Chronik der Burg Schnellenberg
Die Entstehung der Burg Schnellenberg ist zusammen mit der Geschichte der Hansestadt Attendorn (Kreis Olpe - Sauerland) zu sehen. Der Kölner Erzbischof Engelbert von Berg ließ 1222 diesen Ort befestigen, womit seine Entwicklung zur Stadt abgeschlossen war. Gleichzeitig wurde von ihm die Burg Schnellenberg angelegt ...
Die Entstehung der Burg Schnellenberg ist zusammen mit der Geschichte der Hansestadt Attendorn (Kreis Olpe - Sauerland) zu sehen. Der Kölner Erzbischof Engelbert von Berg ließ 1222 diesen Ort befestigen, womit seine Entwicklung zur Stadt abgeschlossen war. Gleichzeitig wurde von ihm die Burg Schnellenberg angelegt ...
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Burg Schnellenberg
Hotel und Restaurant
Bilsing Hotelbetrieb GmbH & Co. KG
Die Geschichte der Burg Schnellenberg
BURG SCHNELLENBERG
Hotel und Restaurant · Burg Schnellenberg 1 · 57439 Attendorn
Telefon (0 27 22) 69 40 · Telefax (0 27 22) 69 41 69
Lage und Geschichte
Die Attendorner Talsenke bildet im Südsauerland eine besonders reizvolle und abwechslungsreiche
Landschaft. Am Südrand der Senke zieht die Bigge in ruhigen Schwingungen von Südwesten
nach Nordosten, heute von Eisenbahn und moderner Landstraße begleitet. An ihrem
Nordufer liegt die Stadt Attendorn, von den verschiedenen umliegenden Höhen in abwechslungsreichem
Prospekt einzusehen. Deutlich hebt sich der etwa eirunde mittelalterliche Stadtkern
von den zerstreuten neuen Stadtvierteln ab. Blickt man aus der Stadt und ihrer Umgebung
nach Südosten gegen die Waldberge, so sieht man von überall her aus der grünen Masse der
Bäume die Türme und Gebäude eines großen Schlosses aufragen, das weithin die Attendorner
Senke beherrscht. Es ist die Burg Schnellenberg, Besitz der Freiherren v. Fürstenberg-Herdringen.
In Westfalen gibt es nur wenige Schloßanlagen, die wie der Schnellenberg eine derartig
souveräne und weithin herrschende Lage besitzen. Die Entstehung der Burg ist zusammen mit
der Geschichte Attendorns zu sehen. Der Kölner Erzbischof Engelbert von Berg ließ 1222 diesen
Ort befestigen, womit seine Entwicklung zur Stadt abgeschlossen war. Gleichzeitig wurde
von ihm die Burg Schnellenberg angelegt, was in einem Abkommen mit dem Grafen von der
Mark bezeugt ist, dem er auf dieser Burg zwei Burglehen überließ. Die neu angesetzten Burgmänner
entstammten Adelsfamilien der Nachbarschaft. Die Zweckbestimmung der neuen Burg
war die Sicherung der „Heidenstraße“, damals eine der wichtigsten Handelsstraßen im Sauerland,
die vom Rhein über Meinerzhagen und Valbert durch die Stadt Attendorn, hier die Bigge
überschreitend, das südliche Bergufer ersteigend, um die neue Burg herumgeführt, die Berge
in Richtung Dünschede überquerend, das Lennetal bei Grevenbrück erreichte. Von dort lief sie
über Elspe und Schmallenberg in Richtung auf die hessischen Länder weiter. Heute existiert
diese alte Fernstraße zwischen Schnellenberg und Dünschede nur noch als Waldweg. Der neuzeitliche
Verkehr verläuft auf anderen Bahnen. Nach der für das Kölner Erzbistum verhängnisvollen
Schlacht bei Worringen l288 mußte die nur gut drei Kilometer südwestwärts gelegene
kölnische Burg Waldenburg 1289 pfandweise an den Grafen von der Mark abgetreten werden.
Als Ausgleich ließ der Marschall des Herzogtums Westfalen Johann v. Plettenberg um 1291 die
Burg Schnellenberg mit tatkräftiger Hilfe der Bürger von Attendorn neu und stärker befestigen.
Bereits im Jahre 1300 gelang die Wiedereinlöse Waldenburgs, wodurch der Schnellenberg an
Bedeutung verlor. Die Burg wurde fortan nur noch von kölnischen Burgmännern bewohnt und
betreut. Die Herren v. Plettenberg, hauptsächlich verdient um den Ausbau der Anlage, schieden
1333 als Burgmänner auf dem Schnellenberg aus. In ihr Lehen, das das Amtshaus mit einer
Wohnung für den Erzbischof einschloß, traten die Herren Vogt v. Elspe ein.
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Sie werden nunmehr zusammen mit den Herren v. Schnellenberg als Burgmänner genannt. Im
Auftrag des Erzbischofs haben die Vogt v. Elspe nach 1387 Umbauten ausgeführt. Ihre Bemühungen
wurden um 1400 mit der Erlaubnis zum Bau eines eigenen zusätzlichen Burghauses
belohnt. Diese beiden Familien haben die Burg Schnellenberg dann bis 1541 gemeinsam bewohnt.
In diesem Jahr ging das Lehen der v. Schnellenberg an die Herren v. Schüngel über.
Das für die Geschichte der Burg Schnellenberg wohl bedeutsamste Jahr war 1594. Der kurkölnische
Droste der Ämter Bilstein und Waldenburg, Caspar v. Fürstenberg (1545-1618), trat in
Kaufverhandlungen mit den Burgmannsfamilien Vogt v. Elspe und v. Schüngel ein. Man wurde
handelseinig und mit Zustimmung des Erzbischofs ging der Schnellenberg mit allem Grundbesitz
an v. Fürstenberg über. Diese Familie gehörte zum Landadel des kölnischen Herzogtums
Westfalen und war seit dem 15. Jahrhundert allmählich angesehen und reich geworden. Als
Friedrich v. Fürstenberg, der Vater Caspars, 1556 zum Drosten ernannt wurde, setzte ein glänzender
Aufstieg des Geschlechtes ein. Friedrich konnte seinem Landesherrn eine große Schuldenlast
begleichen, wofür er die Einkünfte des Amtsgebietes zur Verfügung erhielt. Caspar v.
Fürstenberg nach dem Tode seines Vaters seit 1567 Droste, hat alle günstigen Gelegenheiten
genutzt, Besitz und Einkünfte abzurunden. 1585 wurde sein Bruder Dietrich zum Fürstbischof
von Paderborn gewählt. Caspar hatte jetzt als Geheimer Rat Einuß in Köln und in Paderborn.
Der Kurfürst von Mainz bestellte ihn 1588 zum Verwalter der mainzischen Ämter Fritzlar und
Naumburg. Seine Wohnung war auf der Burg Bilstein.
Der Ankauf des Schnellenbergs ist sicher wegen dessen
hervorragender Lage sowie der besseren Ausbaumöglichkeiten
erfolgt. Für den neuen Besitzer kam
aber auch hinzu daß er über die Familie v. Schnellenberg
vermeintlich zuverlässige Unterlagen erhalten
hatte, wonach in alter Zeit die Bewohner dieser Burg
zur Reichsritterschaft berufen gewesen sein sollten.
1595 stellte Caspar v. Fürstenberg erneut Antrag auf
Aufnahme in die Reichsritterschaft, die auch gewährt
wurde. Im gleichen Jahr begann er den Ausbau des
vorhandenen Baubestandes zu einem blockartigen
Vierügelschloß. Erhaltene Pläne zeigen an, daß zunächst
an ein wesentlich größeres Schloß mit vier
runden Ecktürmen gedacht war, wie es durch Umbau
1585-92 beim Schloß Neuhaus, der Residenz der
Fürstbischöfe von Paderborn, verwirklicht worden ist.
Der Architekt für Schnellenberg war vermutlich Hans
Caspar von Fürstenberg
Adam, den der Bauherr wohl durch seinen fürstbischöichen
Bruder empfohlen bekommen hat. Aber das Großprojekt ist wegen der im Gebirge
notwendigen ungeheuer kostspieligen Substruktionen fallen gelassen worden zugunsten der
kleinen Lösung, bei der sehr viel alte Bausubstanz mitverwendet werden konnte.
1599 regte der fürstbischöiche Bruder die überaus kostbare Ausstattung der Hauskapelle im
Obergeschoß des mittelalterlichen Torturm-Bergfriedes an. Caspar v. Fürstenberg vertraute diese
Arbeiten dem Bildhauer Johann Hocheisen, der seit1596 für den Schnellenberg tätig war,
dem Kleinschnitzler Hans Miltenberger, beide aus Frankfurt, dem Maler Augustin Jodefeld aus
Paderborn sowie dem Schreiner Meister Bernhard an.
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Der Fürstbischof schenkte 1601 die gesamte prachtvolle Silberausstattung an liturgischen Geräten,
die sein Goldschmied Anton Eisenholt aus Warburg geschaffen hatte. Nachdem 1606
alle Bauarbeiten im wesentlichen abgeschlossen waren, konnte Caspar v. Fürstenberg 1608
seinen Wohnsitz endgültig von Bilstein nach Schnellenberg verlegen. Hier verlebte er noch
zehn glückliche Jahre, wie wir aus seinem berühmten Tagebuch wissen, das auch über alle
Bauangelegenheiten unterrichtet.
1618 starb er in Arnsberg und wurde dort
in der Wedinghauser Stiftskirche begraben.
Sein Sohn Friedrich (1576-1647) setzte ihm
ein hervorragendes Grabmal von der Hand
Heinrich Gröningers aus Paderborn, das
heute als Retabel den Hochaltar dieser Kirche
schmückt.
1658 begann der Enkel Caspars Friedrich
v. Fürstenberg (1618-1662) mit der Vorbereitung
neuer Baumaßnahmen an der Oberburg.
Der Südügel ist teils neugebaut, teils
verändert worden. 1661 waren die Arbeiten,
zu denen auch eine Bautätigkeit an der
Ökonomie kam, beendet. Die Erhebung des
Geschlechts in den Reichsfreiherrenstand
Kapelle der Familie von Fürstenberg 1660 hatte diese Maßnahmen beügelt, eine
nanzielle Dotation durch den Onkel des
Bauherrn, den Salzburger Domherrn und münsterischen Dompropst Wilhelm v. Fürstenberg
(1623-1699), hatte alles erleichtert.
In der nächsten Generation ließ der Droste Ferdinand v. Fürstenberg (1661-1718), das Patenkind
des gleichnamigen Onkels und Fürstbischofs von Paderborn, nach 1683 verschiedene
Bauarbeiten an den Wirtschaftsbauten und im Hauptgebäude selbst ausführen. Die für das
Schloß wichtigste Bauperiode setzte im Jahr 1686 ein. Die Neu- und Umbauten, die Ferdinand
v. Fürstenberg von jetzt an errichten ließ, gaben dem Schloß die gegenwärtige äußere Gestalt.
Zuerst entstand an der Oberburg der mächtige Pavillonturm auf dessen Westecke (1686). Diesem
markanten Bauteil folgte sofort 1687 die Planung und dann Errichtung der riesigen Vorburg,
die den Maßstab aller bisherigen Bauvorhaben sprengte. Der geniale Entwerfer - obschon
in den Akten offenbar nicht genannt - kann der Kapuzinerbruder Ambrosius von Oelde gewesen
sein. Er hatte ab 1677 für Johann Adolf v. Fürstenberg das Schloß Adolphsburg bei Oberhundem
entworfen und für dessen Bruder Fürstbischof Ferdinand von Paderborn ab 1681 unter
anderem die Kapuzinerkirche dort errichtet. Beide Onkel werden also dem Neffen in Schnellenberg
diesen bewährten Meister zum Ausbau des Schlosses empfohlen haben. Die neue Vorburg,
die wohl als eine Art Jagdschloß zur Unterbringung einer großen Zahl von Gästen und vielen
Pferden eingerichtet war, entstand zwischen 1687 und 1694 unter dem Maurermeister Andreas.
Die lnnenausstattungsarbeiten zogen sich bis 1704 hin. 1708 entstand das äußere Vorwerk
in seiner heutigen Gestalt. Inzwischen waren bis 1690 die Umgestaltungsmaßnahmen an der
eigentlichen Oberburg fertig geworden. 1710 haben die Kunsthandwerker die letzten Innendekorationen
abgeschlossen.
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Im ganzen 18. Jahrhundert ist das Schloß Schnellenberg nur noch vorübergehend von der Familie
bewohnt worden. Zum Teil bevorzugte man die Adolphsburg und noch im ersten Viertel
des Jahrhunderts schien das Schloß Herdringen bei Neheim die Hauptresidenz werden zu sollen
wenigstens sind damals sehr großzügige Pläne dafür entstanden.
Der letzte Bewohner des Schnellenberges war Friedrich Leopold v. Fürstenberg der 1791 nach
einer deutlich betonten Bauinschrift größere Restaurierungen veranlaßt hat.
Während des 19. Jahrhunderts hat die Familie das Schloß nicht mehr bewohnt. Ernst Friedrich
Zwirner errichtete 1848-52 die neue prachtvolle Familienresidenz in Herdringen. Im Jahre
1889 vernichtete ein Großfeuer das Innere und die Dächer der herrlichen Schnellenberger
Vorburg die seitdem Ruine war. 1902 ließ die kunstsinnige Grän Pia v. Fürstenberg einen Teil
der kostbaren Ausstattungen aus SchneI lenberg nebst den dazu passenden Teilen aus Schloß
Adolfsburg restaurieren und in Schloß Herdringen einbauen. In der allgemein schwierigen Zeit
nach 1918 hat die Oberburg verschiedenen provisorischer Verwendungszwecken gedient. In
den 1930er Jahren begannen Wiederherstellungsarbeiten an der Oberburg. Ab 1946 wurde in
sehr glücklicher Weise der Südügel der ausgebrannten Vorburg als Gaststätte und Hotel ausgebaut.
Aufgrund der Schräglage (ca. 50°) des Felsens, auf welchem Südturm und Südügel
der Vorburg gegründet sind, traten 1962-63 erhebliche Setz- und Abrißschäden auf Diese akute
Gefahr für das schöne Bauwerk konnte nur durch technisch sehr schwierige und kostspielige
Spezial-Betonierungsarbeiten beseitigt werden. Die Familie v. Fürstenberg hat mit größten -
nanziellen Opfern die Wiederherstellung des alten Zustandes - mit geringen Änderungen für
den neuen Verwendungszweck - betrieben. Die Hintansetzung kaufmännischer Überlegungen
hat die Erhaltung der größten und auch interessantesten Burganlage des Sauerlandes bewirkt.
Kapelle, Rückwand des Ehrensitzes
von Caspar von Fürstenberg
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Beschreibung und Würdigung
Auf einem nach Nordosten gerichteten Sporn des Rappelsberges zwischen seinem Steilabfall zur
Bigge und einem tiefen Seitental ist die Burg angelegt. Jenseits einer sanften Einsattelung, über
die die „Heidenstraße“ von Attendorn her in den eigentlichen Bergzug verlief, ist der Sporn als
steiles Felsmassiv herauspräpariert. Die Anlage selbst zeigt heute drei Abschnitte: im Südwesten
auf dem Anlauf des Sporns sitzend das ausgedehnte Vorwerk, überragt von der mächtigen Wand
des eigentlichen Vorburg-Hauptügels. Zusammen mit einem rechtwinklig anstoßenden langen
Seitenügel auf der Südostseite faßt er den nach Norden stark steigenden Vorburghof ein. Von
hier aus gesehen erhebt sich jenseits eines tiefen künstlich geschaffenen Halsgrabens auf einem
Felsklotz die Masse der Oberburg. In dem Taleinschnitt östlich und südlich des Schloßberges
speist ein Bach eine Kette von Fischteichen, deren Anlage schon auf das 17. Jahrhundert zurückgeht.
Alte Gartenentwürfe lassen erkennen, daß zu Ende des 17. Jahrhunderts reguläre Gärten
auf der tiefer gelegenen Spornspitze nördlich der Oberburg und auf dem Sattel südwestlich des
Vor-werks angelegt gewesen sind. Rechnet man den großen 1680-98 geschaffenen Tiergarten
hinzu, so wird deutlich, wie Schloß und Umgebung als eine von Menschen bewußt geordnete
Welt inmitten des „wilden“ Waldgebirges aufgefaßt gewesen sind. Durch die Vernachlässigung
im 19. Jahrhundert hat der Wald die Gärten zu großen Teilen zurückerobert.
Kapelle, geschnitztes Holzwappen von
Hans Miltenberger
Der sehr unregelmäßige Grundriß der
Oberburg läßt einigermaßen deutlich die
beiden mittelalterlichen Burgmannshäuser
erkennen,die sich auf der Nordwestund
Südostseite gegenüber gelegen haben.
Ein drittes kleineres altes Steinhaus
zeichnet sich im Grundriß des Südwest-
ügels hinter dem großen Pavillonturm
ab. Der schmale rückwärtige Nordostügel
scheint Wirtschaftszwecken gedient
zu haben. Ein nördlich außen angesetzter
heute stark erneuerter Rundturm diente
der Verteidigung der Burgrückseite und
barg gleichzeitig einen Brunnen. Die
südwestliche Brükken- oder Schaufront
ist mehrmals umgebaut und außerdem
offenbar vorgeschoben worden, denn der
Torturm sitzt heute hinter dem Flügel.
Alle diese Bauteile schließen einen engen
Burghof ein.
Das überall verwendete Baumaterial harter Schiefer und Grauwacke. läßt keine Zierformen zu.
Daher sind Einzelheiten nicht näher datierbar. Der Torturm ist auf Grund des Kreuzgratgewölbes
über der Durchfahrt und des Kreuzrippengewölbes über der Kapelle sicher noch mittelalterlich,
vermutlich aus dem Ende des 13. Jahrhunderts, während das Kapellengewölbe wohl
erst im späten 15. Jahrhundert eingezogen worden ist. Die meisten Fenster zeigen mit ihren
Stempfosten altertümliche Formen und sind Zeugen des großen Umbaues unter Caspar v. Fürstenberg.
Eines von ihnen am linken Flügel trägt sein Ehewappen und ist 1597 datiert.
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Die breite, der Vorburg zugewandte Torfront besitzt auf der Südecke einen Rundturm unbestimmbaren
Alters, der, wahrscheinlich im 18. Jahrhundert, um zwei Geschosse niedriger gemacht
worden ist, und jetzt unter einem merkwürdigen Schleppkegeldach sitzt. Ganz anders der
selbständige Baublock des viergeschossigen mächtigen Pavillonturmes auf der Westecke. Er
ist von einer prächtigen welschen Haube gedeckt, ein charaktervolles Werk mit allen Kennzeichen
des westfälischen Frühbarock, der im Auftrag des Freiherrn Ferdinand v. Fürstenberg und
seiner Gemahlin Maria Theresia v. Westphalen entstand. Dieser 1686 errichtete Bau verrät die
planende Hand eines großen Architekten. dem auch die großen Stempfostenfenster der eigentlichen
Baufront zuzuschreiben sind. Mittelpunkt und Schaustück des Ganzen ist aber das vortrefiche
Werksteinportal des Haupteingangs in der Mitte. Dem in zwei Schichten aufgebauten
rustizierten Gewände sind außerdem ebensolche Pilaster vorgelegt, die ein gesprengtes Gebälk
tragen. Gewände und Rundbogen erzeugen durch ihre wohlüberlegte Großformigkeit den Eindruck
des wehrhaften Zugangs. Reich verziert ist dagegen der Sprenggiebel mit dem symmetrisch
von Löwen gehaltenen Wappen des Bauherrn, gekrönt von den Zeichen der Reichsunmittelbarkeit,
dem kaiserlichen Doppeladler mit der Reichskrone. Vor der Steinbrücke über
den Halsgraben bildet ein hervorragend geschmiedeter eiserner Torbogen aus der Hand des
Schlossermeisters Johannes Schröder aus Olpe den Auftakt des Schloßzugangs, begleitet von
ebenso schönen Eisengeländern. Dieser Schmuck von 1690 hebt sich mit wohlüberlegter Absicht
von der sonoren Portalarchitektur ab. Die Baufront ist vermutlich unvollendet geblieben.
Man darf annehmen, daß anstelle des Rundturms auf der Südecke ein zweiter entsprechender
Pavillonturm geplant gewesen ist.
Am Gewölbe der Tordurchfahrt prangt eine emblematische gemalte Darstellung eines großen
doppelköpgen Reichsadlers mit den Wappen des Caspar v. Fürstenberg und seiner ersten Frau
Elisabeth v. Spiegel in den Fängen. Die Darstellung, die in den beigegebenen Inschriften auf
Schutz und Gastfreundschaft der reichsritterlichen Burg verweist, muß zu den ersten Neugestaltungen
nach 1595 in Schnellenberg gehören.
Ein einziger, noch fast unversehrt aus dieser
Zeit stammender Innenraum, ist die
dem hl. Georg geweihte Schloßkapelle im
Obergeschoß des Torturms. Der sehr kleine
Raum ist mit einer erstaunlichen Opulenz
ausgestattet. Der Altar vor einem Fenster
wird von zwei Ehrensitzen ankiert. Rechts
der Thronsitz des Fürstbischofs Dietrich v.
Fürstenberg vor einer Wandnischenarchitektur
und links der Chorstuhl seines Bruders,
des Schloßherrn Caspar v. Fürstenberg, unter
einem Baldachin. In den hinteren Raumecken
zwei weitere schlichtere Chorstühle,
von denen einer für die Schloßherrin bestimmt
war. Die Wand gegenüber dem Altar
öffnet sich in einer reichen Türarchitektur
mit dem heute vermauerten Durchgang zum
Kapellenzimmer, das einst somit, ebenfalls
reich ausgestattet, bei geöffneten Türen zur
Kapelle hinzugenommen werden konnte.
Kapelle, Hl. Georg im Kapellaltar
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In der Kapelle gibt es außerdem auf zwei Seiten eine Empore mit geschlossener Brüstung.
Außerdem Altar und dem fürstbischöichen Thronsitz, die aus Marmor und Alabaster sind,
besteht die übrige Ausstattung aus reich geschnitztem Holzwerk. Mehrere Weichholzarten sind
zu einem unwahrscheinlich subtilen manieristischen Formgebilde zusammengesetzt, das, unbemalt,
mit sieben gemalten Feldern in der Emporenbrüstung einen köstlich zarten Farbakkord
bietet. Kräftiger in den Farben sind die bunten Marmorarten und der weiße Alabaster in Altar
und Thron (1599).
Die Retabelreliefs des Altars stellen die Jünger zu Emmaus, das Abendmahl und das Opfer
des Melchisedek, in der Mitte darüber den Drachenkampf des hl. Georg dar. Ein Kruzix
mit schönem Alabasterkorpus krönt das vorzügliche Werk. Der Bischofsthron hat vor einer
Sitznische aus Andernacher Stein eine etwas später vorgesetzte Säulenstellung mit Architrav
aus schwarzem und rotem Marmor. Darüber sitzt ein prächtiges Alabastermedaillon mit dem
fürstbischöichen Wappen. Die Betbank besteht aus roten Sinterplatten mit einer Stiftungsinschrift,
eingefaßt von Hermenpfeilern. Im Gegensatz dazu ist der Chorstuhl gegenüber - wie
auch die übrige aber erst 1608 gelieferte Holzaustattung der Kapelle - aus kostbaren Intarsien
aufgebaut. Die Rückwand besitzt in der Mitte ein Bogenfeld mit einem virtuos aus bunten
Hölzern eingelegten Blumenstrauß, ankiert von Statuetten der Caritas und Fides. Oben im
Beschlagwerk-Aufsatz das Fürstenbergische Familienwappen. Die sieben gemalten Felder an
der Emporenbrüstung stellen Engelsgestalten mit den Leidenswerkzeugen Christi dar. Rings
um den Raum zieht sich ein gemaltes Paneel mit Arabesken und Blumenteppich. Das Gewölbe
ist als offener Himmel dargestellt (1600). Auf Wolkenringen thronen die Apostel, unter ihnen
die Gestalt des Bauherrn, dann die Propheten und Herrscher des Alten Bundes und in der Mitte
fern die unzählbare Schar der Heiligen und Engel.
Kapelle, Steinplatte im Thronsitz
des Fürstbischofs Dietrich v. Fürstenberg
Die vom Bauherrn aus Frankfurt gerufenen
Künstler, der Bildhauer Johann Hocheisen
für die Steinarbeiten und der Kleinschnitzler
Hans Miltenberger für die Intarsien
Holzausstattung, haben eine sonst nirgendwo
in Westfalen vorhandene einzigartige
Ausstattung des Manierismus zusammen mit
dem Maler Augustin Jodefeld aus Paderborn
geschaffen. Zahlreiche Inschriften, Sprüche
aus dem Alten Testament, bezeugen die innige
Frömmigkeit der Auftraggeberfamilie.
Der im Nordwestügel des Schlosses im
Obergeschoß gelegene große Saal besitzt aus
der Zeit Caspars v. Fürstenberg nur noch den
Rest eines großen Prunkkamins aus Sandstein.
Zwei virtuos durchgebildete Hermen
tragen den Sturz, auf dem heute einsam die
Figur der Göttin Juno steht. Ursprünglich
war ein Aufsatzmedaillon mit der Darstellung des Orpheus unter den Tieren vorhanden, ankiert
von Löwengestalten mit den Wappen v. Fürstenberg v. Spiegel. Auf den Seiten standen
die Göttinnen Minerva und Juno.
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Es ist das Verdienst von Fritz Arens, den Künstler dieses Werks ermittelt zu haben: der Bildhauer
Gerhard Wolff aus Mainz hat den Auftrag dazu 1601 bekommen.
Auch im Südostügel ist ein kulturgeschichtlich interessanter Ausstattungsrest aus der Zeit
zwischen 1595-1600 erhalten. Im Obergeschoß hatten zwei Zimmer die Bezeichnung „Alt-
Weib“. Über einer Tür ist auf den Putz gemalt als Surporte die Gestalt einer alten Frau mit Stock
und Beutel und eine Inschrift aus dem Buch Hiob des Alten Testaments zu sehen.
Der Charakter der meisten Räume in der Oberburg wird jedoch heute durch die Neudekoration
um 1700 bestimmt, deren Bauherrschaft Ferdinand v. Fürstenberg und Maria Theresia v. Westphalen
waren. Ihr Allianzwappen ist zwischen 1686 und 1718 an vielen Stellen angebracht.
Die Innenräume haben Stuckbalkendecken, die immer abwechslungsreich mit Model-Ornamenten
verziert sind. Auch das Gewölbe im Pavillonturm, das Treppenhaus neben dem Torturm
und viele Fensternischen sind mit Modelstuck geschmückt. Hinzu treten im großen Saal virtuos
geschnitzte prachtvolle Türgestelle mit dem genannten Allianzwappen vor dem Reichsadler,
alles in schwere Akanthus-Ornamentik eingebettet. Auch sonst sind in der Oberburg noch manche
einfachere Türen derselben Zeit erhalten.
Gegenüber dem Kamin im großen Saal ist zur
Zeit ein herrlich geschnitzter Gläserschrank
nebst einem deftigen Figurenaufsatz, Bachus
und sein Gefolge, aufgestellt, der außerdem
seine komplette Farbfassung im Charakter von
Buntmarmor, Schildplatt und Alabaster, alles
reich vergoldet. bewahrt hat. Er stammt aus der
wandfesten Ausstattung des großen Saals der
Adolphsburg. Hier war es der Onkel des Schnellenberger
Bauherrn, Johann Adolf v. Fürstenberg,
der gleichzeitig dieses Schloß ausstatten ließ.
Alle diese prolreichen und stark plastisch aus
Eichenholz geschnitzten Prunkstücke, wozu noch
viele weitere kommen, die 1902 nach Herdringen
verbracht sind, gehören zu den besten und
Geschnitzer Kopf des Gläserschranks großartigsten Ausstattungen, die damals in ganz
Nordwesteuropa entstanden sind. Man darf sie
der Bildhauerfamilie Sasse in Attendorn zuweisen, die in einer großen Werkstatt außerdem
zahlreiches Kirchenmobiliar ins ganze südliche Westfalen geliefert hat.
Den Stilwandel zwischen dem Kamin des Gerhard Wolff um 1601 und der Zeit um 1700 veranschaulicht
der andere große Schaukamin im ersten westlichen Saalzimmer. Uber einem von
Säulen getragenen Marmorsturzrahmen erhebt sich ein Aufsatz aus Stuck in reichem Akanthus-Ornament.
Zwei weibliche Gottheiten ankieren eine heute leere Hochovalnische, in der
einst ein emblematisches Gemälde gesessen hat. An den Schmalseiten des Aufsatzes sitzen
Stuckreliefs, links Chronos raubt die Schönheit und rechts Mercur entführt Aglaia (den Glanz).
Alabasterton und reiche Vergoldung der Blumenrahmen und Festons bestimmen auch hier die
Farbigkeit. Leider ist der Künstler dieses Stücks nicht bekannt. Insgesamt gesehen geht dieser
hochbarocke Dekorationsstil von ungemeiner Schwere und Würde auf niederländisch-französische
Vorbilder zurück.
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Der Hof der Vorburg, architektonisch von den zwei hierseits niedrigen Flügeln des großen
Vorburggebäudes gefaßt und über eine niedrige Brüstung sich weit nach Nordwesten ins Land
öffnend, kommt als Platzraum kaum zur Wirkung, da er gegen die Oberburg stark ansteigt. Der
Eingang in das Hotel führt durch ein schönes barockes Tor das vom verfallenen Haus Stirpe
bei Erwitte 1958 nach hier versetzt wurde. Auf dem Vorplatz stehen an verschiedenen Stellen
steinerne Spolien, es sind Bänke, Sockel und Skulpturen, die anscheinend aus den ehemaligen
Gärten um das Schloß stammen. Unerhört monumental ist die Feldseite der Vorburg, die ja eigentlich
ein selbständiger Schloßbau ist. Die breite dreigeschossige Front zu elf Fensterachsen
wird von zwei ziemlich schlanken fünfgeschossigen Türmen mit gekurvten Helmen ankiert.
Das einzige Schmuckstück ist das in großen Formen gehaltene Portal aus einheimischem Marmor.
Es ist wegen des Bodenreliefs nach links aus der Mitte verschoben. Ursprünglich besaßen die
beiden unteren Geschosse des Bauwerks durchgehend querovale Ochsenaugenfenster, was der
Schauseite ein außerordentlich wirkungsvoll-verschlossenes Aussehen verlieh. Diese Wirkung
mußte durch die erforderliche Vergrößerung der Fenster für die moderne Nutzung des Gebäudes
leider etwas eingeschränkt werden.
Erstaunlich sind im Inneren die weiten dreischifgen gewölbten Hallenräume auf bunten Marmorsäulen,
einst die Marställe des Schlosses, die den verheerenden Brand von 1889 überstanden
hatten. Einer dieser Räume birgt heute ein sehr interessantes kulturgeschichtliches Museum; ein
anderer ist als Kapelle eingerichtet. Der Altar im Stil des frühen 18. Jahrhunderts stammt aus
der leerstehenden unbenutzten Schloßkapelle der Adolphsburg und wurde nach durchgreifender
Restaurierung 1981 hier aufgestellt. Die Sandsteineinfassung der Eingangspforte zur Kapelle
stammt ebenfalls vom Haus Stirpe. Mehrere andere Räume dienen der Gastronomie des
Hotels als stimmungsvolle Gasträume.
Auftakt der Schloßanlage ist ein ab 1708 erbautes besonderes Vorwerk, das, von hohen Mauern
und zwei niedrigen Ecktürmen eingefaßt, vor die Vorburg gelegt ist. Ein vornehm-schlichter
Torbogen mit Pförtner-Pavillon gibt Zutritt. Die Zufahrt ist geradlinig auf das Vorburgtor hin
zwischen teilweise hohen Mauern geführt. Interessant ist die Verschmelzung altertümlicher
Abwehrmittel mit barocken Kunstgriffen im gesamten Vorwerk-Vorburgbereich. Hinzukommt
eine deutlich spürbare theaterhafte Prospektwirkung der drei Teilzonen der Gesamtanlage, die,
durch das Gelände diktiert, ausschließlich auf die Zugangsseite nach Attendorn hin bezogen
ist. Eine andere Schauseite im künstlerischen Sinne gibt es nicht. Vom Biggetal her wirken
hauptsächlich neben den hohen Gebäudewänden die beiden Türme des Hauptschlosses malerisch
zusammen wobei der mittelalterliche Torturm seine weische Haube seit Anfang unseres
Jahrhunderts zugunsten eines schlichten Zeltdachs verloren hat.
Durch seinen Ausbau zwischen 1686 und 1708 nimmt das Schloß Schnellenberg eine sehr
wichtige Stellung unter den großen barocken Schloßanlagen Westfalens ein. Gehören die Reste
der Raumdekorationen mit denen der Adolphsburg schon zu den Spitzenleistungen der Stilstufe
um 1700, so ist der manieristische Kapellenraum von 1600 von allergrößter kunst- und kulturgeschichtlicher
Bedeutung.
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Lageplan
Der ab 1949 nach klarer Konzeption durchgeführte
Wiederaufbau der gesamten Vorburgruine
war der Beginn einer glanzvollen Generalrestaurierung
des schönen Schlosses durch die Eigentümer
Wenemar Freiherr v. Fürstenberg und
nachfolgend dessen Sohn, Engelbert-Eberhard
Freiherr v. Fürstenberg. Moderner Ausbau und
sachgerechte Restaurierung gingen abschnittsweise
Hand in Hand jeweils in Abstimmung
mit dem Landeskonservator und wurden 1977
abgeschlossen. Die subtile Instandsetzung der
manieristischen St.-Georgs-Kapelle in der Oberburg
dauerte von 1976 bis 1980. Die Krönung des
Ganzen war die Wiederherstellung der gesamten
Oberburg und ihre Einrichtung zum komfortablen
Hotel von 1975 bis 1979. Jetzt dient das ganze
Schloß, Vorburg und Oberburg, unter der Leitung
der Familie Bilsing diesem Zweck.
Der große Saal und die Saalzimmer bilden bei Festlichkeiten und Tagungen den repräsentativen
Rahmen. Das Burghotel Schnellenberg, das der berühmten Kette ,,Gast im Schloß‘ angehört,
bietet hohen gastronomischen Komfort und liegt in gepegter Waldumgebung, mit vielen Wanderwegen
und abwechslungsreichen Erholungsmöglichkeiten im Attendorner Umland. So ist
das Schloß heute eine der attraktivsten historischen Stätten im Sauerländischen Gebirgsland
geworden, ganz im Sinne einer Inschrift, die Caspar v. Fürstenberg schon 1599 am Gewölbe des
Torturms anbringen ließ: „Foris non maneat peregrinus / Ostium meum pateat viatori“ (draußen
nicht bleibe der Fremdling, meine Tür öffne sich dem Reisenden).
Bilsing Hotelbetrieb GmbH & Co. KG
Bilsing Hotelbetrieb Ver. GmbH HRB 983
Burg Schnellenberg 1
57439 Attendorn/Biggesee
Telefon (02722) 694-0
Telefax (02722) 694169
www.burg-schnellenberg.de
info@burg-schnellenberg.de