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Andrea Künstle & Klaus Breuer<br />
Fahrrad(welt)reise<br />
<strong>Wenno</strong> <strong>alias</strong> <strong>Jack</strong><br />
<strong>Wenno</strong> ist ein altdeutscher Name und heißt "Freund". Und wir haben mit so einem<br />
Freund eine wunderschöne Geschichte erlebt. Eine Geschichte, die selbst jetzt,<br />
nach über 4 Monaten (ich nehme mir jetzt endlich die Zeit sie doch mal zu<br />
schreiben und vor allem sind jetzt auch die Emotionen ein wenig raus) mich noch<br />
bewegt. Ein Strahlen, ein warmes Gefühl im Bauch, aber auch ein Kribbeln. Wir<br />
erleben viele Geschichten, aber diese endet nicht, sondern wird uns und vor<br />
allem meine Eltern noch viele viele Jahre begleiten.<br />
Wir sind in der Türkei auf unserer erst 3. Etappe an der Südküste entlang von<br />
Kas Richtung Antalya. Es regnet und es ist kalt und da wir Myra, die<br />
Felsengräber besichtigen wollen suchen wir uns in Demre ein kleines Hotel.<br />
Dies ist unsere erste Stadt in der Türkei und auch deshalb wollen wir 2 Tage<br />
bleiben um uns an das fremde zu gewöhnen. Das Hotel ist schnell gefunden, die<br />
Sachen rein geschafft und die Fahrräder verstaut, noch schnell duschen und rein<br />
in den Ort. Wie fremd hier alles ist, Kleinasien. Aber darüber berichtete ich<br />
bereits. Nun machten wir uns also auf den Weg nach Myra, ca. 1 km außerhalb der<br />
Stadt. Schon auf halber Strecke sprang ein Hund an Klaus hoch und trotz<br />
schimpfen und scheuchen, er begleitete uns bis Myra. Sammy und Momo hatten so<br />
gar nichts dagegen. Wie seltsam. Ein kleiner Hund, etwa Momos Größe, schwarz<br />
weiß gefleckt, mit schwarzen Ohren und einer weißen Schwanzspitze. Ein drolliger<br />
Kerl. Aber wir kümmerten uns nicht weiter. Wollten uns nicht kümmern, nicht<br />
füttern, nicht streicheln, nicht ansprechen. Erst viel später entdeckten wir den<br />
kleinen Kerl öfter auf unseren Filmen und Fotos irgendwo im Hintergrund. Und so<br />
machten wir einen kleinen Myra Film, fotografierten, Klaus streunerte etwas<br />
durch die Gräber, immer <strong>Wenno</strong>, äh <strong>Jack</strong>, also den kleinen Kerl an seiner Seite<br />
und gingen schließlich zurück zum Hotel... in Begleitung. Ehrlich, wir haben ihn<br />
nicht ermuntert, aber doch geschmunzelt. Und Momo und Sammy? Die 3 liefen<br />
einträchtig nebeneinander her.<br />
Am Hotel angekommen verschwanden wir in der Tür und auch als wir wieder raus<br />
kamen war er nicht mehr da. Wir gingen in einem der kleinen Buden was essen und<br />
als wir zurück kamen, da spitzen die kleinen schwarzen Ohren an der Hotelmauer<br />
hervor. Er erkannte uns gleich und wir.... Mist. Wir haben uns wohl irgendwie in<br />
den kleinen Kerl verguckt. Es klappte nicht ihn weg zu locken und nach dem wir<br />
ein lautes Hundegeschrei mit dem hoteleigenen Hund hörten ging ich wieder raus.<br />
Wollte ihn weg locken, den <strong>Jack</strong>. Das ganze hat Klaus gefilmt, aus dem<br />
Hotelfenster raus. Ich habe es geschafft, er war in irgendeiner Autojagd<br />
versunken, was so viele türkische Hunde tun, ein gefährliches Spiel, und ich<br />
konnte alleine zurück in das Hotel. Klaus filmte weiter und man sieht, wie <strong>Jack</strong>,<br />
so nannten wir ihn jetzt, auf der Suche nach mir wieder am Hotel ankam, dann<br />
aber wieder von dem hoteleignen Hund verscheucht wurde. Jetzt war es um uns<br />
geschehen. Aber mir war auch klar, dass wir keinen 3. Hund mit auf die Reise<br />
nehmen konnten. Der Hänger reicht gerade für Momo und Sammy und außerdem ist<br />
<strong>Jack</strong> weder erzogen noch an uns oder das Reisen gewöhnt. Er ist ein Straßenhund.<br />
Ich schätzte ihn so auf max. 2 Jahr.<br />
Klaus zeigt mir die Filme und ich kann es nicht glauben.<br />
Also am nächsten Tag: wir gehen auf die Suche nach ihm. Morgens: Erfolglos.<br />
Abends: Erfolglos.<br />
Am nächsten Tag wollen wir abreisen. Katzenjammer und auch Klaus hat sich in den<br />
kleinen <strong>Jack</strong> verguckt.<br />
Also fahren wir noch mal los, mit den Rädern und einem Bild von <strong>Jack</strong> in meiner<br />
Kamera. Erfolglos, erfolglos, erfolglos, ERFOLG!<br />
Und noch ehe der Kioskbesitzer ausgesprochen hat, dass er weiß wo <strong>Jack</strong> wohnt,<br />
stürmt der Kleine schon auf Klaus zu, quer über die Strasse.<br />
Aber was nun? Wie sollen wir ihn mitnehmen?<br />
Ich habe keine Ahnung, also gehen wir erst mal zurück zum Hotel, mit ihm auf dem<br />
Arm, denn seine Leidenschaft das Autojagen, tiefer gelegt und gas gebend, die<br />
halten unsere Nerven nicht aus. Dort angekommen packen wir unsere Fahrräder,<br />
noch immer ratlos. Und da, da liegt eine Apfelsinenkiste. Die schnallen wir auf<br />
den Gepäckträger von Klaus, ich nehme dafür seine Tasche auf mein Fahrrad, <strong>Jack</strong><br />
bekommt Sammys Geschirr an und ab mit ihm in die Apfelsinenkiste, fest gezurrt<br />
mit der Leine. Die ersten Meter schieben wir und sind furchtbar aufgeregt.<br />
1 von 2 27.04.2010
Andrea Künstle & Klaus Breuer<br />
Fahrrad(welt)reise<br />
Dann die ersten Meter fahren. Er zappelt nur wenig. Ist ziemlich cool und schaut<br />
sich einfach um. Erst als wir uns weiter von seiner Stadt entfernen wird er<br />
unruhig.<br />
Die erste Nacht, die 2. Nacht, die 3. Nacht, ich skype mit meinen Eltern.<br />
Zeige ihnen über das SkypeVideo <strong>Jack</strong>. Wie wäre denn Weihnachten in Antalya und<br />
ihr nehmt einen Hund mit nach Hause? Was da alles in meinen Eltern vor sich ging<br />
weiß ich nicht, aber nach einigen bangen Tagen kam ihre Zusage <strong>Jack</strong> zu nehmen<br />
und Weihnachten in Antalya zu verbringen un ihren Osterurlaub zu stornieren. Das<br />
war die erste Hürde. Jetzt mussten Papiere und Impfungen her. Wir waren früh<br />
genug in Antalya um das alles zu regeln und <strong>Jack</strong> spielte wunderbar mit. Am<br />
Flughafen, die erste Begegnung meiner Eltern mit nun <strong>Wenno</strong>, der Name, den meine<br />
Eltern <strong>Jack</strong> gaben. Da waren sie nun, die neuen Freunde von <strong>Wenno</strong> und ließen ihn<br />
nicht mehr los. Und heute, 4 Monate später und nach unzähligen Skype Telefonaten<br />
wissen wir auch, dass sie dicke Freunde werden. Mit einigen Hürden, denn so ein<br />
türkischer Straßenjunge braucht einige Stunden in der Schule, aber die Drei<br />
schaffen das. Und in ein paar Wochen, da wird aus <strong>Wenno</strong> <strong>alias</strong> <strong>Jack</strong>, Capitän<br />
<strong>Wenno</strong>, denn dann fahren meine Eltern mit ihrem Schiff Richtung Schweden und<br />
<strong>Wenno</strong> darf vorne sitzen mit meinem Daddy und steuern.<br />
Die Angst um ihn, die Sorgen um unsere und seine Sicherheit, die teilweise<br />
wackligen Fahrten, die unruhigen Nächte, das extra Futter und nicht zu vergessen<br />
das Finden eines Hotels bei Sturm und Gewitter mit einem 3. Hunde, haben wir<br />
nicht vergessen, aber wir haben so gehandelt, wie es auf dieser Reise jeden Tag<br />
der beste Weg ist: Schritt für Schritt, nicht über die Problem übermorgen nach<br />
gedacht, sondern die aktuellen Aufgaben gelöst. Und wir hatten Glück! <strong>Wenno</strong><br />
hatte Glück! Jetzt sehen wir ihn auf der anderen Seite im Skypevideo.<br />
Nachtrag: Die Reise im Flugzeug hat <strong>Wenno</strong> wunderbar überstanden und alle<br />
Untersuchungen in Deutschland haben ergeben, dass <strong>Wenno</strong> 100% gesund ist.<br />
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