25.09.2019 Aufrufe

10_2019 HEINZ MAGAZIN Essen

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Kabarett aus derReihenhaussiedlung Schauspiel,Gesang und Tanz: Alldas,mit einer großzügigen Portion<br />

Comedy,vereint MariaVollmer aufder Bühne. Am 11.Oktober präsentiertsie ihr neues Programm „Tantra,Tupper<br />

und Tequila“ im Bochumer Zauberkasten.Was hinterihren Auftritten steckt,wie sie mit Rollenklischees<br />

umgehtund warumesimAlter auch mal Tequila sein darf,hat die Kabarettistin ChantalMollim<br />

Gespräch verraten.<br />

©Ulrike Reinker, Düsseldorf<br />

D<br />

uwarst zuerst aufeiner Musicalschule,hastdanach in Rotterdam<br />

eine Tanzausbildung gemacht, ursprünglich kommst du<br />

ausBaden-Württemberg.Wie kamst du zurComedy undins Rheinland?<br />

DasMusicalfach war mir irgendwann zu oberflächlich, deshalb habe<br />

ich danach noch Tanz studiert. Ich habe elf Jahre lang getanzt und<br />

irgendwann beschlossen, dass ich aus dieser Ernsthaftigkeit raus<br />

möchte. Mit einer Kollegin zusammen habe ichdannmehr oder weniger<br />

blauäugig ein Comedy-Projekt auf die Beine<br />

gestellt. Durch die Kabarettentwicklung zog es<br />

mich nach Köln und dort lernte ich meinen Mann<br />

kennen. DerLiebewegen bin ichdorthin gezogen.<br />

Worüber sprichstduauf derBühne?<br />

Über Themen, die so in der Welt sind. Ich stelle mir<br />

die Frage: Was bewegt mich, was bewegt meine<br />

Nachbarn? Über meine Lebenssituation, von der<br />

aus ich die Dinge betrachte. Ich wohne ineiner Reihenhaussiedlung<br />

mit meinem Mann und meinen beiden Söhnen. Das ist mein Ausgangspunkt.<br />

Ansonsten gucke ich immer erst mal bei mir über den<br />

Gartenzaun. Ich als Frau habe eine spezielle Sicht auf die Dinge, ich<br />

sehe michselberimFadenkreuzdieser Anforderungen.<br />

Welche Anforderungen genau meinst du?<br />

Die Anforderungen anMänner und Frauen sind unterschiedlich, das<br />

ist einem aber nicht immer ganz bewusst. Männer müssen inder<br />

Regelnur perfektimBerufsein.EineFraumuss in allemperfekt sein.<br />

Sie muss perfekt im Job und als Hausfrau sein. Außerdem ist esimmer<br />

noch nicht selbstverständlich, dass eine<br />

Frau beides macht. Mein Mann macht auch<br />

Kabarett. Bei ihm ist niemand überrascht,<br />

dass erKinder hat. Bei mir schon, weil sie sich<br />

nicht vorstellen können, dass ich beides untereinen<br />

Hutbekomme.<br />

Und du kannst Familie und Berufvereinbaren?<br />

Genau das meine ich mit den Anforderungen:<br />

Männern werden solche Fragen nicht<br />

gestellt. Organisation ist alles! Für mich war<br />

von Anfang an klar, dass ich nicht aufhöre zu<br />

arbeiten, wenn ich Kinder habe. Das war die<br />

Bedingung an meinen Mann. Das hat eigentlich<br />

immer funktioniert, man muss sich allerdings<br />

darauf einlassen, denn esist schon anstrengend.<br />

Wenn ich von der Tour nach Hause<br />

komme, dann kann ich mich nicht schön<br />

ausruhen, sondern muss gleich gucken, ob<br />

die Kinder schon im Bett sind, ihre Ranzen<br />

gepackt haben und sowas. Aber es geht und<br />

ich finde es wichtig, das mitzuteilen. Man<br />

muss nicht überall perfekt sein, auch nicht als<br />

Frau.<br />

Gibt’s diese Klischees noch? Lebstdusie selbst?<br />

Sobald Kinder ins Spiel kommen, rutscht man<br />

„Ich als Frau habe<br />

eine spezielleSicht<br />

auf die Dinge, ich<br />

sehe michselber im<br />

Fadenkreuz dieser<br />

Anforderungen.“<br />

©Ulrike Reinker, Düsseldorf<br />

in so ein uraltes Klischee. Ich beobachte das ganz häufig, dass die<br />

Frauen zu Hause bleiben und sich um die Kinder kümmern, weil die<br />

Männer mehr verdienen. AmAnfang bin ich doch schnell insoeine<br />

Rolle gerutscht. Da musste ich mich auch erst mal rausarbeiten. Ich<br />

sehe mich deshalb nicht soindieser Rolle, weil ich immer gesagt<br />

habe, dass ich auf jeden Fall die Vereinbarkeit von Beruf und Familie<br />

hinbekommen möchte.<br />

Würdest du dich als „typisch Frau“ bezeichnen? Gibt es<br />

sowasüberhaupt?<br />

Solche Klischees gibt es und in erster Linie sind sie<br />

nicht schlimm. Einige stimmen, andere nicht. Ich bin<br />

nichtdie Frau,die ständig durchdie Läden renntund<br />

shoppt, das ist mir persönlich zu anstrengend. Aber<br />

dennoch kaufe ich mir gerne Dinge und ich bediene<br />

auch ein paar Klischees. Man sollte sich selber nicht<br />

so ernst nehmen und mal über sich lachen können. Es geht darum,<br />

das zutun, was einem selber wichtig ist, unabhängig davon, ob<br />

mandamit ein Klischee erfüllt oder nicht.<br />

In deinemdritten Programmheißtes„Push-up, Pillen und Prosecco:Hinter’mEisprung<br />

geht es weiter“. Wie istdas zu interpretieren?<br />

Push-up, Pillen und Prosecco, das sind so die Dinge, die Frauen ab<br />

40 brauchen. Push-up um sich körperlich wieder aufzupeppen, Pillen<br />

umdas Leben zuertragen und Prosecco um Spaß zu haben. Das<br />

ist eine Lebensphase, inder man langsam überlegt: Starte ich jetzt<br />

nochmal durch, gehe ich in Rente oder was mache ich? Ab 50 ist es<br />

dann soein „Jetzt ist es auch egal, jetzt kann<br />

ich machen, was ich will“. Das hat was Befreiendes<br />

und das ist auch das, was ich vermitteln<br />

möchte. Esist nicht mehr sowichtig was<br />

andere denken. In meinem neuen Programm<br />

führe ich das Thema weiter, gehe aber auch<br />

darüber hinaus. Mit dem Alter brauchen Frauen<br />

schonetwas Härteres: Tequila.<br />

Wie siehtdas deinPublikum?<br />

Überwiegend sitzen Frauen im Publikum, was<br />

ich auch schön finde. Die sind sehr dankbar,<br />

dass da mal eine Frau auf der Bühne steht<br />

und versteht, wie es ihnen geht. Sie erkennen<br />

sich darin wieder. Oft werden die Männer<br />

dann mitgeschleppt. Die bedanken sich auch<br />

häufig bei mir. Einer sagte letztens: „Danke,<br />

jetzt weiß ich endlich, was in meiner Frau so<br />

vor sich geht“. Das tut mir gut und dem Publikum<br />

auch. Lachen hat jaauch etwas Therapeutisches.<br />

❚ MARIAVOLLMER–Tantra,Tupper undTequila Zauberkasten,Lothringer<br />

Str. 36,Bochum; Termin: 11.<strong>10</strong>. // WeitereTermine: 12.<strong>10</strong>., Südbahnhof,<br />

Saumstr.9,Krefeld; 30.<strong>10</strong>., Takelgarn, Philipp-Reis-Str. <strong>10</strong>,Düsseldorf;9.11.,<br />

CabaretQueue,Hermannstr. 74,Dortmund; 30.11., Bürgerbahnhof Vohwinkel,<br />

Bahnstr.16, Wuppertal<br />

<strong>10</strong>.<strong>2019</strong>| <strong>HEINZ</strong> |45

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!