Berliner Kurier 17.09.2019
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17.September 2019<br />
DasEinheitsdenkmal<br />
soll<br />
über den<br />
erhaltenen<br />
Gewölben<br />
schaukeln.<br />
Obendrein bekam man es zu<br />
tun mit „alten Bauresten in Gestalt<br />
von Mauerwerk, Pfählen,<br />
Rosten, u. dgl., die von Uferund<br />
Grundbauten aller Art sich<br />
seit Jahrhunderten angehäuft“<br />
hatten.<br />
Das Bundesamt für Bauwesen<br />
und Raumordnung teilte auf<br />
Anfrage mit, dass für die Vorbereitung<br />
zum Bau des Freiheitsund<br />
Einheitsdenkmals Bohrungen<br />
durchgeführt wurden, die<br />
unter einer Auffüllung aus Bauschutt<br />
und Sand etwa vier Meter<br />
unter der Betonplatte der<br />
Bestandsgründung in zwei verschiedenen<br />
Tiefen tragfähige<br />
Sandschichten fanden.<br />
Doch anders als der von Kolonnaden<br />
umgebene, reglos auf<br />
hohem Ross hockende Hohenzoller<br />
übt die von Bürgern bewegbare,<br />
gewaltige 150 Tonnen<br />
schwere Schaleaus Stahlbauteilen<br />
wechselnden Druck aus,<br />
den ein Feder- und Dämpfungssystem<br />
mildern soll. 50 Meter<br />
lang und 18 Meter breit, misst<br />
die Schale an ihrer stärksten<br />
Stelle2,50 Meter.<br />
Um das enorme Gewicht auf<br />
festen Grund abzuführen, werden<br />
zusätzlich sieben Betonpfeiler,<br />
jeder 1,50 Meter dick,<br />
durch die sorgsam austarierten<br />
Gewölbemauern getrieben. Dazu<br />
schreibt das Bundesamt:<br />
Fotos: Stiftung Stadtmuseum/Hugo Rudolphy,Milla&Partner<br />
„Durch eine vom vorhandenen<br />
Sockelbauwerk unabhängige<br />
Gründung soll gewährleistet<br />
werden, dass keine Krafteinleitungen<br />
in die vorhandene intakte<br />
Gründung des Sockelbauwerks<br />
erfolgen.“<br />
Dieses steht allerdings unter<br />
Denkmalschutz, wurde mit<br />
fünf Millionen Euro öffentlicher<br />
Mittel saniert. Das Landesdenkmalamt<br />
trug vor einem<br />
Jahr „erhebliche grundsätzliche<br />
Bedenken“ aus „fachlicher<br />
Sicht der Denkmalpflege“ gegen<br />
die Einheitswippen vor.<br />
Das Vorgehen sei „umso unverständlicher“,<br />
als der Sockel des<br />
alten Denkmals neben den Resten<br />
des Schlosskellers das einzige<br />
in seiner originalen Substanz<br />
erhaltene Gebäudefragment des<br />
ehemaligen Schlosskomplexes<br />
ist. Zwei Bedingungen stellten<br />
die Denkmalschützer: Das<br />
ebenfalls unter Schutz stehende<br />
und zwischenzeitlich entfernte<br />
Mosaik des Kaiserdenkmals<br />
müsse an den ursprünglichen<br />
Standort zurückkehren. Die<br />
Pfahlgründung sei zu überarbeiten.<br />
Wurscht, urteilte die Oberste<br />
Bauaufsicht Berlins 2018 und<br />
verlängerte die Baugenehmigung<br />
–bis zum 9. Oktober 2019.<br />
Kulturstaatsministerin Monika<br />
Grütters (CDU) trat mit dem<br />
Ruf „Jetzt aber!“ auf. Im vergangenen<br />
August hieß es aus<br />
dem Hause Grütters: Diesen<br />
Herbst geht es los. Das müsste<br />
also in den nächsten Tagen sein.<br />
Dann wäre man – vielleicht,<br />
vielleicht auch nicht –zum Tag<br />
der Deutschen Einheit 2020<br />
fertig. Ungefähr zu jener Zeit<br />
will auch das Humboldt Forum<br />
nach einem Jahr Verzögerung<br />
öffnen. Das wäre ein kontrastreiches<br />
Doppel: drinnen Weltsicht,<br />
draußen deutsche Nabelschau.<br />
Die Erklärungen aus dem<br />
Hause Grütters wirken ganz<br />
und gar nicht beruhigend: Trotz<br />
sorgfältiger Planung könnten<br />
„Probleme auftreten, die sich<br />
erst bei der praktischen Umsetzung<br />
zeigen“, teilt Sprecherin<br />
Beate Frosch mit, denn „beim<br />
Freiheits- und Einheitsdenkmal<br />
handelt es sich um ein einmaliges<br />
Bauprojekt, das in dieser<br />
Form noch nie realisiert wurde“.<br />
Für nähere Erklärungen<br />
wurde auf Büro Milla verwiesen.<br />
Dort –siehe oben –„geht es<br />
voran“.<br />
Auch „dritte Stellen“, so Beate<br />
Frosch, hätten Mitwirkungsrechte,<br />
konkret gehe es um die<br />
„dauerhafte Sicherstellung eines<br />
geeigneten Lebensraums<br />
für gefährdete Fledermausarten“.<br />
Das entsprechende Verfahren<br />
werde parallel zur Bauvorbereitung<br />
vorangetrieben.<br />
Für die Mosaike gilt, so Beate<br />
Frosch, die 2015 mit der <strong>Berliner</strong><br />
Senatsbaudirektorin Regula<br />
Lüscher getroffene Vereinbarung,<br />
wonach das Land „im Gegenzug<br />
zu einer Kostenübernahme<br />
des Bundes für die denkmalgerechte<br />
Sockelsanierung<br />
die vollständige, auch finanzielle<br />
Verantwortung für die Mosaike“<br />
übernimmt.<br />
Das Bundesamt für Bauwesen<br />
sieht jedenfalls klare Zuständigkeiten:<br />
Verantwortlich „für die<br />
Planung und die bauliche Realisierung<br />
des Freiheits- und Einheitsdenkmals<br />
–auch der Tragwerksplanung<br />
– ist das Büro<br />
Milla &Partner. Spezielle technische<br />
Fragestellungen sind<br />
vom beauftragten Planer zu lösen.“