maaS No.14 Sinn
Impulse für ein erfülltes Leben
Impulse für ein erfülltes Leben
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sinnvoll wirtschaften mit<br />
der gemeinwohlökonomie<br />
—<br />
m a t t h i a s k a s p e r<br />
Viele Menschen sehnen sich nach <strong>Sinn</strong> und Erfüllung bei der Arbeit, sind aber oft in einer<br />
Arbeitswelt gefangen, die ihnen genau das nicht liefern kann. Die Ursachen dafür sind nicht<br />
zuletzt in der Art und Weise zu suchen, wie wir wirtschaften. Die Gemeinwohl-Ökonomie<br />
bietet einen alternativen Ansatz des Wirtschaftens, bei dem nicht die Höhe des Gewinns,<br />
sondern der Beitrag eines Unternehmens zum Gemeinwohl im Fokus steht.<br />
35<br />
Prozent der Menschen in Deutschland<br />
glauben, dass sie mit ihrer Arbeit keinen<br />
sinnvollen Beitrag für die Welt<br />
leisten, gleichzeitig geben 28 Prozent<br />
an, dass sie ihren Job nicht sehr- bzw. gar nicht<br />
erfüllend finden. (vgl. YouGov-Umfrage vom<br />
August 2015) Diese Form der Entfremdung<br />
führt nicht nur zu einem Gefühl der »<strong>Sinn</strong>leere«,<br />
sondern macht die Menschen auch krank. (vgl.<br />
AOK Fehlzeiten-Report 2018) Neben massiver<br />
ökologischer Zerstörung, steigender globaler<br />
Ungleichheit und der Ausbeutung menschlicher<br />
Arbeitskraft, ist dies nur eine von vielen negativen<br />
Folgen unseres derzeitigen Wirtschaftssystems.<br />
Getrieben von Konkurrenzdruck,<br />
Shareholder-Value (Aktionärswert), Gewinnmaximierung<br />
und dem Streben nach Wirtschaftswachstum<br />
beuten wir Mensch und Natur<br />
aus und folgen als Verbraucher*innen oft den<br />
Versprechungen eines grenzenlosen Konsums<br />
und Individualismus, der uns als Ersatz für den<br />
fehlenden <strong>Sinn</strong> dient.<br />
Der britische Ökonom und prominente Wachstumskritiker<br />
Tim Jackson beschreibt die Problematik<br />
unseres Wirtschafts- und Wachstumsmodells<br />
sehr treffend, wenn er sagt:<br />
»Die Leute werden überredet, Geld, das wir<br />
nicht haben, für Dinge auszugeben, die wir<br />
nicht brauchen, um einen nicht nachhaltigen<br />
Eindruck bei Menschen zu hinterlassen, die<br />
uns egal sind.«<br />
Kann das wirklich der <strong>Sinn</strong> und Zweck des Wirtschaftens<br />
sein? Eine Ökonomie, in der sich wirtschaftlicher<br />
Erfolg vor allem nach der Höhe des<br />
Wirtschaftswachstums und Finanzgewinns bemisst<br />
und in der im großen Stil Güter – oft auf<br />
Kosten von Mensch und Natur – produziert und<br />
vertrieben werden, die wir für ein gutes Leben<br />
eigentlich gar nicht brauchen?<br />
Die Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) ist eine soziale<br />
Bewegung, die diesem Paradigma eine Alternative<br />
entgegenstellen möchte. Sie setzt sich<br />
auf gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher<br />
Ebene für ein ethischeres, nachhaltigeres<br />
und demokratischeres Wirtschaftssystem ein und<br />
verfolgt dabei einen holistischen Ansatz.<br />
Die GWÖ unterstellt dem gegenwärtigen<br />
Wirtschaftssystem eine »fehlerhafte« Mittel-<br />
Zweck-Beziehung, indem es Geld – dem eigentlich<br />
die Funktion eines Mittels (z. B. als Tauschmittel)<br />
zukommt – zum Zweck erhebt und somit<br />
die eigentliche Funktion des Wirtschaftens –<br />
nämlich die Befriedigung der Bedürfnisse der<br />
Gesellschaft oder der Gemeinschaft – untergräbt<br />
und gefährdet. Dieser Gedanke lässt sich<br />
historisch bis zu Aristoteles zurückführen, der<br />
eine Unterscheidung der Begriffe »Chrematistik«<br />
und »Ökonomik« vornahm. Aristoteles beschreibt<br />
die Chrematistik als Kunst, Reichtum anzuhäufen,<br />
und die Ökonomik als eine wirtschaftliche<br />
Aktivität, die der Bedürfnisbefriedigung dient.<br />
Diesen Gedanken fasst die Gemeinwohlökonomie<br />
auf und verweist dabei gleichzeitig auf die<br />
verfassungsrechtliche Verankerung des Gemeinwohls<br />
als oberstes Ziel des Wirtschaftens. Als Beispiel<br />
dient die Verfassung des Freistaates Bayern:<br />
»Die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit<br />
dient dem Gemeinwohl, insbesondere der<br />
Gewährleistung eines menschenwürdigen<br />
Daseins für alle und der allmählichen<br />
Erhöhung der Lebenshaltung aller Volksschichten.«<br />
(Artikel 151)<br />
Auf diesen Grundüberlegungen aufbauend,<br />
wirbt die GWÖ für eine humanistische, werte-<br />
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