gut<br />

wie allen Joint Ventures die Mehrheit, die<br />

Strategie lautet, sich das Know-how abzuschauen,<br />

um am Ende des möglichst nahen<br />

Tages ohne ausländische Beteiligung in der<br />

Produktion auszukommen. Nicht wenige<br />

fremde Investoren stellten bald fest, dass ein<br />

sicher geglaubtes Geschäft schnell als Fass<br />

ohne Boden enden könnte und zogen sich<br />

flugs wieder zurück.<br />

1995 zählte man erst knapp 250 Weingüter<br />

im gesamten Reich der Mitte, doch<br />

<<br />

bereits 1997 waren es um 200 mehr. Denn<br />

im Jahr 1996 geschah eine Art kleines Wunder,<br />

das dem Weinbau in China enormen<br />

Anschub gab. Es war zu Beginn der Fünf-<br />

Jahresplan-Periode 1996 bis 2000, als kein<br />

Geringerer als der damalige Premier Li Peng<br />

in einer Rede an seine Landsleute die gesundheitlichen<br />

Vorteile des roten Weins aus Trauben<br />

anpries und sie aufforderte, diesem landwirtschaftlichen<br />

Aspekt endlich mehr Aufmerksamkeit<br />

zu schenken. Das ließen sich<br />

die chinesischen Bürger nicht zweimal sagen:<br />

Flugs griffen sie zum Weinglas. In der Folge<br />

überstieg Ende der Neunzigerjahre die Nachfrage<br />

nach Wein bereits deutlich die Inlandsproduktion.<br />

Allein zwischen 1995 und 1998<br />

verzehnfachten sich die Zahlen beim Weinimport.<br />

Ein regelrechter Wein-Boom begann<br />

sich abzuzeichnen. Heute liegt die Anzahl der<br />

Weingüter bei knapp unter eintausend Kellereien,<br />

allerdings bedarf diese Zahl einiger<br />

Erklärung: Der gesamte Grund und Boden<br />

gehört der Volksrepublik China und kann<br />

nicht erworben werden, sämtliche Weingüter<br />

stehen auf Pachtgrund. Die drei größten<br />

Weinerzeuger namens Dynasty, Great Wall<br />

und Pionier Changyu stehen zur Gänze oder<br />

teilweise direkt oder indirekt in staatlichem<br />

Besitz. Allein diese drei Unternehmen, zu<br />

denen unzählige weitere größere und kleine<br />

Weingüter gehören, stehen für sechzig Prozent<br />

des chinesischen Weinmarkts,<br />

<<br />

Fotos: beigestellt<br />

20 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


cover / CHINA<br />

Die Önologin »Crazy« Wang Fang von<br />

der Kanaan Winery ist berühmt für ihren<br />

Innovationsgeist und liebt Riesling.<br />

Gefälscht wird im Land<br />

der Mitte alles, was sich<br />

verkaufen lässt. Beim Wein<br />

soll die Quote 70 Prozent<br />

betragen – der Rest ist aber<br />

garantiert echt.<br />

<<br />

gemeinsam mit nur drei weiteren kontrollieren<br />

sie 90 Prozent. Weingüter ohne chinesischen<br />

Partner mit Mehrheitsanteil kann man<br />

lange suchen. Sogar Baron Eric Rothschild,<br />

dessen Château Lafite-Rothschild aus Bordeaux<br />

in China der begehrenswerteste Wein<br />

überhaupt ist, konnte sein Projekt in Penglai<br />

auf der Halbinsel Shandong nicht ohne chinesischen<br />

Teilhaber starten. Gemeinsam mit<br />

CITIC hatte Baron Rothschild bereits einige<br />

Millionen investiert, ohne einen der erzeugten<br />

Weine auf den Markt zu bringen, weil die<br />

ersten Jahrgänge die hohen Erwartungen<br />

nicht erfüllen konnten – bis es dem chinesischen<br />

Partner im Vorjahr schließlich reichte,<br />

sprich nicht gewinnversprechend genug<br />

erschien. CITIC verkaufte seine Anteile den<br />

Franzosen, die nun das Projekt alleine weiterführen.<br />

»Bei einem Weinprojekt dieser Art<br />

braucht man tiefe Taschen«, meint ein Kenner<br />

der Szene, »die Rothschilds haben solche,<br />

und dazu kommen noch 150 Jahre Vorsprung<br />

beim Produzieren eines großen<br />

Weins.« Im September <strong>2019</strong> wurde der lang<br />

erwartete Wein »Long Dai« aus dem Jahrgang<br />

2017 endlich ausgewählten Vertretern<br />

der internationalen Presse präsentiert. Der<br />

Nine Peaks von Karl-Heinz Hauptmann, der<br />

bereits mit Bessa Valley in Bulgarien und Alira<br />

in Rumänien erfolgreich investiert hat,<br />

stammt ebenfalls aus Shandong und hat<br />

bereits gezeigt, was hier möglich ist. Der erste<br />

Ultra-Premium-Wein Chinas aus französischer<br />

Hand ist jener aus dem Hochgebirgsprojekt<br />

von LVMH, das aus Trauben,<br />

die in über 2000 Meter Seehöhe in Yunnan<br />

an der tibetischen Grenze wachsen, den Ao<br />

Yun erzeugt. Dieser stoffig-würzige Wein ist<br />

auch am deutschsprachigen Markt in sehr<br />

limitierter Menge verfügbar und hat einen<br />

entsprechend hohen Preis von rund 300 Euro<br />

pro Flasche.<br />

Im Laufe der vergangenen Jahre wurden<br />

chinesische Weine immer wieder auch im<br />

Ausland bei großen Proben hoch ausgezeichnet,<br />

ein positives Signal, das auch in den chinesischen<br />

Markt hineinwirkt. Waren echte<br />

Weintrinker früher stets nur an importierten<br />

Flaschen, im Optimalfall aus Frankreichs<br />

Topregionen interessiert, so wächst mittler-<br />

weile der Stolz auf die besten eigenen Weine,<br />

die meist nur sehr limitiert verfügbar sind.<br />

Man muss also immer noch nach China reisen,<br />

will man die besten Boutique-Weine kennenlernen<br />

– und die haben längst ihren Preis.<br />

Da wären die Weine von Judy Chan von<br />

Grace Vineyard, dem wohl bekanntesten<br />

Familien-Weingut, die auch den Weg über<br />

die Grenzen des Landes hinaus finden.<br />

Ansprechend sind auch die Weine der Winzerin<br />

»Crazy« Wang Fang aus deren Kanaan<br />

Winery in Ningxia. Auch Emma Gao zählt<br />

zu den bekannten chinesischen Winzerpersönlichkeiten,<br />

sie hat das Weingut Silver<br />

Heights in Ningxia gemeinsam mit ihrem<br />

französischen Gatten Thierry Courtade aufgebaut,<br />

den sie bei einem Praktikum auf<br />

Château Calon-Ségur in Bordeaux kennengelernt<br />

hat.<br />

Aus der Region Shanxi ist das Château<br />

Rongzi zu empfehlen, hier hat der emeritierte<br />

Pétrus-Önologe Jean-Claude Berrouet<br />

sein Wissen eingebracht. Bereits mehrfach<br />

international prämiert sind die Toprotweine<br />

von Jiabeilan aus den Helan Mountains<br />

in Ningxia, wo gerade der langjährige Distributeur<br />

von Penfolds in China, Zhang<br />

Yanzhi, die ultramoderne Pigeon Hills<br />

Winery errichtet hat, die in der Region<br />

bereits für positiven Gesprächsstoff sorgt.<br />

Einer der erfolgreichen Pionier-Betriebe<br />

war und ist auch Moët Chandon, der in<br />

Ningxia hervorragenden Schaumwein<br />

erzeugt. Pernod Ricard steht mit Helan<br />

Mountain ebenfalls für sehr herzeigbare<br />

Weine, auch hier steht dem Winemaking<br />

mit Yanling »Linda« Ren eine Önologin<br />

vor, ihre Topkollektion heißt Xiaofeng<br />

und besteht aktuell aus einem Chardonnay<br />

und einem Cabernet Sauvignon.<br />

<<br />

Fotos: beigestellt<br />

22 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


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cover / WEIN AUS CHINA<br />

TASTE OF CHINA<br />

Chinesischer Wein ist in Europa noch echte Mangelware. Selbst in bestsortierten<br />

Fachgeschäften wie auch im Online-Handel sind Flaschen aus dem Reich der Mitte kaum zu<br />

bekommen. Nun finden die ersten Weine von Projekten, in denen Europäer federführend sind,<br />

auch den Weg zu uns. Die folgenden Tropfen stellen eine Bereicherung jeder Weinkarte dar.<br />

95<br />

2017 LONGH DAI<br />

(CS/CF/MARSELAN)<br />

Domaine de Long Dai<br />

Qiu Shan Valley, Shandong<br />

13,5 Vol.-%, NK Dunkles Rubingranat, violette<br />

Reflexe, dezente Randaufhellung. In der Nase<br />

zarte Edelholznoten, feiner Nougattouch, reife<br />

Nuancen von Kirschen, ein feiner Hauch von<br />

Dörrzwetschgen und Brombeerkonfit, zarter<br />

Veilchenanklang, attraktives Bukett. Saftig,<br />

gute Komplexität, feine Würze, zarter Valrhonatouch,<br />

feine Säurestruktur, reife Herzkirschen<br />

im Abgang, mineralischer Touch, salziger<br />

Nachhall, verfügt über anhaltende Länge<br />

und Reifepotenzial und ist dennoch bereits gut<br />

antrinkbar. In China ab September <strong>2019</strong>, in<br />

Europa ab Anfang 2020 verfügbar.<br />

Fachhandel, ca. € 180,–<br />

»Mit unserem Projekt<br />

wollen wir zeigen, dass es in<br />

China möglich ist, Weine zu<br />

erzeugen, die den höchsten<br />

Ansprüchen genügen.«<br />

BARONESS SASKIA DE ROTHSCHILD<br />

CEO, Domaines Barons de Rothschild (Lafite)<br />

DOMAINE DE LONG DAI,<br />

QIU SHAN VALLEY, SHANDONG<br />

2009 entschied man sich auf Château Lafite-Rothschild<br />

(DBR), in der Provinz Shandong<br />

im Nordosten Chinas ein kleines, aber<br />

feines Weingut zu gründen, und erwarb<br />

rund 30 Hektar, von denen heute 25 im<br />

Ertrag stehen. Auf insgesamt 360 Terrassen<br />

werden Cabernet Sauvignon, Cabernet<br />

Franc, Marselan, dazu etwas Merlot, Syrah<br />

und Alicante angebaut. Zehn Jahre später<br />

kommt am 19. September <strong>2019</strong> der erste<br />

Wein auf den Markt. »Mit unserem Projekt<br />

wollen wir zeigen, dass es in China möglich<br />

ist, Weine zu erzeugen, die den höchsten<br />

Ansprüchen genügen«, so Baroness Saskia<br />

de Rothschild im Gespräch mit <strong>Falstaff</strong>.<br />

»Andererseits möchten wir damit eine junge<br />

Generation toller chinesischer Önologen<br />

und Winzer anspornen, auch diesen Weg<br />

zu gehen.« Der Premierenwein wurde zu<br />

50 Prozent in neuem Holz ausgebaut und<br />

für 18 Monate im Holz gereift, erzeugt<br />

wurden 2500 Kisten. Entstanden ist mit<br />

Long Dai kein »Bordeaux aus China«,<br />

sondern ein Wein mit eigenständigem aromatischem<br />

Profil, der einerseits das Terroir<br />

und Klima der Region widerspiegelt und<br />

andererseits durch die Verwendung der<br />

Rebsorte Marselan – eine südfranzösische<br />

Neuzüchtung aus Cabernet Sauvignon x<br />

Grenache Noir – eine unverwechselbare<br />

individuelle Note erhält. »Wir haben bei<br />

der Vinifikation darauf hingearbeitet, dass<br />

der Wein von Anfang an gut trinkbar sein<br />

soll, da wir wissen, dass es in China, wie<br />

überall, Weinfreunde gibt, die den Wein<br />

sofort trinken möchten, wenn er verfügbar<br />

ist«, so Saskia de Rothschild.<br />

Fotos: Peter Moser, Richard Haughton, beigestellt<br />

24 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


CHÂTEAU CHANGYU MOSER XV<br />

Bereits 1892 gründete der Geschäftsmann<br />

Zhang Bishi das Weingut Changyu, unterstützt<br />

wurde er dabei vom österreichischen<br />

Önologen Freiherr Max von Babo. Heute<br />

ist Changyu das älteste und renommierteste<br />

Weingut Chinas – und das einzige, das<br />

unter den World’s Top 50 Brands of Spirits<br />

and Wine zu finden ist. Changyu besitzt<br />

Weingüter in allen wichtigen Regionen<br />

Chinas. Seit einigen Jahren ist der internationale<br />

Weinprofi Lenz M. Moser (o.) als<br />

Berater tätig, ihm wurde 2013 das Château<br />

Changyu Moser XV in Ningxia<br />

gewidmet, wo er mit seinem Team exzellente<br />

Weine macht, die mittlerweile auch<br />

in Europa verfügbar sind.<br />

95<br />

2015 AO YUN<br />

15,5 Vol.-%, NK. Dezente Holzwürze,<br />

Schattenmorelle, Blut, Thymian, eine<br />

mineralisch getönte Würze neben dunkelbeerigen<br />

und holzigen Aromen. Am<br />

Gaumen Druck und Verfeinerung, ein<br />

intensiv mineralischer Spannungsbogen,<br />

reife Beerenfrucht, leicht feurig,<br />

aber vom mächtigen Extrakt in Balance<br />

gehalten, ein gewaltiger Extrakt, mit<br />

ätherischen Cabernet-Aromen im<br />

Nachhall. millesima.de, € 345,–<br />

93<br />

2013 AO YUN<br />

15 Vol.-%, NK. Zigarrenkiste, frisch<br />

gemuste Blaubeere, Holunder, Zimt,<br />

Kräuter. Sandiges Tannin, druckvoll<br />

und reif, geschmeidig grundiert, langsam<br />

im Gaumenverlauf an Lebendigkeit<br />

gewinnende Säure, berstend vor<br />

Frucht und Stoffigkeit, aber ohne die<br />

geringste Schwere, der Alkohol ist<br />

kaum spürbar, mineralisch, in den Aromen<br />

noch kompakt, mit viel Cassis.<br />

94<br />

2016 CHATEAU CHANGYU MOSER<br />

XV GRAND VIN NINGXIA<br />

15 Vol.-%, NK. Kräftiges Rubingranat,<br />

violette Reflexe, dezente Randaufhellung.<br />

Mit feiner Edelholzwürze unterlegte<br />

Nuancen von reifen Kirschen,<br />

etwas Vanille, florale Noten, kandierte<br />

Orangenzesten, tabakige Anklänge.<br />

Kraftvoll, saftig und mit schokoladiger<br />

Textur ausgestattet, extraktsüß, gut<br />

integrierte Holzwürze, Nougat, pfeffrige<br />

Würze, mineralisch im Abgang, sehr<br />

gute Länge, sicheres Reifepotenzial.<br />

hawesko.de, ca. € 70,–<br />

92<br />

2016 CHATEAU CHANGYU MOSER<br />

XV MOSER FAMILY NINGXIA<br />

14,5 Vol.-%, NK. Kräftiges Rubingranat,<br />

violette Reflexe, dezente Randaufhellung.<br />

Kräuterwürze, tabakig unterlegte<br />

schwarze Beerenfrucht, Kirschen,<br />

Cassis, frische Orangenzesten,<br />

feine Edelholzwürze. Saftig, komplex,<br />

elegante, reife Textur, schokoladige<br />

Nuancen, würzig-mineralisch, Herzkirschen,<br />

guter Fluss, facettenreich.<br />

hawesko.de, ca. € 32,–<br />

93<br />

2014 AO YUN WINE<br />

15 Vol.-%, NK. Kakaopulver, rotbeerig,<br />

ein klein wenig Schwarze Johannisbeere,<br />

noch vergleichsweise verschlossen.<br />

Sehniger Gaumen, vitaler, Länge<br />

gebender Säurenerv, festes, ganz<br />

leichte Grüntöne einbindendes Tannin,<br />

kräftiger, aber eingebundener Alkohol,<br />

auf Zukunft hin konstruierter, dichter<br />

Extrakt, sehr gute Länge.<br />

clos19.de, € 299,–<br />

91<br />

2017 CABERNET SAUVIGNON<br />

HELAN MOUNTAIN RANGE<br />

14,5 Vol.-%, NK. Kräftiges Rubingranat,<br />

violette Reflexe, dezente Randaufhellung.<br />

Feine dunkle Beerenfrucht,<br />

Anklänge von Herzkirschen, Brombeeren<br />

und etwas Nougat, zarte Würze<br />

unterlegt. Mittlere Komplexität,<br />

schwarze Waldbeeren, extraktsüße<br />

Textur, zart nach schwarzem Pfeffer,<br />

schokoladig, kraftvoll im Abgang, etwas<br />

Kardamom im Nachhall, bleibt haften,<br />

Brombeeren im Nachhall.<br />

hawesko.de, ca. € 9,–<br />

90<br />

2018 CABERNET SAUVIGNON<br />

BLANC DE NOIR HELAN MOUNTAIN<br />

RANGE<br />

13,5 Vol.-%, NK. Helles Lachsrosa, zarter<br />

Ockerrand. Dezente Nuancen von<br />

Erdbeerkonfit, etwas Pfirsich und frische<br />

Zitruszesten. Straff, engmaschig<br />

und extraktsüß, ein Hauch von Rosinen<br />

und reifen Pflaumen im Abgang,<br />

gute Frische, mineralisch und anhaltend<br />

im Abgang.<br />

hawesko.de, € 9,90<br />

AO YUN – DER WEIN AUS SHANGRI-LA<br />

Der Luxusgüterkonzern LVMH steht vor<br />

allem für Marken mit langer Tradition.<br />

Doch seit 2010 besitzt das Unternehmen<br />

ein Weingut in einem abgelegenen chinesischen<br />

Bergdorf: Höhenlagen zwischen<br />

2200 und 2600 Metern über dem Meer,<br />

314 kleine Parzellen auf 27,7 Hektar.<br />

Und eine Lese, die bis Mitte November<br />

dauert. Importiert sind einzig die Rebsorten<br />

– Cabernet Sauvignon (im Blend<br />

80 bis 90 Prozent) und Cabernet Franc<br />

(10 bis 20 Prozent). Das Ergebnis ist ein<br />

Roter, der China mit großem Nachdruck<br />

auf die Landkarte des Spitzenweins setzt.<br />

Einiges haben die LVMH-Weinmacher<br />

vor Ort bereits gelernt: etwa, dass auf<br />

2500 Metern Höhe die Wirkung des Sauerstoffs<br />

beim Fass ausbau viel geringer ist<br />

als etwa in Bordeaux auf Meereshöhe.<br />

Und auch der Geschmack des Weins variiert<br />

enorm mit der Höhe. Das Abenteuer<br />

Ao Yun, es ist in vollem Gang.<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

25


wein / MOSEL DIE MOSEL UND DER WEIN<br />

SÜSSE<br />

SCHLANGEN<br />

Fotos: beigestellt<br />

Foto: Shutterstock<br />

26 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


SERIE<br />

EUROPAS WEIN-FLÜSSE<br />

IM PORTRÄT<br />

TEIL 1: DONAU<br />

TEIL 2: RHEIN<br />

TEIL 3: RHÔNE<br />

TEIL 4: MOSEL<br />

LINIEN<br />

Weinselig mäandert die Mosel von ihrem<br />

Ursprung in den Vogesen bis zur Rheinmündung<br />

bei Koblenz. Der fruchtsüße<br />

Moselriesling hat Weltruhm – doch nicht<br />

überall am Fluss gibt er den Ton an.<br />

TEXT ULRICH SAUTTER<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

27


wein / DIE MOSEL UND DER WEIN<br />

Wormeldange<br />

Koeppchen:<br />

Luxemburgs<br />

Riesling-<br />

Spitzenlage<br />

(Weingut<br />

Alice<br />

Hartmann).<br />

Blickt man auf den Flussverlauf<br />

der Mosel, wird schnell eines<br />

klar: Die Mosel ist ein Wesen<br />

mit eigenem Kopf. Fast scheint<br />

es, als ziere sie sich. Denn ihre<br />

Quelle liegt Luftlinie nur etwa 30 Kilometer<br />

vom Rhein entfernt. Doch nein, statt direkt<br />

nach Osten zu fließen und sich auf dem kürzesten<br />

Weg Vater Rhein anzuschließen,<br />

macht sie einen Umweg von 540 Kilometern,<br />

ehe sie dann doch in den großen Nachbarn<br />

mündet. Zunächst aber wendet sie sich nach<br />

Westen, dann als immer noch schmales Rinnsal<br />

nach Norden, im westlichen Hinterland<br />

der Vogesen verbreitert sie sich und fließt bis<br />

nach Nancy und Metz in Lothringen. Die<br />

beiden ersten Weinbaugebiete liegen dann<br />

auch noch in Frankreich und heißen Côtes<br />

de Toul (bei Nancy) und Côtes de Moselle<br />

(zwischen Nancy und Metz). Im 19. Jahrhundert<br />

soll die Gegend um Metz ein bedeutender<br />

Traubenlieferant für die Champagne<br />

gewesen sein. Doch heute haben diese Gebiete<br />

mit ihren insgesamt rund 200 Hektar<br />

Reben fast nur noch lokale Bedeutung. Überregional<br />

bekannt ist lediglich das historische<br />

Schloss Vaux – und auch dieses in der Regel<br />

über einen Umweg: Denn die Eigentümer des<br />

Weinguts verließen Lothringen nach dem<br />

Ersten Weltkrieg und nahmen die Markenrechte<br />

mit nach <strong>Deutschland</strong>, wo Schloss<br />

Vaux heute als Rheingauer Sekthaus einen<br />

guten Namen hat. Im originalen Château de<br />

Vaux indes keltert die Familie Molozay<br />

Moselweine aus biodynamischem Anbau,<br />

vor allem aus Sorten wie Auxerrois, Pinot<br />

gris und Müller-Thurgau, teils auch – willkommen<br />

an der Mosel – in halbtrockener<br />

oder süßer Version.<br />

KLEINER GRENZVERKEHR<br />

Im Dreiländereck zwischen Frankreich,<br />

Luxemburg und <strong>Deutschland</strong> haben sich<br />

zehn Winzer zu einer eigenen Qualitätscharta<br />

zusammengeschlossen. Zum Taufpaten ihrer<br />

Vereinigung haben sie den Grenzort Schengen<br />

gewählt, der auf politischer Ebene für die<br />

Freizügigkeit im vereinten Europa steht. Die<br />

Winzer der Charta Schengen Prestige, vier<br />

aus <strong>Deutschland</strong>, vier aus Luxemburg und<br />

zwei aus Frankreich, verpflichten sich zu<br />

höheren Qualitätsstandards, als sie von den<br />

jeweiligen nationalen Gesetzgebungen vorgeschrieben<br />

sind, und verleihen daher diesem<br />

Karte: Stefanie Hilgarth, Fotos: Domaine Alice Hartmann, Hans Georg Merkel<br />

28 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Friedliche Nachbarschaft: Blick aus den Weinbergen des Weinguts<br />

Befort in Nittel auf das gegenüberliegende luxemburgische Moselufer.<br />

Ruth, Marcel und Hans-Jörg Befort (v. l. n. r.).<br />

Moselabschnitt einen klar grenzüberschreitenden<br />

Ausdruck.<br />

Zwischen Schengen und Oberbillig bildet<br />

die Mosel die deutsch-luxemburgische Landesgrenze.<br />

Auf der Flussseite des Großherzogtums<br />

liegen schmucke Winzerdörfer wie<br />

zu einer Perlenkette aufgereiht: Remerschen,<br />

Wormeldange, Ahn und Grevenmacher;<br />

vis-à-vis am deutschen Ufer haben Orte<br />

wie Perl, Wehr, Nittel und Wasserliesch einen<br />

guten Klang. Links und rechts des Flusses<br />

sind die Bedingungen gleich: König Riesling,<br />

der den Ruf des Moselweins begründet hat,<br />

ist hier ein Außenseiter. Denn das Rheini-<br />

<<br />

Zwischen Schengen und<br />

Oberbillig bildet die<br />

Mosel die deutschluxemburgische<br />

Grenze.<br />

Links und rechts des Flusses<br />

sind die Bedingungen gleich:<br />

König Riesling ist hier ein<br />

Außenseiter. Fast überall<br />

bevorzugen die Winzer<br />

Burgundersorten.<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

29


wein / DIE MOSEL UND DER WEIN<br />

Dramatischer Steilhang:<br />

Erdener Treppchen.<br />

Am Fuß des Weinbergs<br />

wurde mit Unterstützung<br />

des Bremer Ratskellers<br />

eine römische Kelteranlage<br />

restauriert.<br />

sche Schiefergebirge zeigt sich an den<br />

Hängen des Moselufers erst weiter flussabwärts<br />

ab Trier. An der Obermosel, wie der<br />

Flussabschnitt oberhalb Triers mit sehr deutscher<br />

Perspektive und letztlich unzutreffend<br />

genannt wird, dominieren die Gesteine der<br />

Trias, stellenweise mit Keuper und Buntsandstein,<br />

vor allem aber verbreitet mit Muschelkalk.<br />

Für Riesling sind in diesem Flussabschnitt<br />

nur die allerwärmsten, steilsten Südlagen<br />

reserviert – vor allem die Lage Wormeldange<br />

Koeppchen hat einen ausgezeichneten<br />

Ruf. Fast überall sonst bevorzugen die Winzer<br />

Burgundersorten, die natürlich bestens<br />

zum Kalkstein passen. Zwei weitere Spezialitäten<br />

sind diesem Flussabschnitt zu eigen:<br />

Hier wächst auch noch die historische Sorte<br />

Elbling und bringt einen rustikalen, aber<br />

durchaus terroiraffinen Zechwein. Und das<br />

kühle Grundklima der Region fördert auch<br />

die Erzeugung von Schaumwein, also von<br />

Sekt am deutschen Ufer und von Crémant<br />

am luxemburgischen.<br />

<<br />

DIE MITTELMOSEL<br />

Bei Trier beginnt die Mosel jener Fluss zu<br />

werden, den man in der Regel vor Augen<br />

hat, wenn man an Moselwein denkt. Ab<br />

hier zeigt sich der Schiefer im Boden, und<br />

der sich vielfach windende Flusslauf ist<br />

gesäumt von halsbrecherischen Steillagen,<br />

die mit Rieslingreben bestockt sind. Trier<br />

ist auch aus einem zweiten Grund ein<br />

weingeografi scher Knotenpunkt, denn kurz<br />

vor der alten Römerstadt mündet bei Konz<br />

die Saar in die Mosel, kurz hinter Trier die<br />

Ruwer. Die Weine beider Nebenflüsse werden<br />

seit dem Jahr 2007 kurz und bündig als<br />

»Mosel« etikettiert. Begründet wurde dieser<br />

Schritt von der Weinbaupolitik damit,<br />

dass die ältere Redeweise »Mosel-Saar-<br />

Ruwer« zu sperrig für den Export gewesen<br />

sei. Sachlich gesehen ist die Verkürzung auf<br />

»Mosel« aber irreführend, denn bei den<br />

Weinen von Saar und Ruwer handelt es<br />

sich um sehr eigenständige Wein-Charaktere:<br />

Die Saar ist berühmt für ihren finessenreich-mineralischen<br />

Stil, während die<br />

Ruwer strammen Riesling mit charakteristisch<br />

floralen Noten hervorbringt.<br />

An der Mosel selbst gewinnen die Weine<br />

auf den folgenden Flusskilometern bis zur<br />

Mündung bei Koblenz kontinuierlich an<br />

Kraft und Wärme. Dabei sagt es über den<br />

Flussverlauf viel aus, dass die Mosel von<br />

Trier bis Koblenz 195 Kilometer zurücklegt,<br />

Luftlinie sind beide Orte gerade einmal die<br />

halbe Distanz voneinander entfernt. Dass die<br />

Mosel mäandert, ist für den Weinbau ein<br />

Segen: Denn durch ihre weit ausgreifenden<br />

Schleifen entstehen reichlich Südhänge in<br />

direkter Flusslage. Zwar ist das Klima der<br />

Mosel im Zuge von Global Warming heute<br />

nicht mehr so kühl wie früher, als immer wieder<br />

Jahre mit mangelnder Traubenreife auftraten.<br />

Doch die Wärme eines nach Süden<br />

gerichteten Steilhangs ist auch heute noch die<br />

Bedingung für balancierte, trockene Weine<br />

und für jene frucht- und edelsüßen Spitzenweine,<br />

die den Weltruhm der Mosel begründet<br />

haben. Wer einmal eine 20 Jahre alte<br />

Mosel-Auslese getrunken hat, weiß, wie<br />

wenig »süß« diese Weine schmecken, wenn<br />

sie voll ausgereift sind: Die Süße wirkt gerade<br />

nur als Volumenverstärker für die Frucht<br />

– letztlich sind es aber stets die Säure und<br />

der mineralische Extrakt, die die Faszination<br />

dieser Weine begründen.<br />

Von Trier flussabwärts sind die ersten<br />

berühmten Weinbauorte Leiwen und Trittenheim,<br />

dann folgt Piesport mit seiner Spitzenlage<br />

Goldtröpfchen, ab Brauneberg mit seiner<br />

Juffer Sonnenuhr geht dann für die folgenden<br />

Flusskilometer stets die eine Spitzenlage<br />

direkt in die nächste über: Bernkastel<br />

(mit seinem Doctor), Graach (Himmelreich),<br />

Wehlen (Sonnenuhr), Ürzig (Würzgarten)<br />

und Erden (Treppchen/Prälat) – das ist eine<br />

Kette von Einzellagen, die allesamt Weinlegenden<br />

hervorbringen. Nirgendwo sonst als<br />

hier an der Mittelmosel verbindet der<br />

<<br />

Karte: Stefanie Hilgarth, Fotos: Gaby Comes, Erden, beigestellt<br />

30 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


In bester<br />

Gesellschaft.<br />

Original SELTERS – empfohlen<br />

als idealer Weinbegleiter.<br />

Christian Dautel<br />

Weingut Dautel<br />

Winzer<br />

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wein / DIE MOSEL UND DER WEIN<br />

Weingut<br />

Heymann-<br />

Löwenstein:<br />

Steillage<br />

Winninger<br />

Uhlen an der<br />

Terrassenmosel.<br />

Riesling so viel Fülle, Schmelz und Würze<br />

mit dem Eindruck größter Leichtigkeit und<br />

Eleganz – und das in jeder Geschmacksrichtung.<br />

Aufseiten der Winzer zeigen sich hier<br />

Namen mit großer Geschichte und von Weltruhm:<br />

Familien wie Prüm und Thanisch,<br />

Wegeler und Loosen, Schaefer, Haag und<br />

Haart haben den Weinbau der Region seit<br />

Jahrhunderten geprägt und tun es bis zum<br />

heutigen Tag.<br />

<<br />

TERRASSENMOSEL<br />

Angelina und<br />

Kilian Franzen (r.)<br />

haben ihre<br />

Reben in Europas<br />

steilstem<br />

Weinberg, dem<br />

Bremmer<br />

Calmont (u.).<br />

Das Weingut<br />

Immich-<br />

Batterieberg in<br />

Enkirch nutzt<br />

neben den<br />

traditionellen<br />

Fuderfässern<br />

auch moderne<br />

Tonneaux.<br />

Noch weiter flussabwärts findet die Mittelmosel<br />

bei Enkirch und Pünderich ihren<br />

Abschluss, ehe sich das Tal verengt. Im hier<br />

beginnenden untersten Flussabschnitt sind<br />

viele Weinberge in den steilen Felswänden als<br />

Terrassen angelegt, daher spricht man hier<br />

von der Terrassenmosel. Bremm mit seinem<br />

Calmont kann für sich in Anspruch nehmen,<br />

den steilsten Weinberg Europas zu besitzen, in<br />

manchen Parzellen hat man den Eindruck,<br />

der Hang falle fast senkrecht zum Flussufer<br />

hin ab. Die Rieslinge der Terrassenmosel werden<br />

häufiger als jene der anderen Flussabschnitte<br />

trocken oder feinherb ausgebaut, sie<br />

zeichnen sich durch Kraft und eine innere<br />

Wärme aus, die mit der geografischen Lage<br />

zu tun hat: Winningen beispielsweise ist zwar<br />

der nördlichste Weinbauort des Moseltals,<br />

doch die nördliche Lage wird von der Tiefe<br />

des Tals mehr als kompensiert: Hier wach sen<br />

die Reben in Höhen zwischen 80 und<br />

190 Metern über Meer, während beispielsweise<br />

die Weinberge des rund 180 Kilometer<br />

flussaufwärts nahe Trier gelegenen Orts Longuich<br />

im Schnitt gut 100 Meter höher stehen,<br />

auf Höhen zwischen 130 und 310 Metern.<br />

Winningen ist der letzte Weinbauort an der<br />

Mosel, nur kurz danach mündet der Fluss<br />

dann bei Koblenz in den Rhein – nach insgesamt<br />

540 Kilometern, von denen mehr als die<br />

Hälfte ganz und gar im Zeichen des Weinbaus<br />

stehen, und nach unzähligen Wein-Originalen<br />

an allen Flussabschnitten, die nur darauf<br />

warten, entdeckt zu werden.<br />

<<br />

Fotos: Reinhard Löwenstein, beigestellt<br />

32 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


RIEDEL – AUCH FÜR COCKTAILS DIE PERFEKTE WAHL<br />

COCKTAILS STILVOLL SERVIERT<br />

NEAT GLAS<br />

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NICK & NORA GLAS<br />

SOUR GLAS<br />

MIXING GLAS<br />

HIGHBALL GLAS<br />

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wein / MOSEL<br />

TASTING<br />

INFO<br />

WEITERE BEWERTUNGEN<br />

UND BESCHREIBUNGEN<br />

FINDEN SIE SIE AB<br />

AB SEITE 228. 148.<br />

BEST OF MOSEL<br />

97<br />

96<br />

95<br />

2017 PÜNDERICH MARIENBURG<br />

RIESLING FELSTERRASSE GG<br />

CLEMENS BUSCH, PÜNDERICH<br />

In der Fruchtkomponente noch sehr<br />

verschlossen, fast völlig auf den<br />

Stein fokussiert. Betont ölig und<br />

cremig ansetzend, dann mit einer<br />

ultrafeinen Säure, die den Wein<br />

untermalt und lang macht, intensiv<br />

mineralisch, ein Extraktbrocken in<br />

extrem hoher Differenzierung, subtil<br />

und wuchtig in einem.<br />

clemens-busch.de, € 69,–<br />

2017 WEHLEN SONNENUHR<br />

RIESLING AUSLESE***, MARKUS<br />

MOLITOR, ZELTINGEN<br />

Ein Strauß von Zitrusfrüchten, Zitrone,<br />

rosa Grapefruit, Mandarine und<br />

Ananas. Zarte Botrytis. Am Gaumen<br />

süß und cremig, mit hoher Dichte<br />

und sehr viel Schmelz, druckvoll,<br />

fast schon wuchtig, der große<br />

Reichtum an Fruchtsüße und weichen<br />

Anteilen ist von fester Säure<br />

und taktiler Mineralität balanciert.<br />

markusmolitor.com, € 76,–<br />

2018 BOTRYTIS RIESLING<br />

CHÂTEAU PAUQUÉ<br />

GREVENMACHER (LUXEMBURG)<br />

Nektarine, kandierter Pfirsich,<br />

Grapefruit, schöne, sehr gesunde<br />

Botrytis, am Gaumen karamellisiert<br />

und reich in der Süße, viskos, feste<br />

Säure, würzige Rückaromen, tolle<br />

Balance bei sehr hoher Konzentration.<br />

Getrockneter Steinpilz im<br />

Abgang. Im Stil einer Beerenauslese,<br />

nur 5,5 % Alkohol.<br />

duhrabi@pt.lu, € 31,50<br />

97<br />

96<br />

95<br />

2003 GRAACH HIMMELREICH<br />

RIESLING AUSLESE<br />

GOLDKAPSEL<br />

Grapefruit, Schiefer, Hefe, Walderdbeere,<br />

Orangeat. Am Gaumen cremig,<br />

präsente Süße, schmeichelhaft<br />

und rund, voll, von frischer Frucht<br />

begleitet, leicht pflanzliche Untertöne,<br />

würzig, mit großem weiterem<br />

Potenzial, fein und nuanciert, bis in<br />

den langen Abgang hineinspielend.<br />

weinart.de, kierdorfwein.de<br />

ca. € 75,–<br />

2014 ERDEN PRÄLAT RIESLING<br />

GG RÉSERVE, DR. LOOSEN<br />

BERNKASTEL<br />

Beginnende Entfaltung im Duft:<br />

Purple Curry, Mispel, Schiefergestein.<br />

Am Gaumen: knackige Säure,<br />

eine Spur Botrytis, eine ungemein<br />

reiche, cremige, seidige Textur,<br />

großzügig, viskos geschichtet, schon<br />

wunderbar trinkbar, dabei zart und<br />

linear, noch immer kompakt, aber<br />

dennoch lang. Zuletzt mineralisch.<br />

weinart.de, € 100,–<br />

2017 BRAUNEBERG JUFFER<br />

RIESLING AUSLESE ***, WEINGUT<br />

PAULINSHOF, BRAUNEBERG<br />

Im Duft Blütenhonig, Rosine, frisch<br />

gekochtes Apfelkompott, sehr feine<br />

Botrytis. Am Gaumen ganz transparent,<br />

verdichtete und dennoch feine<br />

Säure, zarte Süße, mineralisch<br />

getragen, delikater Wein, trotz aller<br />

Konzentration auch fein ziseliert,<br />

saftig, präzise.<br />

paulinshof.de<br />

auf Anfrage<br />

97<br />

96<br />

95<br />

2018 WEHLEN SONNENUHR<br />

RIESLING AUSLESE LANGE<br />

GOLDKAPSEL, WEINGUT<br />

SCHLOSS LIESER<br />

Konzentrierte Zitrusfrucht und kandierte<br />

Noten, Dattel, aber dabei<br />

frisch. Am Gaumen druckvoll und<br />

reich, viskos, von einer immens feinen<br />

Säure durchzogen, Schmelz,<br />

Fülle und Süße mit höchster Eleganz<br />

verknüpft, Rückaromen von<br />

Bratenjus, höchst subtil.<br />

weingut-schloss-lieser.de<br />

Versteigerungswein<br />

2018 LONGUICH MAXIMIN<br />

HERRENBERG RIESLING<br />

AUSLESE GOLDKAPSEL,<br />

WEINGUT LOEWEN, LEIWEN<br />

Geriebene Zitronenschale, Mandarine,<br />

ein Hauch Botrytis. Am Gaumen<br />

unmittelbar würzig, dazu seidig und<br />

rund mit feingliedriger, aber fester<br />

und lange anhaltender Säure, mit<br />

fruchtgetragener Süße und subtilem<br />

mineralischem Spiel. Voll und<br />

filigran in einem!<br />

weingut-loewen.de<br />

Versteigerungswein<br />

2016 SORENTBERG RIESLING<br />

»VON 1000 ALTEN REBEN«,<br />

SORENTBERG GBR, REIL<br />

Eine nach Jahrzehnten der Brache<br />

wiederbelebte uralte Anlage in<br />

einem Seitental bei Reil. Akazienhonig,<br />

Harz, Mango, Hopfen, Dotterblume<br />

und Barbecuesauce in der Nase.<br />

Am Gaumen zunächst weicher Fond<br />

und harmonisch erscheinend, dann<br />

baut sich Spannung auf, dicht, stoffig<br />

und doch von ungemeiner Finesse.<br />

Wahre Rieslingerotik.<br />

julius-treis.de, auf Anfrage<br />

Fotos: beigestellt<br />

34 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Flussgenuss für Weinliebhaber.<br />

Auf Main, Rhein & Mosel.<br />

Flusslandschaft an der Mosel<br />

Wein- und Genussreisen mit <strong>Falstaff</strong><br />

11 Tage Frankfurt-Trier-Koblenz-Frankfurt<br />

mit dem NEUBAU nickoSPIRIT<br />

Ultra-Frühbucher-<br />

Preis schon ab<br />

1.249 €p. P.<br />

bei Buchung<br />

bis 30.09.<strong>2019</strong><br />

In Kooperation mit <strong>Falstaff</strong>, dem größten Gourmet-<strong>Magazin</strong> für Wein<br />

und Genuss im deutschsprachigen Raum, haben wir genussreiche<br />

Flusskreuzfahrten entlang <strong>Deutschland</strong>s beliebter Weinbauregionen<br />

ausgearbeitet:<br />

Von Frankfurt am Main fährt das Schiff auf dem romantischen Mittelrhein,<br />

vorbei an der Loreley, und anschließend auf die Mosel. Die Reise<br />

führt Sie in das weinträchtige Bernkastel, wo Sie zu Gast bei einem<br />

<strong>Falstaff</strong>-prämierten Winzer sind. Die Römerstadt Trier ist berühmt<br />

für seine Porta Nigra und neuerdings auch für eine aufstrebende<br />

Weinmanufaktur in der Region. Auch ein Besuch in Luxemburg steht<br />

auf dem Programm. Am Abend stellt Ihnen ein preisgekrönter Winzer<br />

seinen Lieblings-Crémant vor. Naturliebhaber kommen in der Eifel<br />

und beim Besuch des Geysirs in Andernach auf ihre Kosten. Ausgewählte<br />

Rheingau-Weine lernen Sie beim Besuch eines von <strong>Falstaff</strong><br />

ausgezeichneten Weinguts mitten in Rüdesheim kennen. Das ehemalige<br />

Zisterzienser Kloster in Eberbach ist nicht nur berühmt als<br />

Drehort für den Film „Der Name der Rose“, sondern auch für seinen<br />

Weinkeller, der Sie begeistern wird.<br />

nickoSPIRIT<br />

• Neubau 2020 • Bordsprachen Deutsch/Englisch • Alles komfortable<br />

Außenkabinen mit Dusche/WC, SAT-TV, auf Mittel- und Oberdeck mit<br />

absenkbaren Panoramafronten • Drei Restaurants • Pano rama-Salon<br />

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Sauna<br />

DEUTSCHLAND<br />

Rhein<br />

Andernach<br />

Koblenz<br />

Alken<br />

Wiesbaden<br />

Treis-Karden<br />

Eltville Frankfurt<br />

Bernkastel<br />

Main<br />

Bingen<br />

LUXEM- Mosel<br />

BURG<br />

Trier<br />

Rüdesheim<br />

Remich<br />

Infos, Katalog und Buchung unter 0711 - 24 89 80 0, www.nicko-cruises.info/falstaff oder in Ihrem Reisebüro.<br />

nicko cruises Schiffsreisen GmbH • Mittlerer Pfad 2 • 70499 Stuttgart • info@nicko-cruises.de


promotion / DOM PÉRIGNON<br />

17 JAHRE<br />

WOHL GEREIFT<br />

Der Dom Pérignon Vintage<br />

2002 Plénitude 2: ein<br />

Meisterwerk von einem<br />

Champagner.<br />

36<br />

falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Lebendig, präzise<br />

und intensiv zugleich:<br />

Der Dom Pérignon Vintage<br />

2002 Plénitude 2 entfaltet<br />

durch seine 17-jährige<br />

Reifezeit neue Qualitäten<br />

in allen Dimensionen.<br />

Durch seine 17-jährige<br />

Reifezeit ist der<br />

Champagner intensiv<br />

und mineralisch, aber<br />

zugleich auch leicht<br />

und frisch.<br />

Der besondere Vintage Champagner<br />

aus dem Hause Dom Pérignon<br />

birgt mit seinen 17 Jahren<br />

Reifezeit ein besonderes<br />

Geschmackserlebnis. »Die zweite Reifestufe<br />

lässt den Dom Pérignon Vintage 2002 in<br />

neuem Licht erstrahlen und verleiht dem<br />

Wein eine außergewöhnlich goldene Lebendigkeit«,<br />

bestätigt auch Vincent Chaperon,<br />

seit diesem Jahr Kellermeister von Dom<br />

Pérignon. Denn die unterschiedlichen, sich<br />

ergänzenden Elemente der Assemblage<br />

bringen den Wein dabei auf ein neues Level.<br />

Der Dom Pérignon Vintage 2002 Plénitude<br />

2 ist deutlich geprägt von mehr Intensität<br />

und Mineralität und definiert sich<br />

zugleich durch eine Leichtigkeit und Frische<br />

in vollendeter Ausgewogenheit.<br />

DER DOM PÉRIGNON VINTAGE 2002<br />

PLÉNITUDE 2 IM PORTRÄT<br />

Das Jahr 2002 war gekennzeichnet von<br />

überaus kontrastreichem Wetter, mit einem<br />

ungewöhnlichen Wassermangel im Hochsommer.<br />

Während der August im Allgemeinen<br />

regnerisch war, erwies sich der September<br />

als außergewöhnlich sonnig, wenn auch<br />

von einer Reihe starker Regenfälle unterbrochen.<br />

Die Kombination von Wind und<br />

Wärme trug zu einer Konzentration der<br />

Frucht bei – einem einzigartigen Phänomen,<br />

das bis zum Ende der Ernte dauerte, die am<br />

14. September begann. Die fast überdimensionale<br />

aromatische Reife des Chardonnays<br />

erweist sich als markantes Merkmal für<br />

diesen Jahrgang.<br />

In der Nase besticht der Champagner<br />

durch sein warmes, geröstetes und helles<br />

Bukett, mit einem Hauch orientalischer<br />

Exotik. Die warmen Aromen von kandierten<br />

Früchten und Frangipane vermischen<br />

sich mit Nuancen milder Gewürze und frischer<br />

Korianderblätter. Über allem Akzente<br />

von Safran, die Intensität und einen<br />

geheimnisvollen Ausdruck verleihen.<br />

Am Gaumen wiederum tritt der Dom<br />

Pérignon Vintage 2002 Plénitude 2 opulent,<br />

dynamisch und sinnlich auf, dominiert von<br />

fruchtigen Noten. In einem Zusammenspiel<br />

von Nase und Gaumen geht die zunächst<br />

vorherrschende Opulenz über in einen<br />

Hauch von Salz und Süßholz.<br />

ZEIT ALS ESSENZIELLER FAKTOR<br />

Dom Pérignon hat eine Vision: die Harmonie<br />

als Quelle für Kreativität. Neben den<br />

Vincent Chaperon ist<br />

seit <strong>2019</strong> der neue<br />

Kellermeister von<br />

Dom Pérignon.<br />

Überraschungen, die die Jahreszeiten mit<br />

sich bringen, der Kraft der Frucht, der eigenen<br />

Dynamik eines jeden Champagners ist<br />

es das Know-how des Kellermeisters, das<br />

dazu führt, einen Jahrgang zu deklarieren.<br />

Vincent Chaperon nimmt diese Rolle mit<br />

ausgeprägter Sensibilität, Vernunft und Entschlossenheit<br />

ein. Selbstverständlich spielt<br />

auch der Faktor Zeit eine essenzielle Rolle<br />

bei Dom Pérignon. Die Metamorphose, die<br />

die Zeit mit sich bringt, macht den berühmten<br />

Champagner zu einem der komplexesten<br />

Weine. Denn die langsame Realisierung<br />

des Reifepotenzials setzt den Jahrgang auf<br />

ein höheres Level und bereitet den Weg in<br />

die Zukunft. Jeder Vintage ist dabei einzigartig<br />

und unverwechselbar – so auch der<br />

Dom Pérignon Vintage 2002 Plénitude 2.<br />

DOM PÉRIGNON VINTAGE 2002<br />

PLÉNITUDE 2 ist für € 350,– (UVP)<br />

über clos19.com erhältlich.<br />

INFO<br />

Mehr Informationen unter<br />

domperignon.com<br />

Fotos: Harold de Puymorin, Alexandre James, beigestellt<br />

sep–okt <strong>2019</strong> falstaff 37


wein / GELBER ORLEANS<br />

DIE ZWEITE CHANCE<br />

Bevor der Riesling seinen Siegeszug antrat, wuchs in einigen der besten<br />

Weinbergslagen <strong>Deutschland</strong>s eine eigenwillige, spät reifende Sorte namens<br />

Gelber Orleans. Jetzt beginnen Spitzenwinzer, sie wiederzuentdecken.<br />

TEXT ULRICH SAUTTER<br />

Fotos: Shutterstock<br />

38 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


DES ORLEANS<br />

Der Rheingau (im Bild: Rüdesheim mit<br />

Blick auf Bingen am anderen Rheinufer)<br />

war im ausgehenden Mittelalter das<br />

natürliche Habitat des Orleans.<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

39


wein / GELBER ORLEANS<br />

Trägt ein<br />

großes Erbe mit<br />

Nonchalance und<br />

Lebensfreude –<br />

und das nicht<br />

nur beim Gelben<br />

Orleans: Theresa<br />

Breuer aus<br />

Rüdesheim.<br />

Dies muss der stillste Flecken in<br />

ganz Rüdesheim sein. Dutzende<br />

Meter entfernt in der Tiefe<br />

strömt geräuschlos der Rhein,<br />

dazwischen und links und<br />

rechts und oberhalb sieht man nichts als<br />

Reben ihr Laub der Sonne entgegenrecken –<br />

einem endlos blauen Himmel entgegen. Weit,<br />

sehr weit entfernt sind hier das Gewusel der<br />

Touristen und ihr Stimmengewirr in den<br />

Gassen des Ortskerns. Auf verschlungenen<br />

Wegen ist Theresa Breuer an diesen Punkt<br />

ganz im Westen des Rüdes heimer Bergs<br />

gefahren. Steigt man aus dem Wagen, fühlt<br />

es sich an, als gelange man mitten hinein in<br />

eine Wildnis, die nur notdürftig gezähmt ist<br />

mit Mauern, Feldwegen und den Drahtanlagen<br />

der Reben. Theresa Breuer breitet die<br />

Arme aus: »Hier steht er – unser Orleans.<br />

Das Flurstück trägt den alten Namen<br />

Or leansberg. Das war für meinen Vater der<br />

Anstoß, zusammen mit Professor Becker aus<br />

Geisenheim nach dieser praktisch ausgestorbenen<br />

Sorte zu fahnden.« Und tatsächlich<br />

fanden sich in auf gelassenen, verbuschten<br />

Terrassen in der Nähe noch Orleans-Stöcke.<br />

Deren Reiser wurden geduldig vermehrt, bis<br />

Bernhard Breuer schließlich im Jahr 1994<br />

eine kleine Parzelle anlegen konnte, fünf Ar<br />

in einem optimal gelegenen Stück in Hangmitte<br />

auf kargem Boden. Ganz so, wie es<br />

noch die Weinbauliteratur des 19. Jahrhunderts<br />

empfiehlt.<br />

GEPFLANZT ZUR ABSCHRECKUNG<br />

So schreibt etwa der Rüdesheimer Apotheker<br />

und Weingutsbesitzer Benedict Kölges in seinem<br />

»Önologischen Real-Lexikon« von<br />

1848 über den Gelben Orleans: »Dieser Rebstock<br />

verlangt einen sehr tief gerotteten, hitzigen,<br />

steinigen Boden und eine ausgezeichnet<br />

warme Lage an steilen Bergabhängen, die<br />

mit Mauern vielfältig unterbrochen sind, wie<br />

im Rüdesheimer Berg. (…) Der Wein hat<br />

Geist, Gehalt und Dauer, aber es mangelt<br />

ihm, besonders in der Jugend, die feine Gähr<br />

(Bouquet und Gewürz), aus welchem Grunde<br />

der Anbau des Rieslings in neuerer Zeit im<br />

Rheingau vorgezogen wird.«<br />

Kölges’ Bericht bezeugt, dass der Stern<br />

des Orleans zur Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

im Sinken begriffen war. Es ist nicht ganz<br />

eindeutig zu klären, wie verbreitet die wärmebedürftige,<br />

möglicherweise aus Südeuropa<br />

Fotos: beigestellt<br />

40 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Johann Philipp Bronner empfahl<br />

1836 eine bodennahe Erziehung,<br />

da die Orleans-Trauben »nahe am<br />

Boden durch die Hitze erst reif<br />

gebraten werden müssen«.<br />

Zum Vergleich: Orleans-<br />

Traube (l.), Riesling-Traube (r.).<br />

Wein, gelangte jedoch selbst in den besten<br />

Lagen nicht jedes Jahr zu befriedigender<br />

Reife, weshalb Johann Philipp Bronner, ein<br />

weiterer Weinbauchronist des 19. Jahrhunderts,<br />

für den Orleans eine bodennahe<br />

Erziehung empfahl, da seine Trauben »nahe<br />

am Boden durch die Hitze erst reif gebraten<br />

werden müssen«.<br />

Es ist demnach leicht zu verstehen, warum<br />

der Orleans mit dem Aufkommen des<br />

Rieslings selbst in seinen Hochburgen<br />

immer mehr an Boden verlor. In der Pfalz,<br />

so berichtet abermals der Freiherr von<br />

Babo, habe man den Orleans vor allem<br />

angebaut, um naschende Spaziergänger und<br />

Traubendiebe abzuschrecken: »Am Haartgebirge<br />

wird er ebenfalls<br />

zur Begrenzung der<br />

Weingärten gegen Wege<br />

etc. angewandt, weil seine<br />

spät reifenden Trauben<br />

nicht so leicht dem Angriff<br />

der Verübergehenden unterworfen<br />

sind.« Kennzeichnend<br />

ist auch, dass eine besonders<br />

spät reifende Spielart des Weißen<br />

Orleans auch mit dem Synonym »Verjus«<br />

bezeichnet wurde, mutmaßlich nach<br />

dem einzigen Produkt, das von solchen<br />

Rebstöcken zu gewinnen war: Verjus, ein<br />

essigähnlicher Saft aus grünen, unreifen<br />

Trauben.<br />

BEEREN GROSS WIE EINE MIRABELLE<br />

stammende Traube zuvor gewesen war.<br />

Sicher ist, dass sie nur in den besten Weinbergslagen<br />

stand, vor allem im Rüdesheimer<br />

Berg, am Binger Scharlachberg und am<br />

Roten Hang. Zumindest im Rüdesheimer<br />

Berg könnte sie im ausgehenden Mittelalter<br />

und in der beginnenden Neuzeit jene Stellung<br />

gehabt haben, die heute der Riesling<br />

einnimmt, zumindest schreibt der Freiherr<br />

von Babo in seinem Buch über den »Weinstock<br />

und seine Varietäten« von 1844:<br />

»Früher machte die Orleanstraube den<br />

Hauptsatz in Rüdesheim und in den verzüglichen<br />

Lagen der Umgegend aus.« Doch<br />

die eigenwillige Sorte mit ihren großen<br />

Trauben und Beeren brachte zwar viel<br />

Sogar noch etwas vor Bernhard Breuer wurde<br />

auch Werner Knipser aus Laumersheim auf<br />

den Orleans aufmerksam. Angeregt durch<br />

die Schilderung in Friedrich von Bassermann-Jordans<br />

Weinbaugeschichte, dass im<br />

Forster Kirchenstück noch bis zum Jahr<br />

1912 etwas Orleans in einer 100-jährigen<br />

Anlage gestanden habe, machte er sich auf<br />

die Suche. Und wurde ebenfalls im Rheingau<br />

fündig: »In Kloster Eberbach gab es<br />

einen Sortengarten, in dem verschiedene<br />

Erziehungsmethoden dargestellt waren. Und<br />

da drin waren sieben Stöcke, bei denen es<br />

sich um Gelben Orleans handeln musste.<br />

Die waren damals, Mitte/Ende der Achtzigerjahre<br />

schon sehr alt, denn sie waren so<br />

dick wie ein Holzkopf, im sogenannten<br />

Bockschnitt erzogen (einer Art Buschrebe<br />

mit sehr kurzem Stamm). Von den Stöcken,<br />

die junge Triebe mit Gescheinen hatten, hab<br />

ich Holz zum Rebveredler gegeben, und ein<br />

Jahr später gab es 20 Reben. 1995 hatte ich<br />

den ersten kleinen Ertrag.« Knipser korrigiert<br />

sich allerdings sofort: »Wobei auch der<br />

erste Ertrag eigentlich schon groß war, denn<br />

der Orleans hat richtige Wäscher von Trauben.<br />

Und Beeren, die eher einer Mirabelle<br />

ähneln als einer Weintraube.«<br />

Nahezu 25 Jahre später hat Knipser ein<br />

halbes Hektar Orleans im Ertrag – und hält<br />

große Stücke auf die Sorte: »Die Beerenhaut<br />

ist dick, das Fruchtfleisch ist sehr fest, es<br />

scheint was drin zu sein, was dem Wein<br />

trotz der Größe der Beere Körper und<br />

Extrakt gibt. Es ist völlig richtig, was auch<br />

Bassermann-Jordan sagt: Der Orleans ><br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

41


wein / GELBER ORLEANS<br />

Werner Knipser (m.) ist einer der beiden<br />

Wiederentdecker des Gelben Orlans. Hier bei der<br />

Probe mit Sohn Stephan (l.) und Bruder Volker.<br />

><br />

gibt den haltbarsten Weißwein überhaupt<br />

und wird darin höchstens vom Riesling<br />

erreicht.«<br />

GEWINNER DER ERDERWÄRMUNG<br />

Richtig ist allerdings auch, wie es die alte<br />

Literatur beschreibt, dass die Orleans-Weine<br />

in ihrer Jugend eher neutral wirken. Wobei<br />

man auch diesen Umstand etwas relativieren<br />

muss: Denn die Sorte scheint in höchstem<br />

Maß terroiraffin zu sein: In großer Klarheit<br />

zeigt sie in Rüdesheim den Schiefer, am<br />

Roten Hang das Rotliegende, in Franken den<br />

Muschelkalk und im Rheinhesssichen Hügelland<br />

und in der Nordpfalz den Kalkmergel.<br />

Der Orleans ist also kein Schmeichler und<br />

kein Wein mit populärem Appeal, doch für<br />

Fortgeschrittene umso spannender: »Ganz<br />

bestimmt nichts, woraus man einen ›easy<br />

drinkable‹ Wein machen kann«, sagt auch<br />

Diana Gehring aus Nierstein. 2010 entschied<br />

die Familie, in der Niersteiner Lage Ölberg<br />

Orleans anzupflanzen. »Wir haben ihm einen<br />

super Standort gegeben. Dabei dachten wir<br />

anfangs, wir könnten ihn vielleicht als<br />

Verschnittpartner und Säure spender für den<br />

Riesling nützen, falls er doch etwas grün<br />

bleibt. Aber inzwischen stellen wir fest: Der<br />

Orleans ist solo so schön, dass wir diesen<br />

Plan aufgegeben haben.«<br />

Keine Frage, der Orleans beginnt sich<br />

unter den veränderten Witterungsbedingungen<br />

der letzten 20 Jahre wieder richtig<br />

wohlzufühlen in <strong>Deutschland</strong>. Das stellt<br />

auch noch einmal die Frage nach seiner<br />

Geschichte und Herkunft. Eine der Legenden<br />

besagt, dass Karl der Große den Or leans<br />

nach Rüdesheim gebracht haben soll. Doch<br />

warum hätte dieser eine so extrem spät<br />

reifende Traube nach Norden verpflanzen<br />

sollen? Die mittelalterliche Warmzeit, die in<br />

ihrer Dynamik von der gegenwärtigen<br />

Erwärmung vermutlich noch überschritten<br />

wird, kündigte sich erst zwei oder drei<br />

Generationen nach Karl dem Großen an.<br />

Auch ist eine Herkunft der Rebsorte aus<br />

der Stadt Orleans und damit aus mehr oder<br />

weniger derselben geografischen Breite<br />

wenig plausibel – zumindest scheint es in<br />

historischen Dokumenten des Weinbaus in<br />

Orleans keine Beschreibung einer Traube<br />

zu geben, die auf diese Sorte passt.<br />

Eine andere Hypothese vertritt Martin<br />

Koch vom Weingut Abthof in Hahnheim in<br />

Rheinhessen, der den Gelben Orleans ebenfalls<br />

seit 2010 im Anbau hat. »Unser Weingut<br />

heißt Abthof, weil hier die Zisterzienser<br />

von Kloster Eberbach Besitz hatten. Und<br />

die Zisterzienser waren doch in ganz Europa<br />

vernetzt, haben Dinge erprobt und sich<br />

ausgetauscht. Ich denke mal, dass der<br />

Or leans mit den Zisterziensern in unsere<br />

Gegend kam.« Kochs Vermutung passt<br />

auch ausgezeichnet zum Klimaverlauf:<br />

Eberbach wurde 1136 gegründet. So ziemlich<br />

alle Rekonstruktionen der mittelalterlichen<br />

Warmzeit sind sich darin einig, dass<br />

die Temperaturen in Europa zwischen 950<br />

und 1150 am höchsten waren. So warm<br />

wie damals ist es erst seit dem Ende des 20.<br />

Jahrhunderts wieder. Vielleicht war es das<br />

Schicksal des Orleans, dass er just in einer<br />

Phase nach <strong>Deutschland</strong> kam, als es gerade<br />

wieder kühler zu werden begann.<br />

Doch was ist schon ein 800-jähriges<br />

Mauerblümchendasein vor den Dimensionen<br />

der Weinbaugeschichte? Es sieht ganz<br />

so aus, als bekäme der Orleans jetzt seine<br />

zweite Chance.<br />

><br />

Herbert Koch (Bild) vom Abthof<br />

in Hahnheim, einem ehemaligen<br />

Zisterzienser-Gut, pflegt gemeinsam mit<br />

seinem Sohn Martin Orleans-Reben.<br />

Fotos: HARDYmueller, Jasmin Metten Fotografie www.jasminmetten.de<br />

42 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


SO SERVIERT BRIAN’S STEAK<br />

& LOBSTER DAS ORIGINAL.<br />

Coca-Cola, Coke, die Konturflasche und das rote Rundlogo sind eingetragene Schutzmarken der The Coca-Cola Company.<br />

Brian Bojsen serviert original Porterhouse<br />

Steak und dazu eine Coke aus der<br />

klassischen Glasflasche.<br />

Entdecke seine Geschichte auf:<br />

WWW.YOUTUBE.COM/ORIGINALWAY


wein / GELBER ORLEANS<br />

BEST OF<br />

GELBER ORLEANS<br />

95<br />

93<br />

91<br />

2002 RÜDESHEIM BERG<br />

SCHLOSSBERG ORLEANS<br />

TROCKEN<br />

Weingut Georg Breuer<br />

Rüdesheim (Rheingau)<br />

Hellgolden mit grünlichem Reflex.<br />

Gelbfruchtig, noch frisch. Orange,<br />

Blutorange, Baldrian. Am Gaumen<br />

pfeilgerade, saftig, sehr mineralisch,<br />

feste Säure, dabei auch weich abgerundet,<br />

sehr dicht und elegant, mit<br />

einer unglaublich nuancierten, frischen<br />

Reife und weiteren Reserven.<br />

georg-breuer.com, unverkäuflicher<br />

Schatzkammerwein<br />

2015 GELBER ORLEANS<br />

SPÄTLESE TROCKEN<br />

Weingut Schloss Sommerhausen<br />

Sommerhausen (Franken)<br />

Könnte man im Duft mit einem Silvaner<br />

vom Muschelkalk verwechseln,<br />

eine speckige Terroirnote und<br />

florale Würze: Frühlingswiese. Am<br />

Gaumen weit und weich grundiert,<br />

reife, die richtungdweisende Säure,<br />

saftig und drahtig, aber auch mit<br />

einigem Volumen und von zarter<br />

Süße flankiert, hat noch stoffige<br />

Reserven im Abklang. Tolle Balance.<br />

sommerhausen.com, € 23,–<br />

2018 GELBER ORLEANS<br />

TROCKEN<br />

Weingut Schloss Sommerhausen<br />

Sommerhausen (Franken)<br />

Frisch geriebener Apfel, rauchige<br />

Muschelkalk-Noten im Hintergrund.<br />

Am Gaumen mit einem kurzen<br />

Weichteil, dann frisch und feinnervig,<br />

noch ein Hauch Gärungskohlensäure,<br />

dann mit zunehmender Dauer<br />

immer stoffiger, schließlich salzig<br />

abklingend. Das Ganze schlank im<br />

Alkohol, aber mit der Intensität und<br />

Länge eines gehaltvollen Weins.<br />

sommerhausen.com, € 17,50<br />

94<br />

2017 RÜDESHEIM BERG<br />

SCHLOSSBERG ORLEANS<br />

TROCKEN<br />

Weingut Georg Breuer<br />

Rüdesheim (Rheingau)<br />

Spontangärungsaromen, Apfel, balsamisch,<br />

»wilde« Noten. Blütenhonig.<br />

Weich, fast schon cremig im Ansatz,<br />

erstaunlich reife, fast schon milde<br />

Säure, erst im Abgang pikanter werdend.<br />

Sehr kultiviert in allen Komponenten<br />

– und deutlich mehr Volumen,<br />

als die 11,5 Prozent Alkohol erwarten<br />

lassen, klingt rund und füllig ab.<br />

georg-breuer.com, € 49,–<br />

92+<br />

2017 NIERSTEIN OELBERG<br />

GELBER ORLEANS TROCKEN<br />

Weingut Gehring<br />

Nierstein (Rheinhessen)<br />

Duftet stärker nach Rotem Hang als<br />

nach Frucht oder Sorte – wie ein Niersteiner<br />

Riesling ohne die Komponenten<br />

Apfel und Pfirsich. Dafür ganz auf<br />

die Würze fokussiert: Kreuzkümmel,<br />

balsamische Noten. Geschmeidiger<br />

Gaumen, sehr gut eingebundene, reife<br />

Säure, salzig, guter Extrakt, weiche<br />

und stoffige Motive dicht ineinandergewoben,<br />

wirkt noch sehr jung.<br />

weingut-gehring.de, € 12,50<br />

91<br />

2018 GELBER ORLEANS RHEIN-<br />

GAUER LANDWEIN TROCKEN<br />

Weingut Ludwig Velten<br />

Hochheim am Main (Rheingau)<br />

Im Duft Orangeat, kandierte Mandarine,<br />

Ananas, Hefe. Am Gaumen von<br />

saftigem Säurezug bestimmt,<br />

schlank und frisch, ein sehr geradeaus<br />

gebauter Weißer mit stahliger<br />

Rheingauerart und ein dezent<br />

würziger Sortentyp, ideal als Fettverbrenner<br />

bei Tisch oder als saftiger,<br />

appetitanregender Aperitif.<br />

woigiggel.de<br />

€ 10,50<br />

93<br />

92<br />

90+<br />

2017 GELBER ORLEANS<br />

TROCKEN<br />

Weingut Knipser<br />

Laumersheim (Pfalz)<br />

Noch extrem verschlossen, ein<br />

ganz zarter Anflug von Sortenwürze,<br />

Bitterorange. Geschmeidig<br />

ansetzend, dann eine langsam,<br />

aber intensiv anrollende Säure,<br />

Körper und Stoff sind sehr dicht<br />

ineinandergewoben, ein kerniger<br />

und dabei sehr kraftvoller, noch<br />

wenig zugänglicher Wein mit<br />

großem Lagerpotenzial.<br />

weingut-knipser.de, € 17,–<br />

2017 HAHNHEIM MOOSBERG<br />

GELBER ORLEANS TROCKEN<br />

Weingut Abthof<br />

Hahnheim (Rheinhessen<br />

Duftet zunächst nach Sesamschnitte,<br />

Erdnuss, dann nach Meeresbrise,<br />

Gischt, Austernschale.<br />

Am Gaumen mit breitem Ansatz,<br />

recht markanter Säure, salzigen<br />

Noten, einer unmittelbar präsenten<br />

Sorten- oder Terroirwürze, fast wie<br />

Alge, Kalk, zuletzt kehren leicht<br />

nussige Aromen wieder, ein kompakter,<br />

langer Abklang.<br />

weingut-abthof.de, € 9,50<br />

2018 MITTELHEIM EDELMANN<br />

GELBER ORLEANS KABINETT<br />

TROCKEN<br />

Weingut Josef Schönleber<br />

Oestrich-Winkel (Rheingau)<br />

Ein in seiner Intensität zurückhaltender,<br />

aber nunanciert würziger<br />

Duft: Kochbirne, Salzlakritz, Gesteinsmehl.<br />

Schlank und saftig<br />

am Gaumen, herzhaft mit vitalem<br />

Säurenerv, kabinetttypisch leichtgewichtig,<br />

dennoch mit Substanz<br />

und sehr guter Länge. Zart taktilmineralisch<br />

am Gaumen.<br />

weingut-schoenleber.de, € 6,25<br />

Fotos: beigestellt<br />

44 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


• PROTECTED DESIGNATION OF ORIGIN<br />

•<br />

A81<br />

NECKAR<br />

A6<br />

A5<br />

A8<br />

A81


Die Cuvée Praittenbrunn<br />

wird zweimal 16 Monate in<br />

neuen französischen<br />

Barriques ausgebaut.<br />

THE GREAT BUSTARD<br />

VS. PRAITTENBRUNN<br />

Wenn vom linken und rechten Ufer die Rede ist, denkt jeder Weinprofi sofort an Bordeaux.<br />

Schön, der Neusiedler See ist kein Fluss und schon gar nicht die Gironde, aber auch<br />

hier gibt es zumindest zwei Uferseiten, die sich stark voneinander unterscheiden.<br />

Erich Scheiblhofer nutzt diese Unterschiede für seine beiden Topweine, die doch einige<br />

Gemeinsamkeiten mit dem Bordelais haben.<br />

Fotos: beigestellt<br />

46<br />

falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


WEINGUT SCHEIBLHOFER / promotion<br />

Am Nordwestufer des Neusiedler<br />

Sees, um genau zu sein rund um<br />

Breitenbrunn, entdeckte Erich<br />

Scheiblhofer in den Weingärten<br />

seines Freunds Florian Gayer vor einigen<br />

Jahren ältere Rebstöcke der Sorten Cabernet<br />

Sauvignon und Merlot. Schnell stand<br />

der Entschluss fest, daraus eine Cuvée nach<br />

dem Vorbild eines mächtigen Weins aus<br />

Bordeaux zu vinifizieren. 2009 war ihr Erstlingswerk,<br />

und inzwischen hat sich der<br />

»Praittenbrunn« – der Name stammt übrigens<br />

von der alten Ortsbezeichnung – als<br />

Speerspitze des Scheiblhofer-Sortiments vom<br />

Leithaberg etabliert. Nur die allerbesten<br />

Trauben aus der Ried Rosenberg werden für<br />

den Bordeaux-Blend verwendet, und auch<br />

beim Ausbau werden keine Kosten und Mühen<br />

gescheut. Zweimal 16 Monate wird die<br />

Cuvée in neuen französischen Barriques<br />

aus gebaut, danach folgt noch etwas Flaschenreife,<br />

deshalb ist jetzt aktuell nach<br />

2009, 2011 und 2012 erst der Jahrgang<br />

2013 erhältlich. Dass der Wein mit 15 Volumenprozent<br />

auch Power hat, versteht sich<br />

von selbst oder besser gesagt, wenn man die<br />

Vorlieben der beiden Freunde kennt.<br />

Auch »The Great Bustard« 2017 ist mit<br />

14,5 PS kein Leichtgewicht, und dennoch<br />

ist dieser Wein gänzlich anders. Er stammt<br />

vom Ostufer des Neusiedler Sees und wur-<br />

94<br />

THE GREAT BUSTARD 2017<br />

14,5 Vol.-%, DIAM. Tiefdunkles Rubingranat, opaker<br />

Kern, violette Reflexe, zarte Randaufhellung.<br />

Einladende Noten von reifen schwarzen Kirschen,<br />

Zwetschgen, im Hintergrund etwas Cassis, Vanille<br />

und feines Edelholz. Saftig und dicht, kühle<br />

Fruchtaromatik, präsente, feinwürzige Tannine,<br />

schokoladige Röstaromen im Abgang, zeigt sehr<br />

gute Länge, extraktsüßer Herzkirschen-Nachhall,<br />

Valrhona-Touch im Abgang, verfügt über sicheres<br />

Reifepotenzial.<br />

94<br />

PRAITTENBRUNN 2013<br />

15 Vol.-%, DIAM. Tiefdunkles Rubingranat, opaker<br />

Kern, violette Reflexe, zarte Randaufhellung.<br />

Schwarze Beerenfrucht, feine Edelholzwürze,<br />

Nuancen von Cassis und Lakritze, frische Orangenzesten,<br />

etwas Feigen, attraktives Bukett. Straff<br />

und komplex, schokoladige Textur, reife Tannine,<br />

mineralisch und anhaftend, feine Würze im Finale,<br />

ein stoffiger Speisenbegleiter.<br />

de anlässlich des 70. Geburtstags von<br />

Erichs Vater, Johann Scheiblhofer, zum ersten<br />

Mal Anfang des Jahres präsentiert. Dieser<br />

Hommage-Wein sollte den Topseller des<br />

Hauses, die Rotweincuvée »Big John«, im<br />

wahrsten Sinne des Wortes überflügeln. Das<br />

Markenzeichen ist die im Seewinkel unter<br />

Naturschutz stehende Großtrappe, und<br />

»Great Bustard« ist einfach die englischsprachige<br />

Übersetzung, allerdings hat man<br />

diesem Namen bewusst den Artikel »the«<br />

vorangestellt, beim Scheiblhofer-Portfolio<br />

immer ein Zeichen dafür, dass es sich um<br />

einen Wein besonderer Qualität handelt.<br />

Auch der im Abflug befindliche Großvogel<br />

am Etikett wurde passend gewählt. Das<br />

Ansinnen, dem Sortiment vom Ostufer des<br />

Sees einen ganz besonderen Wein an die<br />

Spitze zu setzen, wurde vom sympathischen<br />

Kellermeister voll und ganz umgesetzt. Die<br />

Trauben für »The Great Bustard« gedeihen<br />

auf anderen Böden, auch das Klima ist östlich<br />

des Neusiedler Sees etwas wärmer, und<br />

zu Merlot und Cabernet Sauvignon gesellt<br />

sich noch der autochthone Zweigelt. Zwölf<br />

Monate neues amerikanisches Holz verleiht<br />

dem Wein eine für Scheiblhofer-Weine typische<br />

Note, die nicht von ungefähr kommt.<br />

Erich sammelte als junger Mann seine<br />

Erfahrungen bei Auslandspraktika in Kalifornien<br />

und Australien.<br />

Mit »Praittenbrunn«, der zwar noch<br />

etwas mehr Stoff hat, aber geprägt von den<br />

Böden am Leithaberg mit mineralischer<br />

Finesse besticht, und »The Great Bustard«,<br />

dem Prototypen eines Bordeaux-Blends mit<br />

heimischen Akzenten vom Zweigelt und<br />

einem Touch aus der neuen Welt von den<br />

verwendeten Barriques aus dem heißen Klima<br />

rund um Andau, gibt es nun eine Doppelspitze,<br />

die das nördliche Burgenland in<br />

seiner geologischen Vielfalt sehr gut darstellt.<br />

Wenn also das nächste Mal die Sprache<br />

auf linkes und rechtes Ufer kommt,<br />

sollte man durchaus daran denken, dass es<br />

nicht nur Bordeaux gibt und auch ein See<br />

mehrere Uferseiten hat.<br />

INFO<br />

Weingut Scheiblhofer<br />

Halbturner Straße 1a<br />

7163 Andau<br />

T: +43 2176 2610<br />

office@scheiblhofer.at<br />

scheiblhofer.at<br />

sep–okt <strong>2019</strong> falstaff 47


wein / NEUES SPANIEN<br />

Spanien erlebt im Weinbau<br />

eine Rückbesinnung, bei<br />

der auch die biodynamische<br />

Bewirtschaftung eine<br />

bedeutende Rolle spielt.<br />

Fotos: beigestellt<br />

48 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


BACK TO<br />

THE<br />

ROOTS<br />

Spaniens Weinwelt befindet sich im Umbruch und war vermutlich<br />

niemals aufregender. Nachdem über Jahrzehnte hinweg vor<br />

allem der Holzausbau das Geschmacksbild der spanischen<br />

Gewächse prägte, stehen heute ganz andere Dinge im<br />

Vordergrund. Die neue Winzergeneration setzt auf fast<br />

vergessene Rebsorten, Terroirausdruck und Zurückhaltung in<br />

Keller und Weinberg.<br />

TEXT DOMINIK VOMBACH UND BENJAMIN HERZOG<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

49


wein / NEUES SPANIEN<br />

Die Rebberge des Kultweinguts<br />

Vega Sicilia in der Region<br />

Ribera del Duero.<br />

Ein weiteres Projekt<br />

von Vega Sicilia: die<br />

Bodegas Alión. Der<br />

Alion selbst ist ein<br />

reiner Tinto Fino.<br />

Vega Sicilia kann<br />

getrost als einer<br />

der Vorreiter<br />

terroirgeprägter<br />

Weine in Spanien<br />

bezeichnet werden.<br />

Seit dem Vorreiter der Molekularküche,<br />

Ferran Adrià, zählt Spanien<br />

zu den heißesten und innovativsten<br />

Pflastern, was die Nouvelle<br />

Cuisine angeht. Während Spaniens<br />

Küche zu den spannendsten der Welt<br />

gehört, sieht es beim Wein etwas anders aus.<br />

Lange Zeit war Spanien einfach zu<br />

durchschauen. Einige große Weinbauregionen<br />

mit klarem Profil, darunter Rioja,<br />

Ribera del Duero, der über allem stehende<br />

Tempranillo und ein Meer an günstigen,<br />

holzgeprägten Weinen. Einfach zu verkaufen,<br />

wie letztendlich auch die Exportstatistiken<br />

aus Spanien beweisen. Seit 1988<br />

explodierte der spanische Weinexport von<br />

damals knapp fünf Millionen Hektolitern<br />

auf etwa 23 Millionen Hektoliter im Jahr<br />

2018. Spanien ist Weinexportweltmeister<br />

hinsichtlich der Menge, geht es allerdings<br />

um den Wert, sieht die Sache ganz anders<br />

aus. Der Durchschnittspreis eines Liters<br />

Wein aus Spanien lag im Jahr 2018 bei<br />

1,25 Euro. Im Vergleich hierzu sei der Wert<br />

für einen Liter Wein aus Frankreich, der bei<br />

6 Euro lag, erwähnt. All diese Zahlen lassen<br />

beinahe vergessen, dass es natürlich auch<br />

weltbekannte Ausnahmen gibt, die wenig<br />

mit dem modernen, molligen, spanischen<br />

Stil zu tun haben. Dazu gehören sicherlich<br />

López de Heredia aus der Rioja oder Vega<br />

Sicilia aus Ribera del Duero. Beides ikonenhafte<br />

Weingüter, die sich an einem alten,<br />

fast vergessenen, eleganten Bordeaux-Stil<br />

orientieren. Bei Vega Sicilia fußt der Ruhm<br />

auf der enormen Lagerfähigkeit und Qualität<br />

des Unico. Maßgeblich mitgeformt hat<br />

diesen Wein der langjährige Kellermeister<br />

und Betriebsleiter Mariano García, einer<br />

der Väter der D. O. Ribera del Duero und<br />

Vorreiter der terroirgetriebenen, auf einen<br />

eleganten Weinstil bedachten, Winzer<br />

Spaniens.<br />

NEUE IKONEN<br />

Eine ähnliche Stellung nimmt für die junge<br />

Winzergeneration der bärtige Raúl Pérez<br />

ein. Der ist nicht nur Winzer, sondern<br />

gehört mittlerweile zu den önologischen<br />

Ikonen des Landes. Pérez’ Familie bewirtschaftet<br />

seit drei Generationen die Rebterrassen<br />

in der Nähe von Bierzo, nur einen<br />

Katzensprung nach Osten von Ribeira<br />

<<br />

Fotos: josemarmol.es, beigestellt<br />

50 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Bei Palacio Quemado in der Extremadura<br />

wagte man eine völlige Neuorientierung.<br />

Palacio Quemado: Die<br />

Berater von Envínate<br />

verbannten zuerst die Fässer<br />

aus amerikanischer Eiche.<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

51


wein / NEUES SPANIEN<br />

Raúl Pérez zählt zu den<br />

führenden Köpfen der neuen<br />

Winzergeneration in Spanien.<br />

BURGUND ALS VORBILD<br />

Raúl Pérez’ Heimat<br />

liegt in der Region<br />

Bierzo. Hier wird<br />

vor allem die<br />

Rebsorte Mencia<br />

angebaut.<br />

Spaniens neue Weine<br />

wollen nicht nur bestaunt,<br />

sondern vor allem getrunken<br />

werden. Deshalb sind sie<br />

elegant und frisch.<br />

Sacra, der bergigen Weinregion im<br />

Nordwesten Spaniens, die unter anderem<br />

für ihre Weine aus der unterschätzten Mencia-Traube<br />

und ihren alten Rebbestand<br />

bekannt ist. Pérez brachte seinen ersten<br />

Jahrgang mit 22 Jahren auf die Flasche.<br />

Heute ist er Berater für unterschiedlichste<br />

Projekte, nicht nur in seiner Heimat Bierzo,<br />

sondern in ganz Spanien, Portugal und<br />

sogar Südafrika. Der Stil seiner Weine ist<br />

von Eleganz, Frische und Filigranität<br />

geprägt, mehr vom Terroir als vom Holzfass.<br />

Bei der Weinbereitung tut er nur so<br />

viel wie nötig, eine Philosophiefrage und<br />

eine Rückbesinnung auf die Wurzeln.<br />

<<br />

Auch andere Beispiele zeigen auf, dass Spaniens<br />

Weinwelt an einem Punkt der Veränderung<br />

ist und die spezifische Herkunft der<br />

Trauben mehr und mehr ins Zentrum<br />

gerückt wird. In der Rioja entschied man<br />

sich, eine Einzellagenklassifikation einzuführen,<br />

und dann wäre da noch die Vereinigung<br />

Grandes Pagos, die ebenfalls auf<br />

einem vom Burgund inspirierten Einzellagenkonzept<br />

basiert. Das Weingut Palacio<br />

Quemado gehört zu den Grandes Pagos<br />

und liegt in der Extremadura, der drittgrößten<br />

Weinregion Spaniens. Die Region liegt<br />

direkt an der Grenze zu Portugal, und die<br />

Weine, die hier wachsen, sind meist für den<br />

Fassweinmarkt und für die Produktion von<br />

Brandy bestimmt – bis heute. Palacio Quemado<br />

hat als erstes Weingut überhaupt<br />

zwei Weine mit Lagenbezeichnung in der<br />

Extremadura eingeführt. Eine kleine Revolution<br />

für den Landstrich und die Art, wie<br />

man dort gemeinhin Weine macht. Die<br />

Familie Alvear hat das Projekt Palacio Quemado<br />

1999 gestartet und kurz darauf<br />

beschlossen, neben dem allgegenwärtigen<br />

Tempranillo auch portugiesische Sorten wie<br />

Trincadeira und Touriga Nacional anzupflanzen.<br />

Eigentlich logisch – die portugiesische<br />

Rotweinhochburg Alentejo ist gerade<br />

einmal 40 Kilometer entfernt, die kalk-<br />

<<br />

Fotos: beigestellt<br />

52 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Natürlich köstlich genießen<br />

Das macht COMTÉ so einzigartig: Die herrliche Natur des französischen Jura-Massivs, einer urgesunden<br />

Landschaft im Osten Frankreichs, in der die rot-weißen Montbéliard-Kühe zu Hause sind, die natürliche<br />

Zubereitung aus frischer Rohmilch und zum Reifen die Ruhe, die nur die Natur schenken kann. Mindestens<br />

vier Monate, aber auch zwölf und mehr Monate, ruht jeder Laib im Reifekeller, wo er regelmäßig gewendet<br />

und mit Salzwasser eingerieben wird. Was auf den kräuter-verwöhnten Wiesen im Jura-Massiv beginnt,<br />

kommt so als naturreines, würzig-mildes Geschmackserlebnis auf den Tisch.<br />

www.comte.de<br />

www.comte.de/facebook


wein / NEUES SPANIEN<br />

<<br />

Um die Herkunft eines<br />

Weins ins Zentrum zu<br />

rücken, ist kompromisslose<br />

Zurückhaltung der einzige<br />

Weg.<br />

Ein weiterer Vorreiter: Dominio do Bibei. Das Gut liegt mitten in Galicien, im<br />

Nordwesten Spaniens. Weinmacherin Laura Lorenzo produziert hier in<br />

kühlem Klima Weine, die zu den begehrtesten der gesamten Region gehören.<br />

Das Envínate-Kollektiv<br />

produziert unter anderem<br />

auf Teneriffa Weine und<br />

gehört derzeit zu den<br />

gefragtesten Beratern in der<br />

spanischen Weinwelt.<br />

und sandhaltige Bodenstruktur macht vor<br />

der Landesgrenze nicht halt. Den richtigen<br />

Dreh gefunden haben die Alvears allerdings<br />

erst, als sie 2010 die vier jungen Önologen<br />

von Envínate verpflichteten. Die gehören zu<br />

den derzeit gefeiertsten Weinmachern des<br />

Landes. Sucht man nach einem Hinweis darauf,<br />

ob eine spanische Weinregion gerade im<br />

Trend liegt, muss man eigentlich nur überprüfen,<br />

ob Envínate dort aktuell engagiert ist.<br />

Die Pioniere des neuen spanischen Weinstils<br />

produzieren derzeit einige der gesuchtesten,<br />

vom Atlantik beeinflussten Weine im ganzen<br />

Land. In Taganana, dem Nordosten von<br />

Teneriffa betreut eines der Mitglieder des<br />

Kollektivs, Roberto Santana, eine Reihe von<br />

Kleinstparzellen mit bis zu 100 Jahre alten<br />

Rebstöcken, die als Gemischter Satz mit einheimischen<br />

Rebsorten bestockt sind. Die<br />

Weine des Táganan-Labels genießen einen<br />

hervorragenden Ruf unter Kritikern und<br />

Weinliebhabern. Bei Palacio Quemado stellte<br />

Envínate zuerst die Produktion auf biologischen<br />

Anbau um, verbannte alles amerikanische<br />

Holz aus dem Keller und stellte auf<br />

schwach getoastete, französische Tonneaux<br />

um. Die Weine werden heute spontan vergoren<br />

und nur vor der Füllung leicht geschwefelt.<br />

Mittlerweile ist jedem klar, dass kompromisslose<br />

Zurückhaltung der einzige Weg ist,<br />

wenn man die Herkunft eines Weins ins Zentrum<br />

rücken will. Nicht nur Familie Alvear<br />

tut Jahr für Jahr weniger in ihrem Keller und<br />

reduziert den Neuholzanteil – die Haltung<br />

hat sich bei vielen spanischen Weingütern<br />

gewandelt: Wenn es nach Kokos riecht, ist es<br />

nicht gut, ist es von gestern. Maria de Alvear<br />

ist für Verkauf und das Marketing der<br />

Alvear-Güter verantwortlich. Vor 2010, sagt<br />

sie, seien ihre Weine von einem Wein aus der<br />

Rioja nur schwer zu unterscheiden gewesen.<br />

Der Einfluss der langen Lagerung in stark<br />

getoasteten Holzfässern war einfach zu groß.<br />

»Ich will trinkbare Weine machen, die nach<br />

jedem Schluck nach dem nächsten verlangen«,<br />

sagt sie lachend und gießt von ihrem<br />

Lagenwein La Zarcita ein. Blind würde man<br />

bei diesem Wein vielleicht auf Frankreich tippen.<br />

Oder auch auf Portugal. Maria de<br />

Alvear meint, dass das wohl der ungeschminkte<br />

Ausdruck von Extremadura sei.<br />

Alvears Vorstellung von Wein kann, betrachtet<br />

man die weltweite Entwicklung, durchaus<br />

als eine progressive, moderne Vorstellung<br />

bezeichnet werden. Weine, die nicht nur<br />

durch Kraft und Opulenz glänzen, sondern<br />

sich vor allem so präsentieren, dass man gerne<br />

ein zweites Glas genießt. Diese Philosophie<br />

galt schon einmal als modern, beispielsweise<br />

während der Anfänge von Vega Sicilia,<br />

als man sich an dem eleganten, trinkigen<br />

Bordeaux orientierte.<br />

<<br />

Fotos: Estanis Nunez, beigestellt<br />

54 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Die PRIVATE norddeutsche BANKING Art.<br />

»Ich sehe die Welt mit den Augen meiner Kunden,<br />

um für sie Perspektiven zu entwickeln.«<br />

Ralf Hellmich, Leiter Private Banking<br />

www.q-gmbh.com<br />

Persönliche Werte brauchen persönliche Beratung.<br />

Zum 15. Mal ausgezeichnet durch den ELITE REPORT.<br />

www.nordlb.de/ihr-privatebanking


wein / NEUES SPANIEN<br />

BEST OF<br />

MODERN SPAIN<br />

96<br />

94<br />

93<br />

ALIÓN 2014<br />

Bodegas Alión<br />

Ribera del Duero<br />

In der Nase feinwürzige Aromatik.<br />

Weihnachtliche Gewürze, Edelholz,<br />

dazu dunkle Beerenfrucht und reife<br />

Zwetschgen, etwas Orangenschale.<br />

Am Gaumen saftig, komplex, mit<br />

reifer Kirsche und fein gewobenem<br />

Tannin ausgestattet.<br />

vinos.de<br />

€ 64,90<br />

PINTIA 2014<br />

Vega Sicilia<br />

Toro<br />

Intensive, reife Frucht in der Nase.<br />

Waldbeeren, Brombeere und dazu<br />

eine feine Prise gut eingebundener<br />

Röstnoten. Am Gaumen geschmeidig,<br />

extraktreich. Wirkt kraftvoll<br />

und besitzt dennoch eine enorme<br />

Frische und Mineralität.<br />

cielo-de-vino.de<br />

€ 49,–<br />

ULTREIA GODELLO 2016<br />

Raúl Pérez, Bierzo<br />

In der Nase intensive Aromen<br />

von reifen Zitrusfrüchten, helle<br />

Steinfrüchte, dazu etwas Honig.<br />

Wirkt äußerst präzise, schon in der<br />

Nase. Am Gaumen klare Fruchtaromatik,<br />

frischer Eindruck, elegant,<br />

salzig und mineralisch im langen<br />

Abgang.<br />

hispavinus.de<br />

€ 13,50<br />

95<br />

94<br />

92<br />

LA DAMA 2016<br />

Domaines Loupier<br />

Navarra<br />

In der Nase kompakte Aromatik.<br />

Dunkle Beeren, Kirsche und würzige<br />

Anklänge. Am Gaumen elegante,<br />

saftige Säure, fein gewobenes Tannin<br />

und klare Frucht. Wirkt kräftig,<br />

aber niemals überladen. Ein vibrierender,<br />

purer Garnacha.<br />

vinos.de, € 29,90<br />

ESTRECHO MONASTRELL 2016<br />

Enrique Mendoza<br />

Alicante<br />

Komplexes Bukett mit feinen Noten<br />

von Waldbeeren, etwas Unterholz<br />

und mineralischen Anklängen. Am<br />

Gaumen äußerst elegant, mit einer<br />

belebenden Frische ausgestattet,<br />

reifes Tannin und langer, mineralischer<br />

Abgang.<br />

vinos.de, € 24,90<br />

LOS ACILATES 2015<br />

Palacio Quemado, Extremadura<br />

Betörendes Bukett mit Noten<br />

von Brombeere, Kirsche, floralen<br />

Anklängen und einem Hauch Tabak.<br />

Am Gaumen elegante, saftige<br />

Struktur, feiner Schmelz und run de<br />

Tannine. Touriga Nacional und<br />

Trincadeira in 500-Liter-Fässern<br />

ausgebaut.<br />

bodeboca.de, € 14,90<br />

95<br />

93<br />

92<br />

POZO ALTO 2016<br />

Olivier Rivière, Rioja<br />

Verführerisches, tiefgründiges<br />

Bukett mit Noten von roter und<br />

dunkler Frucht, dazu Lakritze,<br />

Unterholz sowie etwas Rauch. Am<br />

Gaumen leicht, dunkle Aromatik,<br />

feines Tannin und eleganter, von<br />

einer gewissen Herbe getriebener<br />

Eindruck.<br />

hispavinus.de<br />

€ 117,–<br />

TINTO MIGAN TAGANAN 2017<br />

Envinate, Teneriffa<br />

Komplexes, einnehmendes Bukett<br />

mit Noten von Kirschblüte, frischem<br />

Apfel und mineralischen Anklängen.<br />

Am Gaumen eine subtile<br />

Würze, wirkt intensiv, dicht und<br />

konzen triert. Dazu eine belebende<br />

Säure und salzige Noten. Elegant<br />

und lang anhaltend.<br />

vinos.de<br />

€ 16,95<br />

MESTIZAJE 2017<br />

Bodega Mustiguillo, Terrerazo<br />

In der Nase würzig-fruchtig. Zedernholz,<br />

Tabak, Brombeere und reife<br />

Kirsche. Dazu florale Anklänge.<br />

Am Gaumen eingekochte Kirschen,<br />

würzig, etwas Kakao. Kraftvoll<br />

und lebendig, bleibt äußerst lange<br />

am Gaumen. Cuvée mit der fast<br />

vergessenen Sorte Bobal.<br />

vinos.de<br />

€ 11,95<br />

Fotos: beigestellt<br />

56 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


CUNARD / promotion<br />

Kulinarik und Wein auf<br />

hoher See erleben: das<br />

»Festival of Food & Wine«.<br />

FESTIVAL OF FOOD & WINE<br />

Bei einer Leserreise die originale Transatlantik-Passage von Southampton nach New York<br />

an Bord der Queen Mary 2 erleben – und der <strong>Falstaff</strong>-Chefredaktion begegnen.<br />

Fotos: beigestellt<br />

Seit fast 180 Jahren verbindet<br />

die britische Traditionsreederei<br />

Cunard Line mit ihren Schiffen<br />

im Liniendienst die Alte und die<br />

Neue Welt. War es anfangs noch die einzige<br />

Mög lichkeit, um von Europa nach Amerika<br />

– oder umgekehrt – zu gelangen, so<br />

ist es heute für viele ein unvergessliches<br />

»Once in a lifetime«-Erlebnis.<br />

Im Sommer 2020 bieten Cunard und<br />

<strong>Falstaff</strong> die Möglichkeit, das besondere<br />

Erlebnis einer Transatlantik-Passage mit<br />

einer außergewöhnlichen Themenreise zu<br />

verbinden: mit dem ersten »Festival of<br />

Food & Wine« auf hoher See, begleitet von<br />

einem <strong>Falstaff</strong>-Gourmet-Chefredakteur.<br />

An Bord der Queen Mary 2, Flaggschiff<br />

der Reederei und einzig wahrer Ocean-<br />

Liner unserer Zeit, lässt sich eine einmalige<br />

Woche unter gleich gesinnten Gourmet-<br />

Freunden verbringen. Am 7. Juni 2020<br />

heißt es »Leinen los!«, und die Atlantiküberquerung<br />

auf der traditionellen Auswanderer-Route<br />

von Southampton nach<br />

New York kann beginnen. Während der<br />

folgenden sechs Seetage können internationale<br />

Größen der Kulinarik-Branche bei<br />

Live-Kochvorführungen, Vorträgen, in<br />

Gesprächsrunden und bei Tastings erlebt<br />

werden, darunter Weinberater Steven Spurrier,<br />

Weinexperte Will Lyons und Sternekoch<br />

Michel Roux Jr. Das <strong>Falstaff</strong>-Leserreise-Programm<br />

bietet zudem ein Wein-<br />

Tasting und ein Champagner-Seminar an<br />

sowie den anregenden Austausch mit<br />

einem <strong>Falstaff</strong>-Gourmet-Chefredakteur,<br />

der exklusiv für die Gäste mitreist.<br />

Darüber hinaus kann die Gelegenheit<br />

genutzt werden, in der Cunard Wine Academy<br />

die weltweit anerkannte WSET-Qualifikation<br />

Level 1 zu erwerben. Diese Qualifikation<br />

des weltgrößten Anbieters in diesem<br />

Bereich, »Wine and Spirit Education<br />

Trust«, bietet eine fundierte Einführung in<br />

die Welt der Weine.<br />

Während dieser besonderen Reise können<br />

jedoch nicht nur exzellente kulinarische<br />

Köstlichkeiten und inspirierende Unterhaltung<br />

genossen, sondern auch der britische<br />

Stil sowie die zeitlose Eleganz an<br />

Bord der »Königin der Meere« erlebt werden.<br />

Dabei können die Gäste erfahren, was<br />

die »Faszination Transatlantik« ausmacht:<br />

sich in der Weite des Ozeans zu verlieren,<br />

während man an Deck steht, das Gesicht<br />

im Wind, und um sich herum nichts als das<br />

Blau des Meeres, das mit dem Blau des Horizonts<br />

verschmilzt. So werden die Gäste<br />

Zeuge der Magie des Augenblicks, wenn<br />

sich die Ankunft in New York mit dem<br />

Auftauchen der spektakulären Skyline<br />

Manhattans in der Morgendämmerung<br />

ankündigt. Auf ins Besondere!<br />

WEITERE INFOS:<br />

7.–14. Juni 2020 (7 Nächte), von Southampton<br />

nach New York: Ab € 1341,– p. P.* (* Premium<br />

Frühbucherpreis pro Person in Euro in einer<br />

Zweibettkabine innen bei Doppel belegung ab/<br />

bis Hafen. An- und Abreise in Eigenregie)<br />

Informationen zum Leistungspaket der Reise,<br />

Beratung und Buchung unter der Hotline<br />

+49 40 41533555, Mo–Fr 9–18 Uhr. Bitte bei<br />

der Buchung das Kennwort »FALSTAFF«<br />

nennen.<br />

INFO<br />

Weitere Informationen unter:<br />

cunard.com<br />

sep–okt <strong>2019</strong> falstaff<br />

57


promotion / ALDI SÜD<br />

EINMAL UM DIE WELT<br />

Weine aus Übersee bringen uns den Geschmack ferner Länder auf den heimischen Tisch.<br />

ALDI SÜD hat einige Kostbarkeiten im Sortiment.<br />

Einmal rund um die Welt an einem<br />

Mittag oder Abend – mit Tropfen<br />

aus verschiedenen Kontinenten<br />

ist das kein Problem. Traditionell<br />

gilt Europa als Zentrum des qualitativ<br />

hochwertigen Weinbaus. Allerdings haben<br />

in den vergangenen Jahrzehnten viele<br />

Anbaugebiete in Übersee enorme Fortschritte<br />

gemacht. Weine aus Kalifornien,<br />

Australien, Neuseeland oder Südafrika<br />

erzielen bei Verkostungen regelmäßig<br />

ex zellente Platzierungen.<br />

Kein Wunder, schließlich sind in diesen<br />

Ländern die klimatischen Bedingungen oft<br />

ideal und der Boden, das Terroir, bestens<br />

geeignet. Das gilt sowohl für die bewährten<br />

europäischen Rebsorten als auch für regionale<br />

Besonderheiten wie den in Südafrika<br />

weit verbreiteten Pinotage. Dieser ist vor<br />

knapp 100 Jahren aus einer Kreuzung von<br />

Cinsault – das ist eine Sorte aus Südfrankreich<br />

– und klassischem Pinot Noir entstanden.<br />

Bekannt ist der Pinotage vor allem für<br />

seine prägnante Frucht. Oft wird er zusammen<br />

mit einer oder mehreren anderen Rebsorten<br />

als Cuveé gekeltert – so wie es im<br />

Bordeaux-Gebiet seit jeher üblich ist. Der<br />

2018er Cabernet Sauvignon Pinotage<br />

»African Rock Selection« zeigt eine klare<br />

rote Frucht, dazu ist er leicht pfeffrig, am<br />

Gaumen dann viel Saft und Kraft sowie reife,<br />

weiche Gerbstoffe – der ideale Begleiter<br />

zu einem kräftigen Stück Fleisch.<br />

Ebenfalls aus Südafrika kommt der<br />

2018er Sauvignon Blanc »African Rock<br />

Selection«, der nach frischen Blüten, Stachelbeere<br />

und Grapefruit duftet. Am Gaumen<br />

ist er schlank und belebt mit frischer<br />

Säure, was ihn zu einem guten Begleiter von<br />

Vorspeisen macht.<br />

Der ursprünglich in Frankreich beheimatete<br />

Sauvignon Blanc gedeiht generell in<br />

Ländern auf der Südhalbkugel sehr gut: In<br />

Neuseeland hat die Rebsorte sogar quasi<br />

eine zweite Heimat gefunden. Ein Beispiel<br />

für die exzellente Qualität dieser Weine<br />

dort liefert der 2018er Sauvignon Blanc<br />

Marlborough »Kiwi Trail« mit einem Duft<br />

nach Stachelbeere und Limette, dazu leicht<br />

rauchige Noten, am Gaumen frisch mit reifer<br />

Säure – genau so stellt man sich einen<br />

Weißwein zu gebratenem Fisch vor.<br />

Fast in der Nachbarschaft – zumindest<br />

wenn man nach großzügigem Weltmaßstab<br />

kalkuliert – hat sich Australien in den vergangenen<br />

Jahren zu einem der führenden<br />

Produzenten von erstklassigem Shiraz ent-<br />

Fotos: beigestellt<br />

58<br />

falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


wickelt, einer Rebsorte, die an der nördlichen<br />

Rhône weltberühmte Weine hervorbringt.<br />

Der Shiraz Heritage Release »Wolf<br />

Blass« aus dem Jahr 2017 duftet intensiv<br />

nach schwarzer Kirsche, dazu gesellt sich<br />

etwas Menthol. Am Gaumen zeigt der Wein<br />

eine gelungene Kombination aus kräftigem<br />

Körper, Frische und reifem Tannin. Insgesamt<br />

ein in sich ruhender Rotwein, der<br />

nach einem gegrillten Steak verlangt. Das<br />

Gleiche gilt für den 2018er Shiraz Cabernet<br />

»Forest Hill«, der ebenfalls aus Australien<br />

kommt. In der Nase intensive reife Frucht<br />

und etwas Rauch, am Gaumen dann viel<br />

Kraft – ein Rotwein für Genießer.<br />

Zu den qualitativ herausragenden Regionen<br />

aus Übersee gehört seit jeher Kalifornien,<br />

wo vor allem die traditionellen französischen<br />

Rebsorten Chardonnay, Merlot und<br />

Cabernet Sauvignon auf exzellente Art und<br />

Weise neu interpretiert werden. Allein<br />

schon deshalb darf bei dieser Wein-Weltreise<br />

ein Roter von der US-amerikanischen<br />

Westküste nicht fehlen. Der Cabernet Sauvignon<br />

»Burlwood« aus dem Jahr 2017<br />

duftet nach roten Früchten und etwas<br />

Holunder, am Gaumen ist er eher leicht, die<br />

Säure ist dezent, die Gerbstoffe sind fein<br />

verwoben – genau das Richtige zum Ende<br />

einer genussreichen Verkostung.<br />

EXKLUSIV IN IHRER ALDI-SÜD-FILIALE<br />

Shiraz Cabernet Australien »Forest Hill«, 2018<br />

87 von 100 <strong>Falstaff</strong>-Punkten*<br />

Kräftige Nase mit viel reifer Frucht und rauchigen Noten,<br />

fleischig und kräftig im Mund, dominanter Fruchteintrag,<br />

ein Wein für Genießer und Grillenthusiasten.<br />

Sauvignon Blanc Südafrika »African Rock<br />

Selection«, 2018<br />

87 von 100 <strong>Falstaff</strong>-Punkten*<br />

Frische und duftige Nase, Blüten, Stachelbeere und<br />

Grapefruit, am Gaumen mit schlanker Statur, lebendige<br />

Säure, saftige Frucht, auch florale Noten im Ausklang,<br />

guter Begleiter zu Vorspeisen.<br />

Cabernet Sauvignon Pinotage Südafrika »African<br />

Rock Selection«, 2018<br />

88 von 100 <strong>Falstaff</strong>-Punkten*<br />

Klare Frucht, pfeffrig, Schwarzkirsche, seidenweich am<br />

Gaumen, leicht süße Frucht, reifes Tannin, satte Gaumenfrucht,<br />

wirkt fruchtgetragen und harmonisch.<br />

Cabernet Sauvignon Kalifornien »Burlwood«, 2017<br />

85 von 100 <strong>Falstaff</strong>-Punkten*<br />

Vanillin, Rote Grütze, Holunder, Leder, am Gaumen sehr<br />

leicht im Extrakt, ein Hauch Süße, milde Säure, recht<br />

einfach und kommerziell.<br />

Shiraz Heritage Release Australien »Wolf Blass«, 2017<br />

90 von 100 <strong>Falstaff</strong>-Punkten*<br />

Schwarzkirschkonfitüre, Pfefferminz, Menthol, würziges<br />

Holz, am Gaumen werden Körper und Frische zusammengebracht,<br />

reifes, mürbes Tannin, cremiger Fond,<br />

präsente Gaumenfrucht, sehr balanciert, seriöser<br />

Mainstream, gute Länge. Homogen und in sich ruhend.<br />

**<br />

INFO<br />

Weitere Infos zum exklusiven Weinsortiment<br />

von ALDI SÜD gibt es online auf<br />

aldi-sued.de<br />

Sauvignon Blanc Marlborough Neuseeland<br />

»Kiwi Trail«, 2018<br />

86 von 100 <strong>Falstaff</strong>-Punkten*<br />

Rauchige Noten, grüne Stachelbeere, Grasschnitt, etwas<br />

Hefe, im Ansatz sehr leicht, dann in der Gaumenmitte<br />

aromatisch, reife Säure, die dennoch lange anhält und erfrischend<br />

wirkt. Bringt Körper und Säure gut zusammen.<br />

*Alles zu den Weinen finden Sie auf aldi-sued.de.<br />

** Wir führen verschiedene Ausstattungen. In unseren<br />

Filialen wird jeweils nur eine Ausstattung angeboten.<br />

sep–okt <strong>2019</strong> falstaff<br />

59


wein / MARKGRÄFLERLAND<br />

WUNDERFITZIGES<br />

MARKGRAF<br />

Fotos: beigestellt<br />

60 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


LERLAND<br />

Der Landstrich im Dreiländereck zwischen der Schweiz, dem Elsass und<br />

<strong>Deutschland</strong> entwickelt sich zu Badens Avantgarde. Die Winzer nützen den<br />

Klimawandel für bessere Weine – und folgen ihrem eigenen Kopf.<br />

TEXT ULRICH SAUTTER<br />

Sanfte Hügel, schmucke Dörfer:<br />

Das Markgräflerland zwischen<br />

Freiburg und Basel ist eine<br />

Hochburg des Genusses.<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

61


wein / MARKGRÄFLERLAND<br />

Von Egringen, wo Dirk<br />

Brenneisen seine Reben hat,<br />

schweift der Blick in die<br />

Rheinebene und in die Schweiz.<br />

»Die Kunden sind viel<br />

aufgeschlossener, als man denkt.<br />

Sie fragen: Die Qualität ist doch<br />

gut? Dann her mit dem Züügs!«<br />

DIRK BRENNEISEN Landwein-Winzer in Egringen<br />

»Make Gutedel great again!« Bei Edeltraud und Hanspeter Ziereisen laufen die Fäden der Landwein-<br />

Bewegung zusammen. Die beiden setzen schon seit 15 Jahren auf die Bezeichnung »Landwein«.<br />

U<br />

rsprünglich wollte ich mit<br />

dem Wiii nix zu tun haben«,<br />

sagt Dirk Brenneisen. »Ich<br />

musste als Kind immer mit in<br />

die Reben. Da hab ich<br />

geschworen, ich mach’ nix mit Landwirtschaft.«<br />

Also absolvierte Brenneisen eine<br />

Lehre als Werkzeugmacher. Danach kam der<br />

Zivildienst. Und siehe da, in der Zivildienststelle<br />

Marienheim, einer betreuten Einrichtung<br />

für geistig Behinderte, gab es einen<br />

Weinberg: »Da hatte mich der Wein wieder.<br />

Da hab ich gemerkt, so schlimm sind die<br />

Reben gar nicht – und hab eine Winzerlehre<br />

angefangen. Danach habe ich beim Weingut<br />

Lämmlin-Schindler in Mauchen gearbeitet,<br />

und irgendwann sagte der Wirt im ›Rebstock‹<br />

in meinem Heimatort Egringen, der<br />

damals seinen Wein noch selber gemacht hat:<br />

›Dirk, du pachtest meinen Keller und machst<br />

meinen Wein gleich mit.‹«<br />

Die Karriere von Dirk Brenneisen, Jahrgang<br />

1972, mag ungewöhnlich anmuten,<br />

aber sie ist auch irgendwie typisch für eine<br />

ganze Generation von Markgräfler Winzern.<br />

Typisch, weil es die starren Strukturen<br />

im genossenschaftlich dominierten<br />

Südwesteck schon manch einem Begabten<br />

schwer gemacht haben, den Weinbau als<br />

attraktiven Beruf zu begreifen. Und ebenfalls<br />

typisch, weil viele dieser Winzer von ihrem<br />

Stilempfinden in eine Opposition zur staatlichen<br />

Qualitätsweinprüfung getrieben werden:<br />

Denn diesem Gremium galt lange Zeit<br />

ein kalt vergorener, nach Eisbonbon duftender<br />

Wein mit möglichst glatter Gaumenstruktur,<br />

mit zugesetzter Kohlensäure und<br />

uniformem Süßschwänzchen als das Idealbild<br />

eines Markgräfler Weißweins. Wer einen<br />

Wein mit Aromen aus der Spontangärung<br />

anstellte, mit Hefenoten oder einer charaktervollen<br />

Prise Phenole, der bekam einen<br />

Ablehnungsbescheid. Daraus zog eine ganze<br />

Reihe von Winzern ihre Konsequenzen – und<br />

änderte nicht ihren Weinstil, sondern verzichtete<br />

freiwillig auf die ohnehin inhaltsleer<br />

gewordene Bezeichnung »Qualitätswein«.<br />

Die Landwein-Bewegung war geboren.<br />

Allerdings ist der Verzicht auf das staatliche<br />

Prüfsiegel – und das beim ganzen Sortiment<br />

– ein Freiraum, der erst mühsam<br />

erkämpft werden muss. Vor allem im Kopf:<br />

»Ich hab schon schlaflose Nächte gehabt«,<br />

sagt Brenneisen, »weil ich nicht wusste, wie<br />

meine Kunden reagieren. Aber die Sorgen<br />

Fotos: Michael Wissing BFF, beigestellt<br />

62 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


waren übertrieben. Die Kunden sind viel aufgeschlossener,<br />

als man denkt, die entscheiden<br />

nach Geschmack. Und fragen: Die Qualität<br />

ist doch noch ebenso gut wie vorher? Dann<br />

her mit dem Züügs.«<br />

INDIVIDUALISTEN<br />

Am Ortsrand von Staufen liegt mit dem<br />

Weingut Wasenhaus ein weiterer Landwein-<br />

Betrieb. Am hölzernen Zaun hängt ein Ortsausgangsschild.<br />

Durchgestrichen: »Reale<br />

Welt«. Nächster Ort: »Ponyhof«. Das<br />

stimmt zum einen wirklich, denn die Eltern<br />

des jungen Christoph Wolber betreiben eine<br />

Reitschule. Zum anderen entstehen an diesem<br />

Ort aber auch Burgunder, die tatsächlich<br />

nicht ganz von dieser Welt sind. Wolber<br />

und sein Kompagnon Alexander Götze<br />

haben sich beim Arbeiten in Burgund kennengelernt,<br />

Wolber arbeitete bei der Domaine<br />

de la Vougeraie, bei Comte Armand und<br />

bei Anne-Claude Leflaive. Götze bei Pierre<br />

Morey und bei Hubert de Montille. Jetzt<br />

entstehen aus nur zwei Hektar Reben Markgräfler<br />

Weine, die veranschaulichen, wie<br />

nahe in jeder Hinsicht die Kalklandschaft<br />

Südbadens dem Burgund ist. Im Weinberg ist<br />

alles Handarbeit, die Bodenbearbeitung<br />

macht Wolber mithilfe einer Seilwinde und<br />

mit dem Sitzpflug: »In der Kirchhofener<br />

Lage Bellen rattert der Pflug nur noch, da ist<br />

man direkt auf dem Fels.« Dass in diesen<br />

Flaschen wahre Sensationen stecken, hat<br />

sich mittlerweile herumgesprochen, die Weine<br />

sind fast ständig ausverkauft.<br />

Der Mastermind und Wegbereiter der ganzen<br />

Landwein-Bewegung sitzt im Innenhof<br />

seines Weinguts in Efringen-Kirchen und<br />

schwenkt einen Wein im Glas, dessen Sorte<br />

und Herkunft es zu erraten gilt. Hanspeter<br />

Ziereisens T-Shirt mit der launigen Parole<br />

»Make Gutedel great again!« weist den Weg<br />

zur Lösung des Rätsels. Schließlich stellt sich<br />

heraus, dass dieses Exemplar der häufig als<br />

Tafelobst gescholtenen Traube aus Oregon<br />

stammt. Anderswo scheint die Sorte also so<br />

langsam in Mode zu kommen, auch an der<br />

Rhône beginnt man uralte Gutedelbestände<br />

wiederzuentdecken, die früher einmal dazu<br />

dienten, die wuchtigen Syrah-Weine auf<br />

Trinkstärke herabzusetzen. Nur in ihrer<br />

zweiten Heimat Markgräflerland waren in<br />

den vergangenen zwei Jahrzehnten Betriebe,<br />

die die Sorte mit dem Anspruch auf Lagerfähigkeit<br />

bereiteten, absolute Ausnahmeerscheinungen.<br />

Hermann Dörflinger etwa in<br />

Müllheim kann noch Gutedel aus den 90er-<br />

Jahren servieren, die taufrisch sind. Aber viele<br />

andere Weingüter müssen da passen. Ziereisens<br />

eigener Gutedel »10 hoch 4« ist der<br />

Kronzeuge dafür, dass alte Reben auf Kalk<br />

etwas wahrlich Großes hervorbringen können.<br />

Ziereisen nennt diesen Wein auch<br />

»Kommaverschiebung«, weil er ihn für 125<br />

Euro verkauft und nicht für 12,50 Euro wie<br />

seinen nächstbesten Gutedel »Steingrüble«.<br />

Dass auch Letzterer schon zwei Jahre im Fass<br />

bleibt und damit länger als die meisten nach<br />

VDP-Richtlinien erzeugten Großen Gewächse,<br />

sagt einiges aus über den provokativen<br />

Stachel, der von den Landwein-Winzern ausgeht,<br />

und über ihr qualitatives Ethos.<br />

<<br />

Oben: Hermann<br />

Dörflinger gehört<br />

zu den wenigen, die<br />

die Größe des<br />

Gutedels schon<br />

immer in die<br />

Flasche brachten.<br />

Ziereisens Gutedel<br />

»Steingrüble« bleibt<br />

zwei Jahre im Fass – und<br />

damit länger als die meisten<br />

nach VDP-Richtlinien<br />

erzeugten Großen Gewächse.<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

63


wein / MARKGRÄFLERLAND<br />

Der Castellberg (l.) war<br />

einst der Musterweinberg<br />

des Markgrafen Karl<br />

Friedrich. Heute pflegt<br />

Martin Waßmer die Reben.<br />

DAS VERMÄCHTNIS DER MARKGRAFEN<br />

»Letztlich war es ja der Gutedel, der das<br />

Markgräflerland erst als politische Einheit<br />

geschaffen hat«, gibt Martin Waßmer zu<br />

bedenken. Waßmer spielt darauf an, dass<br />

die Gegend zwischen Freiburg und Basel im<br />

18. Jahrhundert teils im Besitz des Markgrafen<br />

von Baden war, teils als »Vorderösterreich«<br />

in der Hand der Habsburger.<br />

Manche Ortschaften unterstanden dem<br />

(weltlichen) Fürstbistum Basel, und die<br />

Herrschaft Heitersheim war autonom.<br />

Markgraf Karl Friedrich von Baden<br />

(1728–1811) ermunterte in den 1780er-Jahren<br />

die Untertanen in seinem Einflussgebiet,<br />

den vom Genfersee importierten Chasselas,<br />

also Gutedel, anzupflanzen, dessen Wein bei<br />

Weitem nicht so sauer ausfiel wie etwa der<br />

Elbling. Schnell überschritt der Gutedel die<br />

Grenzen des Markgräflichen Herrschaftsgebiets<br />

– und schuf so, was nach Säkularisierung<br />

auch politisch Wirklichkeit wurde: das<br />

Markgräflerland als Einheit.<br />

Im Jahr 1784 ließ Karl Friedrich auch<br />

einen terrassierten Musterweinberg am steilen<br />

Castellberg bei Dottingen anlegen. Heute<br />

pflegt Martin Waßmer diesen Steilhang, und<br />

etwas Stolz schwingt mit, wenn der Winzer<br />

die Weinbergssteige emporklettert, um oben,<br />

an einem kleinen Rastplatz, auf das freiliegende<br />

Kalkgestein zu deuten.<br />

Waßmer holt heute aus diesem Weinberg<br />

exzellente Burgunderweine, für den Gutedel<br />

ist es an einem solchen Standort mittlerweile<br />

schon zu warm. Dabei wird das Markgräflerland<br />

wahrscheinlich dauerhaft zu den<br />

Gewinnern des Klimawandels gehören, denn<br />

um die Frische der Weine muss man sich hier,<br />

so nahe am Schwarzwald, kaum große Sorgen<br />

machen. Schon haben die ersten Winzer<br />

neben Burgundersorten auch bemerkenswerte<br />

Bordeaux-Cuvées im Angebot. Im Weingut<br />

Blankenhorn, das nach dem Inhaberwechsel<br />

vor ein paar Jahren gerade neben dem Gutshof<br />

eine neue Vinothek mit angeschlossener<br />

Weinbar errichtet, stellen Martin Männer<br />

und seine Ehefrau und Önologin Yvonne<br />

Keßler eine 2018er-Fassprobe vor, die den<br />

Markgräfler Stil bei Cabernet und Merlot<br />

auf die Spitze treibt: mit wohltuend begrenztem<br />

Alkohol, hoher Dichte und einer rasierklingenscharf<br />

präzisen Frucht. Auch der Biowinzer<br />

Gerd Schindler und das Weingut<br />

Schlumberger aus Laufen experimentieren<br />

erfolgreich mit Bordeaux-Blends, während<br />

Hanspeter Ziereisen sich sogar an Syrah<br />

he rangewagt hat.<br />

Gleichzeitig ist das Markgräflerland aber<br />

auch eine Sekt-Hochburg. Da die Weine hier<br />

immer einen Extraschuss Säure haben, hat<br />

die Sekt-Produktion schon seit Langem Tradition.<br />

Dabei ist das Sekthaus Reinecker in<br />

Auggen so etwas wie die inoffizielle Zentrale,<br />

denn der Betrieb erzeugt nicht nur eine eigene<br />

Reihe von elaborierten Sekten aus Markgräfler<br />

Grundweinen, sondern übernimmt<br />

auch die Flaschengärung für zahlreiche Weingüter<br />

der Region. Und nun hat Reinecker<br />

sogar gemeinsam mit Fritz Keller aus Oberbergen<br />

ein Weingut am Isteiner Klotz erworben.<br />

Dass der namhafte Kaiserstühler Betrieb<br />

sich an diesem Kalkfelsen einkauft, darf man<br />

getrost als einen Vorgang mit Signalwirkung<br />

verstehen. »Die Reben stehen am Klotz<br />

obendrauf, das gibt es so auf der Welt nicht<br />

ein zweites Mal«, berichtet Fritz Keller<br />

begeistert. »Wir haben dort 2018 schon die<br />

Lese gemacht, Friedrich hat die Hauptaufgabe<br />

im operativen Geschäft, und wir haben<br />

das probiert – wow!« Bis die ersten Weine<br />

kommen, wird es allerdings noch etwas dauern,<br />

denn das Weingut hat noch einen Ablieferungsvertrag<br />

an die Winzergenossenschaft.<br />

Und auch bei dieser tut sich was. Hagen<br />

Rüdlin, der neue Geschäftsführer der<br />

»Markgräfler Winzer«, ist zwar der Nachfolger<br />

seines Vaters auf dem Chefsessel, doch<br />

der frühere Moët-Manager, der einige Zeit<br />

in den USA gelebt hat, ist mit neuen Ideen<br />

und einer komplett veränderten Qualitätspolitik<br />

angetreten. Nachdem er 2015 in<br />

Efringen-Kirchen angeheuert hatte, machte<br />

er sich bei einem Teil der Mitglieder Feinde,<br />

weil er im Herbst manchen Traubenbottich<br />

einfach an den Einlieferer zurückgehen ließ.<br />

Keine Qualität – keine Traubenannahme.<br />

Ein vermutlich notwendiger Affront, der<br />

<<br />

Fotos: Carl Brugger, beigestellt<br />

64 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


wein / MARKGRÄFLERLAND<br />

Yvonne Keßler und Martin Männer,<br />

Weingut Blankenhorn: neue Vinothek<br />

– und Dichtpflanzungen im<br />

Schliengener Sonnenstück.<br />

einen Prozess des Umdenkens zur<br />

Folge haben muss, wenn die Genossenschaft<br />

eine Zukunft haben soll.<br />

Die ersten Prestigeweine der als<br />

»Markgräfler Winzer« umfirmierten<br />

Genossenschaft deuten an, dass der<br />

richtige Weg eingeschlagen ist.<br />

<<br />

EINE BIO-HOCHBURG<br />

In Heitersheim mit seinen sanft geschwungenen<br />

Hügeln schreiten Katharina und Mathias<br />

Pfefferle in eine ihrer Rebzeilen hinein –<br />

und ernten ein paar in der Gasse wachsende<br />

Saubohnen. »Die Bohnen haben wir dieses<br />

Jahr zum ersten Mal ausgesät, vermutlich<br />

etwas zu spät, denn die Ernte ist klein.« Das<br />

ist aber auch nebensächlich, denn dem Bio-<br />

Betrieb geht es natürlich nicht um die Bohnen,<br />

sondern um eine Zwischenbegrünung,<br />

die den Wasserhaushalt reguliert und Artenvielfalt<br />

schafft. Der Bio-Gedanke sei im ganzen<br />

Dorf sehr verankert, berichtet das Ehepaar<br />

– vor allem dank des Weinguts Zähringer.<br />

Dieses, heute 50 Hektar groß und inzwischen<br />

sogar Demeter-zertifiziert, verkaufte<br />

in den späten 80er- und frühen 90er-Jahren<br />

seine Weine in den aufkommenden Bioläden,<br />

zwischen Birkenstock-Sandalen und »Jute<br />

statt Plastik«-Schildern. Wie es bei vielen<br />

Bio-Pionieren der Fall war, war die Qualität<br />

der Weine bald so gut, dass die Vermarktung<br />

schnell herauskam aus der Öko-Nische. Der<br />

Lebenslauf von Katharina und Mathias Pfefferle<br />

indes erinnert ein wenig an jenen von<br />

Dirk Brenneisen: Auch Katharina Pfefferle<br />

zog es in ihrer Jugend weg von der Landwirtschaft,<br />

sie ließ sich zur medizinisch-technischen<br />

Assistentin ausbilden und arbeitete in<br />

einem Labor in Berlin; ihr Ehemann (und<br />

heutiger Außenbetriebsleiter) ist im Erstberuf<br />

Architekt. Als Katharina Pfefferles Eltern ihr<br />

vor 20 Jahren anboten, die familieneigene<br />

Landwirtschaft zu übernehmen, sagte sie:<br />

»Gut, ich komme zurück und mach’ was,<br />

aber dann muss es der Wein sein.«<br />

Manchmal<br />

Saubohnen<br />

im Weinberg,<br />

aber immer<br />

Bio-Trauben<br />

am Stock:<br />

Schneider-<br />

Pfefferle,<br />

Heitersheim.<br />

So kam es zum Weingut nebst zugehöriger<br />

Straußwirtschaft, zur Umstellung auf<br />

Bio und zu den Saubohnen im Weinberg.<br />

Heute können junge Talente auf den<br />

Erfahrungen der Vorbilder wie Zähringer,<br />

Lämmlin-Schindler, Rieger oder Schneider-<br />

Pfefferle aufbauen, wenn sie sich für Bio<br />

interessieren. »Ich find’s auch gut, dass man<br />

bei Bio immer etwas zum Nachdenken hat«,<br />

sagt etwa Max Geitlinger, der in neunter<br />

Generation das »Gasthaus zum Hirschen«<br />

in Egerten leitet, einem Ort mit 90 Einwohnern.<br />

Zum Wirtshaus gehören zwei Hektar<br />

Reben, und Geitlinger produziert – natürlich<br />

– Landwein. In Bio-Qualität: »Wenn ich<br />

nur dem Spritzplan von Bayer folge, wo<br />

denke ich dann noch über den Wein nach?«<br />

Zurück nach Efringen-Kirchen und zu<br />

Edeltraud und Hanspeter Ziereisen. Im Frühjahr<br />

waren beim badischen Landweinmarkt<br />

in Müllheim bereits 22 Landwein-Winzer an<br />

Bord, keine Geringere als Jancis Robinson<br />

übernahm die Schirmherrschaft. »Und das<br />

Landwein-Büro bin ich«, schmunzelt Edeltraud<br />

Ziereisen. Aber da gibt ihr Mann das<br />

Zeichen zum Aufbruch, um den Kellerneubau<br />

am Ortsrand zu besichtigen. In dem<br />

Stollen haben 700 Fässer Platz gefunden, viele<br />

davon waren vorher bei Verwandten und<br />

Bekannten im ganzen Ort untergebracht.<br />

»Aber jetzt«, sagt Ziereisen, »ist der neue<br />

Keller auch schon wieder zu klein.« Schon<br />

stehen wieder zusätzliche Fässer bei der Verwandtschaft<br />

im Keller. Die Landwein-Revolution,<br />

so scheint es, ist nicht zu bremsen.<br />

<<br />

Fotos: MELHUBACH PHOTOGRAPHIE, BLENDWERK FREIBURG, beigestellt<br />

66 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


wein / MARKGRÄFLERLAND<br />

BEST OF<br />

MARKGRÄFLERLAND<br />

TASTING<br />

INFO<br />

WEITERE BEWERTUNGEN<br />

UND BESCHREIBUNGEN<br />

FINDEN SIE SIE AB<br />

AB SEITE 250. 148.<br />

96<br />

95<br />

94<br />

2016 JASPIS PINOT NOIR<br />

BADISCHER LANDWEIN<br />

Hanspeter Ziereisen<br />

Efringen-Kirchen<br />

Dezentes Holz, Kräuter und<br />

Sauerkirsche, Holunder, am<br />

Gaumen wie Samt und Seide,<br />

dabei mit Fülle und Druck, passend<br />

holzgeprägt, Saftigkeit und Nerv<br />

sind nahtlos in den fruchtigen<br />

Körper eingebunden, ein Burgunder<br />

auf Grand-Cru-Niveau mit<br />

großer Lebenserwartung.<br />

ziereisen.de<br />

€ 45,–<br />

2017 KIRCHHOFEN KIRCHBERG<br />

SPÄTBURGUNDER BELLEN<br />

TROCKEN<br />

Weingut Wasenhaus, Staufen<br />

Himbeere, floral, sehr duftig, ganz<br />

nuanciert, Veilchen, extrem feines,<br />

fast unmerkliches Holz, am Gaumen<br />

unmittelbar kalkmineralisch, die<br />

Struktur ist stärker vom Kalk als<br />

vom Gerbstoff geprägt, dicht, stark<br />

angreifend und dann sich nahezu zu<br />

einer Adstringenz steigernd. Druckvoll,<br />

aber ohne alkoholische Wucht.<br />

viniculture.de<br />

€ 63,–<br />

2015 MOLASSEFELS GRAUER<br />

BURGUNDER BADISCHER<br />

LANDWEIN TROCKEN<br />

Dirk Brenneisen, Egringen<br />

Hellgolden. Reife Gelbfrucht,<br />

ein Hauch von Ruländer und<br />

dezentes Holz. Molliger Gaumen,<br />

geschmeidig und cremig. Großes<br />

Volumen – und ein beeindruckend<br />

dichter Bau, der Würze, Holzeinfluss,<br />

kräftige taktile Mineralität<br />

und reife Säure ineinanderwebt.<br />

Groß!<br />

weingut-brenneisen.de<br />

€ 70,–<br />

95<br />

94<br />

94<br />

2016 JASPIS GRAUER BURGUN-<br />

DER BADISCHER LANDWEIN<br />

Ziereisen, Efringen-Kirchen<br />

Cremefarben bis hell kupferfarben.<br />

Im Duft noch verschlossen, mit<br />

balsamischen Andeutungen,<br />

etwas Holz, etwas Pinot-Beerigkeit.<br />

Am Gaumen straff stoffig, dicht,<br />

sehr pointiert und lang, mit allen<br />

Anlagen zur Opulenz, aber auch<br />

mit superber Bündelung und mineralisch-verspielten<br />

Motiven. Beeindruckender<br />

Inhaltsreichtum,<br />

genial umgesetzt.<br />

ziereisen.de, € 50,–<br />

2016 SPÄTBURGUNDER<br />

TROCKEN<br />

Weingut Scherer & Zimmer<br />

Bad Krozingen<br />

Komplex kräuterwürzig im<br />

Duft, Himbeerkonfitüre, ätherischkühl.<br />

Am Gaumen mit einer<br />

ganz und gar seidigen Textur,<br />

sehr präsent und sehr lange<br />

homogen bleibend. Saftige<br />

Gaumenfrucht und taktilmineralische<br />

Noten in<br />

großer Eindringlichkeit.<br />

scherer-zimmer.de<br />

ca. € 50,–<br />

2015 WEIL SCHLIPF PINOT<br />

BLANC CS TROCKEN<br />

Weingut Claus Schneider<br />

Weil am Rhein<br />

Erste Reife im Duft, dabei im Glas<br />

immer mehr Bukett ent fal tend,<br />

kräuterwürzig. Getreide ar ti ge<br />

Aromen, Pfeffer, am Gaumen<br />

mit Spannung, hoher Dichte und<br />

deutlich mineralischem Fundament,<br />

ein superber Weißburgun -<br />

der ganz am Beginn seiner<br />

Entwicklung.<br />

schneiderweingut.de<br />

€ 19,80<br />

95<br />

94<br />

94<br />

2016 DOTTINGEN CASTELLBERG<br />

SPÄTBURGUNDER GC TROCKEN<br />

Weingut Martin Waßmer<br />

Bad Krozingen<br />

Reife Schwarzkirsche, Wildkirsche,<br />

präsentes Neuholz. Körniges,<br />

griffiges, sehr hochwertiges<br />

Tannin, deutlich kalkmineralisches<br />

Fundament, feste Säure, kompakt<br />

und spannungsvoll, energiegeladen,<br />

packend in seiner Intensität und<br />

sehr, sehr mineralisch.<br />

shop.weingut-wassmer.de<br />

€ 68,–<br />

2015 MOLASSEFELS<br />

CHARDONNAY BADISCHER<br />

LANDWEIN TROCKEN<br />

Dirk Brenneisen, Egringen<br />

Komplex: Flachs, frischer Mais,<br />

jodig, ein Hauch Holz, konzentriert<br />

im Gaumen, feste Säure, taktilmineralische<br />

Gaumenmitte, beginnende<br />

Würze, straff und elegant,<br />

und dennoch auch eine gewisse<br />

Großzügigkeit. Hoch verdichtet und<br />

in allen Komponenten edel.<br />

weingut-brenneisen.de<br />

€ 70,–<br />

2016 JASPIS GUTEDEL 10 4<br />

ALTE REBEN<br />

BADISCHER LANDWEIN<br />

Ziereisen, Efringen-Kirchen<br />

Dezentes Holz, burgunderhaft<br />

zurückhaltende Frucht, hefig-brenzlig.<br />

Auch am Gaumen weit und<br />

weich, mollig mit eher milder Säure,<br />

aber guter mineralischer Definition.<br />

Keine Mineralität mit Biss, eher eine<br />

mit Wärme und Anmut. Sehr große<br />

Länge, zuletzt eine Spur von Kalk<br />

und Feuerstein.<br />

ziereisen.de, € 125,–<br />

Fotos: beigestellt<br />

68 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


ROBERT WEIL JUNIOR / promotion<br />

Einmal über den<br />

Rhein: Die neuen<br />

Weine stammen aus<br />

Rheinhessen.<br />

Starwinzer Wilhelm<br />

Weil und seine neue<br />

Marke »Robert Weil<br />

Junior«.<br />

WILHELM WEILS<br />

NEUES PROJEKT<br />

Wilhelm Weil ist weltberühmt für seine Rheingauer Rieslinge.<br />

Jetzt wagt der Starwinzer einen Schritt über den Rhein, um<br />

vis-à-vis in Rheinhessen Burgunder zu keltern – unter der<br />

Marke »Robert Weil Junior«.<br />

90 von 100 <strong>Falstaff</strong>-Punkten<br />

2018 Rheinhessen Weißburgunder<br />

Unique trocken, Robert Weil Junior<br />

Kleeblüte, Frühlingswiese, Haselnuss. Ein ausdrucksstarker,<br />

sortentypischer Duft. Am Gaumen<br />

gut balanciert, ein Wein mit Druck, aber auch mit<br />

Kern, schnörkellos umgesetzt.<br />

Fotos: beigestellt<br />

Hüben Riesling – drüben Burgunder:<br />

So klar ist Wilhelm<br />

Weils Wein-Geografie gegliedert.<br />

»Wenn man sich als Weingut<br />

den Luxus leistet, ausschließlich Riesling<br />

zu erzeugen«, so der Kiedricher Winzer-Star,<br />

»und dann irgendwann noch etwas<br />

anderes machen möchte, dann benötigt<br />

man eine ganz klare Trennung. In unserem<br />

Fall ist der Rhein die Grenze, und zwar eine<br />

große und deutliche.«<br />

Dass die Weine aus Rheinhessen den<br />

Zusatz »Junior« tragen, bedeutet dabei<br />

alles andere, als dass sie nachrangig seien.<br />

Weil vergleicht das Verhältnis seiner beiden<br />

Weinlinien mit demjenigen von BMW und<br />

Mini: »Im Mini steckt BMW-Technologie,<br />

so erfüllt der Mini heute ein Markenversprechen<br />

auf dem Niveau von BMW.«<br />

Die Weiß- und Grauburgunder, Chardon-<br />

nays und Spätburgunder, die Weil gemeinsam<br />

mit Vertragswinzern in den Kalklagen<br />

Rheinhessens vinifiziert, profitieren auf<br />

sehr direkte Weise von Weils Know-how.<br />

Und ebenso von seinem Stilempfinden:<br />

»Die Rieslingbrille«, so nennt Weil das,<br />

»bewirkt auch bei den Burgundern eine<br />

eigene Optik: Kühle, begrenzten Alkohol,<br />

den Weinen ihre feine Säure belassen. Und<br />

wo Holz im Spiel ist – beim Grauburgunder<br />

und beim Chardonnay –, setze ich es<br />

nur sehr subtil ein.«<br />

In <strong>Deutschland</strong> stehen die Weine der<br />

»Robert Weil Junior«-Reihe exklusiv in den<br />

Regalen von Edeka.<br />

INFO<br />

Weitere Informationen unter<br />

robert-weil-junior.com<br />

90 von 100 <strong>Falstaff</strong>-Punkten<br />

2018 Rheinhessen Rosé Unique trocken,<br />

Robert Weil Junior<br />

Hell zinnoberfarben. Dezenter Duft, Apfelschalentee,<br />

Hagebutte. Geschmeidiger Ansatz, stoffige<br />

Gaumenmitte. Ein Wein mit Extrakt und Anspruch.<br />

89+ von 100 <strong>Falstaff</strong>-Punkten<br />

2018 Rheinhessen Chardonnay Unique<br />

trocken, Robert Weil Junior<br />

Verschlossener, getreideartiger Duft, Flachs, auch<br />

ein Hauch Zitrus. Schlanker Gaumen, feiner Säurenerv,<br />

guter Extrakt, fast sogar eine Spur von<br />

Adstringenz, noch sehr jung, braucht Zeit, um Würze<br />

zu entwickeln.<br />

89 von 100 <strong>Falstaff</strong>-Punkten<br />

2018 Rheinhessen Grauburgunder Unique<br />

trocken, Robert Weil Junior<br />

Heidelbeere, geröstete Esskastanie, Melone, ein<br />

duftiger Sortentyp. Am Gaumen mit gebremster<br />

Wucht, nicht überbordend, aber durchaus mit<br />

Volumen, reife Säure, ebenso viel Breite wie Länge,<br />

sehr schöne, klar ausgeprägte Gaumenfrucht,<br />

typischer Grauburgunder.<br />

sep–okt <strong>2019</strong> falstaff<br />

69


promotion / LANGUEDOC<br />

Die Weine im Languedoc<br />

könnten charaktervoller<br />

nicht sein. Auch im Château<br />

d‘Anglès ist man stets um<br />

beste Qualität bemüht.<br />

Fotos: beigestellt<br />

70<br />

falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


HERBSTLICHE<br />

GENÜSSE IM<br />

LANGUEDOC<br />

In der bunten Jahreszeit findet sich bei der Vielzahl an<br />

charaktervollen Weinen aus dem Languedoc zu jeder<br />

Speise die perfekte Begleitung.<br />

Die Blätter der Laubbäume in<br />

den Cevennen färben sich langsam<br />

bunt, die Wärme des Sommers<br />

mit seiner gleißenden<br />

Mittagssonne und den langen lauen Abenden<br />

unter dem Sternenhimmel gehören der<br />

Vergangenheit an, sind aber noch in guter<br />

Erinnerung. Aber nun ist es herbstlich, das<br />

tut ebenfalls gut.<br />

Morgens weht ein kühler Wind von den<br />

Bergen, die Weinernte ist eingebracht, die<br />

Felder sind abgeerntet. Nach Regenfällen<br />

lohnt sich ein Spaziergang durch den Wald,<br />

vielleicht finden wir ein paar Pilze, die später<br />

unser Essen bereichern. Und im Mittelmeer<br />

kann man immer noch baden – viele<br />

sagen, der Herbst sei die schönste Zeit im<br />

Languedoc, weil sich die Natur dann von<br />

ihrer schönen, ruhigen Seite zeigt. Und weil<br />

die kräftigen lokalen Spezialitäten jetzt<br />

wieder besonders gut schmecken.<br />

><br />

sep–okt <strong>2019</strong> falstaff 71


promotion / LANGUEDOC<br />

Das Château Pech-Latt im<br />

französischen Lagrasse zählt<br />

zu den bestangesehenen<br />

Weingütern der Corbières.<br />

><br />

Ein Enten-Cassoulet mit Bohnen bei<br />

35 Grad Celsius im Schatten? Eher nicht.<br />

Auch eine Lammkeule mit Kartoffelgratin<br />

schmeckt besser an einem frischen Tag, an<br />

dessen Ende das Kaminfeuer im Gastraum<br />

prasselt. Während die Weißweine und die<br />

Rosés aus dem Languedoc perfekt zur<br />

Leichtigkeit des Sommers passen, sind jetzt<br />

wieder die kräftigen, charakterstarken<br />

Rotweine aus der Region an der Reihe –<br />

zumindest bei den Hauptspeisen.<br />

Klar, eröffnet wird das Mahl von einem<br />

AOP Crémant de Limoux, denn natürlich<br />

schmeckt der mit seiner feinen Perlung<br />

auch bei bedecktem Himmel exzellent,<br />

danach mundet ein frischer Roséwein zum<br />

warmen Ziegenkäse mit Oliventapenade.<br />

Wenn jedoch das Fleisch auf dem Tisch<br />

steht und das gegrillte Gemüse verheißungsvoll<br />

duftet, freuen wir uns über<br />

einen satten Rotwein. Die Auswahl ist<br />

groß, die exakte Wahl reine Geschmackssache.<br />

Das kann beispielsweise ein vom<br />

tiefgründigen Grenache dominierter AOP<br />

Corbières, ein AOP Faugères oder ein AOP<br />

Terrasses du Larzac sein, der nach<br />

Schwarzkirschkonfitüre duftet und am<br />

Gaumen mit Saftigkeit und feinkörnigen,<br />

dichten Gerbstoffen begeistert. Ist da nicht<br />

sogar im Abgang etwas dunkle Schokolade<br />

zu schmecken? Weine, die eher von Syrah<br />

oder dem tiefgründigen Mourvèdre<br />

geprägt sind, duften nach Brombeeren und<br />

Schwarzkirsche. Am Gaumen dicht und<br />

mit feinkörnigen Gerbstoffen ausgestattet,<br />

enden sie auf hochreifen Aromen, die Wärme<br />

ausstrahlen. Kommen diese Roten eher<br />

aus den kargeren Höhenlagen, zeichnen sie<br />

sich zusätzlich durch eine mineralische<br />

Grundierung aus. Und klar, über genügend<br />

Säure und Frische verfügen sie alle.<br />

Wenn die Teller abgedeckt sind und ein<br />

AOP Muscat de Frontignan einen süßen<br />

Abschluss gebildet hat, lockt noch einmal<br />

die frische Herbstluft – einfach tief durchatmen<br />

und genießen.<br />

<<br />

DAS LANGUEDOC IST EIN MUSS<br />

FÜR WEINTOURISTEN<br />

Neun Regionen im Languedoc wurden<br />

mit dem Siegel »Vignoble & Découvertes«<br />

ausgezeichnet. Das Siegel wurde vom<br />

französischen Fremdenverkehrsamt<br />

Atout France ins Leben gerufen. Es<br />

zeichnet Regionen aus, die eine reiche<br />

und vielfältige Palette an touristischen<br />

und weintouristi schen Angeboten bieten<br />

(Unterkünfte, Restaurants, Besuche<br />

bei Weingütern, Verkostungen, Museen,<br />

Veranstaltungen u. v. m.). Mehr Infos über<br />

das Languedoc als Reiseziel für Vinophile<br />

gibt es hier:<br />

languedoc-wines.com/languedocdestination<br />

Fotos: beigestellt<br />

72<br />

falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


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wein / WORLD CHAMPIONS<br />

SERIE: WORLD CHAMPIONS<br />

HARLAN<br />

ESTATE<br />

In den frühen 1980er-Jahren reifte Bill Harlans<br />

Entschluss, im Napa Valley einen Rotwein zu erzeugen, der<br />

es mit den besten Grands Crus aus Frankreich aufnehmen<br />

kann. Längst hat er seine Vision in die Tat umgesetzt.<br />

TEXT PETER MOSER<br />

In den 1970er-Jahren gehörte Bill<br />

Harlan zu den Gründern von Pacific<br />

Union, einem Immobilienunternehmen<br />

mit Sitz in San Francisco,<br />

das Milliardenumsätze machte.<br />

Nach dem Verkauf eines Großteils seines<br />

Anteils an GMAC verfügte er daher über<br />

ein kleines Vermögen.<br />

Seinen ersten Besuch im Napa Valley<br />

unternahm Bill Harlan als Jugendlicher im<br />

Jahr 1958. »Ich hatte gehört, dass man dort<br />

gratis Wein probieren darf, ohne dass<br />

jemand den Ausweis kontrolliert. Damals<br />

habe ich mir schon gedacht, hier ein Stück<br />

Land für ein Weingut zu kaufen, eine Familie<br />

zu gründen, Wein zu machen, das wäre<br />

ein tolle Sache.« Später freundete sich Harlan<br />

mit Robert Mondavi an, der so manchen<br />

guten Tipp für ihn parat hatte. Harlan:<br />

»Als ich 1979 mein erstes Grundstück<br />

im Napa Valley gekauft hatte, riet er mir<br />

davon ab, es dort mit Weinbau zu versuchen.<br />

Er schlug eine Art gemeinsames<br />

Forum für die Napa Vintners Association<br />

und eine alljährliche Charity-Auktion wie<br />

im Hospice de Beaune im Burgund vor.«<br />

1981 ging die Auktion in Meadowood<br />

dann tatsächlich über die Bühne.<br />

Aus Meadowood wurde später ein<br />

»Relais & Châteaux«-Resort mit Kaliforniens<br />

zweitem 3-Sterne-Restaurant im Guide<br />

Michelin. Noch heute ist es ein Fixpunkt für<br />

jeden Besucher im Napa Valley. Hier wohnt<br />

und speist die Elite in luxuriösem Ambiente<br />

oder man spielt eine Runde auf dem vielleicht<br />

schönsten Croquet-Platz der Welt.<br />

VISION PREMIER GRAND CRU<br />

Man schrieb das Jahr 1984, als der heute<br />

79 Jahre alte H. William »Bill« Harlan mit<br />

dem Kauf eines unberührten Stücks Land<br />

auf den westlichen Hügeln der Mayacamas-Berge<br />

bei Oakville im zentralen Napa<br />

Valley den Grundstein für Harlan Estate<br />

legte. Insgesamt erwarb er 97 Hektar. ><br />

Fotos: Harlan Estate<br />

74 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Die Harlan-Family:<br />

Sohn Will, Ehefrau Deborah,<br />

Gründer H. William »Bill« Harlan<br />

und Tochter Amanda.<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

75


wein / WORLD CHAMPIONS<br />

Das legendäre Meadowood Resort fungiert als<br />

kulinarisches Hauptquartier für alle Fans der<br />

großen Napa-Valley-Weine.<br />

Der Harlan Estate Proprietary Red zählt längst zu<br />

den Premiers Grands Crus aus dem Napa Valley<br />

und damit zu den besten Rotweinen der Welt.<br />

> 17 davon sollten das ideale Terroir für Zeit. Robert Parker Jr. schrieb bereits<br />

einen echten kalifornischen Premier Grand<br />

Cru sein. Die Terrassen mit den Reben<br />

wurden dem Wald abgerungen und folgen<br />

dem natürlichen Verlauf des Geländes in<br />

eleganten Kurven. Immer wieder eröffnen<br />

sich neue Ausblicke hinunter ins Tal oder<br />

nordwärts bis zum Mount St. Helena.<br />

Die Böden sind karg und meist vulkanischen<br />

Ursprungs, im Weingarten dominiert<br />

die Rebsorte Cabernet Sauvignon mit<br />

70 Prozent, dazu gesellen sich 20 Prozent<br />

Merlot, 8 Prozent Cabernet Franc und<br />

2 Prozent Petit Verdot.<br />

In den Jahren ab 1987 gab es die ersten<br />

Versuchsvinifikationen, die lediglich dazu<br />

dienten, herauszufinden, welche Sorten wo<br />

auf diesem absolut jungfräulichen Terroir<br />

die besten Ergebnisse bieten. Der erste<br />

kommerzielle Jahrgang war 1990, der<br />

schließlich im Jahr 1996 auf den Markt<br />

kam. Und allen, die damals die Gelegenheit<br />

hatten, die ersten Weine zu verkosten, war<br />

schnell klar: Hier entsteht Großes.<br />

Ein Raunen ging durch die Expertenrunde,<br />

in der sich kein Geringerer befand als<br />

der weltweit wichtigste Weinkritiker seiner<br />

1998 über den Harlan Estate Proprietary<br />

Red: »Eigentümer Bill Harlan, sein Kellermeister<br />

Bob Levy und der französische<br />

Berater Michel Rolland erzeugen den einzigen<br />

wirklich sehr profunden Wein in ganz<br />

Kalifornien. Er besitzt alle Element für<br />

Größe – Individualität, Kraft, verbunden<br />

mit Eleganz, außerordentliche Komplexität,<br />

bemerkenswertes Reifepotenzial und<br />

eine ansprechende Dichte ohne jede<br />

Schwerfälligkeit.«<br />

Das war der offizielle Ritterschlag, und<br />

von nun an stieg die Nachfrage explosionsartig<br />

an. Die Warteliste wurde immer länger.<br />

Denn die erzeugte Menge bei Harlan<br />

liegt im Durchschnitt bei international<br />

vergleichsweise bescheidenen 1800 Kisten.<br />

Erst seit dem Jahrgang 1995 gibt es auch<br />

einen richtigen Zweitwein nach Bordelaiser<br />

Vorbild, der meist den Cabernet Franc und<br />

die Erzeugnisse aus jungen Reben auffängt.<br />

Im Jahr 1999 war das Weingut wie viele<br />

andere im Napa Valley von einer Reblaus-<br />

Epidemie betroffen, die Bill Harlan dazu<br />

zwang, die Reben aus einer zweiten Welle<br />

Anfang der 90er-Jahre nochmals auf<br />

Fotos: Harlan Estate<br />

76 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Der »Tank Room« auf<br />

Harlan Estate, wo auch<br />

österreichische Fässer von<br />

Stockinger im Einsatz sind.<br />

wirklich reblausresistente Unterlagen<br />

umzupflanzen.<br />

Der Qualität des Grand Vin tat dies zu<br />

keinem Zeitpunkt einen Abbruch, zu rigoros<br />

war die Herangehensweise. Das Einzige,<br />

was in diesen Jahren litt, war die Menge,<br />

die man anbieten konnte. Umso umkämpfter<br />

war jede einzelne Flasche dieses großen<br />

Rotweins.<br />

Harlan Estate kommt heute als ein fast<br />

reinsortiger Cabernet Sauvignon, gewürzt<br />

mit einer Nuance von Merlot und Petit Verdot,<br />

in Ausnahmejahren auch etwas Cabernet<br />

Franc, auf die Flasche. Zu den größten<br />

Jahrgängen des Proprietary Red zählen<br />

1991, 1994, 1995, 1997, 2001, 2002, 2005,<br />

2007, 2010, 2012 und natürlich 2013.<br />

Bereits sieben Mal hat »The Wine Advocate«<br />

die Traumnote von 100 Punkten<br />

verliehen, sechsmal davon der große Bob<br />

Parker höchstpersönlich; auch seine Nachfolgerin<br />

Lisa Perrotti-Brown scheint den<br />

Wein zu mögen, sie hat den von Parker<br />

noch mit 96 Punkten beurteilten 2014er<br />

bereits auf 98 Punkte aufgewertet, 2015<br />

mit 100 und den Jahrgang 2016 mit potenziellen<br />

100 Punkten bedacht.<br />

Dass solche Einschätzungen auch mit<br />

einer anhaltenden Preissteigerung verbunden<br />

sind, versteht sich von selbst. Die jüngsten<br />

Jahrgänge liegen bereits im vierstelligen<br />

Bereich. Millesima berechnet aktuell für den<br />

100-Punkte-Wein aus 2015 einen Preis von<br />

1400 Euro pro Bouteille, Unger für den tollen<br />

1997er (100 PP) einen Preis von 1249<br />

Euro. Der Zweitwein The Maiden 2015<br />

kostet vergleichsweise günstige 480 Euro,<br />

auch reifere Jahrgänge ohne Höchstbewertungen<br />

wie 2011 (91 PP, ungerweine.de;<br />

€ 714,–) oder 2006 (96 PP, Millesima;<br />

€ 840,–) sind preiswerter zu haben.<br />

UND ES FOLGT DER ZWEITE STREICH<br />

Bereits im Jahr 1997 wurde die BOND<br />

Winery in Oakville gegründet, die nun von<br />

Scott Gould geleitet wird. Für Weingärten<br />

und Keller sind die gleichen Personen wie<br />

bei Harlan Estate am Werk. Hier entstehen<br />

fünf exzellente Cabernets Sauvignons aus<br />

ausgesuchten Hanglagen im Napa Valley,<br />

die einen perfekten Ausdruck des jeweiligen<br />

Terroirs vermitteln. Die Namen der<br />

Grands Crus sind Melbury, Quella, Vecina,<br />

St. Eden und Pluribus, der Zweitwein ><br />

Eng bepflanzte Berglagen mit Terrassen, die dem Geländeverlauf exakt folgen, sind typisch<br />

für Harlan Estate. Von den 17 Hektar sind 70 Prozent mit Cabernet Sauvignon bestockt, der<br />

Rest mit 20 Prozent Merlot, 8 Prozent Cabernet Franc und 2 Prozent Petit Verdot.<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

77


Das jüngste Weinprojekt, das aktuell dritte<br />

im Bunde, hört auf den Namen Promontory<br />

und liegt etwas südlich von Harlan am<br />

Berg hinter den bekannten Weingütern<br />

Dominus und Blankiet. Wieder wurde hier<br />

ein unberührtes Waldstück erworben, auf<br />

dem nun auf den westlich exponierten<br />

Hängen direkt zwischen die Baumgruppen<br />

kleine Rebparzellen eingewoben wurden,<br />

die heute weniger als fünf Prozent der<br />

Gesamtfläche bedecken.<br />

Die Premiere des Promontory Estate war<br />

der Jahrgang 2009, der Jahrgang 2013<br />

wurde bereits zur Gänze in Stückfässern<br />

ausgebaut, erzeugt von der österreichischen<br />

Edelküferei Stockinger. Die Produktion dieses<br />

Weins liegt aktuell bei 2000 Kisten, soll<br />

aber in Zukunft auf 4000 angehoben werwein<br />

/ WORLD CHAMPIONS<br />

><br />

trägt den Namen Matriarch. Dem breiteren<br />

Angebot von Bond ist auch der<br />

Umstand zu verdanken, dass dieses<br />

Harlan-Projekt noch mehr 100-Punkte-Weine<br />

erzeugt hat als Harlan<br />

selbst. Im aktuellen Zwischenstand<br />

hat Bond mit acht glatten 100-Punktern<br />

und drei potenziellen 100-Punkte-Weinen<br />

die Nase vorn, die interne<br />

Rangliste führt Vecina vor St. Eden<br />

und Pluribus an.<br />

OPERATION NEXT GENERATION<br />

»Es war vom ersten Tag<br />

an mein erklärtes Ziel, ein<br />

Erstes Gewächs auf den<br />

Hügeln bei Oakville<br />

zu kreieren.«<br />

BILL HARLAN Gründer von Harlan Estate<br />

Nachlesen<br />

Alle Teile aus der Serie<br />

»World Champions« unter<br />

falstaff.com/champ<br />

Promontory, das jüngste<br />

Weingutprojekt der Familie, wird<br />

von Bills Sohn Will Harlan geführt.<br />

den. Die Leitung des Projekts unterliegt<br />

der zweiten Generation der Familie,<br />

der junge Will Harlan wird dabei<br />

von Harlan-Weinbau-Direktor Cory<br />

Empting unterstützt.<br />

Der Wein von Promontory wird<br />

übrigens im Gegensatz zu Harlan<br />

und Bond über den Platz Bordeaux<br />

verkauft. Und so ist dieser Wein bei<br />

mehreren Anbietern im deutschsprachigen<br />

Raum verfügbar, der mit<br />

99 Parker-Punkten ausgezeichnete Wein<br />

kostet etwa 650 Euro.<br />

Allerdings wird auch hier ein Preisanstieg<br />

unvermeidbar sein, nachdem Lisa Perrotti-<br />

Brown zuletzt den 2016er mit 97–100 Punkten<br />

würdigte.<br />

Unter dem Namen The Mascot vertreibt<br />

Will Harlan seit dem Jahrgang 2008 einen<br />

saftigen Cabernet Sauvignon, der aus den<br />

jüngeren Reben von Harlan Estate, Bond<br />

und Promontory, gewonnen wird. »Dieser<br />

Wein begann als Projekt mit dem Ziel,<br />

einen Wein zu schaffen, den ich mit meinen<br />

Freunden gemeinsam genießen kann«, sagt<br />

Will Harlan. Und in den letzten zehn Jahren<br />

sind die Freunde immer mehr geworden,<br />

der Preis des Weins liegt mittlerweile<br />

im Handel bei etwa 130 US-Dollar.<br />

Genau genommen gibt es noch ein<br />

weiteres Weinprojekt. Doch dieses ist nur<br />

dem exklusiven privaten Club von etwa<br />

600 Members vorbehalten, der seit dem<br />

Jahr 2000 am Gelände des Meadowood<br />

Resort seinen Sitz hat. Die Mitglieder von<br />

»The Napa Valley Reserve« haben<br />

ursprünglich kolportierte 165.000 US-<br />

Dollar hingelegt, um neben einer Vielzahl<br />

von anderen Privilegien den vom Harlan-<br />

Team erzeugten Rotwein The Napa Valley<br />

Reserve genießen zu dürfen.<br />

Dieser Wein reifte nicht in großen Kelleranlagen,<br />

sondern direkt in der eigenen<br />

kleinen Club-Weinkellerei. Dort wurde er<br />

auch abgefüllt. <<br />

INFO<br />

Weitere Informationen unter<br />

harlanestate.com<br />

bond.wine<br />

promontory.wine<br />

mascotwine.com<br />

thenapavalleyreserve.com<br />

meadowood.com<br />

Fotos: Harlan Estate<br />

78 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Weingenuss<br />

zum<br />

Vini d’Italia 2018<br />

Vini d’Italia 2018<br />

(Ausg. 2018, S. 785)<br />

falstaff.de<br />

falstaff.de<br />

2018<br />

falstaff.de<br />

falstaff.de<br />

falstaff.de<br />

prämiert wurde Losnummer<br />

nd<br />

L18030<br />

(Jg. 2016)<br />

EDITION FRITZ KELLER<br />

2018 Weisser Burgunder<br />

Baden QbA<br />

Trockener Weißwein,<br />

0,75-l-Flasche, l-Preis 7,99<br />

5, 99<br />

R. PRÜM<br />

2018 Riesling Mosel QbA<br />

Trockener Weißwein,<br />

0,75-l-Flasche, l-Preis 5,32<br />

3, 99<br />

WEINGUT JOHANNES LEITZ<br />

2018 Riesling Rheingau<br />

QbA mit VDP-Siegel<br />

Trockener Weißwein,<br />

0,75-l-Flasche, l-Preis 9,32<br />

6, 99<br />

BARON PHILIPPE DE ROTHSCHILD<br />

2018 Cabernet Sauvignon<br />

Pays d‘Oc IGP<br />

Trockener Rotwein,<br />

0,75-l-Flasche, l-Preis 6,65<br />

4, 99<br />

FALESCO<br />

2016 Appunto<br />

Rosso Lazio IGP<br />

Trockener Rotwein,<br />

0,75-l-Flasche, l-Preis 6,12<br />

4, 59<br />

4597-<strong>2019</strong><br />

ALDI SÜD Dienstleistungs-GmbH & Co. oHG, Burgstraße 37, 45476 Mülheim.<br />

Firma und Anschrift unserer regional tätigen Unternehmen finden Sie auf aldi-sued.de unter „Infos“<br />

„Filialfinder“ oder mittels unserer kostenlosen automatisierten Service-Nummer 0 800/8 00 25 34.<br />

Unsere ALDI SÜD App –<br />

jetzt downloaden.<br />

aldi-sued.de


wein / WORLD CHAMPIONS<br />

BEST OF<br />

HARLAN ESTATE<br />

100<br />

100<br />

98<br />

2015 HARLAN ESTATE<br />

PROPRIETARY RED<br />

Tiefdunkles Rubingranat, opaker Kern,<br />

violette Reflexe, kaum Randaufhellung.<br />

Mit feinem Edelholztouch unterlegte<br />

schwarze Fruchtnuancen von<br />

Cassis und Brombeerkonfit, tabakige<br />

Nuancen, süße Gewürze des Südens,<br />

mineralisch, zart ätherisch unterlegter<br />

Nougat. Komplex, sehr saftig,<br />

extraktsüß, getragen von ausgereiften,<br />

präsenten Tanninen, finessenreich<br />

strukturiert, dadurch relativ leichtfüßig,<br />

süßer, lang anhaltender Abgang,<br />

Reifepotenzial für einige Dekaden.<br />

bacchus-vinothek.de, € 1495,–<br />

(Magnum € 3255,–)<br />

2013 BOND VECINA<br />

NORTH COAST, NAPA VALLEY<br />

Sehr dunkles Rubingranat, opaker<br />

Kern, violette Reflexe, zarte Randaufhellung.<br />

Nuancen von schwarzen<br />

Johannisbeeren, dunklen Waldbeeren<br />

und einem Hauch von Karamell-Kirschen,<br />

würzige Nuancen, etwas<br />

Velours. Stoffig, engmaschig, cremige<br />

extraktsüße Textur, sehr gut eingebundenen<br />

Tannine, angenehme Frische,<br />

sehr ausgewogen und trotz seiner<br />

Jugend bereits gut antrinkbar, überzeugende<br />

Länge und sicheres<br />

Zukunftspotenzial. Gut dekantiert ein<br />

toller Speisenbegleiter.<br />

sansibar.de, € 950,–<br />

1995 HARLAN ESTATE<br />

PROPRIETARY RED<br />

Kräftiges Rubingranat, violette Reflexe,<br />

dezenter Ockerrand. Reifes<br />

schwarzes Beerenkonfit, Lakritze,<br />

dunkle Mineralität, angenehme Edelholzwürze,<br />

kandierte Orangenzesten.<br />

Stoffig, samtig und elegant, dunkle<br />

Beerenfrucht, dezente Extraktsüße,<br />

mineralisch und gut facettiert, verfügt<br />

über eine große Frische und Eleganz<br />

sowie über enorme Länge, straff und<br />

jugendlich, weitere 20 Jahre vor dem<br />

Bug. Ein nahezu perfekter Wein, der<br />

nun eine überzeugende Trinkreife<br />

erreicht hat.<br />

wijnenweber.be, € 725,–<br />

100<br />

98<br />

95<br />

2002 HARLAN ESTATE<br />

PROPRIETARY RED<br />

Dunkles Rubingranat, fester Kern, zarter<br />

Ockerrand. In der Nase attraktive<br />

Cassisfrucht, schwarzes Beerenkonfit,<br />

dazu ein Hauch von eingelegten Oliven,<br />

Eukalyptusanklänge, attraktives Bukett<br />

mit Anklängen von Minze und Edelholz.<br />

Am Gaumen eine superelegante Textur,<br />

extraktsüßer Körper, seidige, tragende<br />

Tannine, perfekte Balance, hat eine erste<br />

Trink reife erreicht, bleibt minutenlang<br />

haften, wahres Gaumenkino.<br />

vinpark.eu, € 1304,–<br />

2003 HARLAN ESTATE<br />

PROPRIETARY RED<br />

Dunkles Rubingranat, tiefer Kern, violette<br />

Reflexe, dezente Randaufhellung.<br />

Zunächst etwas verhalten, reife schwarze<br />

Herzkirschen, Nuancen von Cassis,<br />

Röstaromen und Tabak, facettenreiches<br />

Bukett. Komplex, süß und saftig, reife<br />

Zwetschgen, präsentes Holz, mineralisch,<br />

kraftvoll, süße Gewürznunacen, ausgereifte<br />

Tannine, Anklänge von weißem<br />

Pfeffer, noch sehr, sehr jung, ein Wein mit<br />

gewaltiger Länge und Potenzial.<br />

arvi.ch, ca. € 1649,70 (Magnum)<br />

2013 HARLAN ESTATE<br />

THE MAIDEN<br />

Dunkles Rubingranat, tiefer Kern, violette<br />

Reflexe, dezente Randaufhellung.<br />

Gewürziges Bukett mit feinen Noten<br />

von Edelholz, reife schwarze Kirschen,<br />

tabakige Nuancen, zart nach Nougat<br />

und kandierten Orangen, ein dezenter<br />

blumiger Anklang. Nicht ganz so komplex<br />

wie der Grand Vin, aber sehr lebendig,<br />

engmaschig und zugänglich, der<br />

Merlotanteil in der Cuvée verleiht dem<br />

Wein eine ansprechende Geschmeidigkeit.<br />

ungerweine.de, € 345,–<br />

Fotos: suzanne@photodance.com<br />

80 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


VITE COLTE / promotion<br />

EIN<br />

GROSSARTIGER<br />

BARBERA<br />

Mit 2017 kommt der 30. Jahrgang eines ganz besonderen<br />

Barbera auf den Markt: »La Luna e i Falò«<br />

Barolo-Weine: einer aus Weingärten der<br />

Gemeinde Barolo, einer aus Serralunga und<br />

ein einer aus Lagen in Monforte. Der »Gavi<br />

di Gavi Masseria dei Carmelitani« ist ein<br />

rassiger Weißwein aus der lokalen Cortese-<br />

Traube. »La Bella Estate« ist ein aromatischer<br />

Gaumenschmeichler, für den Moscato-Trauben<br />

angetrocknet werden. Mit gut<br />

60 Hektar Produktionsfläche wichtigster<br />

Wein aber ist der »La Luna e i Falò Barbera<br />

Superiore DOCG«. Die Trauben stammen<br />

aus Lagen in den Gemeinden Nizza Monferrato,<br />

Mombaruzzo, Calamandrana, Agliano<br />

Terme und Rocchetta Tanaro. Nach der<br />

Vergärung im Stahltank kommt der Wein<br />

ein Jahr ins Holzfass und reift dann noch<br />

sechs Monate auf der Flasche. Ein großartiger<br />

Ausdruck des Piemont!<br />

Fotos: beigestellt<br />

Der Name bedeutet übersetzt so<br />

viel wie »Der Mond und die<br />

Feuer« und ist ein Schlüsselroman<br />

von Cesare Pavese, in<br />

dem dieser in eindringlicher Art das dörfliche<br />

Leben in den Hügeln des Piemont<br />

beschreibt. »La Luna e i Falò« ist auch der<br />

Name des Barbera d’Asti Superiore von<br />

Vite Colte. 1988 wurde davon der erste<br />

Jahrgang erzeugt. »Wir wollten einen<br />

besonderen Barbera schaffen, in dem die<br />

Weinberge um die Stadt Asti ihren höchsten<br />

Ausdruck finden. Dazu selektionierten wir<br />

die besten Lagen und arbeiteten intensiv<br />

mit unseren besten Weinbauern zusammen,«<br />

so Piero Quadrumolo, Präsident von<br />

Terre da Vino. Jahrgang für Jahrgang<br />

wuchs die Erfahrung, wurde das Lesegut<br />

noch genauer selektioniert und die Holzfässer<br />

akkurater ausgewählt. Das erlaubt es,<br />

jedes Jahr das Beste herauszuholen. Der<br />

»2017 La Luna e i Falò Barbera d’Asti<br />

Superiore DOCG«, der Ende dieses Jahres<br />

auf den Markt kommt, ist dafür eine wunderbare<br />

Bestätigung. In der Nase duftet er<br />

nach reifen, dunklen Kirschen und dezenten<br />

Kakao-Noten, am Gaumen zeigt er geschliffenes<br />

Tannin und viel saftige Frucht.<br />

VITE COLTE, EIN BETRIEB IM BETRIEB<br />

Terre da Vino ist einer der traditionsreichsten<br />

Betriebe im Piemont. 2010 startete das<br />

Projekt Vite Colte. Dafür wurden 300 Hektar<br />

in bester Lage ausgesucht, die 180 besten<br />

Weinbauern zu einer eigenen Qualitätsgruppe<br />

zusammengeführt und eine eigene<br />

Verarbeitungslinie geschaffen: gewissermaßen<br />

ein Betrieb im Betrieb. Verarbeitet werden<br />

die Trauben am Fuße des Cannubi-<br />

Hügels in Barolo.<br />

AUTHENTISCHE WEINE<br />

Vite Colte ist ein ehrgeiziges Projekt. Die<br />

Produktion folgt vier Grundsätzen: Respekt<br />

vor der Umwelt; möglichst naturnahes<br />

Arbeiten in Weinberg und Keller; Besinnung<br />

auf die Tradition; größtmögliche Harmonie.<br />

Die Spitze bilden drei, »Essenze« genannte<br />

INFO<br />

Vite Colte<br />

Via Bergesia 6<br />

12060 Barolo<br />

vitecolte.it<br />

sep–okt <strong>2019</strong> falstaff<br />

81


spirits / PREMIUM-WEINBRAND<br />

Der berühmteste Prestige-<br />

Cognac Frankreichs: Mit<br />

dem »Louis XIII« hat Rémy<br />

Martin ein weltberühmtes<br />

Luxusprodukt auf den<br />

Markt gebracht.<br />

Fotos: beigestellt<br />

82 falstaff sep–okt <strong>2019</strong><br />

Fotos: beigestellt


BEST OF COGNAC & CO.<br />

SEELEN-<br />

BALSAM<br />

DE LUXE<br />

Sie sind teuer, edel und nichts für alle Tage: die<br />

Premium-Produkte der berühmtesten Cognac-Hersteller<br />

Frankreichs. Aber auch andere Weinbrand-Produzenten<br />

haben Luxus-Abfüllungen im Programm. Eine Auswahl.<br />

TEXT HERBERT HACKER<br />

Fotos: beigestellt<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

83


spirits / PREMIUM-WEINBRAND<br />

Schauraum von Rémy Martin: Mit dem Spitzenprodukt »Louis XIII« hat Rémy Martin eine Hommage<br />

an den französischen Monarchen Louis XIII. geschaffen.<br />

»Hennessy Paradis«: Prestige-Cognac von<br />

Hennessy – ein Stück vom Paradies.<br />

E<br />

s ist dunkel in der Halle.<br />

Thierry Arnold knipst das<br />

Licht an. Doch es ist noch<br />

immer ziemlich finster. Die<br />

wenigen Lampen erzeugen<br />

bestenfalls schummriges Licht. Zu sehen<br />

sind alte Holzfässer in mehreren Reihen.<br />

»Wir lassen hier nur selten Leute herein«,<br />

sagt Arnold. Der Franzose ist International<br />

Ambassador von Rémy Martin, zusammen<br />

mit Hennessy die wohl berühmteste Cognac-Marke<br />

Frankreichs.<br />

Die Lagerhalle befindet sich rund fünf<br />

Kilometer außerhalb der kleinen Stadt<br />

Cognac im Département Charente, nördlich<br />

von Bordeaux. Es ist einer von 29 Kellern,<br />

in denen insgesamt 150.000 Fässer lagern.<br />

»Das hier ist die Schatzkammer von Rémy<br />

Martin«, sagt Arnold, »denn hier befinden<br />

sich die Fässer und der Cognac für unser<br />

Prestige-Produkt, den ›Rémy Martin<br />

Louis XIII‹.«<br />

Rémy Martin erzeugt Cognac in den verschiedensten<br />

Qualitäten. Der »Louis XIII«<br />

aber ist das Spitzenprodukt, ein Cognac der<br />

Superlative, dafür zahlen die Kunden zwischen<br />

2000 und 3000 Euro pro Flasche.<br />

Solche Premium-Produkte haben fast alle<br />

großen und bekannten Cognac-Marken im<br />

Programm. Aber auch andere Weinbrand-<br />

Hersteller wie etwa Metaxa in Griechenland<br />

oder Asbach in <strong>Deutschland</strong> krönen<br />

ihr Portfolio mit teuren High-End-Produkten<br />

(siehe Seite 78).<br />

Unter den französischen Spitzen-Cognacs<br />

ist der »Louis XIII« von Rémy Martin<br />

wohl der bekannteste. Es gibt zwar bei<br />

Rémy Martin noch limitierte und noch<br />

teurere Sondereditionen wie den »Louis<br />

XIII Black Pearl« und den »Rare Cask«,<br />

doch die sind nur schwer erhältlich, wohl<br />

auch wegen ihrer astronomischen Preise.<br />

PARADEPRODUKT LOUIS XIII<br />

Doch auch die »normale« Version flößt<br />

allein schon durch ihre Geschichte Ehrfurcht<br />

ein. Der Cognac ist eine Hommage<br />

an den als Ludwig den Gerechten in die<br />

Geschichte eingegangenen Monarchen<br />

Louis XIII., Vater des Sonnenkönigs Ludwig<br />

XIV. Der Ursprung dieses Ausnahmecognacs<br />

geht auf das Jahr 1874 zurück,<br />

damals soll Paul-Emile Rémy Martin, der<br />

Sohn des Firmengründers, begonnen haben,<br />

sehr alte Destillate – genannt Eaux de vie –<br />

in einem einzigen Dekanter zu vermählen.<br />

Der Dekanter war eine exakte Replik einer<br />

lilienverzierten Metallflasche, die im 16.<br />

Jahrhundert auf dem Schlachtfeld von Jarnac<br />

verloren ging und erst 300 Jahre später<br />

wiederauftauchte. Die Eaux de vie, die für<br />

den »Louis XIII« verwendet werden, sind<br />

zwischen 40 und 100 Jahre gereift, alle produziert<br />

aus den Böden der Grande Champagne,<br />

dem wertvollsten Anbaugebiet der<br />

Cognac-Region.<br />

Der größte Cognac-Produzent, mit<br />

250 Jahre alter Geschichte, ist Hennessy.<br />

Mehr als 1600 Weinbauern liefern ihre<br />

Fotos: Remy Martin/Aline Aubert, beigestellt<br />

84 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Eaux de vie an den Cognac-Giganten, und<br />

natürlich hat auch Hennessy mit dem<br />

»Paradis Imperial« und dem »Hennessy<br />

Paradis« zwei absolute Spitzenprodukte im<br />

Sortiment. Bis zu 100 außergewöhnliche<br />

Eaux de vie werden dafür verwendet, teilweise<br />

bis zu 200 Jahre gereifte Destillate.<br />

Der Produzent Martell wiederum hat sich<br />

bei seinem Premium-Produkt auf einen<br />

Cognac spezialisiert, der besonders für<br />

Zigarrenraucher geeignet ist. Mit dem<br />

»Martell Cohiba Grande Champagne« hat<br />

das Unternehmen einen bernsteingoldenen<br />

Weinbrand geschaffen, in den immerhin<br />

300 Jahre Erfahrung einfließen. Die Eaux<br />

de vie dafür, allesamt aus der Grande<br />

Champagne, reifen in den Eichenfässern<br />

40 bis 50 Jahre lang.<br />

Der Hersteller Courvoisier nennt seinen<br />

Super-Premium-Cognac mit feinsten Weinbränden<br />

der letzten 200 Jahre »L’Essence<br />

de Courvoisier«. Auch dieser Cognac wird<br />

aus den besten gereiften Eaux de vie hergestellt,<br />

von denen einige aus dem frühen<br />

19. Jahrhundert stammen.<br />

Der luxuriöse Inhalt spiegelt sich auch in<br />

der Optik der Flasche wider – der handgeschliffene<br />

Kristallverschluss ist in der<br />

Anmutung den Siegelringen der Napoleon-<br />

Zeit nachempfunden, mit denen damals<br />

verdiente Heerführer ausgezeichnet wurden.<br />

Auch die Flasche selbst wurde in<br />

Handarbeit hergestellt.<br />

Super-Premium-Cognac »L’Essence de Courvoisier«:<br />

Einige der Eaux de vie stammen aus dem<br />

frühen 19. Jahrhundert.<br />

EXTRA DARK & INTENSE<br />

Gegründet 1863, ist Camus das größte noch<br />

in Familienbesitz befindliche Cognac-Haus.<br />

15 Jahre nach der Veröffentlichung des<br />

Prestige-Cognac »Extra Elegance« kam der<br />

»Camus Extra Dark & Intense« auf den<br />

Markt. Nach einer Idee des Inhabers Cyril<br />

Camus begann Kellermeister Patrick Léger,<br />

die besten Fässer für einen besonderen Reifeprozess<br />

auszuwählen. Die ausgewählten<br />

Fässer wurden entleert und erneut ausgebrannt,<br />

Fass für Fass. Nach einem speziellen<br />

Finishing wurde das Ergebnis »Dark &<br />

Intense« genannt.<br />

Der elegante Monsieur präsentiert sich<br />

wie alle anderen Prestige- und Premium-<br />

Cognacs in einer eleganten und luxuriösen<br />

Extra-Präsentbox. Nicht ohne Grund: Denn<br />

bei diesen Preisen ist auch die Verpackung<br />

nicht ganz unwichtig.<br />

><br />

Camus »Extra Dark<br />

& Intense«: Ein<br />

spezielles Finishing<br />

ergibt einen ganz<br />

außergewöhnlichen<br />

Cognac.<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

85


spirits / PREMIUM-WEINBRAND<br />

PRESTIGE-WEINBRAND<br />

Auch Edelbrand-Erzeuger wie Metaxa oder Asbach haben Luxus-Editionen in ihrem Sortiment.<br />

Und diese sind von einer Qualität, die selbst verwöhnte Cognac-Genießer in Staunen versetzen.<br />

Die »Metaxa Private Reserve« zählt zu den Premium-Produkten des<br />

griechischen Spirituosenherstellers. Es ist die erste Eigenkreation von<br />

Metaxa-Master Costas Raptis.<br />

M<br />

an muss nicht unbedingt in<br />

Griechenland gewesen sein,<br />

um ihn zu kennen: den Metaxa,<br />

die griechische Antwort auf Frankreichs<br />

Cognac. Das Haus Metaxa wurde 1888<br />

von Spyros Metaxa gegründet, seither<br />

wird diese weltberühmte Spirituose in<br />

Griechenland erzeugt – eine perfekte<br />

Mischung aus fassgereiften Destillaten<br />

und edlen Muskatellerweinen von den<br />

ägäischen Inseln.<br />

Seit 1992 wird neben den gängigen<br />

Qualitäten auch eine »Metaxa Private<br />

Reserve« erzeugt. Es war die erste Eigenkreation<br />

von Metaxa-Master Costas Raptis,<br />

als er zum fünften Kellermeister des<br />

Hauses ernannt wurde. Die »Metaxa Private<br />

Reserve« wird jedes Jahr aus nur<br />

einem einzigen Fass in einer streng limitierten<br />

Anzahl in ganz besondere Dekanter<br />

abgefüllt. Jeder Dekanter ist nummeriert<br />

und von Costas Raptis signiert.<br />

Die zweitbeste Qualität des Hauses ist<br />

»Angels’ Treasure«, eine über Dekaden<br />

gereifte Spirituose und eine Mischung<br />

aus Destillaten, die vom Kellermeister<br />

mit größter Sorgfalt ausgesucht werden.<br />

GOETHE VON ASBACH<br />

Zu Ehren des Dichters Johann Wolfgang von Goethe wurde bei Asbach eine eigene Edition<br />

kreiert. Ein Spezialbrand aus dem Jahrgangsweißwein von 1951.<br />

Auch im Ultrapremium-Segment des<br />

deutschen Weinbrand-Herstellers Asbach<br />

in Rüdesheim findet sich ein außergewöhnliches<br />

Top-Produkt: die »Johann<br />

Wolfgang von Goethe Vintage Reserve<br />

1952«. Danach folgen der Freiheitsbrand<br />

von 1989 und der Jahrgangsbrand 1972<br />

sowie die 21 Jahre gereifte Asbach Selection<br />

und der 15 Jahre gereifte Asbach<br />

Spezialbrand. Für die hochwertige und<br />

ausgesprochen rare Goethe-Abfüllung<br />

wurde ein sorgfältig ausgewählter Jahrgangsweißwein<br />

aus dem Jahr 1951 verarbeitet.<br />

Am 31. Juli 1952 wurde der Edelbrand<br />

von Brennmeister Oswald Rösel<br />

destilliert.<br />

Fotos: Metaxa, beigestellt<br />

86 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


spirits / PREMIUM-WEINBRAND<br />

BEST OF<br />

COGNAC & WEINBRAND<br />

100<br />

98<br />

96<br />

LOUIS XIII<br />

Ein unendlich vielschichtiger<br />

Duft, der filigrane<br />

Fruchtnuancen, feinste<br />

Anklänge an Vanilleschoten<br />

und blumigen Honig enthält.<br />

Die Struktur am Gaumen<br />

ist eng verwoben und<br />

samtig mit ebenso tiefgründigen<br />

Abstufungen. Eleganter<br />

Pfeifentabak gibt einen<br />

leicht trockenen Abgang.<br />

tesdorpf.de<br />

€ 2550,–<br />

HENNESSY<br />

PARADIS<br />

Betörende florale und<br />

fruchtig-würzige Noten.<br />

Weich und wohlgerundet,<br />

dabei eine dichte Textur<br />

mit filigranen Jasminnoten,<br />

Trüffel, Honig, roten<br />

Beeren, delikaten Tanninen<br />

und einem Hauch Eiche.<br />

Langer und blumiger<br />

Nachklang.<br />

feinkost-kaefer.de<br />

€ 1190,–<br />

ASBACH GOETHE,<br />

VINTAGE RESERVE 1952<br />

Würzige Noten verbinden<br />

sich mit reifen, weinigen<br />

Noten, feine Eichenholz-<br />

Note. Reife Weinigkeit<br />

mit Noten von Walnüssen<br />

und fruchtigen<br />

Noten von Pflaumen,<br />

perfekt eingebundene<br />

Eichenholz-<br />

Note.<br />

asbach.de<br />

€ 1990,–<br />

99<br />

96<br />

92<br />

L’ESSENCE<br />

DE COURVOISIER<br />

In der blütigen Grundstilistik<br />

finden sich Anklänge an<br />

edlen, gereiften Wein, gepaart<br />

mit nussigen Schokoladen-<br />

und Honignoten.<br />

Das Mundgefühl ist sehr<br />

charaktervoll mit leichten<br />

Eindrücken von Minze,<br />

Sandelholz und Tabak.<br />

Bleibt sehr lange und<br />

angenehm im Nachklang.<br />

weisshaus.de, € 1599,90<br />

MARTELL COHIBA<br />

Dufterlebnis von Mandeln,<br />

Haselnüssen und edlen<br />

Noten von Eichenholz, mit<br />

einem süßen Hauch von<br />

Honig und Vanille. Gute<br />

Balance zwischen samtiger,<br />

anschmiegsamer Milde<br />

und kraftvoller, körperreicher<br />

Frische. Sehr voluminös<br />

und lang anhaltend<br />

im Abgang.<br />

uvinum.de<br />

€ 462,90<br />

METAXA ANGELS’<br />

TREASURE<br />

Ein Bukett von großer aromatischer<br />

Intensität und<br />

ein Duft von süßem Parfum.<br />

Es finden sich Schalen<br />

von Bitterorange, Trockenfrüchten<br />

wie<br />

Zwetschge und Aprikose,<br />

süße Gewürze wie Zimt,<br />

Muskat, Nelke, Schokolade.<br />

Im Mund samtig weich,<br />

warm und komplex.<br />

bolou.de, € 148,99<br />

99<br />

96<br />

91<br />

HENNESSY<br />

PARADIS IMPÉRIAL<br />

Vielseitige Eleganz im<br />

Duftbild mit Erinnerungen<br />

an frische Sevilla-Orangen,<br />

Noisette und feine, blütigpfeffrige<br />

Gewürze. Im<br />

Mund überrascht die feste,<br />

zart rauchige Struktur, die<br />

floral umspielt in einem<br />

unglaublich langen Finish<br />

zur Vollendung kommt.<br />

bottleworld.de<br />

€ 2500,99<br />

CAMUS EXTRA<br />

DARK & INTENSE<br />

Tiefe Vielfalt dunkler<br />

Beeren, süßlicher Pfeifentabak,<br />

Buttercreme<br />

und Sandelholz im dichten<br />

Duftbild. Am Gaumen<br />

zugleich mild und engmaschig<br />

mit Waldbeerenkonfit<br />

und feinherber<br />

Schokolade. Feingliedriges,<br />

langes Finish.<br />

vranken-pommery-shop.de<br />

€ 354,99<br />

METAXA PRIVAT<br />

RESERVE<br />

Dunkles Bernsteingelb mit<br />

honigfarbenen Reflexionen.<br />

Getrocknete Blumen mit<br />

Eichennoten. Komplex und<br />

großzügig. Am Gaumen<br />

sanfte Eiche, getrocknete<br />

Feigen, Rosinen, Tabak und<br />

Orangenschalen. Langer<br />

Nachgeschmack nach<br />

getrockneten Früchten.<br />

weisshaus.de<br />

€ 59,90<br />

Fotos: beigestellt<br />

88 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


BERTANI / promotion<br />

Die Trauben für den neuen<br />

Catullo stammen aus den<br />

gleichen Weingärten wie jene<br />

für den Amarone Classico.<br />

CATULLO<br />

RIPASSO<br />

Die Klassik des Bertani-Stils: Catullo Ripasso<br />

Fotos: beigestellt<br />

Mit Gründungsjahr 1857 zählt<br />

Bertani zu den traditionsreichsten<br />

Weinbaubetrieben<br />

Italiens. Der Amarone Classico<br />

ist unverwechselbarer und authentischer<br />

Ausdruck des Valpolicella und dieser<br />

Tradition. Nun kommt Bertani mit einem<br />

neuen Wein auf den Markt, dem Catullo<br />

Valpolicella Ripasso Classico Superiore<br />

DOC. Die Trauben für den Catullo stammen<br />

aus den gleichen Weingärten wie jene<br />

für den Amarone Classico, den höchsten<br />

Lagen von Tenuta Novare im Valpolicella<br />

Classico. Catullo entsteht ausschließlich<br />

aus autochthonen Traubensorten des Valpolicella,<br />

Corvina, Corvinone und Rondinella.<br />

Vom Catullo gibt es nur so viele Flaschen<br />

wie vom Amarone Classico Bertani.<br />

Nach der ersten Vergärung wird er im<br />

Frühjahr ein zweites Mal auf den noch<br />

leicht süßen Schalen des Amarone Classico<br />

Bertani vergoren – wie die Tradition<br />

es will. Diese Methode stellt sicher, dass<br />

der Alkoholgrad nicht zu hoch wird und<br />

kombiniert die frische Frucht des Valpolicella<br />

mit der aromatischen Fülle des Amarone.<br />

So entsteht ein ausdrucksvoller Wein,<br />

der Gebietstypizität, Eleganz und feinen<br />

Trinkfluss in sich vereint. Ein Wein, der<br />

sich hervorragend als Begleiter zu vielen<br />

Gerichten eignet. Der Catullo Valpolicella<br />

Ripasso Classico Superiore DOC ist ein<br />

neuer Klassiker aus dem Haus Bertani.<br />

Die Casa Vinicola Bertani wurde 1857<br />

in Quinto di Valpantena bei Verona von<br />

Giovan Battista und Gaetano Bertani<br />

gegründet und ist heute Teil von Bertani<br />

Domains, unter deren Dach mehrere Spitzenweingüter<br />

aus ganz Italien vereint sind.<br />

INFO<br />

Bertani<br />

Via Asiago 1<br />

37023 Grezzana, Venetien<br />

bertani.net<br />

sep–okt <strong>2019</strong> falstaff<br />

89


Chefredakteur<br />

PHILIPP<br />

ELSBROCK<br />

GOURMET<br />

SCHOKOLADE SCHWERELOS<br />

KEKSE AUS<br />

DEM WELTALL<br />

Ein kleiner (Verarbeitungs-)Schritt für<br />

einen Keks, aber ein großer Schritt<br />

für die Kulinarik – so lässt sich zusammenfassen,<br />

was die amerikanische Hotelkette<br />

»Hilton« zusammen mit zwei Partnerunternehmen<br />

plant. Zum ersten Mal<br />

überhaupt soll in der Schwerelosigkeit des<br />

Weltalls etwas gebacken werden, genauer<br />

gesagt der berühmte Schokoladen-Cookie.<br />

Dafür wurde ein speziell entwickelter Ofen<br />

gebaut, der zusammen mit dem Keksteig<br />

noch in diesem Jahr zur Internationalen<br />

Weltraumstation (ISS) geflogen werden soll.<br />

Das Plätzchen-Programm ist Teil einer umfassenden<br />

Initiative zur Erforschung von<br />

Langzeitaufenthalten im All, denn die Pläne<br />

für groß angelegten Weltraumtourimus werden<br />

immer konkreter.<br />

hilton.com<br />

»ASTREIN«: ERIC WERNER ERÖFFNET IN KÖLN<br />

Ob er das Kochen vermisst habe? »Total!«,<br />

sagt Eric Werner und lacht. Der einst jüngste<br />

Zwei-Sterne-Koch <strong>Deutschland</strong>s musste<br />

für ein gutes Jahr eine Zwangspause am<br />

Herd einlegen, sein früherer Arbeitsplatz,<br />

das von Kritik und Gästen gelobte »Himmel<br />

un Äd« in Köln, schloss im Mai 2018<br />

überraschend, weil die Hotelleitung andere<br />

Pläne für die Räume hatte. An seiner neuen<br />

Station kann Werner, 33, das nicht mehr<br />

passieren – er ist nun sein eigener Chef.<br />

Das Restaurant »Astrein« eröffnete im<br />

August in der Kölner Innenstadt und bietet<br />

zwei verschiedene Menüs, eines mit Fleisch<br />

und eines vegetarisch. Eine verkleinerte<br />

Version ist, preislich angepasst, für<br />

Mittagsgäste gedacht. Die einzelnen Gänge<br />

werden nicht allzu lange auf der Karte<br />

stehen, denn er wolle keine »Unterschriftsgerichte«,<br />

wie Werner Signature Dishes<br />

spöttisch nennt. Die ersten Teller klingen<br />

schon wieder wie typische Werner-Ideen,<br />

ambitioniert, aber unprätentiös. So erwartet<br />

die Gäste etwa ein gebeizter Heilbutt<br />

mit grünen Früchten und Gemüse,<br />

Ingwerschaum und Auster (Foto).<br />

Dazu kann man aus diversen Weinen<br />

wählen – es darf aber auch einfach<br />

ein Kölsch sein.<br />

astrein-restaurant.de<br />

90 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


NOTIZEN<br />

PISTAZIENTRÄUME, SÜSS UND SALZIG<br />

September ist Pistazienzeit,<br />

in diesen Wochen<br />

werden die grünen Nüsse<br />

geerntet. Die besten Qualitäten<br />

stammen aus<br />

Bronte, Sizilien, und von<br />

dort kommen auch zwei<br />

Gourmetprodukte von<br />

Sciara: Das Pistazienpesto<br />

gibt man über die Pasta,<br />

dazu Parmesan – buonissimo!<br />

Für Eis oder als<br />

Kuchenfüllung eignet<br />

sich die Crema (Foto).<br />

sciarashop.com<br />

WETTKOCHEN UM DEN JOB<br />

Kochduelle gibt es viele, in diesem ging<br />

es um mehr als nur Ehre: Das Hamburger<br />

Lifestyle-Hotel »Empire Riverside«<br />

(Foto) suchte einen Koch und lud Bewerber<br />

zum Wettkochen ein. 30 Minuten<br />

hatten die Bewerber Zeit, Preis: ein<br />

Arbeitsvertrag. Der Sieger stand zu<br />

Redaktionsschluss noch nicht fest.<br />

empire-riverside.de<br />

Fotos: Sonja Ahme, fabrice coffrini/AFP/picturedesk.com, AugenblickTV GbR, Shutterstock, beigestellt<br />

Schon lange beschäftigt sich die<br />

Forschung damit, wie Lebensmittel<br />

auf Beschallung mit Mu -<br />

sik reagieren. Manche Winzer<br />

schwören auf Klassik für besse -<br />

re Ergebnisse, für Emmentaler<br />

Käse steht nun fest: Hiphop<br />

macht den Käse süßer. Ein<br />

Schweizer (was sonst) Forschungsteam<br />

beschallte acht<br />

Käselaibe mit Titeln aus diversen<br />

Genres, nach sechseinhalb Monaten<br />

stand das Ergebnis fest.<br />

cheeseinsound.ch<br />

KAFFEE-TREND<br />

HORCHATA<br />

HIPHOP MACHT DEN KÄSE SÜSSER<br />

Ein neuer Kaffeetrend infiziert gerade Koffeinjunkies:<br />

Horchata, ein cremiger Drink<br />

aus Lateinamerika auf Basis von Reis und<br />

Zimt. Mit einem Schuss Cold-Brew-Kaffee<br />

aufgeladen, wird Horchata zum idealen<br />

Start in den Morgen. Noch nicht probiert?<br />

Der 1. Oktober wäre eine gute Gelegenheit:<br />

Da ist nämlich Tag des Kaffees.<br />

TRINKGELD-REGELUNG AUF<br />

KREUZFAHRTSCHIFFEN HINFÄLLIG<br />

Kreuzfahrt-Fans kennen das leidige Thema<br />

Trinkgeld: Häufig buchen Veranstalter<br />

einen Pauschalbetrag vom Bordkonto<br />

ab, die sogenannte Trinkgeld-Klausel.<br />

Diese Praxis ist verboten, entschied nun<br />

das Oberlandesgericht Koblenz – Passagiere<br />

müssen vorher gefragt werden und<br />

ausdrücklich zustimmen.<br />

vzbw.de<br />

TOPF SECRET UNTER BESCHUSS<br />

Das Online-Portal Topf Secret regt deutsche<br />

Gastronomen auf – viele Klagen<br />

laufen gegen das Onlineportal, über das<br />

jeder Hygiene-Berichte aus Restaurants,<br />

Bäckereien und anderen Lebensmittelbetrieben<br />

anfragen und einsehen darf.<br />

Ernährungsministerin Julia Klöckner<br />

begrüßt das Portal allerdings.<br />

topf-secret.foodwatch.de<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

91


cover / REZEPTE<br />

FERN<br />

KÖSTLICH<br />

Exotische Gewürze, aufregende Kompositionen: Auch<br />

wenn sich die Küche Asiens schon länger großer<br />

Beliebtheit erfreut, gibt es doch noch wahnsinnig viel<br />

Neues aus den fernöstlichen Ländern zu entdecken –<br />

Highlights der asiatischen Spitzenküche, gekocht<br />

von den Besten der Besten.<br />

FOTOS KONRAD LIMBECK<br />

KONZEPT & PRODUKTION THOMAS HOPFERWIESER<br />

FOODSTYLIST BENJAMIN WILKE<br />

PORZELLAN LEDERLEITNER<br />

92 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


<strong>Falstaff</strong> Rezept-Newsletter<br />

Rezeptideen kostenlos<br />

via E-Mail erhalten<br />

falstaff.com/rezept-newsletter<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

93


cover / REZEPTE<br />

94 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


THAILAND<br />

SOUS-VIDE-SPANFERKEL<br />

(FÜR 8 PERSONEN)<br />

ZUTATEN FÜR DIE SPANFERKELSOLE<br />

50 g grüner Kardamom<br />

50 g Koriandersamen<br />

4 l Wasser<br />

350 g Meersalz<br />

ZUBEREITUNG<br />

– Die Gewürze leicht anrösten und anschließend<br />

mit Wasser und Salz mischen.<br />

– Im Kühlschrank kalt stellen.<br />

ZUTATEN FÜR DAS SPANFERKEL<br />

1 Spanferkel<br />

Spanferkelsole<br />

70 g Chilipulver<br />

20 g Kardamompulver<br />

40 g schwarzes Salz<br />

50 g Knoblauchpaste<br />

ZUBEREITUNG<br />

– Das Spanferkel mindestens 24 Stunden lang in<br />

die vorbereitete Salzlösung tauchen. Danach<br />

mit eiskaltem Wasser abspülen und mit einem<br />

Handtuch trocknen.<br />

– Anschließend alle Gewürze mischen und<br />

gleichmäßig über das Schwein reiben.<br />

– Im Vakuumbeutel verschließen und unter<br />

Vakuum 24 Stunden bei 65 °C (Sous-vide)<br />

garen lassen.<br />

– Danach bei Raumtemperatur abkühlen lassen.<br />

– Das Schwein dann auf den Bauch legen und<br />

gleichmäßig mit Gewichten beschweren, um es<br />

flachzudrücken. Über Nacht im Kühlschrank<br />

stehen lassen.<br />

ZUTATEN FÜR DIE VINDALOO-SAUCE<br />

100 g Chilipaste<br />

50 g Knoblauchpaste<br />

50 g Ingwerpaste<br />

50 g Essig<br />

etwas Schlagsahne, nach Bedarf<br />

etwas Zucker, Salz<br />

ZUBEREITUNG<br />

– Chili-, Knoblauch-, und Ingwerpaste mit dem<br />

Essig in einen Topf geben und um die Hälfte<br />

reduzieren lassen.<br />

– Bei Bedarf mit etwas Schlagsahne verfeinern,<br />

um eine cremigere Sauce zu erhalten. Mit Zucker<br />

und Salz abschmecken.<br />

ANRICHTEN<br />

– Den Backofen auf 180 °C vorheizen und das<br />

Schwein in etwa 7 x 7 cm große Stücke<br />

portionieren.<br />

– Die Fleischstücke in einer Pfanne auf die Hautseite<br />

legen und bei niedriger Hitze braun anbraten.<br />

– Die Fleischstücke anschließend 5 Minuten in den<br />

Ofen geben.<br />

– Die Vindaloo-Sauce erhitzen und mit dem Schwein<br />

servieren.<br />

FALSTAFF-WEINEMPFEHLUNG<br />

2012 Vinha Barrosa Vinha Velha Bairrada<br />

Tinto, Luis Pato<br />

Der elegante Portugiese aus der Baga-Traube<br />

und das zarte, würzige Spanferkel bilden eine<br />

klassische Kombination.<br />

weineausportugal.berlin, € 29,50<br />

Fotos: MAL FAIRCLUOGH/AFP/picturedesk.com<br />

Rezept von Gaggan Anand<br />

»Gaggan«, Bangkok, Thailand<br />

Aufgewachsen in Kalkutta, lernte Gaggan Anand an<br />

einer Hotelfachschule in Indien, arbeitete danach in<br />

Hotels und im Cateringbusiness, um sich mit<br />

27 Jahren in Bangkok ein neues Leben aufzubauen<br />

– mit sensationellem Erfolg: Im Dezember 2010<br />

eröffnete Anand das »Gaggan« und wurde damit<br />

wiederholt auf die Liste der 50 besten Restaurants<br />

der Welt gesetzt. 2014 belegte es den 17. Platz in<br />

der globalen Rangliste. In den Jahren 2015 bis 2018<br />

wurde das »Gaggan« jeweils als bestes Restaurant<br />

Asiens ausgezeichnet. Wegen Differenzen mit seinen<br />

Geschäftspartnern zog sich Anand im Sommer <strong>2019</strong> als<br />

Koch vorübergehend zurück, bleibt aber Teilhaber.<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

95


cover / REZEPTE<br />

JAPAN<br />

SUKIYAKI-DONBURI | RINDFLEISCH |<br />

TOFU | PILZE | CHINAKOHL<br />

(FÜR 4 PERSONEN)<br />

ZUTATEN FÜR DEN REIS<br />

300 g japanischer Reis<br />

ZUBEREITUNG<br />

– Am besten gelingt der japanische Reis in einem<br />

elektrischen Reiskocher. Das Verhältnis von<br />

Reis zu Wasser sollte in etwa 1:1,3 betragen.<br />

Je frischer der Reis, desto weniger Wasser wird<br />

benötigt.<br />

ZUTATEN FÜR DAS ONSEN-TAMAGO-EI<br />

4 Eier<br />

ZUBEREITUNG<br />

– Die Eier pochieren. Das Eigelb sollte dabei<br />

durchwegs flüssig bleiben.<br />

– Tipp: Bei der japanischen Zubereitung »Onsen-<br />

Tamago« werden die Eier 90 Minuten lang bei<br />

60 °C im Dampfgarer gegart.<br />

ZUTATEN FÜR DEN SUKIYAKI-FOND<br />

250 ml Mirin<br />

70 ml Sake<br />

100 ml Sojasauce<br />

100 ml Wasser<br />

1 Kombu-Blatt<br />

ZUBEREITUNG<br />

– Mirin, Sake, Sojasauce und Wasser vermischen<br />

und das Kombu-Blatt 10 Minuten lang darin<br />

köcheln lassen.<br />

– Das Blatt anschließend wieder aus dem<br />

Fond nehmen.<br />

ZUTATEN FÜR DAS RINDFLEISCH MIT GEMÜSE<br />

480 g Rib-Eye-Steak (alternativ Rostbraten)<br />

1 Stange Lauch<br />

4 Jungzwiebeln<br />

2 Pak Choi<br />

1 kleiner Chinakohl<br />

4 große Shiitake-Pilze<br />

Tofu, nach Belieben<br />

Kräuter zum Garnieren, nach Belieben (z. B. Kresse)<br />

ZUBEREITUNG<br />

– Das Rindfleisch kurz anfrieren und in sehr feine<br />

Scheiben schneiden.<br />

– Gemüse, Pilze und Tofu in ca. 2 cm dicke Würfel<br />

schneiden. Das Gemüse und den Tofu circa<br />

5 Minuten lang köcheln.<br />

ANRICHTEN<br />

– Den heißen Reis in eine Schüssel geben und das<br />

Gemüse, den Tofu und die Pilze darauflegen.<br />

– Das Fleisch rund 30 Sekunden lang im Fond<br />

ziehen lassen und anschließend über dem<br />

Gemüse drapieren.<br />

– Das Ei daraufsetzen, alles mit etwas Fond<br />

übergießen. Die Schüssel mit Kräutern garnieren.<br />

FALSTAFF-WEINEMPFEHLUNG<br />

2016 Cornas, Domaine Guillaume Gilles,<br />

Das Rindfleisch verlangt Rotwein – die Betonung<br />

des Umami-Faktors im Rezept legt nahe, einen<br />

molligen und aromatischen Roten zu wählen, der<br />

dieser Würze standhält.<br />

wein-kreis.de, € 47,10<br />

Rezept von Alois Traint<br />

»Shiki«, Wien, Österreich<br />

Alois Traint bricht mit dem weit verbreiteten Vorurteil,<br />

dass sich Japans Küche nur auf Sushi, Tempura und<br />

Nudelsuppen beschränke. Tatsächlich werden im<br />

japanischen Fine-Dining-Restaurant »Shiki« Speisen<br />

serviert, die das Beste aus der japanischen und<br />

europäischen Kultur vereinen. Im März 2018 wurde<br />

dem Chef de Cuisine und seinem Team der erste<br />

Michelin-Stern verliehen.<br />

96 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Fotos: Andreas Riedmann<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

97


cover / REZEPTE<br />

98 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


KOREA<br />

ZUCCHINI »SEON« |<br />

KAROTTEN-BRIOCHE | GETROCKNETER<br />

ANCHOVIS-SUD<br />

(FÜR 4 PERSONEN)<br />

ZUTATEN FÜR ZUCCHINI »SEON«<br />

3 grüne Zucchini (Enden gerade abgeschnitten)<br />

2 gelbe Zucchini<br />

50 g französische Salzbutter<br />

25 g Fond aus getrockneten Anchovis<br />

25 g Venusmuschelfond<br />

3 g Salz<br />

3 g Zucker<br />

3 g getrocknete, gesalzene Shrimps<br />

1 g koreanische Yeondu-Sojasauce<br />

ZUBEREITUNG<br />

– Die grünen Zucchini gerade abschneiden und<br />

ungeschält längs in 1,5 mm dünne Streifen<br />

schneiden.<br />

– Die gelben Zucchinistreifen längs halbieren und je<br />

einen kleinen Streifen der Kerne herausschneiden.<br />

– Jeweils 6 grüne Zucchinistreifen und 10 gelbe<br />

Zucchinistreifen abwechselnd zu einem Stapel<br />

schichten. Dabei mit einem grünen Zucchinistreifen<br />

beginnen, darauf je 2 Streifen gelbe Zucchinistreifen<br />

legen, sodass die langen Seitenränder<br />

genau aufeinanderliegen. Insgesamt 2 Stapel mit<br />

abwechselnd grünen und gelben Zucchinistreifen<br />

anrichten und die kurzen Seitenränder gerade<br />

abschneiden.<br />

– Für den Butterfond Salzbutter, Anchovis- und<br />

Venusmuschelfond, Salz, Zucker, Shrimps und<br />

Yeondu-Sojasauce vermengen und erhitzen. Sobald<br />

die Butter geschmolzen ist, alles mit dem<br />

Stabmixer zu einer Emulsion aufmixen.<br />

– Die vorbereiteten Zucchinistapel nebeneinander<br />

in einen Vakuumierbeutel legen, 60 g Butterfond<br />

zugeben und vakuumieren.<br />

– Diese Zucchiniterrinen im heißen Wasserbad bei<br />

konstant 80 °C 30 Minuten garen. Vor dem Anrichten<br />

längs halbieren, akkurat zuschneiden und<br />

jeweils mit der Schalenseite nach oben zu einem<br />

eng anliegenden Bogen formen.<br />

– Die Zucchini »Seon« im Dampfgarofen bei 90 °C<br />

1 Minute erhitzen und anrichten.<br />

ZUTATEN FÜR KAROTTEN-BRIOCHE<br />

5 g Trockenhefe<br />

25 g lauwarmes Wasser<br />

105 g Vollmilch<br />

285 g feines Hartweizenmehl<br />

4 g Lecithin<br />

6 g Pektin<br />

115 g Vollei<br />

150 g Butter<br />

45 g Zucker<br />

6 g Salz<br />

Karotten-Kürbis-Mus, zum Füllen<br />

Karotten-Kürbis-Pulver, zum Bestäuben<br />

ZUBEREITUNG<br />

– Die Trockenhefe im lauwarmen Wasser auflösen<br />

und bei Raumtemperatur 20 Minuten<br />

ruhen lassen.<br />

– Milch zugeben und verrühren. Hartweizenmehl, Lecithin<br />

und Pektin trocken vermischen und zugeben.<br />

– Das Ei zugeben und alles zusammen zu einem<br />

glatten Teig verkneten. Zum Schluss Butter,<br />

Zucker und Salz unterkneten und den Teig<br />

3 Stunden im Kühlschrank gehen lassen.<br />

– Aus dem Briocheteig kleine Kugeln formen<br />

und diese mit Karotten-Kürbis-Mus füllen.<br />

Die Teigkugeln in die Mulden einer Silikonbackmatte<br />

setzen und zugedeckt 90 Minuten<br />

gehen lassen.<br />

– Anschließend mit Wasser besprühen, mit Karotten-<br />

Kürbis-Pulver bestäuben und dann im Backofen bei<br />

170 °C ca. 12 Minuten backen.<br />

ZUTATEN FÜR ANCHOVIS-KÜRBIS-SUD<br />

300 g Butternuss-Kürbis<br />

300 g koreanische Dashibrühe aus getrockneten<br />

Anchovis<br />

10 g Weißwein-Reduktion<br />

20 g klarer Kirschtomatenfond<br />

1 g koreanische Yeondu-Sojasauce<br />

1 g Salz<br />

0,3 g Xanthan<br />

etwas Basilikum<br />

1 Thymianzweig<br />

ZUBEREITUNG<br />

– Den klein geschnittenen Butternuss-Kürbis und<br />

die Dashibrühe vakuumieren und im heißen<br />

Wasserbad bei konstant 100 °C sehr weich garen.<br />

Alles in ein Tuch füllen, in eine Schale abtropfen<br />

lassen und anschließend etwas einkochen lassen.<br />

– 140 g des Anchovis-Kürbis-Fonds zusammen mit<br />

der Weißwein-Reduktion, dem klaren Kirschtomatenfond,<br />

der Yeondu-Sojasauce, Salz und<br />

Xanthan mixen.<br />

– Den Sud aufkochen und vom Herd nehmen. Das<br />

Basilikum und den Thmyianzweig zugeben und<br />

zugedeckt kurz ziehen lassen. Den Sud passieren<br />

und warm anrichten.<br />

ZUTATEN FÜR DAS ANRICHTEN<br />

Olivenöl<br />

frisch gepresster Zitronensaft<br />

Salzflocken<br />

4 Viola-Blüten<br />

4 Streifen getrocknete Kürbisblüten<br />

ANRICHTEN<br />

– Je 1 Zucchini »Seon« mittig auf 4 tiefe Teller<br />

setzen. Etwas Olivenöl mit etwas frisch gepresstem<br />

Zitronensaft emulgieren und die Zucchini<br />

»Seon« damit betupfen und mit Salzflocken<br />

bestreuen.<br />

– Je 1 Karotten-Brioche mit je 1 Viola-Blüte und je<br />

1 Streifen getrocknete Kürbisblüte garnieren und<br />

daneben setzen.<br />

– Bei Tisch etwas lauwarmen Anchovis-Kürbis-Sud<br />

angießen.<br />

FALSTAFF-WEINEMPFEHLUNG<br />

2016 Ihringen Hinter Winklen Gras im Ofen<br />

Weißburgunder GG, Weingut Dr. Heger<br />

Dieses Gericht ist von der Frische des Gemüses,<br />

von der Salzigkeit der Anchovis und von der Süße<br />

von Karotte und Kürbis geprägt – es benötigt<br />

einen Weißen, der die Brücke von mineralischer<br />

Eleganz zur Kraft schlägt, wie dieser Weißburgunder<br />

vom Vulkangestein.<br />

weinhandlung-drexler.de, € 34,–<br />

Fotos: Red Bull Content Pool<br />

Rezept von Mingoo Kang<br />

»Mingles«, Seoul, Südkorea<br />

Er ist gerade Anfang 30, aber in Korea und auch darüber hinaus bereits ein Koch mit<br />

herausragendem Ruf. Nachdem er der jüngste Küchenchef im »Nobu« auf den Bahamas<br />

wurde, kehrte er in seine Heimat zurück, um hier etwas ganz Neues zu schaffen. Seine<br />

Menüs sind eine Hommage an die koreanische Küche seiner Kindheit und an das Neue, das<br />

er seinen Gästen näherbringen möchte.<br />

sep–okt jun 2018 <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

99


cover / REZEPTE<br />

VIETNAM<br />

BOUILLABAISE INDOCHINE<br />

(FÜR 4 PERSONEN)<br />

ZUTATEN FÜR DIE SUPPE<br />

500 g Fischgräten<br />

100 g Markbeinknochen<br />

50 g Fischsauce<br />

50 g Tomatenmark<br />

100 g Tomaten Ramati, gewaschen und geviertelt<br />

100 g Zwiebeln, geschält und geviertelt<br />

100 g Tamarinden-Paste, feucht<br />

50 g Knoblauchzehen, geschält und halbiert<br />

50 g Ingwer, geschält und in Scheiben geschnitten<br />

20 g Salz<br />

18 g Palmzucker<br />

2,2 l kaltes Wasser<br />

Gewürze (Zimtstangen, Lorbeerblätter,<br />

Kaffirlimettenblätter, grüner Kardamom, Fenchelsamen,<br />

Koriandersamen, Sternanis, Gewürznelken)<br />

ZUBEREITUNG<br />

– Fischgräten und Markbeinknochen gut mit Wasser<br />

spülen, bis das Wasser klar ist. Anschließend<br />

mit den restlichen Zutaten in einen großen Topf<br />

geben und mit kaltem Wasser auffüllen.<br />

– Die Suppe bei schwacher Hitze langsam zum Sieden<br />

bringen. Dabei zwischendurch den Schaum,<br />

der sich an der Oberfläche bildet, mit einer Kelle<br />

oder einem Sieb abschöpfen. Es empfiehlt sich<br />

eine Siedezeit von circa 3 bis 4 Stunden – je länger<br />

die Garzeit, umso intensiver das Aroma der<br />

Suppe.<br />

– Anschließend durch zwei übereinandergelegte<br />

Passiertücher abtropfen lassen. Das Resultat<br />

sollten 2 Liter relativ klare Brühe sein. Falls die<br />

Suppe während der Kochzeit zu stark reduziert<br />

ist, wieder mit Wasser auf insgesamt 2 Liter<br />

auffüllen.<br />

ZUTATEN FÜR DIE SUPPENEINLAGE<br />

200 g Karotten, gewürfelt (ca. 5 mm)<br />

100 g Peperoni, gewürfelt (ca. 5 mm)<br />

100 g Fenchel, in dünne Streifen gehobelt<br />

100 g Lauch, in schmale Streifen geschnitten<br />

50 ml Sesamöl<br />

100 g Lachsfilet, gewürfelt (ca. 1 bis 2 cm)<br />

100 g Thunfisch, gewürfelt (ca. 1 bis 2 cm)<br />

100 g Kabeljau, gewürfelt (ca. 1 bis 2 cm)<br />

100 g Muscheln, ganz oder Muskel ausgelöst<br />

(Miesmuscheln und Venusmuscheln)<br />

100 g Garnelen, geschält und längs halbiert (alternativ<br />

können Flusskrebse oder andere Krustentiere<br />

verwendet werden)<br />

Pfeffer, Salz<br />

ZUBEREITUNG<br />

– Das Gemüse in einem heißen Wok mit Sesamöl<br />

kurz andünsten, mit Salz und Pfeffer abschmecken<br />

und auf einem Blech auskühlen lassen.<br />

– Fisch, Muscheln und Garnelen in einem kochfesten<br />

Gefäß mit einem Teil der kochend heißen<br />

Brühe begießen und 2 bis 3 Minuten ziehen lassen.<br />

– Nun das gedünstete Gemüse auf fünf Suppentellern<br />

oder -bowls in der Mitte des Tellers verteilen,<br />

den gegarten Fisch, die Muscheln und die<br />

Garnelen auf dem Gemüse anrichten und das<br />

Ganze mit der Suppe angießen.<br />

ZUTATEN FÜR DAS BAGUETTE MIT<br />

CHILI-MAYONNAISE<br />

180 ml Sonnenblumenöl<br />

1 EL Schalotten, fein geschnitten<br />

1 Knoblauchzehe, gehackt<br />

Gewürze (Chilipulver, geräucherter Paprika,<br />

2 Lorbeerblätter)<br />

15 ml Weißwein<br />

15 ml Speiseessig<br />

1 TL Senf<br />

Saft von 2 Limetten<br />

30 ml Sojamilch<br />

1 Stück Baguette, in ca. 2 cm dicke Scheiben<br />

geschnitten<br />

etwas Öl<br />

Pfeffer, Salz<br />

ZUBEREITUNG<br />

– Für die Chili-Mayonnaise das Sonnenblumenöl in<br />

einer Pfanne erhitzen, die Schalotten, den Knoblauch<br />

und die Gewürze kurz darin andünsten.<br />

– Mit Wein und Essig ablöschen und 5 bis 10 Minuten<br />

köcheln lassen. Die Reduktion durch ein mittelfeines<br />

Sieb abpassieren und die aufgefangene<br />

Flüssigkeit abkühlen lassen.<br />

– Die kalte Reduktion mit Senf, Limettensaft und<br />

Sojamilch bei mittlerer Stufe in einem Mixbecher<br />

mixen und dabei das restliche Öl langsam<br />

hinzufügen, bis eine homogene dickflüssige<br />

Mayonnaise entsteht.<br />

– Für das geröstete Baguette die Baguette-<br />

Scheiben mit etwas Öl in einer Pfanne<br />

beidseitig anrösten.<br />

– Die Mayonnaise zum Anrichten in eine<br />

kleine Schüssel geben.<br />

ZUTATEN FÜR DEN KRÄUTERTELLER<br />

100 g Sojasprossen<br />

5 Limetten-Spalten<br />

2 bis 3 kleine rote Chilis, in feine Scheiben<br />

geschnitten<br />

1 Bund Koriander, vom Stängel gezupft<br />

1 Bund Pfefferminze, gezupft<br />

1 Bund Thai Basilikum, gezupft<br />

ZUBEREITUNG<br />

– Sojasprossen, Limetten-Spalten und rote Chilis<br />

auf einem kleinen Teller nebeneinander drapieren.<br />

– Die Kräuter mischen und daneben anrichten.<br />

FALSTAFF-WEINEMPFEHLUNG<br />

2018 Scharzhofberger Riesling Kabinett,<br />

Weingut von Hövel<br />

Pikanz und eine Spur Süße – der Idealfall für<br />

einen verspielt-fruchtigen Riesling. Der Scharzhofberger<br />

Kabinett von der Saar unterstreicht die<br />

ätherische-würzige Feinheit der Bouillabaisse.<br />

vicampo.de, € 19,90<br />

Rezept von Pascal Jörg<br />

»Coming Soon«, Zürich, Schweiz<br />

»Sooner or later« finden alle Schweizer Liebhaber<br />

der vietnamesischen Küche ihren Weg ins »Coming<br />

Soon«, das so gar nicht zürichtypisch ist,<br />

sondern eher an einen Hot(s)pot in Downtown<br />

New York erinnert. In diesem Melting Pot, in dem<br />

die Küche Vietnams neu interpretiert wird, kocht<br />

Pascal Jörg und entführt seine Gäste in ein<br />

neues kulinarisches Universum.<br />

Fotos: Christoph Rada<br />

100 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


sep–okt jun 2018 <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

101


cover / REZEPTE<br />

102 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


CHINA<br />

WASABI-KAISERGRANAT<br />

(FÜR 4 PERSONEN)<br />

ZUTATEN FÜR DEN KAISERGRANAT<br />

10 Kaisergranatschwänze<br />

100 ml Gogi-Tempurapulver, mit Wasser angerührt<br />

Fett zum Frittieren<br />

ZUBEREITUNG<br />

– Kaisergranatschwänze entdarmen, waschen<br />

und trocken tupfen.<br />

– Durch das Gogi ziehen und 4 Minuten im 185 °C<br />

heißen Fett frittieren.<br />

ZUTATEN FÜR DIE GRÜNEN REISFLAKES<br />

30 g grüne Reisflakes<br />

Fett zum Frittieren<br />

Cornish Sea Salt<br />

ZUBEREITUNG<br />

– Die Reisflakes einige Sekunden im 185 °C heißen<br />

Fett frittieren.<br />

– Anschließend auf ein Küchentuch geben, trocken<br />

tupfen und sofort mit Cornish Sea Salt würzen.<br />

ZUTATEN FÜR DAS MANGO-GEL<br />

150 ml Nam-Dok-Mai-Mangopüree<br />

150 ml Passionsfruchtpüree<br />

3 g Agar-Agar-Pulver<br />

ZUBEREITUNG<br />

– Die Pürees zusammen aufkochen, das Agar-Agar-<br />

Pulver einrühren und 3 Minuten köcheln lassen.<br />

– Die Masse in eine Schüssel füllen, auskühlen<br />

lassen und im Thermomix zu einem glatten Gel<br />

mixen. Das Gel in eine Spritzflasche füllen.<br />

ZUTATEN FÜR DIE MUSHI-SAUCE<br />

3 L Läuterzucker<br />

1,6 l Thailändische Fischsauce<br />

200 g Knoblauch, geschält und fein gehackt<br />

500 g rote Peperoni, fein gehackt<br />

100 ml Essigessenz<br />

50 g Cornish Sea Salt<br />

900 ml Wasser<br />

ZUBEREITUNG<br />

– Alle Zutaten zu einer Sauce aufkochen, vom Herd<br />

ziehen und auskühlen lassen.<br />

– Mit dem Stabmixer 3 Minuten durchmixen.<br />

ZUTATEN FÜR DIE VINAIGRETTE<br />

200 ml Mushi-Sauce<br />

150 ml Lemon Squash von Rose’s<br />

150 ml Reisessig<br />

50 ml Limettensaft<br />

etwas Xanthan<br />

150 g Karotten, geschält und fein gewürfelt<br />

150 g unreife Thai-Mango, geschält und<br />

fein gewürfelt<br />

70 g Ingwer, geschält und fein gewürfelt<br />

15 g Korianderstängel, fein geschnitten<br />

ZUBEREITUNG<br />

– Alle Flüssigkeiten verrühren und mit Xanthan<br />

leicht binden.<br />

– Im Anschluss die übrigen Zutaten unter die<br />

Vinaigrette rühren.<br />

ZUTATEN FÜR DIE WASABI-MAYONNAISE<br />

100 g japanische Mayonnaise<br />

40 g frisches Wasabi<br />

1 EL grüne Chilisauce<br />

1 EL grüner Tabasco<br />

ZUBEREITUNG<br />

– Alle Zutaten miteinander verrühren.<br />

ZUTATEN FÜR DAS ANRICHTEN<br />

pro Person je<br />

4 Stängel Ghoa Cress<br />

2 EL Wasabi-Mayonnaise<br />

ANRICHTEN<br />

– Etwas Vinaigrette mittig auf den Teller<br />

geben.<br />

– Den Kaisergranat darauflegen und darauf<br />

wiederum etwas Wasabi-Mayonnaise geben.<br />

– Die grünen Reisflakes darüberstreuen und<br />

mit der Ghoa Cress garnieren.<br />

FALSTAFF-WEINEMPFEHLUNG<br />

2015 Clos du Paradis Auxerrois Barrique,<br />

Château Pauqué, Abi Duhr, Luxemburg<br />

Ein würziger Auxerrois, der mit milder Säure und<br />

zarter Süße aufwartet – und damit dem ebenso<br />

scharfen wie süß-sauren Gang standhält.<br />

weine-spirituosen-spies.de, € 37,50<br />

Rezept von Tim Raue<br />

»Restaurant Tim Raue«, Berlin, <strong>Deutschland</strong><br />

Mit asiatisch inspirierter Küche hat sich Tim Raue an<br />

die Spitze des deutschen Gourmet-Olymps gekocht.<br />

Seit der Eröffnung im Juli 2010 wurde das »Restaurant<br />

Tim Raue« mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet<br />

und zählt damit zu den besten des Landes. Auf der<br />

Liste der »The World’s 50 Best Restaurants« belegt es<br />

Platz 37 und ist damit das einzige deutsche Restaurant<br />

in den Top 50.<br />

Fotos: beigestellt<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

103


cover / ABENTEUER ASIEN<br />

Landschaftliche Schönheit und<br />

uralte Traditionen prägen große<br />

Teile Südostasiens.<br />

SO SCHMECKT<br />

<<br />

Fotos: Shutterstock<br />

104 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


ASIEN TEXT<br />

Wer Asiens Küche nur mit<br />

All-you-can-eat-Buffets,<br />

Running Sushi und<br />

knuspriger Ente abtut,<br />

entzieht sich einer Welt<br />

voller kulinarischer Schätze<br />

und ausgeklügelter<br />

Zubereitungsmethoden,<br />

die an Perfektionstrieb und<br />

Liebe zum Detail kaum<br />

zu übertreffen ist.<br />

TOBIAS MÜLLER<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

105


cover / ABENTEUER ASIEN<br />

Chan Yan-tak war eigentlich<br />

schon in Pension, als das<br />

»Four Seasons Hongkong« ihn<br />

für das Hotel-Restaurant<br />

»Lung King Heen« wollte.<br />

Dank ihm hält das Haus<br />

seit Jahren drei<br />

Michelin-Sterne.<br />

Die asiatische Küche gibt es<br />

nicht. Asien ist der mit<br />

Abstand größte Kontinent mit<br />

den mit Abstand meisten<br />

Bewohnern (60 Prozent aller<br />

Menschen leben hier) und kulinarisch ein<br />

unendlich reiches, vielfältiges Universum.<br />

Wir mussten und wollten uns daher<br />

beschränken. Wenn wir von Asien sprechen,<br />

dann meinen wir nur jenen Teil dieser riesigen<br />

Welt, in der das Essen oft nach Ingwer,<br />

Frühlingszwiebel und Koriander schmeckt,<br />

nach Soja- und Fischsauce und Shrimp-Paste.<br />

Wo es statt täglich Brot Nudelsuppen<br />

und im Wok gebratene Gerichte gibt.<br />

Wir haben uns auf fünf Länder konzentriert:<br />

China, Japan, Korea, Thailand und<br />

Vietnam. Das hat einen einfachen Grund:<br />

Wir glauben, dass die Küchen dieser Länder<br />

unser Essen in den vergangenen Jahren<br />

mehr geprägt und verändert haben als<br />

andere. Soja- und Fischsauce stehen in vielen<br />

privaten Küchen wie selbstverständlich<br />

neben Essig und Olivenöl, Koriander und<br />

Ingwer werden so selbstverständlich verwendet<br />

wie vor 30 Jahren Petersilie und<br />

Bohnenkraut. Während vor 50 Jahren so<br />

gut wie jedes Spitzenrestaurant zwischen<br />

Los Angeles und Moskau französisch<br />

Im »Lung King Heen«<br />

wird kantonesisch gekocht.<br />

Chan Yan-tak besorgt<br />

die Zutaten gern selbst auf<br />

Hongkongs Märkten.<br />

kochte, sind mittlerweile zahlreiche Japaner,<br />

Chinesen, Koreaner oder bunte<br />

Mischungen in die Königsklasse vorgestoßen.<br />

Und selbst dort, wo nicht explizit asiatisch<br />

gekocht wird, haben einst obskure<br />

Zutaten wie Miso oder Techniken wie Ike<br />

Jime, die japanische Kunst des Fischschlachtens,<br />

Einzug gehalten.<br />

JAPAN ALS VORREITER<br />

Die einflussreichste Küche für die europäische<br />

Haute Cuisine war wahrscheinlich<br />

jene Japans: Ab den 1960er-Jahren, vielleicht<br />

schon etwas früher, reiste zuerst die<br />

französische, dann die amerikanische<br />

Kochelite gen Osten auf die Insel und<br />

brachte von dort viele jener Ideen zurück,<br />

die als Nouvelle Cuisine in die Kulinarik-<br />

Geschichte eingehen sollten: Leicht und<br />

bekömmlich soll Essen sein, nicht die Portionen<br />

sollten groß sein, sondern die Auswahl,<br />

und statt den immer gleichen Zutaten<br />

sollten die Rezepte mit den Jahreszeiten<br />

wechseln.<br />

Ein paar Jahrzehnte später waren es dann<br />

vor allem skandinavische Köche, die sich in<br />

Japan Inspiration holten, etwa in der Kunst<br />

der fermentierten Würzsaucen und Pasten<br />

oder die Idee, dass potenziell alles köstlich<br />

ist, nicht nur Delikatessen aus Frankreich,<br />

bis hin zu Moos, Seegras und Ameisen. Sie<br />

waren damit so erfolgreich, dass das alles<br />

als »New Nordic Cuisine« gefeiert wurde.<br />

Zu vielem hätte man auch »Old Japanese<br />

Wisdom« sagen können.<br />

Japan selbst wiederum verdankt viel von<br />

dem, was sein Essen so toll macht,<br />

ursprünglich den Chinesen – auf der Insel<br />

wurde es dann weiterentwickelt und verfeinert.<br />

Die Chinesen waren die Ersten, die<br />

Sojabohnen anbauten und daraus Tofu,<br />

Sojasauce und Würzpasten machten. Die<br />

Ersten, die das Schwein domestizierten, die<br />

Tee tranken und aus Mehl Nudeln walkten,<br />

sie in Suppe statt nur in Sauce servierten<br />

oder die ihr Essen blitzschnell im Wok brieten.<br />

Wer Asiens Esskulturen verstehen will,<br />

kommt nicht umhin, sich mit China zu<br />

beschäftigen – bis heute ist das Essen zwischen<br />

Bangkok und Manila mindestens so<br />

stark von China geprägt wie jenes Europas<br />

von Frankreich.<br />

In Europa und den USA wurde lange nur<br />

eine sehr entschärfte, angepasste Version<br />

Fotos: beigestellt Karte: Stefanie Hilgarth<br />

106 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


dieser großen Küche(n) serviert. In den vergangenen<br />

Jahren hat sich das aber langsam<br />

geändert. Einwandererkinder der zweiten<br />

und dritten Generation sperren höchst<br />

erfolgreich einen neuen, bisher unbekannten<br />

Typ des China-Restaurants auf: Hier<br />

gibt es keine billigen Mittagsbuffets mit<br />

Sushi und knuspriger Ente, stattdessen wird<br />

das kulinarische Erbe der Vorfahren stolz<br />

präsentiert, modernisiert, weitergedacht<br />

und mit westlichen Traditionen kombiniert<br />

– mit fantastischen Ergebnissen.<br />

DIE LUST NACH MEHR<br />

Die Küchen Thailands, Vietnams und Koreas<br />

sind in Kontinentaleuropa bisher noch<br />

wenig über den Imbissstand hinausgekommen<br />

– im angelsächsischen Raum hingegen<br />

werden sie schon länger erforscht und gefeiert,<br />

etwa von David Thompson, dem<br />

Australier, der gelegentlich für das thailändische<br />

Königshaus kocht, oder David<br />

Chang, dem US-Koreaner, der derzeit einer<br />

der einflussreichsten Köche der USA ist.<br />

Wir hoffen, dass das bei uns auch bald passiert,<br />

weil hier noch so viele kulinarische<br />

Schätze da rauf warten, entdeckt zu werden.<br />

Mit genau dieser Mission haben wir uns<br />

auf den Weg durch Japan, China, Korea,<br />

Thailand und Vietnam gemacht. Auf den<br />

folgenden Seiten erzählen wir Ihnen von<br />

vielen der tollen Dinge, die wir gefunden<br />

haben. Und weil das nur ein winzig kleiner<br />

Ausschnitt ist, hoffen wir sehr, dass er<br />

Ihnen Lust darauf macht, sich selbst bald<br />

auf den Weg zu machen.<br />

<<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

107


cover / JAPAN<br />

Das »Kitcho<br />

Arashiyama« am<br />

Stadtrand von<br />

Kyoto bekam für<br />

seine traditionelle<br />

Kaiseki-Küche<br />

drei Michelin-<br />

Sterne verliehen.<br />

DEN OS<br />

108 108 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


CHINA<br />

JAPAN<br />

Fotos: beigestellt<br />

KOREA<br />

TAIWAN<br />

Tâi-oân<br />

THAILAND<br />

Es gibt wenige Orte auf der Welt, wo man so großartig<br />

essen kann wie in Japan – von günstiger, aber fantastischer<br />

Straßenküche bis hin zu Restaurants, wo man nur auf<br />

Einladung des Chefkochs vorgelassen wird. TEXT TOBIAS MÜLLER<br />

JAPAN<br />

VIETNAM<br />

Việt Nam<br />

Japans Köche treiben ihre Kunst<br />

auf die Spitze. Sie üben einfache<br />

Techniken viele Jahrzehnte lang,<br />

geben mitunter mehrere 100 Euro<br />

für perfekte Früchte aus und<br />

zählen statt vier stolze 72 Jahreszeiten.<br />

Kein Wunder, dass das Essen hier einfach<br />

besser schmeckt.<br />

»Unterm Strich ist japanische Küche verführerisch<br />

einfach. Sie hat nur zwei wesentliche<br />

Zutaten: Dashi, ein sehr delikater<br />

Fond aus Kombu und Katsuobushi, und<br />

Shoyu, die japanische Sojasauce«, hat Shizuo<br />

Tsuji, einer der wichtigsten japanischen<br />

Kochbuchautoren, einmal geschrieben.<br />

Zwei mindestens genauso wichtige Zutaten<br />

hat er aber nicht erwähnt: Perfektion<br />

und Stolz.<br />

Spazieren Sie durch die kleinen Gassen<br />

Kyotos mit ihren niedrigen Holzhäusern<br />

und ducken Sie sich durch die niedrige<br />

Holztür von »Yakitori Hitomi«, einem<br />

Grilllokal. Der Grillmeister hier serviert<br />

nicht einfache Hühnerspieße, sondern solche<br />

mit Innenfilet oder Oberschenkel,<br />

Leber, Magen, Flügelspitze oder Kniegelenk.<br />

Er grillt sie über Binchotan-Kohlen,<br />

die aus japanischer Eiche gemacht wurden,<br />

die besonders heiß brennt. Und er macht<br />

das seit geschätzten 30 Jahren jeden Tag.<br />

Das Ergebnis schmeckt – man kann es<br />

nicht anders sagen – grandios.<br />

Oder fahren Sie nach Ginza, das Geschäftsviertel<br />

im Herzen Tokios, und spazieren<br />

Sie an der alten U-Bahn-Strecke<br />

<<br />

TEN KOSTEN109<br />

sep–okt <strong>2019</strong> falstaff


cover / JAPAN<br />

Yakitori ist<br />

Grillkunst auf<br />

höchstem Niveau –<br />

zu probieren etwa<br />

im »Hitomi« in der<br />

alten Kaiserstadt<br />

Kyoto.<br />

Japaner unterscheiden<br />

nicht nur vier, sondern bis<br />

zu 72 Jahreszeiten – zu<br />

jeder sind andere Zutaten<br />

gerade auf dem Höhepunkt<br />

ihrer Köstlichkeit.<br />

Beim Kaiseki hört der<br />

Perfektionismus nicht<br />

beim Essen auf – auch<br />

die Architektur, das<br />

Geschirr und die<br />

Aussicht müssen<br />

passen, wie hier im<br />

legendären »Kikunoi«<br />

in Kyoto.<br />

<<br />

entlang, vorbei an Kneipen mit bunten<br />

Neonschildern und Manga-Shops. Hinter<br />

einer unscheinbaren Tür versteckt sich<br />

»Daisin Harumi«, ein alteingesessener<br />

Su shiladen. Jeden Tag steht der Chef um<br />

vier Uhr auf, um den bestmöglichen Fisch<br />

und Meeresfrüchte der Saison zu kaufen.<br />

Der Reis, auf den er gebettet wird, wird in<br />

einem Holzbottich mit einem Handfächer<br />

auf die perfekte Temperatur gewedelt, das<br />

Menü, das die Spezialitäten listet, vom Chef<br />

persönlich zu Mittag handgeschrieben –<br />

und ist mindestens so sehr Kalligrafie wie<br />

Speisekarte.<br />

EXTREME KULINARISCHE<br />

SPEZIALISIERUNG<br />

Die zwei Lokale mögen besonders gut<br />

sein, sind aber keine Ausnahme. Anders<br />

als im Westen ist in Japan eine extreme<br />

kulinarische Spezialisierung entstanden:<br />

Die meisten Restaurants servieren nur<br />

eine Art von Essen. Es gibt Ramenläden<br />

und Yakitori-Restaurants, Lokale, die nur<br />

Tempura machen und Bars, in denen<br />

nichts außer vergorene Tintenfischinnereien<br />

in 50 verschiedenen Varianten auf der<br />

Karte stehen. Entsprechend gut sind deren<br />

Köche in ihrer jeweiligen Nische. Die einzigen<br />

Universa listen sind Izakayas, die<br />

Bier- und Sake- Kneipen, und Kaiseki-Restaurants<br />

mit dem berühmten japanischen<br />

Fine Dining.<br />

Im Kaiseki wird die Perfektion auf die<br />

Spitze getrieben. Es steht für vieles, was<br />

die japanische Küche ausmacht: Es ist<br />

radikal saisonal – das Wort ist hier nicht<br />

wie bei uns zu einer leeren Hülle und<br />

einem Synonym für Spargelzeit verkommen,<br />

sondern heißt tagtäglich jene Zutat<br />

servieren, die genau dann am besten ist.<br />

Japaner unterscheiden daher auch nicht<br />

vier, sondern 72 verschiedene kulinarische<br />

Jahreszeiten. Was für die Zutaten gilt, gilt<br />

auch für das Geschirr: Teller, Tassen und<br />

Schüsseln wechseln mit der Jahreszeit.<br />

Die Zutaten sind die Stars des Essens.<br />

Ihre Schönheit und ihr Geschmack sollen<br />

unterstrichen, nicht verändert werden.<br />

Das Essen soll satt machen, aber keinesfalls<br />

füllen, und auf dem Teller soll nicht<br />

mehr liegen, als das Gericht unbedingt<br />

braucht. Und die Perfektion hört nicht<br />

beim Essen auf: Ein Menü in Japan ist ein<br />

Gesamtkunstwerk, bei dem der Raum, der<br />

Blick aus dem Fenster, das Blumenarrangement<br />

und das Geschirr genauso wichtig<br />

sind wie das Essen selbst.<br />

Fotos: Irina Thalhammer, Shutterstock, beigestellt<br />

110 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Die roten Lampignons vor den Läden<br />

zeigen oft ein Ikzakaya, eine Sake- und<br />

Bierkneipe an.<br />

KEINE TIERE MIT VIER BEINEN<br />

Seit im sechsten Jahrhundert der Buddhismus<br />

mit chinesischen Mönchen nach<br />

Japan kam, prägen dessen Speiseregeln die<br />

Insel. Vegetarische Gerichte aus Gemüse<br />

und Tofu sind weit verbreitet, wobei Letzterer<br />

nicht nur aus Sojamilch, sondern<br />

auch aus Sesam und Erdnüssen hergestellt<br />

wird. Landtiere mit vier Beinen wurden<br />

sehr lange kaum gegessen, Hühner sind bis<br />

heute in der Küche wichtiger als Schweine<br />

oder gar Rinder.<br />

Die traditionelle japanische Küche gilt<br />

daher als fettarm und leicht. Ein klassisches<br />

Essen besteht aus Misosuppe, vergorenem<br />

Gemüse und Reis. Toro – der fette<br />

Bauch des Thunfischs – hingegen, der für<br />

Westler heute als Inbegriff von luxuriösem<br />

Sushi gilt, wurde in Japan bis vor 150 Jahren<br />

gar nicht gegessen. Er wurde verächtlich<br />

»Nekomatagi« genannt, übersetzt in<br />

etwa »sogar die Katzen steigen darüber<br />

hinweg«. Stattdessen waren die mageren<br />

Teile heiß begehrt. Das berühmte Kobe-<br />

Rind – dank seiner Genetik halb Fett, halb<br />

Fleisch – wurde ursprünglich nicht gebraten,<br />

sondern vor den Pflug gespannt.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg und teils<br />

unter dem Einfluss amerikanischer<br />

<<br />

Misosuppe und<br />

Tofu gehören seit<br />

Jahrhunderten<br />

zu Japans<br />

kulinarischer<br />

Kultur. Ramen<br />

hingegen kamen<br />

erst vor etwa<br />

100 Jahren mit<br />

chinesischen<br />

Einwanderern.<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

111


cover / JAPAN<br />

In typischen Lokalen tragen die<br />

Gastgeberinnen nach wie vor<br />

Kimono und begrüßen die Gäste<br />

auf den Knien.<br />

Die traditionelle Küche<br />

Japans gilt als fettarm<br />

und leicht. Ein klassisches<br />

Essen besteht aus<br />

Misosuppe, vergorenem<br />

Gemüse und Reis.<br />

<<br />

Besatzungssoldaten hat sich das geändert.<br />

Heute hat Japan mit den höchsten<br />

Mayonnaise-Verbrauch der Welt, und in<br />

vielen Tonkotsu-Ramenbars – der populären<br />

Suppenvariante mit Schwein – enthalten<br />

die Suppen gefühlt mehr Schmalz<br />

als Wasser.<br />

Das Land hat zwar nicht viel Fläche,<br />

erstreckt sich aber über eine erstaunliche<br />

Länge. Zwischen dem tropischen Süden<br />

und dem arktischen Norden liegen mehr<br />

Kilometer als zwischen Stockholm und<br />

Neapel. Wenig überraschend sind die<br />

Küchen der beiden Enden höchst unterschiedlich.<br />

Ganz im Süden gibt es tropische<br />

Früchte und Wildgemüse, während<br />

der hohe Norden – erst sehr spät kolonisiert<br />

– vor allem für seine fantastischen<br />

Meeresfrüchte berühmt ist. So kommen<br />

etwa die besten Uni (Seeigel) von hier.<br />

Das Herz der japanischen Küche schlägt<br />

nach wie vor in der alten Hauptstadt Kyoto,<br />

in der bis heute die besten Kaiseki-<br />

Tempel und Teehäuser zu finden sind: Ein<br />

Besuch im »Kitcho Arashiyama« etwa ist<br />

ein unvergessliches Erlebnis. Wie viele der<br />

alteingesessenen Restaurants liegt es am<br />

Rand der Stadt, wo der Wald beginnt und<br />

sich die Jahreszeiten besonders schön<br />

beobachten lassen. Wem es dort zu teuer<br />

ist, der sollte unbedingt das »Ifuki« im<br />

alten Vergnügungsviertel Gion probieren –<br />

was der Chefkoch hier aus seinem traditionellen<br />

Grill holt, ist unfassbar gut.<br />

Tokio, die moderne Metropole, gilt als<br />

das Zentrum der Sushi-Welt. Die richtig<br />

guten Läden haben weder Website noch<br />

Türschild, hier kann man nicht einfach<br />

reservieren, sondern nur speisen, wenn<br />

man von einem Stammgast eingeladen<br />

oder empfohlen wird. Wem das nicht<br />

gelingt, der spart sich zumindest viel Geld:<br />

Ein solches Sushi-Mahl kann leicht weit<br />

über 1000 Euro kosten. Andere High-End-<br />

Fischtempel sind zugänglicher: Das »Sushiya<br />

Ono« etwa und das legendäre »Sushi<br />

Saito« haben beide englische Websites.<br />

Daneben gibt es hier so ziemlich alles,<br />

was sich andere Kulturen an Köstlichkeiten<br />

ausgedacht haben: französische Haute Cuisine,<br />

italienische Großmutterküche, amerikanische<br />

Burger oder feinste Patisserie – in<br />

Tokio ist alles meist noch einmal besser als<br />

dort, wo es ursprünglich herkommt. Und<br />

das liegt sicher nicht an Sojasauce und<br />

Dashi, sondern an Perfektion und Stolz.<br />

<<br />

Fotos: Getty Images<br />

112 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


S.PELLEGRINO / promotion<br />

ASIENS AROMEN<br />

AUF DER ZUNGE<br />

Einmal Asien und zurück. Alles eine Frage der Aromen –<br />

und des richtigen Mineralwassers. Tim Raue über die<br />

asiatische Küche und das Spiel mit den Geschmäckern.<br />

Fotos: Jörg Lehmann, Nils Hasenau, Tilman Schenk<br />

J<br />

apan, Vietnam, China, Thailand –<br />

wenn diese Namen fallen, hat man<br />

sofort typische Geschmäcker auf<br />

Zunge. Einer, der sich der panasiatischen<br />

Küche verschrieben hat, ist Tim<br />

Raue. »Die Verwendung von Süße, Säure<br />

und Schärfe hat mich auf Anhieb fasziniert«,<br />

so der Sternekoch. Und ja, es gebe<br />

sie, diese charakteristischen Lebensmittel:<br />

»Wichtige Zutaten sind Koriander, Thai-Basilikum,<br />

Zitronengras, Ingwer, Schalen und<br />

Blätter von Limetten, Galgant und kräuterartiges<br />

Stielgemüse, zum Beispiel Choi Sum,<br />

Kai-lan und Pak Choi.« Ist das der Schlüssel<br />

zu den Geheimnissen der asiatischen Aromen?<br />

Ganz so einfach ist es nicht.<br />

Schon wenn es um das Thema Schärfe<br />

geht, herrschen Unterschiede. »In der japanischen<br />

Küche gibt es beispielsweise nahezu<br />

keine Schärfe, dafür steht die Harmonie der<br />

einzelnen Aromen im Vordergrund.« Auch<br />

in der vietnamesischen Küche wird relativ<br />

wenig Chili verwendet. Hier setzt man auf<br />

Fischsauce. »Anders als im Süden spielt die<br />

thailändische Küche im Norden am plakativsten<br />

mit der Süße reifer Früchte, der Säure<br />

von Zitrusfrüchten und verwendet sehr<br />

viel frische Chilis.«<br />

Komplexität, Raffinesse, Sinn fürs Detail –<br />

das beschreibt den kulinarischen Stil der asiatischen<br />

Küche. Um diese Feinheiten perfekt<br />

zur Geltung zu bringen, braucht es noch etwas:<br />

die passende Getränkebegleitung. »Ich<br />

trinke generell am liebsten Wasser – egal ob<br />

in Asien oder im europäischen Restaurant.<br />

Aber auch erfrischende Rieslinge aus<br />

<strong>Deutschland</strong> passen ganz gut. Kalifornische<br />

Chardonnays und Rotweine sind aufgrund<br />

ihrer Dichte eine schöne Ergänzung zur chinesischen<br />

Küche, und Sake eignet sich hervorragend<br />

im Rahmen der Fusionsküche.<br />

Aber bitte immer auf die Qualität achten.«<br />

Genauso ist auch beim Mineralwasser die<br />

Wahl entscheidend. Denn ein neutral mineralisiertes<br />

Mineralwasser bringt einzelne<br />

Nuancen der Speisen ideal zur Geltung.<br />

Und gerade die sind ja entscheidend für das<br />

Geschmackserlebnis. Tim Raue hat beim<br />

Wasser klare Favoriten: »Ich bevorzuge<br />

sprudelndes S.Pellegrino bei kräftigen Speisen<br />

aus der thailändischen und chinesischen<br />

Küche, um mir mit dem Trinken immer<br />

wieder den Gaumen erfrischen zu können.<br />

Das stille Acqua Panna finde ich super für<br />

japanische Gerichte und die vietnamesische<br />

Küche, da es mit seiner Eleganz den Mundraum<br />

umspielt und ein fließendes Geschmacksempfinden<br />

zulässt.«<br />

INFO<br />

Weitere Infos zu S.Pellegrino unter:<br />

sanpellegrino.com<br />

sep–okt <strong>2019</strong> falstaff 113


cover / VIETNAM<br />

VIETNAM<br />

PHO´<br />

DIE KUNST DER SUPPE<br />

Mit chinesischem Ingwer und<br />

französischem Baguette ist<br />

Vietnams Küche ein globales<br />

Potpourri. Die frische Ph ’o´<br />

hingegen erzählt die<br />

Geschichte des eigenen<br />

Landes wie keine andere und<br />

breitete sich als trendige<br />

Nudelsuppe auf der Welt aus.<br />

TEXT JÜRGEN SCHMÜCKING<br />

Zwei Seelen wohnen in der kulinarischen<br />

Brust Vietnams. Die<br />

tausendjährige Besatzung durch<br />

China hat in der Küche Nordvietnams<br />

deutliche Spuren hinterlassen.<br />

Die großzügige Verwendung von<br />

Ingwer, schwarzem Kardamom und fermentierten<br />

Sojabohnen ist ebenso chinesischen<br />

Ursprungs wie das Dämpfen und das Braten<br />

im Wok. Andere Besatzer haben andere<br />

Elemente und Sitten beigesteuert. Kaffee<br />

und Baguette (Vietnam ist tatsächlich das<br />

einzige Land Südostasiens, in dem es respektables<br />

Baguette gibt) gehen zurück auf<br />

die Franzosen und ihre hundertjährige<br />

Kolo nial episode. Und mit dem Fall von<br />

Saigon und dem Rückzug der Amerikaner<br />

stand dem Siegeszug der Ursuppe Vietnams<br />

um die Welt nichts mehr im Wege. Die<br />

Kunst des Krieges? Sunzi? Mitnichten.<br />

Der Weg der Suppe ist ein friedlicher.<br />

Die Küche Vietnams ist geprägt von<br />

Leichtigkeit und Harmonie. Und von einer<br />

Frische, die die Grundlage von beidem ist.<br />

Ein gutes Beispiel dafür ist die Ph’o´. Mit ihr<br />

beginnt und endet der Tag. Sie ist das Alpha<br />

und das Omega der vietnamesischen Küche.<br />

Sie erzählt die Geschichte des Landes, und<br />

in keinem anderen Gericht bilden sich die<br />

Unterschiede zwischen dem Norden und<br />

dem Süden Vietnams klarer und deutlicher<br />

ab als in dieser Nudelsuppe.<br />

Sicher ist, dass die Ph’o´ um die Jahrhundertwende<br />

in den Straßen Saigons auftauchte,<br />

also zur Zeit der französischen<br />

Besatzung. Straßenhändler zogen damals<br />

vor Sonnenaufgang durch die noch dunklen<br />

Gassen der Stadt und versorgten sowohl die<br />

Fotos: Stock Food, Getty Images, Christian Berg for Mott Visuals<br />

114 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Die Ph’o´ Bo ist<br />

der Klassiker mit<br />

Rindsuppe, Reisnudeln<br />

und Rindfleisch.<br />

In Hanoi hat die<br />

Bún Cha’ ihren<br />

Ursprung –<br />

mit gegrilltem<br />

Schweinefleisch,<br />

Reisnudeln und<br />

natürlich der<br />

aromatischen<br />

Suppe.<br />

Der bereits angesprochene Unterschied<br />

zwischen Nord- und Südvietnam spiegelt sich<br />

auch in verschiedenen Rezepturen wider. Diese<br />

Unterschiede haben zwar natürliche, vor<br />

allem klimatische Gründe, spielen aber weit<br />

in die Gesellschaft hinein. Im gebirgigen<br />

Yunnan-Hochland im Norden des Landes<br />

herrscht subtropisches Klima mit differenzierten<br />

Jahreszeiten, die Ph’o´ ist deutlich karger<br />

als im Süden mit seiner tropischen Fülle.<br />

Die Standardversion, die man morgens in<br />

einem Ph’o´ bekommt (die Lokale, in denen<br />

sie geschöpft wird, heißen wie die Suppe<br />

selbst) ist Ph’o´ Bo, also mit Rindfleisch. Die<br />

unverrückbaren Konstanten der Zubereitung<br />

sind: Rindsuppe, Reisnudeln und das<br />

Rindfleisch. Der Rest ist Freistil und bildet<br />

in der Regel die kulinarische Sozialisation<br />

des Kochs, die Geschichte der Familie oder<br />

einfach das ab, was auf dem Markt gerade<br />

verfügbar ist: Sternanis, Knoblauch, Ingwer,<br />

schwarzer Kardamom, Fischsauce, frische<br />

Koriander-, Basilikum- oder Minzeblätter.<br />

Es funktioniert (fast) immer. Christoph<br />

Neidhart schreibt in seiner Kulturgeschichte<br />

der Nudel über die Ph’o´: »Eine gelungene<br />

Ph’o´ ist Frühstück gewordene Heiterkeit.<br />

Eine Harmonie von salzig, süß, sauer<br />

und pikant.«<br />

Womit wir bei einem weiteren – wesentlichen<br />

– Element der vietnamesischen Küche<br />

sind: den frischen Kräutern. Kaum eine andere<br />

Küche dieser Welt geht derart verschwenderisch<br />

mit frischem Koriander, Ingwer oder<br />

Zitronengras um wie die vietnamesische. Sie<br />

erreicht damit nicht nur eine beeindruckende<br />

geschmackliche Vielfalt, die Kräuter bilden<br />

auch die Basis für jene Frische, für die die<br />

Küche so bekannt ist. Wir finden sie wieder<br />

in Bánh Cu´ôn, den herrlich delikat gefüllten<br />

Rollen aus Reispapier, in Bún Ch’a, den legendären<br />

Streetfood-Laberln aus Schweinsfaschiertem,<br />

karamellisiertem Bauch und (in<br />

der Regel) einem derart köstlichen Dip, dass<br />

einem das Herz aufgeht: Fischsauce, Papaya,<br />

Zucker, Knoblauch und frisch gepresster<br />

Limettensaft. Und Chili – für jeden so viel,<br />

wie er zu vertragen glaubt.<br />

Es gibt übrigens noch eine Sache, die man<br />

keinesfalls auslassen sollte, wenn man schon<br />

einmal in Hanoi und Umgebung unterwegs<br />

ist: Cà Phê Trú´ng – Kaffee mit Eigelb und<br />

Kondensmilch. Klingt extravagant, schmeckt<br />

aber äußerst gut. Und hilft dabei, die ersten<br />

Schritte aus der eigenen kulinarischen Komfortzone<br />

zu machen. Das wiederum kann in<br />

Vietnam sehr hilfreich sein. Denn auch die<br />

Vietnamesen leben nicht von Ph’o´ allein.<br />

<<br />

Arbeiter, die sich bereits auf den Weg in<br />

ihre Werkstätten machten, als auch Nachteulen<br />

mit heißer Ph’o´. Für die einen war sie<br />

nährendes und stärkendes Frühstück, das<br />

ihnen Kraft für ihr Tagwerk gab, die anderen<br />

versuchten, im wohligen Dampf der<br />

Ph’o´ die Ereignisse der Nacht zu vergessen.<br />

Ph’o´, das sind eigentlich die Nudeln,<br />

Reisnudeln, um genau zu sein. In manchen<br />

Dörfern oder – wenn man Glück (und<br />

etwas Mut) hat – auch in Garagen oder<br />

Hinter höfen abseits urbaner Zentren kann<br />

man Frauen beim Reisnudelmachen beobachten.<br />

Sie zerstampfen aufgeweichten Reis,<br />

der im Dampf zu einer zähflüssigen Masse<br />

verkocht wird. Danach wird mit einem<br />

Tuch das Wasser abgepresst, die gewalzten<br />

Nudeln werden noch einmal gekocht und<br />

danach getrocknet.<br />

Das<br />

»InterContinental<br />

Danang Sun<br />

Peninsula«<br />

beherbergt mit<br />

dem »La Maison<br />

1888« ein<br />

Restaurant der<br />

Spitzenklasse<br />

in Đà Nang. Auf<br />

der Speisekarte<br />

stehen vor allem<br />

französische und<br />

vietnamesische<br />

Gerichte.<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

115


cover / CHINA<br />

Das »Ultraviolet« in Shanghai ist der Inbegriff<br />

der Luxusküchen. Wer hier einen Tisch<br />

reservieren will, muss mit Wartezeiten<br />

von bis zu einem halben Jahr rechnen.<br />

CHINA<br />

DIE VERKOSTUNG<br />

DER WELT<br />

Von Yakbuttertee bis Meeresschnecken, von Quallensalat bis gedämpftem Fischkopf: Es gibt<br />

wenige Orte, wo die Welt so umfassend verkocht und köstlich gemacht wird wie in China.<br />

Acht große Küchen zählt das Land offiziell – und das ist nur der Anfang.<br />

TEXT TOBIAS MÜLLER<br />

Fotos: Jonathan Leijonhufvud, Getty Images, Shutterstock, beigestellt<br />

116 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Es wäre ganz leicht, eine Chinareise<br />

nur rund ums Essen zu<br />

planen. In Hongkong können<br />

Sie ganze Vormittage in dunklen<br />

Dim-Sum-Schuppen verbringen<br />

und sich durch gedämpfte Teigtaschen,<br />

Kutteln und Hühnerfüße kosten,<br />

während Sie Wasserdampf und der Duft<br />

nasser Bambuskörbe umwehen; nachmittags<br />

schlemmen Sie Char Siu, das berühmte<br />

Barbecue, bei dem die Haut der Tiere so<br />

knusprig wird wie Pergament; und abends<br />

warten Weltklasse-Restaurants wie das<br />

»The Chairman«, aktuell Nummer 41 auf<br />

der »World’s 50 Best«-Liste.<br />

In Chengdu, der Hauptstadt Sichuans,<br />

können Sie die ganze Nacht lang Feuertopf<br />

essen, eine Art Fondue, auf dem eine<br />

fingerdicke rote Schicht Chiliöl schwimmt<br />

und das die Lippen und die Zungen leicht<br />

betäubt und prickeln lässt vom Sichuanpfeffer,<br />

oder Sie probieren einen berühmten<br />

lokalen Snack: scharfe gebratene<br />

Hasenköpfe.<br />

Entlang der Küste, etwa in den Hafenstädten<br />

Xiamen und Whenzhou, wird<br />

jedes nur erdenkliche Meerestier serviert:<br />

Wie in China üblich, stehen vor den<br />

Restaurants Dutzende Aquarien, Kübel<br />

und Eimer, in denen Fische schwimmen,<br />

Muscheln Wasser spritzen und Schildkröten<br />

ihre Hälse recken. Bei Bestellung werden<br />

sie herausgefischt und ganz frisch<br />

zubereitet.<br />

Im tiefen Südwesten, in den tropischen<br />

Bergen Yunnans, schmeckt das Essen<br />

schon sehr nach Thailand oder Vietnam,<br />

und ein paar Stunden weiter nordöstlich,<br />

in den alten tibetischen Gebieten, trinken<br />

Nomaden vor ihren Zelten Yakbuttertee.<br />

In der Hauptstadt Peking können Sie<br />

neben der berühmten Ente (unbedingt im<br />

»Duck de Chine«!) Köstlichkeiten aus<br />

allen Provinzen probieren – fast jede lokale<br />

Regierung betreibt hier neben einer<br />

politischen Vertretung auch ein Restaurant.<br />

Und in der Weltstadt Shanghai gibt<br />

es sowieso alles, was auf diesem Planeten<br />

gut und teuer ist: Hier hat mittlerweile<br />

eine Unzahl westlicher Starköche Michelin-besternte<br />

Restaurants aufgesperrt. Am<br />

spektakulärsten und gefragtesten ist derzeit<br />

wohl das »Ultraviolet« von Paul<br />

Pairet, eine Mischung aus Fine-Dining-<br />

Restaurant und Virtual-Reality-Show.<br />

<<br />

Chengdu, die<br />

Hauptstadt der<br />

Provinz Sichuan, ist<br />

für ihr scharfes Essen<br />

berühmt. Viele<br />

Gerichte werden hier<br />

mit Sichuanpfeffer<br />

verfeinert, der<br />

angenehm prickelt<br />

und die Lippen<br />

betäubt.<br />

Peking ist berühmt für die nach der<br />

Stadt benannte Ente. Besonders edel<br />

speist man sie im »Duck de Chine«.<br />

Sie kommt hier in zahlreichen<br />

Varianten auf den Tisch.<br />

Der Feuertopf, die chinesische Form des Fondues, ist das<br />

wahrscheinlich beliebteste Essen im Land.<br />

Der Fischmarkt<br />

in Xiamen stellt<br />

Fischliebhaber<br />

vor die Qual<br />

der Wahl: Hier<br />

wird jedes<br />

erdenkliche<br />

Meerestier<br />

angeboten.<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

117


cover / CHINA<br />

<<br />

Wer chinesische Küche auf höchstem<br />

Niveau erleben will, probiert die genialen<br />

Kantonspezialitäten im »Imperial Treasure«.<br />

Und wem das alles zu schick ist, der<br />

geht einfach in eine x-beliebige Seitengasse.<br />

Hier servieren Garküchen immer noch<br />

handgezogene Nudeln mit getrockneten<br />

Shrimps und Frühlingszwiebeln oder Xiaolongbao,<br />

hauchdünne Teigtaschen voll<br />

üppiger Krabbeneier.<br />

Wer das alles probiert hat, weiß: Das war<br />

nur der Anfang. Man hat immer noch bloß<br />

an der Oberfläche der chinesischen Küche<br />

gekratzt. Das Land ist ähnlich groß wie<br />

Europa, es erstreckt sich von den schneebedeckten<br />

Gipfeln des Himalaya bis in die<br />

Dschungel Südostasiens, von den Wüsten<br />

Zentralasiens bis an die Küste des nördlichen<br />

Pazifik. Dazwischen leben mehr als<br />

1,3 Milliarden Menschen: Neben der<br />

Mehrheit, den Han-Chinesen, gibt es mindestens<br />

50 verschiedene Minderheiten,<br />

manche Muslime, andere Buddhisten oder<br />

Christen. So groß und weit und vielfältig ist<br />

dieses Land, dass die Chinesen es einst<br />

schlicht »Tianxia« nannten: »Alles unter<br />

dem Himmel«.<br />

Seit das Reich besteht, beschäftigen sich<br />

seine Gelehrten damit, wie die vielen verschiedenen<br />

Küchen einzuteilen sind. Derzeit<br />

gibt es offiziell 35 verschiedene Küchen,<br />

von denen wiederum acht als die »großen<br />

»The Chairman« in<br />

Hongkong ist für seine<br />

Krabbengerichte<br />

berühmt und aktuell<br />

die Nummer 41 auf der<br />

»World’s 50 Best«-Liste.<br />

Küchen Chinas« gelten: Sichuan, Hunan,<br />

Kanton, Fujian, Zhejiang, Anhui, Jiangsu<br />

und Shandong (das hat auch damit zu tun,<br />

dass acht eine Glückszahl ist, weil es auf<br />

Mandarin ähnlich klingt wie das Wort<br />

Reichtum). Die Küchen und Einflüsse der<br />

unzähligen Minderheiten, von den Uiguren<br />

bis zu den Lao, sind da noch gar nicht<br />

mitgezählt.<br />

Bei aller Verschiedenheit gibt es ein paar<br />

Dinge, die die allermeisten chinesischen<br />

Küchen gemeinsam haben: So wie früher<br />

auch in Europa wird Essen hier stets geteilt<br />

– eine eigene Portion gibt es nur, wenn<br />

jemand alleine schnell eine Nudel- oder<br />

Reissuppe isst. Fleisch wird stets am Knochen<br />

serviert, Fische oft mit Gräten – Chinesen<br />

macht es nichts aus, sich für ein delikates<br />

Stück Fleisch ein wenig zu plagen. Sie<br />

zuzeln und nagen, saugen und schlürfen<br />

gern – und spucken nicht essbare Reste<br />

einfach aus.<br />

Nose to tail ist vollkommen selbstverständlich,<br />

Innereien gelten als Delikatessen<br />

und der Kopf ist der teuerste, weil begehrteste<br />

Teil vom Fisch. Essenstabus gibt es<br />

dafür kaum: Von Eidechsen über Heuschrecken<br />

bis hin zu Quallen wird alles verkocht<br />

und mit erstaunlichem Geschick köstlich<br />

gemacht. Das heißt allerdings nicht, dass<br />

Chinesen vor nichts zurückschrecken: Vergammelte<br />

Milch zum Beispiel (zu Deutsch:<br />

Käse) finden die meisten ziemlich widerlich.<br />

Das bedeutendste Tier für die chinesische<br />

Küche ist das Schwein – das geht so weit,<br />

dass auf Mandarin das Wort für »Schwein«<br />

und »Fleisch« das gleiche ist und Vegetarier,<br />

die in China im Restaurant »etwas ohne<br />

Fleisch« bestellen, oft Lamm aufgetischt<br />

bekommen. Das Tier ist so wichtig für die<br />

chinesische Wirtschaft, dass die chinesische<br />

Regierung eingefrorene Schweinehälften<br />

bunkert – eine nationale Schweinereserve,<br />

ähnlich wie in anderen Staaten Gold.<br />

Als Schmelztiegel der Kulturen ist die pulsierende Metropole Hongkong zwischen Wolkenkratzern,<br />

Glitzer und und Glamour auch kulinarisch eine Stadt der Superlative.<br />

<<br />

Fotos: Shutterstock, beigestellt<br />

118 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


cover / CHINA<br />

Das gefeierte<br />

»Imperial<br />

Treasure«<br />

bietet<br />

kantonesische<br />

Küche vom<br />

Allerfeinsten,<br />

unter anderem<br />

in Singapur,<br />

Hongkong und<br />

Shanghai.<br />

Mit fast 20 Millionen<br />

Einwohnern ist<br />

Shanghai eine der<br />

größten Städten der<br />

Welt – hier findet<br />

man alles, von<br />

Streetfood bis zu<br />

höchstpreisiger<br />

Spitzengastronomie.<br />

Das »Fu He Hui«<br />

in Shanghai hat<br />

es mit seiner<br />

vegetarischen<br />

Zen-Küche auf<br />

die Liste der<br />

»50 Best<br />

Restaurants«<br />

geschafft.<br />

Soja ist überall eine wichtige Proteinquelle,<br />

sei es frisch, als Tofu oder Sojamilch.<br />

Ingwer, Frühlingszwiebel und Sojasauce<br />

sind allgegenwärtig, oft kommen noch chinesischer<br />

Reiswein, Knoblauch und diverse<br />

vergorene Gemüse hinzu. Nördlich des<br />

Jangtse ist Getreide die wichtigste Kalorienquellle,<br />

während südlich des großen Flusses<br />

eher Reis gegessen wird. Apropos Reis: Viele<br />

Besucher sind überrascht, dass sie in China<br />

kaum Reis serviert bekommen. Bei<br />

einem gehobenen chinesischen Essen oder<br />

Bankett kommt er, wenn überhaupt, erst<br />

ganz am Schluss des Mahls auf den Tisch,<br />

für jene, die trotz des vielen Essens immer<br />

noch Hunger haben.<br />

Essen wird hier sehr ernst genommen<br />

und war immer schon ein wesentlicher<br />

Bestandteil der chinesischen Kultur. Chinesische<br />

Dichter schwärmten bereits vor Jahrtausenden<br />

von der Eleganz von Nudeln<br />

oder dem Genuss einer Reissuppe an kühlen<br />

Herbstabenden. Bis heute zeigt sich die<br />

Bedeutung der Kulinarik in Redewendungen:<br />

Chinesen begrüßen sich gern mit »Chī<br />

le ma?«, was so viel wie »Hast du schon<br />

gegessen?« heißt. »Iss meinen Tofu nicht!«<br />

bedeutet »Schau mich nicht so lüstern an!«,<br />

und »Du bist mein Fleisch nahe am Knochen«<br />

ist eine andere Art dafür, »Ich hab<br />

dich furchtbar gern« zu sagen.<br />

In den vergangenen 60 Jahren hat es die<br />

chinesische Kochkunst in China trotzdem<br />

schwer gehabt. Die kommunistischen<br />

Machthaber hielten nicht viel von Esskultur,<br />

die sie als bourgeois verurteilten. Spitzenköche<br />

(und ihre Arbeitgeber) wurden<br />

vertrieben, Restaurants geschlossen, Farmen<br />

verstaatlicht. Das allerbeste chinesische<br />

Essen – aus qualitativ hochwertigen<br />

Zutaten – bekommt man daher bis heute<br />

oft außerhalb Chinas: in Taipeh, Hongkong<br />

oder Singapur – überall dort, wo es schon<br />

lange starke, chinesische Communitys gibt,<br />

die von der Kulturrevolution verschont<br />

geblieben sind.<br />

Ganz langsam ändert sich das wieder.<br />

Restaurants wie das »Dragon Well Manor«<br />

nahe der alten Kaiserstadt Hanzhou oder<br />

Köche wie der legendäre Chef Yu Bo in<br />

Chengdu versuchen, wieder an die alte Größe<br />

der chinesischen Küche anzuschließen –<br />

oder sie gar weiterzuentwickeln. Wir hoffen<br />

sehr, dass es ihnen gelingt.<br />

<<br />

<<br />

Fotos: Yellow Studio Photodesign, Shutterstock, beigestellt<br />

120 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Selection<br />

Das Beste aus jedem Land.<br />

Erlebe Reis!<br />

ORYZA, der Hamburger Reisexperte,<br />

unterstützt den Pianisten Florian Heinisch.<br />

www.oryza.de


cover / KOREA<br />

KOREA<br />

WEIT MEHR ALS<br />

Denkt man an die Kulinarik und die Küche Koreas, fällt<br />

einem erst einmal Kimchi ein. Eventuell Bulgogi. Vielleicht<br />

noch Reis. Aber so gesehen ist Korea vielleicht jenes Land,<br />

in dem es am meisten zu entdecken gibt.<br />

TEXT JÜRGEN SCHMÜCKING<br />

Koreanischer Eintopf<br />

mit Ente und Lauch.<br />

Ein Tag am Noryangjin-Fischmarkt<br />

ist ein Crashkurs in nonverbaler<br />

Kommunikation. Die<br />

Sprachen, mit denen wir (Westeuropäer)<br />

uns gerne weltgewandt<br />

geben, versteht hier niemand. Gesprochen,<br />

gerufen und geschrien wird trotzdem.<br />

Noryangjin ist kein hübscher kleiner Bauernmarkt,<br />

sondern groß und chaotisch. Fischhändlerinnen<br />

an kleinen Ständen bieten alles,<br />

was das Meer hergibt, von Plankton und<br />

Muscheln über Hummer und Königskrabben<br />

bis zu den richtig großen Dingern. Wal und<br />

Hai gibt es zwar nicht an jedem Stand, finden<br />

wird man sie auf jeden Fall. Es dauert nur<br />

länger. Weiter hinten dann wird der Geruch<br />

deutlich strenger. In meterlangen Reihen steht<br />

Kübel an Kübel, Dose an Dose mit verrottetem<br />

Fisch in jeder erdenklichen Stufe des Zerfalls.<br />

Hier spürt man zum ersten Mal den<br />

Kontakt mit der kulinarischen Seele Koreas.<br />

Der Clou auf diesem Markt: Man kauft<br />

am Stand die frische Ware und bringt sie die<br />

Stiegen hinauf in eine der Garküchen. Kaum<br />

eine Viertelstunde später ist das Essen fertig.<br />

Wer den gekauften Fisch roh will, sagt<br />

»hoe« und bekommt alles, was er dem Koch<br />

hinhält – filetiert, feinst geschnitten und mit<br />

Kimchi, frisch geriebenem Wasabi, einer<br />

(umwerfend köstlichen) fermentierten Bohnenpaste<br />

(Doenjang) und einem stattlichen<br />

Salatblatt, um alles einzuwickeln. Wer sich<br />

am Markt vom eindrucksvollen Angebot an<br />

Königskrabben beeindrucken ließ, bestellt<br />

Bokkeumbap, ein großartiges Reisgericht<br />

aus frittiertem Reis, Kimchi, Gemüse und<br />

Krabbenfleisch. Angerichtet wird es im<br />

Krabbenpanzer, auf Wunsch verfeinert mit<br />

Aekjeot, einer intensiven Fischsauce.<br />

Szenenwechsel. In den Süden des Landes,<br />

in die Region Jangheung, unweit der koreanischen<br />

Südküste am ostchinesischen Meer.<br />

Im Norden Jangheungs liegen ein paar dicht<br />

bewaldete Berge, wie der Jeamsan, der Sambisan<br />

oder der Sajasan. Auf einem Hang des<br />

Sajasan wachsen die Teesträucher von Heewon<br />

Lee, einem der letzten Produzenten von<br />

Cheongtaejeon. Die Lichtung am Berghang<br />

hat etwa die Größe eines Fußballfelds, üppig<br />

Fotos: Stockfood, Shutterstock<br />

122 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


KIMCHI<br />

bewachsen mit wildem Tee. Die Ernte (Ende<br />

April bis Ende Mai) ist langwierig, mühsam<br />

und gefährlich. Die geernteten Blätter werden<br />

kurz aufgekocht und dann – sobald sie<br />

ihre Farbe verändert haben – in einem Mörser<br />

zerstampft. Der Geruch in den Räumen,<br />

in denen das passiert, brennt sich unauslöschlich<br />

ins Gedächtnis ein. Es ist ein voller,<br />

intensiver, ausdrucksstarker, frisch-vegetabiler<br />

Duft, geprägt von fruchtigen Tönen. Die<br />

durch das Mörsern entstandene Paste wird<br />

in kleinen Formen zu Rädern gepresst, später<br />

in Terrakotta-Amphoren getrocknet.<br />

Cheongtaejeon ist ein Tee von unglaublicher<br />

Finesse und gehört zum Elegantesten, das<br />

Korea für den Gaumen zu bieten hat. Und er<br />

zeigt, dass die Koreaner in Sachen Fermentation<br />

eine wahre Meisterschaft entwickelt<br />

haben. Nicht nur bei Fisch oder Soja. Auch<br />

bei Tee. Und Kohl.<br />

Kimchi, der milchsauer vergorene Chinakohl,<br />

ist Koreas Nationalgericht. Es ist<br />

sowohl Zutat als auch Basis vieler Gerichte.<br />

Je nach Region kommen Salz, Chili, Knoblauch<br />

und Fischsauce dazu. Es gibt über<br />

200 verschiedene Rezepte zur Herstellung<br />

von Kimchi. Vermutlich liegt die Dunkelziffer<br />

noch viel höher. Gerade in ländlichen<br />

Gegenden werden die Rezepte von Generation<br />

zu Generation weitergegeben, was dazu<br />

geführt hat, dass Kimchi mittlerweile zur<br />

kulinarischen DNA des Landes gehört.<br />

Die Klassiker der koreanischen Küche sind<br />

hierzulande bekannt. Bulgogi (am Tisch<br />

gegrillte Scheiben von mariniertem Rindfleisch)<br />

oder Bibimbap (Resteessen aus Reis,<br />

Gemüse, Ei, Sprossen und Pilzen). Sie schmecken<br />

hier nicht viel anders als in Korea. Wer<br />

sich der Küche des Landes nähern will,<br />

kommt wahrscheinlich nicht daran vorbei,<br />

das Land zu besuchen. Und dort Ausschau<br />

zu halten nach Maeun-tang (eine hyperscharfe<br />

Fischsuppe mit Weizennudeln), Jeonbok-juk<br />

(ein sensationelles Hirse-Porridge<br />

mit Abalone von der Insel Jejudo) oder<br />

Bosintang (das bitte selbst googeln). Nur so<br />

viel: Die Koreaner nennen sie auch Meongmeongtang,<br />

was wörtlich mit »Wuffwuffsuppe«<br />

zu übersetzen wäre.<br />

Am Fischmarkt<br />

Noryangjin findet<br />

man jedes<br />

erdenkliche<br />

Meerestier –<br />

vom Plankton<br />

bis zum Wal.<br />

Das alte Dorf<br />

blickt auf sechs<br />

Jahrhunderte<br />

Geschichte<br />

zurück. Dahinter:<br />

das moderne<br />

Seoul.<br />

Bulgogi (l.) und<br />

Bibimbap (u.)<br />

gehören zu den<br />

Klassikern der<br />

koreanischen<br />

Küche.<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

123


cover / THAILAND<br />

THAI-SOCIETY!<br />

Die Vielfalt seiner Küche ist<br />

umwerfend – die Menschen<br />

scheinen ständig zu essen<br />

und darüber zu reden. Wenn<br />

sie von der Küche ihrer Nachbar<br />

länder sprechen, gähnen<br />

sie demonstrativ. Dabei wäre<br />

das kulinarische Thailand<br />

ohne die Einflüsse anderer<br />

Länder nicht annähernd dort,<br />

wo es jetzt steht.<br />

THAILAND<br />

TEXT JÜRGEN SCHMÜCKING<br />

Thailands Foodstyle steht für<br />

leichte und gesunde Ernährung,<br />

für Delikatesse, Schärfe und<br />

Exotik. Und natürlich für Mut<br />

zum (und Spaß am) Experiment.<br />

Es sind im Übrigen nicht nur geografische,<br />

sondern auch historische Einflüsse, die sich<br />

in der Küche des Landes widerspiegeln. So<br />

kommen zum Beispiel einige Zutaten von<br />

Som Tam, einem Papaya-Salat-Gericht aus<br />

der Region Isan, eigentlich aus der Neuen<br />

Welt: die Papaya selbst, Chilischoten, Erdnüsse<br />

und Tomaten. Andere Ingredienzien<br />

haben ihren Ursprung in China (Fischsauce)<br />

oder Indien (Palmzucker), und doch ist es<br />

eines der bekanntesten Gerichte Thailands.<br />

Vor allem Chili hat die Küche des Landes<br />

verändert und geprägt. Frühe Chronisten, die<br />

über die Essgewohnheiten in Ayutthaya (der<br />

Hauptstadt Thailands bis ins 18. Jahrhundert)<br />

schrieben, erwähnten Chili und seine<br />

Schärfe mit keinem Wort. Und heute? Ohne<br />

Chili ist die Thai-Küche gar nicht denkbar.<br />

Gebracht haben sie die Farang, die europäischen<br />

Seefahrer. So gesehen lieferte die Entdeckung<br />

Amerikas eine der tragenden Säulen<br />

der thailändischen Esskultur.<br />

Fotos: beigestellt<br />

124 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Fotos: Xinhua/Eyevine/picturedesk.com, Jason Michael Lang, info@martinmorrell.com, Getty Images<br />

Auch Phat Thai, ein weiteres Nationalgericht<br />

der Thai, erzählt eine ähnliche<br />

Geschichte. Das mit den Nudeln hat man<br />

sich von den Chinesen abgeschaut. Auch<br />

hier wieder Chili, Erdnüsse und eine Reihe<br />

anderer Zutaten, die ihren Ursprung nicht<br />

in Thailand haben. Trotzdem wird niemand<br />

jemals die komplexe, leicht süßliche und<br />

deutlich scharfe Komposition von Aromen<br />

und Texturen mit einem chinesischen<br />

Gericht verwechseln.<br />

DAS MEKKA DER GARKÜCHEN<br />

Wer nach Thailand kommt, wird im Handumdrehen<br />

von der kulinarischen Vielfalt des<br />

Landes erfasst, und wer diesem Angebot<br />

gegenüber so offen ist wie die thailändische<br />

Küche selbst, wird Unvergessliches erleben.<br />

Wobei man in den Touristenhochburgen<br />

Phuket und Pattaya vermutlich länger suchen<br />

wird als in Hua Hin, Udon Thani oder Bangkok.<br />

Die Stadt ist das Mekka der Garküchen,<br />

und nirgendwo im Land werden die Vielfalt<br />

und die unterschiedlichen Einflüsse besser<br />

abgebildet als zwischen Bangkoks Chinatown,<br />

der Mahachai Road und Sukhumvit<br />

Soi. Herausragend (und aus mehreren Gründen<br />

ein Segen für Bangkok) ist die Wok-Virtuosin<br />

Jay Fai beziehungsweise ihr Laden<br />

»Raan Jay Fai«. Dass es dort grandiose<br />

Die europäischen<br />

Seefahrer haben den Chili<br />

gebracht. So gesehen lieferte<br />

die Entdeckung Amerikas eine<br />

der tragenden Säulen der<br />

thailändischen Esskultur.<br />

Das vielleicht berühmteste Thai-Restaurant der Welt: Im »Nahm«<br />

werden hervorragende, authentische Gerichte serviert.<br />

Markenzeichen:<br />

Wok-Virtuosin<br />

Jay Fai trägt in der<br />

Küche Wollhaube<br />

und Skibrille, um<br />

sich vor den<br />

Fettspritzern<br />

zu schützen.<br />

Wok-Gerichte gibt, wussten Einheimische<br />

schon lange. Die Schlange vor ihrem Lokal<br />

war immer schon länger als bei der Konkurrenz.<br />

Jay Fai (die eigentlich Supinya Junsuta<br />

heißt – ihren Spitznamen verdankt sie einem<br />

markanten Muttermal im Gesicht) steht täglich<br />

in ihrem Reich – mit dunkler Wollhaube<br />

und Skibrille, um sich vor Fettspritzern zu<br />

schützen. Mittlerweile ist es ihr unverwechselbarer<br />

Style. Sie befeuert den Herd, jongliert<br />

mit drei bis vier Woks gleichzeitig, und<br />

in den Töpfen brodelt es. Wer Zeit und Muße<br />

hat zu warten, wird belohnt. Mit einem sensationell<br />

guten (wenn auch für Bangkoker<br />

Verhältnisse nicht ganz günstigen) Kai-Jeaw<br />

Poo, dem außen knusprigen und innen krabbensaftigen<br />

Omelette. Oder mit einer herrlich<br />

scharfen Tom Yam Gung.<br />

Jedenfalls hat der renommierte »Guide<br />

Michelin« befunden, dass sich Jay Fai einen<br />

Stern verdient hat – und mit ihr etwa ein<br />

Dutzend anderer Garküchen den »Bib Gourmand«.<br />

Seither ist vieles anders. Die Stadtverwaltung<br />

von Bangkok, der die Garküchen<br />

seit Jahren ein Dorn im Auge sind, musste<br />

klein beigeben und die Schließung sämtlicher<br />

Garküchen von ihrer Liste streichen. Jay Fais<br />

Bild ging um die Welt, und in der Schlange<br />

vor ihrem Lokal stehen jetzt deutlich mehr<br />

Farang als früher. Die europäischen Entdecker<br />

sind wieder da. Nur kommen sie jetzt<br />

nicht mehr mit Segelschiffen.<br />

<<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

125


cover / ADRESSEN ASIEN<br />

TIPPS &<br />

ADRESSEN<br />

JAPAN<br />

HOTELS<br />

SUIRAN HOTEL KYOTO*****<br />

Das malerische Luxus-Hotel direkt am Ufer des<br />

Hozugawa-Flusses ist ein idealer Rückzugsort vom<br />

Trubel der Stadt. DZ ab 550 Euro.<br />

12 Susukinobaba-cho, Saga-Tenryuji, Ukyo-ku,<br />

Kyoto, 616-8385<br />

T: +81 75 8720101<br />

marriott.com/hotels/travel/ukylc-suiran-a-luxurycollection-hotel-kyoto<br />

CONRAD OSAKA*****<br />

Das luxuriöse Hotel im Zentrum Osakas beeindruckt<br />

nicht nur mit einem atemberaubenden Ausblick.<br />

Die Lage ist ideal, um die Stadt zu erkunden.<br />

DZ ab 294 Euro.<br />

3-2-4 Nakanoshima, Kita-ku, Osaka,<br />

530-0005<br />

T: +81 6 62220111<br />

conradhotels3.hilton.com/en/hotels/japan/conradosaka-OSACICI/index.html<br />

RESTAURANTS<br />

KITCHO ARASHIYAMA<br />

Ein Besuch im »Kitcho Arashiyama« in Kyoto ist ein<br />

Erlebnis der Extraklasse. Das Restaurant am<br />

Stadtrand wurde für seine traditionelle Kaiseki-<br />

Küche bereits mit drei Michelin-Sterne ausgezeichnet.<br />

58 Susukinobaba Saga-Tenryuji, Ukyo-ku,<br />

Kyoto, 616-8385<br />

T: +81 75 8811101, kyoto-kitcho.com<br />

IFUKI<br />

Bei seinen Menüs beeindruckt Chefkoch Norio<br />

Yamamoto mit einer Kombination von Kaiseki-<br />

Küche und »Sumibiyaki«, der Holzkohle-Grillkunst.<br />

570-8 Gionmachi Minamigawa, Higashiyama-ku,<br />

Kyoto, 605-0074<br />

T: +81 75 5256665, kyoto-ifuki.com<br />

YAKITORI HITOMI<br />

Eine der besten Adressen, wenn es um japanisches<br />

Yakitori (gegrilltes Geflügel) geht.<br />

96 Okikucho, Sakyo-ku, Kyoto, 606-8376<br />

T: +81 75 7717818<br />

SUSHIYA ONO<br />

Für High-End-Fischgenuss in intimem Ambiente<br />

bietet sich das »Sushiya Ono« an.<br />

4-11-8 Ebisu, Shibuya-ku, Tokyo 150-0013<br />

T: +81 3 34415524<br />

SUSHI SAITOU<br />

Nur acht Sitzplätze fasst das legendäre »Sushi Saitou«,<br />

die allesamt an der Bar liegen und damit den<br />

Blick auf die Handarbeit des Kochs freigeben. Seit<br />

2009 trägt das Restaurant drei Sterne.<br />

ARK Hills South Tower 1F, 1-4-5 Roppongi, Minato<br />

City, Tokyo, 106-0032<br />

T: +81 3 35894412<br />

arkhills.com/shops_restaurants/restaurants/00010<br />

NIHONRYORI RYUGIN<br />

Die Nummer sieben in der Rangliste der besten<br />

Restaurants Asiens. Elf Jahre lang lernte Chefkoch<br />

Seiji Yamamoto unter Hirohisa Koyama, einem der<br />

am meisten verehrten Köche Japans.<br />

7F Tokyo Midtown Hibiya, 1-1-2 Yurakucho,<br />

Chiyoda-ku, Tokyo, 100-0006<br />

T: +81 3 66300007, nihonryori-ryugin.com<br />

»VO ROOF GARDEN«,<br />

HO-CHI-MINH-STADT, VIETNAM<br />

GINZA KOJYU<br />

Chef Toro Okuda steht für moderne japanische Haute-Cuisine,<br />

die von äußerst frischen saisonalen Zutaten<br />

geprägt ist. Es ist nicht einfach, in dem kleinen<br />

Drei-Sterne-Restaurant einen Tisch zu ergattern.<br />

5-4-8 Ginza, Chuo-ku, Tokyo, 104-0061<br />

T: +81 3 62159544<br />

Weitere Adressen aus Japan finden Sie im<br />

Long Weekend Tokyo ab Seite 210.<br />

VIETNAM<br />

HOTELS<br />

THE REVERIE SAIGON*****<br />

Luxus pur, erhaben gestaltete Räume, großzügig<br />

ausgestattete Zimmer und Suiten. Für alle, die<br />

Gefallen am Überfluss finden. DZ ab 208 Euro.<br />

22–36 Nguyen Hue Boulevard & 57–69F<br />

Dong Khoi Street, District 1, Ho Chi Minh City<br />

T: +84 28 38236688<br />

thereveriesaigon.com<br />

MELIA BA VI MOUNTAIN RETREAT<br />

Ein unglaublich schöner Rückzugsort etwas außerhalb<br />

von Hanoi. Natur pur, ein perferkter Ort für ein<br />

paar Tage entspannter Auszeit. DZ ab 112 Euro.<br />

Cote 600m, Ba Vi National Park, Ba Vi District, Hanoi<br />

T: +84 24 32009999, melia.com<br />

RESTAURANTS<br />

LA MAISON 1888<br />

Pierre Gagnaires Ableger in Danang bietet zwar<br />

eher französische Küche mit vietnamesischem<br />

Finish, entgehen sollte man sich das Fine-Dining-<br />

Erlebnis aber nicht.<br />

Intercontinental Hotel, Danang Sun Peninsula<br />

Resort Bai Bac, Son Tra Peninsula, Danang<br />

T: +84 23 63938888<br />

pierregagnaire.com/restaurants/maison_1888<br />

VO ROOF GARDEN<br />

Eine Perle, die sich versteckt und nicht so leicht<br />

finden lässt. Sympathische Terrasse mit nettem<br />

Ausblick und großartigen Snacks.<br />

Trung Thuy Building, 44 Nguyen Hue, Ben Nghe<br />

Ward, District 1, Ho Chi Minh City<br />

T: +84 93 4118280, facebook.com/voroofgarden<br />

THE HUNG SNAKE<br />

An den Nachbartischen werden sich Touristen<br />

lebende Schlangen um den Hals hängen lassen.<br />

Nimmt man das in Kauf, bekommt man hier die<br />

besten Schlangengerichte der Stadt. Nose to tail.<br />

No 33 Le Mat, Viet Hung, Long Bien, Hanoi<br />

T: +84 98 9331012, snake.vn<br />

CHINA<br />

HOTELS<br />

THE PENINSULA SHANGHAI*****<br />

Das Fünf-Sterne-Luxushotel liegt nur fünf Minuten<br />

vom Einkaufsviertel East Nanjing Road entfernt.<br />

Fotos: beigestellt<br />

126 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Die stilvoll eingerichteten Zimmer bieten Komfort<br />

auf höchstem Niveau. Zur Entspannung stehen ein<br />

großer Außenpool sowie ein Wellnessbereich zur<br />

Verfügung. DZ ab 292 Euro.<br />

32 Zhongshan Dong Yi Road, Shanghai<br />

T: +86 21 23272888, peninsula.com/en/shanghai<br />

SHANGRI-LA CHINA WORLD SUMMIT WING<br />

BEIJING*****<br />

In den oberen Etagen des China-World-Trade-Centre-Komplexes<br />

residiert dieses Luxushotel, das<br />

einem die Stadt quasi zu Füßen legt. Die aufwendig<br />

ausgestatteten Zimmer, ein Wellnessbereich sowie<br />

vier Restaurants lassen keine Wünsche offen.<br />

DZ ab 205 Euro.<br />

No. 1 Jianguomenwai Avenue, Peking<br />

T: +86 10 65052299, shangri-la.com/beijing<br />

THE PULI HOTEL AND SPA*****<br />

Stilvolles Cityhotel im Zentrum der Stadt. Dank der<br />

raumhohen Fenster genießen die Gäste einen<br />

traumhaften Ausblick. Mit Sternerestaurant, Fitnessbereich<br />

und 24-Stunden-Conciergeservice.<br />

DZ ab 144 Euro.<br />

1 ChangDe Road, JingAn District, Shanghai<br />

T: +86 21 32039999, thepuli.com<br />

»OPERA BOMANA«, PEKING, CHINA<br />

RESTAURANTS<br />

CHAIRMAN<br />

Quasi das Aushängeschild der kantonesischen<br />

Küche: Das »Chairman« in Hongkong legt großen<br />

Wert auf Produkte aus der Region. Geschmacksverstärker<br />

und Zusatzstoffe sucht man hier vergeblich<br />

– unbedingt einen Besuch einplanen!<br />

No. 18 Kau U Fong, Central, Hongkong<br />

T: +85 22 5552202<br />

thechairmangroup.com<br />

DUCK DE CHINE<br />

Peking zu verlassen, ohne die weltberühmte Spezialität<br />

gegessen zu haben, ist fast schon kriminell. Im<br />

»Duck de Chine« nahe der verbotenen Stadt wird die<br />

Peking-Ente in modernem Ambiente serviert.<br />

1949 Club, No. 98 Jinbao Street, Dongcheng<br />

District, Peking<br />

T: +86 10 65212221<br />

ULTRAVIOLET<br />

Wer es schafft, hier einen der begehrten Dinner-<br />

Plätze zu ergattern, den erwartet Großes. Im<br />

»Ultraviolet« werden exzellente Gerichte serviert,<br />

eingebettet in eine spektakuläre Multimediashow.<br />

Spitzenkoch Paul Pairet bietet großes Kino für<br />

alle Sinne.<br />

Zhongshan Dong Yi Lu 18, 20002 Shanghai<br />

T: +86 21 63239898<br />

uvbypp.cc<br />

IMPERIAL TREASURE FINE SHANGHAI CUISINE<br />

Bekannt für seine Dim Sum, verwöhnt das »Imperial<br />

Treasure« seine Gäste mit authentischen Gerichten<br />

wie geräuchertem japanischem Ei oder<br />

geschmortem Schweinefleisch in brauner Sauce<br />

mit gedünsteten Brötchen.<br />

Takashimaya S. C., Ngee Ann City No. 04–22,<br />

391 Orchard Road, Singapur<br />

T: +65 6836 6909, imperialtreasure.com<br />

OPERA BOMBANA<br />

Eröffnet im Jahr 2013, ist das »Opera Bombana«<br />

die ganz persönliche Interpretation von Drei-Sterne-<br />

Koch Umberto Bombana eines modernen, aber<br />

feinen italienischen Restaurants. Steinböden und<br />

ein zweistöckiges Weinlager sorgen für ein gediegenes<br />

Ambiente.<br />

LG2–21 + LG1–28, Parkview Green FangCaoDi<br />

No. 9, Dongdaqiao Road, Chaoyang District, Peking<br />

T: +86 10 56907177, operabombana.com<br />

TRB HUTONG<br />

Das minimalistisch eingerichtete Restaurant zählt<br />

zu den Top-Adressen des Landes. Inmitten eines<br />

historischen Tempelhofes gelegen, wird hier erstklassige,<br />

innovative, internationale Küche serviert.<br />

Und auch der Service ist grandios.<br />

No. 23, Shatan Beijie, Dongcheng District,<br />

Peking<br />

T: +86 10 84002232, trb-hutong.com<br />

YI LONG COURT<br />

Das Zwei-Sterne-Restaurant »Yi Long Court« ist<br />

das Flaggschiff des »Peninsula Hotels« in Shanghai.<br />

Küchenchef Tsui Wai Fai serviert kantonesische<br />

Speisen auf höchstem Niveau.<br />

32 Zhongshan Dong Yi Road, Shanghai<br />

T: +86 21 23276742<br />

peninsula.com/en/shanghai/hotel-fine-dining/yilong-court-chinese-restaurant<br />

YONGFOO ÉLITE<br />

Das »Yongfoo Élite» bietet moderne Shanghaier<br />

Küche auf Zwei-Sterne-Niveau. Gelegen im Diplomaten-Viertel<br />

der Stadt, befindet sich das Restaurant<br />

in einem anmutigen Herrenhaus.<br />

200 Yongfu Road, Xuhui Qu, Shanghai Shi<br />

T: +86 21 54662727<br />

100 CENTURY AVENUE<br />

Von der 91. Etage des »Park Hyatt Shanghai« hat<br />

man einen atemberaubenden Blick auf die Stadt. In<br />

mehreren Showküchen werden westliche, chinesische<br />

und japanische Gerichte zubereitet. Die Weinkarte<br />

zählt über 500 Positionen.<br />

100 Century Avenue, Pudong, Shanghai<br />

T: +86 21 68881234<br />

HUANG TING<br />

Versteckt im Untergeschoß des »Peninsula Hotel<br />

Peking« befindet sich das »Huang Ting«, in dem<br />

moderne chinesische Küche serviert wird. Graue<br />

Backsteinwände und zahlreiche Holzelemente sorgen<br />

für ein warmes Ambiente. Das Interieur erinnert<br />

an die Zeit der Qing-Dynastie.<br />

8 Goldfish Lane, Wangfujing, Peking<br />

T: +86 10 85162888<br />

DRAGON WELL MANOR<br />

Als eines der ersten Farm-to-Table-Restaurants<br />

Chinas zeichnet sich das »Dragon Well Manor« vor<br />

allem durch die Verwendung natürlicher und lokaler<br />

Zutaten aus. Besonderen Wert legt man hier<br />

auch auf die Aufrechterhaltung der klassischen<br />

kulinarischen Tradition.<br />

399 Longjing Road, Hangzhou<br />

T: +86 571 87888777<br />

FU HE HUI<br />

Besitzer Fang Yuan und Chefkoch Tony Lu haben<br />

mit dem »Fu He Hui« einen wahren Hotspot der<br />

vegetarischen Küche in China geschaffen. Kein<br />

Wunder also, dass das Restaurant den Sprung in<br />

die Liste der »50 World’s Best Restaurants«<br />

geschafft hat.<br />

1037 Yuyuan Road, Changning District, Shanghai<br />

T: +86 2139809188<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

127


cover / ADRESSEN ASIEN<br />

KOREA<br />

HOTELS<br />

IMPERIAL PALACE BOUTIQUEHOTEL SEOUL****<br />

Pop-Art im Zimmer, gediegener Style und Luxus in<br />

den Empfangsräumen. Dazu ein wunderbarer Ausblick<br />

auf die Hügel rund um Seoul und mitten im<br />

angesagten Itaewon gelegen. DZ ab 63 Euro.<br />

221, Itaewon-ro, Yongsan-gu, Seoul<br />

T: +82 2 37028000, ipboutiquehotel.com<br />

MAKERS HOTEL***<br />

Auch hier spielen Design und Ambiente eine bedeutende<br />

Rolle, nur etwas anders und auf Vintage getrimmt.<br />

Es gibt alte Bücher und Waffenräder zum<br />

Ausleihen. Gute Verkehrsanbindung. DZ ab 47 Euro.<br />

33 Donhwamun-ro 11-gil Jongno-gu, Seoul<br />

T: +82 2 7475000, makers-hotel.com<br />

RESTAURANTS<br />

JIN JIN<br />

Das China-Restaurant »Jin Jin« zählt zu den wenigen<br />

Restaurants des Landes, das mit einem Michelin-<br />

Stern ausgezeichnet wurde. Zu Recht. Mittlerweile<br />

gibt es drei Standorte. Das Original-»Jin Jin« befindet<br />

sich in Seogyo-Dong und hat nur abends offen.<br />

123 Jandari-ro, Mapo-gu, Seoul<br />

T: +82 70 50358878<br />

LEE JONG KUK 104<br />

Das koreanische Pendant zum »Jin Jin«. Lee ist<br />

kunstsinnig, das Lokal gleicht einer modernen Galerie,<br />

ebenso seine Gerichte. Tief verwurzelt in den<br />

kulinarischen Traditionen seines Landes und fast<br />

schon avantgardistisch in der Präsentation.<br />

95-1 Seongbuk-ro, Seongbuk-gu, Seoul<br />

T: +82 2 7470104<br />

YEONSAN OGYE FARM<br />

Lee Seung-Sook ist eigentlich Landwirtin und züchtet<br />

Ogye-Hühner: pechschwarzes Federvieh,<br />

schwarz bis in die Knochen. Gefüttert werden Süßkartoffel,<br />

Muschelkalk und Ginseng. Dementsprechend<br />

ist auch die Hühnersuppe im dazugehörigen<br />

Restaurant umwerfend.<br />

Yeosan-Myeon, Seoul<br />

T: +82 62 320873<br />

THAILAND<br />

HOTELS<br />

137 PILLARS*****<br />

Eines der besten Fünf-Sterne-Hotels in Bangkok.<br />

Spannende Architektur, großartige Ausblicke,<br />

großzügige Suiten und Zimmer inmitten eines kulinarischen<br />

Hotspots. DZ ab 130 Euro.<br />

59/1 Sukhumvit Soi 39, Klongton-Nua, Wattana,<br />

Bangkok 10110<br />

T: +66 2 0797000, 137pillarsbangkok.com<br />

CHILLAX HERITAGE HOTEL****<br />

Das »Chillax Heritage Hotel« liegt in einem geschichtsträchtigen,<br />

alten Viertel Bangkoks. Etwas<br />

außerhalb, daher auch etwas ruhiger und günstiger.<br />

DZ ab 68 Euro.<br />

Chillax Heritage Hotel near Khaosan Road,<br />

10 Pra Arthit Road, Phra Nakhon, Bangkok 10200<br />

T: +66 2 2818899, chillaxheritage.com<br />

RESTAURANTS<br />

NAHM<br />

Das »Nahm« ist wahrscheinlich eines der berühmtesten<br />

Thai-Restaurants der Welt. Unter der Leitung<br />

des renommierten Küchenchefs Pim Techamuanvivit<br />

werden hervorragende, authentische<br />

Gerichte serviert. Ab 22. September <strong>2019</strong> wieder<br />

geöffnet.<br />

27 South Sathorn Road, Tungmahamek, Sathorn,<br />

Bangkok 10120<br />

T: +66 2 6253333<br />

comohotels.com/en/metropolitanbangkok/dining/<br />

nahm<br />

RAAN JAY FAI<br />

Unscheinbares, aber sehr gutes Straßenlokal, hoher<br />

(und nicht unberechtigter) Hype-Faktor. Reservieren<br />

hilft, die Wartezeit zu verkürzen – oder kann helfen.<br />

327 Maha Chai Road, Khwaeng Samran Rat,<br />

Khet Phra Nakhon, Krung Thep Maha Nakhon,<br />

Bangkok 10200<br />

T: +66 92 7249633<br />

LE DU<br />

Moderne thailändische Küche von Chef Ton, der<br />

seine Lehrjahre unter anderem im »Eleven Madison<br />

Park« in New York verbracht hat.<br />

399/3 Silom Soi 7, Bangrak, Bangkok 10500<br />

T: +66 92 9199969, ledubkk.com<br />

BO.LAN<br />

Gehobene Thai-Küche, stark fokussiert auf Produktqualität<br />

und Herkunft. Hoher Bio-Anteil, starke<br />

Beziehungen zu heimischen Bauern.<br />

24 Sukhumvit 53 (Soi Pai dee ma dee), Klong Toey<br />

Nua, Wattana, Bangkok 10110<br />

T: +66 2 2602962, bolan.co.th<br />

SAI THONG<br />

Raus aus der Stadt! In Hua Hin stehen im »Anantara<br />

Resort« ein paar Tische am Strand. Ambiente<br />

unerreicht, Hummer Weltklasse.<br />

Phetkasem Beach Road 43/1, Hua Hin 77100<br />

T: +66 32 520250, anantara.com/en<br />

»BO.LAN«, BANGKOK, THAILAND<br />

Fotos: beigestellt<br />

128 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


VINO NOBILE DI MONTEPULCIANO / promotion<br />

NACHHALTIGKEIT<br />

AN ERSTER STELLE<br />

Ein ökologisch nachhaltiges Weinbaugebiet schaffen: Das ist<br />

das große Ziel des Consorzio del Vino Nobile di Montepulciano.<br />

Um dieses ambitionierte Ziel zu<br />

erreichen, unterstützt das Consorzio<br />

in Zusammenarbeit mit<br />

institutionellen und wissenschaftlichen<br />

Partnern zahlreiche Betriebe, um<br />

deren Produktionspraktiken nach ökologischen<br />

Gesichtspunkten zu optimieren. Am<br />

Ende des Projektprozesses soll die Produktionsfläche<br />

des Vino Nobile di Montepulciano<br />

DOCG das erste Weinbaugebiet in Italien<br />

sein, das die territoriale Nachhaltigkeit<br />

nach dem Equalitas-Standard zertifizieren<br />

kann. Dies ist kein Zufall, denn in Montepulciano<br />

haben die Investitionen für ökologische<br />

Nachhaltigkeit seitens der Vino-<br />

Nobile-Erzeuger in den letzten zehn Jahren<br />

die 8-Millionen-Euro-Marke überschritten.<br />

Über 70 Prozent der Unternehmen (also cir-<br />

ca 60) haben bereits in nachhaltige Projekte<br />

investiert, während 90 Prozent gerade am<br />

Bauen von Anlagen sind. Von den 76 assoziierten<br />

Betrieben verfügen über 70 Prozent<br />

über eine Fotovoltaikanlage und 35 Prozent<br />

über Solarthermie zur Wärmeerzeugung.<br />

20 Prozent nutzen Abwasserrückgewinnungssysteme,<br />

10 Prozent der Unternehmen<br />

haben in Geothermie investiert. In den<br />

letzten Jahren entwickelte etwa die Hälfte<br />

der Unternehmen ökologische Praktiken<br />

wie Gründüngung, Einsaaten und den Einsatz<br />

umweltschonender Anbaumethoden.<br />

Dies verbindet sich mit dem Konzept der<br />

biologischen Vielfalt, in dessen Rahmen<br />

ein großer Teil der Vino-Nobile-Betriebe<br />

biologischen Landbau praktiziert, einige<br />

auch biodynamischen.<br />

Der gesamte Produktionssektor des Vino<br />

Nobile di Montepulciano erreicht einen Wert<br />

von über 500 Millionen Euro. Dabei ist noch<br />

nicht berücksichtigt, dass etwa 70 Prozent der<br />

lokalen Wertschöpfung direkt durch Wein erwirtschaftet<br />

werden. Eine gewichtige Zahl für<br />

ein Gebiet, in dem 2000 der 16.500 Hek tar<br />

Gemeindefläche aus Weinbergen bestehen, die<br />

von über 250 Winzern bewirtschaftet werden.<br />

2018 wurden etwa 6 Millionen Flaschen Vino<br />

Nobile und etwa 2,3 Millionen Rosso di Montepulciano<br />

auf den Markt gebracht. So ist<br />

Montepulciano, seine Landschaft, seine Bevölkerung,<br />

tief mit dem Vino Nobile verbunden.<br />

Fotos: beigestellt<br />

INFO<br />

Weitere Informationen zu Vino Nobile unter:<br />

consorziovinonobile.it<br />

sep–okt <strong>2019</strong> falstaff<br />

129


DAS GEHEIMNIS DER<br />

„FETTEN ALTEN KUH“<br />

Geschmäcker sind verschieden – und Geschmacksgewohnheiten<br />

oftmals traditionell und regional begründet. Aber in Zeiten von<br />

Fusion-Kitchen, die unterschiedlichste internationale Esskulturen<br />

mischt, liefert der Blick über den heimischen Tellerrand Liebhabern<br />

und Entdeckern neuer Aromen ungeahnte Genusserlebnisse. Zu denen<br />

definitiv das Fleisch der „fetten alten Kuh“ gehört. Noch vor wenigen<br />

Jahren eine kulinarische Eigenart der kleinen nordspanischen<br />

Region rund um San Sebastian begeistert das mit einer saftigen<br />

Fettschicht bedeckte und lebhaft marmorierte Fleisch die Gaumen<br />

anspruchsvoller Gourmets.<br />

Im Laufe eines langen Kuh-Daseins entwickelt sich in aller Ruhe und<br />

auf ganz natürliche Weise der charakteristische Geschmack – sozusagen<br />

als lebendiger Gegenentwurf zur Turbomast aus der Massentierhaltung.<br />

Denn wo den Tieren in möglichst kurzer Zeit maximale<br />

Muskelmasse quasi angefüttert wird, bleibt keine Zeit für Reife und<br />

Ausprägung. „Txogitxu“ zelebriert das Gegenteil und liefert dazu den<br />

überzeugenden Beweis: Der Geruch von Heu und Sahne in Verbindung<br />

mit einer unvergleichlich saftigen Textur bietet geschmacklich<br />

und sensorisch eine völlig neue Dimension für alle Steak-Fans.<br />

Für die Zubereitung sollte das Fleisch rechtzeitig aus Kühl- oder<br />

Gefrierschrank genommen und langsam auf Zimmertemperatur<br />

gebracht werden. Um Verformung zu verhindern, den Fettdeckel<br />

einschneiden und das Steak in einer stark vorgeheizten Pfanne oder<br />

auf dem Grill wenige Minuten scharf anbraten. Anschließend im Ofen<br />

oder der indirekten Grillzone bis zum gewünschten Garpunkt ziehen<br />

lassen.<br />

Ihr Qualitätsversprechen<br />

Txogitxu ist keine<br />

eigene Rasse, sondern<br />

artgerecht unter freiem<br />

Himmel mit natürlichem<br />

Auslauf gehaltene,<br />

gesund gealterte<br />

Milchkühe.<br />

Don Carne bietet ausgewähltes Fleisch von den besten<br />

Farmen aus aller Welt. Ausgewählt wird das Premiumfleisch<br />

vom hauseigenen Fleischsommelier mit persönlicher<br />

Verbindung zu den Lieferanten. Alle Bestellungen werden<br />

von Metzgern sorgfältig zugeschnitten, sicher verpackt und<br />

unter Einhaltung der Kühlkette innerhalb von 1-2 Tagen<br />

per Paket zu Ihnen nach Hause geliefert. Premiumfleisch<br />

sicher und transparent online bestellen - dafür steht Don<br />

Carne.<br />

Impressum: Don Carne GmbH, Bilker Allee 192, 40215 Düsseldorf<br />

Geschäftsführer: Sebastian Labud<br />

* Der Gutschein ist einmalig pro Kunde und ohne Mindestbestellwert auf das gesamte Fleischsortiment einlösbar. Nicht anwendbar auf Geschenkgutscheine und Zubehör,<br />

sowie nicht kombinierbar mit weiteren Rabatten. Gültig bis zum 31.10.<strong>2019</strong>.


TXOGITXU-SPEZIALITÄTEN<br />

VON DER „ALTEN KUH“<br />

2<br />

1<br />

GUTSCHEIN<br />

EXKLUSIV FÜR FALSTAFF-LESER<br />

15% *<br />

AUF IHRE BESTELLUNG<br />

CODE: DCSTERN15<br />

„EINES DER BESTEN<br />

STEAKS DER WELT“<br />

3<br />

4<br />

ONLINE BESTELLEN UNTER:<br />

WWW. DONCARNE.DE<br />

4<br />

PROBIERPAKET „ALTE KUH“<br />

UNSER TIPP<br />

1x Rib Eye Japones Steak Txogitxu - ca. 500 g<br />

1x Rumpsteak Txogitxu - ca. 350 g<br />

1x Filet Mignon Txogitxu - ca. 400 g<br />

ca. 1,25 kg für 63,82 € (51,06 €/kg)<br />

1<br />

TXULETÓN<br />

TXOGITXU<br />

Laut Galileo (Pro 7) und BEEF! gehört das<br />

Txuletón zu den besten Steaks der Welt.<br />

ca. 1,3 kg für 84,36 € (64,89 €/kg)<br />

2<br />

RIB EYE JAPONES<br />

STEAK TXOGITXU<br />

Das Steak besticht duch seine herrliche<br />

Marmorierung und volles Steakaroma.<br />

ca. 350 g für 17,95 € (51,30 €/kg)<br />

3<br />

FILET MEDAILLON<br />

TXOGITXU<br />

Das edelste Teilstück des Rindes, fein mamoriert,<br />

sehr zart im Biss und voll im Geschmack.<br />

ca. 250 g für 15,73 € (62,92 €/kg)


gourmet / WISSENSCHAFT<br />

BÖSES<br />

GLUTA<br />

132 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


MAT?<br />

Glutamat<br />

ist als Geschmacksverstärker<br />

und bekannter Vertreter der Zusatzstoffe<br />

verschrien. Viele meinen, dass es dick<br />

macht, die Nerven beleidigt und generell<br />

die Gesundheit gefährdet. Manche<br />

fordern ein komplettes Verbot. Was ist<br />

dran am Glutamat und wie sicher ist es?<br />

TEXT MARLIES GRUBER ILLUSTRATION GINA MÜLLER<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

133


gourmet / WISSENSCHAFT<br />

Glutamat hat keinen rasend<br />

guten Ruf. Trotzdem nehmen<br />

wir jeden Tag gehörige Portionen<br />

davon auf. Auch dann,<br />

wenn man die Zutatenliste auf<br />

den Lebensmittelverpackungen penibel<br />

studiert und nicht nur alle Produkte mit<br />

den Nummern E 620 bis E 625 auslässt,<br />

sondern auch auf jene mit glutamathaltigen<br />

Zutaten wie Hefeextrakten, hydroliertem<br />

Protein oder Sojaextrakt verzichtet.<br />

Warum ist das so? Und ist das okay?<br />

AUCH DER KÖRPER BILDET<br />

GLUTAMAT<br />

Glutamat, das Salz der Glutaminsäure, ist<br />

ein Eiweißbaustein, eine Aminosäure. Die<br />

am häufigsten vorkommende noch dazu.<br />

»Etwas mehr als ein Drittel der täglichen<br />

Eiweißaufnahme macht Glutamat aus«,<br />

weiß Eva Derndorfer, selbstständige<br />

Ernährungswissenschaftlerin und Expertin<br />

für Sensorik. Und es kommt nicht nur<br />

natürlich in Nahrungsmitteln vor, sondern<br />

auch im menschlichen Organismus. »Etwa<br />

1,6 kg Glutamat trägt eine 70 kg schwere<br />

Person in sich«, so Derndorfer. Davon ist<br />

einiges der Eigenproduktion zuzuschreiben.<br />

Denn Glutaminsäure ist keine essenzielle<br />

Aminosäure, wir müssen sie nicht<br />

zwingend zuführen, der Körper bildet sie<br />

auch selbst. Schließlich übernimmt der<br />

Eiweißbaustein wichtige Funktionen, etwa<br />

bei der Übermittlung, Speicherung und<br />

Verarbeitung von Informationen im<br />

Gehirn. Es handelt sich um einen wesentlichen<br />

Nervenbotenstoff. Neben dem<br />

Gehirn enthalten zudem die Nieren und<br />

die Leber hohe Mengen. Auch die Muttermilch<br />

enthält Glutamat. In ihr findet man<br />

ungefähr zehn Mal so viel wie in Kuhmilch.<br />

Das ist auch gut so. Denn Glutamat<br />

schmeckt nicht nur, es scheint auch das<br />

Belohnungszentrum im Gehirn zu stimulieren.<br />

Ebenso wie das bei Süßem der Fall ist.<br />

»Doppelt hält besser«, ist wohl die Strategie<br />

der Evolution.<br />

DER FÜNFTE GESCHMACK: UMAMI<br />

Am Gaumen sorgt Glutamat für die fünfte<br />

Grundgeschmacksrichtung: umami. Das<br />

kommt aus dem Japanischen und kann mit<br />

»köstlich«, »fleischartig«, »bouillonartig«<br />

beschrieben werden. Am besten aber<br />

134 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


DASS DIE ITALIENISCHE KÜCHE SO GUT SCHMECKT,<br />

LIEGT EBEN WAHRSCHEINLICH AUCH AM MASSENHAFTEN<br />

VORKOMMEN VON GLUTAMAT. DENN UNTER DEN GEMÜSEN<br />

ZÄHLEN REIFE TOMATEN, ERBSEN, SPARGEL, LINSEN,<br />

SPINAT, KOHL UND KARTOFFELN ZU DEN SPITZENREITERN.<br />

erkennt man umami dann, wenn es nicht<br />

vorhanden ist. Dann schmeckt das Essen<br />

nach nichts, fad und uninteressant.<br />

Ganz oben auf der Liste der Lebensmittel<br />

mit dem meisten freien Glutamat steht roher<br />

Seetang. Traditionell frei von Algen, aber<br />

dennoch als köstlich etabliert ist die italienische<br />

Küche. »Machen Sie eine Pizza mit<br />

Tomaten, Pilzen und Schinken und reiben<br />

Sie ordentlich Parmesan darüber – dann<br />

haben Sie einen wahren Glutamat-Cocktail,<br />

und das Wasser läuft Ihnen im Mund zusammen«,<br />

sagt Andreas Kadi von SRA Consult.<br />

Dass die italienische Küche so gut schmeckt,<br />

liegt eben wahrscheinlich auch am massenhaften<br />

Vorkommen von Glutamat. Denn<br />

unter den Gemüsen zählen reife Tomaten,<br />

Erbsen, Spargel, Linsen, Spinat, Kohl und<br />

Kartoffeln zu den Spitzenreitern. Auch Pilze<br />

liegen in der Top-Liga. Wesentlich für den<br />

Geschmack ist, dass Glutamat ungebunden<br />

vorliegt. Das ist bei den genannten Lebensmitteln<br />

der Fall, ebenso wie bei Fisch oder<br />

Mais. Andere wiederum enthalten peptidgebundenes<br />

Glutamat. Das bedeutet, es<br />

braucht Abbauprozesse, die sich dann auch<br />

sensorisch bemerkbar machen. Das gilt insbesondere<br />

für Käse. Denn Kuhmilch enthält<br />

kaum freies, aber relevante Mengen gebundenes<br />

Glutamat. Zwar kann der Gehalt<br />

durch die Aktivität von Mikroorganismen<br />

wieder sinken, aber grundsätzlich gilt: je<br />

älter, desto mehr Glutamat – und desto mehr<br />

umami. »Einen Monat alter Cheddar hat<br />

etwa 22 mg freies Glutamat pro 100 g Käse,<br />

ein acht Monate gereifter 182 mg«, zählt<br />

Derndorfer auf. Schinken kommt übrigens<br />

auf gut 340 mg, Parmesan auf 1200 mg freies<br />

Glutamat pro 100 g.<br />

IMMER WIEDER IN DER DISKUSSION<br />

Viele Stoffe kommen in der Natur vor und<br />

sind gleichzeitig – wie Glutamat – als<br />

Zusatzstoff zugelassen. Ein berühmtes Beispiel<br />

dafür ist etwa auch das Antioxidans<br />

Ascorbinsäure, besser bekannt als Vitamin<br />

C. Als Zusatzstoff kann der jeweilige<br />

Stoff in höheren Dosen und in einer anderen<br />

Lebensmittelmatrix als von der Natur<br />

vorgesehen zum Einsatz kommen. Daher<br />

kann es potenziell auch zu anderen Effekten<br />

kommen. Wie alle vor 2009 in der EU<br />

bereits zugelassenen Zusatzstoffe wurde<br />

auch Glutamat von der Europäischen<br />

Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA)<br />

erneut genau unter die Lupe genommen.<br />

Bei dieser neuerlichen Risikobewertung<br />

wurde die Sicherheit der Lebensmittelzusatzstoffe<br />

bestätigt, und es wurden keine<br />

großen gesundheitlichen Bedenken, wie<br />

etwa Gentoxizität oder Krebsentstehung,<br />

erfasst. Allerdings hat die EFSA festgestellt,<br />

dass manche Konsumenten mitunter<br />

Dosen erreichen, die mit ungünstigen<br />

Effekten wie Kopfschmerzen oder Blutdruckanstieg<br />

verbunden sein können. Welchen<br />

Lebensmitteln wird also am häufigsten<br />

Glutamat zugesetzt? Das sind Instantnudeln,<br />

Trockensuppen und -brühen,<br />

Mais- und Kartoffelsnacks. Die Europäische<br />

Kommission will nun die Verwendungsmengen<br />

von Glutamat und die technologische<br />

Notwendigkeit generell erneut<br />

erfassen und überlegt, anhand der aktualisierten<br />

Daten die maximal erlaubten Konzentrationen<br />

für einzelne Lebensmittelgruppen<br />

zu adaptieren.<br />

Weitere Food-Facts<br />

aus der Welt der<br />

Wissenschaft:<br />

falstaff.com/science<br />

<<br />

sep–okt <strong>2019</strong> <strong>2019</strong>falstaff<br />

135


cover / PORTRÄT<br />

SARAHS<br />

STERN<br />

Lebensspuren zweier Welten erschufen ihre Kochkreationen und leiteten sie wie von selbst an<br />

den Rhein: Im deutschen Andernach zaubert Sterneköchin Sarah Henke im Restaurant »Yoso«.<br />

Die Spurensuche führt zu Omas Nudelauflauf und zu ihren südkoreanischen Wurzeln.<br />

TEXT MATTHIAS LAUERER FOTOS RD GASTRO<br />

Fotos: beigestellt<br />

136 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Sarah Henke:<br />

vom südkoreanischen<br />

Findelkind zur gefeierten<br />

Sterneköchin.<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

137


cover / PORTRÄT<br />

Wer das »Yoso« besucht, findet<br />

sich in der Geschmackswelt<br />

Asiens wieder, der Sarah Henke<br />

ganz eigene Facetten verleiht.<br />

Jeden Morgen entschwebt Sarah<br />

Henke dem Blick der rheinischen<br />

Bürgerschaft im Ort. Dann loggt<br />

sie sich in den Räumen des Restaurants<br />

»Yoso« in die Welt der<br />

Kulinarik ein. Die 37-Jährige zieht sich<br />

dazu die schneeweiße Joppe mit ihrem feinen<br />

roten Schriftzug über und macht, was<br />

eine kreative Köchin in einer sehr guten<br />

Küche so zu tun hat: Speisen zaubern, die<br />

die Gäste hinreißen und so den guten<br />

Namen des Hauses mehren. Es gibt Gourmets,<br />

die schon in fernere Gefilde reisten,<br />

als am Rheinkilometer 613 in der Schafbachstraße<br />

14 aufzuschlagen.<br />

Zum Gespräch bittet Henke bei 32 Grad<br />

Außentemperatur und einem kühlen Glas<br />

Mineralwasser ins heimelige Restaurant,<br />

das 38 Menschen Platz bietet. Aus der<br />

Küche knarzt Technoeinerlei und vermischt<br />

sich mit Brutzelgeräuschen aus Pfannen,<br />

den Anweisungen der Köche und dem Piepen<br />

der Smartphones zu einer lautstarken<br />

Kakofonie. Trotz dieser Alltagshektik hält<br />

sich die Weisheit, dass gemächlich genossene<br />

Mahlzeiten Geschmacksnerven sensibilisieren<br />

und den Körper stählen. Unsere<br />

Küchen erlebten zuletzt etliche Veränderungen<br />

und Geschmackswellen. Einmal<br />

durch die immer größer werdende Produktvielfalt,<br />

zum anderen durch die simple<br />

Erkenntnis, dass ein wunderbar reiches<br />

Aroma mit Maggi und Ketchup niemals<br />

gelingt. Hier im »Yoso« wird unter der<br />

Prämisse »Aromenküche« gekocht. Die<br />

gibt Henke bei ihren Gerichten vor.<br />

»Schärfe ist ein großes Thema bei mir,<br />

selbst beim Dessert.« Sie sucht und findet<br />

Aromenkonzentrationen, die überraschend<br />

sind. Da gibt es die »Reise durch die Elemente«,<br />

also zum Beispiel Kaisergranat mit<br />

Wassermelone und Thaibasilikum oder<br />

Tafelspitz, Shiitake und Kohlrabi. Zur Mittagszeit<br />

steht dann ein Zwei-Gänge-Menü<br />

auf der Karte. Wobei hierfür gilt: »Mittags<br />

ist die Küche nicht vergleichbar mit der am<br />

Abend«, sagt Henke, die 2017 ihren Kollegen<br />

Christian Eckhardt heiratete. Lässt<br />

man sich in der Dämmerung nieder, reicht<br />

sie ein Vier-Gänge-Menü, zur Auswahl<br />

steht auch eine intensivere Version mit<br />

sechs Etappen. »Im Moment ist es wegen<br />

der Temperaturen sehr anstrengend, und<br />

wir ärgern uns über Gäste, die nicht kommen.«<br />

Über eine »No-Show Gebühr« für<br />

138 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


diejenigen, die trotz Reservierung nicht<br />

auftauchen, wird beraten.<br />

MENSCHLICHER UMGANG<br />

Doch ist es Henkes Lebensgeschichte, die<br />

neugierig macht und aufhorchen lässt.<br />

Rückblick: Die Spitzenköchin in spe wird in<br />

Südkorea als Säugling auf der Straße entdeckt<br />

und landet als Findelkind in einem<br />

Heim. Später kommt sie zu einer deutschen<br />

Familie und wächst in einem Dörfchen nahe<br />

Uslar in Südniedersachsen auf. Ihr Weg<br />

führt sie mit den Jahren in die Küchen der<br />

Republik. »Ich war schon immer sehr ehrgeizig<br />

und nahm an Kochwettbewerben teil.<br />

Nie jedoch mit dem Tenor ›Ich werde Sterneköchin‹.«<br />

Die Wanderjahre verbringt die<br />

junge Frau unter deutschen und portugiesischen<br />

Dächern. Sarah arbeitet im »Schlosshotel<br />

Lerbach«, dem »Spices« auf Sylt und<br />

entdeckt gelungene menschliche Führung<br />

bei Sven Elverfeld im »Aqua«. Von ihm<br />

nimmt sie viel für das »Yoso« mit. Später<br />

geht es für die einjährige Auslandserfahrung<br />

zu Jens Rittmeyer ins »São Gabriel«.<br />

STERN IM »GUIDE MICHELIN«<br />

Im »Yoso«-Team werkeln heute drei Köche,<br />

ein Koch ist in Ausbildung. Die 37-Jährige<br />

Sarah Henke lässt ihre Gerichte rund um<br />

die Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft<br />

gedeihen. Mit Erfolg, denn sie erhält einen<br />

Stern im »Guide Michelin <strong>Deutschland</strong>«.<br />

Dazu notieren die Tester: »Eine Küche voller<br />

Finesse – einen Stopp wert.« Sie loben<br />

auch »das konstant hohe Niveau bei der<br />

Zubereitung«. Weitere 16 Punkte gibt es<br />

von Gault Millau, und vor sechs Jahren<br />

kürt eine Jury der »Kulinarischen Auslese«<br />

Henke zur »Besten Köchin des Jahres«.<br />

Weshalb ihr dieser Triumph gelingt? »Bin<br />

ich ein guter Koch, kann ich mich in viele<br />

Aromen hineindenken und stelle mir vor,<br />

wie sie miteinander harmonieren. Wir treffen<br />

den Geschmack der Gäste, und für sie<br />

ist der Besuch hier bei uns auch ein Stück<br />

weit Urlaub.«<br />

Beginnt man nun mit der Suche nach<br />

Sarahs ersten Erinnerungen an feine Mahlzeiten<br />

in ferner Vergangenheit, sagt sie: »In<br />

der Kindheit war das der Nudelauflauf<br />

meiner Oma. Das Gericht wurde nicht nur<br />

von ihr zubereitet, sondern schmeckte auch<br />

sehr lecker und kam mit Fleischwurst und<br />

Tomate daher.« Mit im Gedächtnis abgespeichert<br />

sind auch mächtige Vesperteller.<br />

Denn immer dann, wenn die Familie im<br />

Bayerischen Wald auf Wanderungen<br />

<<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

139


cover / PORTRÄT<br />

Alle Kreationen der<br />

Sterneköchin entsprechen einem<br />

der vier Grundelemente Feuer,<br />

Wasser, Erde oder Luft.<br />

»Ich war schon immer ehrgeizig und nahm an Kochwettbewerben<br />

teil. Jedoch nie mit dem Tenor ›Ich werde Sterneköchin‹.«<br />

SARAH HENKE Sterneköchin, Restaurant »Yoso«<br />

Das Restaurant »Yoso« bringt den fernen Osten nach<br />

Andernach in Rheinland-Pfalz.<br />

<<br />

unterwegs ist, folgt der Lohn auf dem<br />

Teller: »Man wandert mit und bekommt<br />

etwas zu vespern.«<br />

Was noch offen bleibt, ist der Blick auf<br />

die Gegenwart. Also, wie steht es um die<br />

heimische Kulinarik und deren Rezeption?<br />

»Die deutsche Esskultur ist ausbaufähig. Es<br />

gibt jene, die es zu schätzen wissen, was wir<br />

tagtäglich schaffen, und solche, die sich<br />

einen Besuch zwar leisten könnten, aber<br />

nicht nachvollziehen können, weshalb man<br />

200 Euro für ein Essen ausgibt.« Wenn wir<br />

schon beim Geld sind: »Wir sind bereits im<br />

vierten Jahr, und der Personalaufwand ist<br />

bei uns sehr hoch.«<br />

TRIP NACH KOREA<br />

Bei all den Etappen vergisst Sarah Henke<br />

ihre Heimat nie. 2013 reist die Gastronomin<br />

zum ersten Mal nach Asien, im April 2018<br />

dann nach Südkorea: Möglich macht jene<br />

Stippvisite der Kontakt zu Sonya Mayer,<br />

Produktmanagerin beim Christian Verlag.<br />

»Sie wollte immer ein Buch mit mir produzieren,<br />

und ich war direkt Feuer und Flamme.<br />

Das Buch war ein großes Lebensereignis<br />

für mich, und dafür in das Land zu reisen, in<br />

dem ich geboren wurde, war eine tolle<br />

Sache. In Korea gab es viel zu sehen und zu<br />

schmecken«, erinnert sich Henke an ihre<br />

Reise. Eine der Fragen beim Schweif in die<br />

Vergangenheit lautete: »Was stellt das persönlich<br />

mit mir an, wenn ich in dorthin fahre?<br />

Mein Besuch war sehr bewegend, und<br />

ich habe mich dabei oft gefragt, weshalb ich<br />

nicht schon früher dort war. Die Hemmung<br />

war wohl, dass ich dort Ausländerin bin und<br />

mich mit der Kultur nicht auskenne.« Doch<br />

alles verläuft wunderbar. Bereits am Flughafen<br />

wird die Küchenchefin als Koreanerin<br />

angesprochen. »Es war ein sehr positives<br />

Gefühl, auch weil mir die Dolmetscherin vor<br />

Ort viel half und wir uns gut verstanden. Zu<br />

sagen, ich wäre nach Hause gekommen,<br />

wäre aber übertrieben.«<br />

BUCHTIPP<br />

Korea. Meine kulinarische Reise ins Land der<br />

vielen Wunder von Sarah Henke und Jan C.<br />

Brettschneider, Christian Verlag, 2018,<br />

320 Seiten, ISBN: 9783959612135, € 39,99<br />

<<br />

140 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


WILTMANN.<br />

SIEHT MAN.<br />

SCHMECKT<br />

MAN.<br />

www.wiltmann.de


cover / MISO<br />

MACH<br />

MICH<br />

MI<br />

In Japan wird Miso gern und oft als<br />

Marinade für Fisch verwendet: Es macht<br />

ihn köstlicher und länger haltbar.<br />

Foto: Irina Thalhammer<br />

142 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


SO!<br />

Bis vor wenigen Jahren war Miso nur aus<br />

dubiosen Fertigsuppen beim Pan-Asiaten bekannt.<br />

Nun aber erobert die japanische Würzpaste die<br />

Spitzengastronomie – und wird mitunter auch aus<br />

lokalen Zutaten wie Erbsen oder Eicheln gemacht.<br />

TEXT TOBIAS MÜLLER<br />

W<br />

er Peter Koch<br />

dieser Tage anruft,<br />

landet meist nur<br />

beim Anrufbeantworter:<br />

»Aufgrund<br />

der aktuell hohen Nachfrage nach unseren<br />

Produkten bin ich telefonisch nur schwer<br />

erreichbar«, ist da zu hören. Koch ist<br />

Misoproduzent im Schwarzwald und<br />

Betreiber der entsprechend benamsten Firma<br />

Schwarzwald-Miso. Seit sechs Jahren<br />

fertigt er die japanische Würzpaste in<br />

<strong>Deutschland</strong> aus heimischen Zutaten. Was<br />

als leicht esoterisches Geschäftsmodell<br />

begann, boomt seit ein paar Jahren – so<br />

sehr, dass Koch kaum noch dazu kommt,<br />

sein Telefon abzuheben.<br />

Miso hat in den vergangenen Jahren im<br />

Westen eine erstaunliche Küchen-Karriere<br />

hingelegt. Lange war es nur aus jenen<br />

traurig-trüben Instant-Suppen bekannt,<br />

die beim Pan-Asiaten gern vor der großen<br />

Sushi-Platte serviert werden. Nun aber<br />

erkennen auch in Europa immer mehr<br />

Köche: Miso kann viel, viel mehr.<br />

Miso ist so etwas wie der Parmesan<br />

Japans, das feste Äquivalent zur Sojasauce<br />

und ganz erstaunlich vielseitig. Es kann<br />

als Basis für Saucen verwendet werden,<br />

als Würze für Eintöpfe und Suppen oder<br />

als Marinade für Fisch, Fleisch und Gemüse.<br />

Manchmal wird es auch als eigenes<br />

Gericht gereicht, etwa gegrillt zu Soba,<br />

den traditionellen japanischen<br />

Buchweizen nudeln.<br />

Zarte, frische Misos lassen einfach alles,<br />

womit sie in Berührung kommen, noch<br />

besser schmecken: Sie geben jedem Gericht<br />

Tiefe, Komplexität und Umami, ohne sich<br />

selbst in den Vordergrund zu drängen.<br />

Starke Misos hingegen bringen kräftige<br />

Noten von Blauschimmelkäse oder reifen<br />

Früchten, Alkohol und Pilzen. Manche<br />

Misos sind so salzig, dass ein ganz klein<br />

wenig in der Suppe als Würze reicht, andere<br />

sind so süß, dass sie wunderbar für<br />

Desserts verwendet werden können. Je<br />

nach Alter und Ausgangsmaterial variiert<br />

die Farbe zwischen weißlich-gelb und<br />

dunkelbraun.<br />

Um Miso herzustellen, werden Hülsenfrüchte<br />

oder gedämpftes Getreide – oft<br />

Sojabohnen, Gerste oder Reis – mit dem<br />

Schimmelpilz Aspergillus oryzae geimpft,<br />

demselben Pilz, der auch für die<br />

<<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

143


cover / MISO<br />

Miso im »Sosein«: Einschlag aus<br />

Kopfsalat und Kartoffeln mit einer<br />

Brühe aus fermentierten und<br />

gerösteten Erdäpfelschalen.<br />

»Während bei der Bratensauce die Hitze<br />

dafür sorgt, dass sich die Bestandteile<br />

in köstlichen Jus verwandeln, sind es<br />

bei Miso der Pilz und andere<br />

Mikroorganismen sowie viel Zeit.«<br />

FELIX SCHNEIDER Chefkoch des »Sosein« in Nürnberg<br />

Produktion von Sojasauce oder Sake<br />

verwendet wird. Wenn er wächst, bildet<br />

er Enzyme, die Stärke und Proteine in den<br />

Hülsenfrüchten in köstliche Bestandteile<br />

zerlegen. Mit der Zeit reift die Masse und<br />

wird immer komplexer – ganz wie guter<br />

Wein.<br />

»Das Konzept ist ähnlich wie bei einer<br />

Bratensauce«, sagt Felix Schneider, Chefkoch<br />

des »Sosein« bei Nürnberg und großer<br />

Miso-Enthusiast. »Während bei der<br />

Sauce die Hitze dafür sorgt, dass sich die<br />

Bestandteile in köstlichen Jus verwandeln,<br />

sind es bei Miso der Pilz, andere Mikroorganismen<br />

und viel Zeit. Das Ergebnis hat<br />

Umami wie ein lang gekochter Jus oder<br />

eine Glace plus den Kick von der Fermentation<br />

und all den komplexen Aromen, die<br />

Hefen oder Milchsäurebakterien produzieren«,<br />

schwärmt er.<br />

Doch nicht nur der Geschmack von Miso<br />

ist fantastisch – es bietet auch die Möglichkeit,<br />

Dinge köstlich zu machen, die sonst<br />

weggeworfen werden, weil sie schwer oder<br />

gar nicht essbar sind. Reis, Gerste oder<br />

Sojabohnen sind zwar die traditionell häufigsten<br />

Miso-Medien, Aspergillus oryzae<br />

wächst aber unter den richtigen Bedingungen<br />

auf fast allen Zutaten, solange sie nur<br />

etwas Stärke und/oder Protein enthalten.<br />

<<br />

In traditionellen<br />

Betrieben wie dem<br />

Maruya Hatcho,<br />

einer der ältesten<br />

Manufakturen<br />

Japans, wird<br />

Miso während der<br />

Gärung mit Steinen<br />

beschwert.<br />

Fotos: Irina Thalhammer, , Cristopher Civitillo PHOTOGRAPHY, beigestellt<br />

144 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Miso eignet sich<br />

nicht nur für salzige<br />

Gerichte. Süße<br />

Misos werden gern<br />

auch für Desserts<br />

verwendet, etwa<br />

zur Verfeinerung<br />

von Beeren.<br />

»Meine Kunden kochen immer noch<br />

großteils schwäbisch oder pfälzisch, aber<br />

jetzt gibt es halt Sauerbraten mit Miso.«<br />

PETER KOCH Misoproduzent Schwarzwald-Miso<br />

Seit einigen<br />

Jahren<br />

produziert<br />

Peter Koch im<br />

Schwarzwald<br />

Miso aus<br />

lokalen Zutaten<br />

– mit immer<br />

größerem<br />

Erfolg.<br />

Weil es in Europa keine Miso-Tradi tion<br />

gibt, trauen sich Köche hier, viel zu experimentieren.<br />

Schneider hat etwa schon<br />

Eicheln zu Miso verarbeitet, die sonst<br />

wegen ihres hohen Tanningehalts ungenießbar<br />

sind – oder Chilis, die sonst zu scharf<br />

zum Essen wären. »Dank der Fermentation<br />

verlieren sie an Schärfe und man schmeckt<br />

ihr tolles Aroma«, sagt er. Außerdem experimentiert<br />

er fleißig damit, den Pilz auf<br />

Fisch und Fleisch wachsen zu lassen – eine<br />

Technik, die gerade in den USA sehr populär<br />

ist und zwar kein Miso, dafür aber<br />

Würzsaucen oder gereiftes Fleisch hervorbringen<br />

kann.<br />

Markus Shimizu, Berliner Miso-Macher<br />

und Chef der Firma Mimi Ferment, hat<br />

schon Miso aus altem Brot von einer<br />

benachbarten Bäckerei gemacht oder aus<br />

Hanfprotein eines Nahrungsergänzungsmittel-Erzeugers,<br />

das sich seinem Ablaufdatum<br />

genähert hat. »Man kann den Rohstoffen<br />

so ganz neue Facetten abgewinnen«, sagt er.<br />

»Gerste, die mit dem Pilz beimpft wird,<br />

riecht etwa deutlich nach Apfelsaft, und<br />

Hanf schmeckt dank dem Pilz nach<br />

Eigelb.« Er beliefert mit seinen Produkten<br />

mittlerweile eine beachtliche Anzahl an<br />

Sternerestaurants in der deutschen Hauptstadt,<br />

etwa das »Nobelhart & Schmutzig«<br />

oder das »Rutz«.<br />

Miso ist nicht nur in der Sterneküche<br />

populär, sondern auf dem besten Weg, sein<br />

exotisches Eck zu verlassen und bei uns heimisch<br />

zu werden: »Als wir begonnen<br />

haben, Miso zu machen, habe ich beim<br />

lokalen Edeka-Markt angerufen und<br />

gefragt, ob sie es verkaufen wollen«, erzählt<br />

Koch, der viel beschäftigte Miso produzent<br />

aus dem Schwarzwald. »Der Manager hat<br />

mir gesagt: ›Kenn ich nicht, können Sie selber<br />

essen.‹« Mittlerweile verkauft er jede<br />

Menge an private Kunden, die zwar immer<br />

noch großteils schwäbisch oder pfälzisch<br />

kochen, »aber jetzt gibt es halt mal Sauerbraten<br />

mit Miso«. <<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

145


cover / TOP-ASIATEN<br />

TOP-ASIATEN<br />

IN DEUTSCHLAND<br />

Asiatische Küche hat hierzulande eine lange Tradition. 1923 eröffnete<br />

das erste chinesische Restaurant in Berlin. Wer heute gut essen will,<br />

kann aus vielen Alternativen wählen: von sternedekorierter<br />

Thai-Küche in bis zu Highend-Japanern in Düsseldorf. Eine Übersicht.<br />

TEXT PHILIPP ELSBROCK<br />

Wie auf der ganzen Welt<br />

boomen die Küchen<br />

Asiens auch in<br />

<strong>Deutschland</strong> seit vielen<br />

Jahren. Fast alle<br />

Food-Trends der vergangenen Jahre kamen<br />

aus Ländern Asiens, von angesagten Bao<br />

Buns (mit Schweinebauch gefüllten, dampfgegarten<br />

Brötchen) über das koreanische<br />

Reisgericht Bibimbap bis zur japanischen<br />

Ramen-Suppe. Vieles hängt zusammen mit<br />

dem Siegeszug des Streetfoods, also von<br />

ehemals einfachen Gerichten der Straßenküche,<br />

die inszeniert und aufgewertet wurden.<br />

Sie beeinflussen auch die Haute Cuisine,<br />

wie oft zu beobachten ist. Aber auch in der<br />

Haute Cuisine selbst ist asiatisch inspirierte<br />

Küche gut wie nie, wie deutschlandweit<br />

zahlreiche Restaurants zeigen.<br />

Für japanisches Essen richtet sich der<br />

Blick zweifellos ins Rheinland – nirgendwo<br />

gibt es so viele japanische Restaurants wie<br />

in Düsseldorf. Wer schon einmal, vom<br />

Bahnhof kommend, die Immermannstraße<br />

hinunterspaziert ist, wird das bestätigen.<br />

Zahlreiche kleine Geschäfte und Restaurants<br />

sind japanisch geführt, die Schriftzeichen<br />

sind allgegenwärtig. In Düsseldorf lebt<br />

die größte japanische Community in<br />

<strong>Deutschland</strong>, europaweit ist es die drittgrößte<br />

nach London und Paris. Wenig verwunderlich,<br />

dass auch das wahrscheinlich<br />

beste japanische Restaurant <strong>Deutschland</strong>s<br />

hier steht: Chefkoch Yoshizumi Nagaya<br />

holte für sein gleichnamiges Restaurant<br />

(»Nagaya«) schon 2004 zum ersten Mal<br />

einen Michelin-Stern. Wenngleich Nagaya<br />

bei einem Puristen wie Toshiro Kandagawa<br />

lernte, wurde sein Stil durch Stationen in<br />

europäischen Sternerestaurants beeinflusst,<br />

sodass er heute eher eine<br />

Europa-Japan-Fusion kocht.<br />

Nur eine Stunde weiter südlich<br />

findet sich ein weiteres<br />

Top-Restaurant. Das »Yunico«<br />

in Bonn gilt Gourmets<br />

als gesetzte Adresse, es vereint<br />

europäische Aromen<br />

mit jenen aus Fernost.<br />

Allerdings steht hier kein<br />

Japaner an den Töpfen, sondern<br />

Küchenchef Christian<br />

Sturm-Willms, der in Siegburg<br />

nahe Bonn aufwuchs. Seine<br />

Begeisterung für Japan entdeckte er<br />

im »Hotel Kameha«, wo er unter<br />

<<br />

Fotos: beigestellt Guido Leifhelm, beigestellt<br />

146 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Das »Nikkei Nine« in Hamburg<br />

ist eines der besten Beispiele<br />

für die Nikkei-Küche, die seit ein<br />

paar Jahren ohne Ende boomt.<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

147


cover / TOP-ASIATEN<br />

Asiatisch inspirierte Küche, erdacht von einem Berliner: Tim Raue (auf dem<br />

Foto zusammen mit Geschäftspartnerin Marie-Anne Raue) liebt die<br />

Straßenküche Singapurs – Spuren davon finden sich in seinem Restaurant.<br />

Das »Kin Dee« unter<br />

der Leitung von Dalad<br />

Kambhu (l.) wurde in<br />

diesem Jahr<br />

überraschend mit<br />

einem Stern<br />

ausgezeichnet.<br />

<<br />

zwei japanischen Sushi-Meistern lernte.<br />

Wie so oft auf diesem Niveau, sollte man<br />

sich ganz auf die Küche einlassen. Mit dem<br />

»Omakase-Menü«, das wörtlich übersetzt<br />

»Ich überlasse es Ihnen« bedeutet, liegt<br />

man sicherlich nicht falsch.<br />

Authentische japanische Küche bekommt<br />

man auch in Berlin. Im »Zenkichi« bietet<br />

Inhaberin Motoko Watanabe nicht nur ausgefallene<br />

Gänge wie Hokkaido-Jakobsmuscheln<br />

mit Karotte und Rucola in Sesam-<br />

Tofu-Dressing an, dazu steht auch eine<br />

große Auswahl an hochklassigen Sakes<br />

bereit – überwiegend selbst importiert von<br />

Watanabe. Mit ihrem US-amerikanischen<br />

Ehemann führte sie schon ein »Zenkichi«<br />

in Williamsburg, New York, bevor sie sich<br />

entschied, in Berlin eine weitere Filiale zu<br />

eröffnen.<br />

Überhaupt, Berlin. Für südostasiatische<br />

Küche ist die Hauptstadt sicherlich das<br />

Zentrum. Das »Monsieur Vuong« unter der<br />

Leitung von Dat Vuong war Pionierbetrieb<br />

und zugleich Vorbild für andere vietnamesische<br />

Streetfood-Restaurants. Für Szenerestaurants<br />

kommt man auch an The Duc<br />

Ngo nicht vorbei: Egal ob »Cocolo Ramen«,<br />

»Madame Ngo« oder »893 Ryotei«, er hat<br />

sich ein panasiatisches Imperium aufgebaut,<br />

Fotos: Robert Rieger, Nils Hasenau, BOAZ ARAD, beigestellt<br />

148 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Für die südostasiatischen<br />

Küchenrichtungen ist<br />

Berlin sicher das Zentrum in<br />

<strong>Deutschland</strong>. Hier befindet<br />

sich auch das einzige<br />

Thai-Restaurant mit Stern.<br />

in dem auch Brad Pitt und Angelina Jolie<br />

schon essen waren. Etwas elaboriertere<br />

Gerichte bekommen Gourmets im »Kin<br />

Dee«: Mit ihrem frischen, ideenreichen<br />

Thai-Restaurant holte Dalad Kambhu in<br />

diesem Jahr überraschend einen Stern. Feinschmecker<br />

besuchen für authentische chinesische<br />

Küche auch gern das »Hot Spot«<br />

von Jianhua Wu, der zu seinen Speisen eine<br />

überragende Weinauswahl anbietet (was<br />

auch Sterneköche schätzen, die man hier in<br />

ihrer Freizeit manchmal trifft).<br />

ZAUBERWORT »FUSION«<br />

Eines der spannendsten Felder ist die Fusionsküche,<br />

in der sich verschiedenste Einflüsse<br />

und Elemente durchmischen. Sarah<br />

Henke hat auf diesem Feld enorme Meriten,<br />

mit feinem Gespür für spannende Aromenkombinationen<br />

prägt sie ihr sternedekoriertes,<br />

koreanisch beeinflusstes »Yoso«<br />

in Andernach. Und natürlich darf auch<br />

Starkoch Tim Raue in dieser Liste nicht<br />

fehlen, wenngleich man in seiner Küche<br />

eher einen wilden Stilmix aus Asiens Garküchen<br />

findet. Raue ist ein großer Fan von<br />

Singapur und reist regelmäßig dorthin, um<br />

sich neue Inspirationen zu holen.<br />

Nicht unerwähnt bleiben darf die Nikkei-<br />

Küche, also die Mischung aus japanischen<br />

und peruanischen Einflüssen, die in den vergangenen<br />

Jahren die Trendküche schlechthin<br />

war. Ein grandioser Vertreter ist das<br />

»Nikkei Nine«, das zum Hamburger Hotel<br />

»Vier Jahreszeiten« gehört. Auch in Göttingen<br />

bekommt man eine gute Variante: Das<br />

Restaurant »Intuu« unter der Regie von<br />

Alexander Zinke punktet etwa mit knusprigem<br />

Schweinebauch mit Piquillo-Süßkartoffelpüree<br />

und einer Sauce aus Miso und<br />

Anticucho (Koriander, Knoblauch, Bier und<br />

Zitronensaft).<br />

<<br />

Das »Zenkichi« in<br />

Berlin besticht durch<br />

Authentizität – die<br />

große Sake-Auswahl<br />

wird überwiegend<br />

direkt importiert.<br />

Sarah Henkes<br />

ausgefallene Küche<br />

im »Yoso« zählt zu<br />

den spannendsten<br />

in <strong>Deutschland</strong>.<br />

Im »Yunico«<br />

serviert Christian<br />

Sturm-Willms eine<br />

elegante Fusion<br />

aus europäischen<br />

und japanischen<br />

Gerichten.<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

149


cover / ADRESSEN<br />

DIE<br />

TOP-ASIATEN<br />

DEUTSCHLANDS<br />

JAPANER<br />

IZAKAYA<br />

Izakayas sind eigentlich japanische Kneipen – die<br />

europäische Kette mit dem gleichen Namen ist viel<br />

mehr als das, sie kombiniert hohe Produktqualität<br />

mit einer guten Weinkarte.<br />

Katharinenstraße 29, 20457 Hamburg,<br />

T: +49 40 29996669, izakaya-hamburg.com<br />

NAGAYA<br />

Yoshizumi Nagaya ist mit seinem besternten Restaurant<br />

die erste Adresse für Gourmets in Düsseldorf,<br />

hat aber auch deutschlandweit viele Fans.<br />

Klosterstraße 42, 40211 Düsseldorf<br />

T: +49 211 8639636, nagaya.de<br />

SUSHIMOTO<br />

Schlichtes Ambiente, herausragende Küche: Im<br />

»Westin Grand Hotel« kocht ein wahrer Meister.<br />

Kenner verlassen sich auf das Omakase-Menü.<br />

Konrad-Adenauer-Straße 7, 60313 Frankfurt a. M.<br />

T: +49 69 1310057, sushimoto.eu<br />

THE IZAKAYA<br />

Das Zweitrestaurant von Benjamin Peifer will kein<br />

reines asiatisches Restaurant sein, kombiniert<br />

daher Pfälzer Zutaten mit japanischen Techniken.<br />

Weinstraße 36, 67157 Wachenheim<br />

T: +49 6322 9593729,<br />

restaurant-inten.se/the-iz akaya<br />

YOSHI BY NAGAYA<br />

Im Zweitrestaurant von Yoshizumi Nagaya geht es<br />

traditioneller zu, es ist ebenfalls mit einem Stern<br />

ausgezeichnet. Sehr gute Sake-Auswahl.<br />

Kreuzstr. 17, 40210 Düsseldorf<br />

T: +49 211 86043060, nagaya.de<br />

YUNICO<br />

Christian Sturm-Willms lernte das japanische<br />

Küchenhandwerk in <strong>Deutschland</strong> und baut für<br />

seine Gerichte mediterrane Elemente ein.<br />

Am Bonner Bogen 1, 53227 Bonn<br />

T: +49 228 43345000, kamehabonn.de/yunico<br />

ZENKICHI<br />

Authentisches Japan-Restaurant mit außergewöhnlichen<br />

Gerichten. Die Sakeauswahl ist<br />

bemerkenswert.<br />

Johannisstraße 20, 10117 Berlin<br />

T: +49 30 24630810, zenkichi.de<br />

Sherry-Rahm? Das Nebeneinander von bodenständiger<br />

und Asia-Fusion macht den Reiz hier aus.<br />

Beides ist handwerklich auf gutem Niveau.<br />

Erikastraße 43, 20251 Hamburg<br />

T: +49 40 41305888, brechtmann-bistro.de<br />

INTUU<br />

Unter der kundigen Aufsicht von Alexander Zinke<br />

bekommt man das Beste aus Peru und Japan.<br />

Berliner Straße 30, 37073 Göttingen<br />

T: +49 551 999530, freigeist-goettingen.de<br />

NIKKEI NINE<br />

Spektakuläre Inneneinrichtung, feine Nikkei-Küche:<br />

Egal ob Ceviche oder Sashimi-Variationen, das Restaurant<br />

im »Vier Jahreszeiten« ist auf der Höhe.<br />

Neuer Jungfernstieg 9–14, 20354 Hamburg<br />

T: +49 40 34943399, nikkei-nine.de<br />

TIM RAUE<br />

Tim Raue hat mit seinem durchschlagenden Mix<br />

diverser asiatischer Küchenstile längst seine eigene<br />

Marke geschaffen.<br />

Rudi-Dutschke-Straße 26, 10969 Berlin<br />

T: +49 30 25937930, tim-raue.com<br />

YOSO<br />

Die gebürtige Koreanerin Sarah Henke kocht hier<br />

ihre spannende Aromenküche.<br />

Schafbachstraße 14, 56626 Andernach<br />

T: +49 2632 4998643, yoso-restaurant.de<br />

CHINESEN<br />

HOT SPOT<br />

Authentische Küche diverser Regionen trifft auf<br />

eine liebevoll kuratierte Weinkarte.<br />

Eisenzahnstraße 66, 10709 Berlin<br />

T: +49 30 89006878, restaurant-hotspot.de<br />

GREAT WALL<br />

Eine der ersten Adressen für Freunde der chinesischen<br />

Küche in Köln. Wer sich traut, probiert den<br />

Quallensalat oder marinierte Schweineohren.<br />

Komödienstraße 37, 50667 Köln<br />

T: +49 221 2774712, greatwallcologne.de<br />

VIETNAMESEN<br />

MONSIEUR VUONG<br />

Der Pionier unter den anspruchsvollen Streetfood-<br />

Vietnamesen Berlins ist immer noch auf der Höhe<br />

und gut besucht.<br />

Alte Schönhauser Str. 46, 10119 Berlin<br />

T: +49 30 99296924, monsieurvuong.de<br />

O-REN ISHII RESTAURANT<br />

Einer der beliebtesten Spots für ein leichtes,<br />

variantenreiches Mittagessen in Hamburg – wer<br />

zu spät kommt, muss warten.<br />

Kleine Reichenstraße 18, 20457 Hamburg<br />

T: +49 151 40030003, o-ren-ishii.com<br />

THAILÄNDER<br />

KIN DEE<br />

Wörtlich übersetzt bedeutet der Name dieses<br />

Sternerestaurants »Gut essen« – und das ist wahr.<br />

Lützowstraße 81, 10785 Berlin<br />

T: +49 30 2155294, kindeeberlin.com<br />

SAROCHA<br />

Anspruchsvolle Thai-Küche aus verschiedenen<br />

Landesregionen trifft auf ausgesuchte Weine.<br />

Herzogstraße. 22, 90478 Nürnberg<br />

T: +49 911 9991292, sarocha.de<br />

KOREANER<br />

HAN-MI<br />

Die Einrichtung könnte hübscher sein. Trotzdem<br />

sind die Plätze fast immer besetzt, was zum Beispiel<br />

an den köstlichen Kimchi-Pfannkuchen liegt.<br />

Kleine Seilerstr. 1, 20359 Hamburg<br />

T: +49 40 78010777, hanmi.de<br />

KIM’S’CORE<br />

Das Restaurant im In-Viertel Unterbilk ist nicht nur<br />

für das Barbecue Bulgogi direkt am Tisch beliebt.<br />

Neusser Straße 84, 40219 Düsseldorf<br />

T: +49 211 98077585, kimscore.de<br />

FUSION<br />

BRECHTMANNS BISTRO<br />

Spicy Thai Beef Salat oder Rinderfiletspitzen in<br />

GOOD FRIENDS<br />

Bodenständiges, schlichtes Restaurant, das auch<br />

unter Berlins Spitzenköchen viele Freunde hat.<br />

Kantstraße 30, 10623 Berlin<br />

T: +49 30 3132659, goodfriends-berlin.de<br />

SONAMU<br />

Beliebter Nachbarschaftstreff mit Klassikern<br />

wie Bulgogi und Bibimbap.<br />

Berger Str. 184, 60385 Frankfurt a. M.<br />

T: +49 69 90437250, keine Website<br />

Foto: beigestellt<br />

150 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Tauchen Sie ein in die sinnliche Wohlfühlwelt von Carrossa Hotel Spa Villas, nahe der<br />

romantischen Stadt Artà, mit Traumblick in die Bucht von Alcúdia. Das Resort umfasst<br />

75 Zimmer & Suiten, 2 Restaurants, 1.500 m 2 Wellness & Spa mit Außenpool,<br />

Hallenbad, Sauna-Landschaft u.v.m. Das attraktive Wochen-Arrangement<br />

inkl. Gourmet-Halbpension ist bereits ab 861 € buchbar.<br />

Informationen & Buchung: www.carrossa.com<br />

Carrossa Country Club SA Camí de Carrossa KM 3,4 07570 Artà<br />

Telefon +34 971–835647


KÜCHENZETTEL<br />

Gourmet-Autor<br />

SEVERIN CORTI<br />

HITZE<br />

HOCH DREI<br />

Zarte Calamari, knusprig gebacken und von dreierlei Pfeffer befeuert:<br />

So mögen die Kantonesen ihre Tintenfische. Wir aber auch!<br />

Salt and Pepper Squid. So unspektakulär<br />

steht das Gericht auf<br />

den Speisekarten chinesischer<br />

Restaurants von Penang bis<br />

Bombay, von London bis San<br />

Francisco – und in Australien, wo es<br />

inzwischen fast schon als Nationalspeise<br />

gelten darf, sowieso. Nur bei unseren<br />

lokalen China-Restaurants finden sich die<br />

»Calamari mit Salz und Pfeffer« nicht<br />

oft. Vielleicht, weil sie im Vergleich zu<br />

Peking-Ente oder süßsaurem Schweinefleisch<br />

mit Bambus nicht so eindeutige<br />

Exotik versprechen, wie wir das beim<br />

Chinesen unseres Vertrauens zu schätzen<br />

gelernt haben. Salz und Pfeffer?<br />

Kennen wir. Aber nicht auf diese Art.<br />

Das Gericht geht auf die Küche<br />

Hongkongs zurück und entwickelt<br />

eine knusprig-animierende Köstlichkeit,<br />

gegen die selbst die Italiener mit ihren zu<br />

Recht geliebten Calamari fritti ein bisschen<br />

alt ausschauen. Es ist nämlich so:<br />

Das Maismehl, in dem die Tintenfische<br />

vor dem Frittieren gewendet werden, ist<br />

mit zweierlei geröstetem Pfeffer gewürzt.<br />

Schwarzen Pfeffer mit seiner erdigen, aber<br />

auch irgendwie zitronigen Schärfe kennen<br />

wir hierzulande bestens, und die besondere<br />

Kraft des Szechuanpfeffers, der mit seiner<br />

vergleichsweise milden, aber umso<br />

würzigeren Schärfe die Zunge mit einer<br />

Art prickelnder Taubheit zu elektrisieren<br />

vermag, ist eine der großen Errungenschaften<br />

der chinesischen Küche. Es gibt<br />

ihn in jedem besseren Asiashop, und<br />

man will ihn, einmal probiert, nicht<br />

mehr missen.<br />

Wenn die Kalmare in ihrer Knusperhülle<br />

bereit sind, kommt als dritte<br />

Scharf-Nuance noch mit Jungzwiebel<br />

und Knoblauch (für die süße Note)<br />

gerösteter Pfefferoni dazu – fertig.<br />

Und nicht bloß knusprig, sondern<br />

aufregend heiß. Gurkensalat nach<br />

südchinesischer Art passt perfekt dazu,<br />

der liefert nämlich die nötige Kühlung.<br />

Geht auch ganz einfach: Hauchfein<br />

geschnittene kleine Gurken, in feine Stifte<br />

geschnittene rote Paprika und Jungzwiebeln<br />

sowie eine halbe, in kleine Stücke<br />

geschnittene Ananas werden mit einer<br />

Handvoll Minzblättern, etwas Sojasauce,<br />

dem Saft von zwei Limetten, etwas Sesamöl<br />

und Salz vermengt und kurz ziehen<br />

gelassen, bevor man nach Geschmack<br />

noch einen kleinen Bund grob gehackten<br />

Koriander dazugibt.<br />

Wer jetzt meint, lieber gleich den<br />

Stammchinesen dazu zu bringen, den<br />

pfeffersalzigen Tintenfisch gefälligst<br />

auf die Karte zu nehmen, hat natürlich<br />

nicht unrecht. Aber: Chinesisches Essen<br />

ist nur dann wirklich gut, wenn man in<br />

der Gruppe hingeht und gemeinsam<br />

verschiedene Gerichte teilt. Und dann<br />

wird man schnell draufkommen: Eine<br />

Portion dieser Calamari ist irgendwie<br />

immer zu wenig. Dagegen hilft nur:<br />

gleich selber machen.<br />

SALT & PEPPER SQUID<br />

GEBACKENE CALAMARI,<br />

HONGKONG-STYLE<br />

(für 4 Personen)<br />

ZUTATEN<br />

500 g gesäuberte Calamari<br />

100 g Maismehl (Maizena)<br />

1 Teelöffel Salz<br />

1 Teelöffel schwarze Pfefferkörner<br />

1 Teelöffel Szechuanpfeffer<br />

1 l Sonnenblumenöl<br />

2 Frühlingszwiebeln, in feine Ringe geschnitten<br />

1 Knoblauchzehe, in dünne Scheiben geschnitten<br />

1–2 rote Thai-Chili-Schoten, in feine Ringe geschnitten<br />

6 Limettenspalten<br />

ZUBEREITUNG<br />

– Die Tentakel der Kalmare beiseitelegen, die vom<br />

Fischhändler küchenfertig geputzten Körper-Tuben<br />

der Länge nach aufschneiden, auf der Innenseite mit<br />

einem scharfen Messer oder Stanleymesser mit<br />

einem 5-mm-Rhombenmuster versehen – ohne<br />

durchzuschneiden. Flach auflegen und jeden Körper<br />

in drei Dreiecke teilen.<br />

– Die beiden Pfeffer in einer Pfanne bei flotter Hitze<br />

ohne Fett etwa eine Minute anrösten, dann mittels<br />

Mörser grob mahlen.<br />

– Zwei Drittel dieser Mischung mit Salz und Maismehl<br />

vermengen. Tintenfische darin wenden.<br />

– Währenddessen in einem Wok 5 cm hoch Öl mit einer<br />

Kartoffelscheibe so lang erhitzen, bis die Scheibe<br />

braun ist. Herausholen und den Tintenfisch in<br />

zwei bis drei Durchgängen jeweils zwei Minuten<br />

goldbraun backen.<br />

– Parallel dazu in einer Pfanne 3 EL Öl heiß werden<br />

lassen, das Weiße der Zwiebeln und den Knoblauch<br />

mit den Chilis bei hoher Hitze anbraten. Tintenfisch<br />

abtropfen lassen, mit der Zwiebel-Chili-Mischung<br />

vermengen, mit dem restlichen Pfeffer und den<br />

grünen Zwiebelstücken bestreuen und mit Limette<br />

servieren.<br />

Fotos: Betina Hastoft, Ian Ehm<br />

152 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


FALSTAFF-WEINEMPFEHLUNG<br />

2016 Les Genêts Blancs, Château<br />

de Roquefort<br />

Côtes de Provence Blanc (Clairette,<br />

Vermentino), bio.<br />

weinhalle.de, € 14,80<br />

Gesammelte Rezepttipps<br />

von Severin Corti unter:<br />

falstaff.com/corti<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

153


gourmet / ESSAY<br />

ASIATISCH GENUG?<br />

Viele Speisen waren immer schon Migranten. Da wollen unsere Gaumen<br />

und Mägen keine Nationalisten sein. Über das versunkene Kleinchina<br />

des Pinzgaus. Und über Erfahrungen beim Essen in Japan und Österreich.<br />

Die erste chinesische Gaststätte<br />

Österreichs wurde im<br />

19. Jahrhundert in einem<br />

kleinen Ort im Pinzgau<br />

(Salzburg) eröffnet. Es war<br />

das Werk eines verachteten Sonderlings<br />

und grandiosen Träumers, der in Piesendorf<br />

der Enge und den Zwängen der Heimat<br />

sein eigenes kleines China entgegensetzte.<br />

Sebastian Perfeller scheiterte in seinem<br />

Leben mit allem, was er anfing, sein<br />

Schmiedeunternehmen führte er in den<br />

Konkurs, mit seiner Familie überwarf er<br />

sich, von den Nachbarn wurde er verspottet.<br />

Aber mit über fünfzig Jahren begann er<br />

1867 auf einem steilen Grundstück Häuser,<br />

Pagoden, Türmchen, Treppen, Galerien,<br />

Pavillons zu bauen, alles aus Holz, alles<br />

mit eigener Hand gefertigt: eine anmutige<br />

Welt für sich, die er, der nie in China war,<br />

alten Büchern und Bildern nachgebildet<br />

hatte. Und mitten hinein in sein privates<br />

Kleinchina setzte Perfeller ein Rast- und<br />

Gasthaus in chinesischem Stil, das Speisen<br />

anbot, die er für chinesisch hielt.<br />

Über kurz wurde der verachtete Außenseiter<br />

zur lokalen Berühmtheit, wer zwischen<br />

Salzburg und Innsbruck zu den freien<br />

Geistern zählen wollte, aus der Boheme<br />

oder der guten Gesellschaft, der begab sich<br />

auf Ausflug ins China des Pinzgaus und<br />

machte Perfeller, dem Baumeister, Holzschnitzer,<br />

Gartengestalter und Gastwirt, die<br />

Aufwartung. Was Perfeller an Speisen<br />

angeboten hat, ist unbekannt, aber es galt<br />

ihm und seinen Gästen jedenfalls für »chinesisch«,<br />

auch wenn der gescheiterte<br />

Schmiedemeister wohl nicht die Gewürze,<br />

Zutaten und auch die Kenntnis gehabt<br />

154 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


KARL<br />

MARKUS<br />

GAUSS,<br />

österreichischer<br />

Schriftsteller,<br />

Literaturkritiker,<br />

Herausgeber, Essayist.<br />

Als Reiseschriftsteller und<br />

Autor schreibt er für<br />

namhafte Zeitungen Essays,<br />

Kommentare und Notizen<br />

zum Zeitgeschehen.<br />

Illustration: Gina Mueller, Foto: Shutterstock, Marco Riebler<br />

haben wird, in Piesendorf gleichsam originalchinesisch<br />

aufzukochen. Wie sein Kleinchina<br />

ausgesehen hat, kann man nur auf<br />

einem einzigen alten Foto bestaunen und<br />

an einem Modell, das zwei Landsleute von<br />

ihm hundert Jahre nach seinem Tod aus<br />

Holz und Papier erbaut haben und das im<br />

Fremdenverkehrsamt der Gemeinde ausgestellt<br />

ist. Bald nach seinem Tod war Perfellers<br />

Lebenswerk verfallen, und was noch<br />

übrig war, wurde durch einen Brand vernichtet.<br />

Bis es in Österreich, in Salzburg,<br />

im Pinzgau wieder ein chinesisches Restaurant<br />

geben sollte, würden an die hundert<br />

Jahre vergehen müssen.<br />

Kürzlich war ich auf ein paar Tage in<br />

Wien und wurde von Freunden, die es<br />

freut, mich bei meinen Besuchen in neue<br />

oder von ihnen neu entdeckte Lokale zu<br />

führen, in ein Restaurant eingeladen, das<br />

im Rufe steht, vietnamesische Speisen ohne<br />

Zugeständnisse an mitteleuropäische<br />

Geschmackstraditionen anzubieten. Was<br />

soll ich sagen? Wir waren zu sechst, und<br />

jeder bestellte etwas anderes. Drei waren<br />

begeistert, drei fanden die Sache gerade<br />

noch so zum Runterbringen, ohne würgen<br />

zu müssen. Ich zählte zu Letzteren, und<br />

mein vegetatives Gedächtnis fühlte sich<br />

stark an jene Erlebnisse erinnert, die ich<br />

während einer Lesereise, die mich zu verschiedenen<br />

Universitäten Japans führte, mit<br />

japanischen Gerichten und meinem Magen<br />

machen konnte.<br />

Überwiegend nämlich fand ich die japanische<br />

Küche nicht nur interessant, was<br />

man gerne sagt, wenn es einem eigentlich<br />

nicht geschmeckt hat, sondern auf mir<br />

unbekannte Weise sogar sensationell gut.<br />

MITTEN HINEIN IN SEIN<br />

PRIVATES KLEINCHINA<br />

SETZTE SEBASTIAN<br />

PERFELLER EIN RAST-<br />

UND GASTHAUS IN<br />

CHINESISCHEM STIL, DAS<br />

SPEISEN ANBOT, DIE ER<br />

FÜR CHINESISCH HIELT.<br />

Bei ein paar Abendessen, die peinlicherweise<br />

zu meinen Ehren gegeben wurden,<br />

bekam ich die Brühe, in der sich unidentifizierbares,<br />

jedenfalls ungemein schlabbriges,<br />

nicht zu sagen schleimiges Zeug befand,<br />

hingegen nur aus der Sorge hinunter, sonst<br />

einen schweren Verstoß gegen die japanisch-österreichische<br />

Freundschaft zu verüben.<br />

Es ist schon so: Wir achten auch<br />

kulinarisch immer stärker das Originale,<br />

Authentische, nur mit Zutaten der Region<br />

Fabrizierte, aber tun das doch mehr aus<br />

ideologischen Gründen. Und wir bekommen<br />

es immer öfter mit Speisen zu tun, die<br />

auf ihrem Weg in unsere Teller vieles aufnahmen,<br />

was sich unterwegs finden ließ,<br />

und manches abgestreift haben, was den<br />

Menschen, denen es jetzt schmecken soll,<br />

gar zu ungewöhnlich, unvertraut anmutet.<br />

Und auch das stört uns, eben weil wir keine<br />

engstirnigen Nationalisten sein wollen,<br />

was die Vorlieben unseres Magens und seine<br />

Abneigungen gegen manches Fremde<br />

betrifft.<br />

Dabei waren die Speisen immer Migranten,<br />

und auf ihrer Wanderung von der<br />

einen Region in die andere, von einem<br />

Land ins nächste und endlich über die<br />

Kontinente hinaus haben sie sich von überall<br />

gegriffen, was ihnen bekömmlich<br />

erschien, und auf anderes verzichtet, einfach<br />

weil die Bereitschaft, sie im puristischen<br />

Originalzustand zu verzehren, nicht<br />

überall vorhanden war. Gerade weil wir<br />

globale Existenzen geworden sind, tut uns<br />

die Illusion gut, dem regionalistisch Echten<br />

zu frönen. Selbst beim Essen können wir<br />

nicht anders, als an den Widersprüchen<br />

unserer Epoche zu kauen. <<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

155


gourmet / REGIONALPORTRÄT<br />

IM OSTEN VIEL<br />

<strong>Deutschland</strong>s Regionen<br />

genussvoll entdecken<br />

falstaff.com/regional-genuss<br />

Fotos: Shutterstock<br />

156 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


NEUES<br />

<strong>Deutschland</strong>s östlichste Großstadt<br />

haben viele im Westen nicht auf dem<br />

Radar. Warum eigentlich? In Dresden<br />

und dem nahen Elbland pulsiert<br />

eine lebendige Gastroszene, und<br />

jedes Jahr sind mehr Besucher<br />

aus der ganzen Welt zu Gast.<br />

TEXT PHILIPP ELSBROCK<br />

Dresdens imposante Kulisse:<br />

Im Vordergrund ein Teil der<br />

Altstadt mit der Hochschule für<br />

Bildende Künste, auf dem<br />

anderen Elbufer die Neustadt.<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

157


gourmet / REGIONALPORTRÄT<br />

Es hat nicht viel gefehlt, und die »neue deutsche<br />

Küche« aus dem Restaurant »Lila Soße« würde es<br />

demnächst auch auf einer chinesischen Insel geben.<br />

Vor ungefähr einem Jahr<br />

bekam Boris Kögel, 40, in<br />

seinem Restaurant Besuch,<br />

der für ihn weitreichende<br />

Folgen haben sollte. Ganz<br />

genau lässt sich der Zeitpunkt nicht rekonstruieren,<br />

denn der oder die Unbekannte gab<br />

sich nicht zu erkennen, sondern schaute<br />

sich Kögels Restaurant nur genau an. Fest<br />

steht allerdings, dass die Person von dem,<br />

was sie sah, sehr angetan war. Kögel führt<br />

die »Lila Soße« in der Dresdner Neustadt;<br />

es ist ein lässiges, bei Touristen und Einheimischen<br />

gleichermaßen beliebtes Restaurant,<br />

dessen Spezialität die »neue deutsche<br />

Küche ist«, wie Kögel es beschreibt. Auf der<br />

Speisekarte stehen zum Beispiel Fenchel-<br />

Gurkensalat mit gebeiztem Lachs oder<br />

gebratene Jakobsmuschel auf Süßkartoffel<br />

und Gremolata, Kögel hat grobe Bratwurst<br />

vom Duroc im Angebot und hausgemachte<br />

Spätzle mit Petersilienpesto und Bergkäse.<br />

Nicht die Neuerfindung des Rads, aber<br />

alles gut gemacht, selbst die »New York<br />

Times« hat das Restaurant auf dem Radar.<br />

Im Januar bekam Boris Kögel eine Mail<br />

mit der Frage, ob er nicht eine Dependance<br />

seines Restaurants eröffnen wolle. Eins zu<br />

eins nachgebaut, mit dem gleichen Interieur,<br />

der gleichen Karte, dem gleichen Namen.<br />

Bezahlen müsse er dafür nichts, erst nach<br />

drei Jahren würde die erste kleine Pachtzahlung<br />

fällig. Ort dieses neuen Restaurants<br />

wäre allerdings in China. Denn dort, so ließen<br />

die Mailschreiber ihn wissen, werde<br />

eine künstliche Insel mit Platz für 250.000<br />

Menschen aufgeschüttet. Gern würde man<br />

ihn einladen, einmal dorthin zu kommen.<br />

Absender: einer der weltgrößten Immobilienentwickler<br />

Chinas, die Evergrande Group.<br />

Kögel ließ sich einfliegen, verbrachte eine<br />

Woche dort und war schwer beeindruckt.<br />

Am Ende sagte er doch ab. Nach vielen Jahren<br />

auf der Reise, nach Stationen bei Sternerestaurants<br />

im In- und Ausland ist er in Dresden<br />

heimisch geworden. »Ich hätte das wuppen<br />

können, und natürlich wäre das lukrativ«,<br />

meint Kögel. »Aber Geld ist nicht alles.«<br />

Die Episode ist dennoch bemerkenswert.<br />

Denn in der östlichsten Großstadt <strong>Deutschland</strong>s<br />

hat sich, zu großen Teilen unbemerkt<br />

von vielen Westdeutschen, eine vitale Szene<br />

entwickelt, die jedes Jahr mehr und mehr<br />

Besucher aus dem Ausland anlockt – im<br />

vergangenen Jahr knackte die Stadt mit 4,6<br />

Millionen Übernachtungen einen Rekord.<br />

WILLKOMMEN IM ELBLAND<br />

Längst schauen die Touristen sich nicht mehr<br />

bloß Dresden an, das mit seiner Mischung<br />

aus prunkvoller Altstadt und quirligen Szenebezirken<br />

eine große Bandbreite abdeckt. Das<br />

gesamte Elbland, wie findige Marketing-Leute<br />

die Region entlang der Elbe zwischen Pirna<br />

und Torgau genannt haben, weckt das<br />

Interesse. Zu den schönsten Ausflugszielen<br />

außerhalb der Stadt zählt zweifellos das<br />

Weingut Schloss Wackerbarth in Radebeul,<br />

Dresdens noblem Vorort. 190.000 Besucher<br />

kommen hier jährlich vorbei.<br />

Sie bewundern zum Beispiel das Belvedere,<br />

den wohl schönsten Arbeitsplatz eines<br />

Weinguts in <strong>Deutschland</strong>. Bekannt ist<br />

Schloss Wackerbarth zum einen für seine<br />

Sekte, die aus Burgundersorten cuvetiert<br />

werden. Kenner schätzen insbesondere die<br />

edelsüßen Weine aus der Rieslingtraube, die<br />

in <strong>Falstaff</strong>-Weinverkostungen regelmäßig<br />

mit hohen Punktzahlen hervorstechen.<br />

Wie ein Sprung in der Zeit fühlt es sich<br />

an, wenn man aus den historischen Gemäuern<br />

wieder ins Stadtzentrum fährt, zur Gläsernen<br />

Manufaktur von Volkswagen, wo<br />

der E-Golf produziert wird. Im dazugehörigen<br />

Edelbistro »e-Vitrum« führt Dresdens<br />

Gastronomie-Urgestein Mario Pattis das<br />

Kommando. Einen anderen Veteranen findet<br />

man zwischen Frauenkirche und Zwinger,<br />

im »Taschenbergpalais«, einem der besten<br />

Hotels am Platz. Hier kommt man nicht<br />

vorbei an Gastronom Gerd Kastenmeier,<br />

einem gebürtigen Niederbayern, der vor<br />

><br />

Fotos: BLEND3 Frank graetz, Schloss Wackerbarth, Shutterstock, beigestellt<br />

158 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Eingefasst von Weinbergen thront<br />

eines von <strong>Deutschland</strong>s schönsten<br />

Weingütern: Schloss Wackerbarth<br />

in Radebeul.<br />

Das Edelbistro<br />

»e-Vitrum« in<br />

der Gläsernen<br />

Manufaktur von<br />

Volkswagen hat<br />

das Dresdner<br />

Urgestein<br />

Mario Pattis<br />

übernommen.<br />

Eine prachtvolle Altstadt mit Gebäuden wie der Semperoper trifft auf eine vitale<br />

Gastronomieszene: Dresden zieht jedes Jahr mehr Besucher an.<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

159


gourmet / REGIONALPORTRÄT<br />

Sterneküche (r.) findet man in<br />

Stefan Hermanns »bean&beluga«.<br />

Doch auch sein Zweitrestaurant<br />

»Hirsch32« (o.) überzeugt.<br />

Früher Residenz für<br />

Adelige, heute ein<br />

Luxushotel (o.).: das<br />

Taschenbergpalais.<br />

Auf der anderen<br />

Seite der Elbe, in<br />

der Neustadt, findet<br />

man die beliebte<br />

»Weinzentrale« von<br />

Jens Pietzonka (l.).<br />

><br />

knapp 25 Jahren nach Dresden kam und<br />

wie so viele andere Wessis nicht mehr wegging.<br />

Kastenmeier, ein Kerl wie ein Baum,<br />

hat sich mit seinem hemdsärmeligen<br />

Charme viele Freunde gemacht – kürzlich<br />

war er sogar im »Tatort« zu sehen. Auf 70<br />

Prozent schätzt er seinen Stammkundenanteil<br />

in seinem Fischrestaurant, das seit ein<br />

paar Monaten im »Taschenbergpalais« residiert.<br />

»Denen musste ich versprechen, dass<br />

ich auch im neuen Restaurant weiterhin<br />

Wiener Schnitzel und Kaiserschmarrn<br />

anbiete«, sagt Kastenmeier.<br />

Vor Kurzem eröffnete er im Hotel eine<br />

Bar, in der er Sushi, Champagner und Austern<br />

kombiniert. Allein vier verschiedene<br />

Austernarten stehen mindestens auf der<br />

Karte (Probiertipp: die Tsarskaya), je nach<br />

Saison sogar noch mehr, dazu kommt eine<br />

gute Auswahl an Sushi aus Meisterhand<br />

sowie Taittinger-Champagner.<br />

Jenseits des perlenden Luxus, nach einem<br />

Sprung über die Elbe, finden sich in der<br />

Stadt aber auch Restaurants und Bars, die<br />

sich mit hochwertigen Zutaten und ohne<br />

viel Chichi an eine junge, genussaffine Zielgruppe<br />

richten. Etwa im »Sprout«, wo<br />

Quereinsteigerin Luise Koenitz vegetarische<br />

und vegane Küche anbietet. Nicht wegzudenken<br />

sind in der Neustadt auch die Weinbars,<br />

die von Gastronomie-Veteranen<br />

geführt werden. Die »Weinzentrale« unter<br />

der kundigen Leitung von Jens Pietzonka<br />

hat seit ihrer Eröffnung im Jahr 2015 einen<br />

festen Kundenstamm erobert. In lässiger<br />

Atmosphäre bekommt man hier Weine von<br />

lokalen Größen genauso wie die große<br />

Weinwelt aus Frankreich oder Spanien kundig,<br />

aber ohne Erziehungsmission erklärt.<br />

Craft-Bier-Fans haben in Dresden zwar<br />

nicht ganz so viel Auswahl. Aber die im<br />

vergangenen Jahr eröffnete »BraufactuM«-<br />

Filiale inmitten der Altstadt hat 32 Zapfhähne,<br />

aus denen 16 verschiedene Biere<br />

fließen. Wem der Kopf schwirrt angesichts<br />

dieser Vielfalt, sollte sich in die Straßenbahn<br />

mit der Nummer 41 setzen und nach<br />

Osten fahren, ins Villenviertel Weißer<br />

Hirsch. Wer bei Stefan Hermann einkehrt,<br />

egal ob im Bistro »Hirsch32« oder im<br />

Sternerestaurant »bean&beluga«, kann<br />

sich bei exquisiter Küche ausruhen vom<br />

Trubel. Und dann überlegen, wie er die<br />

weiteren Stunden in einer von <strong>Deutschland</strong>s<br />

schönsten Regionen verbringt.<br />

<<br />

Fotos: beigestellt<br />

160 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


SUPERFIT<br />

CHINO<br />

alberto-pants.com


eise / DRESDEN UND ELBLAND<br />

TIPPS &<br />

ADRESSEN<br />

HOTELS<br />

BÜLOW PALAIS*****S (1)<br />

Ein Stuttgarter Unternehmerehepaar steht hinter<br />

dem imposanten Hotel der Luxusklasse im Stadtzentrum.<br />

DZ ab ca. 115 Euro.<br />

Königstraße 14, 01097 Dresden<br />

T: +49 351 80030, buelow-palais.de<br />

GEWANDHAUS DRESDEN***** (2)<br />

Erbaut wurde dieses Luxushotel zwischen 1768<br />

und 1770, es befindet sich in direkter Nähe der<br />

Sehenswürdigkeiten. DZ ab ca. 270 Euro.<br />

Ringstraße 1, 01067 Dresden<br />

T: +49 351 49490, gewandhaus-hotel.de<br />

TASCHENBERGPALAIS***** (3)<br />

Grand Hotel im Zentrum der Altstadt, das im Zweiten<br />

Weltkrieg zerstört und in den 1990er-Jahren<br />

aufwendig restauriert wurde. DZ ab ca. 145 Euro.<br />

Taschenberg 3, 01067 Dresden<br />

T: +49 351 49120, kempinski.com<br />

VILLA SORGENFREI (4)<br />

Traumhaft gelegenes, wunderschönes Haus mit 14<br />

Zimmern und zwei Suiten. Dazu gehört das Sternerestaurant<br />

»Atelier Sanssouci«. DZ ab ca. 80 Euro.<br />

Augustusweg 48, 01445 Radebeul<br />

T: +49 351 7956660, hotel-villa-sorgenfrei.de<br />

RESTAURANTS<br />

BEAN&BELUGA (1)<br />

Das Vorzeigeprojekt von Multi-Gastronom Stefan<br />

Hermann hält seit vielen Jahren einen Stern. Zwei<br />

Menüs stehen zur Auswahl, eines mit Fleisch und<br />

Fisch und ein vegetarisches.<br />

Bautzner Landstraße 32, 01324 Dresden<br />

T: +49 351 44008800, bean-and-beluga.de<br />

KASTENMEIERS (2)<br />

Gerd Kastenmeier macht mit seinem Fischrestaurant<br />

im Taschenbergpalais viele Stammgäste glücklich.<br />

Neu ist die Sushi-Bar, wo eine Sushi-Auswahl,<br />

Austern und Champagner auf der Karte stehen.<br />

Taschenberg 3, 01067 Dresden<br />

T: +49 351 48484801, kastenmeiers.de<br />

GENUSS-ATELIER (3)<br />

Auch wenn das Haus seit diesem Jahr einen Stern<br />

hat – ein Menü bekommt man hier schon ab 39 Euro.<br />

Jeder zusätzliche Gang kostet weitere 10 Euro.<br />

Bautzner Straße 149, 01099 Dresden<br />

T: +49 351 25028337, genuss-atelier.net<br />

E-VITRUM (4)<br />

Mario Pattis leitet die Gastronomie in der Gläsernen<br />

Manufaktur von Volkswagen und setzt auf<br />

modernisierte Klassiker im Edelbistro-Stil.<br />

Lennéstraße 1, 01069 Dresden<br />

T: +49 351 4204250, vitrum-dresden.de<br />

LILA SOSSE (5)<br />

Boris Kögel bietet in seinem Restaurant »neue<br />

deutsche Küche an« und setzt dafür überwiegend<br />

auf regionale Zutaten. Hübsch gelegen im Hof der<br />

Fabelwesen, der zum Kunsthof Dresden gehört.<br />

Alaunstraße 70, 01099 Dresden<br />

T: +49 351 8036723, lilasosse.de<br />

HIRSCH32 (6)<br />

Früher die Weinbar des »Bean&Beluga«, ist das<br />

»Hirsch32« zu einem echten Zweitrestaurant aufgewertet<br />

worden. Viele Weine aus Sachsen.<br />

Bautzner Landstraße 32, 01324 Dresden<br />

T: +49 351 44008800, hirsch-32.de<br />

SPROUT FOOD (7)<br />

Vegetarische und vegane Küche in schlichtem, zeitgemäßem<br />

Ambiente – das bietet Quereinsteigerin<br />

Luise Koenitz in der Neustadt an.<br />

Rothenburger Straße 12, 01099 Dresden<br />

T: +49 351 21093510, sproutfood.de<br />

RASKOLNIKOFF (8)<br />

Man kann hier übernachten, doch die meisten<br />

Besucher kommen wegen des traumhaften Innenhofs<br />

und der guten, bodenständigen Küche. Reservierung<br />

empfohlen.<br />

Böhmische Straße 34, 01099 Dresden<br />

T: +49 351 8045706, raskolnikoff.de<br />

BARS, CAFÉS<br />

WEINKULTURBAR (1)<br />

Mehrfach preisgekrönte Mini-Bar, mit der sich Silvio<br />

Nitzsche selbst (und einem aufgeschlossenen<br />

Publikum) einen Traum erfüllt. Die Weinkarte ist<br />

legendär.<br />

Wittenberger Straße 86, 01277 Dresden<br />

T: +49 351 3157917, weinkulturbar.de<br />

KAFFANERO (2)<br />

Wer den Duft von frisch geröstetem Kaffee mag, ist<br />

hier richtig, denn die Rösttrommel steht direkt im<br />

Laden. Spezialitäten lassen sich sofort probieren<br />

und mit einem Stück Kuchen kombinieren.<br />

Jagdweg 1–3, 01159 Dresden<br />

T: +49 351 48618818, kaffanero.de<br />

WEINZENTRALE (3)<br />

Gute-Laune-Gastronom Jens Pietzonka versorgt<br />

seine Gäste nicht nur mit spannenden Weinen, sondern<br />

kennt auch die passenden Storys dazu.<br />

Hoyerswerdaer Straße 26, 01099 Dresden<br />

T: +49 351 89966747, weinzentrale.com<br />

BRAUFACTUM (4)<br />

Dresdens erste Anlaufstelle für Craft-Biere – mitten<br />

in der Altstadt gibt’s hier 16 verschiedene Biere<br />

frisch vom Fass, dazu Soulfood-Küche.<br />

Altmarkt 6, 01067 Dresden<br />

T: +49 351 48121988, braufactum-dresden.de<br />

GENUSS<br />

SCHLOSS WACKERBARTH (1)<br />

Das Weingut, das auf eine bewegte Geschichte<br />

zurückblickt, ist einer der Besuchermagneten der<br />

Region. In herrschaftlichem Ambiente kann man<br />

hier Sekte und Rieslingweine probieren, die über die<br />

Region hinaus bekannt sind.<br />

Wackerbarthstraße 1, 01445 Radebeul<br />

T: +49 351 89550, schloss-wackerbarth.de<br />

DRESDNER CHRISTSTOLLEN<br />

Zentrale Anlaufstelle für eine der bekanntesten<br />

sächsischen Spezialitäten. Die Website liefert<br />

Informationen zur Geschichte und nennt gute<br />

Bäcker.<br />

dresdnerstollen.com<br />

Illustration: Ana Popescu<br />

162 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


Weinfühlige Gastgeber<br />

in den besten Lagen<br />

29 erlesene Hotels für Weinliebhaber<br />

Vinum Hotels Südtirol sind eine Cuvèe aus Weinerlebnis und Genuss,<br />

Wohlbefinden, Kultur, Architektur – so frisch wie die Alpen, so fruchtig<br />

wie der Süden, so harmonisch wie die Menschen, so spannend wie die<br />

2500-jährige Weinbaugeschichte, so kontrastreich wie die Landschaft.<br />

www.vinumhotels.com · info@vinumhotels.com


promotion / IAC-NETZWERK<br />

Mit 24 Jahren hat er Marvin Dittmer<br />

zu seinem Küchenchef gemacht.<br />

Eine herausragende Stellung<br />

mit sehr viel Verantwortung,<br />

bei der man ein hohes Maß an Autorität und Erfahrung<br />

benötigt. »Viele haben es ihm nicht zugetraut.<br />

Aber ich!«, erklärt der geschäftsführende<br />

Gesellschafter der »Havanna Lounge«, Olaf<br />

Janotta. »Die Qualität unserer Küche war ja immer<br />

schon sehr gut, aber jetzt ist sie herausragend<br />

und sucht ihresgleichen.«<br />

Heute ist Marvin Dittmer gerade einmal<br />

27 Jahre jung und zählt sicher zu den größten<br />

Talenten in der Nordwestregion. Bodenständig,<br />

aber dabei offen für die Welt und alle Arten von<br />

Geschmack. Das zeichnet ihn aus! Wie schön,<br />

dass er leidenschaftlicher Bremer ist und die<br />

»Havanna Lounge« ihm die Freiheit gibt, seine<br />

Kreativität auszuleben.<br />

»Ohne ein Team geht es aber natürlich nie,<br />

und das passt zurzeit super«, so Dittmer. Dabei<br />

ergänzt er: »Wirklich gute Qualität betrifft nicht<br />

DER PURE<br />

GENUSS<br />

Die »Havanna Lounge Bremen« bietet neben einer<br />

hervorragenden Küche auch innovativen Tischservice.<br />

nur die Küche, sondern auch den Service und<br />

dabei insbesondere die Kommunikation and der<br />

Schnittstelle von Küche und Service.« Zusammen<br />

mit der Betriebsleiterin und Sommelière der<br />

»Havanna Lounge«, Anne-Catherine Hogrefe,<br />

ist genau dieses Zusammenspiel gegeben.<br />

Kein Wunder, dass die »Havanna Lounge«<br />

jetzt das Besondere ins Visier nimmt. Olaf Janotta<br />

betont: »Wir wollen etwas machen, was in<br />

Bremen keiner mehr macht oder vielleicht auch<br />

keiner mehr kann: Tischservice in verschiedenen<br />

Formen, mit Tranchieren, Filetieren, Anrichten<br />

und Flambieren. Zum Beispiel Fisch in der Salzkruste,<br />

der am Tisch aufgeschlagen wird, die<br />

Klassiker Chateaubriand, Hummercocktail Vandebilt,<br />

Crêpe flambée oder Tatar, alles vor den<br />

Augen der Gäste zubereitet und angerichtet.«<br />

Kooperationen mit Weinhäusern und Hotels<br />

sollen diese Oase des Genusses in Bremen einzigartig<br />

werden lassen und noch weiter fördern. So<br />

auch die Kooperation mit dem größten Clubnetzwerk<br />

der Welt, dem IAC.<br />

DIE »HAVANNA LOUNGE BREMEN«<br />

GEHÖRT DEM INTERNATIONALEN<br />

IAC-NETZWERK AN. DIE<br />

330.000 IAC-MITGLIEDER IN<br />

ÜBER 40 LÄNDERN HABEN<br />

ZUGANG ZU FAST 250 BUSINESS-,<br />

GOLF- UND COUNTRY-CLUBS<br />

WELTWEIT.<br />

INFO<br />

Havanna Lounge Bremen<br />

Am Dom 5/Börsenhof A<br />

28195 Bremen<br />

T: +49 421 3230030<br />

havannalounge.de<br />

Fotos: Havanna Lounge Bremen Clubbetriebsgesellschaft mbH<br />

164 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


SIXPACK<br />

RESTAURANTS IM TEST<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

ESPLANADE<br />

Nauwieserstraße 5<br />

66111 Saarbrücken<br />

LE CANARD NOUVEAU<br />

Elbchaussee 139<br />

22763 Hamburg<br />

RESTAURANT VALENTIN<br />

In der Grub 28a<br />

88131 Lindau<br />

HANDWERK<br />

Altenbeker Damm 17<br />

30173 Hannover<br />

RESTAURANT STÜFFEL<br />

Isekai 1<br />

20249 Hamburg<br />

WEINBAR WEIMAR<br />

Humboldtstraße 2<br />

99423 Weimar<br />

Jetzt im Herbst beginnt<br />

wieder die Trüffelzeit, auch<br />

im »Valentin«, Lindau.<br />

UNSERE TESTER<br />

DETLEF BERG (DB) berichtet<br />

seit mehr als 20 Jahren über<br />

Essen und Trinken in aller Welt.<br />

JAN BRINKMANN (JB)<br />

ist seit mehr als drei Jahrzehnten<br />

als Food-Journalist und Kochbuchautor<br />

tätig.<br />

PHILIPP ELSBROCK (ELS)<br />

ist <strong>Falstaff</strong>-Chefredakteur Gourmet<br />

in <strong>Deutschland</strong>.<br />

HANS THEO STAMP (HTS)<br />

Ist als Gastro- und Weinautor in Mitteleuropa<br />

unterwegs. Seine Schwerpunkte<br />

sind dabei Restaurants aller Sparten,<br />

wenig bekannte Weinregionen sowie<br />

Historisches und Kulturelles zu Essen<br />

und Wein.<br />

ULRICH VAN STIPRIAAN (UVS)<br />

begleitet als Journalist und Blogger<br />

seit Jahren die Dresdner und<br />

sächsische Genusslandschaft.<br />

NEU EINGEDECKT<br />

Foto: Lorenz Sternbach<br />

JETZT<br />

GRATIS<br />

RESTAURANT-<br />

GUIDE APP<br />

Geschmacksexplosionen im Saarland, Zielgruppen-Küche in<br />

Hamburg, ein Kunsthandwerker in Hannover, eine Weinbar mit<br />

früherem Sternekoch in Weimar und eine innovative Adresse am<br />

Bodensee: unsere Restaurantbewertungen in <strong>Deutschland</strong>.<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

165


gourmet / SIXPACK<br />

ESPLANADE<br />

Saarbrücken<br />

1Kaum sonst wo gibt es eine so hohe<br />

Dichte an Sterne-Restaurants wie<br />

im kleinen Saarland. Silio del Fabro,<br />

zuletzt Souschef bei Drei-Sterne-Koch<br />

Klaus Erfort, bereichert seit einiger Zeit<br />

das kulinarische Angebot in der Landeshauptstadt<br />

Saarbrücken. Seine modern inspirierte,<br />

klassisch-französische Küche<br />

kommt gut an. Das Restaurant liegt in<br />

einem denkmalgeschützten Haus aus der<br />

Gründerzeit, das gerade aufwendig herausgeputzt<br />

und um einige Hotelzimmer erweitert<br />

wird. Verlockend war das »Signature«-<br />

Menü mit wahlweise fünf bis acht Gängen,<br />

aber es gibt auch eine kleinere Menüfolge<br />

und À-la-carte-Gerichte. Schon die Grüße<br />

aus der Küche sind vielversprechend. Da ist<br />

vor allem die feine Kartoffel-Mousseline,<br />

perfekt mit Trüffelschaum und geräucher-<br />

tem Aal kombiniert und in einer Eierschale<br />

serviert. Weiter geht es mit erfrischender<br />

confierter Melone und Garnelen, aufgefüllt<br />

mit einer aromatischen Krustentieressenz<br />

und etwas prickelnd scharfem rosa Ingwer.<br />

Gelungen sind auch die Tranchen von der<br />

Forelle – wunderbar saftig und mit einer<br />

feinen Champagner-Beurre-blanc. Perfekt<br />

gegart ist das Medaillon vom Maibockrücken<br />

mit einer schönen Kräuterkruste und<br />

Sellerie und Spitzkohl als stimmige Beilagen.<br />

Nach der exzellenten Käseauswahl<br />

überrascht das Dessert mit einer wahren<br />

Geschmacksexplosion: Buttermilchcreme,<br />

dazu Rhabarber- und Erdbeermousse sowie<br />

kleine Sphären mit Rhabarber- und Erdbeersorbet.<br />

Mit Jérôme Pourchère agiert<br />

ein umsichtiger Restaurantleiter, der auch<br />

in Sachen Wein kompetent berät. DB<br />

»Esplanade«: Silio<br />

del Fabro kocht in<br />

einem Haus der<br />

Gründerzeit.<br />

BEWERTUNG<br />

Essen<br />

Service<br />

Weinkarte<br />

Ambiente<br />

GESAMT<br />

47 von 50<br />

18 von 20<br />

18 von 20<br />

8 von 10<br />

91 von 100<br />

ESPLANADE<br />

Nauwieserstraße 5<br />

66111 Saarbrücken<br />

T: +49 681 8596566<br />

esplanade-sb.de<br />

LE CANARD<br />

NOUVEAU<br />

Hamburg<br />

2<br />

Viel zu lange war es ruhig um das<br />

»Le Canard Nouveau« an der<br />

Hamburger Elbchaussee, ein Haus<br />

mit Gourmetgeschichte. Ein Schwelbrand,<br />

ausgelöst durch einen Kurzschluss, zwang<br />

die Betreiber im Juni vergangenen Jahres<br />

dazu, das Restaurant zu schließen. Zwar<br />

hielten sich die Brandschäden in Grenzen,<br />

doch stellte sich nach der Begehung heraus,<br />

dass die Bausubstanz über die Jahre stark<br />

gelitten hatte – ein Teilabriss folgte. Nun<br />

ist das Restaurant wieder geöffnet, im<br />

Interieur deutlich heller und freundlicher<br />

als zuvor, mit Norman Etzold gibt zudem<br />

ein neuer Mann in der Küche den Ton an.<br />

Etzold, 35, kommt aus Wien, wo er zuletzt<br />

als Küchendirektor im »Palais Hansen<br />

Kempinski« kochte. Zwei-Sterne-Erfahrung<br />

bringt er aus seiner Zeit in der »Villa<br />

Rothschild« mit. An diesem Mittag steht<br />

er nicht bloß an den Töpfen, sondern hilft<br />

im Service mit aus. Seine Vorspeisen kommen<br />

dennoch auf den Punkt: Die vegetarische<br />

Variante um eine geröstete Zwiebelcreme<br />

mit gepoppter Kräutertapioka sowie<br />

marinierter Gurke und Ricotta überzeugt<br />

dabei noch mehr als das Carpaccio mit<br />

Krustentiermayonnaise und Flusskrebsen.<br />

Für den Hauptgang macht Etzold keine<br />

Experimente. Er serviert einen klassischen<br />

Risotto, der ebenso viel Biss hat wie die<br />

beiliegenden Erbsen. Die weiteren Komponenten,<br />

ein perfekt gegarter Rotbarsch<br />

sowie brauner Butterschaum, sind Beispiele<br />

für gutes Küchenhandwerk. Allein die<br />

homöopathisch aufgebrachte Salzzitrone<br />

könnte intensiver sein. Der Service bedient<br />

kenntnisreich und unaufgeregt, die Weinkarte<br />

wirkt relativ ausgedünnt. ELS<br />

BEWERTUNG<br />

Essen<br />

Service<br />

Weinkarte<br />

Ambiente<br />

GESAMT<br />

44 von 50<br />

18 von 20<br />

17 von 20<br />

8 von 10<br />

87 von 100<br />

LE CANARD NOUVEAU<br />

Elbchaussee 139<br />

22763 Hamburg<br />

T: +49 40 88129531<br />

lecanard-hamburg.de<br />

Nach langer Auszeit endlich<br />

wieder eröffnet: das »Canard<br />

Nouveau« in Hamburg.<br />

Fotos: www.imagevi.de, ST.ONE_pictures_Ian_Prigge, beigestellt<br />

166 falstaff sep–okt <strong>2019</strong>


VALENTIN<br />

Lindau<br />

3<br />

Klammheimlich hat sich das<br />

»Valentin« zu einer der innovativsten,<br />

inte ressantesten und auch<br />

schlichtweg besten Adressen am oberen<br />

Bodensee gemausert. Im Herzen der Altstadt<br />

Lindaus, aber doch ein wenig abseits<br />

der größten Touristenströme liegt dieser mit<br />

viel Weiß aufgehellte Gewölbekeller. Besondere<br />

Attraktion – aber meist früh gebucht –<br />

sind im Sommer die vier Tische auf der<br />

Gasse, zudem ist eine kleine Sonnenterrasse<br />

im Angebot. Die Crew ist jung und international,<br />

»Innovation, Fantasy und auch<br />

etwas Dekadenz« hat sie sich auf die Fahnen<br />

geschrieben. Den Beweis dafür bleibt<br />

sie nicht schuldig. Innovativ ist gewiss die<br />

Hommage an den guten alten Zwiebelrostbraten,<br />

hier bestehend aus Entrecôte saignant<br />

und slowcooked Zwischenrippe. Fan-<br />

tasy sehen wir am ehesten bei der »Crème<br />

brûlée mal anders«, wo das Karamell als<br />

Kugel die Crème umschließt, begleitet von<br />

einer Granita aus Rhabarber. Und die<br />

Dekadenz? Ein klein wenig wohl bei »Taube<br />

und Traube«, wo luftgetrocknete Taubenbrust<br />

mit Traubenkernöl-Emulsion in<br />

süße Krokanthörnchen gelegt wird. Extravagant<br />

ist hier die Präsentation auf einem<br />

stattlichen Stein, der zuvor wohl am Seeufer<br />

gelegen hat. In diese Kategorie gehört auch<br />

das vor Aromen schillernde Duo aus Oktopus<br />

und Taschenkrebs, herausgefordert von<br />

Chorizo, Yuzu und Maracuja. Das Lokal<br />

verzichtet zwar neuerdings auf eine Bio-<br />

Zertifizierung, doch verrät die mit individuellem<br />

Gestaltungswillen komponierte Weinkarte<br />

nach wie vor große Sensibilität für<br />

dieses Thema.<br />

HTS<br />

Eine der besten Adressen<br />

am Bodensee: das<br />

»Valentin« in Lindau.<br />

BEWERTUNG<br />

Essen<br />

Service<br />

Weinkarte<br />

Ambiente<br />

GESAMT<br />

43 von 50<br />

18 von 20<br />

17 von 20<br />

8 von 10<br />

86 von 100<br />

RESTAURANT VALENTIN<br />

In der Grub 28a<br />

88131 Lindau<br />

T: +49 8382 5043740<br />

valentin-lindau.de<br />

HANDWERK<br />

Hannover<br />

4<br />

Das Restaurant von Thomas<br />

Wohlfeld, 31, mit dem programmatischen<br />

Namen inszeniert sich<br />

mit schlichten Holzmöbeln sachlich, fast<br />

nüchtern. Hinter dem Tresen der offenen<br />

Küche greifen drei Handwerker mit der<br />

gelassenen Konzentration japanischer Teemeister<br />

in kleine Schalen, um aus der Mise<br />

en Place kleine, geometrisch geformte Petitessen<br />

aufzubauen. Vor den Gästen liegen<br />

sehr kleine Essstäbchen, mit denen sie<br />

zumeist asiatisch Gewürztes zum Munde<br />

führen sollen. Die Bezeichnungen der sieben<br />

Gänge des einzig angebotenen Menüs<br />

verraten indes, dass dieses Küchen-Kunst-<br />

Handwerk fest auf deutschem Boden steht.<br />

Das Leichtgewicht »Gurke, Sauerrahm,<br />

Joghurt«, die deftig geschmorte »Schweinebacke,<br />

Sauerkraut, Estragon« wie auch das<br />

Hauptgericht, das fabelhaft Ochsenherzto-<br />

mate und getrockneten, mit Kräutern<br />

gewürzten Schafskäse kombiniert, beweisen,<br />

wie feinfühlig Handwerker arbeiten<br />

können. Die modische Speisekarten-Kryptik<br />

gibt der stets freundlich strahlenden<br />

Ann-Kristin Wohlfeld reichlich Raum für<br />

kenntnisreiche Erklärungen. So erläutert sie<br />

zum Beispiel, dass der gebeizte Hamachi<br />

vom Küchengruß zuvor durch ein Bassin im<br />

Saarland geschwommen war, oder was es<br />

mit dem Yuzu auf sich hat. Die bunten<br />

Teller und Schälchen dieses Amuse-Bouche-<br />

Menüs sehen nicht nur possierlich aus,<br />

sie schaffen immer wieder auch ständig<br />

neue Geschmackserlebnisse. Der Keller<br />

(rund 120 Posten meist deutscher und<br />

europäischer Herkunft) erfreut mit – für<br />

deutsche Handwerker – überraschend<br />

freundlichen Preisen.<br />

JB<br />

BEWERTUNG<br />

Essen<br />

Service<br />

Weinkarte<br />

Ambiente<br />

GESAMT<br />

45 von 50<br />

18 von 20<br />

17 von 20<br />

7 von 10<br />

87 von 100<br />

HANDWERK<br />

Altenbeker Damm 17<br />

30173 Hannover<br />

T: +49 511 26267588<br />

handwerk-hannover.com<br />

»Handwerk«:<br />

Nüchternheit in<br />

Hannover.<br />

95–100 Punkte 90–94 Punkte 85–89 Punkte 80–84 Punkte<br />

sep–okt <strong>2019</strong><br />

falstaff<br />

167


gourmet / SIXPACK<br />

STÜFFEL<br />

Hamburg<br />

5Ondrej Kovar hat etwas geschafft,<br />

worauf nicht viele gewettet hätten:<br />

Aus einer lange verwaisten Lokation,<br />

an der sich zuletzt einige Gastronomen<br />

erfolglos versuchten, hat er wieder ein florierendes<br />

Restaurant gemacht. Warum das<br />

»Stüffel«, gelegen am Isekai im noblen<br />

Eppendorf, funktioniert, wird schnell<br />

deutlich: Das in diesem Stadtteil so wichtige<br />

Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. Die<br />

Nachbarschaft ist zwar betucht, gibt ihr<br />

Geld aber ungern im Restaurant aus. So<br />

kombiniert Kovar gutbürgerliche, recht<br />

rustikale Küche zu erstaunlich niedrigen<br />

Preisen mit einer sorgsam kuratierten<br />

Weinkarte; die Idee, häufig Winzer für<br />

Weindegustationen ins Lokal einzuladen,<br />

ist ebenfalls keine schlechte. Die Abende<br />

im »Stüffel« sind jedenfalls gut besucht, es<br />

ist wieder Leben am Isekai. Im dreigängigen<br />

Menü für 37 (!) Euro kam als Vorspeise<br />

eine etwas euphemistisch als Ziegenkäseterrine<br />

angekündigte Scheibe Käse auf<br />

einem Rucola-Bett, dazu Scheiben von sauer<br />

eingelegten Mairübchen sowie Stachelbeeren.<br />

Der vegetarische Hauptgang fiel<br />

nicht unter die Kategorie subtil, sondern<br />

eher mit robuster Würze auf. Gleichwohl<br />

kein schlechter Einfall, durch Petersilie<br />

grün gefärbte Perlgraupen als Risotto mit<br />

ganzen Zwiebeln zu kombinieren und mit<br />

Röstzwiebelschaum auf Umamilastigkeit<br />

zu trimmen – gratinierter Scamorza verstärkte<br />

das noch. Höhepunkt der unprätentiösen<br />

Menüfolge war zweifellos das<br />

Dessert, ein Klassiker: marinierte Erdbeeren<br />

unter Vanilleeis und einem Schaum<br />

von weißer Schokolade.<br />

ELS<br />

Beliebtes Nachbarschaftslokal<br />

mit guter Weinkarte: das<br />

»Stüffel« in Hamburg.<br />

BEWERTUNG<br />

Essen<br />

Service<br />

Weinkarte<br />

Ambiente<br />

GESAMT<br />

42 von 50<br />

17 von 20<br />

19 von 20<br />

8 von 10<br />

86 von 100<br />

RESTAURANT STÜFFEL<br />

Isekai 1<br />

20249 Hamburg<br />

T: +49 40 609 020 50<br />

restaurantstueffel.de<br />

WEINBAR<br />

WEIMAR<br />

Weimar<br />

6<br />

Als im Sommer vergangenen Jahres<br />

Marcello Fabbri nach 25 Jahren das<br />

Sterne-Restaurant »Anna Amalia«<br />

verließ und dann im Herbst als neuer<br />

Küchenchef in der »Weinbar Weimar«<br />

anfing, war das schon eine kleine Sensation.<br />

Die »Weinbar« von Philipp Heine und Anna<br />

Koller war da noch nicht einmal zwei Jahre<br />

alt: Die beiden hatten im Januar 2017 in den<br />

traditionsreichen Räumen von »Sommers<br />

Weinstuben« ihre neue »Weinbar« eröffnet.<br />

Seitdem gibt es dort nicht nur rund hundert<br />

offene Weine (zu sehr fairen Preisen) und ein<br />

paar Kleinigkeiten gegen den Hunger, sondern<br />

zusätzlich ein veritables Fünf-Gänge-<br />

Menü von Marcello Fabbri. Es wechselt<br />

etwa jeden Monat, manche Gerichte auch<br />

schon mal schneller – wie es der Markt gerade<br />

vorgibt. Fabbri kocht wie eh und je italienisch-mediterran<br />

inspiriert. Wenn man von<br />

italienischer Heiterkeit auch beim Essen<br />

reden kann: Hier wäre es angebracht. Immer<br />

perfekt (und immer wieder anders) ist<br />

Fabbris Risotto, mit Schmelz und Biss und<br />

(bei unserem Besuch) fast giftgrün, weil mit<br />

Kopfsalat und Erbse gekocht. Dazu, einfacher<br />

geht’s nicht: Büffel-Mozzarella. Fabelhaft<br />

aromatisch-leicht die Bärlauch-Ravioli<br />

mit auf den Punkt gegarter Jakobsmuschel<br />

und Morchelschaum. Das ist Küche auf Sterneniveau,<br />

völlig ohne Schnörkel, herrlich!<br />

Zu jedem Gang findet Philipp Heine mit<br />

Leichtigkeit die richtigen Weine – und bringt<br />

gerne auch mal zwei Flaschen zur Auswahl<br />

mit. Richtige Weinweltenbummler können<br />

sich da nicht immer entscheiden – aber es<br />

passen beide! Übrigens: Man muss nichts<br />

essen, es ist ja eine Weinbar. Aber mit macht<br />

es deutlich mehr Spaß als ohne … UVS<br />

BEWERTUNG<br />

Essen<br />

Service<br />

Weinkarte<br />

Ambiente<br />

GESAMT<br />

45 von 50<br />

18 von 20<br />

18 von 20<br />

9 von 10<br />

90 von 100<br />

WEINBAR WEIMAR<br />

Humboldtstraße 2<br />