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Taxi Times München - Juli 2019

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GASTKOMMENTAR<br />

Der ev1 von General Motors entsprach Ende der 90er-Jahre nicht<br />

dem öldominierten Zeitgeist.<br />

Wer den ÖPNV inklusive <strong>Taxi</strong> stiefmütterlich behandelt, braucht sich<br />

über verstopfte Straßen nicht zu wundern.<br />

KRIEG GEGEN<br />

DEN ÖFFENTLICHEN<br />

NAHVERKEHR<br />

In den USA wird der ÖPNV schon seit Jahrzehnten bekämpft.<br />

Nun schwappt diese Geisteshaltung auch nach Deutschland.<br />

»Uber« und »Free Now« folgen derselben Strategie.<br />

Die systematische Zerstörung des amerikanischen öffentlichen<br />

Personennahverkehrs in über 40 Städten zwischen<br />

den Jahren 1930 und 1960, auch als „großer amerikanischer<br />

Straßenbahnskandal“ bezeichnet, führte in seiner Folge zu<br />

verstunkenen und verstopften Großstädten. Ein Kartell von großen<br />

Konzernen, allen voran General Motors, Standard Oil und Firestone,<br />

kauften gezielt Verkehrsunternehmen auf, um die Straßenbahnlinien<br />

stillzulegen. Der Feldzug war erfolgreich. Das Kartell<br />

erreichte eine Reduzierung von Straßenbahnfahrzeugen in den<br />

USA von anfangs 37.000 auf 5.300 Stück und wurde in der Folge<br />

wegen „krimineller Verschwörung“ lediglich zu einer Geldstrafe<br />

von 5.000 Dollar verurteilt.<br />

DIE LAST DER BLECHLAWINEN<br />

Schließlich wurde die Last in den Städten durch die Blechlawinen<br />

so unerträglich, dass der US-Bundesstaat Kalifornien Anfang der<br />

90er-Jahre die schärfsten Umweltgesetze weltweit beschloss. Gefordert<br />

wurde eine Abkehr von Verbrennungsmotoren. Bis 1998 sollten<br />

drei Prozent, bis 2003 zehn Prozent der Fahrzeuge „Zero<br />

Eimission Vehicles“ werden. Natürlich wurden auch diese Gesetze<br />

durch zähe Lobbyarbeit der Konzerne wieder aufgeweicht und<br />

teilweise zurückgenommen. Die Lebensqualität für die Menschen<br />

und deren Gesundheit spielten sowieso keine Rolle. Im Gegenteil.<br />

Der von General Motors entwickelte Elektrowagen, der von seiner<br />

Kundschaft heiß geliebte Zweisitzer „ev1“, wurde wieder vom<br />

Markt genommen. Aus guten Gründen konnten die Kunden das<br />

Auto lediglich leasen und GM kündigte nach erfolgreicher Intervention<br />

die Verträge. Die Autos wurden eingezogen und verschrottet.<br />

Ein paar Jahre später war der einst stolze Autokonzern<br />

ausgeplündert und musste vom Staat gerettet werden.<br />

In den USA führt heute die Tea-Party-Bewegung, bevorzugt<br />

finanziert durch rechtskonservative Hardliner, unter ihnen die<br />

Milliardärs-Brüder Charles und David Koch, die ihr Geld mit Öl<br />

und Asphalt verdienen, den Kampf gegen den öffentlichen Personennahverkehr<br />

fort. Man startet erfolgreich Kampagnen gegen<br />

neue Bauvorhaben im ÖPNV. Im Konzert mit „Uber“, „Lyft“ und<br />

anderen Plattformökonomien attackiert man die kommunalen<br />

Selbstverwaltungen, damit die Einnahmen der öffentlichen Straßenverkehrsunternehmen<br />

in andere Taschen fließen. Die Verelendung<br />

und Vernichtung der amerikanischen <strong>Taxi</strong>unternehmen ist<br />

dabei nur eine Petitesse am Rande. Tatsächlich zerstört man vielmehr<br />

die Finanzkraft der Kommunen, weswegen im vergangenen<br />

Jahr in New York eine Stausteuer zur Aufrechterhaltung der<br />

U-Bahn-Verkehre erhoben werden musste. Investitionen in den<br />

Ausbau des ÖPNV gelten in den Augen dieser Protagonisten als<br />

unamerikanisch und als eine Verschwendung von Steuermitteln.<br />

UBER FÜHRT DIE BEHÖRDEN VOR<br />

Uber und Free Now folgen derselben Strategie. Der Verkehrskollaps<br />

in unseren Städten durch Mietwagenverkehre spielt dabei<br />

keine Rolle. Auch in <strong>München</strong> sollen die Menschen dazu bewogen<br />

werden, von Straßenbahnen und Bussen in die billigen Mietwagen<br />

umzusteigen. Der Anbieter Uber führt die kommunale Gewerbeaufsicht<br />

vor und der strategisch angelegte Gesetzesbruch wird<br />

von einer Armee aus Anwälten flankiert – das kennt man sonst<br />

eigentlich nur von der Mafia.<br />

FOTOS: Wikicommens / RightBrainPhotography, Fotolia / deberarr<br />

24 JULI / <strong>2019</strong> TAXI

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