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REISE 35<br />
Mit steilen Bergen und üppigen Regenwäldern<br />
ragen die Marquesas aus dem Pazifik. Die<br />
entlegensten Inseln der Welt kann man am besten<br />
mit einem Kreuzfahrt-Frachtschiff entdecken<br />
Die Container sind verstaut,<br />
die Passagiere an<br />
Bord. Die Aranui legt<br />
ab. Papeete, die Hauptstadt Tahitis<br />
verschwindet am Horizont<br />
und der Pazifik schimmert<br />
im gleißendenSonnenlicht. Gemeinsam<br />
mit den Gästen bestaune<br />
ich auf dem Pooldeck<br />
großgewachsene Männer mit<br />
prallem Bizeps, beeindruckenden<br />
Tattoosund starke Frauen,<br />
die sich mit lautem Gesang zum<br />
Rhythmus der Trommeln bewegen.<br />
Einst Teil ritueller Zeremonien<br />
ist Tanzen und Musik<br />
tief in der Kultur Polynesiens<br />
verwurzelt –mal lieblich<br />
mit Baströckchen, mal kriegerisch.<br />
Auch die Crew-Mitglieder<br />
greifen gerne zur Ukulele.<br />
Nach einem Badestopp in türkisblauem<br />
Meer auf dem Atoll<br />
Fakavara hält die Aranui Kurs<br />
in Richtung Marquesas. Mit dabei<br />
ist die kalifornische Archäologin<br />
Sidsel Millerstrom, die<br />
uns über die Inselninformiert.<br />
Mehr als 1500 Kilometer<br />
nordöstlich von Tahiti entfernt,<br />
erreichte sie als erster Europäer<br />
Alvaro de Mendaña de Neya<br />
1595. Er benannte sie nach seinem<br />
Gönner, dem damaligen<br />
spanischen Vizekönig von Peru,<br />
dem Marques de Mendoza,<br />
in „Las Islas Marquesas“. Zwölf<br />
Inseln und zahlreiche kleine Eilande<br />
vulkanischen Ursprungs<br />
mit knapp 10.000 Einwohnern<br />
gehören dazu. Schroffe Felswände,<br />
tiefe Täler und üppige<br />
Regenwälder prägen die wilden<br />
Landschaften. Sie zählen<br />
zu den insgesamt 118 Inseln<br />
Französisch-Polynesien, die<br />
sich auf einer Meeresfläche der<br />
Größe Westeuropas verteilen.<br />
Die ersten Siedler kamen aus<br />
Südostasien. Im 18. Jahrhundert<br />
gingen die Seefahrer<br />
Louis-Antoine deBougainville,<br />
James Cook und<br />
William Blight auf<br />
verschiedenen Inseln<br />
an Land. Anschließend<br />
ließen<br />
sich britische und<br />
französische Missionare<br />
und europäische<br />
Siedler in der<br />
Südsee nieder. Frankreich begann<br />
1842die Inselnzuannektieren<br />
und erklärte sie schließlich<br />
zur französischen Kolonie.<br />
Heute ist Französisch-Polynesien<br />
ein französisches Überseeland,<br />
das teilweise von Frankreich<br />
regiert wird.<br />
Am nächsten Morgen<br />
herrscht im Frachtbereich<br />
Hochbetrieb. Der erste Hafen<br />
der Hauptinsel Nuku Hiva ist<br />
erreicht. Freudig begrüßen die<br />
Insulaner die Mannschaft, die<br />
Container für Container mit<br />
Kränen vom Schiff transportieren.<br />
Autos, Waschmaschinen,<br />
10.000<br />
Einwohner<br />
leben auf<br />
zwölf Inseln<br />
Säcke mit Baumaterialien füllen<br />
den kleinen Hafen. Die Aranui<br />
versorgt die Marquesas mit<br />
allem, was die Menschen dort<br />
zum Lebenbrauchen.<br />
Für viele ist die Südsee ein<br />
Sehnsuchtsort, Synonym für<br />
das Paradies. Paul Gauguinund<br />
Jaques Brel ließen sich auf der<br />
Marquesas-Insel Hiva Oa nieder,<br />
Henri Matisse inspirierte<br />
sechs Wochen Tahiti und Marlon<br />
Brando kaufte das kleine<br />
Nachbaratoll Tetiaora.<br />
Er verliebte sich<br />
währendder Dreharbeiten<br />
zu „Die Meuterei<br />
auf der Bounty“<br />
in eine Tahitianerin<br />
und die Inselwelt.<br />
Wir schippernweiter<br />
von Insel zu Insel<br />
und bestaunen die Überreste<br />
vorchristlicher Tempelanlagen<br />
namens „Marae“, heilige Banjanbäume,<br />
zu deren Füßen<br />
einst die Schädel von Menschenopfern<br />
vergraben wurden<br />
und die Jahrhunderte alten Tikis<br />
aus Stein, in denen die Ahnen<br />
weiterleben sollen. Berühmt<br />
sind die Marquesas auch<br />
für ihre Tattoo-Kunst. „Die<br />
Motive drückten Stammeszugehörigkeit<br />
und Statusaus und<br />
galten als besonders attraktiv“,<br />
erklärtdie Archäologin.<br />
Wir besuchen Märkte, probieren<br />
Monoi aus Kokosöl und<br />
dem Duft der typischen Tiare-<br />
Blüte und bewundern kunstvolle<br />
Schnitzereien aus Knochen<br />
und die berühmten Tahiti-Perlen.<br />
Die Küche bietet<br />
köstliche lokale Spezialitäten<br />
wie „Poisson cru“, roherThunfisch<br />
mit Kokosmilch, Schwein<br />
aus dem Erdofen, Brotfrucht<br />
und reife Mangos, Papayas und<br />
Ananas.<br />
Als das Schiff vor der Küste<br />
Fatu Hivas liegt, kommen wir<br />
aus dem Staunen nicht heraus:<br />
Eine weite, dicht bewachsene<br />
von Bergen umrahmte Bucht,<br />
als wäre sie nicht von dieser<br />
Welt. „Diese Aussicht auf die<br />
Hanavave-Bucht ist immer<br />
atemberaubend“, sagt der Kapitän<br />
Farairé Faaora auf der Brücke.<br />
Nach elf Tagen verlassen wir<br />
die Marquesas. „Es ist eine faszinierende<br />
Fahrt ans Ende der<br />
Welt“, sagt Anna Havemann<br />
aus Köln,die sichfür die Aranui<br />
entschieden hat, weil das Schiff<br />
nicht so groß und die Reise keine<br />
gewöhnliche Kreuzfahrt ist.<br />
Doch bevor wir Tahiti erreichen,<br />
genießen wir noch einmal<br />
den Südseezauber der türkisblauen<br />
Lagune von Bora Bora.<br />
Katja Gartz<br />
Die Reise wurde unterstützt vonTahiti<br />
Tourisme (tahititourisme.de/de-de/)<br />
und der Aranui.<br />
DANKE<br />
Fürüber70Jahre Engagement<br />
und Vertrauen. Bitte helfen<br />
Sie uns auch weiterhin<br />
notleidene Kinder und<br />
Familien zuunterstützen.<br />
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