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Mülheimia Quarterly #2 2019

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<strong>2019</strong> <strong>#2</strong> Mülheimia Quarterly<br />

Mülheimia<br />

Mitmachen<br />

bei der<br />

Ideenwerkstatt<br />

für den Wiener<br />

Platz!<br />

#lebenaufdemwienerplatz


Besser hier wohnen,<br />

wo der Hammer hängt.<br />

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3 <strong>#2</strong> Mai <strong>2019</strong><br />

Mülheimia Quarterly<br />

Stadt. Kultur. Soziales<br />

Editorial<br />

Inhalt<br />

Der Brunnen auf dem Wiener Platz wird hochdruckgereinigt.<br />

Das geschieht leider allzu selten.<br />

Ein Heim für Bücher<br />

Buchladen Buchheimer Seite 4<br />

Liebe Mülheimer*innen,<br />

liebe Kölner*innen,<br />

diese Ausgabe widmet sich dem<br />

Wiener Platz. So wie die Mülheimer<br />

Brücke, bedarf auch er der erneuten<br />

Gestaltung. Wir meinen, dass Brücke<br />

und Platz gemeinsam betrachtet werden<br />

sollten. Der Platz ist unvollendet<br />

und unwirtlich. Wir möchten Sie dazu<br />

aufrufen, Ihre Wünsche und Ideen<br />

zur Belebung des Platzes einzubringen.<br />

Hierfür finden Sie einen Plan in<br />

der Mitte der Zeitung. Er kann als<br />

Grundlage für weitere Aktionen und<br />

Aktivitäten unter dem Motto „Leben<br />

auf dem Wiener Platz“ dienen.<br />

Ganz besonders freuen wir uns auf die<br />

1. Kölner Literaturnacht. Am 4. Mai<br />

um 19 Uhr sind wir im Kulturbunker<br />

mit einer Podiumsdiskussion als Teil<br />

der Rechtsrheinischen Literaturbühne<br />

vertreten. Es diskutieren Brigitta von<br />

Bülow, Christiane Jäger, Benjamin<br />

Thele, Frank Überall mit Eva Rusch<br />

und Kenan Zöngör. Wir hoffen, Sie<br />

dort zu sehen und mit Ihnen persönlich<br />

ins Gespräch zu kommen!<br />

Ich schließe mit einem weiteren Tipp:<br />

Das LAB1869 ZUKUNFTSWERK STADT<br />

geht in die zweite Runde. Am 4. Mai<br />

um 18 Uhr eröffnet die dreiwöchige<br />

transdisziplinäre Zukunftswerkstatt<br />

im Deutzer Zentralwerk der Schönen<br />

Künste mit Expert*innen aus<br />

Kunst, Wissenschaft, Wirtschaft und<br />

Stadtentwicklung – und Ihnen! Es<br />

erwarten Sie partizipative Konferenzen,<br />

akustische Rauminstallationen,<br />

theatrale Werkstätten, inszenierte<br />

Führungen und performative Stadt-<br />

Parcours. Schauen Sie nach bei<br />

raum13.com oder: bit.ly/2VyNKLy »<br />

Ihre<br />

Herausgeberin<br />

MülHeiMin Ein Heimatministerium<br />

für Mülheim Seite 6<br />

Zurück ans Licht<br />

#lebenaufdemwienerplatz<br />

Wiener Platz Seite 7<br />

Kulturort<br />

Kulturkirche Buchforst Seite 12<br />

Ana Bolena Kolumna<br />

In Mülheim zuhause <strong>#2</strong> Seite 13<br />

Stalakmiten<br />

Mülheim Miniatur # 4 Seite 14<br />

Jelängerjelieber bin ich hier<br />

Fleißige Damenhände<br />

von Eva Rusch<br />

Ihr Buffet bietet Oliven, Käse, Marmelade,<br />

selbstgebackene Teigwaren,<br />

Foto: Eva Rusch<br />

Olivensalat, Kartoffelsalat, Krautsalat,<br />

Bauernsalat, kleine Nudeln,<br />

Keupstraße Eine Frau, die ich bewundere:<br />

Elif Tatli, 47, geboren in warme Speisen wie Blumenkohl<br />

der Nähe des kurdischen Halfeti, am mit Ei gebacken, Kartoffel/Möhren,<br />

Euphrat gelegen. Ihr Dorf wurde im Tomaten gebraten, Bohnen, Kichererbsen,<br />

dicke Bohnen, Aubergine,<br />

„Südostanatolien-Projekt“ – dem<br />

Stauseeprogramm GAP – in den Paprik, Salina (gefüllte Weinblätter)<br />

1980er Jahren überflutet. Seit 1989 und vieles mehr: Ein internationales<br />

lebt die Geschäftsfrau in Deutschland.<br />

Sie kam per Heirat nach Köln Touch, auch für Veganer oder Vegeta-<br />

Frühstücksbuffet mit mediterranem<br />

und ließ sich 2005 scheiden. Schon rier geeignet. Alles sehr köstlich! „Mir<br />

während ihrer Ehe begann ihr Weg in ist es wichtig, dass meine Gäste sich<br />

die Selbstständigkeit. Ihr Vater, der hier wohl fühlen – so, wie in ihrer<br />

ein Restaurant und einen türkischen eigenen Küche.“ Es geht locker zu. Die<br />

Markt in Halfeti führte, war ihr ein Gäste aller Coleur nehmen sich vom<br />

Vorbild: „Ich will mich auch selbständig<br />

machen. Wenn ich wachse, werde<br />

Buffet so oft sie mögen.<br />

ich selbständiger.“<br />

Ab 1. August macht sie vier Wochen<br />

zu. Dann sei Ramadan und nicht<br />

Schon 2003 führte sie einen Imbiss viel los auf der Keuptraße. In dieser<br />

auf der Frankfurter Straße, 2007 folgte<br />

eine Bäckerei, die 2009 durch einen Terrasse renovieren und – was ihr<br />

Zeit möchte sie ihren Laden und die<br />

Unfall abbrannte. Die Schulden und ganz wichtig ist – einen Sprachkurs<br />

belegen. Mit der nahegelegen<br />

die Sorgen machten sie krank, wie sie<br />

selber sagt. Sie überwand die Krise TAS Tages- und Abendschule an<br />

und übernahm ein Ladenlokal auf der der Genovevastraße hat sie schon<br />

Keupstraße von einer guten Freundin. gesprochen. Sie kann sogar in ihrem<br />

„Hanimeli“ (türkisch: Damenhand Laden geschult werden. Ihre „Sehnsuchts-Heimat“<br />

ist Halfeti, die Stadt<br />

oder Geißblatt/Jelängerjelieber) steht<br />

seitdem für frisches mediterranes am Meer, die heute eine Touristenstadt<br />

ist. „Deutschland ist mein Land,<br />

Frühstückbuffet auf der Keupstraße.<br />

Elif Tatli war die erste auf der ich lebe seit 30 Jahren hier und ich<br />

Keupstraße, die einen Frühstücksbrunch<br />

anbot. „Bei mir ist jeden Tag schaft annehmen.“<br />

möchte die deutsche Staatsbürger-<br />

alles frisch zubereitet. Ich stehe um Ich wünsche ihr viel Glück und Erfolg:<br />

2 Uhr früh auf. Um 8 Uhr öffne ich Hanimeli, Keupstraße 33, geöffnet<br />

mein Lokal. Ich kaufe meine Ware auf täglich von 8 bis 15 Uhr, Sonntag<br />

der Schanzenstraße bei einem Großhandel,<br />

auf dem Wochenmarkt oder<br />

9 bis 15 Uhr »<br />

auch im Supermarkt.“<br />

>www.muelheimia.koeln/hanimeli<br />

Impressum<br />

Redaktion: Francesco Aneto,<br />

Coverfoto: Yamato Hasumi<br />

Schreiben Sie uns!<br />

Eva Rusch, Judith Tausendfreund,<br />

Nachdruckrechte/Lizenzen für Texte, Fotos,<br />

Redaktion: redaktion@muelheimia.koeln<br />

Herausgeberin: icon Kommunikation für<br />

Ricarda Wassner-Dillmann, Kenan Zöngör<br />

Grafiken und Illustrationen nur mit schrift-<br />

Anzeigen: anzeigen@muelheimia.koeln<br />

Kultur und Wirtschaft GmbH<br />

Weitere Autoren dieser Ausgabe:<br />

licher Genehmigung der Herausgeberin.<br />

Inhaberin: Eva Rusch<br />

Marco Hasenkopf, Ana Bolena Müller<br />

Auflage: 10.000, Verteilung im Stadtteil<br />

Besuchen Sie unsere Internetseite<br />

Deutz-Mülheimer Straße 165<br />

Fotos: GAG, Yamato Hasumi, Eva Rusch,<br />

Köln-Mülheim in Geschäften, Gastronomie,<br />

www.muelheimia.koeln! Dort finden Sie<br />

51063 Köln<br />

Raven Rusch<br />

Vereinen und Einrichtungen.<br />

alle Ausgaben und weitere Artikel online.<br />

V. i. S. d. P.: Eva Rusch<br />

Illustrationen: Eva Rusch, Raven Rusch


Mülheimia Quarterly<br />

Stadt. Kultur. Soziales<br />

<strong>#2</strong> Mai <strong>2019</strong> 4<br />

Auf dem Weg zum Rhein<br />

Heim für Bücher und mehr<br />

von Francesco Aneto<br />

Fotos: Raven Rusch<br />

„Der Terror des Gleichen erfasst heute alle Lebensbereiche.<br />

Man fährt überallhin, ohne eine Erfahrung<br />

zu machen. Man nimmt Kenntnis von allem,<br />

ohne Erkenntnis zu gelangen. Man häuft Informationen<br />

und Daten an, ohne Wissen zu erlangen.<br />

Man giert nach Erlebnissen und Erregungen, in<br />

denen man sich aber immer gleich bleibt. Man<br />

akkumuliert Friends and Follower, ohne je einem<br />

anderen zu begegnen. Soziale Medien stellen<br />

eine absolute Schwundstufe des Sozialen dar.“ 1<br />

Ein typischer Apriltag Ende März. Tagsüber hatte<br />

sich alle zehn Minuten Sonnenschein mit Regen<br />

und teils Hagelschauer abgewechselt. Als wollte<br />

das Wetter uns sagen: Beständig ist nur der Wandel<br />

und macht euch stets auf alles gefasst! Die Abendsonne<br />

taucht die Buchheimer Straße in ein sanftes<br />

Rotlicht. Ich bin auf dem Weg zum donnerstäglichen<br />

offenen Spieleabend im Trödelcafé. Passiere<br />

die Kneipe „Kölsche Jung“, die Hauswand drapiert<br />

– obwohl heute kein Länderspiel stattfindet – mit<br />

einer kinderzimmergroßen Deutschlandfahne. Auf<br />

der Straße vor dem Lokal lümmeln sich lautstark<br />

ein paar Alkis, die auch dem „Goldenen Handschuh“<br />

2 entsprungen sein könnten. Von Drinnen<br />

schalt wenig einladend eine Art „Kölsch-Techno“.<br />

Daneben im Discounterstyle die Zahnarztpraxis<br />

„Fair Doctors“ 3 , die mit kostenlosem Zahnersatz<br />

wirbt - sehr praktisch, so hat man es nach einem<br />

aus dem Ruder gelaufenen Besuch des „Kölschen<br />

Jung“ nicht weit. Rechts davon ein verwaistes<br />

Gebäude, bis 1970 war dort ein Mülheimer Kino,<br />

klaffend wie eine zu große Zahnlücke. Etwas weiter<br />

die Straße hoch das SPD-Abgeordnetenbüro, die<br />

lokale Heimatstätte unter anderem des medial<br />

präsenten Professors mit der natürlich roten Fliege<br />

und des gescheiterten 4 Parteikarrieristen Börschel.<br />

Doch ich bin schon am Ziel: Das Trödelcafé liegt<br />

vor mir. Gelegen zwischen der altehrwürdigen<br />

Hirschapotheke, einer Bastion des Bürgerlichen,<br />

einem Thai-Imbiss sowie einem „global agierenden“<br />

Computer- und Internetladen mit dem<br />

lustigen Namen „Com Komm Treff“. Ich betrete<br />

den ersten Raum, der mit seinem warmen Licht<br />

wie ein Lagerfeuer in der Wildnis wirkt. Bei mir, als<br />

seit frühester Kindheit Bibliophilen, löst er direkt<br />

Begeisterung aus. Nur etwa achtzehn Quadratmeter<br />

groß ist jede freie Wandfläche mit selbstgebauten<br />

Regalen bestückt, die voll sind mit Büchern,<br />

aber auch CDs, DVDs und einigen Schallplatten.<br />

Die Bücher sind liebevoll sortiert nach verschiedenen<br />

Themen und Genres. 5 Unfassbar, dass dieser<br />

kleine Raum mit Nebenraum über 10.000 Bücher<br />

beherbergt. Herbergsvater und seit Sommer 2018<br />

Betreiber dieses Antiquariats mit dem besonderen<br />

Charme ist Tom Laroche. Meine erste Frage<br />

liegt auf der Hand. Weshalb nennt sich das kleine<br />

Antiquariat „Trödelcafé“, wo doch weit und breit<br />

kein Trödel zu sehen ist? Tom klärt mich auf. Bis<br />

vor einem Jahr war das Trödelcafé der Ableger einer<br />

kleinen christlichen Gemeinde, der Metropolitan<br />

Community Church e. V. (MCC), davor fungierte es<br />

als Gemeindetreff. Bis vor kurzem prangte über<br />

dem Fenster das entsprechende Logo mit Regenbogenfahne<br />

und der Slogan mit dem Kernverständnis:<br />

„Menschen begegnen, Christus erleben, Community<br />

gestalten“. Tom hatte ehrenamtlich den Laden<br />

zuvor zehn Jahre betreut und den ehemaligen<br />

Trödelladen nach und nach zu einem Bücherantiquariat<br />

weiterentwickelt. Seine Chance kam, sein<br />

Konzept vollständig nach eigenem Gusto umzusetzen,<br />

als die Gemeinde beschloss, sich von ihrem<br />

Objekt zu trennen. Die Fortführung auf eigenen<br />

Füßen lag nahe, denn Tom hatte schon früher viele<br />

Jahre in einem großen Antiquariat gearbeitet, im<br />

Mauritiussteinweg im Antiquariat von Peter Weber.<br />

Wir haben noch etwa eine halbe Stunde Zeit und<br />

kommen ins Plaudern. Zu Beginn sah es gar nicht<br />

so aus, als würde sich der heute 41 Jahre alte Tom<br />

vollends den Büchern verschreiben. Geboren ist<br />

er in Luxemburg. Sein Vater war Architekt. 6 Die<br />

Familie übersiedelte nach Köln als Tom noch klein<br />

war. Nach dem Abitur war er hauptsächlich DJ und<br />

Partyveranstalter, obgleich eher Bücherwurm<br />

als Partyschlange. 7 Legte auf Veranstaltungen im<br />

Gloria auf oder kreierte eine 70er/80er-Party im<br />

Zeughaus24. Über die Grenzen seiner Heimatstadt<br />

hinaus war er zu Beginn der 2000er oft in Berlin im<br />

Einsatz, später mehr in NRW und Ende der 2000er<br />

hat Tom große Produktionen, etwa im damaligen<br />

Tarmcenter hier in Köln, in der Zeche Carl in Essen<br />

oder in der Königsburg in Krefeld mitverantwortet.<br />

Seit nunmehr 18 Jahren veranstaltet er eine<br />

Partyreihe in Münster. Zwischendurch gründete<br />

er ein Szene-Magazin mit dem Namen „Flash“.<br />

Zudem lebte er daneben seine künstlerische<br />

Ader aus. Malte und präsentierte seine Werke<br />

etwa im Spanischen Bau im Rathaus. Doch nun<br />

baut er mit seiner immerwährenden weiteren<br />

Passion, den Büchern, ein neues berufliches


5 <strong>#2</strong> Mai <strong>2019</strong> Mülheimia Quarterly Stadt. Kultur. Soziales<br />

Haus. Damit dieses sicher steht, bildet er das<br />

Fundament mit einer weiteren Leidenschaft:<br />

dem Erfinden von Gesellschaftsspielen. Seit<br />

einiger Zeit arbeitet er mit dem renommierten<br />

Spieleerfinder Jens-Peter Schliemann zusammen<br />

und entwickelt Spielkonzepte, Brettspiele<br />

und kommunikative Spiele. Wir sind beim<br />

richtigen Thema, da so langsam der um 19.30 Uhr<br />

beginnende Spielabend dräut. Er zeigt mir noch<br />

schnell seine beeindruckende Sammlung von circa<br />

200 Spielen im hinteren Raum. Neben beliebten<br />

Klassikern wie „Carcassonne“ 8 und „Siedler“ auch<br />

Neuheiten wie „Azul“ oder weniger bekannte<br />

Geheimtipps wie „Speicherstadt“ oder „Vineta“.<br />

Die Teilnehmer des heutigen offenen Abends<br />

trudeln so langsam ein: Johann, Justus, Gerda<br />

und Christian. 9 Man ist natürlich sofort beim<br />

„Du“. Versorgt mit Getränken und Knabberei<br />

geht es auch schon los. Als erstes wird ein noch<br />

im Entwurfsstadium befindliches Quizspiel von<br />

Tom getestet, das er möglicherweise zusätzlich<br />

in anderen Formaten bald auf den Markt bringen<br />

will. Die Regeln sind recht zügig begriffen,<br />

da gut erklärt. Im Kern treten zwei Gruppen<br />

gegeneinander an, die aus jeweils vier möglichen<br />

Antworten auf eine Quizfrage die richtige erraten<br />

müssen (in Wirklichkeit ist es etwas komplizierter).<br />

Die Fragen sind nicht einfach, aber sehr spaßig.<br />

Alle rätseln munter. Ich fehle mehrmals. Ein<br />

„dampfgetriebenes Amphibienfahrzeug“ war<br />

jedenfalls nicht der Hit bei der Eröffnung des<br />

Frascati-Gartens 1846 in Paris. Was nannte man die<br />

„Rattenlinie“? Welche Stadt ist das „Jerusalem des<br />

Westens und Nordens“? Ganz spannend wurde die<br />

Auswahl vier möglicher Antworten bei der Frage,<br />

ob „Anus“ und „Anal“ vom Aussterben bedrohte<br />

Steckrüben, Muscheln, Sprachen oder Rechenarten<br />

sind? Einmal im Fieber schiebt die Runde noch<br />

„Outburst“ nach, ein altes Quiz aus den 90er Jahren.<br />

Hier müssen die beiden gegnerischen Gruppen<br />

innerhalb einer Minute assoziativ Antworten<br />

auf eine Frage finden. Je mehr sie nennen, umso<br />

größer ist die Chance, aus den von zehn gesetzten<br />

Antworten möglichst viele zu treffen. Für jede<br />

richtige Antwort gibt es einen Punkt und die<br />

Mannschaft darf mit ihrer Figur auf dem Spielfeld<br />

weiterrücken (mit einem Würfel kann man die<br />

Punkte noch um zwei erhöhen). Die Runde sucht<br />

teils ein wenig verzweifelt zehn Wassersportarten,<br />

zehn russische Schriftsteller oder Komponisten,<br />

zehn Filme von Humphrey Bogard oder zehn<br />

Romane von Heinrich Böll (bei letzter Frage<br />

versagen wir, Schande für die Kölner, ziemlich<br />

kläglich). 10 Angeregt von den Quizspielen liegen<br />

die Gesprächsthemen wie verstreutes Salz auf<br />

dem Tisch. Man unterhält sich über Lieblingsfilme<br />

wie „Panzerkreuzer Potemkin“, Musik, natürlich<br />

Literatur, streift aber auch lokale Themen, wie<br />

die horrend steigenden Mietpreise in der Stadt<br />

oder das verlebte Kölschrock-Original Jürgen<br />

Zeltinger, über den kürzlich eine Doku erschienen<br />

ist. Die Zeit vergeht schnell, es herrscht ein recht<br />

vertrauter Ton. Doch später am Abend stehen die<br />

Sieger fest und die Runde löst sich langsam auf.<br />

Tom und ich bleiben noch ein wenig bei den<br />

Büchern. Die meisten Bücher um uns herum haben<br />

Besucherinnen und Besucher vorbeigebracht. Tom<br />

verkauft sie zu moderaten Preisen. Die Stärke des<br />

Trödelcafés, in dem einem selbstverständlich<br />

zum Schmökern auch Kaffee angeboten wird,<br />

liege in der großen Menge an unterschiedlichen<br />

Büchern, so Tom. Es gäbe Krimis, Kinderbücher,<br />

Ratgeber, Kunstbände, Bücher zu Philosophie<br />

und Geschichte, politische Biographien, tolle<br />

Bildbände, Kölnbücher, klassische Romane und<br />

vieles mehr. Ein besonderes Auge hat Tom auf<br />

fremdsprachige Bücher geworfen. Neben den<br />

englischen Titeln, habe er aktuell viele Werke in<br />

romanischen Sprachen, wie Französisch, Spanisch<br />

oder Portugiesisch. Er biete aber auch japanische,<br />

türkische oder russische Bücher an, obligatorisch<br />

im multikulturellen Mülheim. Bücher seien für<br />

ihn jedoch nicht nur Träger von geistigen Inhalten<br />

und Aussagen, sondern oft auch Kunstobjekte, die<br />

Buchbinderei, Illustration und Typologie kongenial<br />

verbänden. Wirklich Angst vor der Digitalisierung<br />

als Konkurrenz hat er nicht. Die Chance des Buches<br />

für die Zukunft sieht er im Buch als Objekt, das<br />

mit wertigen Materialien und liebe- und kunstvoll<br />

gestaltet ist. So seien auch alte ledergebundene<br />

Bücher oder Erstausgaben nicht ersetzbar. Nicht<br />

verwunderlich, dass er ein besonderes Faible<br />

für sogenannte Pop-Up-Bücher hat, ein paar<br />

besonders schöne Ausgaben zeige er auch hier.<br />

Zum Schluss meines Besuches kommen wir noch<br />

auf den Stadtteil zu sprechen, den er mit seinen<br />

Projekten beleben will. Ihm gefalle Mülheim<br />

mehr und mehr, vor allem der Teil Mülheims zum<br />

Rhein hin. Das Ausgehangebot habe sich schön<br />

entwickelt. Liebevoll geführte Gastronomien wie<br />

das Café jakubowski und die Vreiheit machen<br />

Tom Larouche in seinem Buchladen auf der Buchheimer.<br />

den Stadtteil lebenswert. Das Beymeister-<br />

Projekt sei ein kleines Refugium. Er begrüßt<br />

das Engagement rund um die La Ranzeria und<br />

freut sich über die langsam wachsende Anzahl<br />

spezialisierter inhabergeführter Geschäfte.<br />

Er glaubt, dass in Zeiten sozialer Unsicherheit<br />

und medial geschürter Ängste ein solidarisches<br />

Miteinander mit anderen Menschen und ein<br />

offener Austausch sehr wichtig seien. Hierfür<br />

wolle er gerne einen Raum bieten. Viele tolle<br />

Menschen besuchten regelmäßig das Trödelcafé<br />

und gäben positives Feedback. Ihn ärgere, dass<br />

in schändlichem Ausmaß, besonders in den<br />

reichen Länder, unnütz Ressourcen vergeudet<br />

würden. Mit seinem Geschäftsmodell wolle er<br />

dem ein wenig entgegenwirken: Bücher seien<br />

ein wichtiges Kulturgut. Man bemühe sich daher,<br />

dass der größtmögliche Anteil der überlassenen<br />

Bücher wieder in gute Hände komme (dem Autor<br />

ist es mal gelungen, sein eigenes Buch nach circa<br />

einem Jahr unbewusst wieder zu erwerben). Nicht<br />

jedes Buch lasse sich nachhaltig „retten“, manche<br />

seien zerschlissen oder inhaltlich veraltet, und<br />

wenn auch eine kostenlose Abgabe an Dritte<br />

scheitere, bliebe letztlich nur das Recycling.<br />

Ich muss nun auch nach Hause. Es ist spät<br />

geworden. Ein sehr unterhaltsamer Abend,<br />

mit lehrreichen Erkenntnissen und netten<br />

Begegnungen geht zu Ende einmal ohne Netflix,<br />

You-Tube, Facebook und Co. So bereichert<br />

verlasse ich die hoffentlich noch lange bestehende<br />

Heimat der Bücher und Spiele und gehe froh die<br />

spärlich beleuchtete Buchheimer Straße hinab. »<br />

> www.muelheimia.koeln/heimbuch<br />

Preisrätsel aus Fußnoten<br />

Jetzt wird es kniffelig. Unter den richtigen Einsendungen verlosen wir fünf Buch-Gutscheine im<br />

Wert von je 25 Euro, die Sie im Buchladen einlösen können. Bereitgestellt werden die Gutscheine<br />

vom Buchladen und von der Mülheimia Quarterly. Bitte schicken Sie die 10 Antworten an<br />

raetsel@muelheimia.koeln. Einsendeschluß ist der 1.7.<strong>2019</strong>. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

1 Was hat der Autor dieser messerscharfen Analyse<br />

unserer digitalen Zeit, der koreanische Philosoph<br />

Byung-Chul Han, ursprünglich studiert?<br />

2 Von wem ist der gleichnamige Roman?<br />

3 Welches bekannte Buch des russischen Schriftstellers<br />

Boris Pasternak hatte ebenfalls einen<br />

„Doktor“ im Titel?<br />

4 Der irische Nobelpreisträger Samuel Beckett<br />

hat das Scheitern zum Gegenstand einer seiner<br />

vielen Weisheiten gemacht. „Immer versucht.<br />

Immer gescheitert. Einerlei. Wieder versuchen.<br />

Wieder scheitern …“ (bitte Satz vollenden).<br />

5 Von welchem Schriftsteller stammt der Satz:<br />

„Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene<br />

Meer in uns“?<br />

6 Welcher berühmte Schweizer Schriftsteller war<br />

ebenfalls Architekt?<br />

7 Welcher deutsche Schriftsteller, der mit dem<br />

Roman „Irre“ bekannt wurde, war noch im fortgeschrittenen<br />

Alter ein tanzwütiger Clubbesucher,<br />

etwa im berüchtigten Berghain in Berlin?<br />

8 Von wem ist der Roman die „Frauen von Carcassonne“?<br />

9 Aus welchem deutschen Romanklassiker von<br />

Thomas Mann entstammen diese vier hier aus<br />

Quizgründen erfundenen Namen?<br />

10 Nenne zehn Romane Bölls.


Mülheimia Quarterly<br />

Stadt. Kultur. Soziales<br />

<strong>#2</strong> Mai <strong>2019</strong> 6<br />

Ein Heimatministerium für Mülheim<br />

MülHeiMin<br />

von Kenan Zöngör<br />

Fotos: Eva Rusch<br />

Horst Seehofer ist der inoffizielle Pate des<br />

Mülheimer Heimatministeriums. Sein Innenministerium<br />

soll Heimat im Titel tragen.<br />

Teils, um seinen gefühlten Niedergang zu<br />

verbrämen, teils, um die immer erfolgreicheren<br />

Rechtsradikalen aus dem Heimatdiskurs<br />

zu verdrängen. Tatsächlich ist<br />

Heimat in Deutschland zum Kampfbegriff<br />

der Rechten geworden. Die NPD nennt sich<br />

entsprechend „Heimatpartei“, die AFD hat<br />

hinsichtlich ihrer Abgrenzung nur Probleme,<br />

wenn es um Neonazis geht.<br />

„In dieser schwierigen Situation wollten wir<br />

den Innenminister nicht allein mit dem vorbelasteten<br />

Heimatbegriff lassen,“ meint Sevgi<br />

Demirkaya vom Kulturbunker Mülheim ironisch.<br />

Als Programmleiterin des Kulturzentrums<br />

hat sie das Konzept „Mülheimer Heimatministerium“<br />

beim Land NRW eingereicht.<br />

Demnach trägt der Kulturbunker mit einem<br />

speziell entwickelten Programm zu einem<br />

diversen, lebenswerten Viertel bei. Das Land<br />

fördert das auf drei Jahre angelegte Programm,<br />

im Herbst 2018 begann die Umsetzung.<br />

Im ersten Jahr liegt der Schwerpunkt auf<br />

„Heimatgeschichte(n)“. Die jüngere deutsche<br />

Geschichte mit den sogenannten Gastarbeitern,<br />

Arbeitsmigranten aus Afrika und<br />

Asien und den Geflüchteten aus den Balkankriegen<br />

der 1990er wird erfahrbar. Mit<br />

Paneldiskussionen, Zeitzeugeninterviews<br />

und Ausstellungen können Mülheimer*innen<br />

wichtige historische Einflüsse auf Ihr<br />

Viertel nachvollziehen. Auch wird eine App<br />

entwickelt, die per „history walk“ zu Orten<br />

der Migrationsgeschichte im Viertel führt.<br />

Einiges hat bereits in den letzten Monaten<br />

stattgefunden:<br />

Das DOMID (Dokumentationszentrum für<br />

Migration in Deutschland) hat eigens eine<br />

Ausstellung kuratiert, die Alltagsgegenstände,<br />

Kultur und Kunst der sogenannten<br />

Gastarbeiter in Mülheim zeigte.<br />

Mit „Songs of Gastarbeiter“ haben die<br />

beiden Künstler Kullukcu und Ayata ihren<br />

europaweit gefeierten Multimediavortrag<br />

gezeigt, der die Musik der Einwanderer<br />

sicht- und hörbar gemacht hat. Da ein<br />

großer Teil dieser Musik in Köln, genauer<br />

Mülheim, ihren Ursprung hatte, waren<br />

bei der Aufführung Kölner Zeitzeugen und<br />

Stars dieser Musik zugegen. Begonnen hat<br />

auch die Reihe „Werkstattgespräche“, in der<br />

eingewanderte Mülheimer*innen ihre persönliche<br />

Migrationsgeschichte erzählen und<br />

mit dem Publikum ins Gespräch kommen.<br />

Im zweiten Jahr wird es um gegenwärtige<br />

Heimat gehen: „Heimat jetzt!“. Wie erklären<br />

Mülheimer*innen den Begriff? Was macht<br />

Heimat für sie aus, was fehlt? Gemeinsam<br />

mit dem Export-Import-Theater, Schulen<br />

und Experten fragt der Kulturbunker, wie<br />

es um Heimat in Mülheim bestellt ist. Ein<br />

besonderes Augenmerk soll auf die Überlagerung<br />

von Einwanderungsphasen in den<br />

1960er und 70er Jahren und aktueller Migration<br />

und Flucht gelegt werden.<br />

Im dritten Jahr „Heimat, los!“ lobt der<br />

Kulturbunker „MSDSH“ aus: „Mülheim<br />

sucht die Superheimat“. Mülheimer*innen<br />

entwerfen mit Künstler*innen Visionen von<br />

Heimat und wie diese zu finden ist.<br />

In allen drei Jahren werden die Schwerpunkte<br />

durch flankierende Konzerte,<br />

Theaterstücke und Ausstellungen vertieft<br />

und ergänzt. „Orientiert haben wir uns mit<br />

dem Programm ‚Mülheimer Heimatministerium‘<br />

am Herderschen Heimatbegriff:<br />

‚Heimat ist, wo man sich nicht erklären<br />

muss.‘ Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass<br />

das Verlustgefühl, die tatsächliche und die<br />

gefühlte Ausgrenzung viel Energie binden.<br />

Daher möchten wir mit<br />

unserem Programm die<br />

Gemeinsamkeiten pflegen<br />

und die Unterschiede<br />

zum Glänzen bringen.<br />

Wenn sich alle Mülheimer*innen<br />

repräsentiert<br />

sehen und kulturell<br />

mitgestalten, kann unser<br />

Stadtteil Heimat bleiben,<br />

sein und werden. Für alle, die da sind, für<br />

alle, die noch kommen.“<br />

Weitere Informationen zum Programm,<br />

die nächsten Termine und Möglichkeiten,<br />

mitzumachen, finden sich auf<br />

www.kulturbunker-heimat.de.»<br />

>www.muelheimia.koeln/muelheimin<br />

Sevgi Demirkaya ist<br />

Programmleiterin und<br />

Autorin des Konzepts<br />

MülHeiMin


7 <strong>#2</strong> Mai <strong>2019</strong> Mülheimia Quarterly Stadt. Kultur. Soziales<br />

Wiener Platz<br />

Zurück ans Licht …<br />

von Eva Rusch<br />

Illustrationen: Eva Rusch<br />

Fotos: Yamato Hasumi<br />

Architekturentwürfe und Pläne: stefan schmitz bda<br />

architekten und stadtplaner<br />

Der zentrale Ort Mülheims, Verkehrsknotenpunkt im Rechtsrheinischen,<br />

Sitz des Bezirksrathauses, Ausgangs- und Endpunkt der Mülheimer<br />

Brücke, Ausgangspunkt zur Buchheimer Straße und Frankfurter Straße.<br />

Erst seit 1938 – nach der „Annektierung“ Österreichs durch das nationalsozialistische<br />

Regime – heißt er Wiener Platz. Vorher hieß der einst ovale<br />

Platz „Oskarplatz“ und beherbergte als Teil der Promenade des Bergischen<br />

Rings Denkmäler, Grünflächen und ein Kiosk. Das Denkmal für den<br />

Kurfürsten Jan Wellem steht heute im Stadtgarten und der in die Ecke<br />

gedrängte Schifffahrtsbrunnen hatte damals einen prächtigen Unterbau<br />

mit Wasser. In den 1990er Jahren wurde der Wiener Platz neu beplant und<br />

bebaut. „Ein unfertiger Platz“, wie der Sieger des städtebaulichen Wettbewerbs,<br />

Stefan Schmitz, berichtet. Denn er hatte zwei Türme am Ende des<br />

Platzes konzipiert. Nach diversen Anläufen wäre er heute auch mit einer<br />

viergeschossigen sogenannten „kleinen Lösung“ einverstanden.<br />

Da Baugrund ein knappes Gut ist, stehen die Chancen im wachsenden<br />

Mülheim gut, dass sich ein Interessent findet. Eine Konzeptvergabe für<br />

das im städtischen Besitz befindliche Grunstück wäre wünschenswert.<br />

Wir meinen: Eine Mischung von gewinnbringenden Mietern und sozialen<br />

und kulturellen Nutzungen wäre ideal. Wir fragen Sie: Was soll in die<br />

Türme rein? Auf der folgenden Doppelseite möchten wir Sie dazu animieren,<br />

Ihre Ideen zur Platzgestaltung zu entwickeln. Was würden Sie dort<br />

gerne veranstalten? Wie könnte man den Platz beleben und ihn so für alle<br />

Mülheimer*innen attraktiv machen.<br />

Gesprächsskizzen mit Bezirksbürgermeister Norbert Fuchs und dem<br />

Architekten des Wiener Platzes, Stefan Schmitz, runden diesen Beitrag ab.


Mülheimia Quarterly<br />

Stadt. Kultur. Soziales<br />

<strong>#2</strong> Mai <strong>2019</strong> 8<br />

Was kann auf dem Platz geschehen?<br />

Ein Schachbrett zum Schachspielen<br />

Boule spielen<br />

Spielmöglichkeiten für Kinder<br />

Mehr Grün, zum Beispiel in mobilen<br />

Pflanzkübeln<br />

#lebenaufdemwienerplatz<br />

Kunst im öffentlichen Raum<br />

Kunst- und Musikfestivals<br />

Ihre Ideen:<br />

Was soll mit der roten 2020 geschehen?<br />

Im Rahmen des<br />

Strukturförderprogramms<br />

MÜLHEIM 2020 wurde<br />

die rote „2020“ im<br />

Jahr 2009 aufgestellt.<br />

Seitdem ist sie ein beliebter<br />

Hintergrund<br />

für Selfies und Posts<br />

aus Mülheim.<br />

Im Rahmen von<br />

MÜLHEIM 2020<br />

wurden zudem einige<br />

Verbesserungen<br />

zum barrierefreien<br />

Zugang und zur<br />

Aufenthaltsqualität<br />

für den Wiern Platz<br />

vorgenommen.<br />

Frisch rot lackieren.<br />

Einen Kreativ-Wettbewerb unter<br />

Sprayern ausrufen, damit jedes Jahr ein<br />

neuer Look entsteht.<br />

Aus der „2020“ sollte eine „2030“ werden.<br />

Abreißen, meistbietend versteigern<br />

oder den Stahl verkaufen für einen<br />

guten Zweck.<br />

Ihre Ideen:<br />

Wer sollte in die Türme ziehen?<br />

Der Wiener Platz<br />

ist unvollendet.<br />

Auf der Stirnseite<br />

sah der Architekt<br />

Stefan Schmitz, der<br />

den Wettbewerb in<br />

den 1990er Jahren<br />

gewonnen hatte, zwei<br />

Türme vor. Siehe<br />

Skizze Seite 7. Wie<br />

sollten diese Bauten<br />

genutzt werden? Was<br />

schlagen Sie vor?<br />

Eine Sozialstation wie „Gulliver“ am<br />

Kölner Bahnhof.<br />

Ein Quartiersbüro für Mülheim zur<br />

Information für Einheimische und<br />

Touristen.<br />

Coworking Spaces für Start-ups aus<br />

Mülheim.<br />

Das Mülheim Museum für Einheimische<br />

und Touristen.<br />

Ihre Ideen:<br />

www.muelheimia.koeln/lebenaufdemwienerplatz


9 <strong>#2</strong> Mai <strong>2019</strong> Mülheimia Quarterly Stadt. Kultur. Soziales<br />

Ihre Ideen sind gefragt!<br />

Liebe Leser*innen,<br />

wir möchten Sie dazu anregen,<br />

Ihre Ideen zu einer Belebung des<br />

Wiener Platzes niederzuschreiben,<br />

aufzumalen, zu fotografieren oder<br />

zu skizzieren. Was auch immer,<br />

wie auch immer: Nehmen Sie sich<br />

diese Doppelseite als Grundlage für<br />

Ihre Ideen und Wünsche! Teilen Sie<br />

uns Ihre Gedanken und Vorschläge<br />

mit. Wir nehmen Ihre Anregungen<br />

gerne entgegen und veröffentlichen<br />

diese mit Ihrem Einverständnis im<br />

Internet unter muelheimia.koeln/<br />

lebenaufdemwienerplatz. Dort<br />

können Sie auch Ihre Kommentare<br />

abgeben.<br />

Wir sehen diese Aktion als Anfang<br />

weiterer Bemühungen, den Wiener<br />

Platz zurück in die Mitte der<br />

Stadtgesellschaft zu holen, indem<br />

wir versuchen, öffentliches Interesse<br />

für eine Belebung des heute noch<br />

unwirtlichen Wiener Platzes zu<br />

schaffen.<br />

Wir planen einen Werkstattabend,<br />

um Ihre eingereichten Ideen und<br />

Vorschläge zu diskutieren und zu<br />

vertiefen. Dazu laden wir Sie jetzt<br />

schon herzlich ein.<br />

Ihre Mülheimia Quarterly Redaktion<br />

Was soll in den Pavillon?<br />

Der Architekt<br />

Stefan Schmitz<br />

wurde von der<br />

Stadt Köln im<br />

Rahmen von<br />

„MÜLHEIM 2020“<br />

mit einem Entwurf<br />

für einen Gastronomiepavillon<br />

beauftragt.<br />

Welche Nutzung<br />

schlagen Sie für<br />

diesen Pavillon vor?<br />

Welche Art von Gastronomie und<br />

Außengastronomie schlagen Sie vor?<br />

Der Pavillon bietet zusätzlich Platz für ein<br />

Kiosk. Was könnte das Kiosk anbieten?<br />

Welche anderen Nutzungen könnten Sie<br />

sich für den Pavillon vorstellen?


Mülheimia Quarterly<br />

Stadt. Kultur. Soziales<br />

<strong>#2</strong> Mai <strong>2019</strong> 10<br />

„Der Wiener Platz ist<br />

ein großstädtischer Platz mit den<br />

typischen Problemen.“<br />

Norbert Fuchs<br />

Mit Norbert Fuchs, Bezirksbürgermeister, unterhielten wir uns über<br />

Sicherheitsaspekte, Planungsgeschichte und Zukunft des Wiener Platzes.<br />

Wenige Tage zuvor kam auf dem Wiener Platz bei einer wahnhaften Messerstecherei<br />

ein junger Mann ums Leben.<br />

Herr Fuchs, der tödliche Vorfall stimmt besorgniserregend. Wie schätzen Sie<br />

vor diesem Hintergrund die Sicherheitssituation auf dem Wiener Platz ein?<br />

Ich bin zutiefst betrübt über den Vorfall und habe eine berührende Gedenkveranstaltung<br />

der Afrikanischen Community spontan miterleben können. Jedoch<br />

muss ich feststellen: Die Messerstecherei war in erster Linie ein privater Streit<br />

zwischen bestimmten Personen. Er hätte auch auf jedem anderen Kölner Platz<br />

stattfinden können.<br />

Der Wiener Platz ist nicht vollendet. Der ursprüngliche Entwurf, der den<br />

Wettbewerb gewonnen hatte, sah zwei Türme bzw. ein Torhaus vor. Wie<br />

sehen Sie die Chancen dafür?<br />

Es gab verschiedenste Anläufe, diese Bauten zu realisieren. Das Brückenamt<br />

der Stadt Köln ist Eigentümer des betroffenen Grundstückes. Die beiden Fundamente<br />

von je 10 x 10 Metern sind erschlossen und könnten kurzfristig mit<br />

einer Stahlkonstruktion bebaut werden. Wenn sich ein Investor fände, wäre<br />

das sicherlich ein Gewinn für den Platz.<br />

Das Bierzelt auf dem Wiener Platz ist ein Provisorium, das sich schon allzu<br />

lange hält. Mit MÜLHEIM 2020 wurde von der Stadt Köln ein Entwurf für<br />

einen festen Bau in Auftrag gegeben. Wie steht es damit?<br />

Der vorgelegte Entwurf von stefan schmitz bda architekten und stadtplaner<br />

benötigt einen Investor, der für den Bau 500.000 bis 750.000 Euro in die Hand<br />

nehmen müsste. Daneben bleibt die Frage nach der Nutzung. Wer geht da rein<br />

als Pächter?<br />

Was geben Sie uns für ein Resümée?<br />

Der Wiener Platz ist ein großstädtischer Platz mit all seinen Problemen. Er ist<br />

Verkehrsknotenpunkt im Bezirk bzw. im Rechtsrheinischen. Die Anforderungen<br />

an den Platz werden durch die neu entstehenden Stadtviertel wachsen.<br />

Welche Dienste sind für den Wiener Platz zuständig und was leistet der Ein Schlüssel für mich ist die Belebung des Platzes durch verschiedenste Aktivitäten.<br />

Einige Beispiele sind „der Markt der Möglichkeiten“, das Fest<br />

„Runde Tisch Wiener Platz“ für die Sicherheit?<br />

Wir haben verschiedenste Kräfte und Ordnungsdienste auf dem Wiener Platz. „Mülheim Live!“, Weiberfastnacht oder der „Mülheimer Tag“. Dreimal in der<br />

Die Polizei streift Wiener Platz und Stadtgarten von 7 Uhr früh bis nachts. Woche findet ein Markt statt, der sehr gut von den Mülheimern aber auch<br />

astronomie-Pavillon<br />

Auch Zivilpolizei ist unterwegs. Das Ordnungsamt der Stadt Köln ist auf dem von „Auswärtigen“ angenommen wird.<br />

auf<br />

All diese Aktivitäten<br />

dem<br />

bringen „soziale<br />

Wiener Platz zugegen. Ebenso haben wir den Ordnungsdienst der KVB im Kontrolle“. Und das sollte noch mehr werden.<br />

U-Bahn Bereich. Die „Galerie Wiener Platz“ hat ebenfalls einen Ordnungsdienst.<br />

Seit Mitte 2018 haben wir Streetworker unterwegs, die sich um Jugendliche<br />

kümmern, insbesondere jugendliche<br />

Herzlichen Dank für das Gespräch!<br />

Bulgaren.<br />

R BRÜCKE<br />

Der „Runde Tisch Wiener Platz“ trifft sich regelmäßig. Zu diesem eher<br />

„verwaltungsinternen“ Expertenkreis gehören auch das Bürgeramt und das<br />

Brückenamt. Es kommen Vertreter der IG Buchheimer, IG Frankfurter Straße;<br />

Bürgervertreter und der Kirche hinzu. Meine Rolle ist es, anzustoßen und zu<br />

moderieren. Es geht hier auch um Fragen der Zuständigkeit der Dienste.<br />

+ 48.50<br />

+ 48.27<br />

+ 48.27<br />

CLEVISCHER RING<br />

+ 48.25<br />

Welche weiteren Maßnahmen werden zur Sicherheit auf dem Wiener Platz<br />

ergriffen?<br />

Die Polizei wird noch dieses Jahr, spätestens Anfang nächsten Jahres eine<br />

Videoüberwachung einführen. Wir haben zudem bauliche Maßnahmen ergriffen,<br />

um an bestimmten Stellen Aufenthalte unmöglich zu machen. Zudem<br />

+ 49.11<br />

wird der Zugang von der Buchheimer Straße leichter zu reinigen sein. Die Rolltreppe<br />

wird nun definitv instandgesetzt. Dafür habe ich mich nachdrücklich<br />

eingesetzt. Die Kosten belaufen sich auf circa 300.000 Euro. Ein Teil der Kosten<br />

wird durch Fördermittel des Landes finanziert. Für die Lücke von 140.000 Euro<br />

+ 48.40<br />

muss die Stadt Köln aufkommen. Da die Rampe an der Rolltreppe nach heutigen<br />

Standards nicht barrierefrei ist, wäre die Einrichtung der Barrierefreiheit<br />

um ein vielfaches teurer gekommen als die Instandsetzung der Rolltreppe.<br />

+ 46.00<br />

+ 48.25<br />

Galerie Wiener Platz<br />

+ 45.75<br />

+ 45.73<br />

Kreissparkasse<br />

+ 48.60<br />

Entwürfe von<br />

stefan schmitz bda<br />

architekten und<br />

stadtplaner.<br />

Abbildungen oben:<br />

Ob eine Torhaus<br />

oder eine „kleine<br />

Lösung“, Bauten auf<br />

den vorgesehenen<br />

Plateaus rahmen<br />

den Blick auf die<br />

Mülheimer Brücke<br />

und beleben den Platz<br />

durch seine Nutzer.<br />

GENOVEVASTRAßE<br />

+ 48.70<br />

+ 48.10<br />

Was halten Sie von einem Alkoholverbot auf dem Wiener Platz?<br />

Ich stelle seit Jahren die Forderung nach einem Alkoholverbot, auch die Polizei<br />

befürwortet das seit Jahren. Das Durchsetzen eines solchen Verbotes ist eine<br />

rechtliche Frage. Die Stadt Duisburg unterlag jüngst in einer Klage gegen<br />

das Verbot und musste es wieder aufheben. Durch ein Alkoholverbot haben<br />

die Ordnungsdienste eine Handhabe, Platzverweise auszusprechen. Es gibt<br />

sicherlich ein Drogenproblem auf dem Wiener Platz: Der Alkohol wird schon<br />

morgens „beikonsumiert“. Die meisten Übergriffe oder Vorfälle stehen im Zusammenhang<br />

mit Alkoholkonsum. Ein Drogenmobil ist meiner Ansicht nach<br />

nicht nötig. Es gibt eine, dem Gesundheitsamt und dem SKM Köln bekannte<br />

„Mülheimer Szene“ am Wiener Platz.<br />

Es gibt häufiger Kritik an der Gestaltung des Wiener Platzes.<br />

Wie stehen Sie dazu?<br />

+ 49.10<br />

Die Platzgestaltung ist rückblickend nicht gelungen. Dies liegt meiner Ansicht<br />

nach an der Grundkonzeption der damaligen Ausschreibung. Diese folgte in<br />

den 1990er Jahren förderrechtlichen Vorgaben. Eine Finanzierung durch den<br />

Bund als Knotenpunkt für Stadtbahn, S-Bahn und Regionalzüge am Bahnhof<br />

BERGISCHER RING<br />

Mülheim unter Einschluss des Wiener Platzes war nur so möglich – nämlich<br />

+ 48.25<br />

+ 49.15<br />

+ 48.20<br />

+ 44.68<br />

mit Tunnelgeschoss und einer halben Ebene darüber. Die Bahn und den Verkehr<br />

komplett unter die Erde zu verlegen, wäre besser gewesen. Wenn wir jetzt<br />

hören, dass in Rheinnähe ein Braunkohlenflöz gefunden wurde, dann stellt<br />

sich die Frage allein deshalb heute nicht mehr.<br />

+ 48.40<br />

+ 45.62<br />

+ 46.00<br />

+ 45.65<br />

Bezirkshaus<br />

+ 46.00<br />

+ 46.26<br />

Flächenangaben<br />

zum Pavillon:<br />

Gastraum 75 m²<br />

Theke/Küche 12 m²<br />

Windfang 11 m²<br />

Lager 4 m²<br />

WC-Anlage 16 m²<br />

Imbiss 12 m²<br />

Abfall 3 m²<br />

gesamt 133 m²<br />

Terrasse 71 m²<br />

+ 46.51<br />

+ 48.05<br />

+ 46.77<br />

+ 46.51<br />

+ 48.40<br />

+ 48.20<br />

+ 48.11<br />

+ 48.35<br />

+ 48.43<br />

FRANKFURTER STRAß


11 <strong>#2</strong> Mai <strong>2019</strong> Mülheimia Quarterly Stadt. Kultur. Soziales<br />

„Es ist wichtig, dass die Türme gebaut<br />

werden. Das belebt den Platz und gibt ihm<br />

die entscheidende abschließende Form.“<br />

Stefan Schmitz<br />

Stefan Schmitz, Architekt und Stadtplaner, hat in den 1990er Jahren mit<br />

seinem Büro den städtebaulichen Wettbewerb zur Bebauung des Wiener<br />

Platzes gewonnen. Wir unterhielten uns über seine Planungen und<br />

Möglichkeiten, den Wiener Platz weiterhin zu gestalten.<br />

rahmen das Bild zur Mülheimer Brücke hin. Es entstehen wichtige Blickachsen<br />

und Bezüge. Die Fundamente sind fertig! Auch ist der Sockelbau des Südturms<br />

mit Gas-, Wasser-, und Stromleitungen komplett erschlossen. Der zweite<br />

Turm würde darüber laufen können. Es könnte also losgehen! Eine Beinträchtigung<br />

während der Bauarbeiten wäre zwar da, aber durch die schnelle und<br />

„saubere“ Bauweise gering.<br />

Wie sieht die rechtliche Situation für eine Gestaltung des Platzes aus?<br />

Mein Büro hat das Urheberrecht. Das bedeutet, dass weitere Planungen und<br />

Veränderungen mit mir abgesprochen werden müssen. Es bedeutet nicht, dass<br />

die Planungen durch mein Büro erfolgen müssen.<br />

Herr Schmitz, Sie haben im Rahmen des Strukturförderprogramms<br />

MÜLHEIM 2020 einen Entwurf für einen festen Pavillon auf dem Wiener<br />

Platz vorgelegt. Bitte erläutern Sie uns den Entwurf.<br />

Der Pavillon ist Teil der Platzgestaltung und antwortet mit seiner runden Form<br />

auf die bisherige Gestaltung. Als Gastropavillon haben wir eine Zubereitungsküche<br />

eingeplant. Zusätzlich ist ein Kiosk möglich. Es ist immer eine Frage<br />

des Betreibers, was mit einem Bau geschieht. Eine kulturelle Nutzung ist eine<br />

gute Idee von Ihnen, die ich gerne befürworte. Als reiner Ausstellungspavillon<br />

ist er eher nicht geeignet, aber als Kulturcafé sicherlich. Das jetzige Zelt ist ein<br />

Provisorium. Als „Fliegender Bau“ ist er eigentlich nur maximal zwei bis drei<br />

Jahre zulässig.<br />

Ihr Resümée?<br />

Durch Büros und kulturelle Nutzungen würde der Platz belebt werden und<br />

es erfolgte allein dadurch eine soziale Kontrolle, die der Platz braucht. Es ist<br />

wichtig, dass dort überhaupt etwas entsteht und die Sockelbauten, die keiner<br />

versteht, endlich einen Aufsatz bekommen. Der Platz ist in dem unvollendenten<br />

Zustand jetzt eigentlich zu weitläufig.<br />

Vielen Dank für das Gespräch! »<br />

www.muelheimia.koeln/lebenaufdemwienerplatz<br />

Wir brauchen mehr Grün, gerade auch auf öffentlichen Plätzen. Wie könnte<br />

das für den Pavillon aussehen?<br />

Eine Grünfläche vor dem Pavillon, wie Sie sie skizziert haben, ist eine gute<br />

Idee. Als Böschung angelegt, um das Gefälle des Platzes auszugleichen, wäre<br />

sie eine schöne Möglichkeit, eine Bepflanzung<br />

auf dem Platz hinzubekommen. In Remscheid<br />

entwickeln wir zu Zeit ein ähnliches Projekt.<br />

Eine extensive Dachbegrünung des Pavillons<br />

ist selbstverständlich auch möglich, darf nur<br />

nicht zu schwer werden.<br />

In Ihrer ursprünglichen Planung zum<br />

Wiener Platz sind zwei Türme vorgesehen,<br />

die bislang nicht realisiert worden sind.<br />

Woran lag es und wie sehen Sie die<br />

Chancen heute?<br />

Direkt zu Beginn gab es einen Investor,<br />

der gebaut hätte. Dies wurde politisch<br />

abgeblockt. Weitere Interessenten<br />

waren vor etwa zwei<br />

Jahren im Gespräch. Trotz bereits<br />

erfolgtem Wettbewerb bestand man<br />

auf einen erneuten Gestaltungswettbewerb.<br />

Der Interessent sprang<br />

leider ab.<br />

Die Türme sind als Stahlbau konzipiert.<br />

Sie fassen den Platz gegenüber<br />

dem Clevischen Ring und<br />

Der Wiener Platz ist<br />

Verkehrsknotenpunkt<br />

und Entrée in den<br />

Bezirk Mülheim.<br />

Der Künstler und<br />

Musiker Yamato<br />

Hasumi fotografiert<br />

den Wiener Platz bei<br />

jeder Gelegenheit. Er<br />

selbst wohnt in der<br />

Nähe und zückt auf<br />

seinen Reisen als<br />

Berufsmusiker oft<br />

seine Kamera.


Mülheimia Quarterly<br />

Stadt. Kultur. Soziales<br />

<strong>#2</strong> Mai <strong>2019</strong> 12<br />

Kulturkirche Buchforst<br />

Kleinod, Denkmal,<br />

Kulturort und Gotteshaus<br />

Der zentrale Raum der<br />

Kulturkirche-Ost in<br />

Köln-Buchforst.<br />

Foto: GAG Immobilien AG<br />

Von Judith Tausendfreund<br />

Sie ist ein wenig versteckt, man kennt sie oder man<br />

kennt sie eben auch nicht. Die Kulturkirche Ost befindet<br />

sich in der Kopernikusstraße – das ist keine Durchgangsstraße.<br />

Alle Besucher dieser Straße kommen<br />

gezielt vorbei, zum Beispiel um in die nahe gelegene<br />

Grundschule zu gehen. Oder aber diese Kirche zu<br />

besuchen.<br />

Erbaut wurde sie Mitte der 60ziger Jahre. Eingeweiht dann<br />

1968, zu Zeiten von Woodstock, freier Liebe und radikaler<br />

politischer Umbrüche. Die Architekten Georg Rasch und<br />

Winfried Wolsky gestalteten den evangelischen Kirchenbau<br />

mit Gemeindezentrum nach damals modernen<br />

Ideen. Es war die Nachkriegszeit, die wirtschaftlichen<br />

Aufschwung mit sich brachte und es war auch die Zeit,<br />

in der die evangelische Kirche viel Zuspruch erfuhr und<br />

zumindest in Köln viele neue Kirchen und Gemeindezentren<br />

entstehen ließ. Heute sieht das anders aus, immer<br />

wieder werden Kirchen entwidmet, meist aus finanziellen<br />

Beweggründen. Dabei entstehen auch neue Nutzungen,<br />

neue Ideen.<br />

So erging es auch der Auferstehungskirche in Buchforst,<br />

die zur Kulturkirche wurde. Architektonisch hat sich<br />

wenig geändert, zum Glück – gerade diese Architektur<br />

wurde vielfach und auch international oft gelobt. Das Gebäude<br />

hat die Form eines unregelmäßigen Tetraeders. Die<br />

beiden senkrecht stehenden Elemente bestehen aus Beton.<br />

Innen ist alles vor allem karg – passend zu den damaligen<br />

Gestaltungsideen und auch passend zum damaligen<br />

ästhetischen Empfinden. Schräg platzierte Holzbänke,<br />

ein kleiner Altar. Durch die im Dach montierten Lichtbänder<br />

entsteht ein beeindruckendes Licht, andere Effekte<br />

schaffen eine durchaus bemerkenswerte Atmosphäre<br />

– und dies trotz aller Schlichtheit. Dieser Raum lädt ein.<br />

Zum Bleiben, zum Schauen, zum Durchatmen.<br />

1992 wurde die Kirche und der anliegende Platz unter<br />

Denkmalschutz gestellt. 2005 entschloss sich die evangelische<br />

Gemeinde, das Ensemble zu verkaufen. Ende<br />

2007 erhielt die GAG Immobilien AG den Zuschlag für das<br />

Buchforster Gotteshaus, der Verkauf wurde im Rahmen des<br />

Modellprojektes „Kirchenumnutzungen Nordrhein-Westfalen“<br />

der Landesregierung zur Umnutzung ehemaliger<br />

Sakralbauten organisiert. Übrigens war die Auferstehungskirche<br />

die einzige Kirche im Bereich des Evangelischen<br />

Kirchenverbandes Köln und der Region, die durch dieses<br />

Modellvorhaben gefördert wurde und auch für die GAG war<br />

dieser Schritt ein wenig Neuland. Wohnungen, das Business<br />

kannte man. Doch eine Kirche, das war neu.<br />

650.000 Euro nahm die GAG damals für die Instandsetzung<br />

in die Hand. Es wurde renoviert, außen und innen<br />

wurde die Kirche in den Originalzustand der sechziger<br />

Jahre versetzt. Der zu beachtende Denkmalschutz stellte<br />

einige Herausforderungen an alle Beteiligte. 2012 fand<br />

die Wiedereröffnung statt. Und seitdem ist es nicht still<br />

geworden an diesem Ort. Kunst und Kultur sind eingezogen,<br />

zumindest immer mal und immer mal wieder. „Dass<br />

sich hier so ein toller Ort versteckt, hätte ich nie gedacht.“<br />

– Diesen Satz formulieren viele. Immer wieder, weil es<br />

vielen immer wieder so geht. Der ein oder andere<br />

Künstler ließ sich schon zu Statements hinreißen:<br />

„Es ist ja eher eine Buchforster Philharmonie“, meinte


13 <strong>#2</strong> Mai <strong>2019</strong> Mülheimia Quarterly Stadt. Kultur. Soziales<br />

etwa Konrad Beikircher. „Dolle<br />

Kirche hier“, fasste es Klaus Staeck<br />

zusammen.<br />

Wer sich das jetzt alles noch immer<br />

nicht vorstellen kann, dem sei zum<br />

Beispiel die Benefiz-Kunst-Ausstellung<br />

von Irmel und Felix Droese<br />

empfohlen. Am Donnerstag, 30. Mai,<br />

um 20 Uhr laden die beiden Künstler<br />

alle interessierten Gäste ein, vorbeizukommen.<br />

Kunstexpertin Irene<br />

Daum hält eine Eröffnungsrede, die<br />

beiden Künstler sind anwesend. Irmel<br />

Droese war Meisterschülerin von<br />

Joseph Beuys, von dessen performativer<br />

Fluxus-Kunst und erweitertem<br />

Kunstbegriff sie geprägt wurde. Irmel<br />

Droeses Markenzeichen sind: Improvisation<br />

von Stimmen, Improvisationstheater,<br />

selbstgeschaffene Handpuppen,<br />

Zeichnungen, Grafiken, Malerei,<br />

Textilkunst und Fotografie. Felix<br />

Droese verließ die Schule ohne Abitur<br />

und arbeitete zunächst als Landvermessungsgehilfe.<br />

Er studierte von<br />

1970 bis 1976 ebenfalls an der Düsseldorfer<br />

Kunstakademie, hauptsächlich<br />

in der Joseph-Beuys-Klasse. Es geht<br />

ihm oft um Fragen des Geldes und der<br />

Ökonomisierung: 2003 bot er Aldi Süd<br />

20.000 signierte Druck „Silberfinger<br />

und Wind, Wasser, Wolken“ für ein<br />

Künstlerhonorar von 1,- Euro pro Stück<br />

an. Aldi bescherte dies 200.000 Euro<br />

Einnahmen und Felix Droese nannte<br />

diese Aktion Grundversorgung<br />

– sicherlich wird es ein sehr spannender<br />

Abend werden.<br />

Auch vorher gibt es Ausstellungen<br />

und mehr, alle Termine stehen hier<br />

www.kulturkirche-ost.de »<br />

> www.muelheimia.koeln/<br />

kulturkirche-ost<br />

Arbeiten von<br />

Felix und Irmel<br />

Droese. Rechte bei<br />

den Künstler*innen.<br />

Ana Bolena Kolumna<br />

In Mülheim zuhause <strong>#2</strong><br />

Schon zu Beginn meiner Zeit in Mülheim hat „Xenia, wie lange bist du in Deutschland?“<br />

sie mich beeindruckt – ihr Stil, immer originell.<br />

Man spürt ihre Gestaltungskraft in ihrer meines Lebens. Ich kam aus Russland,<br />

„Eine Ewigkeit, 27 Jahre, fast die Hälfte<br />

alltäglichen Erscheinung.<br />

Moskau, mit meinem Mann und vier Kindern.<br />

Meine Großmutter hatte deutsche Wurzeln<br />

Anfang März ging ich gegen 16 Uhr eilig und so lernte ich früh die Sprache. Wir haben<br />

den dunklen Zugang zur U-Bahnstation am immer einen Garten gehabt.“<br />

Wiener Platz hinunter – von der Bucheimer<br />

Straße aus, wo wieder viele junge Menschen „War Gärtnerin immer dein Beruf hier in<br />

auf den Bänken saßen. Eine einsame traurige Deutschland?“<br />

Frau, andere Personen in einer Gruppe plaudernd.<br />

Ich versuchte, sie nicht zu beobachten, fikdesignerin. Als alleinerziehende Mutter,<br />

„Ich habe eine Hochschulausbildung als Gra-<br />

oder besser gesagt, mich nicht wieder zu war ich mit der Realität konfrontiert. Ich<br />

fragen: Warum sitzen sie jeden Tag hier? bekam keine Stelle als Designerin, ich sollte<br />

Dann, plötzlich kommt sie mir mit harmonischen<br />

und sicheren Schritten entgegen. ich selbständig geworden.“<br />

andere Aufgaben übernehmen. Deswegen bin<br />

Sie tritt aus dem düsteren Untergrund und (In meinem Kopf drehen sich auch meine<br />

erstrahlt, wie eine Erscheinung aus einer eigenen Erfahrungen.)<br />

anderen Welt. Ich bin so glücklich, dass ich<br />

fast vergesse, wie eilig ich es habe, die Bahn „Xenia, Gärtnerin ist jetzt deine Arbeit?“<br />

zu nehmen.<br />

„Es ist keine Arbeit, es ist mein Hobby. Ich<br />

möchte unabhängig bleiben und lebe in der<br />

Auf der Mülheimer Brücke erinnere ich mich Natur!“<br />

an eine Begebenheit im letzten Sommer Gärtnern ist ihre Hingabe! Sie hat oft versucht,<br />

Gärten in ihrer Nachbarschaft unent-<br />

als ich im Hof des Café Vreiheit saß. Nicht<br />

irgendwo, sondern auf dem besten Platz, den geltlich zu gestalten.<br />

es dort gibt: in der grünen Laube, umrankt „Ana, gefällt dir der Garten hier im Hof?“<br />

von Kiwi. Sie erschien mit Händen und Armen „Ja, Xenia, er ist wunderschön.“<br />

voller Blumen und Pflanzen. Und trotzdem „Was habe ich erreicht? Es ist eine Gestaltung<br />

schaffte sie es, eine Tür zu öffnen, die ich – Kunst, und ich will Zuschauer haben. Ich<br />

nicht einsehen konnte. In meiner Phantasie bin 69 Jahre alt und eine leidenschaftliche<br />

eine Tür zu einer magischen Welt, die Tür Gärtnerin.“<br />

zum Häuschen einer Fee voller Pflanzen,<br />

Blumen und Sternen in den Fenstern, die sich Zum Schluss lädt sie mich in den Garten im<br />

nach dem Himmel ausrichten. Ende März Hof ein, zeigt mir ihre Arbeit und Techniken.<br />

lässt es mir keine Ruhe, ich frage den Inhaber Die Hagebutten hängen an hohen Ästen, sie<br />

des Cafés, ob er meine „Fee“ kennt. „Sie heißt öffnet die kleine magische Tür, nimmt eine<br />

Xenia.“ Er gibt mir ihre Telefonnummer. Wir Leiter, steigt schnell ihre Stufen bis zur Letzten<br />

empor – hebt die Arme wie eine Tänzerin<br />

verabreden uns zu einem Treffen.<br />

– und sammelt flink die heilsamen Früchte<br />

Ohne eine Frage beginnt Xenia über Farben und erklärt mir gleichzeitig ihre Zubereitung<br />

zu sprechen – als ob sie meine Faszination<br />

für Farben und Licht spüren und unsere Moment, wo ich ihre Geschichte für meine<br />

als Tee. Ich habe sie aufbewahrt bis zu dem<br />

Gemeinsamkeiten erraten kann. Es wird Kolumne schreibe. Herzlichen Dank Xenia,<br />

philosophisch, wie sie die Farben des deutschen<br />

Alltags mit denen eines Buchenwaldes hast mir damit auch das Geheimnis eines<br />

der Tee schmeckt wunderbar! Ich hoffe, du<br />

vergleicht, in dem sich Farben wie unter Lebenselixiers geschenkt.»<br />

dem Dach einer Kathedrale verdunkeln und<br />

verschmelzen.<br />

> www.muelheimia.koeln/xenia


Mülheimia Quarterly<br />

Stadt. Kultur. Soziales<br />

#1 Januar <strong>2019</strong> 14<br />

Tipp: Neue<br />

Termine der theatralen<br />

Stadtteilerkundung<br />

„Caput VIII – Heine in Müllem“<br />

ab April <strong>2019</strong>:<br />

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www.distriktneun.<br />

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Exkursion zur Mülheimer Tropfsteinhöhle<br />

Abgesang an einen Stalakmiten<br />

Miniatur #5<br />

Eine Reihe von Marco Hasenkopf<br />

Mobile Fotos: Marco Hasenkopf<br />

Dies ist die lebensfrohe und abenteuerliche Geschichte des kleinen<br />

Stalakmiten „Drecki“ zu finden in der landauf, landab bekannten Mülheimer<br />

Tropfsteinhöhle an der Unterführung Mülheimer Brücke Ecke Biegerstraße.<br />

Die Tropfsteinhöhle ist der Publikumsmagnet im Rechtsrheinischen. Vergleichbar<br />

nur mit dem legendären Schnapsbrunnen nach Schwarzwälder<br />

Vorbild am Wiener Platz sowie der Rheinischen Erbsensuppe „Herzog-Jan-<br />

Wellem“-Art. Regelmäßig durfte ich während unserer theatralen Exkursionen<br />

im Stadtteil das prächtige Heranwachsen des Stalakmiten – 0,3 Mikrometer in<br />

zehn Jahren – beobachten. Diese kleine Sedimentablagerung ist die Geburtsstunde<br />

von etwas ganz Großem. All dieser Dreck – Taubenkot, Hundescheiße,<br />

Pisse, Plastiktüten, Zigarettenkippen und was da noch so liegt – diese Ausscheidungsgemengelage<br />

wird, von Regen, Feuchtigkeit, Überschwemmungen,<br />

kurz Wasser, gespeist, langsam zersetzt und lagert sich ab. Dieser Vorgang<br />

wiederholt sich sehr, sehr oft und dauert naturgemäß sehr, sehr lange... Das<br />

wird so lange passieren, bis wir Menschen die neuen Dinosaurier sind. Die<br />

Hoffnung stirbt zuletzt. Der Mensch hat Erstaunliches geleistet – auch sein<br />

Aussterben kriegt er hin. Erst nachdem das Zeitalter der Menschen beendet<br />

sein wird, wird dieser kleine ekelige Dreckhaufen zu einem imposanten Stalakmiten<br />

herangewachsen sein und das Fundament einer gigantischen Tropfsteinhöhle<br />

bilden. Zuvor muss aber noch etwas ganz anderes passieren. Die<br />

Brücke muss einstürzen. Böse Zungen behaupten, sie wäre nicht weit davon<br />

entfernt. Die vielen tausend Tonnen Stahl und Beton der Mülheimer Brücke<br />

zerfallen in ungefähr 10.000 Jahren. Um sie errichten zu können, mussten die<br />

Mülheimer ihren historischen Stadtkern opfern. Umwelteinflüsse, Korrosion,<br />

Erosion und Tektonik zersetzen mit schneckenhafter Langsamkeit das<br />

Material. Als erstes setzt der Stahl Rost an und korrodiert. Und weil das alles<br />

arbeitet, wird auch der Beton brüchig, der eigentlich viel länger halten würde.<br />

Er wird porös und zerbricht schließlich, was zum Einsturz der Brücke führen<br />

wird. Spektakulär. Das dauert nur 300 Jahre. Den Überbleibseln bleiben nun<br />

9.700 Jahre. Kein Grund zur Trauer, denn diese geophysikalischen Veränderungen<br />

begünstigen unseren kleinen Dreckhaufen. In dieser dunklen Gebärmutter<br />

der Zukunft kann „Drecki“ prächtig wachsen und gedeihen, um zum<br />

imposantesten Stalakmiten nördlich der Alpen zu werden. Das dauert einige<br />

10.000 Jahre und ob es dann überhaupt noch die Alpen gibt, vermag ich nicht<br />

zu prognostizieren. Ob jemand das neu erstandene Naturwunder betrachten<br />

kann und wie diese Wesen aussehen, ist fraglich. Bronzeskulpturen sind selbst<br />

nach zehn Millionen Jahren noch zu erkennen. Und damit weiß man auch,<br />

warum sich Menschen gerne in Bronze ‚verewigen’ lassen. Das Wort passt an<br />

dieser Stelle erstaunlich gut. Auch wenn es nicht der naturwissenschaftlichen<br />

Tatsachen entspricht, so halte ich zehn Millionen Jahre für ziemlich nah an<br />

ewig. Aus dem kleinen Drecki wird die Mülheimer Kathedralen-Höhle entstanden<br />

sein. Und sie wird bleiben. Höhlen sind gut darin zu bleiben. Erst nach<br />

6,5 Milliarden Jahren wird auch das ein Ende haben. Die Sonne wird sterben.<br />

Sie wird sich aufblähen, Merkur, Venus und schließlich die Erde verschlucken.<br />

Menschen gibt es dann ja längst nicht mehr. Nur Bakterien ist es bisher gelungen<br />

Äonen zu überleben. Aber was dann noch von uns, dem Anthropozän, dem<br />

paleofood-fressenden Homo Hipster, bleibt, sind die durchs Weltall schwingenden<br />

Radio- und Fernsehwellen. Es ist also theoretisch möglich, dass in sieben<br />

Milliarden Jahren oder später irgendein Alienwesen eine Antenne ausfährt<br />

und zufällig auf Bruchstücke von Trumps Twitterperlen stößt. Alles was bleibt,<br />

sind die größten Nichtigkeiten unserer Zeit.<br />

Jahrzehntelang verwehrte sich die Mülheimer Brücke gegen jegliche Instandsetzung<br />

und wurde zum naturwissenschaftlichen Hotspot für allerlei renommierte<br />

Speläologen – Höhlenforscher. Durch pures Nichtstun konnte Drecki<br />

gedeihen und darin ähnelt er wohl eher dem Kölner an sich als dem Mülheimer.<br />

Wie dem auch sei, da Tropfsteine wie gesagt naturgemäß sehr langsam<br />

wachsen, entziehen sie sich in ihrer Bedeutung einer Beurteilung durch den<br />

Menschen. Trotz Sanierung wissen kundige Höhlenforscher: Die Zeit arbeitet<br />

für sie. Und schon bald – es wird keine Zeitalter sondern höchstens eine<br />

Generation dauern – sieht die Brücke wieder aus wie vorher. Ob das Bauwerk<br />

zuvor noch zur neuen Gorch Fock oder dem Kalker Hubschrauberlandeplatz<br />

geworden ist, interessiert dann schon niemanden mehr.<br />

Grenzenloses Wachstum - in der Wirtschaft so was wie eine unerreichbare,<br />

sprich fixe Idee, ist für Tropfsteine Fakt. Wenn man sie lässt, wachsen sie bis<br />

ultimo.<br />

Leider hat man Drecki nicht wachsen lassen.<br />

Im Frühjahr <strong>2019</strong> wurde Drecki, dieses einmalige naturgeschichtliche Denkmal,<br />

von Sanierungsaktivisten mit Ingenieursdiplom plattgemacht. RIP. »<br />

> www.muelheimia.koeln/stalakmiten


15 <strong>#2</strong> Mai <strong>2019</strong> Mülheimia Quarterly Stadt. Kultur. Soziales<br />

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