STAHL + TECHNIK 11 2019 Leseprobe
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STAHL + TECHNIK 11 2019 Leseprobe
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Ausgabe November <strong>2019</strong><br />
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Willkommen auf dem HÜTTENTAG,<br />
dem neuen Treffpunkt der Stahlindustrie!<br />
unter dem Motto „Tradition bewahren, Zukunft gestalten“ feiert am 7. November unser<br />
HÜTTENTAG in der Messe Essen seine Premiere. Der fachliche Austausch und das<br />
Networking in der Stahlbranche haben von jeher eine lange Tradition, die wir durch<br />
unseren neuen HÜTTENTAG mit frischen Akzenten versehen und mit einem abwechslungsreichen<br />
Programm in einer außergewöhnlichen Location fortsetzen. So soll der<br />
HÜTTENTAG in Essen zum neuen, jährlichen Treffpunkt der Stahlindustrie werden.<br />
Der HÜTTENTAG in Essen ist eine gemeinsame Veranstaltung der DVS Media GmbH<br />
und der Messe Essen GmbH. Unser gemeinsames Ziel ist es, die Branche zusammenzubringen<br />
und aktuelle Fragestellungen der Stahlindustrie in den Fokus zu rücken. Der<br />
HÜTTENTAG <strong>2019</strong> richtet sich daher nicht nur an Experten, sondern an alle Interessierten<br />
aus der Stahlindustrie und bietet ein entsprechend breit gefächertes Programm.<br />
Ein wichtiger Themenschwerpunkt ist dabei die CO 2 -freie Stahlerzeugung, aber auch<br />
andere aktuelle Themen wie die Digitalisierung oder die Additive Fertigung werden auf<br />
dem HÜTTENTAG <strong>2019</strong> in Keynotes, einer interessanten Podiumsdiskussion und Fachvorträgen<br />
in den Fokus gerückt. Eine begleitende Fachausstellung sowie der gesellige<br />
Hüttenabend laden zum Dialog und Netzwerken ein.<br />
Die Redaktion freut sich<br />
darauf, viele Leser und<br />
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6 | INHALT<br />
Kurznachrichten<br />
8 thyssenkrupp: Personelle<br />
Veränderungen an der Spitze<br />
des Unternehmens<br />
10 Dillinger und Saarstahl<br />
richten sich neu aus und<br />
bauen Stellen ab<br />
<strong>11</strong> Machbarkeitsstudie zur<br />
Produktion von klimafreundlichem<br />
Wasserstoff<br />
12 thyssenkrupp Rasselstein<br />
modernisiert Tandemstraße<br />
15 voestalpine steigert<br />
Forschungsbudget erheblich<br />
Statements<br />
28 ArcelorMittal Hamburg: Mit<br />
Windkraft und Wasserstoff<br />
zu grünem Stahl<br />
31 Max Aicher: Nachhaltige<br />
Stahlproduktion, Recycling<br />
und Umweltschutz in Bayern<br />
36 Primetals Technologies: Die<br />
Zukunft der Stahlerzeugung<br />
ist grün<br />
40 Paul Wurth: Eine Industrie im<br />
Wandel<br />
44 Inteco: Potenziale erkennen<br />
und zu Stärken entwickeln<br />
48 LOI Thermprocess:<br />
Vergütung trifft auf<br />
Metallurgie<br />
Neues aus der Industrie<br />
50 Steel meets Refractory<br />
erfolgreich gestartet<br />
51 thyssenkrupp baut<br />
Entwicklungszentrum für<br />
Windkraft weiter aus<br />
40<br />
52 Oxygenstahlwerk in<br />
Duisburg-Bruckhausen feiert<br />
50-jähriges Jubiläum<br />
Technik<br />
54 Moderne Verkokungstechnologien<br />
zur Erzeugung von<br />
hochqualitativem Koks<br />
60 Die Stahlindustrie erhöht<br />
den Druck<br />
64 Neue Haubensysteme zur<br />
nachhaltigen Produktion von<br />
Schmiedeblöcken<br />
68 Lernendes Stahlwerk<br />
ermöglicht hochflexible,<br />
hochrentable<br />
Bandproduktion<br />
78 Ausfallzeiten minimieren<br />
durch smarte<br />
Bolzentechnologie<br />
84 Flexible Vernetzungsmöglichkeiten<br />
für Industrie 4.0<br />
88 Oberflächenqualität: Defekte<br />
zuverlässiger klassifizieren<br />
92 Sekundärrohstoffe schonen<br />
natürliche Ressourcen<br />
Stahlverarbeitung<br />
94 Ringtrennmaschine wird zum<br />
Bearbeitungszentrum<br />
96 Servopresse in kompakter<br />
Bauweise mit Quer- statt<br />
Längswellenantrieb<br />
98 Schnelle Wirbelbetttechnik<br />
sichert hohe<br />
Werkzeug qualität<br />
99 Brikettieren optimiert die<br />
Spänelogistik<br />
100 Bremsscheiben effektiv<br />
schützen durch neues<br />
Beschichtungsverfahren<br />
104 Neuartige Beschichtung für<br />
robustere Wälzlagerringe<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
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INHALT | 7<br />
78<br />
84<br />
Wirtschaft<br />
106 Künstliche Intelligenz<br />
systematisch in die<br />
Produktion einführen<br />
Stahlhandel<br />
<strong>11</strong>0 Verschiedene Produktivitätssteigerungen<br />
im Stahlhandel<br />
Karriere<br />
<strong>11</strong>2 Die Krise, den Umbruch als<br />
Chance nutzen<br />
Rubriken<br />
3 Editorial<br />
8 Personalien<br />
8 Kurznachrichten<br />
22 Internationale News<br />
109 Firmenschriften<br />
<strong>11</strong>6 Recht<br />
121 Terminkalender<br />
122 Inserentenverzeichnis<br />
122 Vorschau, Impressum<br />
Titelbild:<br />
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Panorama<br />
<strong>11</strong>7 Bergbau und Metallverarbeitung<br />
in Sulzbach-Rosenberg<br />
120 Neue Münze mit grünem<br />
Polymerring angeprägt<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
8 | PERSONALIEN, KURZNACHRICHTEN<br />
thyssenkrupp: Personelle Veränderungen an der Spitze des Unternehmens<br />
Martina Merz hat am 1. Oktober den Vorstandsvorsitz<br />
(CEO) der thyssenkrupp AG<br />
übernommen. Das hat der Aufsichtsrat<br />
der thyssenkrupp AG in einer außerordentlichen<br />
Sitzung Ende September einstimmig<br />
beschlossen.<br />
Guido Kerkhoff beendet sein Vorstandsmandat<br />
bei thyssenkrupp und übergibt<br />
den Vorsitz an Martina Merz (Foto:<br />
thyssenkrupp)<br />
Die bisherige Aufsichtsratsvorsitzende<br />
wird für eine Dauer von maximal zwölf<br />
Monaten in den Konzernvorstand entsandt,<br />
danach kehrt sie in den Aufsichtsrat<br />
zurück. Mit dem bisherigen CEO Guido<br />
Kerkhoff hat sich der Aufsichtsrat auf<br />
die einvernehmliche Auflösung seines<br />
Vorstandsmandats geeinigt.<br />
Mit der Entsendung von Martina Merz<br />
ist der Aufsichtsrat den Empfehlungen des<br />
Personalausschusses gefolgt. Außerdem<br />
hat der Aufsichtsrat mit Wirkung zum<br />
1. Oktober Dr. Klaus Keysberg in den Vorstand<br />
der thyssenkrupp AG bestellt. Keysberg,<br />
der im Konzernvorstand für die Materialgeschäfte<br />
verantwortlich sein wird, ist<br />
seit 1996 in verschiedenen Funktionen bei<br />
thyssenkrupp tätig, seit Anfang des Jahres<br />
als CEO der Business Area Materials<br />
Services. Diesen Posten wird er bis zur<br />
Bestellung eines Nachfolgers in Personalunion<br />
weiter ausüben.<br />
Nachfolger von Martina Merz an der<br />
Spitze des Aufsichtsrats wird Prof. Dr.<br />
Siegfried Russwurm. Der ehemalige Siemens-Vorstand<br />
gehört dem Aufsichtsrat<br />
seit April <strong>2019</strong> an.<br />
Carsten Spohr hat dem Vorstand der<br />
thyssenkrupp AG Ende September mitgeteilt,<br />
dass er mit sofortiger Wirkung<br />
sein Mandat als Mitglied des Aufsichtsrats<br />
der thyssenkrupp AG niederlegt. Die<br />
Niederlegung erfolgt, um das Entstehen<br />
einer Überkreuzverflechtung (§ 100 Abs.<br />
2 Satz 1 Nr. 3 AktG) in Folge der Bestellung<br />
von Martina Merz zur Vorstandsvorsitzenden<br />
der thyssenkrupp AG auszuschließen.<br />
Martina Merz ist seit 2016<br />
Mitglied des Aufsichtsrats der Deutsche<br />
Lufthansa AG. Carsten Spohr gehörte<br />
dem Aufsichtsrat der thyssenkrupp AG<br />
seit 2013 an. Mit seiner Niederlegung<br />
ermöglicht er es, dass Martina Merz zur<br />
Vorsitzenden des Vorstands der<br />
thyssenkrupp AG berufen werden und<br />
gleichzeitig im Aufsichtsrat der Deutsche<br />
Lufthansa AG verbleiben kann.<br />
Ein Grund für die Demissionierung des<br />
Vorstandsvorsitzenden Guido Kerkhoff<br />
wurde vom Unternehmen nicht benannt.<br />
In verschiedenen Presseberichten wurde<br />
über Differenzen zwischen dem Vorstandsvorsitzenden<br />
und dem Aufsichtsrat<br />
bezüglich einer Sonderdividende nach<br />
dem Verkauf der Aufzugssparte des Unternehmens<br />
gemutmaßt.<br />
G. Kerkhoff stand erst seit Juli 2018 an<br />
der Spitze des Vorstands von thyssenkrupp,<br />
nachdem Heinrich Hiesinger den<br />
Vorstandsvorsitz niedergelegt hatte. Davor<br />
war Kerkhoff seit April 20<strong>11</strong> Mitglied des<br />
Vorstands und CFO der thyssenkrupp AG.<br />
Die im Mai <strong>2019</strong> angekündigte und vom<br />
Aufsichtsrat einstimmig beschlossene<br />
Neuausrichtung des Konzerns werde konsequent<br />
fortgesetzt, verkündete das<br />
Unternehmen Ende September. Die drei<br />
Schwerpunkte „Performance first“, „flexibles<br />
Portfolio“ und „effiziente Organisation“<br />
stünden dabei im Mittelpunkt.<br />
• thyssenkrupp, Handelsblatt, Rheinische<br />
Post<br />
Wirtschaftsvereinigung Stahl sieht Entscheidungen des Klimakabinetts kritisch<br />
Die Wirtschaftsvereinigung Stahl sieht<br />
den Beschluss des Klimakabinetts vom<br />
20. September, sich für einen Mindestpreis<br />
im europäischen Emissionsrechtehandel<br />
(EU-ETS) einzusetzen, mit Sorge.<br />
Die Stahlindustrie in Deutschland und<br />
Europa ist in der kommenden Handelsperiode<br />
2021 bis 2030 mit einer massiven<br />
Minderzuteilung von durchschnittlich 20 %<br />
der Emissionen sogar für die effizientesten<br />
Anlagen konfrontiert. „Der Kauf von Zertifikaten<br />
und höhere Strompreise drohen zu<br />
massiven internationalen Wettbewerbsnachteilen<br />
zu führen und sind auch ein gravierendes<br />
Hemmnis für Klimaschutzinvestitionen.<br />
Ein europäischer Mindestpreis<br />
könnte dieses Problem deutlich verschärfen“,<br />
warnt Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident<br />
der Wirtschaftsvereinigung Stahl.<br />
Zudem würde die langfristig angestrebte<br />
Erweiterung des EU-ETS um die Sektoren<br />
Verkehr und Gebäude zu einer erheblichen<br />
Steigerung des Zertifikatspreises führen.<br />
„Statt den EU-Emissionsrechtehandel<br />
weiter zu verschärfen, sollte sich die Bundesregierung<br />
dringend für eine vollumfassende<br />
Kompensation der emissionshandelsbedingten<br />
Strompreissteigerungen<br />
einsetzen“, fordert Kerkhoff.<br />
Mit Blick auf die Industrie fordert die<br />
Wirtschaftsvereinigung Stahl darüber hinaus<br />
einen Perspektivwechsel. „Die politische<br />
Debatte hat sich in den vergangenen<br />
Wochen und Monaten fast ausschließlich<br />
auf die Frage einer CO 2 -Bepreisung für<br />
Sektoren wie Verkehr und Gebäude konzentriert.<br />
Nun müssen verstärkt die<br />
politischen Rahmenbedingungen für die<br />
Klimaschutzanstrengungen der energieintensiven<br />
Industriebranchen in den Blick<br />
genommen werden“, erklärt Kerkhoff.<br />
„Die Stahlindustrie in Deutschland will<br />
einen wichtigen Beitrag zum Erreichen der<br />
Klimaziele erbringen. Es sollten deshalb<br />
zügig politische Instrumente erarbeitet<br />
werden, mit denen Klimaschutzinvestitionen,<br />
wie die Einführung von CO 2 -armen<br />
Produktionsverfahren in der Stahlindustrie,<br />
wirksam flankiert und gefördert werden<br />
können“, so der Verbandspräsident.<br />
• Wirtschaftsvereinigung Stahl<br />
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10 | KURZNACHRICHTEN<br />
Dillinger und Saarstahl richten sich neu aus und bauen Stellen ab<br />
Dillinger und Saarstahl haben eine integrierte<br />
Strategie zum Umbau zur CO 2 -<br />
freien Produktion mit dem Ziel einer<br />
zweistelligen Profitabilität bekannt<br />
gegeben. Grundlage dafür sind Kosteneinsparungen<br />
in Höhe von 250 Mio. € und<br />
ein Stellenabbau von 1.500 Stellen sowie<br />
ein Outsourcing von 1.000 Stellen.<br />
Die Unternehmen der saarländischen Stahlindustrie planen Kosteneinsparungen in<br />
Höhe von 250 Mio. € (Foto: Dillinger)<br />
Die saarländische Stahlindustrie richtet<br />
sich neu aus. „Wir produzieren hervorragende<br />
Stähle, die zu den besten der Welt<br />
gehören und die bei unseren Kunden<br />
gefragt sind. Unsere Produkte werden wir<br />
gemeinsam mit unseren Kunden weiterentwickeln.<br />
Wir werden eine umfassende<br />
Vertriebsoffensive starten. Das Engagement<br />
unserer Mitarbeiter ist hoch. Gleichzeitig<br />
haben wir im Vergleich zum Wettbewerb<br />
zu hohe Kosten. Wir werden<br />
unsere Strukturen und Prozesse entsprechend<br />
in den nächsten Monaten anpassen.<br />
Ziel ist eine zweistellige Profitabilität,<br />
die uns ausreichend Spielraum für Wachstumsinvestitionen<br />
gibt. Darüber hinaus<br />
richten wir das Gesamtunternehmen auf<br />
CO 2 -freie Technologien aus. Gleichzeitig<br />
erwarten wir von der Politik einen fairen<br />
Wettbewerbsrahmen und die kurzfristige<br />
Zurverfügungstellung ausreichender Mittel,<br />
um den Transferprozess umsetzen zu<br />
können. Wir wollen, dass die modernste<br />
Stahlindustrie hier im Saarland steht“, so<br />
Tim Hartmann, Vorstandsvorsitzender von<br />
Dillinger und Saarstahl.<br />
Die anhaltende strukturelle Krise auf<br />
dem globalen Stahlmarkt und die teilweisen<br />
konjunkturellen Nachfragerückgänge<br />
in einigen Segmenten wie der Automobilindustrie<br />
und dem Maschinenbau sowie<br />
die steigenden Kosten des CO 2 -Zertifikatesystems<br />
haben die Unternehmen dazu<br />
veranlasst, einen integrierten Strategieprozess<br />
aufzusetzen, um Maßnahmen zur<br />
Zukunftssicherung zu erarbeiten und auf<br />
den Weg zu bringen. Ende September<br />
wurden erste Ergebnisse aus dem laufenden<br />
Strategieprozess den Aufsichtsgremien<br />
der Unternehmen vorgestellt. Ebenso<br />
fanden Informationsveranstaltungen<br />
statt, um den Mitarbeitern die Strategie zu<br />
erläutern.<br />
Die Unternehmen haben das Ziel<br />
gesetzt, Kosten in Höhe von 250 Mio. €/a<br />
einzusparen. Davon sollen 60 % über Einsparungen<br />
im Material- und Fremdleistungsaufwand<br />
und 40 % im Personalaufwand<br />
erreicht werden. Damit seien ein<br />
Abbau von 1.500 Stellen sowie ein Outsourcing<br />
von 1.000 Stellen im Saarland<br />
verbunden.<br />
Die stellenbezogenen Maßnahmen sollen<br />
u.a. über Änderungen der Prozesse und<br />
Strukturen sowie über die Steigerung der<br />
Produktivität, durch die Abschaffung von<br />
Doppelstrukturen und durch Schließung<br />
oder Auslagerung von Bereichen erreicht<br />
werden. Die genannten Personalmaßnahmen<br />
sollen sozial verträglich in den nächsten<br />
drei Jahren umgesetzt werden. Die<br />
Unternehmen seien bereit, unter der<br />
Bedingung einer einvernehmlichen Regelung<br />
zu entsprechenden Instrumenten, auf<br />
betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten.<br />
Mit den Mitbestimmungsgremien sollen<br />
diesbezüglich kurzfristig Gespräche<br />
aufgenommen werden. Die Saarstahl AG<br />
fährt seit September bereits Kurzarbeit.<br />
„Zum ersten Mal haben gemeinsam<br />
besetzte Expertenteams von Saarstahl,<br />
Dillinger und SHS die strategischen Ziele<br />
für die Zukunft erarbeitet“, erklärte Tim<br />
Hartmann, und weiter: „Ergebnis aus dem<br />
Prozess sind klar definierte Ziele und ein<br />
detaillierter Maßnahmenplan für die nächsten<br />
Jahre. Wir sind davon überzeugt, dass<br />
es uns damit gelingen wird, die dargestellten<br />
Herausforderungen zu meistern und<br />
uns zukunftssicher zu machen.“<br />
Ein zentraler Baustein ist eine offensive<br />
Neuausrichtung der Geschäftsstrategie,<br />
die eine konsequente Steuerung in Richtung<br />
innovativer und hochqualitativer Produkte<br />
für die Kunden vorsieht. Die aufgesetzten<br />
Maßnahmen tragen dazu bei,<br />
robuster, profitabler und zukunftsorientierter<br />
zu werden. Im Rahmen der laufenden<br />
Erarbeitung einer CO 2 -Strategie werden<br />
Optionen für den schrittweisen Umbau zur<br />
CO 2 -freien Produktion entwickelt. Hier fordern<br />
die Unternehmen von der Politik,<br />
dass sehr schnell eine klare Planbarkeit<br />
und ein Rahmen für einen fairen Wettbewerb<br />
sowie für die erforderlichen Fördermittel<br />
geschaffen werden.<br />
„Wir stehen zu dem Generationenvertrag<br />
und brauchen die Unterstützung und<br />
den Willen aller Mitarbeiter, die Herausforderungen<br />
anzunehmen und die Transformation<br />
mit Mut und Entschlossenheit mitzugestalten“,<br />
bekräftigte Tim Hartmann.<br />
• Dillinger, Saarstahl und SHS Holding<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
KURZNACHRICHTEN | <strong>11</strong><br />
Machbarkeitsstudie zu<br />
klimafreundlichem<br />
Wasserstoff gestartet<br />
Der Stahlhersteller thyssenkrupp Steel<br />
Europe, das norwegische Energieunternehmen<br />
Equinor und die Erdgasfernleitungsnetzbetreiberin<br />
Open Grid Europe<br />
haben eine gemeinsame Machbarkeitsstudie<br />
gestartet. Diese soll Wege für die<br />
dekarbonisierte Produktion von „blauem“<br />
Wasserstoff auf Basis von Erdgas<br />
sowie die Versorgung des größten deutschen<br />
Stahlwerks in Duisburg mit diesem<br />
Wasserstoff prüfen.<br />
Ausgangspunkt der Studie ist die Produktion<br />
von Wasserstoff aus Erdgas und die<br />
dauerhafte Offshorespeicherung des<br />
dabei entstehenden Kohlendioxids, möglicherweise<br />
im Rahmen des von Equinor<br />
betriebenen Speicherprojekts „Northern<br />
Lights“ auf dem norwegischen Schelf. In<br />
der Studie werden mehrere Optionen für<br />
die Gewinnung und den Transport von<br />
Wasserstoff zum thyssenkrupp-Standort<br />
sowie Optionen für den Transport und die<br />
Speicherung von Kohlendioxid untersucht.<br />
Open Grid Europe (OGE) wird ihr Wissen<br />
über die Weiterleitung und den Transport<br />
von Gasen in die Studie einbringen.<br />
„Wir betrachten Wasserstoff als den<br />
Schlüssel zu einer klimafreundlichen<br />
Zukunft. Wir begrüßen daher auch die<br />
Absicht der Bundesregierung, eine bundesweite<br />
Wasserstoffstrategie auf den<br />
Weg zu bringen“, so Dr. Arnd Köfler,<br />
Mitglied des Vorstands und Produktionsverantwortlicher<br />
von thyssenkrupp<br />
Steel Europe. „Langfristig besteht<br />
unser Ziel darin, die Nutzung von Wasserstoff<br />
aus erneuerbaren Energien zu<br />
erhöhen.“<br />
Equinor ist sich der Bedeutung von<br />
Wasserstoff für den Übergang zu einer<br />
kohlenstoffarmen Gesellschaft bewusst.<br />
„Neue Märkte und neue Technologien entstehen.<br />
Wir wollen diese Chancen nutzen”,<br />
betonte Stephen Bull, Senior Vice<br />
President Wind and Low Carbon Solutions<br />
bei Equinor. „Wir sondieren verschiedene<br />
neue Geschäftsideen, die auf die Reformierung<br />
von Erdgas in Wasserstoff und<br />
die Kohlenstoffabtrennung und -speicherung<br />
unter dem Meeresboden setzen. So<br />
können wir unsere Kunden in den Sektoren<br />
Energie, Industrie, Transport und Wärme<br />
dabei unterstützen, ihre Klimaziele zu<br />
erreichen.”<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong><br />
Sicherheits-<br />
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12 | KURZNACHRICHTEN<br />
„Wasserstoff ist eine echte Chance,<br />
um Klimaneutralität zu erreichen. Um das<br />
Potenzial zu nutzen, müssen wir die<br />
Wasserstofftechnologie aktiv weiterentwickeln<br />
und in wirtschaftlich tragfähige<br />
Geschäftsmodelle entlang der gesamten<br />
Wertschöpfungskette überführen.<br />
Die Politik sollte dies mit einem modernen<br />
ordnungspolitischen und regulatorischen<br />
Rahmen fördern, der auf die<br />
Klimaschutzziele einzahlt“, so Dr. Jörg<br />
Bergmann, Sprecher der Geschäftsführung<br />
von OGE.<br />
thyssenkrupp Steel Europe prüft mögliche<br />
Wege, um eine ausreichende Wasserstoffversorgung<br />
für die Umstellung der<br />
Stahlproduktion sicherzustellen und das<br />
Ziel von thyssenkrupp zu erreichen, bis<br />
2050 ein klimaneutrales Unternehmen zu<br />
werden. Das Unternehmen verfolgt derzeit<br />
zwei technologische Ansätze: zum einen<br />
die Vermeidung von Kohlendioxidemissionen<br />
durch Einblasen von Wasserstoff<br />
anstelle von Kohlenstaub in seine Hochöfen<br />
und die Verwendung von Wasserstoff<br />
zur Herstellung von Eisenschwamm.<br />
Zum anderen Carbon2Chem: Dabei<br />
handelt es sich um ein Verfahren zur<br />
Abscheidung und Weiterverarbeitung von<br />
Kuppelgasen zu nachhaltigen Chemikalien.<br />
Das Verfahren basiert auf der technologischen<br />
Kompetenz von thyssenkrupp<br />
Industrial Solutions im Bereich<br />
alkalische Wasserelektrolyse und nachgelagerten<br />
Prozessschritten.<br />
• thyssenkrupp Steel Europe<br />
thyssenkrupp Rasselstein modernisiert Tandemstraße mit Ölauftragssystem<br />
thyssenkrupp Rasselstein GmbH hat der<br />
SMS group den Auftrag über die<br />
Modernisierung des Ölauftragssystems<br />
der sechsgerüstigen Kalt-Tandemstraße<br />
Nr. 2 erteilt.<br />
Mit der aktuellen Modernisierung durch<br />
die SMS group möchte thyssenkrupp<br />
Rasselstein das Ölauftragssystem der<br />
Kalt-Tandemstraße auch an die zukünftig<br />
kontinuierlich steigenden Marktanforderungen<br />
bezüglich Produktqualität anpassen<br />
und damit ihre Marktposition weiter<br />
ausbauen. Die sechsgerüstige Kalt-Tandemstraße<br />
Nr. 2 galt bei ihrer Inbetriebnahme<br />
im Jahr 1971 als modernste<br />
Kaltwalzanlage dieses Typs in der Bundesrepublik<br />
Deutschland. Sie verfügte bereits<br />
über einen hohen Automatisierungsgrad<br />
und erzielte bei Walzgeschwindigkeiten bis<br />
zu 2.400 m/min sehr gute Bandqualitäten.<br />
Mit der Modernisierung soll ein hohes<br />
Maß an Flexibilität in Bezug auf die Steuerung<br />
und Regelung verschiedenster prozessbeeinflussender<br />
Parameter zur Erzeugung<br />
modernster Endprodukte erzielt<br />
werden. Neben der konstruktiven Auslegung,<br />
der Lieferung der mechanischen Einrichtungen<br />
sowie der Elektrik und Automation<br />
sind die Demontage des Altsystems<br />
sowie die Montage und Inbetriebnahme<br />
der neuen Einrichtungen Auftragsbestandteil<br />
der SMS group und der Lux Automation<br />
GmbH, einem Unternehmen der SMS<br />
group. Die Modernisierung der Tandemstraße<br />
soll in zwei Baustufen realisiert werden.<br />
Die Inbetriebnahme der zweiten Baustufe<br />
ist für 2021 geplant.<br />
• SMS group<br />
Die sechsgerüstige Tandemstraße der<br />
thyssenkrupp Rasselstein GmbH erhält<br />
von SMS group ein neues, prozessoptimiertes<br />
Ölauftragssystem (Foto: thyssenkrupp<br />
Rasselstein)<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
KURZNACHRICHTEN | 13<br />
Dritte Tuchfilteranlage für die Sinteranlagen bei thyssenkrupp in Duisburg nimmt Form an<br />
Der Klimawandel beherrscht die Schlagzeilen<br />
und stellt andere Umweltthemen<br />
in den Schatten. Neben CO 2 sind aber<br />
auch andere Stoffe ein wichtiges Thema<br />
beim Umweltschutz. Dazu gehört etwa<br />
Feinstaub, der u.a. an Sinteranlagen in<br />
der Stahlproduktion entsteht.<br />
Deswegen hat thyssenkrupp Steel am<br />
Standort Duisburg insgesamt rd. 100<br />
Mio. € in ein Tuchfilterprojekt investiert,<br />
um die Abluft der Sinteranlage zu reinigen.<br />
Schon im Frühjahr 2020 soll dann auch die<br />
letzte von drei Tuchfilteranlagen in den<br />
Betrieb gehen. Beim Bau dieser Anlage<br />
wurde nun ein weiterer Teil des Filters in<br />
Position gebracht: mit einem Gewicht von<br />
17 t keine leichte Aufgabe, für die zwei große<br />
80- und 220-t-Krane bereitstanden.<br />
Beim „Sintern“ werden Eisenerze mit<br />
Koks und anderen Stoffen wie Kalk vermischt,<br />
auf rd. 1.200 °C erhitzt und zusammengebacken.<br />
Um den Koks zu verbrennen,<br />
wird mit großen Gebläsen Luft durch<br />
die Mischung gesaugt. Dabei ist Staub-<br />
Ein Kran bringt das 17 t schwere Teil des Filters in Position (Foto: thyssenkrupp Steel<br />
Europe)<br />
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<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
14 | KURZNACHRICHTEN<br />
bildung unvermeidlich. Den größten Teil<br />
dieses Staubs fangen üblicherweise Elektrofilter<br />
ein – mit den großen Tuchfilteranlagen<br />
setzt thyssenkrupp nach eigenen<br />
Angaben aber neue Maßstäbe bei der<br />
Luftreinigung und fängt auch kleinste<br />
Staubpartikel ein.<br />
Die Sinteranlage im Duisburger Norden<br />
besteht aus drei Bändern. Ein Tuchfilter für<br />
das kleinste Band ist bereits seit 20<strong>11</strong> in<br />
Betrieb, 2017 wurde die Filteranlage am<br />
größten der drei Bänder in Betrieb genommen.<br />
Jetzt folgt Band Nummer drei. „Die<br />
Tuchfilteranlage am Standort Duisburg ist<br />
eine der weltweit größten und effektivsten<br />
Anlagen dieser Art“, sagte Projektleiter<br />
Tibor Hänsel. „In wenigen Monaten endet<br />
dann sehr erfolgreich eines unserer größten<br />
Projekte für saubere Luft.“<br />
„Die Investitionen zahlen sich aus,<br />
denn die Tuchfilteranlagen bedeuten insgesamt<br />
einen großen Schritt bei der Verbesserung<br />
der Luftqualität“, sagte Andreas<br />
Theuer, Leiter des Bereichs<br />
Umwelt- und Klimaschutz bei thyssenkrupp<br />
Steel. Die Grenzwerte für Feinstaub<br />
werden damit übererfüllt. „Wir reinigen die<br />
Luft zu 99,9 % von Feinstaub“, so Theuer.<br />
Diese deutliche Verbesserung der Luftqualität<br />
in der unmittelbaren Nachbarschaft<br />
ist zugleich ein wichtiger Beitrag für<br />
die Umwelt im Ruhrgebiet und ein klares<br />
Bekenntnis zum Standort Duisburg.<br />
• thyssenkrupp Steel Europe<br />
Salzgitter liefert Stahlrohre für das Baltic-Pipe-Projekt<br />
Salzgitter Mannesmann International<br />
GmbH (SMID) hat einen Großauftrag in<br />
Dänemark erhalten. Tochter- und Beteiligungsgesellschaften<br />
des Salzgitter-<br />
Konzerns produzieren und liefern die rd.<br />
30.000 t Stahlrohre und 90 Rohrbögen<br />
für das Baltic-Pipe-Projekt.<br />
Hierbei handelt es sich um ein bedeutendes<br />
europäisches Gasinfrastrukturprojekt,<br />
das norwegisches Erdgas via Dänemark<br />
nach Polen transportieren wird. Die EU<br />
unterstützt dieses Vorhaben zur Diversifizierung<br />
des europäischen Gasmarkts mit<br />
finanziellen Mitteln.<br />
Die Rohre werden von den Gesellschaften<br />
Mannesmann Grossrohr (rd.<br />
24.000 t) und Europipe (rd. 6.000 t), die<br />
Rohrbögen von Salzgitter Mannesmann<br />
Grobblech produziert. Das Vormaterial<br />
wie Brammen für Bleche und Warmbandcoils<br />
stellen weitere Tochter- und Beteiligungsgesellschaften<br />
des Salzgitter-Konzerns<br />
bereit.<br />
Salzgitter Mannesmann International<br />
GmbH verantwortet die komplette Projektkoordination<br />
von der Angebotserstellung<br />
bis hin zur Auftragsabwicklung. Zudem<br />
stellt sie die gesamte Lieferkette sicher<br />
und übernimmt Aufgaben mit namhaften<br />
Finanzdienstleistern.<br />
Salzgitter Mannesmann International<br />
wird von Januar bis März 2020 Rohre und<br />
Rohrbögen für das Baulos 2 des Projekts<br />
an den Kunden Energinet ausliefern.<br />
Gemeinsam mit Partnern aus den Bereichen<br />
Lkw, Bahn und Seeschiff ist SMID<br />
für die umfangreiche Projektlogistik inklusive<br />
der Bereitstellung und Einstapelung<br />
der Rohre und Rohrbögen auf die 24 verschiedenen<br />
Lagerplätze entlang des Trassenverlaufs<br />
verantwortlich.<br />
Trassenverlauf der Baltic Pipe (Bild: Baltic Pipe Project)<br />
• Salzgitter<br />
voestalpine platziert erstmals Nachhaltigkeitskredit<br />
Die voestalpine hat erstmals einen syndizierten<br />
Nachhaltigkeitskredit (Environmental<br />
Social Governance, ESG) über<br />
1 Mrd. € bei ihren 13 wichtigsten Bankpartnern<br />
erfolgreich platziert. Dieser<br />
Nachhaltigkeitskredit hat eine Laufzeit<br />
bis 2024 und ersetzt den bisherigen syndizierten<br />
– also über mehrere Banken<br />
finanzierten – Kredit.<br />
Der Technologiekonzern ist damit eines<br />
der ersten Unternehmen seiner Branche,<br />
das einen solchen ESG-basierten Konsortialkredit<br />
begibt, dessen Verzinsung u.a. an<br />
die Nachhaltigkeitsperformance des Konzerns<br />
gekoppelt ist. Das ESG-Rating<br />
erfolgt durch die global führende ESG-Rating-Agentur<br />
Sustainalytics, die seit über<br />
25 Jahren die Nachhaltigkeit von Unternehmen<br />
bewertet.<br />
Die Kosten der Finanzierung sind an die<br />
Entwicklung des ESG-Ratings gebunden.<br />
Verschlechtert sich das Nachhaltigkeitsrating,<br />
steigen die Kosten des Kredites,<br />
verbessert sich das Nachhaltigkeitsrating,<br />
sinken die Kreditkosten. Damit unterstreicht<br />
die voestalpine ihre Nachhaltigkeitsanstrengungen.<br />
Der Konzern sieht<br />
sich bereits seit Jahrzehnten als Umweltund<br />
Effizienzbenchmark der Branche. Die<br />
voestalpine habe allein in den vergangenen<br />
Jahren mehr als 2 Mrd. € im Umweltbereich<br />
aufgewendet. Im Geschäftsjahr<br />
2018/19 beliefen sich die laufenden<br />
Betriebsaufwendungen für Umweltschutzanlagen<br />
auf 299 Mio. € und die<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
KURZNACHRICHTEN | 15<br />
umweltrelevanten Investitionen auf 66<br />
Mio. €.<br />
Ziel des Konzerns ist es, in Zukunft<br />
von Kohle über nachfolgende Brückentechnologien<br />
zu einer möglichst flächendeckenden<br />
Anwendung von<br />
CO 2 -neutralen Energieträgern zu gelangen.<br />
Ein Beispiel in diese Richtung<br />
stellt der Bau einer der weltweit größten<br />
Pilotanlagen zur CO 2 -freien Herstellung<br />
von Wasserstoff am Standort Linz<br />
dar.<br />
• voestalpine<br />
voestalpine steigert Forschungsbudget auf 184 Millionen Euro im Geschäftsjahr <strong>2019</strong>/20<br />
Permanente Innovation ist für die<br />
voestalpine eine zentrale Voraussetzung,<br />
um auf internationalen und technologisch<br />
anspruchsvollen Märkten zu<br />
reüssieren. In den letzten zehn Jahren<br />
hat der Technologiekonzern sein Forschungsbudget<br />
kontinuierlich um insgesamt<br />
70 % gesteigert und gilt mit einem<br />
entsprechenden Etat von 184 Mio. € als<br />
eines der forschungsintensivsten Unternehmen<br />
Österreichs.<br />
Die Entwicklungsschwerpunkte liegen auf<br />
der forcierten Digitalisierung der gesamten<br />
Wertschöpfungskette, innovativen Konzepten<br />
für die Mobilitätsindustrie sowie für<br />
eine CO 2 -reduzierte Stahlproduktion. Die<br />
voestalpine beschäftigt weltweit über 700<br />
Forschungsmitarbeiter in 70 Konzerngesellschaften<br />
und zählt mehr als 3.000 eigene<br />
Patente.<br />
Die voestalpine hat sich auf Basis ihrer<br />
intensiven Forschungs- und Entwicklungstätigkeit<br />
in den letzten Jahren als Technologielieferant<br />
für die Automobil-, Bahninfrastruktur-,<br />
Luftfahrt-, Energie-, Werkzeugbau-<br />
und Konsumgüterindustrie etabliert.<br />
„Das aktuelle Forschungsbudget von 184<br />
Mio. €, das einer Zunahme von rd. 8 %<br />
gegenüber dem Vorjahr entspricht, zeigt<br />
einmal mehr den hohen Stellenwert auf,<br />
den Innovation im voestalpine-Konzern<br />
einnimmt. Auch in wirtschaftlich herausfordernden<br />
Zeiten werden wir konsequent<br />
in die Weiterentwicklung von neuen Produkten<br />
und Prozessen investieren, denn<br />
nur durch Spezialisierung und Qualität können<br />
wir unsere Position als weltweiter<br />
Player in anspruchsvollsten Produktsegmenten<br />
absichern“, so Herbert<br />
Eibensteiner, Vorstandsvorsitzender der<br />
voest alpine AG. Rund 100 Partner im Inund<br />
Ausland, darunter Universitäten, Fachhochschulen,<br />
Forschungsinstitute und<br />
Kompetenzzentren, bilden das wissenschaftliche<br />
Netzwerk der voestalpine. Darüber<br />
hinaus pflegt der Konzern intensive<br />
Entwicklungspartnerschaften mit seinen<br />
wichtigsten Kunden.<br />
„Sowohl produktions- als auch produktseitig<br />
eröffnen sich durch den Einsatz von<br />
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<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong><br />
THE SMART WAY TO METALS
16 | KURZNACHRICHTEN<br />
Rotorkomponenten für hocheffiziente E-Motoren (Foto: voestalpine)<br />
Künstlicher Intelligenz laufend neue technologische<br />
Möglichkeiten. In einem eigenen<br />
Konzernforschungsprojekt widmen wir uns<br />
daher seit diesem Jahr dem Thema ‚Digital<br />
Products‘, also der Weiter entwicklung einzelner<br />
Komponenten durch den Einbau von<br />
Sensoren und Aktoren zu digital vernetzten<br />
Systemen“, so Franz Androsch, Forschungschef<br />
des voest alpine-Konzerns.<br />
Prominentes Beispiel dafür sind die volldigitalisierten<br />
Weichen der voestalpine, die<br />
Wartungsbedarfe in Echtzeit an den Streckenbetreiber<br />
melden. Derzeit in Entwicklung<br />
befindet sich etwa auch ein smarter<br />
Weinbergpfahl, der Wetter- und Umgebungsdaten<br />
mittels App laufend an den<br />
Winzer meldet. Im Wachstumsmarkt der<br />
Elektromobilität entwickelt das Unternehmen<br />
nach der Markteinführung von Rotorkomponenten<br />
für hocheffiziente E-Motoren<br />
– sogenannten Elektrobandpaketen – derzeit<br />
einen modularen Batteriekasten für<br />
Elektroautos.<br />
Auf Prozessebene konzentrieren sich<br />
die Forschungsaktivitäten auf die zunehmende<br />
Vernetzung von Produktionsanlagen,<br />
an deren Ende eine durchgängige<br />
Datenerfassung von der Anlieferung des<br />
Rohstoffes bis zur Auslieferung des fertigen<br />
Teils stehen soll. Ein weiterer Fokus<br />
liegt auf der Additiven Fertigung<br />
(3-D-Druck), bei der hochkomplexe Metallteile<br />
auf Basis von Computermodellen<br />
schichtweise aufgebaut werden. Die<br />
voest alpine betreibt bereits weltweit fünf<br />
Forschungszentren für dieses zukunftsweisende<br />
Verfahren. Darüber hinaus setzt<br />
sich der Konzern angesichts der weltweiten<br />
Klimaziele intensiv mit möglichen Szenarien<br />
einer CO 2 -reduzierten Stahlproduktion<br />
auseinander. In verschiedenen<br />
Projekten werden Technologien entwickelt,<br />
um langfristig von der koks-/kohlebasierten<br />
Hochofenroute über Hybridlösungen<br />
hin zum Einsatz von grünem<br />
Wasserstoff zu gelangen.<br />
• voestalpine<br />
Bilstein startet Produktion von Kaltband mit neuem Breitbandwalzkonzept<br />
Mit der Fertigstellung des neuen, breiten<br />
Quarto-Reversier-Kaltwalzwerkes bei<br />
der Bilstein Group in Hagen-Hohenlimburg<br />
wird ein historischer Meilenstein in<br />
der Geschichte des Unternehmens<br />
gesetzt. Damit geht eine der weltweit<br />
fortschrittlichsten Breitbandwalzen für<br />
Kaltband in Betrieb. Das eröffnet Kunden<br />
völlig neue Möglichkeiten auch im Hinblick<br />
auf die Abmessungen des Vormaterials.<br />
Neubau Breitbandwalzwerk, Bilstein Werk I (Foto: Bilstein Group)<br />
Die Erfahrungen des Unternehmens mit<br />
dem bereits in Betrieb gegangenen breiten<br />
Walzgerüsts bei Bilstein Cold Rolled<br />
Steel im Werk Bowling Green in Kentucky,<br />
USA, sind in das neue Konzept eingeflossen.<br />
Kaltband ist damit ab sofort in<br />
Breiten bis zu 1.350 mm erhältlich, was<br />
den derzeitigen internationalen Standard<br />
von bis zu 650 mm signifikant erweitert.<br />
Zudem eröffnet die Digitalisierung neue<br />
Möglichkeiten der Prozessoptimierung.<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
KURZNACHRICHTEN | 17<br />
Investitionen in die Qualitätssicherungstechnik<br />
sorgen zusätzlich dafür, dass die<br />
hohen Standards der Bilstein Group bei<br />
allen Kundenaufträgen laufend verbessert<br />
werden.<br />
Marc T. Oehler, CEO und Gesellschafter<br />
der Bilstein Group, kommentiert dazu:<br />
„Die Fertigstellung eines der modernsten<br />
Reversier-Kaltwalzwerke überhaupt in Verbindung<br />
mit der neuen automatisierten<br />
und hochmodernen Längsteilanlage bei<br />
Bilstein in Hagen-Hohenlimburg wird der<br />
Bilstein Group einen Technologieschub im<br />
gesamten Fertigungsprozess bringen –<br />
einschließlich der internen Logistik und<br />
des Glühens. Die zahlreichen Neuerungen,<br />
die wir durch die Inbetriebnahme der neuen<br />
Anlage nutzen, gehen über die Erweiterung<br />
der Materialbreite hinaus und reichen<br />
von verbesserter Automatisierung<br />
bis hin zur weiteren Digitalisierung der<br />
Wertschöpfungskette.“<br />
„Fortschrittliche Technologie stand im<br />
Mittelpunkt dieses Projekts – eines der<br />
wichtigsten in der Geschichte des Unternehmens.<br />
Hochmoderne Anlagensysteme<br />
mit einem hohen Automatisierungsgrad<br />
eröffnen uns völlig neue Möglichkeiten,<br />
zukunftsfähige Produkte für unsere Kunden<br />
zu produzieren. Darüber hinaus stehen<br />
künftig modernste Anlagensteuerungselemente,<br />
wie z.B. der digitale Walzassistent,<br />
zur Verfügung, um mit einer Vielzahl<br />
zusätzlicher Daten die Digitalisierung des<br />
Produktionsprozesses weiter voranzutreiben.<br />
Diese Daten können u.a. für weitere<br />
Qualitätssteigerungen und eine bessere<br />
Wirtschaftlichkeit genutzt werden“,<br />
ergänzt Michael Ullrich, CTO der Bilstein<br />
Group.<br />
Die neuen Systeme für die Verarbeitung<br />
von Breitband bis 1.350 mm sind für eine<br />
Vielzahl verschiedener Anwendungen im<br />
Automobilbereich und in der verarbeitenden<br />
Industrie ausgelegt. Damit ergibt sich<br />
weiteres Potenzial zur Prozessoptimierung<br />
in der Produktion.<br />
• Bilstein<br />
thyssenkrupp Materials Services digitalisiert die<br />
Energiebeschaffung<br />
thyssenkrupp Materials Services, die<br />
Werkstoff- und Dienstleistungsexperten<br />
des thyssenkrupp-Konzerns, haben ihre<br />
Energiebeschaffung von Strom und Gas<br />
digitalisiert und können dadurch mehr<br />
Services und eine höhere Transparenz<br />
anbieten.<br />
Der herkömmliche Energieeinkauf braucht<br />
viel Erfahrung und vor allem Zeit für Ausschreibungen<br />
und den Preisvergleich von<br />
Angeboten. Durch die Zusammenarbeit<br />
mit einem spezialisierten Dienstleister<br />
können jetzt über 350 Abnehmer für Strom<br />
und 200 Stellen für Erdgas digital versorgt<br />
werden.<br />
Dirk Lieske, Einkaufsleiter Energie bei<br />
thyssenkrupp Materials Trading: „Durch<br />
die Digitalisierung aller energiewirtschaftlich<br />
relevanten Daten aus dem Konzern<br />
sind wir jetzt in der Lage, kurzfristige Ausschreibungen<br />
durchzuführen. Unserem<br />
kleinen Team ist es durch die Bündelung<br />
aller Bedarfe dabei gelungen, eine deutliche<br />
Kosteneinsparung für die gesamte<br />
Gruppe zu erzielen.“<br />
Neben dem Einsparpotenzial bietet der<br />
digitalisierte Einkauf weitere Möglichkeiten<br />
für die Werkstoffexperten von<br />
thyssenkrupp. Was früher eine aufwendige<br />
Recherche von Anbietern und Preisen<br />
bedeutete, ist heute zentral auf einer Plattform<br />
einsehbar. „Unser Dienstleister<br />
„enPortal“ bietet uns mit der Möglichkeit,<br />
über 600 geprüfte Energieversorger digital<br />
ansprechen zu können, einen transparenten<br />
Vergleich mit den börsengehandelten<br />
Strom- und Gaspreisen“, so Lieske.<br />
• thyssenkrupp Materials Services<br />
Mit der Digitalisierung aller energiewirtschaftlich<br />
relevanten Daten erzielte<br />
thyssenkrupp deutliche Kosteneinsparungen<br />
(Foto: thyssenkrupp Materials Services)<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
18 | KURZNACHRICHTEN<br />
thyssenkrupp Schulte nimmt neues Onlineportal für B2B E-Commerce in Betrieb<br />
Um die Bedürfnisse von Gewerbekunden<br />
noch besser zu erfüllen, baut<br />
thyssenkrupp Materials Services sein<br />
Onlinegeschäft aus: Ab sofort startet<br />
thyssenkrupp Schulte, ein Tochterunternehmen<br />
des Werkstoffhändlers und<br />
-dienstleisters, deutschlandweit ein<br />
B2B-Portal unter „portal.thyssenkruppschulte.de“.<br />
Das neue digitale Angebot richtet sich im<br />
ersten Schritt an Bestandskunden aus<br />
Metall verarbeitendem Handwerk und<br />
Industrie. Die Kunden des Werkstoffhändlers<br />
erhalten über das B2B-Portal<br />
Zugriff auf das komplette Standardsortiment<br />
des Unternehmens und können<br />
etwa 17.000 Produkte in 57 Kategorien<br />
bestellen – einfach und schnell per Mausklick,<br />
rund um die Uhr und sieben Tage in<br />
der Woche.<br />
Im B2B-Webshop lassen sich detaillierte<br />
Informationen zu jedem Produkt abrufen<br />
– von Verfügbarkeit und Preis der Ware<br />
bis zu Werkstoffdatenblättern. Auch mögliche<br />
Mengenrabatte sind auf einen Blick<br />
zu erkennen. Sobald der Kunde ein Produkt<br />
auswählt und in den Warenkorb legt,<br />
wird die voraussichtliche Lieferzeit angezeigt.<br />
Standardmaterialien werden in der<br />
Regel innerhalb von 24 bis 48 h zugestellt.<br />
„Ob Produktsuche, Preisabfrage oder<br />
Warenbestellung – unser neues B2B-Portal<br />
ist einfach und intuitiv zu bedienen,<br />
ermöglicht einen bequemen Einkauf und<br />
erleichtert damit das Tagesgeschäft unserer<br />
Kunden“, sagt Michael Bäuerlein, Leiter<br />
Digitalisierung und E-Commerce bei<br />
thyssenkrupp Schulte.<br />
Mit dem neuen B2B-Portal macht<br />
Materials Services den nächsten Schritt<br />
auf dem Weg zur Umsetzung des Omnichannel-Konzepts.<br />
Der Werkstoffhändler<br />
baut die Orderoptionen für die Kunden<br />
kontinuierlich aus – beispielsweise ermöglicht<br />
seit Ende 2018 die neue App „easy<br />
supply“ die Bestellung von Werkstoffen<br />
über das Smartphone. Ob per App, Telefon,<br />
Fax, E-Mail oder ab sofort unter<br />
„ portal.thyssenkrupp-schulte.de” – Ziel ist<br />
es, die Anforderungen der Kunden kanalübergreifend<br />
mit passgenauen Angeboten<br />
und Services zu erfüllen. „Wir wollen<br />
unseren Kunden individuellen Zugang zu<br />
unserem Produktportfolio und ein optimales<br />
Einkaufserlebnis bieten – über alle<br />
Kanäle hinweg und unabhängig von Ort<br />
und Zeit“, sagt Martin Stillger, CEO von<br />
thyssenkrupp Schulte.<br />
thyssenkrupp Schulte will das<br />
B2B-Webportal kontinuierlich ausbauen<br />
und durch zusätzliche Komfortfunktionen<br />
für alle Kundengruppen ergänzen. Kunden<br />
sollen beispielsweise in Zukunft diverse<br />
Dokumente selber abrufen und verwalten<br />
können – von Lieferscheinen bis zu Werkszeugnissen.<br />
Darüber hinaus soll es langfristig<br />
auch für Neukunden möglich sein,<br />
auf die Plattform zuzugreifen.<br />
Mit dem neuen B2B-Portal setzt das<br />
Unternehmen die Digitalisierungsoffensive<br />
fort – ganzheitlich und integriert. So hat<br />
der Werkstoffhändler erst Anfang <strong>2019</strong><br />
eine Künstliche Intelligenz (KI) in seine<br />
Geschäftsprozesse eingebunden: „alfred“<br />
trägt dazu bei, das globale Logistiknetzwerk<br />
mit 271 Lagerstandorten sowie mehr<br />
als 150.000 Produkten und Services dynamisch<br />
zu managen. Die KI ist auch mit<br />
dem neuen B2B-Webportal vernetzt und<br />
analysiert fortlaufend die Auftragspositionen,<br />
die im Onlineshop eingehen, um auf<br />
dieser Basis die idealen Transport- und Lieferwege<br />
zu ermitteln und die Kunden bestmöglich<br />
mit der georderten Ware zu versorgen.<br />
Im neuen B2B-Webshop von thyssenkrupp Schulte lassen sich detaillierte Informationen<br />
zu jedem Produkt abrufen (Foto: thyssenkrupp Materials Services)<br />
• thyssenkrupp Materials Services<br />
RHI Magnesita verlagert Gütertransport vom Lkw auf die Schiene<br />
Der Produzent von Feuerfestprodukten<br />
und -lösungen, RHI Magnesita GmbH<br />
aus Wien in Österreich, hat den Startschuss<br />
für das „Project Railway“ gegeben:<br />
Ab dem Frühjahr 2020 verlagert das<br />
Werk von RHI Magnesita in Hochfilzen<br />
einen Teil seiner Produktlieferung auf<br />
die Schiene. Insgesamt werden ab 2020<br />
jährlich rd. 3.000 Lkw-Fahrten eingespart.<br />
Die Planungen sind bereits abgeschlossen.<br />
Neue Infrastruktur wie<br />
etwa eine Beladestation für Züge wird<br />
nach dem Jahreswechsel in Angriff<br />
genommen. Insgesamt investiert RHI<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
KURZNACHRICHTEN | 19<br />
Magnesita 1,3 Mio. € in das „Project<br />
Railway“.<br />
„Wirtschaftlicher Erfolg und Nachhaltigkeit<br />
müssen Hand in Hand gehen. Ich<br />
bin der festen Überzeugung, dass ein global<br />
agierendes Unternehmen nur dauerhaft<br />
erfolgreich sein kann, wenn es vor Ort<br />
Verantwortung übernimmt“, erklärt Stefan<br />
Borgas, CEO RHI Magnesita. „Wir sind<br />
stolz, ein Teil Tirols zu sein und leisten gerne<br />
unseren Beitrag, um den Frachtverkehr<br />
verstärkt auf die Schiene zu bringen und<br />
so die Lebensqualität der Menschen zu<br />
verbessern“, so Borgas weiter.<br />
Norbert Lerchl, Standortleiter des<br />
Werks Hochfilzen, weiß Dank seines intensiven<br />
Austauschs mit den Gemeinden, wie<br />
wichtig dieses Projekt für die Region ist:<br />
„Unser Traditionswerk ist tief mit<br />
Hochfilzen verwurzelt. Seit jeher pflegen<br />
wir ein gutes Einvernehmen mit allen<br />
Gemeindemitgliedern. Es freut mich, dass<br />
wir mit dieser Investition in die Verlagerung<br />
von LKW-Transporten auf die Schiene<br />
das Verkehrsaufkommen in Hochfilzen und<br />
zahlreichen benachbarten Gemeinden verringern.“<br />
RHI Magnesita übernimmt Verantwortung und verlegt einen Teil des Güterverkehrs in<br />
Tirol auf die Schiene (Foto: RHI Magnesita)<br />
Von Beginn an hat die Tirolerin und ehemalige<br />
Wirtschaftsministerin Margarete<br />
Schramböck das „Project Railway“ unterstützt.<br />
„Das Werk von RHI Magnesita in<br />
Hochfilzen zählt zu einem der größten Arbeitgeber<br />
der Region. Dabei ist es wichtig, dass<br />
Wirtschafts-, Umwelt- und Anrainerinteressen<br />
Hand in Hand gehen. Es freut mich umso<br />
Setting The Standards For Highest<br />
Efficiency In Thermal Processing<br />
Spänetrockner (Trommel), Kapazität 3 t/h<br />
mit 2,25 MW Regenerativ-Brennersystem<br />
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<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
20 | KURZNACHRICHTEN<br />
mehr, dass ich in meiner Zeit als Wirtschaftsministerin<br />
die Gespräche zwischen der ÖBB<br />
und RHI Magnesita intensivieren und zu der<br />
Lösung beitragen konnte, den Gütertransport<br />
verstärkt auf die Schiene zu verlagern. Das<br />
ist für die seit jeher von hohem Verkehrsaufkommen<br />
belasteten Menschen in der Region<br />
ein wichtiger Schritt und gleichzeitig ein<br />
wesentlicher Beitrag für ein umweltfreundliches<br />
Tirol. Ich bedanke mich bei allen<br />
Verantwortlichen, insbesondere bei RHI<br />
Magnesita, dass nun ein gutes Ergebnis<br />
gefunden werden konnte“, so Schramböck.<br />
• RHI Magnesita<br />
Wuppermann Austria erhält „Energieaudit plus“ für Energieeinsparungen<br />
Die Wuppermann Austria GmbH ist im<br />
Oktober 2015 dem Netzwerk „E-LEEN“<br />
beigetreten, das von der Energie<br />
Steiermark AG getragen wird. Das Netzwerk<br />
ist ein lernendes Energieeffizienz-Netzwerk,<br />
das die Bereiche Gebäudeprozesse<br />
und Transport behandelt.<br />
Der Zusammenschluss mehrerer Firmen<br />
in Kooperation mit dem Staat Österreich<br />
hatte ein übergeordnetes Ziel für alle<br />
Netzwerkteilnehmer formuliert, innerhalb<br />
dessen sich jedes Unternehmen den<br />
Umfang der eigenen Energieeinsparungen<br />
vornahm. Das Projekt lief von Oktober<br />
2015 bis Juni <strong>2019</strong>.<br />
Wuppermann Austria GmbH in Judenburg, ein Standort der Wuppermann-Gruppe (Foto:<br />
Wuppermann)<br />
„In der Netzwerkzielsetzung wurde von<br />
Wuppermann eine Einsparung von 1.459<br />
MWh/a für den genannten Zeitraum zugesagt.<br />
Wir haben mit 1.742,69 MWh/a diesen<br />
Wert übertroffen. Damit tragen wir<br />
mit 9,8 % zum übergeordneten Ziel bei“,<br />
so Josef Koini, Energiebeauftragter und<br />
E-LEEN-Projektleiter der Wuppermann<br />
Austria GmbH. Die Netzwerkzielsetzung<br />
beinhaltete Schwerpunktthemen, die<br />
umzusetzen waren. Die einzelnen Energiesparmaßnahmen<br />
dieser Themen wurden<br />
von jedem Netzwerkteilnehmer selbst<br />
organisiert und zeitlich aufeinander abgestimmt.<br />
So konnte Wuppermann Austria<br />
die drei größten Einsparungen mit den<br />
Maßnahmen Erneuerung der Kühlluftventilatoren<br />
(319,85 MWh/a), Induktionserwärmung<br />
der Bandverzinkungsanlage 1<br />
(498 MWh/a) und der Heißwassererzeugung<br />
mittels einer Wärmepumpe (7<strong>11</strong>,8<br />
MWh/a) erreichen. Viele kleinere Einsparungen<br />
konnten mit dem Beleuchtungsaustausch<br />
in diversen Betriebsgebäuden<br />
erreicht werden und in Summe einen nennenswerten<br />
Beitrag leisten. Bezogen auf<br />
den jährlichen Energieverbrauch bedeutet<br />
dies insgesamt eine Einsparung von<br />
8,2 %.<br />
Für die Netzwerkteilnehmer wurde ein<br />
„Energieaudit plus“ nach dem Bundes-Energieeffizienzgesetz<br />
(EEffG) der<br />
Republik Österreich § 18 erstellt, um zum<br />
einen die Anforderungen dieses Gesetzes<br />
zu erfüllen und zum anderen eine tatsächliche<br />
und nachhaltige Energieeinsparung<br />
zu erreichen. Das EEffG ist zum 1.<br />
Januar 2015 in Kraft getreten. Energielieferanten<br />
sind – ab 25 GWh entgeltlich<br />
abgesetzter Energie an Endverbraucher<br />
– verpflichtet, Effizienzmaßnahmen bei<br />
sich selbst, ihren Endkunden oder anderen<br />
Endenergieverbrauchern zu setzen<br />
oder eine entsprechende Ausgleichszahlung<br />
zu leisten (Lieferantenverpflichtung).<br />
Die Energiesparmaßnahmen der einzelnen<br />
Teilnehmer wurden vorab von der<br />
Monitoringstelle des Staates Österreich<br />
kontrolliert. Alle Maßnahmen der<br />
Wuppermann Austria GmbH wurden in<br />
diesem Prozess anerkannt.<br />
Wuppermann Austria ist darüber hinaus<br />
überzeugt, noch weitere Potenziale zu finden.<br />
Denn die Mühe lohnt sich: Die Energieeffizienz<br />
hat handfeste ökologische und<br />
ökonomische Vorteile und gewinnt in der<br />
Stahlindustrie immer mehr an Relevanz.<br />
Deshalb wird im Herbst <strong>2019</strong> im Rahmen<br />
des Netzwerks E-LEEN ein zweiter Durchlauf<br />
gestartet. Das Energieaudit findet<br />
bereits im September statt und prüft, an<br />
welchen Stellen noch weitere Energiemaßnahmen<br />
so erfolgreich wie bisher von<br />
der Wuppermann Austria GmbH umgesetzt<br />
werden können.<br />
• Wuppermann<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
KURZNACHRICHTEN | 21<br />
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Bunkerabzugsrinne BDC für das Schrottrecycling von Aluminium beim Probelauf in der<br />
neuen interVIB-Fertigung (Foto: interVIB)<br />
interVIB zieht innerhalb Münsters um<br />
Die interVIB GmbH, Hersteller von<br />
Schwingförderrinnen und Schwingsieben,<br />
ist erfolgreich mit ihrem operativen<br />
Standort innerhalb Münsters umgezogen.<br />
Der Umzug wurde notwendig, da<br />
sowohl Büroflächen als auch die Fertigungsmöglichkeiten<br />
an dem alten<br />
Standort an ihre Grenzen gestoßen<br />
waren.<br />
Die neuen Fertigungshallen bieten nun<br />
mehr Platz und eine bessere Handhabung<br />
der Rinnenkörper im Rohbau. Durch den<br />
Einsatz einer Kranbahn mit zwei 10-t-Kranbrücken<br />
mit jeweils einer Laufkatze können<br />
nun auch Schwingmaschinen bis zu<br />
einem Gesamtgewicht von 20 t problemlos<br />
gefertigt werden. Durch die Verwendung<br />
zweier Kräne ist das Wenden der<br />
Maschinen wesentlich handlicher. Im Zuge<br />
der Neueinrichtung der Fertigung wurden<br />
auch gleich neue Pulsschweißgeräte angeschafft,<br />
die die Schweißarbeiten deutlich<br />
erleichtern und verbessern. Es ist zusätzlicher<br />
Platz durch eine separate Lackierkabine<br />
mit einer weiteren Kranbahn und<br />
einem neuen Endmontageplatz geschaffen<br />
worden. Für Probeläufe großer<br />
Maschinen wurde ein extra masseschweres<br />
Fundament gegossen.<br />
Die Verladung fertiger Maschinen erfolgt<br />
nun innerhalb der Versandhallen, da es<br />
möglich ist, die Lkws gerade durch den<br />
Hallenkomplex hindurchzufahren. Dies<br />
erspart umständliches Rangieren und<br />
gewährleistet eine sichere Kranbeladung<br />
großer Maschinen und trockene Staplerverladung.<br />
Da alle Mitarbeiter der interVIB tatkräftig<br />
für ihre Bereiche bei diesem<br />
Umzug mitgewirkt haben, wurde der<br />
Umzug in kürzester Zeit problemlos<br />
umgesetzt. Der komplette Bürokomplex<br />
mit Vertrieb, Konstruktion und Arbeitsvorbereitung<br />
wurde, inklusive eines neuen<br />
Besprechungsraums, in zwei Tagen<br />
umgezogen und war umgehend einsatzfähig.<br />
Die ersten Maschinen aus der neuen<br />
Fertigung wurden bereits erfolgreich<br />
ausgeliefert und leisten ihre Dienste<br />
beim Kunden.<br />
• interVIB<br />
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22 | INTERNATIONALE NEWS<br />
CHINA<br />
Baosteel erteilt Endabnahmebescheinigung für modernisierten Doppel-Lichtbogenofen<br />
Baoshan Iron & Steel Co., Ltd. ( Baosteel)<br />
hat die Endabnahmebescheinigung für<br />
die Modernisierung eines mehr als 20<br />
Jahre alten Gleichstrom-Doppel-Lichtbogenofens<br />
im Werk Shanghai an das<br />
Unternehmen Primetals Technologies<br />
erteilt. Im Projekt wurden sowohl die<br />
Gefäßoberteile als auch die Gefäßunterteile<br />
umgestaltet und neue Anoden mit<br />
längerer Haltbarkeit montiert. Die verbesserte<br />
Energieeffizienz senkt die Produktionskosten<br />
und Rohmaterialien lassen<br />
sich flexibler verwenden. Daher ist<br />
es jetzt möglich, den Lichtbogenofen<br />
mit einem Roheisengehalt bis max.<br />
90 % zu betreiben.<br />
Doppel-Elektrolichtbogenofen mit 150 t Kapazität bei Baosteel in Shanghai (Foto:<br />
Primetals Technologies)<br />
Das Abstichgewicht des Doppel-Lichtbogenofens<br />
im Werk Shanghai beträgt<br />
150 t. Der Ofen ist Teil einer Produktionsstraße,<br />
in der Knüppel und Langprodukte<br />
hergestellt werden, die zu Baustählen weiterverarbeitet<br />
werden.<br />
Im Rahmen des Modernisierungsprojekts<br />
war Primetals Technologies für Projektierung,<br />
Fertigung und Lieferung der<br />
Hauptkomponenten verantwortlich. Die<br />
Obergefäße mit ihren wassergekühlten<br />
Wänden wurden vollständig umgestaltet<br />
und die Untergefäße jeweils mit einer neuen<br />
luftgekühlten FIN-Anode ausgerüstet.<br />
Insgesamt wurden die Energieeffizienzwerte<br />
und somit die Produktivität verbessert.<br />
Außerdem wurden neue Brenneranlagen<br />
montiert. Primetals Technologies<br />
war zudem für die Überwachung der Montage-<br />
und Inbetriebnahme zuständig.<br />
Die Baoshan Iron & Steel Co Ltd. ist Teil<br />
der neu gegründeten China Baowu Steel<br />
Group Corp. Ltd., dem zweitgrößten Stahlproduzenten<br />
der Welt, dessen Produktionskapazität<br />
70 Mio. t beträgt. Baosteel<br />
erzeugt hochwertige Produkte sowohl für<br />
den chinesischen Binnen- als auch den<br />
Weltmarkt.<br />
Fujian Sangang Minguang bestellt Fertigblock<br />
Fujian Sangang Minguang Group Co. Ltd.<br />
(Sanming) hat der Friedrich Kocks GmbH &<br />
Co KG in Hilden – über den chinesischen<br />
EPC-Auftraggeber Capital Engineering &<br />
Research Inc. Ltd. (CERI) – einen Auftrag zur<br />
Lieferung eines viergerüstigen RSB ® 370++<br />
in 5.0-Design erteilt. Sanming ist ein staatliches<br />
Unternehmen. 1958 gegründet, ist es<br />
der bedeutendste Stahlhersteller mit ca. <strong>11</strong><br />
Mio. t/a Stahl in der Provinz Fuijan.<br />
Der RSB 370++/4 ist das Herzstück<br />
eines umfangreichen Modernisierungsprojekts<br />
der Stablinie, deren Komponenten<br />
vor Ort gefertigt werden. Es ist das<br />
erklärte Ziel, die Qualität der<br />
Sanming-SBQ-Produkte weiter zu verbessern.<br />
In dem großen Modernisierungsprojekt<br />
des EPC-Auftraggebers sind außerdem<br />
die Lieferung von Duo-Gerüsten, Scheren,<br />
eine neue Linie für Stäbe in Bundform mit<br />
Weiterverarbeitungsmöglichkeiten, die<br />
Modernisierung der Prüfstrecke, Fundamentarbeiten<br />
sowie die Elektrik und Automatisierung<br />
der mechanischen Einrichtung<br />
enthalten.<br />
Der RSB 370++/4 wird sich als Fertigblock<br />
hinter der Vor- und Zwischenstraße<br />
befinden, die aus 21 Duo-Gerüsten<br />
besteht, und wird Stäbe in Bundform im<br />
Abmessungsbereich von 16 bis 48 mm<br />
Durchmesser produzieren sowie Stäbe im<br />
Abmessungsbereich von 20 bis 90 mm<br />
Durchmesser.<br />
Die Inbetriebnahme ist für die zweite<br />
Hälfte 2020 geplant.<br />
Shandong Laigang Yongfeng ordert Reduzier- und Sizing-Block<br />
Shandong Laigang Yongfeng Iron & Steel<br />
Co., Ltd. (Yongfeng) hat die Friedrich<br />
Kocks GmbH & Co KG, Hilden, mit der Lieferung<br />
eines RSB ® 370++/4 in 5.0 Design<br />
beauftragt. Neben dem Reduzier- und<br />
Sizing-Block (RSB) liefert Kocks auch eine<br />
automatische Walzspaltregelung (Size<br />
Control System, SCS ® ) sowie das Profilmessgerät<br />
4D Eagle ® , das auf dem Lichtschnittverfahren<br />
basiert.<br />
Die in Privatbesitz befindliche Yongfeng<br />
Steel Co. Ltd. wurde 2002 gegründet und<br />
ist eine Tochtergesellschaft der Yongfeng<br />
Group Co. Ltd., einer der größten Stahlproduzenten<br />
in der Provinz Shandong. Der-<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
INTERNATIONALE NEWS | 23<br />
zeit produziert Yongfeng mit seinen 6.500<br />
Mitarbeitern ca. 5 Mio. t/a Stahl. Die neue<br />
Stabstahlwalzlinie mit einer Gesamtkapazität<br />
von 1 Mio. t/a wird mit 22 Conti-Gerüsten<br />
in H/V-Ausführung und einem<br />
Kocks RSB 370++/4 ausgestattet. Sie ist<br />
CHINA<br />
für die Herstellung von Qualitätsstahlprodukten<br />
ausgelegt und ist für Yongfeng der<br />
Einstieg in den SBQ-Markt.<br />
Der RSB 370++/4 wird Stabstahl im<br />
Bereich von 13 bis 90 mm Durchmesser<br />
produzieren. Mit dem höchsten verfügbaren<br />
Automatisierungsgrad durch SCS und<br />
4D Eagle wird Yongfeng mit maximaler<br />
Prozesstransparenz erfolgreich im SBQ-<br />
Markt durchstarten können.<br />
Die Inbetriebnahme ist für die zweite<br />
Hälfte des Jahres 2020 geplant.<br />
Shigang baut eine weitere Stranggießanlage<br />
Shijiazhuang Iron & Steel Co. Ltd.<br />
( Shigang), ein Unternehmen der<br />
HBIS-Gruppe, hat den Auftrag für eine<br />
zweite Vorblock-Stranggießanlage erteilt.<br />
Der Auftrag wurde im Rahmen eines Verlagerungsprogrammes<br />
zur Verringerung<br />
der Umweltbelastung in der Stadt<br />
Shijiazhuang, China, platziert. Den Auftrag<br />
hat die SMS Concast, ein Unternehmen<br />
der SMS group, erhalten. Anfang<br />
des Jahres bestellte Shigang in demselben<br />
Programm zwei 130-t-Sharc-Elektrolichtbogenöfen<br />
sowie eine dreisträngige<br />
vertikale Stranggießanlage für die Produktion<br />
von hochwertigen Vorblöcken bei<br />
der SMS group. Die zweite Stranggießanlage<br />
ist eine klassische Kreisbogen-Stranggießanlage<br />
für die Produktion<br />
von hochwertigen Vorblöcken. Das Stahlsortenprogramm<br />
umfasst alle Stahlsorten<br />
von Edelbaustählen bis hin zu Wälzlagerstählen-<br />
und Reifendrahtqualitäten. Die<br />
Produktion von Spezialstählen ist möglich.<br />
Die Maschine mit drei Strängen wird<br />
Vorblöcke im Format 410 mm · 530 mm<br />
Gießen von rechteckigen Vorblöcken auf einer Stranggießanlage der SMS Concast<br />
(Foto: SMS group)<br />
Querschnitt in Längen zwischen 5,0 und<br />
6,1 m gießen.<br />
Der Radius von 16,5 m erlaubt die hochwertige<br />
Produktion mit einem großzügigen<br />
Betriebsfenster zur Durchführung der<br />
dynamischen mechanischen Reduktion<br />
(DMRS). Ebenso wie die vertikale Stranggießanlage<br />
verfügt diese Anlage über<br />
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<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
24 | INTERNATIONALE NEWS<br />
CHINA<br />
modernste technologische Ausrüstungen,<br />
die eine Produktion von Spezialstählen für<br />
ein breites Anwendungsspektrum über ein<br />
breites Legierungsspektrum ermöglichen.<br />
Hierzu gehören z.B. die elektromagnetischen<br />
Constir-Kokillen- und Finalrührer,<br />
eine hochpräzise Tandem-Resonanzoszillation<br />
und eine feinjustierbare Luft-Wasser-Sekundärkühlung<br />
mit sieben unabhängigen<br />
Kühlzonen. Das MSR-System<br />
besteht aus elf Modulen pro Strang, die<br />
alle einzeln angetrieben sind und eine sehr<br />
gute Innenqualität der Vorblöcke garantieren.<br />
Die Stranggießanlage ist mit einem<br />
Infrarot-Temperatur-Monitoring ausgestattet,<br />
das zur Onlinequalitätskontrolle der<br />
Vorblöcke sowie für die Regelung der<br />
dynamischen Sekundärkühlung eingesetzt<br />
wird. Eine Laserlängenmessung und ein<br />
Online-Wiegesystem stellen eine hohe<br />
Genauigkeit des Vorblockgewichts sicher.<br />
Das „Water box quenching“-System rundet<br />
das technologische Ausrüstungspaket<br />
ab.<br />
Im Rahmen der Digitalisierung wird<br />
die Anlage über ein hochmodernes Automations-<br />
und Datenerfassungssystem<br />
verfügen, das eine lückenlose und voll<br />
digitalisierte Qualitätsverfolgung sicherstellt.<br />
Außerdem ermöglicht das System<br />
eine Produktivitätsverbesserung durch<br />
eine automatische Schnittlängenoptimierung.<br />
Walsin Yantai errichtet neues Edelstahl-Kombiwalzwerk<br />
Um den gestiegenen Marktbedarf Chinas<br />
an hochwertigen Edelstahlprodukten zu<br />
bedienen, schloss die Walsin Yantai<br />
Stainless Steel Co., Ltd. einen Vertrag mit<br />
Primetals Technologies über die Planung<br />
und den Bau eines neuen Edelstahl-Kombiwalzwerks,<br />
das die aus einer bestehenden<br />
Anlage stammenden Knüppel in Fertigprodukte<br />
mit präzisen Toleranzen und<br />
hoher Oberflächenqualität umwandeln<br />
soll. Die Inlineverarbeitung soll eine Senkung<br />
der Produktionskosten ermöglichen.<br />
Die Inbetriebnahme ist für Ende 2020 vorgesehen.<br />
Morgan-Hochgeschwindigkeitswindungsleger und Morgan-Stelmore-Kühlförderer in<br />
einem Drahtauslass (Foto: Primetals Technologies)<br />
Der Standort des neuen Walzwerks ist<br />
Yantai in der Provinz Shandong. Das Projekt<br />
einschließlich Elektrik und Automatisierung<br />
zur Vorbereitung auf Industrie 4.0<br />
wird von einem Konsortium abgewickelt,<br />
das aus Primetals Technologies und Ceri<br />
Long Product Co., Ltd. besteht. Das Kombiwalzwerk<br />
verfügt über einen Stabstahlauslass,<br />
einen Bar-in-Coil-Auslass und<br />
einen Drahtauslass. Die Walzstraße<br />
zeichnet sich durch Red-Ring-Gerüste<br />
der neuen Generation aus, deren Erzeugnisse<br />
in ein Kühlbett gelangen, das mit<br />
Kreissägen, langsamer Wannenkühlung<br />
und Bündelbildungsstationen ausgestattet<br />
ist.<br />
Der Bar-in-Coil-Auslass nutzt neueste<br />
Gießräder mit Direktvergütung. Der<br />
Drahtauslass besteht aus einem Morgan-<br />
No-Twist-Walzwerk, einer Morgan-<br />
Hochgeschwindigkeitsschere, einem<br />
Morgan-Reduzier-/Maßwalzwerk für Draht<br />
und einem Morgan-Stelmor-Kühlförderer<br />
sowie einer Linie für Inline-Direktlösungsglühen<br />
zur Senkung der Produktionskosten,<br />
die über ein Palettentransportsystem<br />
mit vertikalem Coilhalter verfügt.<br />
In den vergangenen Jahren lieferte<br />
Primetals Technologies mehrere Kupferwalzwerke<br />
an die Walsin Lihwa<br />
Corporation, die Muttergesellschaft von<br />
Walsin Yantai Stainless Steel. Die 1966<br />
gegründete Walsin Lihwa Corporation ist<br />
nicht nur ein führender Hersteller von Kupferdraht,<br />
Draht, Energiekabeln und Langprodukten<br />
aus Spezialstahl einschließlich<br />
nahtloser Rohre und Rohrleitungen und<br />
Blankstahl-Stangenmaterial im Großraum<br />
China, sondern auch ein führendes Immobilienentwicklungsunternehmen<br />
jenseits<br />
der Taiwanstraße.<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
INTERNATIONALE NEWS | 25<br />
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UNSERE ARTIKEL-AUSWAHL IN DIESER WOCHE:<br />
REASLISIERT VON<br />
NEWSLETTER 41/<strong>2019</strong><br />
Online<br />
Tag für Tag<br />
Shijiazhuang Iron & Steel bestellt eine weitere<br />
Stranggießanlage<br />
Shijiazhuang Iron & Steel Co. Ltd. (Shigang) hat die SMS<br />
Concast, ein Unternehmen der SMS group, mit der Lieferung<br />
einer zweiten Vorblock-Stranggießanlage beauftragt.<br />
» Weiterlesen<br />
Förderung von klimafreundlichem Wasserstoff<br />
Der Stahlhersteller thyssenkrupp Steel Europe, das norwegische<br />
Energieunternehmen Equinor und die Erdgasfernleitungsnetzbetreiberin<br />
Open Grid Europe haben eine<br />
gemeinsame Machbarkeitsstudie gestartet.<br />
» Weiterlesen<br />
Servopressen mit Schuler aufrüsten<br />
Für die MSD-Baureihe bietet Schuler nun ein Paket, mit dem<br />
sich auch bestehende Anlagen für die Industrie 4.0 aufrüsten<br />
lassen. Es besteht aus einem IIoT-Connector, der an die<br />
Steuerung der Servopressen angeschlossen wird.<br />
» Weiterlesen<br />
DIESE SCHLAGZEILEN HABEN SIE VIELLEICHT VERPASST...<br />
FOTO: WORLDSTEEL / ROBERT KOLYKHALOV<br />
Oxygenstahlwerk von thyssenkrupp feiert<br />
50-jähriges Jubiläum<br />
» Hier geht‘s zum Artikel<br />
Jan Kröger ist neuer Geschäftsführer<br />
von termotek<br />
» Hier geht‘s zum Artikel<br />
FEhS: Baustoffe kinderleicht erklärt<br />
» Hier geht‘s zum Artikel<br />
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07.<strong>11</strong>.<strong>2019</strong> HÜTTENTAG <strong>2019</strong><br />
Essen, Deutschland<br />
19. – 22.<strong>11</strong>.<strong>2019</strong> formnext <strong>2019</strong><br />
Frankfurt, Deutschland<br />
25. – 27.<strong>11</strong>.<strong>2019</strong> Metal Additive Manufacturing Conference <strong>2019</strong><br />
Örebro, Schweden<br />
26. – 28.<strong>11</strong>.<strong>2019</strong> Stainless Steel World Conference & Expo <strong>2019</strong><br />
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26 | INTERNATIONALE NEWS<br />
INDIEN<br />
Jindal Stainless ordert Hicon/H 2 -Blankglühlinie für CrNi-Bänder<br />
Jindal Stainless Group ist einer der größten<br />
Edelstahlproduzenten der Welt mit Werken<br />
in Hisar und in Jajpur. Für das Werk Jindal<br />
Stainless (Hisar) Limited wurde in eine<br />
Hicon/H 2® -Blankglühlinie zum Produzieren<br />
von Präzisionsbändern investiert. Auftragnehmer<br />
ist die österreichische Ebner<br />
Industrieofenbau GmbH aus Leonding.<br />
Das Hisar-Werk hat eine Fertigungskapazität<br />
von 0,8 Mio. t/a und wird in<br />
der neuen Ebner-Anlage Materialsorten<br />
wie AISI-200-Series (CrMn), AISI-300-<br />
Series (CrNi), AISI-400-Series glühen.<br />
Die Hicon/H 2 -Blankglühlinie, die mit<br />
einer Muffel ausgeführt ist, hat eine<br />
beheizte Länge von 18,5 m und ist mit<br />
anschließendem Wasserstoff-Jetkühler<br />
ausgerüstet. Die Bandlauf- und Entfettungsteile<br />
werden vom Kunden beigestellt.<br />
Die Lieferung der Anlage soll im ersten<br />
Quartal 2020 erfolgen und der Produktionsstart<br />
ist für Anfang 2021<br />
geplant.<br />
NIEDERLANDE<br />
Tata Steel Europe: Ferninbetriebnahme für Level-2-Automation der Stranggießanlage CC21<br />
Zum ersten Mal nahmen Primetals<br />
Technologies und Tata Steel Europe in der<br />
mehr als 50 Jahre dauernden Zusammenarbeit<br />
ein Level-2-System für eine Stranggießanlage<br />
vollständig online in Betrieb.<br />
Mitte Juli <strong>2019</strong> hat das neue System von<br />
Primetals Technologies die bestehende<br />
Automatisierungslösung auf der Stranggießanlage<br />
CC21 von Tata Steel Europe in<br />
IJmuiden erfolgreich abgelöst. Parallel<br />
errichtet Primetals Technologies in<br />
IJmuiden gerade die Stranggießanlage<br />
CC23 für Tata Steel Europe, die ebenfalls<br />
mit dem Level-2-System ausgestattet<br />
wird. Diese Harmonisierung der Automatisierungslösungen<br />
vereinfacht die Steuerung<br />
und die Optimierung der Produktionsprozesse.<br />
Ein Vorteil der neuen<br />
Lösung ist, dass die Berechnungsalgorithmen<br />
und Softwaremodelle zusätzliches<br />
Potenzial bieten, die Strangkühlung sowie<br />
die Geschwindigkeits- und Breitensteuerung<br />
zu verbessern. Dies sorgt für eine<br />
bessere Produktionsleistung und einen<br />
auf Anhieb vorgabenkonformen Gießbetrieb.<br />
Die vollständige Ferninbetriebnahme<br />
des Level-2-Systems wurde im Juli <strong>2019</strong><br />
Die Inbetriebnahme der Level-2-Automatisierungslösung<br />
auf der Stranggießanlage CC21<br />
wurde von Primetals Technologies und Tata<br />
Steel Europe zu 100 % online durchgeführt<br />
(Foto: Fix Media, Niederlande)<br />
erfolgreich abgeschlossen. In einigen vor<br />
Ort von Primetals Technologies begleiteten<br />
„Cold Runs“ wurde zuvor die korrekte<br />
Ankoppelung an das Level-1-System und<br />
die bestehende IT-Landschaft bei Tata<br />
Steel Europe getestet. Alle zehn „Hot<br />
Runs“ sowie die Inbetriebnahme wurden<br />
online unterstützt, sodass Mitte Juni <strong>2019</strong><br />
140 Chargen mit insgesamt 1.900 Brammen<br />
erfolgreich vergossen werden konnten.<br />
Während aller „Hot Runs“ waren die<br />
Experten von Primetals Technologies permanent<br />
mit dem Team von Tata Steel<br />
Europe in IJmuiden und deren Systemen<br />
online verbunden und unterstützten den<br />
Operator an der Anlage in Echtzeit. Grundlagen<br />
für diese erfolgreiche Inbetriebnahme<br />
waren im Vorfeld die detaillierte Definition<br />
aller relevanten Schnittstellen und<br />
die intensive Vorbereitung der Experten<br />
beider Unternehmen.<br />
Das Level-2-System von Primetals<br />
Technologies hat eine bestehende Automatisierungslösung,<br />
die mehr als 20 Jahre<br />
in Betrieb war, abgelöst. Neben dem<br />
Ersatz des veralteten Systems war der<br />
Hauptgrund für die Modernisierung die<br />
Harmonisierung aller Automatisierungssysteme<br />
der Stranggießanlagen CC21,<br />
CC22 und der neuen CC23 von Tata Steel<br />
Europe am Standort in IJmuiden. Zurzeit<br />
wird gerade die neue Stranggießanlage<br />
CC23 gebaut, die ebenfalls mit dem Level-<br />
2-System von Primetals Technologies ausgestattet<br />
wird. Somit konnten durch die<br />
Inbetriebnahme auf der Anlage CC21<br />
Erfahrungen gesammelt und Vorbereitungen<br />
für die Anlage CC23 getroffen werden.<br />
Speziell die Ankoppelung der Lösung<br />
an die bestehende IT-Infrastruktur von Tata<br />
Steel Europe kann nun wiederverwendet<br />
werden, womit der Aufwand zur Inbetriebnahme<br />
der neuen Anlage deutlich reduziert<br />
werden sollte.<br />
Tata Steel Europe profitiert von der<br />
neuen Level-2-Lösung von Primetals<br />
Technologies besonders durch die ausgefeilten<br />
Berechnungsalgorithmen und Softwaremodelle,<br />
die im Standard enthalten<br />
sind. Modelle und Simulationen werden<br />
bereits eingesetzt, um die Sekundärkühlung<br />
schrittweise weiter zu verbessern<br />
und ein definiertes Oberflächentemperaturprofil<br />
während der gesamten Gießsequenz<br />
zu erreichen.<br />
Zusätzlich nimmt das System auf der<br />
Basis ständig in Echtzeit berechneter<br />
Daten laufend Anpassungen in der Breitenverstellung<br />
des Strangs vor, was maßgeblich<br />
dazu beiträgt, auf Anhieb auftragskonform<br />
zu produzieren. Eine weitere<br />
Funktionalität ist die Berechnung der optimalen<br />
Gießgeschwindigkeit der Stranggießanlage<br />
auf Basis unterschiedlicher<br />
Parameter wie beispielsweise Verteilertemperatur,<br />
Durchsatz, Analyse, Scheduling,<br />
wodurch ein stabiler Gießbetrieb<br />
ermöglicht werden soll.<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
INTERNATIONALE NEWS | 27<br />
TÜRKEI<br />
Çolakoğlu baut eine VD- in eine VOD-Anlage um<br />
Der türkische Stahlproduzent Çolakoğlu<br />
Metalurji A.S. (Çolakoğlu) hat den Auftrag<br />
erteilt, eine in seinem Stahlwerk in Dilovası<br />
bestehende VD-Anlage (Anlage zur Vakuumentgasung)<br />
zu einer VOD-Anlage (Anlage<br />
zur Vakuum-Sauerstoff-Entkohlung)<br />
umzurüsten. Mit 295 t Behandlungskapazität<br />
entsteht hier die weltweit größte<br />
VOD-Anlage. Das Modernisierungsprojekt<br />
soll die Produktion von Spezialstählen<br />
ermöglichen, darunter IF-, ULC-Stahl- und<br />
Edelstahlsorten. Damit kann Çolakoğlu sein<br />
Produktspektrum erweitern und zusätzliche<br />
Märkte erschließen. Die VOD-Anlage soll<br />
im März 2020 in Betrieb gehen. Den Auftrag<br />
hat Primetals Technologies erhalten.<br />
Primetals Technologies führt bei der neuen<br />
VOD-Anlage für Çolakoğlu die Projektierung<br />
durch und liefert alle Kernkomponenten.<br />
Hierzu zählen z.B. Ventilstände, das Sauerstofflanzensystem<br />
sowie Filter und eine Filterreinigungsanlage,<br />
die vor den Vakuumpumpen<br />
montiert sind. Das bestehende<br />
Automatisierungssystem wird ebenfalls<br />
modernisiert. Das Level-2-System einschließlich<br />
der Prozessmodelle wird aufgerüstet, um<br />
den Betrieb der VOD-Anlage zu ermöglichen.<br />
Zusätzlich liefert Primetals Technologies<br />
sämtliche Geber und Messgeräte.<br />
Çolakoğlu betreibt im Westen der Türkei<br />
ein Elektrostahlwerk in Dilovası. Die<br />
Hauptprodukte des Werks sind Brammen,<br />
die in einem Warmwalzwerk weiterverarbeitet<br />
werden, und Knüppel, aus denen<br />
Bewehrungsstäbe und Ankerbolzen aus<br />
Stahl hergestellt werden. Das Werk von<br />
Çolakoğlu ist eines der größten Elektrostahlwerke<br />
weltweit, wurde von Primetals<br />
Technologies geliefert und ist seit mehreren<br />
Jahren in Betrieb.<br />
Im Stahlwerk Dilovası des türkischen<br />
Stahlherstellers Çolakoğlu modernisiert<br />
Primetals Technologies eine bestehende<br />
VD-Anlage, um sie in eine VOD-Anlage<br />
umzuwandeln (Foto: Primetals Technologies)<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
28 | STATEMENT<br />
ArcelorMittal Hamburg stellt Pilotprojekt H 2 H vor<br />
Zukunftsorientiert: Mit Windkraft und<br />
Wasserstoff zu grünem Stahl<br />
Fast vier Jahre nach dem Pariser Abkommen sind die Themen der Weltklimakonferenz unverändert aktuell.<br />
Gleiches gilt für die Frage nach der Vereinbarkeit von Klimaschutz und einer wettbewerbsfähigen Industrie.<br />
ArcelorMittal hat sich selbst das Ziel gesetzt, bis 2050 in Europa klimaneutral zu produzieren. Dafür müssen<br />
deutlich energieeffizientere Verfahren gefunden werden, damit die energie- und CO 2 -intensive Stahlbranche<br />
ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten kann. ArcelorMittal verfolgt dabei verschiedene Wege. Dazu gehören die<br />
Weiterverarbeitung von CO 2 zu Bioethanol und chemischen Vorprodukten ebenso wie der Einsatz von Biokohle<br />
oder das Erproben neuer Technologien mithilfe von erneuerbarer Energie. ArcelorMittal Hamburg arbeitet mit<br />
seiner „Initiative H 2 H“ daran, die Stahlproduktion mit Wasserstoff zur industriellen Reife zu bringen.<br />
E<br />
twa 7 bis 9 % der weltweiten<br />
CO 2 -Emissionen entstammen der<br />
Stahlindustrie. In Europa konnten die<br />
Emissionen pro Tonne Stahl bereits massiv<br />
gesenkt werden – seit 1990 um rd.<br />
20 %. Diese Entwicklung ist gut, reicht<br />
aber nicht aus, um die Reduktionsziele<br />
des Pariser Abkommens einzuhalten. Als<br />
internationaler Stahlhersteller sieht sich<br />
ArcelorMittal in der Pflicht, neue Maßstäbe<br />
zu setzen und gleichzeitig einen aktiven<br />
Beitrag im Sinne des Pariser Abkommens<br />
zu leisten. Die „Initiative H 2 H“<br />
verfolgt ehrgeizige Ziele: Mit dem umfassenden<br />
Einsatz erneuerbarer Energien in<br />
der Stahlerzeugung wollen wir den<br />
Die Direktreduktionsanlage in Hamburg ist das europaweit energieeffizienteste<br />
Stahlwerk von ArcelorMittal. Direkt daneben wird eine neue DRI-Anlage errichtet, die<br />
mit Wasserstoff arbeiten wird (Foto: ArcelorMittal)<br />
Dr. Uwe Braun, CEO, ArcelorMittal Hamburg, Hamburg.<br />
Kontakt: uwe.braun@arcelormittal.com<br />
CO 2 -Ausstoß konsequent gegen null senken.<br />
Das Fehlen einheitlicher Regeln und<br />
ungleiche Wettbewerbsbedingungen in<br />
der weltweiten Stahlindustrie sind nur<br />
zwei von einer Vielzahl an Hürden für<br />
Unternehmen am Markt. Die Entwicklung<br />
des EU-Emissionszertifikatehandels beobachten<br />
viele Stahlproduzenten mit Sorge.<br />
Ab 2021 werden die Zertifikate, die schon<br />
in den letzten Jahren deutlich im Preis<br />
gestiegen sind, merklich knapper und teurer.<br />
Auch das weltweite Umfeld ist unstet,<br />
Strafzölle auf Importe aus der EU benachteiligen<br />
Unternehmen, die innerhalb der<br />
Europäischen Union produzieren, massiv<br />
gegenüber ausländischer Konkurrenz. Um<br />
in der EU weiterhin wettbewerbsfähig produzieren<br />
zu können, müssen Industrie und<br />
Politik gemeinsam das entsprechende<br />
Umfeld schaffen. Die neue EU-Kommissionspräsidentin<br />
kündigte kürzlich an, die<br />
Einführung eines CO 2 -Grenzausgleichs in<br />
der EU zu prüfen. Neben Einzelmaßnahmen<br />
müssen die Rahmenbedingungen so<br />
gesetzt werden, dass ausreichend Gestaltungsspielraum<br />
für die Unternehmen<br />
bleibt.<br />
Der Klimaschutzbericht von Arcelor-<br />
Mittal weist etliche Maßnahmen auf, mit<br />
denen wir eine CO 2 -neutrale Stahlproduktion<br />
erreichen wollen. Darunter der Einsatz<br />
von Biokohle, Wasserstoff (H 2 ) und<br />
Verfahren wie CCS („carbon capture and<br />
storage“, Kohlendioxidabscheidung und<br />
-speicherung) und die Weiterverwertung<br />
von CO 2 , bei dem Kohlendioxid in<br />
Bio-Ethanol umgewandelt wird. In insgesamt<br />
elf konzerneigenen Forschungszen-<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
STATEMENT | 29<br />
tren werden alternative Verfahren untersucht<br />
und Prozesse neu gedacht. Der<br />
Einsatz von Wasserstoff wird dabei, wie<br />
in anderen Industriezweigen auch, als<br />
besonders vielversprechend betrachtet.<br />
Das unabhängige Forschungszentrum<br />
Jülich misst Wasserstoff eine entscheidende<br />
Rolle bei, insbesondere für die<br />
Reduktion der Kohlendioxidemission bis<br />
2050. Bezogen auf Deutschland könnten<br />
so 47 bis 95 % Kohlendioxidemissionen,<br />
gegenüber den Werten von 1990, eingespart<br />
werden.<br />
Wasserstoffeinsatz in Hamburg<br />
In seinem europaweit energieeffizientesten<br />
Werk in Hamburg arbeitet<br />
Arcelor Mittal am praktischen Einsatz<br />
von Wasserstoff bei der Stahlherstellung.<br />
Der Standort produziert Qualitätsstahl<br />
und bekommt nun eine Demonstrationsanlage<br />
zur Stahlherstellung mit<br />
Wasserstoff. Wir betreiben in Hamburg<br />
unser einziges Werk innerhalb der EU<br />
mit einer Direktreduktionsanlage. Diese<br />
Anlage stellt direkt reduziertes Eisen<br />
(„Direct reduced iron“, DRI) als Grundlage<br />
für diverse Produkte her. Im<br />
DRI-Verfahren werden Eisenerzpellets<br />
mit Erdgas, anstelle von Steinkohlenkoks,<br />
zu Eisenschwamm reduziert. Bei<br />
diesem Herstellungsprozess wird<br />
Methan (CH 4 ), der Hauptbestandteil von<br />
Erdgas, aufgespalten und ein Synthesegas<br />
aus Kohlenmonoxid (CO) und Wasserstoff<br />
(H 2 ) gewonnen, das dann zur<br />
Reduktion im DRI-Verfahren genutzt<br />
wird. Das Roheisen – der Eisenschwamm<br />
– wird anschließend im Elektrolichtbogenofen<br />
geschmolzen. Diese<br />
Verfahren sind umweltschonender als<br />
Das mit Wasserstoff reduzierte Roheisen wird im Elektrolichtbogenofen zu hochwertigem<br />
Stahl weiterverarbeitet (Foto: ArcelorMittal)<br />
klassische Hochofenprozesse. Um<br />
1,43 t Eisenoxid im Hochofen zu 1 t<br />
Eisen zu reduzieren, braucht es 160 kg<br />
Kohlenstoff – dabei entstehen 590 kg<br />
CO 2 . Im Schachtofen hingegen werden<br />
<strong>11</strong>1 kg Methan benötigt – 290 kg CO 2<br />
bilden sich. In der Praxis ist die Roheisenherstellung<br />
per Eisenschwamm<br />
nicht ganz so klimafreundlich. In Hamburg<br />
werden 515 kg CO 2 /t Roheisen frei.<br />
Die CO 2 -Mehreinsparungen sind damit<br />
noch nicht immens, doch die Erprobung<br />
der Technologie und der industrielle Einsatz<br />
in der Demonstrationsanlage sind<br />
wichtige Faktoren, um bei ausreichender<br />
und zu erschwinglichen Preisen verfügbarer<br />
erneuerbarer Energie den nächsten<br />
Schritt zu gehen.<br />
Wir sehen den Einsatz von Erdgas als<br />
Brückentechnologie. Unsere Abteilung<br />
für Prozesstechnologie in Hamburg entwickelt<br />
die Verfahren lösungsorientiert<br />
und praxisnah immer weiter. Im Jahr<br />
2017 haben wir mit der Hochschule für<br />
Angewandte Wissenschaften (HAW)<br />
Hamburg in einer Studie untersucht, ob<br />
eine Umstellung des Verfahrens von<br />
Erdgas auf Wasserstoff möglich wäre.<br />
Die Untersuchungen zeigten, dass dieser<br />
Herstellungsprozess technisch<br />
möglich ist. Im September dieses Jahres<br />
haben wir nun die Planung einer<br />
Demonstrationsanlage für ein DRI-Verfahren<br />
mit Wasserstoff beim Technologielieferanten<br />
Midrex in Auftrag gegeben.<br />
Die neue Demonstrationsanlage<br />
im Hamburger Hafen soll Eisenschwamm<br />
in einem industriellen<br />
Umfang von rd. 100.000 t jährlich produzieren.<br />
Den Wasserstoff erzeugen<br />
Damit ihre Unterlieferanten so nicht fertigen, gibt es uns!<br />
Wir überwachen ihre Fertigungen und Montagen weltweit.<br />
Unser Personal ist zertifiziert als IWE und Stufe 3 Prüfer nach ISO und ASNT.<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong><br />
Kontaktieren sie uns:<br />
Prowelt Consulting<br />
Nikolsdorf 156<br />
9782 Nikolsdorf, Austria<br />
Tel. +43 664 2821020<br />
office@prowelt.at
30 | STATEMENT<br />
Eisenerzpellets werden im Hamburger<br />
Werk mit aus Erdgas gewonnenem<br />
Wasserstoff zu Eisenschwamm reduziert<br />
(Foto: ArcelorMittal)<br />
wir dabei zunächst durch Druckwechseladsorption<br />
(DWA) aus dem Restgas<br />
unserer DRI-Bestandsanlage. Dieser<br />
Wasserstoff hat eine Reinheit von über<br />
95 %. Da er noch aus Erdgas stammt,<br />
bezeichnen wir ihn als „grauen Wasserstoff“<br />
und erproben damit den Betrieb<br />
der Anlage. Bei der Nutzung von Wasserstoff<br />
als Reduktionsmittel bleibt als<br />
Nebenprodukt nur noch Wasserdampf,<br />
es werden keine Kohlendioxidemissionen<br />
freigesetzt.<br />
Initiative H 2 H<br />
Mit der „Initiative H 2 H“ testet Arcelor-<br />
Mittal die Produktionsabläufe in einem<br />
industriellen Umfang, um die Prozesse mit<br />
Wasserstoff marktreif zu machen. Dabei<br />
gibt es viel zu tun: Der genaue Aufbau der<br />
Anlage und der Wirkungsgrad müssen<br />
getestet werden. Ebenso, ob die Umstellung<br />
Auswirkungen auf die Qualität des<br />
Eisenschwamms hat und ob es zu Veränderungen<br />
beim Einschmelzverhalten des<br />
Eisenschwammes kommt. Das Element<br />
Wasserstoff hat andere chemische Eigenschaften<br />
als Erdgas, die bei der Umsetzung<br />
berücksichtigt werden müssen. Die<br />
Pläne sind in der Theorie ausgereift und<br />
werden jetzt dem Praxistest unterzogen,<br />
um die neuen Verfahren auszureifen und<br />
marktfähig zu machen.<br />
Betriebswirtschaftlich rentabel ist der<br />
Einsatz von grünem Wasserstoff in der<br />
Stahlherstellung momentan allerdings<br />
noch nicht. Nachhaltig erzeugter Wasserstoff<br />
ist derzeit nicht in größeren Mengen<br />
verfügbar, auch wenn seine Bedeutung in<br />
vielen Branchen und für Projekte im industriellen<br />
Maßstab stark gestiegen ist. Das<br />
Bundeswirtschaftsministerium setzt sich<br />
ebenfalls für die Nutzung und Erforschung<br />
von Wasserstofftechnologien ein und<br />
sieht hier viel Potenzial für die Einhaltung<br />
der Klimaziele. Doch noch ist grüner Wasserstoff<br />
nicht in ausreichender Menge verfügbar.<br />
Daher nutzen wir momentan den<br />
grauen Wasserstoff, dessen Kohlendioxidbilanz<br />
nicht so günstig ausfällt wie bei grünem<br />
Wasserstoff, der mit Strom aus<br />
erneuerbarer Energie per Elektrolyse<br />
erzeugt wird. Die Herstellung von ausreichend<br />
Wasserstoff aus regenerativen<br />
Energien wird noch seine Zeit brauchen.<br />
Kann der graue Wasserstoff durch grünen<br />
ersetzt werden, wird es in Zukunft aber<br />
möglich sein, Stahl fast emissionsfrei zu<br />
produzieren. Voraussetzung dafür ist<br />
jedoch, dass ausreichend grüner Wasserstoff<br />
zu wettbewerbsfähigen Preisen zur<br />
Verfügung steht.<br />
Dieser grüne Wasserstoff könnte mit<br />
Offshore-Windkraftanlagen an der Küste<br />
produziert werden. Die fünf Bundesländer<br />
Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein<br />
und Mecklenburg-Vorpommern<br />
bezeichneten sich selbst in ihrem<br />
Eckpunktepapier zu einer Norddeutschen<br />
Wasserstoffstrategie als „prädestinierte<br />
Region“. Die regenerative Energie könnte<br />
noch in Küstennähe per Elektrolyse in Wasserstoff<br />
umgewandelt und so einfacher<br />
weitertransportiert werden. Dies wäre<br />
jedoch ein Projekt größeren Ausmaßes.<br />
Die Stahlproduktion ist energieintensiv.<br />
Eine Umstellung auf Wasserstoff reduziert<br />
zwar die Emissionen deutlich, nicht jedoch<br />
den grundsätzlichen Energiebedarf. Der<br />
Strom für die Elektrolyse kommt sogar<br />
noch hinzu. Damit dieser Strom zuverlässig<br />
mit Windkraft erzeugt werden kann,<br />
bräuchte ArcelorMittal Hamburg rund 175<br />
große Windräder mit einer Leistung von<br />
850 MW. Der Elektrolichtbogenofen benötigt<br />
zusätzlich in etwa die gleiche Menge<br />
Energie wie die Stadt Kiel. So wird deutlich,<br />
wie entscheidend die Strompreise bei<br />
dieser Frage sind.<br />
Neben den fehlenden Windkraftanlagen<br />
sind auch die Strom- und insbesondere die<br />
Wasserstoffinfrastruktur noch nicht auf<br />
einem Niveau, mit welchem die Stahlindustrie<br />
konsequent auf nachhaltig erzeugte<br />
Energie umstellen könnte. Dies sind nur<br />
einige Beispiele für die vielen Fragen und<br />
Herausforderungen, die bestehen bleiben.<br />
Forschung ist wichtig, um mit der Zeit zu<br />
gehen und zukunftsfähige Herstellungsverfahren<br />
zu entwickeln. Die hohen Strompreise<br />
treiben die CO 2 -Vermeidungskosten<br />
jedoch so stark in die Höhe, dass modernere<br />
Verfahren betriebswirtschaftlich<br />
momentan nicht rentabel eingesetzt werden<br />
können. Hinzu kommen die hohen<br />
Investitionen in alternative Produktionsprozesse<br />
– das Volumen für die Demonstrationsanlage<br />
in Hamburg liegt bei 65 Mio. €.<br />
Diese Mehrfachbelastungen in Kombination<br />
mit immer strengeren Auflagen, wie<br />
den aktuellen Beschlüssen des Klimakabinetts<br />
zum europäischen Emissionsrechtehandel,<br />
setzen die Unternehmen in der<br />
Stahlindustrie zusätzlich unter Druck.<br />
Die Transformation innerhalb der Stahlindustrie<br />
ist theoretisch möglich. Wie sie<br />
sich in der Realität gestalten wird, definieren<br />
nicht zuletzt die politischen Rahmenbedingungen.<br />
Wenn Sektorenkopplung<br />
und der Ausbau der erneuerbaren Energien<br />
nicht gleichermaßen aktiv angegangen und<br />
umgesetzt werden, muss die Branche hinter<br />
ihren Möglichkeiten zurückbleiben.<br />
ArcelorMittal arbeitet fortlaufend daran,<br />
nachhaltiger zu produzieren und investiert<br />
viel in moderne Anlagen, Verfahren und die<br />
Forschung daran. Fehlende politische<br />
Unterstützung kann die Handlungsmöglichkeiten<br />
für Unternehmen in diesem Bereich<br />
einschränken. Dies wäre auch dem Ideenwettbewerb<br />
„Reallabore der Energiewende“<br />
des Bundeswirtschaftsministeriums<br />
nicht zuträglich, der ein Mehr an Forschung<br />
und Investitionen erreichen will. Es wäre<br />
sehr zu bedauern, wenn der Elan und die<br />
Initiativen der Industrie ausgebremst würden.<br />
ArcelorMittal ist entschlossen, seinen<br />
Beitrag zur Umsetzung des internationalen<br />
Klimaabkommens zu leisten. Mit einer soliden<br />
Wasserstoffinfrastruktur und bezahlbarem<br />
regenerativ erzeugten Strom ist eine<br />
grünere Zukunft nur eine Frage der Zeit.<br />
Arcelor Mittal Hamburg geht mit dem Bau<br />
der Demonstrationsanlage für Stahl mit<br />
Wasserstoff voran. Doch die Ziele der<br />
Pariser Klimaschutzkonferenz einzuhalten,<br />
ist eine Gemeinschaftsaufgabe, zu der alle<br />
Akteure ihren Beitrag leisten müssen.<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
STATEMENT | 31<br />
Unsere Geschäftsfelder:<br />
Stahl & Produktion<br />
Umwelt & Recycling<br />
Immobilien & Projekte<br />
Bau & Konstruktion<br />
Freizeit & Tourismus<br />
Bild 1. Standorte der Max Aicher Unternehmensgruppe in Europa und weltweit<br />
Max Aicher Unternehmensgruppe<br />
Nachhaltige Stahlproduktion, Recycling und<br />
Umweltschutz in Bayern<br />
Seit Januar 2015 wird die Max Aicher Unternehmensgruppe von der Max Aicher Stiftung umspannt. Diese<br />
gehört zu den größten privaten Stiftungen Bayerns und dient dem Erhalt des Lebenswerkes von Max Aicher –<br />
und damit der Zukunftssicherung der Unternehmensgruppe.<br />
D<br />
ie weltweit mehr als 4.600 Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter der Max<br />
Aicher Unternehmensgruppe arbeiten<br />
in 18 Ländern, Bild 1, mit Leidenschaft<br />
und Technologie-Know-how an hochwertigen<br />
Produkten sowie intelligenten industriellen<br />
Verfahren und Dienstleistungen für<br />
nachhaltigen Fortschritt. Die Geschäftsfelder<br />
teilen sich in fünf Bereiche auf:<br />
• Stahl und Produktion<br />
• Umwelt und Recycling<br />
• Immobilien und Projekte<br />
• Bau und Konstruktion<br />
• Freizeit und Tourismus.<br />
Der Name Max Aicher steht für Kundenorientierung,<br />
Exzellenz, nachhaltige Wertschöpfung,<br />
Integrität und Teamgeist. Leistung<br />
bedeutet für die Max Aicher<br />
Unternehmensgruppe Wertschöpfung im<br />
Interesse der Kunden. Dabei werden<br />
Werkstoffe und Energie effizient eingesetzt<br />
und es wird mit natürlichen Ressourcen<br />
und Rohstoffen bewusst und sparsam<br />
umgegangen. Außerdem greifen alle Glieder<br />
einer Wertschöpfungskette in den verschiedenen<br />
Geschäftsfeldern der Max<br />
Aicher Unternehmensgruppe – so auch im<br />
Bereich Recycling, Stahl und Umwelt –<br />
ineinander.<br />
Lech-Stahlwerke (LSW)<br />
Das beste Beispiel für diese vertikal integrierte<br />
Unternehmensstruktur ist die Stahlproduktion<br />
in Bayern und hier insbesondere<br />
der Produktionsstandort Meitingen bei<br />
Augsburg, Bild 2. Die Lech-Stahlwerke mit<br />
rd. 800 Mitarbeitern erzeugen jährlich ca.<br />
1,1 Mio. t hochwertigen Qualitäts- und<br />
Baustahl sowie Betonstahl ausschließlich<br />
auf Schrottbasis und recyceln damit jährlich<br />
ca. 1,4 Mio. t Stahlschrott. Seit der ersten<br />
Schmelze am 19. März 1972 wurden<br />
mehr als 35,5 Mio. t Schrott recycelt. Das<br />
entspricht umgerechnet über 44 Mio.<br />
Schrottautos insgesamt und damit einer<br />
gelebten Kreislaufwirtschaft. Als Bayerns<br />
größtes Recyclingunternehmen leisten die<br />
Lech-Stahlwerke einen wesentlichen Beitrag<br />
zur nachhaltigen Ressourcenschonung<br />
und zum Klimaschutz, da der CO 2 -Ausstoß<br />
je Tonne Stahl im Elektrostahlverfahren −<br />
anders als bei der konventionellen Produktion<br />
im Hochofen – um ca. 85 % niedriger<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
32 | STATEMENT<br />
Bild 2. Lech-Stahlwerke, Lech-Stahl Veredelung, Zentrallager der Max Aicher GmbH &<br />
Co. KG und Max Aicher Umwelt in Meitingen (Foto: Max Aicher)<br />
liegt. Im Vergleich zum Oxygenstahl aus<br />
China bedeutet dies eine Verringerung der<br />
CO 2 -Last bei der Elektrostahlproduktion in<br />
Bayern von 1.750 kg/t auf 220 kg/t und<br />
beim Transport gar von 250 kg/t auf 5 kg/t.<br />
Das heißt aber auch, wenn sich die Stahlproduktion<br />
von Bayern in die integrierten<br />
Hütten in z.B. China oder Indien verlagern<br />
würde, wäre global der CO 2 -Ausstoß deutlich<br />
höher als heute. Ein weiteres gutes<br />
Argument für einheimischen Stahl aus Bayern.<br />
Darüber hinaus wurden am Standort<br />
Meitingen im Laufe der letzten fast 50 Jahre<br />
mehr als 5 Mio. t Elektroofenschlacke<br />
als Nebenprodukt der Stahlherstellung produziert.<br />
Dieser mineralische Baustoff kann<br />
natürliche Baustoffe ersetzen und damit<br />
zum nachhaltigen Schutz der Umwelt ganz<br />
wesentlich beitragen (siehe nachfolgend:<br />
MAU, Bild 2 oben links).<br />
In den Jahren 2016 bis 2018 wurde der<br />
Standort Meitingen durch Investitionen in<br />
Anlagentechnik und Umweltschutz von ca.<br />
150 Mio. € für eine erfolgreiche Zukunft<br />
der Stahlerzeugung, der Versorgung der<br />
nachfolgenden stahlverarbeitenden Betriebe<br />
der Max Aicher Gruppe (siehe nachfolgend:<br />
LSV, SAH und RMH) und der Erhaltung<br />
der Arbeitsplätze in der Gruppe<br />
insgesamt langfristig gesichert. Neben der<br />
Umsetzung eines umfangreichen Lärmminderungskonzeptes<br />
wurden vor allem<br />
durch den Umbau der Walzstraße für Qualitätsstahl<br />
(Installation eines Präzisionswalzblockes,<br />
Errichtung eines neuen Kühlbettes,<br />
Neuordnung Logistik und<br />
Gleisanlagen), dem Erwerb zusätzlicher<br />
Betriebsflächen sowie der Errichtung<br />
eines Zentrallagers der Max Aicher GmbH<br />
& Co. KG inklusive der Begründung eines<br />
zusätzlichen Standortes der Lech-Stahl<br />
Veredelung, Bild 2 oben rechts, die Grundlagen<br />
für eine erfolgreiche Zukunft<br />
geschaffen.<br />
Als Arbeitgeber und Geschäftspartner<br />
sind die Lech-Stahlwerke ein unverzichtbarer<br />
Motor des Wirtschaftsraums Augsburg<br />
und Bayern. Stahl wird bei LSW<br />
ausschließlich aus sortiertem Schrott<br />
geschmolzen, der zu ca. 60 % per Bahn<br />
und 40 % per Lkw angeliefert wird. Der<br />
Anteil am Bahntransport wurde in den<br />
letzten Jahren immer weiter gesteigert<br />
und damit der CO 2 -Ausstoß sukzessive<br />
verringert. Die Sortierung und Aufbereitung<br />
des Schrotts erfolgt hierzu bei der<br />
Max Aicher Recycling (siehe nachfolgend:<br />
MAR). In jedem der beiden Elektrolichtbogenöfen<br />
der LSW können in einer<br />
Stunde rd. 100 t Flüssigstahl hergestellt<br />
werden. Das „Fine-Tuning“ des Rohstahls<br />
erfolgt dann in zwei Pfannenöfen<br />
(metallurgische Behandlung, chemische<br />
Analyse und Einstellung der Gießtemperatur)<br />
sowie in zwei Vakuumentgasungsanlagen<br />
(Verbesserung des Reinheitsgrades).<br />
Der Hauptabsatzmarkt ist Deutschland,<br />
jedoch sind die hochwertigen Produkte<br />
der Lech-Stahlwerke auch weltweit vertreten<br />
und spielen bei vielen Kunden eine<br />
– wortwörtlich – tragende Rolle. Sobald<br />
die fertigen Produkte die Qualitätskontrollen<br />
durchlaufen haben, werden sie termingerecht<br />
per Bahn, Lkw oder Schiff ausgeliefert.<br />
Die Lech-Stahlwerke beliefern<br />
Betonstahlbiegereien und die Bauindustrie.<br />
Außerdem gehören die Lech-Stahlwerke<br />
zu den bedeutendsten Lieferanten<br />
der deutschen und europäischen Automobilindustrie<br />
und deren Zulieferbetrieben.<br />
Darüber hinaus versorgt LSW das Stahlwerk<br />
Annahütte sowie das Rohrwerk<br />
Maxhütte mit Rohstranggussknüppeln zur<br />
weiteren Diversifizierung des Produktportfolios.<br />
Stahlwerk Annahütte (SAH)<br />
Das Stahlwerk Annahütte wurde bereits<br />
1537 gegründet und gilt damit als eines<br />
der ältesten Stahlwerke der Welt. Seit dieser<br />
Zeit wird in Hammerau im Berchtesgadener<br />
Land industriell Stahl verarbeitet.<br />
Heute wird die Annahütte durch die<br />
Lech-Stahlwerke mit Knüppeln versorgt,<br />
über 250 Stahlsorten kommen regelmäßig<br />
zum Einsatz. Im Warmwalzwerk und den<br />
Adjustagebetrieben der Annahütte entstehen<br />
drei Produktgruppen: Gewindestahl,<br />
Stabstahl und veredelter Blankstahl. Weiterhin<br />
wird vor Ort ein breites Spektrum an<br />
Zubehör für den Gewindestahl auf modernen<br />
Vollautomaten gefertigt.<br />
Prof. Dr.-Ing. Klaus Krüger, Mitglied der Geschäftsführung, Stahlwerk Annahütte Max Aicher GmbH & Co. KG, Ainring-<br />
Hammerau; Dr. Andreas Hauger, Mitglied der Max-Aicher-Stiftung und Geschäftsführer, Max Aicher GmbH & Co. KG,<br />
Freilassing; Mag. Simon Zeilberger, Geschäftsführer; Markus Kihm, Leiter Umweltmanagement, Lech Stahlwerke<br />
GmbH, Meitingen; Siegfried Gierl, Geschäftsführer, Rohrwerk Maxhütte GmbH, Sulzbach-Rosenberg; Roland Fischer,<br />
Geschäftsführer, Max Aicher Recycling GmbH, Nürnberg; Dr.-Ing. Dirk Mudersbach, Geschäftsführer; B.Eng. Susanne<br />
Schüler, Leiterin Forschung und Entwicklung, Max Aicher Umwelt GmbH, Meitingen.<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
STATEMENT | 33<br />
Bild 3. Stahlwerk Annahütte in Hammerau, links im Vordergrund das Wasserkraftwerk (Foto: Max Aicher)<br />
Beim Stab- und Blankstahl rundet die<br />
Annahütte das Abmessungsspektrum ihrer<br />
Schwesterwerke im dünnen Abmessungsbereich<br />
ab. Die Fertigungstiefe reicht von<br />
schwarzem über gestrahlten, geschälten<br />
und richtpoliertem Stabstahl bis hin zu<br />
gefasten, zentrierten und präzisionsgeschliffenen<br />
Rundstäben, jeweils in verschiedenen<br />
Wärmebehandlungszuständen.<br />
Die Annahütte ist mit diesen Produkten<br />
wichtiger Vormateriallieferant der europäischen<br />
Automobilzulieferindustrie, weiterhin<br />
beliefert sie Kunden im Maschinen- und<br />
Anlagenbau sowie der Energiewirtschaft.<br />
Mit ihren Gewindestahlsystemen, die für<br />
den Einsatz im technischen Ingenieurbau<br />
produziert werden, ist die Annahütte als<br />
Marktführer weltweit mit 16 Tochterfirmen<br />
und Beteiligungen vertreten. Vielzählige faszinierende<br />
und ambitionierte Bauwerke wurden<br />
und werden beliefert. Exemplarisch sind<br />
der Capital Gate Tower in Abu Dhabi, das<br />
One World Trade Center in New York und der<br />
Lotte World Tower in Seoul zu nennen.<br />
Nachhaltigkeit wird in der gesamten<br />
Max Aicher Unternehmensgruppe und<br />
damit auch bei der Annahütte großgeschrieben,<br />
sowohl bei der Energie- als auch<br />
bei der Rohstoffversorgung. Die seit Jahrhunderten<br />
zur Stahlverarbeitung genutzte<br />
Wasserkraft der Saalach ist weiterhin von<br />
Bedeutung. Über ihre drei Wasserturbinen<br />
versorgt sich die Annahütte bereits heute<br />
zu gut einem Drittel selbst mit Strom,<br />
Bild 3. Eine vierte Turbine wird 2020 in<br />
Betrieb genommen, weitere Wasserkraftprojekte<br />
sind in der Projektierung. Darüber<br />
hinaus kommen als Rohstoff die aus lokalem<br />
Stahlschrott recycelten Knüppel der<br />
Lech-Stahlwerke zum Einsatz, deren Anlieferung<br />
ausschließlich per Bahn erfolgt.<br />
Rohrwerk Maxhütte (RMH)<br />
Die Kernkompetenz des Rohrwerks Maxhütte<br />
liegt seit über 60 Jahren in der Herstellung<br />
und Anarbeitung nahtloser Rohre,<br />
Bild 4. Von den Produktionsstandorten<br />
Sulzbach-Rosenberg in Deutschland und<br />
weiteren Standorten in Kroatien und<br />
Polen beliefert RMH Kunden aus den<br />
Marktsegmenten Handel, Automobil,<br />
Industrie und Energie. Eine integrierte<br />
Wertschöpfungskette, die sich von der<br />
Entwicklung der Lösung über die Stahlerzeugung<br />
und Rohrfertigung bis zur<br />
Oberflächentechnik und Bearbeitung<br />
erstreckt. Bereits die individuell abgestimmte<br />
Erzeugung des Vormaterials bei<br />
den Lech-Stahlwerken entscheidet mit<br />
über die guten Eigenschaften der Produkte<br />
des Rohrwerks Maxhütte. Die daraus<br />
warmgefertigten Rohre und die hohe<br />
Qualität der nahtlosen Präzisionstahlrohre<br />
eignen sich für unterschiedlichste,<br />
anspruchsvolle Anwendungen. Der hohe<br />
Nutzen dieser Produkte wird in enger<br />
Zusammenarbeit mit den Kunden mit individuell<br />
abgestimmten Logistik- und Serviceleistungen<br />
ergänzt. Am Produktionsstandort<br />
Sulzbach-Rosenberg erzeugen<br />
rd. 450 Mitarbeiter bis zu 100.000 t Stahlrohre<br />
im Jahr.<br />
Lech-Stahl Veredelung (LSV)<br />
Der Werkstoff Stahl ist grundsätzlich ein<br />
Beispiel für gelebte Kreislaufwirtschaft<br />
und Nachhaltigkeit. Stahl ist beliebig oft<br />
und nahezu ohne Qualitätsverluste recycelbar.<br />
In den zwei Walzstraßen der<br />
Lech-Stahlwerke werden die Rohstranggussknüppel<br />
zu hochwertigem Qualitätsund<br />
Baustahl sowie zu Betonstahl weiterverarbeitet.<br />
Durch die Qualitätssicherung<br />
und Prozessoptimierung können Kundenanforderungen<br />
mit sehr engen Toleranzen<br />
stets erfüllt und die Werkstoffe kontinuierlich<br />
weiterentwickelt werden. So kann den<br />
Kunden ein Höchstmaß an Qualität und<br />
Sicherheit beim Einsatz der bei den<br />
Lech-Stahlwerken hergestellten Produkte<br />
garantiert werden. Weitergehende<br />
Bearbeitung und Veredelung des Qualitäts-<br />
und Baustahls bei der Lech-Stahl Veredelung<br />
an drei Standorten in Bayern bil-<br />
Bild 4. Rohrwerk Maxhütte in Sulzbach-Rosenberg<br />
(Foto: Max Aicher)<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
34 | STATEMENT<br />
Bild 5. Max Aicher Recycling in Nürnberg (Foto: Max Aicher)<br />
det die abschließende Stufe der<br />
Wertschöpfungskette. Mit dem Einsatz<br />
modernster Veredelungsanlagen, wie z.B.<br />
Schäl- und Einzelstab-Induktiv-Vergüteanlagen,<br />
setzt die Max Aicher Unternehmensgruppe<br />
neue Maßstäbe.<br />
Das Erfolgsrezept der Max Aicher<br />
Unternehmensgruppe stellt dabei die<br />
kompakte aber gleichzeitig vielschichtige<br />
Unternehmensstruktur dar. LSW bildet<br />
mit ihren Beteiligungen die gesamte<br />
Bandbreite der stahlbezogenen Wertschöpfung<br />
selbst ab. Dies beinhaltet<br />
sowohl einen signifikanten Anteil an<br />
Eigenversorgung durch den Rohstoff<br />
Schrott (MAR), eine nachhaltige Stahlherstellung<br />
(LSW), eine vertiefte Komponente<br />
an Veredelungsstufen (LSV) und<br />
schlussendlich auch die Verwertung aller<br />
Reststoffe und Nebenprodukte der Stahlproduktion<br />
(MAU). Die Umsetzung dieser<br />
Strategie erfolgt u.a. durch die kontinuierliche<br />
Entwicklung der LSW-Beteiligungen<br />
Lech-Stahl Veredelung, Max Aicher Recycling<br />
und der eigenständigen Max Aicher<br />
Umwelt.<br />
Max Aicher Recycling (MAR)<br />
Als Unternehmen der Max Aicher Unternehmensgruppe<br />
wurde 1996 die Max<br />
Aicher Recycling gegründet. Das Ziel war<br />
hierbei die Erweiterung der Wertschöpfungskette<br />
sowie die krisensichere<br />
Schrottversorgung für die LSW. Im Jahr<br />
1997 startete der operative Betrieb mit der<br />
Übernahme eines bestehenden Recyclingbetriebs<br />
in Nürnberg, Bild 5. In den folgenden<br />
Jahren entstand ein in vielfältigen<br />
Bereichen der Recyclingwirtschaft tätiges<br />
Unternehmen, in dem mittlerweile fast<br />
100 Mitarbeiter an vier Standorten in Bayern<br />
beschäftigt sind. Als weitere zielgerichtete<br />
Ergänzung wurde im Jahr 2010<br />
eine strategische Beteiligung einer Schrotthandels-<br />
und Aufbereitungsfirma mit Firmensitz<br />
unmittelbar vor den Werkstoren<br />
der LSW umgesetzt. Ebenfalls im Jahr<br />
2010 wurde die B&A Metallaufbereitungs-GmbH<br />
gegründet und nahm 2013<br />
ihren operativen Betrieb im Hafen von<br />
Nürnberg auf. Die Aufgabe dieser Unternehmung<br />
ist die vollständige trockenmechanische<br />
Aufbereitung von Metallmischfraktionen<br />
aus den Großaggregaten der<br />
MAR. Hierbei kommen modernste sensorgestützte<br />
Sortieranlagen zum Einsatz. Der<br />
technologische Ansatz der B&A ist einmalig<br />
in Deutschland und wird durch stetige<br />
Verbesserungen fortgeführt.<br />
MAR betreibt mehrere Großaggregate<br />
zur Schrottaufbereitung (Schrottschere,<br />
Shredderanlage, Brennschneidanlage) in<br />
Bayern und beliefert LSW sowie weitere<br />
Stahlwerke und Gießereien in ganz Europa<br />
mit fertig aufbereiteten Schrottsorten.<br />
Neben der reinen Behandlung von Vormaterialien<br />
zur Stahlerzeugung ist MAR auch<br />
als kompetenter Partner von Industriebetrieben<br />
in Fragen der Ent- und Versorgung<br />
sowie zusätzlich bei umweltstrategischen<br />
Fragestellungen etabliert. MAR leistet<br />
damit einen wichtigen Beitrag zur Schonung<br />
unserer natürlichen Ressourcen und<br />
der Energieeinsatz zur Herstellung von<br />
Rohstahl wird eingespart.<br />
Max Aicher Umwelt (MAU)<br />
Neben dem umweltschonenden Stahlrecycling<br />
und der nachhaltigen Stahlproduktion<br />
an den unterschiedlichen Standorten<br />
der Max Aicher Unternehmensgruppe ist<br />
es auch ein Beitrag zum Umweltschutz,<br />
dass die Max Aicher Umwelt nicht nur die<br />
Reststoffe und Nebenprodukte der Stahlproduktion<br />
in Meitingen aufbereitet, sondern<br />
auch nachhaltig verwertet. Deswegen<br />
ist es ein besonderes Anliegen der<br />
Max Aicher Unternehmensgruppe, auch<br />
bei Forschung und Entwicklung im<br />
Bereich der Nebenprodukte der Elektrostahlproduktion<br />
eine Vorreiterrolle einzunehmen.<br />
Ein Zeichen dieser Bemühungen,<br />
die Elektroofenschlacke auch in<br />
Bayern „salonfähig“ zu machen, ist, dass<br />
die Max Aicher Umwelt die nwg-Einstufung<br />
(Nicht-Wasser-Gefährdung) dieses<br />
Materials für ganz Deutschland im „Rigoletto“<br />
am 24. August 2015 erreicht hat<br />
und die beiden Schlackentypen aus der<br />
Stahlherstellung (Elektroofen- und Pfannenofen-Schlacke)<br />
seit dem 10. August<br />
2017 unter Kennnummer 9147 und 9148<br />
auch im Bundesanzeiger als nicht wassergefährdend<br />
veröffentlicht sind.<br />
Ausdruck des wissenschaftlichen<br />
Engagements ist die Teilnahme der Forschungs-<br />
und Entwicklungsabteilung der<br />
Max Aicher Umwelt an vielen unterschiedlichen<br />
europäischen und nationalen<br />
Forschungsprojekten. PROEOS zum<br />
Beispiel ist inzwischen sogar eine europäisch<br />
geschützte Marke und geistiges<br />
Eigentum der Max Aicher GmbH & Co. KG<br />
sowie Sinnbild für die Aktivität des Schlackenaufbereiters<br />
und -vermarkters<br />
gemeinsam mit dem Stahlwerk und der<br />
Umweltabteilung der Lech-Stahlwerke,<br />
die nachhaltige Nutzung von Nebenprodukten<br />
aus dem Elektrostahlherstellungsprozess<br />
voranzutreiben. Aus dem werksinternen<br />
Projekt zum Status quo der<br />
Elektroofenschlackenqualität in Meitingen<br />
aus dem Jahr 20<strong>11</strong> mit dem Akronym<br />
PROEOS (Produkt Elektroofenschlacke)<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
Bild 6. Im Schlackenbeet kann im Rahmen<br />
der Charakterisierung der Elektroofenschlacke<br />
nach PROEOS-Optimierungsmaßnahmen<br />
die Probenahme erfolgen<br />
(Foto: Max Aicher)<br />
STATEMENT | 35<br />
entwickelte sich im Laufe der letzten acht<br />
Jahre das zwischenzeitlich auch durch die<br />
AiF geförderte Forschungsvorhaben<br />
PROEOS I und jüngst auch das Nachfolgeprojekt<br />
PROEOS II unter Koordination<br />
des FEhS-Instituts für Baustoff-Forschung<br />
in Duisburg und der Beteiligung<br />
des VDEh-Betriebsforschungsinstituts in<br />
Düsseldorf. Zum Abschluss des Nachfolgeforschungsvorhabens<br />
wird PROEOS<br />
dann sogar sein zehnjähriges Jubiläum<br />
feiern können. Dies zeigt zum einen die<br />
Kontinuität der Schlackenforschung in<br />
Deutschland, aber zum anderen auch den<br />
scheinbar unendlichen Kampf gegen die<br />
Windmühlen der Politik, Behörden und<br />
Schlackenskeptiker.<br />
Neben einer Vielzahl an Ergebnissen<br />
zur Charakterisierung der Elektroofenschlacke,<br />
Bild 6, im Rahmen von<br />
PROEOS wurden auch Behandlungsmaßnahmen<br />
an der schmelzflüssigen<br />
Schlacke sowie Maßnahmen in der Aufbereitung<br />
und Nachbehandlung der<br />
erstarrten Elektroofenschlacke entwickelt<br />
und teilweise schon in die Betriebspraxis<br />
des Stahlwerks überführt. Als Beispiele<br />
für diese bereits umgesetzten<br />
Entwicklungen seien an dieser Stelle nur<br />
zwei Maßnahmen kurz erwähnt: erstens<br />
die Konditionierung der schmelzflüssigen<br />
Schlacke direkt beim Abstich aus<br />
dem Elektrolichtbogenofen der<br />
Lech-Stahlwerke und zweitens die Konditionierung<br />
des Betriebswassers auf<br />
der Schlackenaufbereitungsanlage der<br />
Max Aicher Umwelt.<br />
Fazit<br />
Weltweit beruhen mehr als ein Drittel der<br />
Rohstahlproduktion auf dem Einsatz von<br />
Stahlschrott. In der aktuellen Klimadiskussion<br />
ist daher festzuhalten, dass Stahlrecycling,<br />
Elektrostahlproduktion und Nutzung<br />
von Schlacken praktizierter Umweltschutz<br />
sind. Die Max Aicher Unternehmensgruppe<br />
leistet in Bayern, Deutschland, Europa<br />
und weltweit ihren Beitrag dazu.<br />
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36 | STATEMENT<br />
Primetals Technologies will Umwelt für künftige Generationen bewahren<br />
Die Zukunft der Stahlerzeugung ist grün<br />
Die Zukunft der Stahlerzeugung muss grün und nachhaltig sein, ist Satoru Iijima, CEO von Primetals<br />
Technologies, überzeugt. In diesem Artikel zeigt S. Iijima auf, dass die gesellschaftlichen und politischen<br />
Reaktionen auf den Klimawandel global sehr unterschiedlich ausfallen – mit weitreichenden Konsequenzen für<br />
die Stahlindustrie. Weltweit einheitliche Klimaziele werden schwer zu etablieren sein, glaubt S. Iijima, aber<br />
dennoch können Stahlproduzenten mit gezielten Maßnahmen und innovativen Lösungen ihren langfristigen<br />
Erfolg sicherstellen.<br />
W<br />
enn Sie die Nachrichten verfolgen,<br />
wird Ihnen der Name Greta<br />
Thunberg bekannt sein. Im September<br />
<strong>2019</strong> – dem Zeitpunkt, an dem ich<br />
diesen Artikel schreibe – hat die junge Klimaaktivistin<br />
gerade per Segelboot den<br />
Atlantik überquert, um vor den Vereinten<br />
Nationen zu sprechen. Die Reise vom englischen<br />
Plymouth nach New York dauerte<br />
knapp 15 Tage und war durchaus entbehrungsreich:<br />
Das Boot hatte weder normale<br />
Betten noch Toiletten oder abgetrennte<br />
Räume. Es war keine komfortable Art zu<br />
reisen, aber dafür eine klimaneutrale. Das<br />
Boot hatte Solaranlagen und Wasserkraftgeneratoren<br />
installiert, um den Stromverbrauch<br />
sicherzustellen, und die Antriebsform<br />
war Wind.<br />
Globale Klimaziele<br />
In vielen Gesellschaften zeichnet sich eine<br />
neue Haltung ab, die sich in gewandelten<br />
Werten und Prioritäten niederschlägt –<br />
und in einer veränderten Vorstellung<br />
davon, was technologische Innovation<br />
ausmacht. Zahlreiche Regierungen und Firmen<br />
haben sich zu Klimazielen verpflichtet.<br />
Allerdings gibt es einen Punkt, in dem<br />
sie sich teils gravierend unterscheiden,<br />
nämlich den Zeitpunkt, bis zu dem sie ihr<br />
Ziel erreichen wollen.<br />
Nicht weniger als 77 Länder – darunter<br />
Großbritannien, Frankreich, Deutschland<br />
und Österreich – planen, den Ausstoß von<br />
Treibhausgasen bis 2050 auf null zu reduzieren.<br />
Finnland will bis 2035 klimaneutral<br />
sein, während Norwegen dies für 2030<br />
plant und vorhat, die Zulassung neuer Benziner<br />
und Dieselautos ab 2025 zu verbieten.<br />
Und obwohl die Regierung der Vereinigten<br />
Staaten sich noch keinem<br />
Klimaziel verschrieben hat, haben doch<br />
einige amerikanische Bundesstaaten die<br />
Initiative ergriffen – unter anderem Kalifornien,<br />
New Mexico und Washington. Sie<br />
alle beabsichtigen, künftig ausschließlich<br />
erneuerbare Energiequellen zu verwenden.<br />
Auch in der Privatwirtschaft gibt es Klimainitiativen.<br />
Das Spektrum der Akteure<br />
rankt von kleinen Firmen bis hin zu internationalen<br />
Großkonzernen. Amazon, einer<br />
der Riesen im Bereich des Onlinehandels,<br />
hat sich kürzlich dazu verpflichtet, bis 2040<br />
CO 2 -neutral zu sein. Siemens, einer der<br />
zwei primären Gründerkonzerne von<br />
Primetals Technologies, peilt 2030 an und<br />
sieht vor, seine Produktionsstätten ausschließlich<br />
mit grüner Energie zu betreiben.<br />
Andere Firmen haben ähnliche Vorhaben<br />
angekündigt, und wenn ihnen dafür<br />
nun Aufmerksamkeit und Medieninteresse<br />
zuteilwird, so haben sie diese verdient.<br />
Allerdings sehe ich im Umfeld von Klimaneutralität<br />
und Emissionszielen auch eine<br />
zentrale Herausforderung, von der ich<br />
glaube, dass sie bisweilen übersehen oder<br />
unterschätzt wird.<br />
Ein gemeinsames Ziel<br />
Um diese Herausforderung zu beschreiben,<br />
möchte ich Greta Thunberg zitieren.<br />
Nach ihrem Eintreffen in New York am<br />
Ende ihrer langen Atlantiküberquerung<br />
wandte sie sich an die Presse und sagte:<br />
„Wir müssen geschlossen die Initiative<br />
ergreifen und handeln, denn sonst könnte<br />
es zu spät sein.“ Sie fügte hinzu, die „Klimakrise<br />
ist eine globale ökologische Krise<br />
und die größte, die die Menschheit je<br />
gesehen hat.“ Nun bin ich von Thunbergs<br />
Mut sehr beeindruckt und bin auch überzeugt<br />
davon, dass unser Planet von einem<br />
nachhaltigeren Umgang mit seinen Ressourcen<br />
profitieren wird. Aber ich denke<br />
auch, dass es eine Hürde gibt, über die wir<br />
nicht hinwegsehen sollten. Die Vorstellung,<br />
es gebe ein „wir“, das es vermag, die<br />
Gesamtheit der Weltbevölkerung in sich<br />
zu vereinen, kann dazu führen, dass Dinge<br />
einfacher erscheinen als sie sind. Dieses<br />
Satoru Iijima, CEO und Vorstandsvorsitzender, Primetals Technologies, Ltd.,<br />
London, Großbritannien.<br />
Satoru Iijima, CEO und Vorstandsvorsitzender<br />
von Primetals Technologies<br />
(Foto: Primetals Technologies)<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
STATEMENT | 37<br />
„wir“ ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit.<br />
Global betrachtet sind die Diskrepanzen<br />
im Umgang mit Nachhaltigkeit gewaltig.<br />
Wie ein aktuelles Dokument der Weltbank<br />
zeigt, hat beispielsweise Japan zwar eine<br />
CO 2 -Steuer implementiert, sieht aber keinen<br />
Handel mit Emissionszertifikaten vor.<br />
In Australien ist es genau umgekehrt. China<br />
hat keine der beiden Maßnahmen<br />
umgesetzt, plant jedoch, einen Zertifikatshandel<br />
zu etablieren. In Mexiko gibt es<br />
eine CO 2 -Steuer, von der Industriebetriebe<br />
aber ausgenommen sind. Alleine schon<br />
diese Beispiele zeigen, wie groß die Unterschiede<br />
in einzelnen Ländern sind, was<br />
den Umgang mit Klimapolitik angeht.<br />
Unter diesen Voraussetzungen eine<br />
gemeinsame globale Linie – ein kollektives<br />
„wir“ – zu finden, wird nur mit immensem<br />
Aufwand möglich sein.<br />
Grüne Stahlproduktion<br />
sie dabei unterstützen, ihren langfristigen<br />
Erfolg sicherzustellen.<br />
Weniger Emissionen<br />
Eines der ausgewiesenen Ziele der Stahlindustrie<br />
besteht in der Reduktion der<br />
von ihr verursachten CO 2 -Emissionen.<br />
Ich sehe hier einen Prozess, der schrittweise<br />
erfolgen und zunächst auf<br />
Technologien setzen wird, die Kohlenstoffabscheidung,<br />
-speicherung und -verwertung<br />
realisieren. Es ist ein bemerkenswerter<br />
Umstand, dass CO 2 sich in<br />
Plastik, Beton und Biotreibstoff verwandeln<br />
lässt – diese Umwandlungsprozesse<br />
sind zwar energieintensiv, doch wenn<br />
erneuerbare Energie erst einmal<br />
erschwinglicher geworden ist, werden<br />
sie ihr Potenzial voll entfalten können.<br />
Immer wenn wir von Primetals<br />
auch flüchtige organische Verbindungen,<br />
Quecksilber und Blei. Meros hat sich den<br />
Ruf erworben, die zuverlässigste und effizienteste<br />
Lösung zur Emissionsabsenkung<br />
im Bereich des Sinterns zu sein. Deshalb<br />
haben wir ihr Funktionsprinzip erweitert<br />
und auf andere Bereiche der Prozesskette<br />
übertragen – mit Merim für den Hochofen<br />
und Mercon, das sich im finalen Stadium<br />
der Entwicklung befindet und sich den<br />
Emissionen im Rahmen des LD-Verfahrens<br />
widmet.<br />
Energieeinsparungen<br />
Zahlreiche Stahlproduzenten in China<br />
und anderen Ländern sind im Begriff, von<br />
der integrierten Stahlerzeugungsroute<br />
zur elektrischen zu wechseln. Erfreulicherweise<br />
wirkt sich das positiv auf Primetals<br />
Technologies aus – und auch auf<br />
Diese Heterogenität ist freilich kein Grund,<br />
untätig zu bleiben. Vielmehr ist es an<br />
jedem, der einen Betrag leisten kann, dies<br />
auch zu tun und Verantwortung zu übernehmen.<br />
Nur so kann eine nachhaltigere<br />
Weltwirtschaft Realität werden. Das gilt<br />
auch für uns, die wir in der Stahlindustrie<br />
arbeiten. Bei Primetals Technologies<br />
unternehmen wir viele Anstrengungen,<br />
um diesem ethischen Standard gerecht zu<br />
werden. Wir wollen mehr tun als nur<br />
„unseren Beitrag zu leisten“. Es ist unser<br />
erklärtes Ziel, diejenigen Technologien zu<br />
entwickeln, die die Zukunft der Stahlerzeugung<br />
ausmachen werden – und das für<br />
Dekaden, damit unsere Welt grüner und<br />
ressourceneffizienter wird.<br />
Um dies zu erreichen, braucht es mehr<br />
als nur einen Lösungsansatz. Wie erwähnt<br />
sind die Klimaziele und die entsprechenden<br />
Maßnahmen in unterschiedlichen Ländern<br />
sehr divers – und damit auch die<br />
Bedingungen, die für Stahlproduzenten an<br />
ihren Standorten gelten. Gerade international<br />
agierende Produzenten beobachten<br />
deswegen sehr genau die Entwicklung<br />
und richten ihre strategischen Pläne entsprechend<br />
der sich abzeichnenden Veränderungen<br />
aus – gerade in Hinblick auf<br />
Investitionen und technologische Neuerungen.<br />
Es ist mir ein großes Anliegen,<br />
dass sie von Primetals Technologies optimal<br />
betreut werden, egal, wo auf der Welt<br />
sie sich befinden und was ihre besonderen<br />
Herausforderungen ausmacht. Wir wollen<br />
Die grüne Zukunft der Stahlerzeugung hängt von Pionierleistungen ab (Foto: Primetals<br />
Technologies)<br />
Technologies von unseren Kunden mit<br />
Modernisierungen betraut werden, achten<br />
wir darauf, ihnen die „grünsten“<br />
Lösungen anzubieten, mit denen sich<br />
eine Reduktion der Emissionen und eine<br />
höhere Energieeffizienz erzielen lassen.<br />
Natürlich ist CO 2 nicht die einzige<br />
Abgaskomponente, auf die wir reagieren<br />
müssen. Das von Primetals Technologies<br />
entwickelte Meros-System vereint sechs<br />
Lösungen in einer, was die Abgasreinigung<br />
bei Sinteranlagen angeht. Sie ist eine Entstaubungs-,<br />
Entschwefelungs- und Denitrifikationsanlage,<br />
und sie entfernt zudem<br />
die Umwelt. Unser EAF Quantum findet<br />
derzeit großen Absatz; es handelt sich<br />
hierbei um einen Elektrolichtbogenofen<br />
mit einem speziellen Chargiersystem,<br />
der in der Lage ist, den Schrott vorzuheizen,<br />
bevor dieser ins Ofeninnere gelangt.<br />
Als Energiequelle für das Vorheizen wird<br />
das heiße Abgas des Ofens selbst verwendet.<br />
Das Ergebnis sind signifikante<br />
Energieeinsparungen. Der EAF Quantum<br />
hat zudem eine bemerkenswerte<br />
Schmelzfolgezeit von nur 33 Minuten. In<br />
den nächsten 18 Monaten werden nicht<br />
weniger als elf neue EAF Quantum-Öfen<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
38 | STATEMENT<br />
den Betrieben und ökonomische Amortisationszeiten.<br />
Mein Chief Technology Officer und ich<br />
haben die Teams unserer Forschung und<br />
Entwicklung angewiesen, grünen Stahlerzeugungstechnologien<br />
besondere Priorität<br />
zu geben. Wir werden zahlreiche innovative<br />
Neuerungen präsentieren und<br />
echte Durchbrüche verzeichnen – wie<br />
etwa folgende Pionierleistung, von der ich<br />
Ihnen schon heute berichten kann: Wir<br />
haben eine kohlenstofffreie, wasserstoffbasierte<br />
Direktreduktionslösung entwickelt.<br />
Diese verwendet als Einsatzmaterial<br />
Eisenerzkonzentrat, das direkt aus der Erzaufbereitung<br />
stammt, und erfordert weder<br />
Sintern noch Pelletieren. Als primäres<br />
Reduktionsmittel wird ausschließlich Wasserstoff<br />
herangezogen, der sich seinerseits<br />
mit erneuerbaren Energien erzeugen<br />
lässt. Die erste Pilotanlage entsteht derzeit<br />
in Partnerschaft mit dem Stahlproduzenten<br />
voestalpine und wird im zweiten<br />
Quartal 2020 in Betrieb gehen. Ich bin<br />
sehr stolz auf diese Technologie und absolut<br />
zuversichtlich, dass sie der Welt der<br />
Stahlerzeugung einen starken, positiven<br />
Impuls geben wird.<br />
Mut zur Veränderung<br />
Das bahnbrechende kohlenstofffreie, wasserstoffbasierte Direktreduktionsverfahren von<br />
Primetals Technologies (CAD-Zeichnung der Pilotanlage) (Foto: Primetals Technologies)<br />
den Betrieb aufnehmen; gemeinsam<br />
werden sie 13 Mio. t Stahl pro Jahr erzeugen.<br />
Ich bin überzeugt, dass das Kundeninteresse<br />
am EAF Quantum hoch bleiben<br />
wird.<br />
Anlagen kompakter zu gestalten, ist ein<br />
weiteres probates Mittel, um Energie zu<br />
sparen. Arvedi Endless Strip Production<br />
wird exklusiv von Primetals Technologies<br />
angeboten und vereint Dünnbrammenguss<br />
und Warmwalzen in einem kompakten<br />
Layout. Im Vergleich zu einer konventionellen<br />
Produktionslinie benötigt Arvedi<br />
ESP nur 55 % der erforderlichen Energie.<br />
Auch der CO 2 -Ausstoß ist um ganze 39 %<br />
niedriger. Arvedi ESP ist die einzige<br />
Lösung am Markt, die echten endlosen<br />
Betrieb ermöglicht.<br />
Innovation für die Umwelt<br />
Unsere ECO Solutions decken alle Bereiche<br />
der Stahlproduktion ab und machen<br />
sie grüner. Diese Lösungen ermöglichen<br />
die Rückgewinnung und selektive Rückführung<br />
von Abwärme, tragen zur Minimierung<br />
des Wasserverbrauchs bei und<br />
verbessern die Effizienz der Wasseraufbereitung.<br />
Zudem wandeln sie Abfallprodukte<br />
in wertvolle Rohstoffe um, die in anderen<br />
Industrien Verwendung finden, und<br />
tragen so dazu bei, Energiekosten zu senken.<br />
Insgesamt ermöglichen es unsere<br />
ECO Solutions, Ressourcen zu sparen und<br />
Mehrwert zu schaffen, wodurch sie zu größerer<br />
Nachhaltigkeit führen. Weitere Vorteile<br />
sind die erhöhte Arbeitssicherheit in<br />
Wir haben nur einen Planeten, eine<br />
Zukunft, und eine Mission im Hinblick<br />
auf die Umwelt: Für Primetals<br />
Technologies geht es darum, Verantwortung<br />
zu übernehmen und Lösungen zu<br />
schaffen, die dem Menschen und der<br />
Natur dienen. Viele Gesellschaften<br />
haben bereits wichtige erste Schritte in<br />
Richtung größerer Nachhaltigkeit gesetzt<br />
– und ich bin überzeugt, dass noch mehr<br />
Veränderung bevorsteht. Für Stahlproduzenten<br />
wird der Übergang zu einer kohlenstoffarmen<br />
Ökonomie nicht ohne<br />
Herausforderungen ablaufen. Und doch<br />
bin ich sicher, dass es uns gelingen wird,<br />
die Stahlindustrie zukunftssicher zu<br />
machen und unsere Umwelt für künftige<br />
Generationen zu bewahren. Gemäß<br />
unserem Firmenslogan „Pioneers at<br />
Heart“ sind wir auf einer Pionierreise –<br />
einer Reise, die wir gemeinsam mit<br />
unseren Kunden angetreten sind. Diese<br />
Reise wird Mut zur Veränderung erfordern<br />
und echten technologischen Fortschritt<br />
zeitigen. Und sie wird uns in eine<br />
neue Zukunft führen – eine Zukunft, in<br />
der Stahl noch grüner, noch nachhaltiger<br />
produziert wird.<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
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40 | STATEMENT<br />
Paul Wurth stellt sich den Megatrends „Decarbonisierung“ und „Industrie 4.0“<br />
Eine Industrie im Wandel<br />
An der Seite unserer Kunden erleben wir jeden Tag, dass die Stahlbranche aktuell mit großen<br />
Herausforderungen, besonders in der Energie- und Klimapolitik konfrontiert ist. Mit rd. 7 % der globalen CO 2 -<br />
Emissionen zählt die Eisen- und Stahlindustrie zu den größten industriellen Emittenten von Treibhausgasen. Im<br />
Hinblick auf die Ziele des Pariser Klimaabkommens zur Begrenzung der globalen Erderwärmung müssen<br />
Stahlwerkseigner und -betreiber drastische Maßnahmen ergreifen, um den Vorgaben für die zukünftige<br />
Reduzierung der CO 2 -Emissionen nachzukommen. Eines der heute wahrscheinlichsten Szenarien, das auch wir<br />
als Anlagenbauer befürworten, ist die wasserstoffbasierte Eisenerzreduktion, bei der grüner Wasserstoff den<br />
fossilen Kohlenstoff im Reduktionsprozess ersetzt. Eine besondere Herausforderung dabei ist aber die Produktion<br />
von erneuerbarem Wasserstoff im industriellen Maßstab und nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten.<br />
Georges Rassel, Vorstandsvorsitzender,<br />
Paul Wurth und Geschäftsbereichsleiter<br />
Metallurgie und Umweltschutz, SMS<br />
group GmbH (Foto: Mike Zenari)<br />
W<br />
ährend verschiedene unserer<br />
Kunden, wie Salzgitter, thyssenkrupp<br />
und Tata Steel, den technologischen<br />
Umstieg auf wasserstoffbasierte<br />
Stahlherstellung heute schon<br />
konkret ins Auge fassen und bis 2050 vollziehen<br />
möchten, versuchen andere integrierte<br />
Hüttenwerke die CO 2 -Bilanz ihrer<br />
koksbasierten Hochofentechnik über eine<br />
schrittweise Umsetzung von CO 2 -reduzierenden<br />
Maßnahmen zu verbessern. So<br />
wie Paul Wurth über Jahrzehnte die Technik<br />
der traditionellen Roheisenherstellung<br />
dank seiner revolutionären Erfindungen,<br />
wie etwa dem glockenlosen Gichtverschluss,<br />
geprägt hat, möchten wir auch<br />
heute unsere Kunden auf dem Weg zu<br />
einer CO 2 -armen bzw. CO 2 -freien Eisenerzreduktion<br />
begleiten, Bild 1.<br />
Hin zu grünem Stahl<br />
Unsere Überlegungen zum Einsatz von<br />
Wasserstoff in der Roheisenherstellung<br />
brachten uns in Kontakt mit dem deutschen<br />
Clean-Tech-Unternehmen Sunfire GmbH<br />
aus Dresden, an dem wir im Dezember<br />
2018 eine Minderheitsbeteiligung übernahmen.<br />
Sunfire entwickelt und produziert<br />
eigene Hochtemperatur-Elektrolyseure<br />
(SOEC) und Hochtemperatur-Brennstoffzellen<br />
(SOFC). Grüner Wasserstoff wird auf<br />
Basis von Ökostrom in der effizienten<br />
Hochtemperatur-Elektrolyse durch Nutzung<br />
von Abwärme in Form von Wasserdampf<br />
etwa aus Industrieprozessen erzeugt.<br />
Georges Rassel, Vorstandsvorsitzender, Paul Wurth und Geschäftsbereichsleiter<br />
Metallurgie und Umweltschutz, SMS group GmbH, Düsseldorf.<br />
In der Stahlerzeugung über die Wasserstoff-Route<br />
reduziert der erzeugte Wasserstoff<br />
das Eisenerz in einer Direktreduktionsanlage.<br />
Danach würde in einem mit<br />
erneuerbarer Energie betriebenen Elektrolichtbogenofen<br />
grüner Stahl produziert<br />
werden. Als Lizenznehmer für den Bau von<br />
Midrex ® -Direktreduktionsanlagen und<br />
angesichts der führenden Position der<br />
SMS group im Bereich Elektroöfen sind<br />
wir optimal aufgestellt, die Entwicklung<br />
innovativer, CO 2 -freier Lösungen zur Stahlherstellung<br />
voranzutreiben, Bild 2.<br />
Zusammen mit Sunfire, Paul Wurth und<br />
anderen Partnern ist der Salzgitter-Konzern<br />
derzeit dabei, die weltweit leistungsstärkste<br />
Hochtemperatur-Elektrolyse<br />
(HTE) zur energieeffizienten Wasserstofferzeugung<br />
zu errichten. Mit GrInHy2.0<br />
wird erstmals im industriellen Umfeld eine<br />
Hochtemperatur-Elektrolyse mit einer<br />
elektrischen Nennleistung von 720 kW<br />
realisiert, Bild 3. Sie soll bis Ende 2022<br />
mindestens 13.000 Stunden in Betrieb<br />
sein und insgesamt etwa 100 t Wasserstoff<br />
von hoher Reinheit (99,98 %) liefern.<br />
Dieser wird für Glühprozesse im integrierten<br />
Hüttenwerk genutzt.<br />
Sunfire plant derzeit Multi-Megawatt-Großprojekte<br />
unter Einsatz der Hochtemperatur-Elektrolyse<br />
zu realisieren. Der<br />
erzeugte Wasserstoff kann direkt genutzt<br />
oder über weitere Prozessschritte, auch<br />
mit Power-to-Liquid-Technologien bezeichnet,<br />
zu synthetischen Treibstoffen, sogenannten<br />
e-Fuels, gewandelt werden. In<br />
der neuesten Produktvariante kann die<br />
Hochtemperatur-Elektrolyse nicht nur<br />
Wasser, sondern auch CO 2 reaktivieren<br />
und so auf dem direktesten Weg wieder<br />
in einen sauberen Rohstoff zurückverwan-<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
STATEMENT | 41<br />
Bild 1. Schrittweise oder disruptiv zu grünem Stahl<br />
deln, der Erdöl oder Erdgas ersetzt. Für<br />
Paul Wurth ist diese Partnerschaft ein<br />
wesentlicher Schritt im Hinblick auf technologische<br />
Neuentwicklungen im Stahlherstellungsprozess,<br />
aber auch eine Möglichkeit,<br />
in den wachsenden Markt für<br />
e-Fuels einzutreten: In vielen anderen<br />
Industriebereichen, insbesondere im<br />
Schwerlasttransport durch Lkws, Schiffe<br />
und Flugzeuge, besteht das Potenzial, fossile<br />
Kraftstoffe durch synthetische Treibstoffe,<br />
sogenannte e-Fuels, zu ersetzen.<br />
Aufgrund der Möglichkeit synthetische<br />
Kraftstoffe bei nicht kontinuierlicher Produktion<br />
lagern zu können, gelten diese<br />
heute allgemein als Voraussetzung zur<br />
Umsetzung der Energiewende.<br />
Innerhalb der SMS group, der die Paul<br />
Wurth ja angehört, sind auch die Anlagen<br />
zur Herstellung von Nicht-Eisen-Metallen,<br />
wie z.B. Kupfer, ein wichtiger Bestandteil<br />
des Portfolios. Ziel ist es, auch in diesem<br />
Feld zukünftig Wasserstoff einzusetzen,<br />
z.B. als Brennstoff in einigen der zahlreichen<br />
Brenner in den Aggregaten. Besonders<br />
für Peirce-Smith-Konverter, Anodenöfen,<br />
Top Blown Rotary Konverter (TBRC),<br />
Trommelöfen und Top System Blowing<br />
(TSL)-Reaktoren bietet sich der Einsatz<br />
von Wasserstoff an. Die ersten Konzepte<br />
sehen eine Anreicherung der herkömmlichen<br />
Brennstoffe mit Wasserstoff vor.<br />
Zusätzlich kann Wasserstoff zum Raffinieren<br />
von Rohkupfer und zur Schlackenkonditionierung<br />
eingesetzt werden.<br />
Demnach ist die Zusammenarbeit mit<br />
Sunfire für die gesamte SMS group Ausdruck<br />
der Strategie, eine führende Rolle in<br />
der anstehenden Transformation der<br />
Metallindustrie zu spielen.<br />
Schrittweise zu einer CO 2 -<br />
neutralen Stahlproduktion<br />
Bevor sich manche Kunden zu einem kompletten<br />
technologischen Umstieg entschließen,<br />
werden kurz- und mittelfristige Lösungen<br />
zu CO 2 -Einsparungen an bestehenden<br />
Anlagen benötigt. Aktuell befasst sich Paul<br />
Wurth intensiv mit der Entwicklung einer<br />
großen Bandbreite von Technologien, die<br />
Bild 2. Die H 2 -Prozessroute der Zukunft für die Erzeugung von grünen Stahlprodukten<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
42 | STATEMENT<br />
Bild 3. Erste Phase des GrInHy-Projektes bei Salzgitter Flachstahl (Foto: Salzgitter<br />
Flachstahl)<br />
darauf ausgerichtet sind, die CO 2 -Emissionen<br />
der klassischen Hochofenroute schrittweise<br />
zu reduzieren und dabei einen sinnvollen<br />
Ausgleich zwischen ehrgeizigen<br />
Umweltschutzzielen und ökonomischen<br />
Gegebenheiten zu schaffen, Bild 4.<br />
Diese Lösungen zielen vor allem auf die<br />
effiziente metallurgische Nutzung von Hüttengasen<br />
– vor allem Koksofengas, Hochofengas<br />
und Konvertergas – aus dem<br />
Stahlherstellungsprozess ab. Mit seinem<br />
hohen Heizwert ist Koksgas eine Energiequelle,<br />
die potenziell dazu geeignet ist,<br />
einen Teil des Kohlenstoffeinsatzes im<br />
Hochofen zu ersetzen und damit CO 2 einzusparen.<br />
Eine Möglichkeit ist das Koksgas<br />
über die Heißwind-Blasformen in den<br />
Hochofen einzublasen. Zurzeit konstruiert<br />
Paul Wurth im Auftrag von ArcelorMittal<br />
España ein neues System zum Einblasen<br />
von Koksgas an den Blasformen des Hochofens<br />
„B“ in Gijon mit Einblasraten zwischen<br />
15.000 und 30.000 m3(STP) Koksgas<br />
pro Stunde. Alternativ kann das<br />
Koksgas auch in den unteren Schacht des<br />
Hochofens eingeblasen werden. Im Rahmen<br />
dieser Technologie arbeitet Paul<br />
Wurth an der Entwicklung einer Koksgaskonversionstechnik<br />
auf Grundlage einer<br />
Reformierung und/oder partiellen Oxidation<br />
des Koksofengases. Im Hinblick auf<br />
die gemeinsame Nutzung von Hochofenund<br />
Koksgas erprobt Paul Wurth zudem in<br />
Labortests die Umwandlung von Koksund<br />
Hochofengas in ein heißes Synthesegas<br />
mittels eines modifizierten Winderhitzers,<br />
basierend auf dem Prinzip der<br />
Trockenkonversion.<br />
Bild 4. Pro Tonne Stahl emittieren heutige Hüttenwerke<br />
1.500 bis 1.800 kg CO 2 (Foto: Paul Wurth / Hyundai)<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
STATEMENT | 43<br />
Industrie 4.0<br />
Bild 5. Digitale Anwendungen werden in der Praxis erprobt (Foto: Paul Wurth)<br />
Einen weiteren tiefgreifenden Wandel<br />
erlebt die Stahlbranche auch im Zuge der<br />
Digitalisierung, welche die vernetzte Industrie<br />
intelligenter, leistungsfähiger und nachhaltiger<br />
macht. Daher versucht Paul Wurth,<br />
zusammen mit den anderen Teilen der<br />
SMS group, das Potenzial digitaler Innovationen<br />
voll auszuschöpfen und entwickelt<br />
in enger Zusammenarbeit mit Kunden und<br />
Anlagenbetreibern individuelle, digitale<br />
Lösungen, die auf unserem langjährigen<br />
Anlagen- und Prozess-Know-how beruhen.<br />
Xpert-Betreibermodelle, Smart Equipment,<br />
Künstliche Intelligenz (KI) oder Machine<br />
Learning bieten zahlreiche innovative<br />
Anwendungsfelder und gehen mit neuartigen,<br />
leistungsabhängigen Geschäftsmodellen<br />
einher.<br />
Intensiv arbeitet Paul Wurth an der Entwicklung<br />
vernetzter Produkte. Dank eingebetteter<br />
Systeme mit Sensorik und unter<br />
Anwendung künstlicher Intelligenz und mobiler<br />
Dashboardvisualisierung macht Paul<br />
Wurth seine Ausrüstungen intelligent, Bild 5.<br />
So befinden sich derzeit schon „Smart Staves“<br />
(Kühlelemente im Hochofenpanzer) bei<br />
Kunden in Betrieb. Diese erweiterte Funktionalität<br />
dient zur frühzeitigen Erkennung von<br />
Verschleißerscheinungen und gibt dem<br />
Betreiber die Möglichkeit, Gegenmaßnahmen<br />
im Hochofen zu ergreifen.<br />
Im Hinblick auf vernetzte Prozesse setzen<br />
wir unsere leistungskräftigen Betreiber-Unterstützungssysteme<br />
der Xpert-Reihe<br />
(BFXpert ® , CokeXpert TM , SinterXpert TM )<br />
zur Prozessoptimierung und Produktverbesserung<br />
beim Kunden ein. Auch hier<br />
arbeitet Paul Wurth konstant an der Weiterentwicklung<br />
autonomer, intelligenter<br />
Module, die als „Software as a Service“<br />
angeboten werden können. Durch die Integration<br />
von Überwachungssystemen in<br />
Echtzeit kann heute schon das Konzept von<br />
Smart Maintenance zur Funktionserweiterung<br />
von Gichtverschlüssen, Schlackengranulieranlagen<br />
und Kohlenstaubeinblasanlagen<br />
umgesetzt werden. Ziel dieser<br />
Entwicklung ist unter anderem dem Betreiber<br />
vorausschauende Wartungslösungen<br />
zur Optimierung der Lebenszykluskosten<br />
von Komponenten zu bieten.<br />
Neben der Einrichtung digitaler Schnittstellen,<br />
die den täglichen Informationsaustausch<br />
mit dem Kunden vereinfachen,<br />
eröffnen modernste Technologien im<br />
Bereich Augmented und Virtual Reality<br />
neue, virtuelle Kommunikationsmöglichkeiten<br />
auf Distanz, ob im Servicegeschäft<br />
oder bei Inbetriebnahme und Schulung.<br />
150 Jahre Erfahrung und neue<br />
Herausforderungen<br />
Das Unternehmen Paul Wurth, das nächstes<br />
Jahr sein 150. Firmenjubiläum feiern<br />
wird, entwickelt seit jeher Lösungen, die<br />
sich den Marktanforderungen anpassen.<br />
So stellen wir uns ganz entschlossen den<br />
Herausforderungen, die die Megatrends<br />
„Decarbonisierung“ und „Industrie 4.0“<br />
für die Stahlindustrie mit sich bringen.<br />
Dementsprechend haben wir die nötigen<br />
strategischen Schritte bereits eingeleitet.<br />
Denn zusammen mit der SMS group<br />
möchten wir unsere Kunden als Leading<br />
Partner auch auf dem Weg zu grünem<br />
Stahl in selbstlernenden Stahlwerken<br />
begleiten.<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
44 | STATEMENT<br />
Inteco melting and casting technologies: Stranggießtechnologie und Anlagentechnik<br />
Potenziale erkennen und zu Stärken<br />
entwickeln<br />
Im Rahmen der strategischen Expansion vom Einzelunternehmen zum internationalen Konzern erkannte Inteco<br />
früh die Notwendigkeit, Stranggießtechnologie und entsprechende Anlagentechnik in die eigene Produktpalette<br />
einzugliedern und Kunden somit weltweit jede Art der Erstarrungstechnologie anbieten zu können. Um diesen<br />
neuen Produktbereich zu einer der Unternehmensstärken entwickeln zu können, wurde viel investiert, um<br />
bestehendes Wissen auszubauen, und so ist es in den vergangenen Jahren gelungen, Kunden technologisch zu<br />
überzeugen und als Komplettanbieter für Stranggießanlagen wahrgenommen zu werden.<br />
D<br />
ie erfolgreichen Projekte bei Jiangsu<br />
Shagang in China sowie bei<br />
Metalloinvest JSC OEMK in Russland<br />
bestätigen den eingeschlagenen Weg<br />
und sind gleichzeitig ein Wegweiser für die<br />
Zukunft. Dort ist man hinsichtlich Forschung<br />
und Entwicklung schon heute bei<br />
Inteco angekommen: Mit dem Segment<br />
Caster, ein Inteco-Patent, wurde ein Verfahren<br />
entwickelt, das die Herstellung von<br />
sogenannten Jumbo Blooms ermöglicht<br />
und – verglichen mit herkömmlichen Produktionsprozessen<br />
wie dem Blockguss –<br />
völlig neue Möglichkeiten bietet.<br />
Produkt und Technologie mit<br />
Potenzial<br />
Vor exakt einem Jahrzehnt wurde das<br />
Stranggießen endgültig zu einem fixen<br />
Bestandteil der Produktpalette von Inteco:<br />
Die Mehrheitsanteile der im Jahr 1988<br />
gegründeten Firma TBR Engineering wurden<br />
akquiriert und der damalige Standort<br />
in Leoben, Österreich, zum Kompetenzzentrum<br />
für Stranggießtechnik innerhalb<br />
der Inteco-Gruppe.<br />
Der Wunsch, die Produktpalette von<br />
Inteco gezielt zu erweitern um Anlagen<br />
und Technologien für die gesamte Prozesskette,<br />
vom Schmelzen über das<br />
Behandeln bis zum Vergießen jeder Art<br />
von Stählen inkl. Spezialstählen und Superliegerungen,<br />
anbieten zu können und der<br />
gute Ruf, gepaart mit erstklassigen Referenzen<br />
der Firma TBR ergaben den sogenannten<br />
„Perfect match“. Die „Hochzeit“<br />
der beiden Unternehmen und die daraufhin<br />
schrittweise Eingliederung, bis zu der<br />
im Jahr 2017 durchgeführten Umsiedelung<br />
des kompletten TBR-Teams in das<br />
Inteco-Hauptquartier nach Bruck an der<br />
Mur, erfolgte nicht plötzlich, sondern nach<br />
Bild 1. Neue Stranggießanlage<br />
JSC OEMK (Foto:<br />
Inteco)<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
STATEMENT | 45<br />
langjähriger Zusammenarbeit bei diversen<br />
Projekten im In- und Ausland.<br />
Das Potenzial des Produkts, die Manpower,<br />
vorhandene Netzwerke und Erfahrung<br />
im internationalen Projektmanagement<br />
von Inteco – nun auch im Bereich<br />
des Stranggießens nutzen zu können, lag<br />
schon damals auf der Hand. Die klare<br />
Vision: Ein komplettes Stranggussprojekt<br />
inklusive Engineering und Lieferung erfolgreich<br />
umzusetzen, was wenig später mit<br />
dem Vorzeigeprojekt beim chinesischen<br />
Spezialstahl Hersteller Jiangsu Shagang<br />
gelingen sollte. Der Weg zum großen Ziel<br />
war kein leichter, und das war dem gesamten<br />
Inteco-Team bewusst. Als „Newcomer“<br />
am internationalen Stranggussmarkt<br />
galt es trotz 30-jähriger Erfahrung<br />
die Erwartungen der (potenziellen) Kunden<br />
mit neuen technologischen Lösungen und<br />
Highlights nicht nur zu erfüllen, sondern zu<br />
übertreffen und auch in diesem Produktbereich<br />
höchste Qualitäts- und Innovationsansprüche<br />
zum Vorteil des Kunden<br />
anzubieten.<br />
Tabelle 1. Technische Daten der Vorblockanlage bei JSC OEMK<br />
Chargengröße<br />
Gießformat<br />
Anlagenradius<br />
Anzahl Stränge 4<br />
Gießmethode<br />
Kokillen<br />
Gießpulver<br />
Gießspiegelmessung/-regelung<br />
Sekundärkühlung<br />
Mechanical Soft/Hard Reduction<br />
Richtmethode<br />
Metallurgische Länge<br />
Produktlänge<br />
Automatisierung<br />
Stahlsorten<br />
155 t<br />
300 mm · 360 mm<br />
12 m<br />
geschlossen mit Gießpulver<br />
CuCrZr-Plattenkokillen 800 mm<br />
Automatische Pulverzugabe mit Schicht dicken-<br />
Messsystem<br />
Inteco Mould Level Master mit Co60<br />
Zweistoff Wasser/Luft<br />
7 Module pro Strang<br />
kontinuierlich<br />
31 m<br />
4 – 12 m<br />
Level 1, Level 2 mit Onlineerstarrungsmodell<br />
hochlegiert, Schienenstahl, Reifencord-, Federstahl,<br />
Kugellagerstahl, Automobilstahlsorten<br />
Aktuelle Projekte und technische<br />
Highlights von Vorblock und<br />
High-End-Knüppelanlagen<br />
2015 beauftragte der chinesische Premiumproduzent<br />
Jiangsu Shagang Inteco mit<br />
dem Bau einer „High-end“-Vorblockstranggießanlage<br />
nach dem neuesten<br />
Stand der Technik. Diese Fünfstrang-Vertikal-Abbiegeanlage<br />
mit einem (metallurgischen)<br />
Radius von 9 m produziert Vorblöcke<br />
mit einem Format von 300 mm ·<br />
390 mm und einer Länge von 5,7 m. Die<br />
Produktpalette reicht von Einsatzstählen<br />
über Vergütungsstahl, Federstahl bis hin<br />
zu Kugellagerstählen und Reifencordstählen,<br />
bei denen der Reinheitsgrad ein entscheidendes<br />
Qualitätsmerkmal darstellt.<br />
Im Rahmen des Shagang Projektes wurde<br />
von Inteco ein spezielles Treibrichtsystem<br />
mit neun Modulen je Strang und dynamischer<br />
„Mechanical Soft Reduction“ (MSR)<br />
entwickelt. Insbesondere für Reifencordstähle<br />
konnten mit dieser Anlage herausragende<br />
Ergebnisse erzielt werden, die<br />
nicht nur in China Beachtung finden. Aufgrund<br />
der erheblichen Qualitätsverbesserungen<br />
durch den neuen Inteco-Caster ist<br />
Shagang heute als offizieller Lieferant für<br />
Reifencord an Michelin zertifiziert und bei<br />
Bekaert mit dem Index „A“ bewertet.<br />
Als konsequente Weiterentwicklung<br />
des Anlagenkonzeptes von Shagang kann<br />
ein aktuelles Umbauprojekt in Russland<br />
gesehen werden. Bei Metalloinvest JSC<br />
OEMK in Stariy Oskol wird im Spätherbst<br />
<strong>2019</strong> eine in die Jahre gekommene und<br />
nicht mehr den modernen Qualitätsanforderungen<br />
entsprechende Vorblockanlage<br />
auf den neuesten Stand gebracht und der<br />
Großteil der bestehenden Komponenten<br />
wird durch modernes Equipment ersetzt.<br />
Bild 1.<br />
Mit einer Durchlaufzeit von etwas mehr<br />
als einem Jahr stellt dieses Projekt nicht<br />
nur technisch, sondern auch logistisch<br />
eine besondere Herausforderung dar. In<br />
Tabelle 1 sind die technischen Daten der<br />
Vorblockanlage bei JSC OEMK zusammengefasst.<br />
Für einen stabilen Gießprozess mit besten<br />
Ergebnissen ist eine möglichst genaue<br />
Regelung des Gießspiegels unumgänglich.<br />
Phänomene wie Clogging, Bulging<br />
oder Waving können das Gießverhalten in<br />
der Kokille erheblich beeinflussen und zu<br />
unvorhersehbaren Effekten am Meniskus<br />
führen. Intecos Paket zur Gießspiegelregelung,<br />
der Mould Level Master, beinhaltet<br />
sämtliche Funktionalitäten, die für einen<br />
stabilen Gießprozess nötig sind. Das System<br />
besteht im Wesentlichen aus:<br />
• Stopfenmechanik<br />
• elektromechanischem Servo-Aktuator<br />
• Softwarepaket „Mould Level Master“<br />
• Notschieber.<br />
In Verbindung mit einer beliebigen, am<br />
Markt erhältlichen Badspiegelmessung<br />
(z.B. radiometrisch Co60) hält der Mould<br />
Level Master den Gießspiegel unter allen<br />
Umständen stabil, Bild 2.<br />
Beim Vergießen von Stählen mit hohem<br />
Kohlenstoffgehalt, wie Lager- und Reifencordstählen,<br />
erlaubt die Technik der<br />
Mechanical Soft Reduction eine signifikante<br />
Verringerung der Zentrumsseigerungen<br />
und -porositäten. Im Endbereich der metallurgischen<br />
Länge wird hier eine mehrstufige,<br />
dynamisch gesteuerte Dickenreduktion<br />
am Vorblock vorgenommen. Der<br />
Anpressdruck und die Position der Walzen<br />
der einzelnen Treibermodule werden mithilfe<br />
eines Onlineerstarrungsmodells<br />
Dr. Harald Holzgruber, Geschäftsführer, Inteco melting and casting technologies GmbH, Bruck an der Mur, Österreich.<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
46 | STATEMENT<br />
Bild 2. Reaktion der Gießspiegelregelung auf Änderung der Gießgeschwindigkeit und<br />
Clogging<br />
Bild 3. Querschnitt eines Vorblockes aus<br />
Reifencordstahl mit MSR, Reduktion<br />
18 mm (Foto: Inteco)<br />
Bild 5. Segment Caster bei voestalpine<br />
Stahl Donawitz (Foto: Inteco)<br />
Bild 4. Längsschnitt eines Vorblockes aus<br />
Reifencordstahl mit MSR, Reduktion<br />
18 mm (Foto: Inteco)<br />
direkt aus dem Inteco-Produktionsmanagement<br />
System (IMAS) gesteuert. Der<br />
typische Arbeitsbereich des MSR-Systems<br />
liegt je nach Stahlsorte und Verwendungszweck<br />
in einem Erstarrungsbereich<br />
(fraction solid) von 0,5 bis 0,9. Da der Einsatz<br />
von MSR nachweislich zu einer Qualitätsverbesserung<br />
führt, wird die Nachrüstung<br />
solcher Treibersysteme auf<br />
Bestandsanlagen in Zukunft eine gewichtige<br />
Rolle spielen.<br />
Die Stände sind so konstruiert und<br />
angeordnet, dass eine ausreichende<br />
Anzahl in den idealen Bereich der Feststofffraktion<br />
fällt. Die Module sind entlang<br />
des Stranges baugleich und untereinander<br />
austauschbar. Die Bilder 3 und 4 zeigen<br />
beispielhaft die Qualität, die durch Einsatz<br />
von Mechanical Soft Reduction auf<br />
Inteco-Anlagen erzielt werden konnte.<br />
Segment Casting – die Zukunft<br />
beginnt jetzt<br />
Der Trend in der Produktion von Rundformaten<br />
im Strangguss tendiert eindeutig zu<br />
immer größeren Durchmessern für verschiedenste<br />
Anwendungen. Jumbo-<br />
Bloom-Stranggießanlagen in vertikaler und<br />
Bogenbauweise mit bis zu 1.000 mm<br />
Strangdurchmesser sind in Betrieb, wobei<br />
hier viele Einschränkungen einerseits<br />
bezüglich Vergießbarkeit, und Qualität und<br />
andererseits in Hinblick auf erforderliche<br />
Produktivität im Verhältnis zu den Investitionskosten<br />
bestehen. Daher werden nach<br />
wie vor große Blöcke im konventionellen<br />
Blockguss mit den bekannten Nachteilen,<br />
vor allem hinsichtlich der Ausbringung,<br />
hergestellt.<br />
Inteco hat sich in den vergangenen Jahren<br />
mit der Entwicklung eines alternativen<br />
Gießprozesses zur Herstellung großer Blöcke<br />
in bester Qualität und höchster Ausbringung<br />
intensiv beschäftigt. Zielsetzung<br />
war es, die Merkmale unterschiedlicher<br />
Herstellungsprozesse zu vereinen und<br />
einen neuartigen Gießprozess – den patentierten<br />
Segment-Casting-Prozess – zur<br />
Produktionsreife zu führen. Dabei handelt<br />
es sich um ein semikontinuierliches, vertikales<br />
Gießverfahren mit speziellen Einrichtungen<br />
zur Reduzierung der Gießgeschwindigkeit,<br />
die zu einer Verbesserung<br />
der Innenqualität und des Ausbringens insbesondere<br />
bei Rundabmessungen größer<br />
als 500 mm Durchmesser führen. Bild 5<br />
zeigt beispielhaft den Segment Caster bei<br />
voestalpine Stahl Donawitz.<br />
Bei dieser Entwicklung war Inteco in<br />
der glücklichen Lage, auf breit gefächerte<br />
Erfahrungen aus Strangguss, Umschmelztechnologie,<br />
Pulvermetallurgie und Blockguss<br />
zurückgreifen zu können. Nach der<br />
erfolgreichen Inbetriebnahme zweier Anlagen<br />
in Europa für kleinere Formate (max.<br />
500 mm Runddurchmesser), werden aktuell<br />
zwei Projekte für maximale Durchmesser<br />
von 1.000 bzw. 1.200 mm in China und<br />
Taiwan abgewickelt. Blöcke mit einer Länge<br />
von bis zu 14 m und einer Ausbringung<br />
deutlich über 90 % können damit in bester<br />
Qualität vergossen werden. Erste Ergebnisse<br />
aus diesen großindustriellen Segment<br />
Castern sind für Anfang 2020 zu<br />
erwarten. Damit hat sich das Produkt<br />
Stranggießtechnik endgültig im Produktportfolio<br />
von Inteco verankert und das<br />
Unternehmen auch in diesem Markt eine<br />
Vorreiterrolle eingenommen. Der stetige<br />
Blick in die Zukunft und die Anforderungen<br />
der Kunden berücksichtigend, wird das<br />
Inteco-Team auch weiterhin innovative<br />
Lösungen entwickeln, um diese Marktposition<br />
zu behaupten und zu stärken.<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
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48 | STATEMENT<br />
LOI Thermprocess und Tenova Metals Deutschland bündeln komplementäres Know-how<br />
Vergütung trifft auf Metallurgie<br />
Neben den immer höher werdenden Anforderungen an den Werkstoff Stahl ist auch sein umweltkonformer<br />
Herstellungsprozess ein entscheidender Faktor für die Zukunftsfähigkeit der Stahlindustrie in Deutschland.<br />
„Think different“-Ansätze sind gefragt, um die globale Erwärmung zu stoppen und gleichzeitig eine fortlaufende<br />
Optimierung der Werkstoffeigenschaften zu ermöglichen. Mit der Bündelung des Know-hows von LOI<br />
Thermprocess und Tenova Metals Deutschland können hierzu komplementäre Impulse genutzt werden.<br />
A<br />
m 30. August <strong>2019</strong> ist die Tenova<br />
Metals Deutschland GmbH (TMD)<br />
auf die LOI Thermprocess GmbH<br />
verschmolzen worden. Die TMD firmierte<br />
vor einigen Jahren aus der damaligen<br />
Technometal und der Tenova ReEnergy,<br />
die in den Bereichen Sekundärmetallurgie<br />
und Wärmerückgewinnung tätig waren.<br />
Die LOI Thermprocess ist führend in der<br />
Entwicklung von Wärmebehandlungstechnologien<br />
und dem Bau von Industrieofenanlagen<br />
für den Stahl- und Aluminiumsektor,<br />
die letztendlich die<br />
Produkteigenschaften der metallischen<br />
Erzeugnisse entscheidend verändern.<br />
Mit dieser Verschmelzung trifft nun<br />
Vergütung auf Metallurgie und bündelt<br />
damit das gesamte Know-how im Bereich<br />
Materialeigenschaften und metallurgischer<br />
Prozessführung. Denn Werkstoffeigenschaften<br />
wie Festigkeit und Härte<br />
lassen sich zum einen durch gezielte Wärmebehandlungen<br />
einstellen, zum anderen<br />
wird die Basis dafür in metallurgischen<br />
Verfahren und Prozessen gelegt. Die<br />
Sekundärmetallurgie ist somit ein wesentlicher<br />
Bestandteil der Stahlerzeugung und<br />
hat wie die nachfolgenden Prozessschritte<br />
einen entscheidenden Einfluss auf die<br />
resultierenden Werkstoffeigenschaften.<br />
Neben geringsten Kohlenstoff-, Wasserstoff-,<br />
Stickstoff- und Schwefelgehalten<br />
definieren anspruchsvolle Reinheitsgradanforderungen<br />
das Produktspektrum.<br />
Auch heute werden verstärkt Anlagen zur<br />
sekundärmetallurgischen Behandlung in<br />
den Schmelzbetrieben installiert, die:<br />
• einer Entlastung der Schmelzaggregate<br />
dienen, z.B. Senkung der Abstichtemperaturen,<br />
• die Produktpalette erweitern, z.B. zu<br />
Tiefziehqualitäten für die Automobilindustrie<br />
oder zur Erzeugung von hochlegierten<br />
und hochfesten Werkstoffen,<br />
und<br />
• helfen, Produktionsengpässe zu vermeiden.<br />
Bedingt durch die Anforderungen aus<br />
dem Bereich der Elektromobilität ist ein<br />
weltweit signifikanter Anstieg bei der<br />
Produktion von Elektroblechqualitäten zu<br />
verzeichnen. Dabei ist die Erzeugung von<br />
Elektroblech anspruchsvoll: Bei der Herstellung<br />
von Trafo- oder Dynamostahlsorten<br />
sind Siliciumgehalte von bis zu 3 %<br />
aufzubauen, und zusätzlich erfordern<br />
Dipl.-Ing. Christian Schrade, Mitglied der<br />
Geschäftsführung der LOI Thermprocess<br />
GmbH (Foto: LOI Thermprocess)<br />
RH-Anlagen gehören zum Konzept der „Green Metallurgy“ (Foto: LOI Thermprocess)<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
STATEMENT | 49<br />
Firmengebäude der LOI Thermprocess GmbH am Standort in Essen (Foto: LOI Thermprocess)<br />
Dynamostähle ULC-gerechte Kohlenstoffgehalte<br />
und zusätzlich extrem tiefe<br />
Schwefelgehalte. Alternativ kann der<br />
Kohlenstoff mit entsprechender Ofentechnik<br />
auch während einer Wärmebehandlung<br />
abgebaut werden. Auch hier ist<br />
die Nachfrage nach Annealing and Coating<br />
Lines (ACL) für Elektrobleche erheblich<br />
gestiegen.<br />
Zurück zur Verschmelzung: Das Produktportfolio<br />
deckt durch die Verschmelzung<br />
eher den Anfang und das Ende der<br />
Stahlerzeugungskette ab. Wir folgen dem<br />
Tenova-Ansatz, der mit „Think different“<br />
eher gegensätzliche Impulse für neue Produkte<br />
und Herstellungsverfahren nutzt.<br />
Anders als die sogenannten „Full-liner“<br />
der Anlagenbauer fokussiert sich die<br />
Tenova auf zukunftsweisende Technologien<br />
und Prozesse in der Eisen- und Stahlerzeugung,<br />
gehört in diesen Nischen aber<br />
zu den Vordenkern und Treibern neuer Entwicklungen<br />
und Konzepte.<br />
Beispiel Elektrostahlerzeugung<br />
Beispielsweise setzt im Bereich der E-Ofentechnologien<br />
bzw. dem Schrottrecycling der<br />
Consteel Prozess seit Jahren Maßstäbe.<br />
Allein seit 2018 wurden 16 neue Anlagen<br />
geordert. Mithilfe chinesischer Reformpolitik<br />
mussten etwa 100 Mio. t Stahlerzeugung<br />
mittels Induktionsofentechnik abgeschaltet<br />
werden. Viele davon wurden durch die<br />
„Consteel Evolution Technologie“ ersetzt,<br />
ein Verfahren, das sich seit vielen Jahrzehnten<br />
bewährt hat und durch die dem System<br />
inhärente kontinuierliche Prozesscharakteristik<br />
in Kombination mit intelligenter Prozessführung<br />
den höchsten Umweltauflagen<br />
entspricht. So entstehen Dioxine erst gar<br />
nicht und Stickoxide liegen weit unter den<br />
Dipl.-Ing. Christian Schrade,<br />
Geschäftsführer, LOI Thermprocess<br />
GmbH, Essen.<br />
Vorgaben. Zudem ermöglicht der kontinuierliche<br />
Prozess die effiziente Kopplung mit<br />
Wärmerückgewinnungssystemen, wie<br />
unter anderem realisiert bei Ori Martin<br />
S.p.A., Italien. Die aus dem Abgas zurückgewonnene<br />
Wärmeenergie wird während<br />
der Wintermonate für die Beheizung zahlreicher<br />
Haushalte genutzt, im Sommer wird<br />
über eine Turbine (ORC) Strom produziert.<br />
Auch über solche Technologien macht<br />
Tenova den Fokus auf Nachhaltigkeit und<br />
Energieeffizienz deutlich.<br />
Auch beim derzeit alles beherrschenden<br />
Thema „Globale Erwärmung“ und der einhergehenden<br />
Notwendigkeit, CO 2 -<br />
Emissionen drastisch<br />
und so schnell<br />
wie möglich zu reduzieren,<br />
kann die<br />
Eisen- und Stahlerzeugung<br />
einen<br />
erheblichen Beitrag<br />
leisten. Tenova<br />
verfügt auch hier<br />
über entsprechende<br />
und bereits entwickelte<br />
Technologien<br />
(ENERGIRON), die<br />
es den integrierten<br />
Hüttenwerken erlaubt,<br />
über eine<br />
schrittweise Transformation<br />
ihre kohlenstoffbasierte<br />
Prozessroute<br />
in eine<br />
wasserstoffbasierte<br />
Prozessroute umzuwandeln<br />
und<br />
damit den Stahlherstellungsprozess<br />
schlussendlich zu<br />
elektrifizieren.<br />
Dadurch lassen<br />
sich bis zu 90 % des<br />
heutigen CO 2 -Aufkommens<br />
bei der<br />
Roheisen- und Stahlerzeugung<br />
vermeiden.<br />
Das „ SALCOS-Projekt“, das gemeinsam<br />
mit der Salzgitter Flachstahl ins Leben<br />
gerufen wurde, stellt einen solchen Transformationsprozess<br />
exemplarisch dar und<br />
verdeutlicht das erhebliche Potenzial einer<br />
solchen Veränderung, auch im Hinblick auf<br />
die Klimaziele unseres Landes.<br />
Mit den Tenova-HYL-Direktreduktionsanlagen<br />
stehen zudem Module in üblicher<br />
Hochofengröße zur Verfügung, die 100 %<br />
Wasserstoff als Reduktionsmittel einsetzen<br />
können. Der Stahlhersteller Nucor<br />
Steel betreibt in Texas eine Direktreduktionsanlage<br />
für eine Jahreskapazität von<br />
2,5 Mio. t.<br />
Neben den immer höher werdenden<br />
Anforderungen an die Eigenschaften des<br />
Materials Stahl werden also auch dessen<br />
Herstellungsprozesse ein entscheidender<br />
Faktor im Hinblick auf eine zukunftsfähige<br />
Stahlindustrie in Deutschland sein.<br />
Interessant wäre also ein Klimapaket<br />
speziell für die Stahlindustrie; es ist mit<br />
Spannung zu erwarten, ob Berlin oder<br />
Brüssel hier aktiv wird.<br />
Tenova steht für „Green Metallurgy“.<br />
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<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
50 | NEUES AUS DER INDUSTRIE<br />
Stahlwerker und Feuerfestproduzenten trafen sich zum Branchendialog in Koblenz<br />
Steel meets Refractory erfolgreich gestartet<br />
Jedes dritte deutsche Stahlwerk, ein Großteil der die Stahlindustrie beliefernden Feuerfestindustrie sowie<br />
verschiedene Forschungseinrichtungen waren der Einladung des Wirtschaftsministeriums Rheinland-Pfalz<br />
gefolgt, um den Dialog zwischen Stahl- und Feuerfestindustrie neu zu beleben. Die Veranstaltung fand in<br />
Kooperation mit dem Verband der Deutschen Feuerfest-Industrie e.V. (VDFFI) und dem European Centre for<br />
Refractories (ECREF) statt. So konnte der Vorsitzende des VDFFI, Thomas Seger, RHI Magnesita, Mitte<br />
September etwa 40 Firmen- und Institutsvertreter in der Rhein-Mosel-Halle in Koblenz begrüßen.<br />
S<br />
taatssekretärin Daniela Schmitt vom<br />
Wirtschaftsministerium in Mainz<br />
eröffnete die Veranstaltung und<br />
betonte die Bedeutung der keramischen<br />
Industrie und der Feuerfestindustrie für<br />
Rheinland-Pfalz. Dabei hob sie die Bedeutung<br />
des Standortes Höhr-Grenzhausen<br />
mit dem Hotspot European Centre for<br />
Refractories hervor. „Dialog und Vernetzung<br />
der Wirtschaftsakteure ist ein<br />
wesentlicher Faktor für erfolgreiche Innovationen<br />
und damit für Investitionen,<br />
Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit.<br />
Den technisch-wissenschaftlichen Austausch<br />
der Stahl- und Feuerfestindustrie<br />
entlang der gemeinsamen Wertschöpfungskette<br />
zu ermöglichen und zu stärken<br />
ist aus Sicht des Wirtschaftsministeriums<br />
sehr unterstützenswert“, so Staatssekretärin<br />
Schmitt.<br />
In den anschließenden Vorträgen und<br />
Diskussionen ging es u.a. um Fragestellungen,<br />
wie die Stahlproduktion weiter wettbewerbsfähiger<br />
werden und die Vorgaben<br />
zur Erreichung der Klimaziele erfüllen<br />
kann, also, wie durch Innovationen und<br />
Forschung die Stahlproduktion umweltfreundlicher,<br />
energieeffizienter, sicherer<br />
und somit letztlich günstiger werden kann.<br />
Die Gastredner trugen auch über die Herausforderungen<br />
der Dekarbonisierung für<br />
Gesellschaft und Industrie vor.<br />
Dr. Reinhard Fandrich, WTZ Management<br />
Oberhausen, sprach über die Entwicklung<br />
der Stahlproduktion in Deutschland<br />
und Europa vor den Klimaschutzzielen<br />
2050. Dabei wurden auch die möglichen<br />
Technologien und deren Entwicklungsreife<br />
vorgestellt. Peter Liszio, KSB Kokereibetriebsgesellschaft<br />
Schwelgern, erweiterte<br />
den Blick der Teilnehmer durch seinen Vortrag<br />
„Deutsche Koksproduktion im Spannungsfeld<br />
zwischen Globalisierung und<br />
Dekarbonisierung“, bevor Kai Schwickert,<br />
Steuler-KCH GmbH, Höhr-Grenzhausen,<br />
„Feuerfeste Zustellkonzepte für die Stahlindustrie“<br />
unter den Fragestellungen von<br />
Ressourceneffizienz und Klimawandel<br />
betrachtete.<br />
In der abschließenden Fachdiskussion<br />
zeigten sich die Teilnehmer über die Initiative<br />
erfreut und betonten die Wichtigkeit<br />
solcher Foren. Aus Sicht aller Teilnehmer<br />
kann mit diesem Veranstaltungsformat<br />
auch zukünftig der fachliche Dialog zwischen<br />
Stahl- und Feuerfestindustrie zum<br />
Nutzen des Standortes Deutschland und<br />
der Wettbewerbsfähigkeit dieser energieintensiven<br />
Industrien fortentwickelt werden.<br />
Ministerialrat Andreas Tschauder unterstrich<br />
in seinem Schlusswort die Bereitschaft<br />
des Rheinland-Pfälzischen Wirtschaftsministeriums,<br />
den Branchendialog<br />
„Steel meets Refractories“ weiter zu<br />
unterstützen.<br />
Abgerundet wurde die Veranstaltung<br />
am darauffolgenden Tag durch eine<br />
Betriebsführung bei der Steuler-KCH<br />
GmbH im Werk Höhr-Grenzhausen. Hier<br />
konnten sich die Teilnehmer überzeugen,<br />
dass Steuler am Standort Deutschland in<br />
die Zukunft investiert. In Höhr-<br />
Grenzhausen wird gerade ein neuer, leistungsstarker<br />
Tunnelofen errichtet. Zudem<br />
werden auch die Aufbereitung, Pressen,<br />
Lagerflächen und Verpackungsstraßen<br />
grundlegend erneuert und auf den neuesten<br />
Stand gebracht. Insbesondere für<br />
die Teilnehmer aus der Stahlindustrie war<br />
der Einblick in die betriebliche Praxis eines<br />
Feuerfestproduzenten von großem Interesse.<br />
Weitere Informationen finden Sie unter<br />
www.vdffi.de<br />
Staatssekretärin Daniela Schmitt betonte bei der Veranstaltung die Bedeutung der<br />
keramischen Industrie und der Feuerfestindustrie für Rheinland-Pfalz (Foto: Juraschek)<br />
• VDFFI<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
NEUES AUS DER INDUSTRIE | 51<br />
Neuer Teststand für Blatt- und Rotorlager<br />
thyssenkrupp baut Entwicklungszentrum<br />
für Windkraft weiter aus<br />
thyssenkrupp baut seine Entwicklungsaktivitäten für Großwälzlager für die Windindustrie weiter aus. Dafür hat<br />
das Unternehmen jetzt in Erwitte im Kreis Soest einen neuen Teststand speziell für Blatt- und Rotorlager von<br />
Windkraftanlagen in Betrieb genommen. Dort können auf rd. 7.500 m2 Fläche Lager für Turbinen von größer als<br />
10 MW Leistung unter Realbedingungen getestet und weiterentwickelt werden. Der Teststand ist eine<br />
Erweiterung des Entwicklungszentrums für Großwälzlager im nur wenige Kilometer entfernten Lippstadt. Das<br />
Unternehmen hat über 5 Mio. € in den neuen Teststandort investiert.<br />
W<br />
infried Schulte, CEO von<br />
thyssenkrupp rothe erde: „Dieser<br />
Teststandort ist speziell darauf<br />
ausgerichtet, die Funktionsweise und<br />
Lebensdauer neuer Rotor- und Blattlager<br />
für die zukünftigen Generationen von<br />
Windkraftanlagen ganzheitlich zu simulieren.<br />
Ganzheitlich bedeutet, die Lager werden<br />
unter Berücksichtigung der relevanten<br />
Turbinenkomponenten, also Rotornabe<br />
und Rotorblatt, in Originalausführung<br />
getestet. Für die neue Generation von<br />
Windturbinen der 10-MW-Klasse sind solche<br />
Prüfungen von entscheidender Bedeutung,<br />
da mit dem Leistungsschritt wesentlich<br />
höhere Anforderungen an<br />
Funktionalität, Belastung und Qualität der<br />
Komponenten auf uns zukommen“.<br />
Windkraftanlagen der neuen Generation<br />
verfügen über Rotorblätter von bis zu<br />
80 m Länge. Blattlager verbinden die<br />
Rotorblätter mit der Rotornabe und erlauben<br />
die optimale Einstellung der Rotorblätter<br />
zum Wind, um die Leistung der Anlage<br />
zu regulieren. Speziell auf den Blattlagern<br />
lasten während des Betriebs extrem hohe<br />
Kräfte. Sie zählen deshalb ebenso wie Rotorlager<br />
zu den wichtigsten Bauteilen einer<br />
Anlage. Rotorlager lagern den gesamten<br />
Antriebsstrang von Nabe, Rotorblättern<br />
und Generator. Sie erlauben die Übertragung<br />
der Drehmomente aus den Rotorblättern<br />
auf den stromproduzierenden<br />
Generator und übertragen Windlasten und<br />
Gewichtskräfte in den Turm. Für die Auslegung<br />
solcher Lager sind neben den theoretischen<br />
Berechnungen auch intensive<br />
Versuche im Maßstab 1:1 notwendig, um<br />
auch nicht berechenbare Effekte wie zum<br />
Beispiel Verschleißphänomene zu bewerten<br />
und die Auslegung zu validieren.<br />
Der neue Teststand von thyssenkrupp<br />
rothe erde erlaubt sämtliche Funktionstests,<br />
die eine Belastung über die gesamte<br />
Lebenszeit des Bauteils von bis zu 25<br />
Jahren simulieren, in sechs bis zwölf<br />
Monaten zu absolvieren. Dabei setzt<br />
thyssenkrupp auch neue digitale Messund<br />
Prüfverfahren ein. So werden z.B. einzelne<br />
Wälzkörper im Inneren des Lagers<br />
mit einer speziellen Sensorik ausgestattet<br />
und als Messinstrumente genutzt. Diese<br />
„intelligenten“ Wälzkörper senden in Echtzeit<br />
Messdaten aus dem laufenden Betrieb<br />
der Anlage. Das ermöglicht neue Erkenntnisse<br />
über Realbelastungen und Wirkzusammenhänge<br />
auf die Gesamtkonstruktion.<br />
Diese digitalen Messverfahren<br />
können auch im Normalbetrieb außerhalb<br />
des Prüfstands eingesetzt werden. Darüber<br />
hinaus können Versuche mit Schmierstoffen<br />
oder auch Dichtigkeitsprüfungen<br />
durchgeführt werden.<br />
„Umfangreiches Test- und Prüfequipment<br />
inhouse zu haben, ist heutzutage ein<br />
wichtiger Wettbewerbsvorteil. Wir haben<br />
in den vergangenen Jahren kontinuierlich<br />
in den Ausbau unseres Testzentrums<br />
investiert. Gemeinsam mit unseren Kunden,<br />
aber auch mit Zertifizierungseinrichtungen<br />
und Universitäten arbeiten wir hier<br />
an neuen technologischen Lösungen, um<br />
Windkraftanlagen noch effizienter, robuster<br />
und leistungsstärker zu machen“, so<br />
Winfried Schulte weiter.<br />
Der Teststand in Erwitte gehört zum<br />
Test- und Entwicklungszentrum für Windkraftkomponenten<br />
von thyssenkrupp rothe<br />
erde in Lippstadt. Die Einrichtung ist weltweit<br />
eine der größten und modernsten<br />
ihrer Art. Auf rd. 10.000 m2 Fläche werden<br />
dort Großwälzlager u.a. für On- und Offshore-Windkraftanlagen<br />
getestet und weiterentwickelt.<br />
An insgesamt zwölf Großprüfständen<br />
werden Qualitäts- und<br />
Lebensdauertests an Lagern mit bis zu<br />
6 m Außendurchmesser durchgeführt. Im<br />
Fokus stehen dabei sogenannte induktiv<br />
gehärtete Lager. Dabei handelt es sich um<br />
extrem leistungsstarke Bauteile, die für<br />
besonders große Anwendungen geeignet<br />
sind.<br />
• thyssenkrupp Components Technology<br />
thyssenkrupp nimmt einen Teststand für Großwälzlager für die Windindustrie in<br />
Betrieb (Foto: thyssenkrupp Components Technology)<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
52 | NEUES AUS DER INDUSTRIE<br />
Zentraler Bestandteil der Stahlproduktion bei thyssenkrupp<br />
Oxygenstahlwerk in Duisburg-Bruckhausen<br />
feiert 50-jähriges Jubiläum<br />
Am 29. September 1969 nahm das Oxygenstahlwerk Duisburg-Bruckhausen seinen Betrieb auf und markierte<br />
als eines der größten und modernsten Stahlwerke der Welt einen Meilenstein der modernen Stahlproduktion.<br />
Dort, wo Firmengründer August Thyssen 1891 das erste Siemens-Martin-Stahlwerk und wenig später das erste<br />
Thomas-Stahlwerk errichten ließ, läuft es bis heute. Seit dem ersten Befüllen des Konverters verließen fast 190<br />
Mio. t Stahl das Werk. Eine Menge, die für rd. 21.000 Eiffeltürme reichen würde.<br />
H<br />
ochwertige Stähle in großen Mengen<br />
wirtschaftlich produzieren – diesen<br />
Anspruch setzte das Oxygenstahlwerk<br />
Bruckhausen in die Tat um: Dank<br />
innovativer Technologie ließ sich mit zwei<br />
Sauerstoffaufblaskonvertern Stahl von<br />
hervorragender Qualität bei gleichzeitig<br />
hoher Produktivität und Wirtschaftlichkeit<br />
erzeugen. „Mit dieser Investition haben<br />
unsere Vorgänger Weitblick gezeigt und<br />
schon vor 50 Jahren in den Stahl von heute<br />
investiert“, sagt Thorsten Brand, Leiter<br />
des Bereichs Rohstahl bei thyssenkrupp<br />
Steel Europe. „Das Stahlwerk Bruckhausen<br />
galt von Anfang an als eines der<br />
modernsten der Welt. Es stand damals<br />
und steht heute für fortwährende Anpassung<br />
an verbesserte Stahlqualität und<br />
wechselnde Anforderungen unserer Kunden.“<br />
Bruckhausen brach Rekorde: Die<br />
Oxygenkonverter produzierten im<br />
40-Minuten-Takt rd. 380 t Rohstahl – die<br />
höchsten Werte, die bis dahin je erzielt<br />
werden konnten.<br />
Kontinuierliche Modernisierung<br />
steigert Sicherheit und<br />
Energieeffizienz<br />
Damit es auch nach 1969 zu den modernsten<br />
seiner Art zählte, wurde das Stahlwerk<br />
Bruckhausen regelmäßig mit gezielten<br />
Investitionen auf den neusten Stand der<br />
Technik gebracht. 1979 wurde es um eine<br />
Stranggießanlage erweitert, die 1996<br />
modernisiert wurde. 1999 gingen die<br />
Gießwalzanlage, der Pfannenofen und die<br />
neue Roheisenentschwefelung in Betrieb<br />
– Investitionen von umgerechnet ca. 450<br />
Mio. €. Das Herz der Stahlherstellung, die<br />
beiden seit 1969 eingesetzten Konverter,<br />
wurde 2013 und 2014 erneuert. „Das hat<br />
den Blasprozess noch stabiler gemacht“,<br />
erklärt Thorsten Brand. „Durch engste<br />
Analysespannen steigern wir die Qualität<br />
unserer Produkte immer weiter, wovon<br />
letztlich unsere Kunden profitieren.“<br />
Unternehmerischer Weitblick<br />
Ausgeprägt war und ist beim Duisburger<br />
Stahlhersteller auch das Gespür für globale<br />
Megatrends. So erkannte man frühzeitig<br />
das Potenzial von Digitalisierung und Automatisierung.<br />
Bereits seit Mitte der<br />
1980er-Jahre werden die Prozesse mit<br />
Computertechnologie gesteuert. Die Produktqualität<br />
machte so einen entscheidenden<br />
Sprung nach vorn. Auch das Thema<br />
Nachhaltigkeit stand früh im Fokus. Bereits<br />
bei der Inbetriebnahme setzte man auf<br />
eine damals neue Technik zur Staubvermeidung.<br />
Zudem wurden die im Produktionsprozess<br />
anfallenden Schlacken früh<br />
als Düngemittel in der Landwirtschaft oder<br />
als Füllstoffe für den Straßenbau genutzt.<br />
Die Prozessgase aus den Konvertern werden<br />
sinnvoll weiterverwendet: ein Teil<br />
dient der Dampferzeugung, ein anderer<br />
Teil gelangt zur Stromerzeugung in die<br />
unternehmenseigenen Kraftwerke.<br />
Schmelzer in Bruckhausen:<br />
vom Schwerstarbeiter zum<br />
Prozessmanager<br />
Historische Aufnahme des Oxygenstahlwerks Duisburg-Bruckhausen aus dem Jahr der<br />
Inbetriebnahme, 1969 (Foto: thyssenkrupp Steel Europe)<br />
Digitalisierung und Automatisierung verbesserten<br />
nicht zuletzt auch die Arbeitsbedingungen<br />
im Werk. Bis in die<br />
1980er-Jahre hinein leisteten die Schmelzer<br />
dort körperliche Schwerstarbeit bei<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
NEUES AUS DER INDUSTRIE | 53<br />
großer Hitze und Staubbelastung. Mit der<br />
Automatisierung verlagerten sich die Aufgaben<br />
hin zur EDV-gestützten Steuerung<br />
und Kontrolle der Produktionsprozesse.<br />
Das machte die Arbeit deutlich sicherer,<br />
verlangte von den Mitarbeitern aber auch<br />
ganz neue Fachkenntnisse und die Bereitschaft,<br />
mehr Verantwortung zu übernehmen.<br />
Kurz: Das Berufsbild des Schmelzers veränderte<br />
sich rasant. Entsprechend anspruchsvoll<br />
gestaltet sich die heutige Ausbildung, die<br />
so gut wie nichts mehr mit der Schmelzerlehre<br />
vor 50 Jahren gemeinsam hat.<br />
Thorsten Brand, Leiter des Bereichs Rohstahl bei thyssenkrupp Steel Europe, im<br />
Oxygenstahlwerk Duisburg-Bruckhausen vor einem der Konverter (Foto: thyssenkrupp<br />
Steel Europe)<br />
„Mit dieser Investition haben unsere Vorgänger<br />
Weitblick gezeigt und schon vor 50 Jahren in<br />
den Stahl von heute investiert.“<br />
Thorsten Brand, Leiter des Bereichs Rohstahl bei thyssenkrupp Steel Europe<br />
Daten und Fakten<br />
Wandlungsfähiges Stahlwerk:<br />
immer die passenden Produkte<br />
Entscheidend für die erfolgreiche Entwicklung<br />
des Standortes war auch die kompromisslose<br />
Anpassung der Produktion an<br />
sich wandelnde Markt- und Kundenbedingungen.<br />
Produktinnovationen und neue<br />
Technologien prägten die Abnehmerbranchen,<br />
entsprechend veränderten sich die<br />
Anforderungen der Kunden an den Stahl:<br />
Neue Produkte und Produktionsprozesse<br />
erforderten – und ermöglichten – differenziertere<br />
Stahlsorten in zuverlässiger,<br />
gleichbleibender Qualität. So wurde die<br />
Produktion in Bruckhausen immer weiter<br />
ausdifferenziert und maßgeschneiderte<br />
Produkte entwickelt. Heute produziert das<br />
Oxygenstahlwerk rd. 400 verschiedene<br />
Stahlsorten. Den Schwerpunkt bilden<br />
Weißbleche für die Lebensmittel- und<br />
Getränkeindustrie (etwa für Getränkedosen<br />
und Lebensmittelkonserven) sowie<br />
Hightechstähle für die Automobilindustrie,<br />
die als Strukturbauteile das Leben der<br />
Insassen schützen oder für hochwertige<br />
Oberflächen sorgen.<br />
Auch das Vormaterial für Elektroband,<br />
einen Basiswerkstoff für E-Mobilität und<br />
erneuerbare Energien, wird dort erzeugt.<br />
Damit ist das Stahlwerk Bruckhausen<br />
auch 50 Jahre nach seiner Inbetriebnahme<br />
mit seinen 475 Mitarbeitern zentraler<br />
Bestandteil der Stahlproduktion bei<br />
thyssenkrupp.<br />
• thyssenkrupp Steel Europe<br />
• Inbetriebnahme:<br />
29. September 1969<br />
• Bauzeit: 18 Monate<br />
• Mitarbeiter*: 475<br />
• Kapazität*: 5,2 Mio. t/a<br />
• Mittlere Chargengröße*:<br />
375 t<br />
• Ausstattung*: 2 Konverter,<br />
2 Argonspülanlagen zur<br />
sekundärmetallurgischen<br />
Behandlung,<br />
• 1 RH-Vakuumanlage,<br />
1 Pfannenofen,<br />
1 CAS-OB (LTS-Anlage),<br />
1 Stranggießanlage,<br />
1 Gießwalzanlage (GWA)<br />
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<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
54 | <strong>TECHNIK</strong><br />
Kokserzeugung für die Hochofen-Konverter-Route<br />
Moderne Verkokungstechnologien zur<br />
Erzeugung von hochqualitativem Koks<br />
Trotz intensiver Diskussionen über die Reduzierung der CO 2 -Emissionen in der deutschen Stahlindustrie wird die<br />
Hochofen-Konverter-Route für eine Übergangsphase das wichtigste Stahlherstellungsverfahren bleiben, denn<br />
die Entwicklung und industrielle Umsetzung neuer bahnbrechender Technologien werden noch Zeit in Anspruch<br />
nehmen. Daher sind die Hochofenbetreiber weiterhin auf hochqualitativen Koks angewiesen. Dieser Beitrag gibt<br />
einen Überblick über die Verkokungstechnologien in Deutschland. Hierbei werden die beiden Verfahren<br />
Schüttbetrieb und Stampfbetrieb verglichen und über ihre Vor- und Nachteile diskutiert. Große Anstrengungen<br />
wurden unternommen, um Überwachungs- und Steuersysteme zu verbessern, beispielsweise die<br />
Temperaturmessung des Kokses und der Koksbatterien sowie die Einzelkammerdruckregelung. Entwickelt und<br />
angewendet werden anspruchsvolle Steuertechniken, wie etwa die Fuzzy-Reglung. Besondere Aufmerksamkeit<br />
gilt auch dem Umweltschutz, um die zunehmend strengeren Regularien einhalten zu können. Darüber hinaus<br />
wird ständig an der Verbesserung der Koksqualität gearbeitet, insbesondere hinsichtlich des CSR-Wertes.<br />
Hierbei liegt ein besonderer Schwerpunkt auf der Auswahl der Kokskohlen und auf der Überwachung und<br />
Kontrolle der Kohlequalität. Der Einsatz von hochqualitativem Koks ermöglicht den Hochofenbetreibern eine<br />
hohe Kohleeinblasrate und einen entsprechend geringen Koksverbrauch.<br />
T<br />
rotz intensiver Diskussionen über die<br />
Reduzierung der CO 2 -Emissionen der<br />
deutschen Stahlindustrie wird die<br />
Hochofen-Konverter-Route für eine Übergangsphase<br />
das wichtigste Stahlherstellungsverfahren<br />
bleiben, denn die Entwicklung<br />
und industrielle Umsetzung neuer<br />
bahnbrechender Technologien werden<br />
noch Zeit in Anspruch nehmen. Daher sind<br />
die Hochofenbetreiber weiterhin auf hochwertigen<br />
Koks angewiesen. Heute sind in<br />
Deutschland noch fünf Kokereien in<br />
Betrieb. Bild 1 zeigt die entsprechenden<br />
Standorte.<br />
Vier Kokereien sind direkt in Hüttenwerke<br />
integriert. Die einzige Kokerei ohne Hüttenverbund<br />
ist die Kokerei Prosper von<br />
ArcelorMittal. In Bild 2 ist die Entwicklung<br />
der Koksproduktion und des Koksverbrauchs<br />
in Deutschland dargestellt [1].<br />
Von 1980 bis 2015 ist die Koksproduktion<br />
von 28 Mio. t/a auf rd. 9 Mio. t/a<br />
zurückgegangen. Dieser Rückgang ist die<br />
Folge verschiedener Effekte, wie die Verringerung<br />
des Koksbedarfs der Hochöfen,<br />
Prozessoptimierungen, steigende Kohleeinblasraten<br />
und strukturelle Veränderungen<br />
in der deutschen Montanindustrie.<br />
Seit 1993 ist in Folge des Rückgangs der<br />
Kokserzeugung der Koksbedarf deutscher<br />
Hochöfen und Sinteranlagen höher als die<br />
heimische Koksproduktion. Diese Lücke<br />
muss durch Importkoks geschlossen werden.<br />
Vergleich von Schüttbetrieb und<br />
Stampfbetrieb<br />
Bild 1. Standorte der aktuell in Deutschland betriebenen Kokereien (Quelle: VDEh)<br />
Um die Abhängigkeit von Koksimporten zu<br />
verringern, haben einige integrierte Hüttenwerke<br />
ihre Kapazität der Koksproduktion<br />
erneuert bzw. ausgebaut. Dies<br />
geschah entweder durch die Sanierung<br />
älterer oder den Bau neuer Koksbatterien.<br />
So beauftragte die Zentralkokerei Saar<br />
(ZKS), die zu der AG der Dillinger<br />
Hüttenwerke und der Saarstahl AG gehört,<br />
Paul Wurth damit, eine neue Koksbatterie<br />
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<strong>TECHNIK</strong> | 55<br />
B3 mit 50 Öfen auf der grünen Wiese zu<br />
errichten und nach deren Fertigstellung die<br />
bestehende Koksbatterie B1 zu demontieren<br />
und anschließend neu mit 40 Öfen an<br />
gleicher Stelle aufzubauen [2]. Die beiden<br />
Koksbatterien arbeiten nach dem Prinzip<br />
des Stampfbetriebs.<br />
Im März 2014 nahm HKM eine neu<br />
errichtete zweite Koksbatterie in Betrieb.<br />
Gebaut wurde diese Koksbatterie von<br />
thyssenkrupp Industrial Solutions, ehemals<br />
thyssenkrupp Uhde [3]. Diese Koksbatterie<br />
arbeitet nach dem klassischen<br />
Schüttverfahren. Diese neuen Koksbatterien<br />
sind mit neuester Überwachungs- und<br />
Steuertechnik und modernsten Koksofenbedienmaschinen<br />
ausgestattet.<br />
In Bild 3 ist der Prozessablauf des<br />
Stampfbetriebs der ZKS-Koksbatterien<br />
dargestellt. Die Kohlemischung wird in<br />
einer kombinierten Stampf-, Beschickungs-<br />
und Ausdrückmaschine zu einem<br />
Kohlekuchen verdichtet. Anschließend<br />
wird der Kohlekuchen seitlich von der<br />
Maschinenseite in den Koksofen eingeschoben.<br />
Gegenüber des klassischen<br />
Schüttbetriebs weist der Stampfbetrieb<br />
einige Besonderheiten auf: So muss der<br />
gestampfte Kohlekuchen schmaler sein<br />
als die Ofenkammer. Beispielsweise ist<br />
der gestampfte Kohlekuchen bei einer<br />
mittleren Ofenbreite von 500 mm nur rd.<br />
450 mm breit. Sobald der Kohlekuchen<br />
aufgeheizt wird, expandiert die Kohle und<br />
erreicht dadurch schließlich die Ofenkammerwand.<br />
Besonderes Augenmerk muss<br />
beim Stampfbetrieb auf den Treib- bzw.<br />
Wanddruck gelegt werden. Durch die<br />
hohe Verdichtung der Einsatzkohle als Folge<br />
des Stampfens und einen signifikant<br />
höheren Feuchtegehalt, der notwendig ist,<br />
um stabile Stampfkuchen herstellen zu<br />
können, treten einerseits schon vor dem<br />
Zusammentreffen der plastischen Zonen<br />
hohe Wanddrücke auf, andererseits liegt<br />
der Wanddruck im Vergleich zur Schütttechnik<br />
auf einem um den Faktor 10–15<br />
höheren Niveau. Dieses muss durch die<br />
Auswahl von für die Stampftechnik geeigneter<br />
Kokskohlen kompensiert werden.<br />
Entsprechend können beim Stampfbetrieb<br />
ein großer Anteil an kostengünstiger, hochflüchtiger<br />
Kohle und ein geringer Anteil an<br />
Bild 2. Entwicklung von Koksproduktion und Koksverbrauch in Deutschland<br />
hochwertiger niedrigflüchtiger Kokskohle<br />
in der Kohlemischung eingesetzt werden,<br />
um die vergleichbaren Koksqualitäten wie<br />
beim Schüttbetrieb zu erreichen. Durch die<br />
Zugabe von Anti-Riss-Komponenten wie<br />
Petrolkoks und/oder gemahlenem Koksgrus<br />
wird die Kaltfestigkeit des Kokses<br />
weiter verbessert. Dies ist ein großer wirtschaftlicher<br />
Vorteil der Stampftechnik.<br />
Überwachung und Steuerung der<br />
Batteriebeheizung<br />
Eine Koksbatterie unterliegt ständigen<br />
thermischen Schwankungen aufgrund des<br />
Ausdrückens des heißen Kokses und der<br />
Beschickung mit kalter, feuchter Kohle.<br />
Die Temperaturverteilung innerhalb eines<br />
Koksofens ist unter anderem von folgenden<br />
Faktoren abhängig: Design der Koksbatterie<br />
(z.B. Schüttbetrieb oder Stampfbetrieb),<br />
Art und Qualität der<br />
Unterfeuerungsgase, Steuerung der Batteriebeheizung<br />
und Gleichmäßigkeit des<br />
Betriebsganges. Die Überwachung und<br />
Steuerung der Batteriebeheizung sind<br />
Schlüsselparameter für einen gleichmäßigen<br />
Betriebsgang und eine lange Batterielebensdauer.<br />
Hierzu wurden moderne<br />
Überwachungs- und Messsysteme entwi-<br />
Bild 3. Schematische Darstellung des Stampfbetriebs der ZKS-Koksbatterien<br />
Dr.-Ing. Rongshan Lin, AG der Dillinger Hüttenwerke, Dillingen/Saar; Dr. Frank Rullang, Zentralkokerei Saar, Dillingen/<br />
Saar; Dr.-Ing. Hans Bodo Lüngen, Stahlinstitut VDEh, Düsseldorf.<br />
Kontakt: rongshan.lin@dillinger.biz<br />
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PROVEN ® war die erste industriell eingesetzte<br />
Einzelkammerdruckregelung und<br />
wird in den Kokereien Schwelgern und<br />
HKM eingesetzt. Für die neue Koksbatterie<br />
B3 bei ZKS entwickelte und installierte<br />
Paul Wurth ein neues System, das sogenannte<br />
SOPRECO ® -System (Single Oven<br />
PREssure COntrol system). Die Einzelkammerdruckregelung<br />
erfolgt über ein<br />
spezielles Regelungsventil, das sich aufgrund<br />
seiner sphärischen Form leicht öffnen<br />
und schließen lässt. Das Ventil ist an<br />
zwei Aufhängungen montiert und wird<br />
über ein relatives Stellglied angesteuert.<br />
Das SOPRECO-Ventil befindet sich zwischen<br />
dem Vorlagenventil und dem Krümmer<br />
des Steigrohres. Mit dem Vorlagenventil<br />
kann der Ofen komplett von der<br />
Vorlage getrennt werden. Das System<br />
wird durch eine Druckmessung am unteren<br />
Ende des Steigrohres und eine Steuerungseinheit<br />
am Anschlusskasten vervollständigt,<br />
Bild 5 [4].<br />
Mit dem SOPRECO-System kann ein<br />
positiver Druck im Ofen bis zum Ende der<br />
Garzeit aufrechterhalten werden. Des<br />
Weiteren wird das Betreiben der Vorlage<br />
unter einem negativen Druck ohne Beeinträchtigung<br />
der Batterielebensdauer<br />
ermöglicht. Dadurch ist sichergestellt,<br />
dass während der Beschickung und der<br />
ersten Verkokungsphase ein zusätzlicher<br />
Saugeffekt in den Öfen entsteht, sodass<br />
Emissionen deutlich reduziert werden<br />
können. Aufgrund der guten Erfahrungen<br />
an der Koksbatterie B3 wurde auch die<br />
Koksbatterie B1 im Rahmen der Sanierungsmaßnahmen<br />
mit diesem System<br />
ausgestattet.<br />
Bild 4. Regelung der Batterietemperatur mithilfe eines Fuzzy-Reglers<br />
ckelt und eingesetzt, insbesondere für die<br />
Temperaturmessungen. Die eingesetzten<br />
Messmethoden sind vielfältig und umfassen<br />
beispielsweise manuelle Pyrometermessung,<br />
kontinuierliche Temperaturmessung<br />
mit den in den Heizzügen installierten<br />
Thermoelementen, optische Messungen<br />
der Koksendtemperatur und Ofenwandtemperaturen<br />
während des Koksdrückens.<br />
Aufbauend auf den Messergebnissen<br />
werden moderne Steuersysteme wie<br />
Fuzzy-Reglungen bzw. Expertensysteme<br />
Bild 5. SOPRECO-Regelungssystem<br />
entwickelt und angewendet. Bild 4 zeigt<br />
ein Beispiel eines Fuzzy-Reglers, der bei<br />
der ZKS im Einsatz ist. Die Soll-Bereiche<br />
der Batterietemperatur und der Verkokungszeit<br />
werden entsprechend den<br />
gewünschten Betriebspunkten eingestellt.<br />
Die notwendigen Energieeinträge<br />
werden über die Veränderung der Brenngasmenge<br />
und die Verbrennungsdauer<br />
geregelt. Mithilfe des Fuzzy-Reglers werden<br />
Schwankungen durch Übersteuerungen<br />
minimiert.<br />
Einzelkammerdruckregelung<br />
Verbesserter Umweltschutz<br />
Das SOPRECO-System ermöglicht ZKS<br />
zur weiteren Reduzierung der Emissionen<br />
während der Kohlekuchenbeschickung.<br />
Wie bereits erwähnt, wird beim Stampfverfahren<br />
der Kohlekuchen seitlich durch<br />
die Tür auf der Maschinenseite eingeführt.<br />
Sobald der kalte Kohlekuchen in den heißen<br />
Ofen eingeführt wird und sich dabei<br />
erwärmt, entwickeln sich Rohgase bzw.<br />
Füllgase.<br />
Um diffuse Emissionen während der<br />
Beschickung zu vermeiden, wurden diese<br />
Rohgase in der Vergangenheit in einer<br />
Brennkammer auf der Koksbatterie verbrannt.<br />
Anschließend wurden die Abgase<br />
einer Tuchfilteranlage zugeführt und über<br />
einen Kamin in die Atmosphäre freigesetzt.<br />
Um eine Emissionsquelle zu reduzieren,<br />
wurde eine Technik der Füllgasüberleitung<br />
weiter entwickelt und bei ZKS implementiert.<br />
Bei dieser Technik wird die Vorlage<br />
auf einen negativen Druck eingestellt. Bei<br />
der Kohlekuchenbeschickung am Koksofen<br />
„n“ wird der Hauptanteil des Rohgases<br />
über das Steigrohr in die Vorlage<br />
gesaugt. Da die Saugleistung nicht ausreicht,<br />
wird die Restmenge des Rohgases<br />
durch zwei Überleitrohre in die benachbarten<br />
Öfen „n+2“ und „n+4“ übergeleitet<br />
und anschließend über deren Steigrohre in<br />
die Vorlage gesaugt. Das Prinzip ist im<br />
Bild 6 schematisch dargestellt.<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
<strong>TECHNIK</strong> | 57<br />
Für die Überleitung der Rohgase in die<br />
benachbarten Öfen werden spezielle<br />
Maschinen eingesetzt. Bild 7 zeigt einen<br />
Vergleich der Emissionssituationen bei der<br />
Kohlekuchenbeschickung mit und ohne<br />
Technik der Füllgasüberleitung.<br />
Automatisierung und mannloser<br />
Betrieb<br />
Die Entwicklungen im Bereich Automatisierung<br />
sind eng mit den Entwicklungen in<br />
der Antriebstechnik, Prozesssteuerung<br />
und SPS verknüpft. Der Automatisierungsgrad<br />
bei den Koksofenbedienmaschinen<br />
ist sehr unterschiedlich. Während die<br />
Kokslöschmaschinen vollautomatisch und<br />
mannlos arbeiten, werden die Kohlebeschickungs-<br />
und Koksausdrückmaschinen<br />
halbautomatisch oder manuell betrieben.<br />
Dank des allgemeinen technischen Fortschritts<br />
und der Weiterentwicklung in der<br />
Automatisierungstechnik können Schwermaschinen<br />
heutzutage millimetergenau<br />
positioniert werden. Mittlerweile gibt es<br />
zahlreiche Expertensysteme, mit denen<br />
ein mannloser Betrieb greifbar wird [5].<br />
Koksqualität und ihr Einsatz im<br />
Hochofen<br />
Der Koks ist der wichtigste Einsatzstoff im<br />
Hochofenprozess. Um die beste Hochofenperformance<br />
erreichen zu können,<br />
stellen Hochofenbetreiber sehr hohe<br />
Anforderung an die Koksqualität, insbesondere<br />
an den CSR-Wert.<br />
Es gibt jedoch eine große Zahl von Parametern,<br />
die die Koksqualität und den beim<br />
Verkokungsvorgang entstehenden Treibdruck<br />
beeinflussen. Der Letztere spielt insbesondere<br />
bei einer Koksbatterie mit<br />
Stampfbetrieb eine große Rolle. Diese Einflussparameter<br />
lassen sich in zwei Kategorien<br />
einteilen: genetische Faktoren und<br />
technologische Faktoren. Die genetischen<br />
Faktoren, zu denen die Gesamtheit der<br />
Kokskohleneigenschaften zählt, bestimmen<br />
die Koksqualität zu etwa 70 %. Die<br />
restlichen 30 % werden durch technologische<br />
Faktoren beeinflusst. Daher spielt die<br />
Auswahl geeigneter Kokskohlen und Kohlenmischungen<br />
eine entscheidende Rolle<br />
für die Erzeugung von hochqualitativem<br />
Koks bei gleichzeitig niedrigem Treib- bzw.<br />
Wanddruck während der Verkokung.<br />
Hierzu hat ZKS ein Verfahren zur Kohleauswahl<br />
ausgearbeitet und konsequent<br />
umgesetzt. Das Auswahlverfahren ist in<br />
Bild 6. Prinzip der Füllgasüberleitung<br />
Bild 8 dargestellt. In diesem Verfahren ist<br />
der Test einer neuen Kokskohle bzw. Kohlemischung<br />
an einer Kokspilotofenanlage<br />
von zentraler Bedeutung, insbesondere für<br />
den Stampfbetrieb, da der Wanddruck<br />
nicht direkt an industriellen Koksöfen<br />
gemessen werden kann.<br />
Dank der engen Zusammenarbeit zwischen<br />
FuE, Produktion und Rohstoffeinkauf<br />
können die Kohleeinsatzmischungen<br />
bei ZKS ständig optimiert werden. Dadurch<br />
haben sich die Koksqualität, insbesondere<br />
die CSR/CRI-Werte, kontinuierlich verbessert.<br />
Der CSR-Wert konnte innerhalb von<br />
Bild 7. Kohlekuchenbeschickung mit und ohne Füllgasüberleitung (Fotos: Dillinger)<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
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Bild 8. Auswahlverfahren für Kokskohle<br />
bei ZKS<br />
drei Jahren von rd. 55 auf über 70 % verbessert<br />
werden. Aktuell liegt der CSR-<br />
Wert deutlich über 70 %.<br />
Die Hochöfen der ROGESA (Roheisengesellschaft<br />
Saar), ebenfalls eine Tochtergesellschaft<br />
der AG der Dillinger Hüttenwerke<br />
und der Saarstahl AG, werden<br />
hauptsächlich mit Koks von ZKS versorgt.<br />
Koks mit einem hohen CSR-Wert ermöglicht<br />
dem Hochofenbetreiber hohe Kohleeinblasraten<br />
und<br />
niedrige Koksverbräuche.<br />
Als<br />
Beispiel ist in<br />
Bild 9 die Kohleeinblasrate<br />
am Hochofen 5 von ROGESA<br />
in Abhängigkeit des CSR-Wertes des<br />
ZKS-Kokses dargestellt [6].<br />
Die Punkte stellen die monatlichen<br />
Mittelwerte dar. Durch die Verbesserung<br />
des CSR-Wertes des ZKS-Kokses von<br />
55−60 % auf über 70 % konnte die Kohleeinblasrate<br />
von 140−150 kg/t RE auf bis<br />
zu 200−210 kg/tRE gesteigert werden.<br />
Der Gesamtverbrauch der Reduktionsmittel<br />
lag unter 500 kg/t RE. Diese Ergebnisse<br />
können bis heute gehalten werden.<br />
Fazit<br />
In den letzten Jahren haben die deutschen<br />
integrierten Hüttenwerke in den<br />
Ausbau neuer Koksproduktionskapazitäten<br />
investiert, um ihre Abhängigkeit von<br />
externen Kokslieferungen zu verringern.<br />
Die beiden Verkokungstechnologien –<br />
Schüttberieb und Stampfbetrieb – werden<br />
kontinuierlich weiter entwickelt und<br />
kommen zum Einsatz.<br />
Es wurden besondere Anstrengungen<br />
hinsichtlich der Entwicklung der Einzelkammerdruckregelung<br />
unternommen,<br />
um die Umweltverträglichkeit der Kokserzeugung<br />
weiter zu verbessern. Die Entwicklung<br />
und Anwendung des automatisierten<br />
und mannlosen Betriebes werden<br />
in Deutschland kontinuierlich im Rahmen<br />
von „Industrie 4.0“ fortgeführt und intensiviert.<br />
Die Auswahl der geeigneten Kokskohlen<br />
stellt einen der wichtigsten Faktoren<br />
für die Erzeugung von hohen Koksqualitäten<br />
dar. Eine gute Koksqualität ermöglicht<br />
höchste Leistung und Effizienz des<br />
Hochofenprozesses.<br />
Literatur<br />
Bild 9. Kohleeinblasrate in Abhängigkeit vom CSR-Wert<br />
[1] Lüngen, H. B.: 3. Intern. VDEh-Seminar Cokemaking,<br />
14.−17. Mai 2018, Duisburg.<br />
[2] Loddo, R.; Esposito A.; Pivot, S.: A modern<br />
design approach in the new stamp charging coke<br />
oven batteries in Dillingen, 6th European Coke<br />
and Iron Making Congress, METEC InsteelCon,<br />
27. Juni – 1. Juli 20<strong>11</strong>, Düsseldorf.<br />
[3] Beckmann, H.-B.; Nelles, L.; Kopietz, B.: stahl u.<br />
eisen 135 (2015) Nr. 3, S. 65/72<br />
[4] Siri, G.; Parodi, L.: SOPRECO: Single Oven Pressure<br />
Control system installed in the new coke<br />
oven battery no 3 at the Zentralkokerei Saar<br />
GmbH, Proc. AISTech 2012, 7.−10. Mai 2012,<br />
Atlanta, USA, S. 323/30.<br />
[5] Liszio, P.; Lüngen, H. B.; Nelles, L.: stahl u. eisen<br />
132 (2012) Nr. <strong>11</strong>, S. 41/56.<br />
[6] Lin, R.; Rausch, R.; Hartig, W.; Wu, L.: BHM Bergu.<br />
Hüttenm. Monatsh. 162 (2017) Nr. 1, S. 41/49.<br />
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<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
<strong>TECHNIK</strong> | 59<br />
Mikrohärteprüfgerät: Gestochen scharfe Probenbilder<br />
Die Hahn+Kolb Werkzeuge GmbH<br />
aus Ludwigsburg hat anlässlich des<br />
diesjährigen HärtereiKongresses in<br />
Köln vom 22. bis 24. Oktober die<br />
neueste Generation der Qness<br />
Mikrohärteprüfgeräte präsentiert.<br />
Der „CHD Master Plus“ prüft vollautomatisch<br />
und eignet sich auch<br />
für Mehrfachproben. Eine 5-Mpx-<br />
Probenbildkamera liefert eine<br />
gestochen scharfe Übersicht der<br />
gesamten Probe.<br />
Um Bauteile vor Verschleiß zu schützen,<br />
gleichzeitig aber ihre Zähigkeit zu<br />
erhalten wird lediglich die Oberfläche<br />
des Werkstücks gehärtet. Typische<br />
Beispiele hierfür sind Zahnräder, Kurbel-<br />
oder auch Nockenwellen. Sie alle<br />
verfügen über eine gehärtete Oberfläche<br />
und einen zähen Kern. Um die<br />
Härte dieser Produkte prozesssicher<br />
und zuverlässig zu prüfen, bietet das<br />
Unternehmen als exklusiver Vertriebspartner<br />
des Herstellers Qness das<br />
neue Mikrohärteprüfgerät CHD Master<br />
Plus an. Im Vergleich zum Basismodell,<br />
dem CHD Master, verfügt das<br />
neue Prüfgerät über eine 5-Mpx-Probenbildkamera,<br />
die die gesamte Probe<br />
gestochen scharf und in Farbe aufzeichnet.<br />
Somit haben Anwender<br />
jederzeit eine Übersicht über das zu<br />
prüfende Bauteil und können die Bilder<br />
dokumentieren. Darüber hinaus<br />
lassen sich beim CHD Master Plus bis<br />
zu acht Proben gleichzeitig auf das<br />
Prüfbett aufbringen und vollautomatisch<br />
nacheinander prüfen. Das spart<br />
Zeit und sorgt für mehr Effizienz im<br />
Probenraum, Labor oder direkt in der<br />
Fertigung. Die Qness-Prüfgeräte CHD<br />
Master Plus sind in drei Modellen<br />
erhältlich – Q10, Q30 und Q60 – und<br />
verfügen über Prüfkraftbereiche zwischen<br />
50 g und 62,5 kg.<br />
Breite Einsatzmöglichkeiten<br />
Dank eines 6-fach-Werkzeugwechslers<br />
sind mit dem CHD Master Plus<br />
Mehrfachmessungen, Einzel- und Reihenmessungen<br />
sowie CHD, NHD und<br />
SHD möglich. Die übersichtliche Softwareoberfläche<br />
und das intuitive<br />
3-D-Bedienkonzept machen die Handhabung<br />
des Kleinlast-Härteprüfgeräts<br />
einfach. Mit der Auto-Snap-Funktion<br />
richtet der Bediener den Reihenstartpunkt<br />
automatisch aus, die Prüfreihe<br />
wird komfortabel und schnell positioniert.<br />
Eine weitere Besonderheit des<br />
Geräts von Qness ist die Optimum-Stop-Funktion.<br />
Sie schließt bei<br />
Unterschreitung der Grenzhärte den<br />
Verlauf unmittelbar ab und vermeidet<br />
so unnötige Prüfzeiten.<br />
Um den Härteprüfer digital zu vernetzen,<br />
bietet Qness ein optionales<br />
PCI-Softwaremodul an. Darüber lässt<br />
sich das Härteprüfgerät vollständig<br />
mit Datenbanken, CRM-Systemen<br />
und Statistikprogrammen vernetzen.<br />
Auch eine direkte Einbindung in die<br />
Fertigungssteuerungen ist möglich.<br />
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60 | <strong>TECHNIK</strong><br />
Deutsche Edelstahlwerke forcieren Additive Fertigung<br />
Die Stahlindustrie erhöht den Druck<br />
Der 3-D-Druck ist längst mehr als nur eine Spielerei. Die Anwendungsgebiete haben sich in den vergangenen<br />
Jahren branchenübergreifend vervielfältigt. Die Einsatzmöglichkeiten in Medizin, Luftfahrt und im<br />
Automobilbereich sind immens. So wundert es nicht, dass auch viele weitere Industriezweige und<br />
Anwendungen nicht mehr an der additiven Fertigung auf Pulverbasis vorbeikommen. Zu den Vorreitern gehören<br />
hier die Deutschen Edelstahlwerke (DEW), die in den vergangenen Jahren immens in Know-how und<br />
Infrastruktur investiert haben. Warum sich diese Investitionen bezahlt machen, erklärt Dr. Horst Hill, Leiter der<br />
Sonderwerkstoffe bei den DEW in Krefeld, im Gespräch mit Ulrich Ratzek.<br />
K<br />
omplexe Stahlbauteile auf Pulverbasis<br />
zu drucken, hat viele Vorteile. Insbesondere<br />
dann, wenn der Kunde<br />
bereits früh mit im Entwicklungsboot sitzt.<br />
Die Deutschen Edelstahlwerke als Experten<br />
in der Metallpulverherstellung haben<br />
das Potenzial der Additiven Fertigung<br />
längst erkannt und beziehen ihre Kunden<br />
schon beim Prototyping mit in den Fertigungsprozess<br />
ein. Doch was sind die Vorteile<br />
der Additiven Fertigung? Die Hauptgründe<br />
für Kunden, ein Stahlbauteil per<br />
3-D-Druck herzustellen sind mehr Designfreiheit<br />
und kürzere Prozessketten. Darüber<br />
hinaus sind die Werkzeugkosten um<br />
einiges geringer. Denn im Gegensatz zu<br />
mechanischen Fertigungsverfahren, wie<br />
z.B. Fräsen oder Drehen, wird bei der<br />
Additiven Fertigung ein Bauteil mit einem<br />
3-D-Drucker hergestellt<br />
– und<br />
zwar Schicht<br />
für Schicht<br />
mittels Laser.<br />
Werkzeuge,<br />
Formen & Co.<br />
sind dabei nicht<br />
mehr notwendig.<br />
Grundlage<br />
sind sogenannte gasverdüste Metallpulver.<br />
Die Deutschen Edelstahlwerke<br />
(DEW) stellen als Unternehmen der<br />
Schmolz + Bickenbach Gruppe seit vielen<br />
Jahren Pulver zum Auftragschweißen her<br />
und nutzen ihr Know-how in diesem<br />
Bereich nun für den 3-D-Druck, der auch<br />
auf einem Schweißprozess beruht. Die<br />
Pulververdüsung und die gesamte Technologie<br />
für den 3-D-Druck (inkl. eines<br />
hochwertigen 3-D-Druckers von EOS) vereinen<br />
die DEW am Standort Krefeld. Dazu<br />
gehört auch ein eigenes Labor, in dem alle<br />
Pulver mithilfe neuester Technik auf ihre<br />
chemische Zusammensetzung und Partikelgröße<br />
untersucht und auch weiterentwickelt<br />
werden.<br />
Vom Pulver zum Bauteil<br />
Die Grundlage bildet ein hochwertiges Pulver,<br />
dessen Herstellung eine Wissenschaft<br />
für sich ist. Zur Pulverherstellung<br />
werden die Rohstoffe und Einsatzmaterialien<br />
zunächst in einem Induktionsofen verflüssigt<br />
und anschließend einer Gasverdüsungsanlage<br />
zugeführt. Nun beginnt der<br />
eigentliche Verdüsungsprozess. In einem<br />
geschlossenen Behälter wird ein Gießstrahl<br />
mithilfe eines Inertgases<br />
unter hohem Druck zerstäubt.<br />
Die so entstehenden Partikel formen<br />
sich sphärisch ein.<br />
Nur so ist ein ausgezeichnetes<br />
Fließverhalten gewährleistet,<br />
welches für die spätere Weiterverarbeitung<br />
immens wichtig ist. Schließlich<br />
verbessert die sphärische Form die Dosierbarkeit<br />
des Pulvers. Das Abscheiden des<br />
Pulvers erfolgt ebenfalls unter Inertgas,<br />
wodurch das Pulver ohne schädliche Oberflächenoxidation<br />
abkühlt. Außerdem bleibt<br />
der Gesamtsauerstoffgehalt im Pulver auf<br />
diese Weise niedrig. Das Rohpulver wird<br />
im Anschluss gesiebt, d. h., dass für den<br />
3-D-Druck benötigte Pulver wird mittels<br />
Sieb vom Überkorn (zu grobe Partikel) und<br />
vom Unterkorn (zu kleine Partikel) getrennt.<br />
Diese Unterscheidung geschieht auf Mikrometer-Ebene;<br />
mit dem bloßen Auge sind<br />
die Korngrößen nicht zu unterscheiden.<br />
Die typische Partikelgröße für den<br />
3-D-Druck liegt in der Regel im Bereich<br />
von 10 bis 63 µm. Nachdem das nutzbare<br />
Pulver in den Mischer gelangt ist, kann es<br />
in die jeweiligen Verpackungseinheiten<br />
abgefüllt werden.<br />
Vor dem Druck<br />
Die DEW beziehen interessierte Kunden<br />
schon in der Entwicklung und beim Prototyping<br />
mit ein. Von der Idee über das<br />
Legierungsdesign bis hin zum fertigen Produkt<br />
wird der komplette Fertigungsprozess<br />
mit dem Kunden gemeinsam entwickelt.<br />
Dazu gehört auch, die ideale<br />
Metallpulver-Lösung zu erarbeiten – weg<br />
vom üblichen Standardpulver. Im Erstgespräch<br />
werden die Anforderungen an die<br />
Das Printdur-Portfolio umfasst ein breites Spektrum an verdüsten Metallpulvern auf<br />
Eisen-, Nickel- oder Kobaltbasis (Foto: Deutsche Edelstahlwerke)<br />
Dr.-Ing. Horst Hill, Leitung<br />
Sonderwerkstoffe, Deutsche<br />
Edelstahlwerke Specialty Steel<br />
GmbH & Co. KG, Krefeld.<br />
Kontakt: horst.hill@dew-stahl.com<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
<strong>TECHNIK</strong> | 61<br />
Bauteile festgelegt, die der Kunde im<br />
3-D-Druck herstellen möchte. Dies können<br />
Ersatzteile in kleiner Stückzahl sein<br />
oder Werkzeuge, die er ohne Zeitverzug<br />
sofort vor Ort in seiner Produktion benötigt.<br />
Basierend auf den Anforderungen der<br />
angestrebten Bauteile spezifizieren die<br />
DEW-Ingenieure und Techniker den bestmöglichen<br />
Werkstoff. Neben den klassischen<br />
Pulverstahlsorten können dies z.B.<br />
auch bainitische Stähle sein.<br />
Als Resultat des Fertigungsprozesses<br />
erhalten Kunden einen einsatzfähigen Pulverstahl,<br />
mit dem das gewünschte Produkt<br />
im eigenen 3-D-Drucker gefertigt<br />
werden kann. Um sicherzustellen, dass<br />
alle Anforderungen eingehalten werden,<br />
drucken die DEW den Prototypen bereits<br />
vor Ort in Krefeld aus. Im Anschluss können<br />
diese allen gängigen Belastungs- und<br />
Härtetests unterzogen werden.<br />
Die DEW beziehen interessierte Kunden schon in der Entwicklung und beim Prototyping<br />
mit ein (Foto: Deutsche Edelstahlwerke)<br />
INTERVIEW<br />
Herr Dr. Hill, welche Materialien bzw.<br />
Werkstoffe werden aktuell eingesetzt<br />
und welche sind zukünftig geplant?<br />
Die Deutschen Edelstahlwerke bieten<br />
ein breites Spektrum an gasverdüsten<br />
Metallpulvern an. Diese haben wir unter<br />
dem Markennamen „Printdur“ zusammengefasst.<br />
Schon jetzt stellen wir mehr<br />
als 200 Werkstoffe auf Eisen-, Nickel- oder<br />
Kobaltbasis pulvermetallurgisch her –<br />
maßgeschneidert auf die Bedürfnisse<br />
unserer Kunden. Maßgeschneidert bedeutet,<br />
dass wir neben den bekannten Standardwerkstoffen,<br />
auch gemeinsam mit<br />
dem Kunden Pulver entwickeln: von der<br />
eigenen Legierungsidee bis zum gedruckten<br />
Endprodukt. Wir helfen unseren Kunden<br />
bei der Umsetzung. Dabei gehen wir<br />
schrittweise vor: Wir definieren gemeinsam<br />
die Anforderungen, entwickeln den<br />
Werkstoff, realisieren die Pulververdüsung,<br />
erproben und optimieren den Werkstoff<br />
und unterstützen letztendlich sogar<br />
beim Recycling des Pulvers. Auch hinsichtlich<br />
der Bestellmenge agieren wir extrem<br />
flexibel: Wir liefern sowohl Kleinstmengen<br />
als auch Großmengen im Tonnenmaßstab.<br />
Der Ausblick auf die zukünftigen Werkstoffe<br />
ist sehr spannend. Häufig gibt es Forderungen<br />
nach mehr Härte, einer höheren<br />
Festigkeit, besserer Verschleißbeständigkeit<br />
oder Ähnlichem. Aktuelle Metallpulver<br />
in der Additiven Fertigung können diesen<br />
Forderungen nur bedingt gerecht werden.<br />
Werkstoffe mit entsprechenden Legierungssystemen<br />
– beispielsweise ein hoher<br />
Kohlenstoffgehalt – können nur unzureichend<br />
additiv verarbeitet werden. Zum<br />
einen sind hier die Anlagenhersteller aktiv<br />
dabei, derartige Probleme zu lösen; allerdings<br />
sind auch wir als Werkstoffingenieure<br />
gefragt, die Werkstoffe auf diesen Prozess<br />
hin anzupassen. Daran arbeiten wir.<br />
Welche „Kinderkrankheiten“ gibt es<br />
beim Einsatz der neuen Technologie?<br />
Da wären einerseits noch einige Limitierungen<br />
bezüglich der Werkstoffvielfalt.<br />
Zum anderen stellt die Konstruktions- und<br />
Designfreiheit die Konstrukteure vor neue<br />
Herausforderungen. So sind auch Grenzen<br />
„im eigenen Kopf“ zu überwinden, was<br />
vor allem bei jahrzehntelanger Erfahrung<br />
schwierig ist. Doch auch in der technischen<br />
Umsetzung wird man zwangsweise<br />
auf neue Grenzen stoßen: sei es hinsichtlich<br />
der Werkstoffauswahl oder bei<br />
bestimmten Rahmenbedingungen durch<br />
den Druckprozess im Allgemeinen bis hin<br />
zur notwendig werdenden Nachbearbeitung.<br />
Welche Einsatzgebiete können mit der<br />
Additiven Fertigung abgedeckt werden?<br />
Welche sind zukünftig noch denkbar?<br />
Fakt ist: Bauteile werden immer komplexer<br />
und 3-D-Drucker zunehmend leistungsfähiger<br />
beziehungsweise für größere<br />
Dr.-Ing. Horst Hill, Leitung Sonderwerkstoffe<br />
(Foto: DEW)<br />
Bauteile ausgelegt. Damit steigen auch die<br />
Anforderungen an Metallpulver, denn es<br />
entstehen stetig neue Anwendungen. Da<br />
nicht jeder Werkstoff für die Additive Fertigung<br />
geeignet ist, berät unser Team im<br />
Bereich Sonderwerkstoffe von Beginn an<br />
hinsichtlich der einzusetzenden Pulver für<br />
den 3-D-Druck. Werkstoffe auf Eisenbasis<br />
können allgemein in die austenitischen,<br />
aushärtbaren und martensitischen Stahlsorten<br />
unterteilt werden. Austenitische<br />
Stahlsorten zum Beispiel weisen in der<br />
Regel eine hohe Korrosions- und Oxidationsbeständigkeit<br />
auf. Sollten Anwendun-<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
62 | <strong>TECHNIK</strong><br />
Von der Produktidee über die Werkstoffentwicklung<br />
bis hin zu Fragen des idealen<br />
Recyclings von Metallpulver: Additive<br />
Fertigung setzt einen detaillierten<br />
Planungsprozess voraus (Foto: Deutsche<br />
Edelstahlwerke)<br />
gen gefragt sein, bei denen eine überdurchschnittliche<br />
Korrosionsbeständigkeit<br />
vonnöten ist, bieten sich Pulver auf<br />
Nickel-Basis an. Hierunter fallen Werkstoffe,<br />
die hohe Temperaturen aushalten und<br />
eine gute Beständigkeit gegen mineralische<br />
Säuren, wie beispielsweise Salpeter-,<br />
Phosphor-, Schwefel- oder Salzsäure, aufweisen.<br />
Eine gute Beständigkeit gegen<br />
Heißgaskorrosion sowie eine hohe Zeitstandfestigkeit<br />
oberhalb von 600 °C sind<br />
ebenfalls gegeben.<br />
Werkstoffe auf Kobaltbasis wiederum<br />
sind besonders für Hochtemperaturanwendungen<br />
und für Produkte der Medizintechnik<br />
geeignet. So weist Printdur<br />
Die Technik schafft die Voraussetzung für<br />
die Konstruktion komplexer und gleichzeitig<br />
leichter Komponenten mit hohen<br />
Festigkeitswerten (Foto: Deutsche<br />
Edelstahlwerke)<br />
CoCrF75 im wärmebehandelten Zustand<br />
einen exzellenten Widerstand gegen Thermoschock<br />
auf und ist beständig gegen<br />
oxidierende sowie reduzierende Atmosphären<br />
bis ca. 1.150 °C. Dank dieser<br />
Eigenschaften wird er bevorzugt für Hochtemperaturanwendungen<br />
eingesetzt. In<br />
Kombination mit der Zertifizierung nach<br />
DIN EN ISO 13485 ist der Printdur<br />
CoCrF75 die erste Wahl für Anwendungen<br />
in der Medizintechnik.<br />
Neben der Luft- und Raumfahrt und der<br />
Medizintechnik wird viel Forschung und<br />
Entwicklung für andere Branchen betrieben.<br />
Insbesondere in den Bereichen Automotiv,<br />
Werkzeugbau, Anlagen- und<br />
Maschinenbau. Das Ziel sind häufig stark<br />
individualisierte Bauteile in geringer Stückzahl.<br />
Es bleibt also sehr spannend.<br />
Können theoretisch auch Schmiedeprodukte<br />
ersetzt werden?<br />
Auf dem ersten Blick neigt man hier<br />
schnell dazu sich mit einem Nein zu äußern<br />
nach dem Motto „große Bauteile und<br />
Halbzeuge wird es aus dem Drucker schon<br />
nicht geben“. Auf den zweiten Blick ist das<br />
zumindest teilweise gar nicht so abwegig.<br />
Die 3-D-Drucker erlauben, immer größere<br />
Bauteile zu fertigen. Somit ist schon vorstellbar,<br />
dass Bauteile, die aus einem<br />
Schmiedestück mechanisch herausgearbeitet<br />
werden müssen, durchaus auch<br />
gedruckt werden können. Alternativ bietet<br />
die Additive Fertigung auch die Möglichkeit,<br />
Verbunde zu erzeugen, sodass nur ein<br />
Teil des Gesamtbauteils gedruckt wird.<br />
Der Grundkörper könnte in diesem Fall ein<br />
Schmiedeprodukt sein. In Summe würde<br />
weniger Schmiedematerial benötigt werden.<br />
Wer sind die Abnehmer bzw. Industrien?<br />
Im Großen und Ganzen die vorhin<br />
bereits erwähnten. Anwendung finden die<br />
metallischen Werkstoffe momentan vor<br />
allem in der Luftfahrt, der Medizintechnik,<br />
im Werkzeugbau und im automobilen<br />
Leichtbau. In der Medizin hat sich der<br />
3-D-Druck schon für die Produktion von<br />
Zahnersatz etabliert. Automobilhersteller<br />
wiederum profitieren insbesondere bei der<br />
Prototypentwicklung: Hersteller können<br />
ihre Bauteile selbst ausdrucken, was Zeit<br />
und Kosten spart. Additiv gefertigte Bauteile<br />
können auf ein reduziertes Gewicht<br />
hin optimiert werden, was nicht nur für die<br />
Automobilindustrie, sondern vor allem für<br />
die Luftfahrt bedeutend ist. Hohe Festigkeitswerte<br />
bei reduziertem Gewicht verbunden<br />
mit hoher Designfreiheit in der<br />
Konstruktion sind schlagende Argumente.<br />
Flugzeuge beispielsweise verbrauchen so<br />
deutlich weniger Kraftstoff und stoßen<br />
weniger Kohlendioxid aus.<br />
Bis zu welcher Größe kann der Drucker<br />
Produkte erstellen und in welcher Zeit?<br />
Letztlich schafft die Technik die Voraussetzung<br />
für die Konstruktion komplexer<br />
und gleichzeitig leichter Komponenten mit<br />
hohen Festigkeitswerten. Während bei der<br />
herkömmlichen Stahlverarbeitung viele<br />
verschiedene Fertigungsschritte in großen<br />
Hallen bei häufigen Werkzeugwechseln<br />
vonnöten sind, braucht es bei der Additiven<br />
Fertigung mittels 3-D-Druck letztlich<br />
„nur“ einen Druckerraum. Ein 3-D-Drucker<br />
hat in der Regel Maße zwischen 2<br />
und 3 m2. Dadurch sind die Produktmaße<br />
natürlich begrenzt, als groben Richtwert<br />
kann ein effektiver Bauraum von 300 mm<br />
· 300 mm · 300 mm genannt werden.<br />
Die Bauzeiten sind stark abhängig vom<br />
jeweiligen Bauteil und natürlich auch von<br />
der Leistungsfähigkeit der Drucker, die<br />
immer schneller werden. Aktuell kann man<br />
jedoch sagen, der Druckprozess als solches<br />
betrachtet ist langsam. Allerdings<br />
muss fairerweise die gesamte Herstellungsroute<br />
betrachtet werden. Wenn beispielsweise<br />
für ein Ersatzteil erst ein entsprechender<br />
Werkzeugbau notwendig ist,<br />
dann kann alleine dadurch bedingt die Prozesskette<br />
mehrere Wochen und Monate<br />
betragen. In solchen Fällen können die<br />
3-D-Drucker natürlich ihre Vorteile ausspielen<br />
und die gesamte Herstellungskette<br />
verkürzen, auch wenn in der Regel noch<br />
eine Nacharbeit notwendig wird.<br />
Gibt es weitere AM-Aktivitäten innerhalb<br />
der S+B-Gruppe?<br />
Mit der Additiven Fertigung beschäftigen<br />
wir uns nicht nur bei den Deutschen<br />
Edelstahlwerken. Es gibt gruppenweite<br />
AM-Aktivitäten, die wir am DEW-Standort<br />
in Krefeld produktionstechnisch bündeln.<br />
Vielen Dank für dieses interessante<br />
Gespräch, Herr Dr. Hill.<br />
Weitere Informationen sind unter<br />
https://www.dew-powder.com/printdur<br />
und unter https://innovation.schmolzbickenbach.com/additive-fertigung<br />
zu finden.<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
<strong>TECHNIK</strong> | 63<br />
Ressourceneffizienz aus dem 3-D-Drucker<br />
Wie das Wurzelwerk eines Baumes<br />
mutet der Aufbau der neuen<br />
Brennstoff-Mischeinrichtung der<br />
Kueppers Solutions GmbH aus<br />
Gelsenkirchen an. Möglich macht<br />
das der 3-D-Druck.<br />
Für das neuartige Produktionsverfahren<br />
erhielt das Unternehmen eine Förderung<br />
aus dem Zentralen Innovationsprogramm<br />
Mittelstand (ZIM) des<br />
Bundesministeriums für Wirtschaft<br />
und Energie. Unterstützt wurde es<br />
dabei durch die Finanzierungsberatung<br />
der Effizienz-Agentur NRW.<br />
Kueppers Solutions ist als Ausrüster<br />
von Thermoprozessanlagen seit<br />
Jahrzehnten Partner aller Industriezweige.<br />
Das Unternehmen entwickelte<br />
2017 gemeinsam mit dem Institut<br />
für technische Verbrennung ITV und<br />
dem Institut „Digital Additive Production<br />
DAP“ der RWTH Aachen ein neuartiges<br />
3-D-Produktionsverfahren für<br />
eine Gas-/Luft-Mischeinrichtung. Die<br />
aus Edelstahl hergestellte Mischeinheit<br />
zeichnet sich durch ein komplexes<br />
Geflecht aus Kanälen und Düsen<br />
aus, das eine homogene Mischung<br />
der Brennstoffe auch bei Teillast<br />
gewährleistet. Damit kann der Brenner<br />
ohne Luftüberschuss über den<br />
gesamten Regelbereich mit λ von 1,0<br />
bis 1,05 betrieben werden.<br />
„Der Wirkungsgrad der Ofenanlagen<br />
kann dadurch um 5 bis 15 % gesteigert,<br />
die Energieeffizienz verbessert<br />
und die Kohlendioxid- und Stickstoffoxidemissionen<br />
reduziert werden. Das<br />
neue 3-D-Druckverfahren macht diese<br />
Konstruktionsweise erst möglich“,<br />
erklärt Geschäftsführer Jens te Kaat.<br />
Auf Basis eines Prototyps entstand<br />
2018 eine neue Industriebrennerserie<br />
der Kueppers Solutions GmbH, die<br />
ohne Luftüberschuss betrieben werden<br />
kann. Durch die Modulation der<br />
Gas- und Luftströme erreichte bereits<br />
der Prototyp niedrige Stickoxidwerte<br />
von ca. 50 mg/m³(STP). Mit diesen<br />
Werten werden die aktuellen, vom<br />
Gesetzgeber vorgegebenen Grenzwerte<br />
um den Faktor 7 unterschritten.<br />
Darüber hinaus überzeugt die neuartige<br />
Mischeinrichtung mit einer deutlich<br />
längeren Standzeit als konventionelle<br />
Anlagen.<br />
Brenner für Thermoprozessanlagen<br />
finden sich heute in zahlreichen Produktionsprozessen<br />
nahezu aller Branchen<br />
– von Stahl über Chemie bis hin<br />
zur Lebensmittelindustrie. „Die neuartige<br />
Industriebrennerserie mit verstellbarer<br />
Gas-/Luft-Mischeinrichtung ist<br />
grundsätzlich für viele dieser Anwendungen<br />
geeignet“, so Jens te Kaat.<br />
Viele Anlagen werden, um die klimapolitischen<br />
Ziele zu erreichen, in den<br />
nächsten Jahren modernisiert werden<br />
müssen. Kueppers Solutions erwartet<br />
als Erstausrüster dank seiner ressourceneffizienten<br />
Mischeinrichtung dadurch<br />
einen Wettbewerbsvorteil.<br />
• Kueppers Solutions<br />
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für eine Gas-/Luft-Mischeinrichtung. Zu sehen ist ein Querschnitt durch<br />
die neuartige Mischeinheit (Foto: Martin Urner, artfotos dortmund)<br />
Mehr Informationen:<br />
polytec.com/lsv<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
64 | <strong>TECHNIK</strong><br />
Isolierung der Hauben verbessert Homogenität der mechanisch-technologischen Eigenschaften<br />
Neue Haubensysteme zur nachhaltigen<br />
Produktion von Schmiedeblöcken<br />
Hochwertige Schmiedeprodukte zeichnen sich durch hohe Anforderungen an die Homogenität der mechanischtechnologischen<br />
Eigenschaften aus. Um dies zu gewährleisten, spielt neben der Erschmelzungstechnologie<br />
auch die Erstarrung der Rohblöcke eine entscheidende Rolle. Beim Blockguss ist eine möglichst gelenkte<br />
Erstarrung vom Blockfuß bis zur Haube wesentliche Zielsetzung. Dabei soll das Haubenvolumen, das nach dem<br />
Schmieden als Entfall im Kreislauf geführt wird, möglichst klein sein. Im Rahmen von umfangreichen Betriebsversuchen<br />
wurde ein neuentwickeltes System zur Isolierung der Hauben von Schmiedeblöcken getestet. Basis<br />
der Entwicklung ist ein neuer Isolierstoff, der speziell den Erfordernissen der Blockhauben angepasst wurde.<br />
Mit einer Verbesserung der Isolationswirkung ergeben sich zahlreiche Vorteile bei der Herstellung von<br />
Schmiedeblöcken.<br />
D<br />
as Leistungsvermögen von ge -<br />
schmiedeten Produkten aus Spezialstählen<br />
hängt von der Homogenität<br />
der Schmiedeblöcke ab. Die Minimierung<br />
des Gehalts an nichtmetallischen Einschlüssen<br />
sowie die Reduzierung von physikalisch<br />
bedingten Entmischungen bei der Erstarrung<br />
ist das Hauptziel eines Premiumanbieters<br />
von speziellen Stahlprodukten, das<br />
durch die stetige Verbesserung der metallurgischen<br />
Verfahrenstechnik verfolgt wird.<br />
Die BGH Edelstahl Siegen GmbH produziert<br />
eine breite Palette von Spezialprodukten<br />
aus legiertem und nichtrostendem<br />
Stahl. Das Materialportfolio umfasst Baustähle,<br />
Edelstähle, hitzebeständige Legierungen<br />
sowie Nickelbasislegierungen.<br />
Bild 1 zeigt den Produktionsprozess, der<br />
die gesamte Verarbeitungslinie vom<br />
Schrott bis zum bearbeiteten Schmiedestück<br />
abdeckt.<br />
Der Stahl wird durch Einschmelzen von<br />
Schrott in einem Elektrolichtbogenofen<br />
und anschließender sekundärmetallurgischer<br />
Behandlung hergestellt. Nach den<br />
Raffinierungsschritten wird der Stahl mittels<br />
Blockguss vergossen. Die Blockformate<br />
sind speziell für die Herstellung von Spezialprodukten<br />
konzipiert und reichen bis zu<br />
50 t Gewicht. Die geschmiedeten Produkte<br />
werden durch Ultraschallprüfung auf<br />
modernsten automatischen Prüfanlagen<br />
einer 100%-Prüfung unterzogen.<br />
Schmiedeblöcke<br />
Das Blockgussverfahren kommt heute nur<br />
noch bei bestimmten Produkten zum Einsatz.<br />
So werden bei Schmiedeprodukten<br />
Bild 1. Produktionsprozess der BGH Edelstahl Siegen GmbH (Grafik: BGH Edelstahl Siegen)<br />
Dr.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing. Frank Hippenstiel, Geschäftsführer; Dipl.-Ing. Robert Hellermann, Leiter Gießbetrieb, BGH<br />
Edelstahl Siegen GmbH, Siegen; Nico Busolini, Technik; Giorgio Piantoni, Geschäftsführer, Faprosid Srl., Italien.<br />
Kontakt: frank.hippenstiel@bgh.de<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
<strong>TECHNIK</strong> | 65<br />
abmessungsbedingt aufgrund der erforderlichen<br />
Umformung größere Erstarrungsquerschnitte<br />
benötigt, die mit wirtschaftlich<br />
vertretbarem Aufwand,<br />
insbesondere bei kleinen Losgrößen, nur<br />
mit dem Blockgussverfahren darstellbar<br />
sind. Des Weiteren ergibt sich in bestimmten<br />
Marktnischen auch bei gewalzten Produkten<br />
die Notwendigkeit zur Anwendung<br />
des Blockgussverfahrens. Hierbei stehen<br />
im Wesentlichen die benötigten Erzeugungsmengen<br />
im Vordergrund, die einen<br />
Einsatz von Strangguss wirtschaftlich<br />
nicht rechtfertigt bzw. die Flexibilität hinsichtlich<br />
der späteren Abmessungen einschränkt.<br />
Bei den meisten Herstellwerken stehen<br />
sowohl die Wirtschaftlichkeit der Fertigung<br />
wie auch die Qualität des Endproduktes<br />
an oberster Stelle. Bei dieser<br />
Betrachtung muss die gesamte Fertigungskette<br />
berücksichtigt werden, da beispielsweise<br />
eine oberflächennahe Fehlerstelle<br />
in einem Schmiedeblock später als<br />
Oberflächenfehler nach der mechanischen<br />
Bearbeitung zum Verwerfen des<br />
Bauteils führen kann.<br />
Daher führt in der Regel jedes Herstellwerk<br />
eigene Entwicklungsarbeiten durch<br />
und legt u.a. die Geometrien der benötigten<br />
Kokillen fest. Neben der Kokillengeometrie<br />
gibt es eine Vielzahl von anderen<br />
Einflussgrößen, wie die Auswahl der Fertigungsparameter<br />
(Gießgeschwindigkeit,<br />
Überhitzung) oder auch die Art der Gießhilfsmittel<br />
(Gießpulver, Blockkopfabdeckungen),<br />
die die Qualität eines Rohblockes<br />
beeinträchtigen können.<br />
Für hochwertige Edelstahllangprodukte<br />
im Bereich des gewalzten und geschmiedeten<br />
Stabstahles hat sich das Untergussverfahren<br />
durchgesetzt. Bei diesem Gießverfahren<br />
wird ein Gespann aus<br />
keramischen Bauteilen zusammengestellt<br />
und in metallischen Hüllen fixiert. Dieses<br />
Gießsystem besteht aus einem zentralen<br />
vertikalen Einlaufbereich aus Rohren,<br />
einem zentralen Verteilerstein (Königstein)<br />
und horizontal verlegten Kanalsteinen, die<br />
die Stahlschmelze zu den Kokillen für die<br />
herzustellenden Blöcke leiten. Es ist<br />
bekannt, dass sowohl die Auswahl der<br />
feuerfesten Materialien für das Gießsystem<br />
wie auch die geometrische Ausbildung des<br />
Einlaufsystems der Stahlschmelze in die<br />
Kokille große Einflussfaktoren für die spätere<br />
Produktqualität darstellen [1...4]. Bild 2<br />
zeigt schematisch die Anordnung eines<br />
Gießsystems für einen Schmiedeblock.<br />
Die Kokillengeometrie<br />
und die Gießparameter<br />
bestimmen maßgeblich den<br />
Erstarrungsverlauf in der<br />
Kokille und damit die Ausbildung<br />
von Lockerstellen und<br />
Seigerungen. In Bild 3 ist<br />
dargestellt, wie sich unter<br />
Berücksichtigung wesentlicher<br />
Randbedingungen das<br />
Primärgefüge zweier unterschiedlicher<br />
Schmiedeblöcke<br />
ausbildet [5].<br />
Ein EGKS-Projekt [6]<br />
beschäftigte sich mit dem<br />
Einfluss der Wärmeisolierung<br />
in der Blockhaube von<br />
Schmiedestücken auf die<br />
Blockqualität. Im Rahmen<br />
dieser Arbeit wurde kein<br />
Einfluss des Haubenvolumens<br />
auf das Zurückdrängen<br />
von Seigerungen festgestellt. Als<br />
Erklärung wird angeführt, dass die Liquidustemperatur<br />
in der gesamten Haube<br />
erst kurz vor der vollständigen Erstarrung<br />
des Block rumpfes erreicht wird.<br />
Neben den Seigerungsuntersuchungen<br />
wurden auch umfangreiche Temperaturmessungen<br />
in der Haube während<br />
der Erstarrung der Blöcke durchgeführt.<br />
Hierbei hat sich gezeigt, dass bei einer<br />
Erhöhung der Isolierwirkung am Rand der<br />
Blockhaube die Wärmeabfuhr nach<br />
außen zu Beginn des Gießprozesses<br />
geringer ist.<br />
Bild 2. Gießsystem Schmiedeblock (schematisch)<br />
(Grafik: BGH Edelstahl Siegen)<br />
Auch in einer bekannten Berechnungsformel<br />
zur Ermittlung der maximalen Kohlenstoffseigerung<br />
bleibt die eigentliche<br />
Blockhaube unberücksichtigt, die Formel<br />
beinhaltet den mittleren Blockdurchmesser,<br />
den Schlankheitsgrad des Blockes<br />
sowie die Gehalte einiger Begleitelemente<br />
[7].<br />
Blockkopfisolierung<br />
Je nach den Eigenschaften des Stahls<br />
beträgt das Lunkervolumen 2,4 bis 3,6 %<br />
des Blockvolumens. Wären die auf die<br />
Bild 3. Einflussgrößen auf Seigerungen von Schmiedeblöcken nach [5] (Grafik: BGH<br />
Edelstahl Siegen)<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
66 | <strong>TECHNIK</strong><br />
Kokillen aufgesetzten Hauben so wirksame<br />
Warmhaltegefäße, dass sie den in<br />
ihnen befindlichen Stahl während der<br />
gerichteten Erstarrung völlig flüssig erhalten,<br />
müssten sie lediglich diese Volumendifferenz<br />
aufnehmen. In der Praxis funktioniert<br />
dies jedoch nicht, da der Stahl<br />
vorzeitig in der Haube erstarrt. Daher<br />
wird das Haubenvolumen, trotz zahlreicher<br />
Bemühungen zur Verbesserung der<br />
Blockkopfisolierung, deutlich größer<br />
gewählt [8].<br />
In der Vergangenheit wurden einige<br />
grundlegende Untersuchungen zur Verbesserung<br />
der Eigenschaften von Rohblöcken<br />
wie beispielsweise die Reduzierung<br />
der erstarrungsbedingten Porosität oder<br />
die Reduzierung von nicht metallischen<br />
Einschlüssen durchgeführt und zahlreiche<br />
Überlegungen zur Behandlung der Hauben<br />
der Schmiedeblöcke angestellt [9].<br />
Entwicklung eines neuen<br />
Isolationssystems<br />
Um die Nachhaltigkeit der Produktion von<br />
Schmiedeblöcken weiter zu verbessern,<br />
soll ein neuartiges Isolationssystem für<br />
Blockhauben entwickelt werden, das folgende<br />
Punkte berücksichtigt:<br />
• Verbesserung der Isolierwirkung an den<br />
Seitenrändern der Blockhaube zwecks<br />
Verbesserung der Qualität der Schmiedeblöcke<br />
• Vereinfachung des Handlings im Gießbetrieb<br />
durch Anpassung des Systems<br />
an das jeweilige Kokillenformat bzw. die<br />
dazugehörige Aufsetzhaube.<br />
In Bild 4 ist die ursprüngliche Isolierung der<br />
Aufsetzhauben aus Riegelketten dargestellt,<br />
Bild 5 zeigt das neue Isolationssystem. Zur<br />
Vereinfachung des Handlings besteht das<br />
neue Isolationssystem nunmehr in diesem<br />
Beispiel aus sechs Einsätzen. Bedingt durch<br />
eine neuartige Keramikfaser ist das System<br />
im Vergleich zu den Riegelketten leichter<br />
geworden. Somit wird zum einen die Montage<br />
für die Mitarbeiter im Gießbetrieb vereinfacht<br />
und zum anderen die Isolationswirkung<br />
durch die Verringerung der Dichte reduziert.<br />
Des Weiteren wurde das neue Isolationssystem<br />
jeweils an die unterschiedlichen Kokillenformate<br />
angepasst, sodass auch keine<br />
Anpassungsarbeiten an dem Isolationssystem,<br />
z.B. durch Sägen, durchgeführt werden<br />
müssen. Bild 6 zeigt die Ausbildung der beiden<br />
unterschiedlichen Isolationssysteme vergleichend<br />
im gegossenen Zustand. Bei dem<br />
neuen System ist der Übergang in der Blockschulter<br />
besser ausgebildet und der Rand der<br />
Blockhaube zeigt bedingt durch die angepassten<br />
Einsätze eine glattere Oberfläche.<br />
Schon bei den ersten Versuchen war<br />
schnell ersichtlich, dass die an die Neuentwicklung<br />
gestellten Forderungen hinsichtlich<br />
des Handlings und auch der Blockkopfausbildung<br />
[10] erfüllt wurden. Zur<br />
weiteren Verifizierung sowie zur Bestimmung<br />
der notwendigen Haubenvolumen<br />
wurden dann weitere gezielte Versuche<br />
durchgeführt, wobei die unterschiedlichen<br />
Systeme verglichen wurden. Bild 7 zeigt<br />
den Versuchsaufbau eines solchen Versuchs.<br />
Um den Einfluss der Schmelze<br />
beziehungsweise der Gießparameter auszuschließen,<br />
wurden die unterschiedlichen<br />
Systeme zur Isolation der Blockhauben in<br />
einem Gespann vergossen.<br />
Bild 4. Aufsetzhaube mit Riegelkette (Foto: BGH Edelstahl Siegen)<br />
Bild 5. Aufsetzhaube mit neuem Isolationssystem (Foto: BGH Edelstahl<br />
Siegen)<br />
Heute werden bei Schmiedeblöcken in<br />
der Regel Riegelketten aus Siliciumdioxid<br />
(Hauptbestandteil) genutzt. Diese isolierenden<br />
Riegelketten vermeiden die Wärmeabgabe<br />
des flüssigen Stahles während<br />
des Gießens und zu Beginn der Erstarrung<br />
in der Blockhaube. Damit wird die<br />
Randerstarrung je nach Blockgröße zu<br />
einem deutlich späteren Zeitpunkt hin verschoben,<br />
sodass sich die Blockhaube<br />
flach ausbildet und keine frühzeitig<br />
erstarrten Partikel in den Block rumpf<br />
während der Erstarrung durch die Konvektionsströmung<br />
eingezogen werden.<br />
Am Beispiel eines Warmarbeitsstahls<br />
1.2343 sind die erzielten Ergebnisse der technologischen<br />
Eigenschaften des geschmiedeten<br />
Stabstahls zu vergleichen, Bild 8. Im Rahmen<br />
der Prüfung des geschmiedeten<br />
Stabstahls wurden die Differenz des Kohlenstoffgehaltes<br />
zwischen der Schmelz- und<br />
Stückanalyse nach [<strong>11</strong>], die Zähigkeit des<br />
Warmarbeitsstahles nach Referenzwärmebehandlung<br />
im Schlagbiegeversuch und die<br />
mikroskopische Reinheit bestimmt. Anhand<br />
der Kenngrößen ist zu entnehmen, dass die<br />
Kohlenstoffseigerung sowie die Zähigkeit beider<br />
Varianten als identisch zu bewerten ist.<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
<strong>TECHNIK</strong> | 67<br />
Allerdings muss berücksichtigt werden, dass<br />
aus dem Schmiedeblock mit dem neuen Isolationssystem<br />
Stabstahl mit 2 % mehr Ausbringen<br />
hergestellt wurde. Das bedeutet,<br />
dass mit der Neuerung die Differenz zwischen<br />
dem Rohblockgewicht und dem nutzbaren<br />
Stabstahl kleiner wird. Daher trägt das<br />
neue Isolationssystem zur Ressourceneffizienz<br />
bei, da bei gleichem Produktionsprozess<br />
mehr Nutzen entsteht. Dies unterstützt die<br />
Bemühung der Schmiedeindustrie zur Reduzierung<br />
des Energieverbrauchs und führt zu<br />
einer nachhaltigeren Produktionsweise. Des<br />
Weiteren ist bei dem neuen Isolationssystem<br />
der mikroskopische Reinheitsgrad im Kopfbereich<br />
des Stabstahles besser. Damit wird<br />
ersichtlich, dass der Stahl in der Blockhaube<br />
länger flüssig bleibt und an dem Rand keine<br />
frühzeitige Erstarrung einsetzt. Die Oberfläche<br />
der Haube, an der Stahl erstarren kann,<br />
ist kleiner als bei den Riegelketten. In der Zwischenzeit<br />
wurden weitere Blockhauben von<br />
Schmiedeblöcken auf das neue Isolationssystem<br />
umgestellt und die Erfahrungen hinsichtlich<br />
der technologischen Eigenschaften reproduzierbar<br />
bestätigt und je nach Werkstoff<br />
teilweise sogar noch deutlich übertroffen.<br />
Bild 6. 25-t-Rohblock mit neuem Isolationssystem (links) und Riegelkette (Foto: BGH<br />
Edelstahl Siegen)<br />
Literatur<br />
[1] Heinen, K.-H.: Elektrostahlerzeugung, 4. Aufl.,<br />
Verlag Stahleisen GmbH, Düsseldorf, 1997.<br />
[2] Schönwelski, W.; Ruwier, K.; Föllbach, S.; Sperber,<br />
J.: High-quality refractories for high-quality<br />
steel, 2nd Ingot casting, rolling and forging Conf.<br />
(ICRF), 7.–9. Mai 2014, Mailand, Italien.<br />
[3] Jung, H.-P.; Schulz, J.: Erzeugung von hochreinem<br />
Stahl für Spezialanwendungen aus Blockguss,<br />
stahl u. eisen 136 (2016), Nr. 12, S. 91/94.<br />
[4] Eisenkolb, J.; Fandrich, R.; Gerling, R.; Jung,<br />
H.-P.: Stand und Trends der Blockguss- und<br />
Umschmelztechnik, stahl u. eisen 132 (2012) Nr.<br />
5, S. 49/59.<br />
[5] Grimm, W.; Feller, J.; Plaul, H.-U.: Anwendung<br />
des CAB-Verfahrens zur Herstellung von hochwertigen<br />
Schmiedestücken, stahl u. eisen 101<br />
(1981) Nr. 8, S. 27/30.<br />
[6] Schulz, H.-P.: Untersuchungen über den Einfluss<br />
der Wärmeisolierung in der Blockhaube von<br />
Schmiedestücken auf die Blockqualität,<br />
Abschlussbericht EKGS-Projekt 7210-CA/132,<br />
Bericht EUR 10237 DE, 1986.<br />
[7] Comon, D.; Bastien, G.: 6. Int. Forgemasters<br />
Meeting (IFM), 1.–6. Okt. 1972, Cherry Hill. USA.<br />
[8] Kiesel, K.-L.; Schulz, P.: Blockkopfbeheizung, Teil<br />
1, Neue Hütte 6 (1961) Nr. 7, S. 391/99.<br />
[9] Schöberl, A.; Plessing, R.: Erfahrungen mit Blockaufsätzen<br />
aus verbrennlichen Platten und Hauben<br />
mit exothermer Innenauskleidung, stahl u. eisen<br />
132 (1961), Nr. 1, S. 22/30.<br />
[10] Deilmann, W.: Über die Ausbringensverbesserung<br />
durch Blockkopfbehandlungen, R adex-<br />
Rund schau, Nr. 3, 1971, S. 455/69.<br />
[<strong>11</strong>] Plöckinger, E.; Straube, H.: Die Edelstahlerzeugung,<br />
2. Aufl., 1965.<br />
Bild 7. Versuchsaufbau zur Bemusterung der unterschiedlichen Haubensysteme (Foto:<br />
BGH Edelstahl Siegen)<br />
Bild 8. Vergleich der technologischen Eigenschaften des gefertigten Stabstahls aus<br />
Schmiedeblöcken mit unterschiedlichen Haubensystemen (Grafik: BGH Edelstahl Siegen)<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
68 | <strong>TECHNIK</strong><br />
Big River Steel produziert auf breitester Dünnbrammengieß- und Walzanlage weltweit<br />
Lernendes Stahlwerk ermöglicht<br />
hochflexible, hochrentable Bandproduktion<br />
Die CSP ® -Anlage von Big River Steel ist die neueste Anlage ihrer Art, in den USA. Sie ist Teil eines<br />
Stahlwerkskomplexes, bestehend aus einem Gleichstrom-Elektrolichtbogenofen zur Stahlerzeugung, einem<br />
Doppel-Pfannenofen, einer RH-Entgasungsanlage, einer Beiz-/Tandemstraße, einer Kontiglüh- und<br />
Verzinkungslinie, Haubenglühöfen sowie einem Dressierwalzwerk. Die CSP-Anlage ging als Einstranganlage<br />
mit einer Nennleistung von 1,5 Mio. t/a in Betrieb. Das erste Warmband wurde am <strong>11</strong>. Dezember 2016<br />
produziert. Im Endausbau wird sie eine Jahresproduktion von bis zu 3,0 Mio. t/a haben. Mit einer maximalen<br />
Bandbreite von 1.930 mm ist sie die breiteste CSP-Anlage weltweit. Im Folgenden werden das Gesamtkonzept<br />
von der Stahlerzeugung bis hin zur Bandbehandlung sowie die Philosophie des lernenden Stahlwerks<br />
dargestellt. Dabei wird auch auf die erfolgreiche Produktion hochentwickelter Stahlsorten eingegangen.<br />
Anhand von Ergebnissen aus der Praxis werden die erreichten Ziele dokumentiert und es werden zukünftige<br />
Entwicklungsziele genannt.<br />
A<br />
ngesichts eines Stahlimportanteils in<br />
den USA von rd. 30 % war John<br />
Correnti (ehemaliger CEO der Nucor<br />
Corporation und Gründer des Severcorr<br />
Stahlwerks in Columbus, Mississippi, heute<br />
SDI) überzeugt, dass der US-Stahlmarkt<br />
die Produktion einer zusätzlichen Minimill<br />
mit einer Jahreskapazität von 3 Mio. t aufnehmen<br />
wird, vorausgesetzt, die Anlage<br />
ist in der Lage, hochflexibel Warmband zu Produktion ist hier auf der Straße, auf der<br />
igure 1: Layout of the flat rolled steel complex at Big River Steel (BRS)<br />
erzeugen.<br />
Vor diesem Hintergrund überzeugte John<br />
Correnti eine Reihe finanzstarker Investoren<br />
und suchte einen vorteilhaften Standort in<br />
der Nähe von prosperierenden potenziellen<br />
Kunden mit guter Verkehrsinfrastruktur. Diesen<br />
fand er schließlich in Osceola, Arkansas,<br />
USA, am Ufer des Mississippi, ideal gelegen<br />
inmitten der am schnellsten wachsenden<br />
Stahlregion der USA. Der Abtransport der<br />
Schiene oder zu Wasser möglich.<br />
Mit der Gründung von Big River Steel<br />
LLC (BRS) im Jahr 2014 fiel die Entscheidung,<br />
an diesem Standort sowohl hochwertiges<br />
warm- als auch kaltgewalztes<br />
und beschichtetes Stahlband hochflexibel<br />
zu produzieren.<br />
Der neue Anlagenkomplex sollte deshalb<br />
die gesamte Prozesskette von der<br />
Stahlerzeugung bis hin zur Feuerverzinkung<br />
abdecken. Mit dem Spatenstich<br />
Ende September 2014 fiel der Start-<br />
RH Entgaser<br />
Bild 1. Layout des Flachwalzwerkskomplexes<br />
bei Big River Steel (BRS)<br />
CSP® Anlage<br />
Elektrolichtbogenofen<br />
Pfannenofen<br />
Dressiergerüst<br />
Haubenglühe<br />
Beizlinie/Kaltwalzwerk<br />
Kontiglüh- und<br />
Verzinkungslinie<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
Figure 2: Phase 1 configurations and material flow at Big Rive<br />
Stahlwerk<br />
<strong>TECHNIK</strong> | 69<br />
schuss für das Projekt. Die gesamte Prozesstechnik<br />
einschließlich der Elektrik<br />
und Automation sowie der Umwelttechnik<br />
wurde von der SMS group geliefert.<br />
Die Inbetriebnahme des Anlagenkomplexes<br />
erfolgte am <strong>11</strong>. Dezember 2016 mit<br />
der ersten Schmelze, dem ersten Guss<br />
und dem ersten gewalzten Coil.<br />
Die Anlagentechnologie von BRS ist<br />
komplett auf die flexible Produktion<br />
anspruchsvoller Stahlsorten ausgelegt.<br />
Dazu gehören beispielsweise Stähle für<br />
Ölfeldrohre (OCTG), Pipelinestähle<br />
gemäß API-Standard mit und ohne<br />
Sauergasbeständigkeit, siliciumlegierte<br />
Stähle für Elektroanwendungen zum<br />
Beispiel in der E-Mobilität, AHSS-Stähle<br />
als Leichtbaustähle für die Automobilindustrie<br />
sowie hochfeste und verschleißfeste<br />
Stahlsorten für den Einsatz<br />
als Baustahl oder in Land- und Baumaschinen.<br />
Geschäftsidee von Big River Steel<br />
Warmgewalzt<br />
0,433 Mio. t/a<br />
Warmgewalzt,<br />
gebeizt und geölt<br />
0,127 Mio. t/a<br />
Kontiglüh-/<br />
Verzinkungslinie<br />
CSP®-Anlage<br />
Beizlinie<br />
Kaltgewalzt,<br />
verzinkt<br />
0,476 Mio. t/a<br />
Bild 2. Anlagenkonfiguration der Phase 1 und Materialfluss bei Big River Steel<br />
Big River Steel (BRS) wurde 2014 am Ufer<br />
des Mississippi in Osceola, Arkansas,<br />
USA, gegründet und ist somit das neueste<br />
Stahlwerk mit CSP-Technologie. Die<br />
Geschäftsidee von Big River Steel ist es,<br />
sich auf die hochflexible Produktion eines<br />
Stahlsortiments mit hohem Mehrwert für<br />
die Anwender und guten Margen zu konzentrieren.<br />
In Kombination mit dem Ziel,<br />
die Betriebskosten durch Ausnutzung aller<br />
technischen und technologischen Möglichkeiten<br />
– einschließlich der Digitalisierung<br />
– entlang der gesamten Prozesskette<br />
möglichst gering zu halten, stellt die<br />
Grundlage für die Wettbewerbsfähigkeit<br />
von BRS dar.<br />
BRS identifizierte daher konsequent<br />
profitable Marktsegmente für HSLA, Leitungsrohrstähle<br />
gemäß API-Standard,<br />
OCTG-Sorten im Energiesektor sowie<br />
Tiefziehstähle (EDDS) und AHSS-Stähle<br />
im Automobilsektor. Außerdem sind die<br />
Elektrostahlsorten CRML (Cold Rolled<br />
Magnetic Lamination) und NGO-SP<br />
(Non-Grain Oriented Semi-Processed)<br />
Teil des Produktportfolios.<br />
Für die Zukunft beabsichtigt BRS darüber<br />
hinaus die Produktion der Stahlsorten<br />
CGO (Conventional Grain Oriented<br />
Silicon Steel) und H-GO (High Permeability<br />
Grain Oriented Silicon Steel).<br />
Der Ausbau der Anlagentechnik, mit<br />
der BRS sich am Markt etablieren möchte<br />
und die Herstellung eines breiten<br />
Spektrums an Nischenprodukten angeht,<br />
wird in drei Phasen erfolgen. In Phase 1<br />
galt es, eine Produktionsleistung von<br />
1,5 Mio. t/a qualitativ hochwertiger<br />
warm- und kaltgewalzter sowie beschichteter<br />
Stahlbänder zu erreichen. In Phase 2<br />
wird BRS die Produktionsleistung durch<br />
Erweiterung der Stahlerzeugung und der<br />
CSP-Anlage verdoppeln. In Phase 3 sollen<br />
dann die Möglichkeiten für Erweiterung<br />
des Produktspektrums weiter ausgebaut<br />
werden.<br />
Anlagenübersicht<br />
In Phase 1 wurden bei BRS die Stahlerzeugung,<br />
eine Einstrang-CSP-Anlage mit<br />
einer Kapazität von 1,5 Mio. t/a eine Beiz-/<br />
Tandemstraße, eine Kontiglüh- und Verzinkungsline,<br />
Haubenglühöfen sowie ein<br />
Kaltwalzstraße<br />
Kaltgewalzt,<br />
vergütet<br />
0,464 Mio. t/a<br />
Haubenglühe<br />
Dressiergerüst<br />
separates Dressierwalzwerk installiert,<br />
Bild 1.<br />
Das U-förmige Gesamtlayout der Anlage<br />
sorgt für kurze Wege zwischen den<br />
einzelnen Produktionsbereichen sowie für<br />
ein einfaches Coil-Handling. Um flexibel<br />
auf den Marktbedarf reagieren zu können,<br />
ist das Werk so aufgebaut, dass BRS nach<br />
verschiedenen Teilschritten des Gesamtprozesses<br />
bereits marktfähige Produkte<br />
entnehmen kann, Bild 2.<br />
Die Stahlerzeugung findet in einem<br />
Gleichstrom-Elektrolichtbogenofen mit<br />
einem Abstichgewicht von 150 t statt. Als<br />
Einsatzstoffe dienen handelsübliche<br />
Schrottsorten sowie – je nach zu produzierender<br />
Stahlsorte – Roheisen, direktreduziertes<br />
Eisenerz (DRI) oder brikettierter<br />
Eisenschwamm (HBI). Zur metallurgischen<br />
Behandlung und Legierung dient ein Doppel-Pfannenofen<br />
mit gemeinsamen Elektroden,<br />
durch dessen Bauweise die Leerlaufzeiten<br />
aufgrund des Pfannenhandling<br />
reduziert werden.<br />
Außerdem steht für die Vakuumbehandlung<br />
eine Ruhrstahl-Heraeus-Entga-<br />
October<br />
All rights r<br />
Denis Hennessy, Amar K. De, Kris Bultman, Big River Steel, Osceola, USA; Dr. Karl Hoen, Christoph Klein, Stephan<br />
Krämer, SMS group GmbH, Düsseldorf, Deutschland.<br />
Kontakt: karl.hoen@sms-group.com<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
70 | <strong>TECHNIK</strong><br />
igure 3: New SMS tunnel furnace for Big River Steel<br />
Bild 3. Neuer SMS-Tunnelofen für Big River Steel (Foto: SMS group)<br />
June 19, <strong>2019</strong><br />
All rights reserved<br />
3<br />
© SMS group GmbH<br />
Tabelle 1. Spezifischer Energieverbrauch für unterschiedliche Brammenabmessungen<br />
Brammenquerschnitt und<br />
Gießgeschwindigkeiten<br />
65 mm · 1.600 mm<br />
4,0 m/min<br />
65 mm · 1.800 mm<br />
4,5 m/min<br />
65 mm · 1.800 mm<br />
5,0 m/min<br />
Durchsatz,<br />
t/h<br />
189 0,542<br />
240 0,421<br />
267 0,352<br />
Spezifischer<br />
Energieverbrauch, kWh/(t m)<br />
sungsanlage (RH) mit TOP-Lanze für die<br />
Entkohlung und das chemische Aufheizen<br />
zur Verfügung. Der RH-Entgaser hat eine<br />
Kapazität von 145 t pro Pfanne. Der Prozess<br />
zeichnet sich insbesondere durch die<br />
kurzen Behandlungszeiten und das flexible<br />
Pfannenhandling aus. Auf diese Weise ist<br />
BRS in der Lage, qualitativ hochwertige<br />
Stahlsorten mit einem ultrageringen Kohlenstoff-<br />
und Gasgehalt wirtschaftlich und<br />
in großen Mengen zu produzieren. Diese<br />
Kombination von EAF und RH-Entgasung<br />
ist die erste ihrer Art in Nordamerika.<br />
Die CSP-Anlage ist auf die Produktion<br />
von Bändern mir einer Breite von bis zu<br />
1.930 mm (76”) und Endbanddicken zwischen<br />
1,4 und 25,4 mm ausgelegt. Die<br />
CSP-Gießmaschine ist als Senkrecht-Abbiegeanlage<br />
ausgeführt. Die Brammendicke<br />
beträgt 85 mm und kann flexibel mittels<br />
LCR (Liquid Core Reduction) bis auf<br />
55 mm reduziert werden. Die Gießmaschine<br />
ist mit den neusten Technologiekomponenten<br />
wie z.B. Mold Temperature Mapping<br />
(MTM), X-Pact ® Solid Control,<br />
Durchbruchfrüherkennung und elektromagnetischer<br />
Bremse (EMBR) zur Stabilisierung<br />
des Gießspiegels ausgestattet. Auf<br />
diese Weise wird sowohl die Oberflächenqualität<br />
als auch die Innenqualität des<br />
Strangs optimiert.<br />
Der CSP-Ofen, Bild 3, ist auf minimalen<br />
Energieverbrauch bei gleichzeitig idealer<br />
Durchwärmung der Dünnbrammen ausgelegt.<br />
Im gesamten Rollenherdofen kommen<br />
umweltschonende Ultra-Low-NO x -<br />
Brenner zum Einsatz. Die gemessene<br />
NO x -Emission beträgt im Schnitt 85 mg/<br />
m3(STP). Damit setzt der Ofen bei Big<br />
River Steel neue Maßstäbe im Bereich<br />
Umweltverträglichkeit. Der gesetzlich<br />
geforderte Grenzwert wird weit unterschritten.<br />
Der Brammentransport durch den Ofen<br />
erfolgt über wassergekühlte Rollen mit<br />
spezieller Isolierung. Diese Rollen sorgen<br />
für mehr als 30 % geringere Energieverluste<br />
im Vergleich zu konventionellen Rollen.<br />
Diese signifikante Steigerung der<br />
Energieeffizienz führt zu einem niedrigeren<br />
Gasverbrauch und somit zu Einsparungen<br />
bei den Betriebskosten. Insgesamt<br />
verbraucht der Ofen mehr als 20 % weniger<br />
Energie als vergleichbare Öfen konventioneller<br />
Bauart. Bei einer Beschickung<br />
des Ofens mit Brammen mit einem Querschnitt<br />
von 65 mm · 1.800 mm und einer<br />
Gießgeschwindigkeit von 5,0 m/min<br />
beträgt der Energieverbrauch lediglich<br />
35,2 kWh/t über eine Ofenlänge von<br />
100 m, Tabelle 1.<br />
Die Ofenregelung übernimmt das leistungsfähige<br />
X-Pact Dynamic Furnace<br />
Control-Modell (DFC). Dieses Modell sorgt<br />
beim Erwärmen für eine besonders gleichmäßige<br />
Temperaturverteilung über Länge,<br />
Breite und Dicke der Bramme.<br />
Die sechsgerüstige CSP-Walzstraße<br />
verfügt über sämtliche Technologien und<br />
Komponenten für die kostengünstige Produktion<br />
von qualitativ hochwertigem Warmband<br />
mit hervorragenden Produkttoleranzen.<br />
Dazu gehören u.a. das innovative<br />
Führungssystem zur Verbesserung des<br />
Bandlaufes, die neueste Entzunderungstechnologie,<br />
die hoch dynamische hydraulische<br />
Walzspaltanstellung, die CVC<br />
plus ® -Technologie sowie der hoch funktionelle<br />
Level 2 mit dem innovativen MPM<br />
(Material Property Modell). Letzteres ist ein<br />
leistungsstarkes Gefügemodell zur Sicherstellung<br />
der Produktqualität und Verkürzung<br />
der Entwicklungszeiten für neue Produkte.<br />
Die Laminarkühlung besteht aus 12<br />
Kühlgruppen. Drei dieser Gruppen sind als<br />
besonders verstärkte Kühlzonen, acht als<br />
Mikrokühlzonen und eine als Trimmzone<br />
ausgelegt. Alle Gruppen sind mit dem neuen<br />
Edge Masking System zur Kantenmaskierung<br />
ausgerüstet, das automatisch der<br />
Bandkante folgt. Dieses verbessert das<br />
Temperaturprofil über die Bandbreite und<br />
somit die Planheit des warmgewalzten<br />
Bands im kalten Zustand sowie die mechanischen<br />
Eigenschaften im Bandkantenbereich.<br />
Die Beiz-/Tandemstraße (PLTCM) ist<br />
auf die Verarbeitung von 900.000 t<br />
Stahlband pro Jahr ausgelegt und deckt<br />
Bandbreiten von 914 bis 1.880 mm<br />
sowie Einlaufdicken zwischen 1,4 und<br />
5,0 mm ab. Zur Anlage gehören ein<br />
X-Pro ® -Laserschweißgerät, ein Zunderwäscher,<br />
die Turbulenzbeize sowie eine<br />
fünfgerüstige Tandemkaltwalzstraße.<br />
Dort wird das Stahlband auf Enddicken<br />
zwischen 0,27 und 1,4 mm herunterge-<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
<strong>TECHNIK</strong> | 71<br />
Figure 4: Eco plant concept BRS – LEED certificate<br />
walzt. Zur Produktion von gebeizten und<br />
geölten Bändern verfügt die Anlage im<br />
Auslauf der Beizlinie außerdem über<br />
eine Einölmaschine aus dem Hause<br />
Duma-Bandzink.<br />
Die Quartogerüste der Tandemkaltwalzstraße<br />
(TCM) sind mit CVC plus-Technologie<br />
sowie mit positiver und negativer<br />
Arbeitswalzenbiegung ausgestattet.<br />
Gemeinsam mit der Vielzonenkühlung und<br />
der X-Shape-Planheitsmessrolle sorgen<br />
diese Stellglieder für optimale Bandplanheit.<br />
Darüber hinaus ist die Tandemkaltwalzstraße<br />
mit einer Abluftabsaugung der<br />
neuesten Generation ausgestattet, die die<br />
Entwicklung von Öldämpfen durch optimierte<br />
Luftströmungsbedingungen reduziert<br />
und die äußerst strengen US-Anforderungen<br />
an die Abluftpartikelemissionen<br />
erfüllt.<br />
Die Kontiglüh- und Feuerverzinkungslinie<br />
bietet hohe Flexibilität bei der<br />
Bandbehandlung und ermöglicht die<br />
Her stellung von beschichteten und unbeschichteten<br />
Bändern für eine Vielzahl von<br />
Stahlsorten. Dank der intelligenten I-Furnace-Technologie,<br />
die Prozessmodelle<br />
und innovative Online-Messtechniken<br />
kombiniert, ist dieser Prozess besonders<br />
energieeffizient und umweltschonend bei<br />
Erfüllung höchster Produktqualitätsan-<br />
Figure sprüche. 5: Overall structure to errichtet implement wurde, besteht the aus Learning einer Vielzahl Factory ßem Interesse. approach<br />
Zusätzlich sind bei BRS 25 Haubenglühöfen<br />
mit innovativer Prozesssteuerung im<br />
Einsatz, die für eine hervorragende Kaltbandqualität<br />
sowie einen durchsatzoptimierten<br />
Betrieb bei einer Jahresleistung<br />
von 413.000 t sorgen. Das nachfolgende<br />
Dressierwalzwerk mit einer Walzkraft von<br />
18.000 kN ermöglicht das Dressieren<br />
höchstfester Komplexphasenstähle für die<br />
Automobilindustrie und erlaubt einen<br />
Dressiergrad von bis zu 13 % für z.B.<br />
CRML-Elektrostahlbleche.<br />
Die gesamte hier beschriebene Prozessausrüstung<br />
einschließlich der Elektrik<br />
und Automation wurde von SMS group<br />
geliefert. Von der Planung bis hin zum<br />
Detailengineering für jeden Prozessschritt<br />
legten BRS und SMS großen Wert darauf,<br />
einen möglichst geringen Energieverbrauch<br />
zu erreichen sowie die Emissionen<br />
mittels innovativer Technologien auf ein<br />
Minimum zu reduzieren. Im März 2017<br />
erhielt BRS als erstes Stahlwerk in den<br />
USA eine LEED-Zertifizierung (Leadership<br />
in Energy and Environmental Design),<br />
Bild 4.<br />
Die lernende Fabrik<br />
Ein modernes Stahlwerk mit hochflexibler<br />
Prozessroute und neuester Technologie<br />
zur Erzeugung qualitativ hochwertiger<br />
Stahlprodukte, wie es von BRS in Osceola<br />
unterschiedlichen, hoch spezialisierten<br />
Systemen und Anlagen, die eine enorme<br />
Bild 4. LEED-Zertifikat für das Eco<br />
Plant-Konzept bei BRS (Foto: BRS)<br />
Menge an Daten produzieren. Diese Daten<br />
werden in verschiedenen Datenbanken<br />
hinterlegt und beinhalten Informationen zu<br />
fast allen Vorgängen im Werk. Die Integration<br />
und Auswertung dieser Daten<br />
ermöglicht Aussagen zum Anlagenstatus,<br />
zur Prozessgenauigkeit, zum Einfluss dieser<br />
Faktoren auf die Produktqualität oder<br />
zu den Betriebskostentreibern für<br />
bestimmte Produkte. Aus diesem Grund<br />
sind diese Daten für eine Reihe von Leistungsauswertungen<br />
und sich daraus<br />
ergebenen Systemanpassungen von gro-<br />
BRS berücksichtigt dies in seinem strategischen<br />
Ansatz einer lernenden Fabrik<br />
June 19, <strong>2019</strong><br />
All rights reserved<br />
Level 3 (MES)<br />
PQA®<br />
Product<br />
Quality<br />
Analyzer<br />
PCA®<br />
Production<br />
Condition<br />
Analyzer<br />
Wartungssysteme<br />
Energy<br />
Advisor<br />
eDoc<br />
Smart<br />
Alarm<br />
weitere verfügbare<br />
digitale Systeme<br />
PDW Process Data Warehouse<br />
Level 2 Level 2 Level 2 Level 2 Level 2 Level 2<br />
Level 1 Level 1 Level 1 Level 1 Level 1 Level 1<br />
SMP CSP PLTCM SPM BAF CGL<br />
. . .<br />
Bild 5. Gesamtstruktur als Grundlage für die Implementierung der lernenden Fabrik<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong><br />
15.10.<strong>2019</strong><br />
All rights reserved<br />
6<br />
© SMS group GmbH
Figure 6: Report example of X-Pact® Business Intelligence<br />
72 | <strong>TECHNIK</strong><br />
Bild 6. Beispielreport aus X-Pact ® Business Intelligence<br />
und strebt ein hohes Maß an Datenintegration<br />
für Auswertungen an, die für BRS als<br />
Anlagenbetreiber sowie für die Kunden<br />
einen Mehrwert ergeben. Zusammen mit<br />
der Digitalisierungsstrategie der SMS<br />
group und deren Vision eines intelligenten,<br />
autonomen Stahlwerks wurde die in Bild 5<br />
dargestellte Struktur für die Umsetzung der<br />
lernenden Fabrik entwickelt.<br />
Das hohe Maß an Datenintegration wird<br />
durch ein sogenanntes Process Data<br />
Warehouse (PDW) sichergestellt, das<br />
auch als BRS-Datenbank bezeichnet wird.<br />
Hier werden alle Daten, die entlang der<br />
gesamten Prozesskette generiert werden,<br />
gesammelt. Dabei besteht grundsätzlich<br />
die Möglichkeit, Batch-Daten als auch<br />
Streaming-Daten zu verarbeitet. Aktuell<br />
werden Batch-Daten, die sich auf ein Coil<br />
als kleinste Produkteinheit beziehen,<br />
gespeichert. Dazu gehören Datensätze<br />
wie Stichpläne, aber auch Zeitreihen mit<br />
unterschiedlichen Abtastzeiten im Bereich<br />
von Millisekunden bis Sekunden. In<br />
Zukunft sollen darüber hinaus Daten<br />
gestreamt werden. Damit wird es möglich,<br />
bereits während der Produktion eines<br />
bestimmten Bands die Produktqualität zu<br />
bewerten und ggf. entsprechende Maßnahmen<br />
zu ergreifen.<br />
15.10.<strong>2019</strong><br />
Aus Sicherheitsgründen trennt das PDW<br />
das Automationssystem mit seinen Level-1-<br />
und Level-2-Anwendungen von den Auswertungsapplikationen.<br />
Auf diese Weise<br />
wird vermieden, dass das Automationssystem<br />
im laufenden Betrieb versehentlich<br />
gestört oder korrumpiert wird.<br />
Darüber hinaus kann die Datenspeicherkapazität<br />
der verschiedenen Automationsanwendungen<br />
sowie des Manufacturing<br />
Executive System (MES) deutlich reduziert<br />
werden. Die Langzeitspeicherung erfolgt<br />
im PDW, sodass die Produktdaten über<br />
mehrere Jahre hinweg abgerufen werden<br />
können. BRS ist in der Lage, über das<br />
PDW alle Produktdaten ab April 2017 –<br />
dem Datum der Inbetriebnahme des PDW<br />
– auszuwerten.<br />
X-Pact MES 4.0 ist als Level-3-System<br />
implementiert. Es übernimmt die<br />
Vertriebsergebnisse aus einem ERP-System<br />
(SAP), erzeugt den technischen Fertigungsauftrag<br />
unter Berücksichtigung<br />
der Prozessroute, die das Material und<br />
später jedes Coil des Auftrags durchlaufen<br />
wird, und fügt spezifische technische<br />
Parameter hinzu, die für die auszuführenden<br />
Prozessschritte relevant sind.<br />
Diese technischen Aufträge dienen der<br />
Kapazitätsplanung unter Berücksichtigung<br />
All der rights Anlagenverfügbarkeit reserved<br />
und ver-<br />
© SMS group Gmb<br />
einbarter Liefertermine bei gleichzeitiger<br />
Optimierung des Produktionsprozesses<br />
in Bezug auf Rüstzeiten, Produktqualität<br />
und Energieverbrauch.<br />
Sobald die Produktion angelaufen ist,<br />
kann es erforderlich werden, auf unvorhergesehene<br />
Probleme zu reagieren. Auf<br />
Anforderung des Bedieners kann dann<br />
das System eine kurzfristige Umplanung<br />
vornehmen, mit der eine hohe Ausbringung<br />
bei gleichzeitiger Einsparung von<br />
Anlagenressourcen auch unter veränderten<br />
Prozessbedingungen sichergestellt<br />
wird.<br />
Das Level-3-Reporting unter Berücksichtigung<br />
der Auftragsausführung wird<br />
über das MES-Modul X-Pact Business<br />
Intelligence umgesetzt, Bild 6. X-Pact<br />
Business Intelligence dient der Auswertung<br />
und Darstellung technischer, ökonomischer<br />
und ökologischer Betriebsdaten<br />
der Produktionsanlagen und hilft<br />
dabei, Verbesserungspotenziale zu identifizieren.<br />
Auf Produktionsebene werden die<br />
Bediener durch die Systeme Product<br />
Quality Analyzer (PQA ® ) und Production<br />
Condition Analyzer (PCA ® ) unterstützt.<br />
Diese versetzen Anlagenbediener und<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
<strong>TECHNIK</strong> | 73<br />
Figure 7: User interface for Product Quality Analyzer (PQA®)<br />
Bild 7. Benutzeroberfläche des Product Quality Analyzer (PQA ® )<br />
07.10.<strong>2019</strong><br />
All rights reserved<br />
8<br />
© SMS group GmbH<br />
-ingenieure in die Lage, Prozessmängel zu<br />
identifizieren und unterstützen auf diese<br />
Weise eine schnellere und effektivere<br />
Entscheidungsfindung. Diese Systeme<br />
ermöglichen der Bedienmannschaft ein<br />
effektiveres Arbeiten, verringern die Ausschussrate<br />
und sorgen für eine höhere<br />
Anlagenverfügbarkeit.<br />
Der Product Quality Analyzer (PQA) ist<br />
eine fortschrittliche Lösung für das Qualitätsmanagement,<br />
Bild 7. Er analysiert auf<br />
Grundlage von Regeln alle wesentlichen<br />
Produktdaten und qualitätsbezogenen Prozessinformationen<br />
und entscheidet, ob<br />
das Zwischen- bzw. Endprodukt für die<br />
Weiterverarbeitung geeignet ist bzw. als<br />
fehlerfreies Produkt an den Kunden ausgeliefert<br />
werden kann. Dabei kann die finale<br />
Coilfreigabe vollautomatisch oder manuell<br />
erfolgen.<br />
Erfüllt das Produkt nicht alle Kriterien,<br />
erhält der Qualitätsprüfer schnell eine<br />
umfassende Übersicht aller produktund<br />
prozessbezogenen Qualitätsinformationen<br />
entlang der gesamten Produktionskette<br />
– vom Stahlwerk bis hin zu<br />
jenem Prozessschritt, in dem das Produkt<br />
die Qualitätskriterien nicht mehr<br />
erfüllt hat. Ausgehend von diesen Informationen<br />
kann der Qualitätsprüfer entscheiden,<br />
wie das Produkt weiterverarbeitet<br />
werden soll oder kann über das<br />
X-Pact MES 4.0 die Zuordnung des Produkts<br />
zu einem anderen Auftrag anfordern.<br />
Der Production Condition Analyzer<br />
(PCA) betrachtet die Prozesseinrichtungen,<br />
Bild 8. Er übernimmt die Auswertung<br />
sämtlicher Daten der Oberflächeninspektion,<br />
der technologischen Messsysteme,<br />
der Basisautomation, der Prozessmodelle<br />
und des Level-3-Systems hinsichtlich Produktionsbedingungen<br />
und Anlagenzustand<br />
entlang der gesamten Prozesskette.<br />
Dabei visualisiert der PCA, wo die Produktionsbedingungen<br />
außerhalb der Grenzwerte<br />
liegen und wo in der Anlage sich die<br />
entsprechende Komponete befindet,<br />
Bild 8.<br />
Elektrische Ausrüstungen, Steuern, Regeln, Automatisieren<br />
Automatisierungstechnik für Industrieanlagen und Maschinenbau<br />
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<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
74 | <strong>TECHNIK</strong><br />
Figure 8: User interface of the Production Condition Analyzer (PCA®)<br />
Bild 8. Benutzeroberfläche des Product Condition Analyzer (PCA ® )<br />
Über eine Web-App stehen diese Informationen<br />
den Mitarbeitern einer Schicht auf<br />
ihren mobilen Endgeräten zur Verfügung –<br />
zusammen mit der gesamten Dokumentation,<br />
von Datenblättern für Sensoren und<br />
Funktionsbeschreibungen über Schalt- und<br />
Hydraulikpläne bis hin zu Expertenempfehlungen<br />
und mechanischen Zeichnungen. Das<br />
SMS-Informationsmodell und das eDoc-System<br />
können nicht nur über das PCA, sondern<br />
auch separat verwendet werden. Auf diese<br />
Weise können die Mitarbeiter einer Schicht<br />
schneller und effektiver auf Probleme reagieren<br />
und mehr Verantwortung übernehmen.<br />
Das Erkennen von Veränderungen im<br />
Langzeitverhalten kann zur Anforderung<br />
von Instandhaltungsmaßnahmen in den<br />
regelmäßigen Wartungsschichten dienen.<br />
Daher wird der PCA mit dem verwendeten<br />
Integrated Maintenance Management System<br />
(IMMS) verbunden. Auf diese Weise<br />
wird der eher zyklische Instandhaltungsansatz<br />
in Richtung einer vorausschauenden<br />
Instandhaltung verlagert, was einen kostengünstigeren<br />
Betrieb ermöglicht.<br />
Über den oben beschriebenen Ansatz<br />
hinaus möchte BRS KI-Methoden wie<br />
Machine Learning und Big-Data-Analysen<br />
einsetzen, um die Planung, den Betrieb<br />
und die Prozessergebnisse in Bezug auf<br />
Qualität und Quantität zu unterstützen.<br />
Deshalb kooperiert BRS mit KI-Unternehmen<br />
aus dem Portfolio der Gesellschafter.<br />
SMS beteiligt sich zum Teil an diesen<br />
Kooperationen, arbeitet zum Teil mit anderen<br />
Partnern zusammen und baut parallel<br />
eigene Kompetenzen im Bereich KI auf.<br />
Die ersten in diesem Kontext bereits<br />
umgesetzten Projekte konzentrieren sich<br />
auf die Optimierung des Energieverbrauchsmanagements,<br />
die Prognose des<br />
Lieferdatums sowie auf Assistenzsysteme<br />
zur Vermeidung von Gießfehlern. Weiterhin<br />
plant SMS, in einem nächsten Schritt<br />
Produktqualität und Produktionsbedingungen<br />
zu korrelieren, um einerseits zwischen<br />
für die Produktqualität mehr oder weniger<br />
relevanten Produktionsbedingungen zu<br />
unterscheiden und andererseits – je nach<br />
Produktionsbedingungen und Anlagenzustand<br />
– aufzuzeigen, 07.10.<strong>2019</strong> welche Produkte<br />
unter diesen Bedingungen All rights vorteilhafter<br />
reserved<br />
hergestellt werden können unter Einhaltung<br />
der kundenspezifischen Qualität.<br />
Betriebsergebnisse<br />
Am <strong>11</strong>. Dezember 2016 wurde das erste<br />
Band auf der CSP-Anlage produziert. Im<br />
Januar 2017, dem ersten vollen Produktionsmonat,<br />
verließen insgesamt 58.000 t<br />
(63.000 amerikanische t) die Anlage –<br />
Weltrekord für eine CSP-Anlagen. Anfang<br />
November 2017 überschritt Big River Steel<br />
die Marke von 1 Mio. t, produziert auf der<br />
Einstrang-CSP-Anlage. Zwei Jahre nach<br />
dem ersten Coil hat BRS inzwischen<br />
bereits 2,67 Mio. t produziert und damit im<br />
Jahr 2018 die Auslegungskapazität von<br />
1,5 Mio. t/a überschritten, Bild 9.<br />
Viele Kunden erwarten vom Marktneuling<br />
Big River Steel eine besonders große<br />
Flexibilität hinsichtlich Produktqualität,<br />
Abmessungen, Losgrößen und Lieferzeiten.<br />
Durch die optimale Dimensionierung<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
Figure 9: Output of Big River Steel from the first coil to the end of 2018<br />
<strong>TECHNIK</strong> | 75<br />
Monatsproduktion in 1.000 t<br />
210<br />
180<br />
150<br />
120<br />
90<br />
60<br />
30<br />
0<br />
Auslegungskapazität<br />
1,50 Mio. t/a Caster 1<br />
6%<br />
Dec. 16<br />
46%<br />
58 kt<br />
Jan. 17<br />
<strong>11</strong>1%<br />
109% 108% 105% 109% <strong>11</strong>2% 109%<br />
97%<br />
66% 78% 80% 80% 81% 89% 94% 96% 97% 98% 103% 94% 96%<br />
81%<br />
85%<br />
83 kt<br />
Feb. 17<br />
98 kt<br />
Mar. 17<br />
99 kt<br />
Apr. 17<br />
101 kt<br />
May. 17<br />
101 kt<br />
Jun. 17<br />
<strong>11</strong>1 kt<br />
Jul. 17<br />
<strong>11</strong>7 kt<br />
Aug. 17<br />
120 kt<br />
Sep. 17<br />
Jährliche<br />
Wartung<br />
102 kt<br />
Oct. 17<br />
121 kt<br />
Nov. 17<br />
123 kt<br />
Dec. 17<br />
<strong>11</strong>8 kt<br />
Jan. 18<br />
121 kt<br />
Feb. 18<br />
136 kt<br />
Mar. 18<br />
120 kt<br />
Apr. 18<br />
135 kt<br />
May. 18<br />
131 kt<br />
Jun. 18<br />
139 kt<br />
Jul. 18<br />
136 kt<br />
Aug. 18<br />
129 kt<br />
Sep. 18<br />
Jährliche<br />
Wartung<br />
106 kt<br />
Oct. 18<br />
140 kt<br />
Nov. 18<br />
137 kt<br />
Dec. 18<br />
Bild 9. Produktionsleistung bei Big River Steel vom ersten Coil bis Ende 2018<br />
eines jeden Prozessschrittes und die Digitalisierung<br />
der gesamten Anlage können<br />
diese Erwartungen bei einer durchschnittlichen<br />
Losgröße von nur sieben Coils vollumfänglich<br />
erfüllt werden. Fast 50 % der<br />
produzierten Bänder haben eine Breite von<br />
mehr als 1.500 mm.<br />
Die CSP-Anlage ist von entscheidender<br />
Bedeutung für die Flexibilität von Big River<br />
Steel. Innerhalb einer Sequenz kann die<br />
Breite deutlich verändert werden. Von<br />
einem Band zum nächsten werden Veränderungen<br />
CSP® advantagesder Banddicke von mehr als<br />
June 19, <strong>2019</strong><br />
10<br />
Nur All rights wenige reserved Monate nach dem © SMS ersten group GmbH Coil<br />
wurde damit begonnen, schrittweise<br />
OCTG-Sorten, API-Leitungsrohrstähle von<br />
X52 bis X80, AHSS-HSLA-Stähle und Tiefziehstähle<br />
für den Automobilbereich zu ent-<br />
10 mm realisiert, Bild 10.<br />
Darüber hinaus werden in dem hier dargestellten<br />
Fall innerhalb der Sequenz vier Nach einer Implementierungszeit von<br />
Figure 10: Hot strip production with highest flexibility – example sequence of BRS<br />
verschiedene Stahlsorten gegossen. Diese<br />
Flexibilität ist ein entscheidender<br />
Erfolgsfaktor für Big River Steel. Sie ist der<br />
CSP-Technologie mit ihrer Temperaturhomogenität<br />
über der Bandlänge und<br />
-breite sowie CVC plus-Technologie zu verdanken.<br />
Außerdem ist dies dank innovativen<br />
Techniken wie z.B. dem im Level-3-<br />
System X-Pact MES 4.0 implementierten<br />
Stahlanalyseansatz, auch wirtschaftlich<br />
machbar. Dieser Analyseansatz reduziert<br />
die Anzahl von Übergangsbrammen um<br />
mehr als 50 % und hat bei BRS bereits in<br />
den ersten zwei Jahren zu Einsparungen<br />
in Höhe von mehreren Millionen Dollar<br />
geführt.<br />
acht Wochen war das PQA-System in der<br />
Lage, seine Aufgaben zu erfüllen, und<br />
stellte nun im täglichen Entscheidungsprozess<br />
um die Qualität und die Versandbereitschaft<br />
der Produkte die Datenbasis dar.<br />
Der wesentliche Vorteil des PQA-Systems<br />
besteht darin, dass nur Produkte ohne<br />
Mängel das Werk verlassen, was den Aufbau<br />
einer stabilen Kunden-Lieferanten-Beziehung<br />
ermöglicht.<br />
Produktentwicklung<br />
1900<br />
1800<br />
1700<br />
Sequenzstart<br />
Strip Bandbreite width<br />
Strip Banddicke thickness<br />
New Neue sequence Sequenz<br />
Sequenzende<br />
25<br />
22,5<br />
20<br />
Bandbreite in mm<br />
1600<br />
1500<br />
1400<br />
1300<br />
1200<br />
17,5<br />
15<br />
12,5<br />
10<br />
7,5<br />
Endbanddicke in in mm<br />
<strong>11</strong>00<br />
5<br />
1000<br />
2,5<br />
900<br />
2600 2620 2640 2660 2680 2700 2720 2740<br />
Produzierte Bänder<br />
0<br />
Daten aus Juli 2017<br />
1005A04<br />
1022A08<br />
1021A04<br />
Bild 10. Hochflexible Warmbandproduktion: Beispielsequenz von BRS<br />
1021V02<br />
1022A08<br />
1005A04<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
76 | <strong>TECHNIK</strong><br />
Tabelle 2. Typische mechanische Eigenschaften von warmgewalzten API-X70-Coils bei BRS<br />
Dicke,<br />
mm<br />
Prüfrichtung<br />
Streckgrenze,<br />
MPa<br />
Zugfestigkeit,<br />
MPa<br />
Gesamtdehnung,<br />
%<br />
CVN Energie<br />
bei −18 °C, J<br />
DWTT<br />
Scherbruchanteil<br />
bei 0 bis −45 °C, %<br />
12,5 Quer 579 – 614 662 – 682 28 – 29 488, 486, 489 100, 100<br />
re <strong>11</strong>: Charpy impact transition curves and fractured surfaces of DWTT<br />
ples of X70 coils at various test temperatures showing percent shear<br />
12,5 Diagonal 538 – 586 627 – 662 32 – 35 100, 100<br />
12,5 Längs 552 – 572 641 – 655 27 – 31 100, 100<br />
0°C -20°C -30°C -45°C<br />
Bild <strong>11</strong>. Kurven der Kerbschlagbiegeversuche und Bruchflächen der DWTT-Proben von<br />
X70-Coils bei unterschiedlichen Versuchstemperaturen mit Scherbruchanteilen<br />
(Fotos: SMS group)<br />
wickeln. Der RH-Entgaser ging im Juli 2017<br />
in Betrieb. Mit Verarbeitung der ersten<br />
Schmelze im RH-Entgaser am 28. Juli 2017<br />
begann die Entwicklung von sauergasbeständigen<br />
und nicht sauergasbeständigen<br />
API-Rohrstählen, Elektrostählen und niedrig<br />
gekohlten Tiefziehstählen (EDDS).<br />
Die ersten Versuche mit den Stahlsorten<br />
X52 und J55 für Rohranwendungen wurden<br />
auf Nachfrage bedeutender Hersteller<br />
von ERW/HFW-Rohren durchgeführt;<br />
inzwischen werden diese Stähle erfolgreich<br />
kommerziell produziert. Der erste Versuch<br />
zur Herstellung von warmgewalztem Bandstahl<br />
zur Rohrherstellung aus API X70 in<br />
einer Dicke von 12,5 mm sowohl für sauergasbeständig<br />
als auch für nicht sauergasbeständige<br />
Anwendungen wurde im<br />
August 2017 durchgeführt.<br />
Unter Berücksichtigung der hohen<br />
Innenreinheit und der dickeren Brammenabmessung<br />
wurde die chemische Zusammensetzung<br />
für die erste API-X70-Versuchsschmelze<br />
entwickelt. Es wurden zwei<br />
Schmelzen erzeugt, eine über die EAF-<br />
LMF-CC-Route und die andere über die<br />
EAF-LMF-RH-CC-Route. Diese Schmelzen<br />
wurden zu 80 mm dicken Brammen ver-<br />
07.10.<strong>2019</strong><br />
13<br />
gossen und thermomechanisch<br />
All rights reserved<br />
zu 12,5 mm<br />
© SMS group GmbH<br />
dickem Warmband gewalzt.<br />
Die mechanischen Eigenschaften der<br />
warmgewalzten Coils sind in Tabelle 2 dargestellt.<br />
Bild <strong>11</strong> zeigt die Ergebnisse der<br />
Fallgewichtsversuche (DWTT) von<br />
X70-Proben bei Temperaturen bis −45 °C.<br />
Dabei zeigten alle Proben bis zu dieser Temperatur<br />
ein ausgezeichnetes Scherverhalten.<br />
Die geforderten mechanischen Eigenschaften<br />
des Werkstoffs API X70 konnten<br />
in den 12,5 mm dicken warmgewalzten<br />
Bändern erfolgreich eingestellt werden.<br />
Die Beständigkeit gegen wasserstoffinduzierte<br />
Rissbildung wurden gemäß<br />
Spezifikation NACE 0284-16 in Lösung A<br />
(Hydrogen-Induced Cracking, HIC) getestet.<br />
Tabelle 3 zeigt die Testergebnisse, die<br />
Tabelle 3. Ergebnisse der Proben aus den API-X70-Coils nach dem HIC-Test<br />
Prüfung Lösung Muster CLR, % CSR, % CTR, %<br />
NACE 0284-16 A, pH 2,6<br />
1 0,0,0 0,0,0 0,0,0<br />
2 0,0,0 0,0,0 0,0,0<br />
3 0,0,0 0,0,0 0,0,0<br />
von einem externen, auf Korrosion spezialisierten<br />
Labor durchgeführt wurden. Diese<br />
Tests belegen eine hervor ragende<br />
HIC-Beständigkeit des produ zierten X70-<br />
Stahls. Bild 12 zeigt Makroschliffbilder<br />
von Proben vor und nach den HIC-Tests<br />
– diese weisen keine Wasserstoffblasenbildung<br />
auf den Oberflächen auf.<br />
Das bei Big River Steel installierte Stahlwerk<br />
mit RH-Entgaser ermöglicht es BRS,<br />
EDDS-Stähle mit einem Kohlenstoffgehalt<br />
von weniger als 20 ppm bei hervorragender<br />
Steuerung des Schwefel- und Gasgehalts<br />
herzustellen. BRS hat im November 2017<br />
mit der Produktion von Ti-stabilisiertem<br />
Tiefziehstahl mit einer durchschnittlichen<br />
Korngröße von 14 µm begonnen. Die<br />
mechanischen Eigenschaften von vollständig<br />
verarbeiteten verzinkten Blechen mit<br />
0,4 mm Dicke sind typischerweise wie<br />
folgt: Streckgrenze: 166 MPa, Zugfestigkeit:<br />
327 MPa, Dehnung: 43 %, N-Wert<br />
(10-20): 0,228, R-Wert: 1,59.<br />
Im Hinblick auf AHSS wurden im<br />
Dezember 2017 die ersten Versuche zur<br />
Herstellung von Dualphasenstählen<br />
durchgeführt und für die Herstellung von<br />
DP590 eine kohlenstoffarme chemische<br />
Zusammensetzung eingeführt, um ein<br />
peritektisches Verhalten des Stahls zu<br />
vermeiden. Der Stahl wurde auf 3,3 mm<br />
warmgewalzt und zu verzinktem Band<br />
mit 1 mm Dicke verarbeitet.<br />
Mit Blick auf das Marktwachstum bei<br />
Elektroautos sowohl in den USA als auch<br />
weltweit ist es ein vorrangiges Ziel von BRS,<br />
Elektrostahlsorten zu produzieren. Die<br />
BRS-Prozessroute, bestehend aus EAF-LMF-<br />
RH-CC, ist für die Produktion von Elektrostahl<br />
bestens geeignet. Die Dressieranlage erreicht<br />
einen Dressiergrad von bis zu 13 % und die<br />
Haubenglühöfen mit 100 % Wasserstoffatmosphäre<br />
erreichen im Glühprozess jene<br />
hohen Temperaturen, die für die Elektrostahlsorten<br />
CRML (Cold Rolled Magnetic Lamination)<br />
und NGO-SP (Non-Grain Oriented<br />
Semi-Processed) erforderlich sind.<br />
Im Januar 2018 produzierte Big River<br />
Steel zum ersten Mal eine Versuchs-<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
Figure 12: Macrographs of API X70 specimen surfaces before and after HIC te<br />
<strong>TECHNIK</strong> | 77<br />
schmelze mit 0,4%igem Si-Elektrostahl<br />
und einem Kohlenstoffgehalt von weniger<br />
als 50 ppm. Diese Schmelze durchlief die<br />
Prozessroute EAF-LMF-RH-LMF-CC. Aus<br />
dem Stahl wurden Brammen mit einer<br />
Dicke von 65 mm gegossen, die anschließend<br />
zu dünnem Warmband mit Dicken<br />
von 3,30 mm, 2,74 mm und 2,44 mm<br />
gewalzt wurden. Diese Coils wurden<br />
gebeizt, kaltgewalzt und in Haubenglühöfen<br />
bei genau eingestellten Temperaturen<br />
geglüht. Die geglühten Coils wurden<br />
anschließend dressiert und im Werk des<br />
Kunden erfolgreich weiterverarbeitet. Darüber<br />
hinaus wurden 2018 auch Versuche<br />
mit einem Si-Gehalt von 1,3 % und 1,6 %<br />
für CRML-Stähle durchgeführt.<br />
Ausblick<br />
Die zweite Ausbaustufe wurde bereits von<br />
BRS beauftragt. Die SMS group erhielt<br />
den entsprechenden Auftrag Anfang <strong>2019</strong>.<br />
Die Erweiterung des Stahlwerkskomplexes<br />
umfasst einen zweiten Elektrolichtbogenofen,<br />
einen zweiten Doppelpfannenofen,<br />
eine zweite Stranggießanlage, einen<br />
Bild 12. Makroschliffbilder der API-X70-Probenoberflächen vor und nach HIC-Test (Fotos:<br />
SMS group)<br />
zweiten Tunnelofen und einen weiteren<br />
Haspel. Diese zusätzliche Ausrüstung wird<br />
die jährliche Produktionskapazität auf<br />
3,0 Mio. t/a Kohlenstoffflachstahl erhöhen.<br />
Die Erweiterung wird Ende 2020 in Betrieb<br />
gehen.<br />
Darüber hinaus soll auch die Funktionalität<br />
der installierten Systeme in<br />
Bezug auf das Konzept der „lernenden<br />
Fabrik“ erweitert werden. Die Durchdringung<br />
produktbezogener und betrieblicher<br />
Aspekte durch KI-unterstützte<br />
Ansätze soll verstärkt werden und Entscheidungsfindungsprozesse<br />
durch eine<br />
genauere Vorhersage der Produktionsergebnisse<br />
vereinfacht werden. Davon<br />
erwarten BRS und SMS sowie die weiteren<br />
Kooperationspartner 07.10.<strong>2019</strong> eine deutliche<br />
Verbesserung der betrieblichen Effi-<br />
All rights reserved<br />
zienz.<br />
© SM<br />
DIE AUTOMATISIERUNG<br />
FÜR IHRE PRODUKTION.<br />
EISENHÜTTENSTADT • WIEHL • DUBAI<br />
www.unitechnik.com<br />
METALLURGIE // AUTOMATISIERUNG - VOM ROHEISEN BIS ZUM BAND<br />
PRODUKTIONSAUTOMATION // FERTIGUNGSSTEUERUNG UND ROBOTIK<br />
LOGISTIKSYSTEME // LAGERUNG, HANDLING UND TRANSPORT<br />
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ANTRIEBS<strong>TECHNIK</strong> // AC UND DC ANTRIEBE<br />
SERVICE // MSR, FUNK UND VIDEO<strong>TECHNIK</strong><br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong><br />
UNI<strong>TECHNIK</strong> AUTOMATISIERUNGS GMBH<br />
Seeplanstraße 1 I D-15890 Eisenhüttenstadt<br />
Fon: +49 3364 501 - 0 I www.unitechnik.com
78 | <strong>TECHNIK</strong><br />
Bild 1. Scheibenrollen-Kühlbett im Grobblechwerk Duisburg-Süd der<br />
thyssenkrupp Steel Europe AG (Foto: thyssenkrupp Steel Europe)<br />
Bewährte Technik aus der Offshorebranche für die Stahlindustrie<br />
Ausfallzeiten minimieren durch smarte<br />
Bolzentechnologie<br />
Angesichts enormer Anforderungen an die Bauteile hinsichtlich der Ausfallsicherheit und Langlebigkeit, muss<br />
die Offshorebranche bekanntlich alles auf technisch höchstem Niveau ausführen. Und genau hier konnte sich<br />
die smarte Bolzentechnik von Bondura ® bereits über Jahrzehnte bewähren und etablieren. Obgleich die<br />
Anforderungen in der Stahlindustrie vielleicht nicht ganz so hoch sind, bieten sich doch viele gute Ansätze, um<br />
die Anlagen robuster und beständiger zu machen. Denn natürlich kennt man auch dort die massiven Probleme,<br />
die eine simple Bolzenverbindung in der Anlage generieren kann.<br />
U<br />
nabhängig von der Ursache des Problems<br />
ist die Folge von ausgeschlagenen<br />
und ovalen Aufnahmebohrungen,<br />
festsitzenden und/oder verschlissenen<br />
Bolzen immer eine aufwendige Reparaturmaßnahme,<br />
verbunden mit Produktionsstillstand<br />
und Personalkosten.<br />
Hinzu kommt, dass übliche Lösungsansätze<br />
in der Regel keine nachhaltige Abhilfe<br />
schaffen. Ein Erfahrungsbericht über<br />
den erfolgreichen Einsatz im Scheibenrollen-Kühlbett<br />
des Grobblechwerks Duisburg-Süd<br />
der thyssenkrupp Steel Europe<br />
AG, Bild 1, folgt am Ende dieses Beitrags.<br />
Gründe für Bolzenverschleiß<br />
Zunächst sollen die technischen Zusammenhänge<br />
erläutert werden. Die Kontaktfläche<br />
zwischen Bolzen und Gehäuse kann<br />
gemäß der Hertzschen Formel berechnet<br />
werden. Eine Erhöhung der Einbautoleranz<br />
z.B. von 0,04 auf 0,1 mm verringert die<br />
Kontaktfläche bereits um 78 %, was wiederum<br />
die spezifische Flächenpressung<br />
um das Vierfache erhöht.<br />
Wenn auf diese Verbindung von außen<br />
zusätzliche Wechsellasten einwirken, verlagert<br />
sich bei Spiel entsprechend auch die<br />
Lage der Kontaktfläche innerhalb der Verbindung.<br />
Ist dann die Kontaktspannung<br />
Hubert Hilp, Technischer Betriebswirt, Henss+Hilp-Maschinenelemente<br />
oHG, Schermbeck.<br />
Kontakt: h.hilp@hh-maschinenelemente.de<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
<strong>TECHNIK</strong> | 79<br />
größer als die Elastizitätsgrenze des<br />
Gehäuses oder des Bolzens, so entsteht<br />
Verschleiß. Dabei ist die Art der Krafteinleitung<br />
ausschlaggebend für das sich<br />
final einstellende Verschleißbild:<br />
• Schwellende und<br />
wechselnde Belastungen<br />
führen zu<br />
einer Ovalität im<br />
Gehäuse,<br />
• eine umlaufende<br />
Belastung führt zu<br />
einer umfänglichen Aufweitung<br />
der Bohrung bzw.<br />
zu einem gleichmäßigen Verschleiß<br />
am Bolzen.<br />
Genau hier setzt die Bolzentechnik der Firma<br />
Bondura an. Sie birgt zugleich auch viel<br />
Potenzial, dem stetig wachsenden Kostendruck<br />
im Bereich der Instandhaltung entgegenzuwirken.<br />
Funktionsprinzip<br />
Das Prinzip der Bondura-Bolzen ist dabei<br />
so einfach wie wirkungsvoll, Bild 2. Der<br />
Bondura-Bolzen wird beidseitig mit<br />
einem Konus ausgeführt. Zwei Hülsen,<br />
ebenfalls mit entsprechender Verjüngung<br />
versehen, werden auf die Bolzenenden<br />
gesetzt und mit einem definierten Drehmoment<br />
stirnseitig angezogen. Die durch<br />
axiale Verschiebung entstehende Keilwirkung<br />
führt dazu, dass die geschlitzten<br />
Hülsen in der Aufnahme expandieren,<br />
wodurch das vorhandene Spiel kompensiert<br />
wird. Der nun vollumfängliche Bolzen-Gehäuse-Kontakt<br />
(360°) erlaubt<br />
dabei eine ideale Lastverteilung äußerer<br />
Kräfte auf volle 180°.<br />
Einbau der Bolzen. Schon der Einbau<br />
eines Bolzens kann, je nach Größe, Gewicht<br />
Bild 2. Genereller Aufbau der Bondura ® -<br />
Bolzen mit konischen Enden/Hülsen<br />
und Montageort, eine echte Herausforderung<br />
sein. Aber bereits hier verschafft die<br />
Bondura-Technologie dem Anwender eine<br />
enorme Erleichterung und Zeitersparnis.<br />
Ein bewusst vergrößertes Spiel kann<br />
eingeplant werden, was zudem die Montage<br />
erheblich beschleunigt. Das größere<br />
Spiel wird durch die sich ausdehnende<br />
Hülse beim Verspannen wieder auf „Null“<br />
gebracht, was dann zu einer soliden Verbindung<br />
über 360° führt. Dies entspricht<br />
im Wesentlichen einer Presspassung, ist<br />
nur viel einfacher herzustellen.<br />
Ausbau der Bolzen. Lässt sich der Einbau<br />
von konventionellen Bolzen noch recht<br />
Bild 3. Einbausituation/Funktionsprinzip mit Hülsenvariationen (Standard und<br />
Oversized)<br />
gut mittels „Unterkühlen“ meistern, wird<br />
es richtig aufwendig und zugleich kostspielig,<br />
wenn ein bereits festsitzender Bolzen<br />
gezogen werden muss. Meist hilft da<br />
nur noch das Ausbrennen oder alternativ<br />
die Kernbohrtechnik als „letztes Mittel“.<br />
Beides hat sich in der Praxis zwar bewährt,<br />
verbraucht aber viel Zeit und Geld; beides<br />
kann und will man dafür eigentlich nicht<br />
aufbringen.<br />
Eine andere bekannte Problematik bei<br />
Bolzenverbindungen entsteht, wenn,<br />
DÜSEN ZUR<br />
ENTZUNDERUNG<br />
Düsen spielen im Prozess<br />
der Entzunderung DIE<br />
entscheidende Rolle:<br />
• Reduzierung von Wasser<br />
und Druck ohne Änderung<br />
des Impacts<br />
• Minimierung von<br />
Turbulenzen<br />
• Maximierung des<br />
Abdeckungsbereiches<br />
Düsenleistung<br />
RICHTIG verstehen<br />
ist der Schlüssel<br />
zum optimalen<br />
Entzunderungsprozess:<br />
• Theoretische Kalkulationen<br />
der Aufprallkraft und Spritzabdeckung<br />
ist die Grundlage<br />
• CFD Simulationen, um komplexe<br />
Sprühanwendungen<br />
vorab zu überprüfen<br />
• Grundlage für den Entwurf<br />
von Düsen + Sprühbalken,<br />
um Sprühvorgänge unserer<br />
Kunden zu optimieren<br />
• Messung aller Düsen in<br />
modernen Sprühlaboren<br />
zum umfangreichen Service<br />
Stand 23 beim Hüttentag<br />
7. November <strong>2019</strong><br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong><br />
www.spray.com
Fachbuchreihe<br />
Großer Atlas Schweiß-ZTU-Schaubilder: Hilfe bei der Lösung von<br />
Problemen der Wärmeführung beim Schweißen von Stählen<br />
Wer sich beruflich mit dem Schweißen von Stählen befasst, findet in diesem Atlas über 200 Schaubilder zur<br />
Schweiß-Zeit-Temperatur-Umwandlung, mit denen sich viele Fragen bei Problemen der Wärmeführung von Stahl<br />
beantworten lassen.<br />
Die Schaubilder geben Auskunft über Vorwärmtemperaturen, über Abkühlgeschwindigkeiten, Grenzabkühlzeiten<br />
und Abkühlzeitkonzepte, über die anzuwendende Streckenenergie, die Parameter einer Kurzzeitwärmenachbehandlung,<br />
die Wärmewirkung von Zwischenlagentemperaturen oder auch die erreichbaren mechanisch-technologischen<br />
Kennwerte in der Wärmeeinflusszone oder im Schweißgut.<br />
Dank dieser umfangreichen Informationen lassen sich mit Schweiß-<br />
ZTU-Schaubildern nicht nur Werkstoffe und Schweißverfahren<br />
auswählen, sondern beispielsweise auch Schweißdaten ermitteln<br />
und die Schweißeignung von Stählen bereits bei der Stahlentwicklung<br />
beurteilen.<br />
Der Große Atlas der Schweiß-ZTU-Schaubilder ist ein praktisches<br />
Hilfsmittel für Ingenieure, Mitarbeiter von Stahlwerken, technische<br />
Überwachungsbehörden, wissenschaftliche Institute sowie für<br />
Konstruktions- und technologische Abteilungen von stahlverarbeitenden<br />
Betrieben.<br />
Großer Atlas Schweiß-ZTU-Schaubilder<br />
Autoren: Seyffarth, P.; Meyer, B.; Scharff, A.<br />
2., aktualisierte und erweiterte Auflage 2018<br />
284 Seiten<br />
Artikel-Nr.: 104010<br />
ISBN: 978-3-96144-010-8<br />
Auch als E-Book<br />
erhältlich!<br />
Preis: 96,00 Euro<br />
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<strong>TECHNIK</strong> | 81<br />
H<br />
G<br />
F<br />
E<br />
D<br />
C<br />
B<br />
A<br />
Bondura Technology AS reserves all rights in this document and in the information contained therein. Reproductions, use or disclosure to third parties without express authority is strictly forbidden. C Bondura Technology AS<br />
12<br />
Inner Screw<br />
Set screw<br />
<strong>11</strong><br />
Tapered / Conical sleeve length-1<br />
Inner conical sleeve<br />
Conical sleeve<br />
Screw<br />
Grease Adapter<br />
Grease Nipple<br />
Positioning Details<br />
Positioning Plate<br />
10<br />
Bild 12 5. Bondura <strong>11</strong><br />
® Dual66: 10vereinfachte 9 Darstellung 8 vom Einbau 7<br />
9<br />
PIN<br />
Support<br />
PIN Length<br />
PIN diameter Ø<br />
Bild 4. Beispiele von Bondura ® -Bolzen<br />
8<br />
Bearing<br />
7<br />
6<br />
Tapered / Conical sleeve length-2<br />
6<br />
Plate<br />
5<br />
5<br />
bedingt durch Relativbewegungen und/oder<br />
Wechsellasten, die Aufnahmebohrung ausschlägt,<br />
z.B. oval wird. Oft erst erkennbar<br />
durch verstärkte Geräuschbildung (lautes<br />
Klappern), ist hier zusätzlich die Frage hinsichtlich<br />
Anlagensicherheit zu stellen.<br />
Ein Lösungsansatz hierzu kann die Verwendung<br />
von „Oversized-Hülsen“ sein,<br />
Bild 3. Kann man mit Verwendung einer<br />
Standardhülse bereits 1 bis 1,5 mm an<br />
Spiel ausgleichen, setzt man bei noch größerem<br />
Verschleiß Oversized-Hülsen ein,<br />
die dazu eine größere Wanddicke haben.<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
REVISIONS TABLE<br />
Welche Wandstärke final benötigt<br />
Hwird,<br />
REV. DESCRIPTION DATE APPROVED<br />
A Drawing traceability 16.08.2004 AAa<br />
kann je nach<br />
B<br />
Anwendung<br />
Ø30-500 was Ø70-320<br />
individuell<br />
22.01.2013 TorG<br />
fest-<br />
C Updates for DNV Approval 2017 01.08.2017 ØK<br />
gelegt werden.<br />
In der Stahlindustrie haben sich bereits<br />
G<br />
viele Anwendungsbereiche herauskristallisiert,<br />
wo sich der Einsatz der Bondura-Bolzen<br />
bestens bewährt hat, z.B. bei Kaltstrangketten,<br />
Adjustageanlagen, Krananlagen wie<br />
F<br />
Pfannengehängen und Pfannenkippstühlen,<br />
Brammen- und Schrottgreifer.<br />
Hier kommen üblicherweise die „Standardausführungen“<br />
Bondura 6.6 oder 3.3<br />
E<br />
zur Anwendung, Bild 4. Die Wahl ist immer<br />
abhängig vom Bolzendurchmesser (und<br />
dem notwendigen Anzugsmoment) und<br />
der Notwendigkeit, den Bolzen öfter D mal<br />
„ziehen zu müssen“.<br />
Detailed explanation of a bondura® assembly, as per<br />
Bondura<br />
Deutlich<br />
Technology's<br />
anspruchsvoller<br />
Material Traceability List<br />
wird es, wenn<br />
es Example: um die bondura Bolzenanbindung DUAL 66.080.0280.L-125.125 bei Hydraulikzylindern<br />
C<br />
bondura® type: mit DUAL Gelenklagern 66<br />
geht. Hier gibt<br />
PIN diameter: Ø80 mm<br />
PIN length: 280 mm<br />
es lubrication: häufig L= die single Kundenforderung, lubrication<br />
dass alle<br />
D= double lubrication<br />
U= without lubrication<br />
drei Bereiche spannbar sein müssen.<br />
Dazu wird bei der Version Bondura<br />
Tapered / Conical sleeve length-1: 125 mm<br />
Tapered / Conical sleeve length-2: 125 mm<br />
B<br />
„Dual 66“ neben den seitlichen Konen<br />
mittig eine zusätzliche Hülse eingesetzt,<br />
The bondura R pivot pin is a<br />
patented product and is thus<br />
protected under patent<br />
legislations and product rights.<br />
die Date einen Drawn by: weiteren App. by: Konus Project used: ausbildet, Size: Bild 5.<br />
20.08.2001 Tor<br />
ØK<br />
A2<br />
Hierdurch kann zunächst die Gelenklager-<br />
Product Decription.:<br />
Sheet:<br />
1 of 1<br />
bondura DUAL 66 Ø30-Ø500<br />
Drawing No.:<br />
Revision.:<br />
GENERAL ARRANGEMENT<br />
A<br />
GA-0345<br />
C<br />
kugel Material: fest mit Weight: dem Ref. to: Bolzen Module:<br />
Art no: verbunden Status: werden,<br />
der im 3 Anschluss 2 wiederum, 1<br />
25.33 kg<br />
Approved<br />
4<br />
genau<br />
Engineering and Consulting for Material Handling Technology<br />
and Heavy Industry, Manufacturing of Crane Components<br />
Drum Brakes<br />
Bottom Hook Blocks<br />
New Generation of<br />
Steel Ladles<br />
Disc Brakes<br />
Am Buchenberg 2 Tel..: 0049-(0)2066-9964-0 Email: info@asku-scholten.de<br />
47198 Duisburg/Germany Fax.: 0049-(0)2066-370666 Web: www.asku-scholten.de<br />
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<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
82 | <strong>TECHNIK</strong><br />
Bild 6. Kniehebel-Antrieb der Quertransport-Einrichtung (Foto: thyssenkrupp Steel Europe)<br />
wie bei den Standardtypen, an den Seiten<br />
verspannt wird. Die dadurch stark vereinfachte<br />
Demontage hat dabei schon so<br />
manches Gelenklager vor einem sicheren<br />
Schaden bewahrt.<br />
Natürlich kann diese Art der Verspannung<br />
überall zur Anwendung kommen,<br />
also immer dann, wenn absolute Spielfreiheit<br />
in der gesamten Bolzenverbindung<br />
sinnvoll ist. Darüber hinaus bietet Bondura<br />
viele zusätzliche Bolzentypen an.<br />
Um allen Anwendungen in idealer Weise<br />
gerecht zu werden, ist die Bondura-Bolzentechnik<br />
in allen Belangen variabel. Design,<br />
Bolzendurchmesser und -länge sowie die<br />
Materialpaarung sind individuell wählbar und<br />
lassen sich somit bedarfsgerecht der Aufgabenstellung<br />
anpassen. Hinsichtlich der<br />
richtigen Auswahl steht dem Kunden die<br />
Firma Henss & Hilp als Ansprechpartner vor<br />
Ort zur Verfügung. Sie wird unterstützt<br />
durch das Bondura-Engineering-Team.<br />
Einsatz in einer<br />
Quertransporteinrichtung<br />
Anhand des aktuellen Beispiels – dem Einsatz<br />
im Kniehebelantrieb einer Quertransporteinrichtung<br />
im Scheibenrollen-Kühlbett<br />
bei der thyssenkrupp Steel Europe<br />
AG, Bild 6 – werden die zuvor genannten<br />
Eigenschaften deutlich.<br />
Das von der SMS group konzipierte Kühlbett<br />
im Warmbandwerk Duisburg-Süd wurde<br />
im Oktober 2012 in Betrieb genommen.<br />
Es ist ausgelegt für Bleche mit Dicken von<br />
4 bis 40 mm und Längen zwischen 15 und<br />
25 m.<br />
„In den ersten fünf Jahren wurden vereinzelt<br />
immer wieder mal Gelenklager und/<br />
oder Bolzen ersetzt“, so Markus Schmeink,<br />
zuständiger Prozesskoordinator Mechanik in<br />
der Business Unit Heavy Plate. Im Jahr 2017<br />
war das Spiel der Bolzen in den Kniehebeln<br />
allerdings derart groß, dass eine Komplettüberholung<br />
nicht mehr zu vermeiden war.<br />
Sämtliche Bolzen wurden ersetzt, die oval<br />
ausgeschlagenen Bohrungen sowohl nachgearbeitet,<br />
als auch seitlich verstärkt, um<br />
die Flächenpressung abzusenken.<br />
„Trotz dieser sehr aufwendigen Maßnahme“,<br />
so Markus Schmeink, „stellten sich<br />
nach nicht einmal zwei Jahren die gleichen<br />
Probleme wieder ein, Bild 7. Wir mussten<br />
also nach neuen Lösungen suchen.“<br />
Bondura im direkten Vergleich. Damit<br />
zukünftig eine neuerliche Überholung der<br />
Bild 7. a) Verschleiß am Bolzen, b) Ovalität in der Aufnahmebohrung (Foto: thyssenkrupp Steel Europe)<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
<strong>TECHNIK</strong> | 83<br />
Kniehebel vermieden werden kann, setzt<br />
man bei thyssenkrupp Steel nun auf die<br />
Bondura-Bolzentechnik.<br />
Im August <strong>2019</strong> wurde eine weitere<br />
Komplettüberholung der Anlage vorgenommen,<br />
bei der nun auch Bolzen des Typs<br />
„Bondura Dual 66“ verbaut wurden, Bild 8.<br />
Im Vorfeld wurden dazu die technischen<br />
Zeichnungen und Unterlagen bereitgestellt.<br />
Nach Auswertung der Daten<br />
kamen zwei Bolzentypen in die engere<br />
Wahl. Auch in diesem Fall entschied man<br />
sich für den Bondura Dual 66. Dieser ist<br />
zwar teurer, bietet aber gerade bei Einbindung<br />
von Gelenklagern zusätzliche Vorteile,<br />
die den Mehraufwand rechtfertigen.<br />
Markus Schmeink und sein Team werden<br />
nun über den Zeitraum von einem Jahr<br />
beobachten, wie sich die Bolzen in der<br />
Anwendung bewähren, bevor sie das Kühlbett<br />
komplett auf Bondura umstellen.<br />
Fazit<br />
Bild 8. Bondura ® Dual 66 nach erfolgreichem Einbau (Foto: thyssenkrupp Steel Europe)<br />
Mit der bewährten Bondura-Bolzentechnologie<br />
bieten sich auch in der Hüttenwerks-<br />
und Stahlindustrie zahlreiche<br />
Ansätze, um Kosten zu senken. Dabei<br />
sollte diese Technik nicht ausschließlich<br />
nur als reine Reparaturlösung betrachtet<br />
werden. Bereits in der Erstausrüstung eingesetzt,<br />
vermeidet diese Technik das Entstehen<br />
vorgenannter Probleme – wie schon<br />
in Bereichen wie Offshore, Kranbau,<br />
Mining und Baumaschinen mehrfach<br />
erfolgreich unter Beweis gestellt.<br />
BP:<br />
-Logo rechts oben (NUR Logo!)<br />
-Info nicht in seitliche Maginalspalte<br />
-tendenziell eher farblos<br />
-Tel. besser als fon<br />
KIRO<br />
NATHAUS GmbH<br />
Grauwerte - 1C<br />
Typo - Feinschliff<br />
Kreuze - Dito<br />
Systems for separation of dust and water from quenching steam<br />
built to our own patents with residue guarantee as per TA Luft<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong><br />
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84 | <strong>TECHNIK</strong><br />
Intelligente Fluidikkomponenten mit variablen Schnittstellen<br />
Flexible Vernetzungsmöglichkeiten für<br />
Industrie 4.0<br />
In prozess- und verfahrenstechnischen Anlagen müssen viele Fluidikkomponenten zuverlässig arbeiten, damit<br />
die automatisierten Abläufe reibungslos funktionieren und die gewünschte Produktqualität sichergestellt ist.<br />
Ventilinseln, Prozessventile, Sensoren, Massendurchflussregler (MFC) etc. finden hier ein breites Einsatzfeld in<br />
Anlagen zur Metall-, Glas- oder Kunststoffverarbeitung über Fermentierungsprozesse und die Herstellung<br />
pharmazeutischer Produkte bis hin zur Wasseraufbereitung sowie in Brauereien. Im Zusammenhang mit<br />
Industrie 4.0 genügt es heute nicht mehr, wenn diese Komponenten ihre Kernfunktion bestens erfüllen.<br />
Flexibilität bei den Vernetzungsmöglichkeiten ist ebenso wichtig wie ihre Zuverlässigkeit. Die Komponenten<br />
müssen über die passenden Protokolle mit den übergeordneten Steuerungen Daten austauschen können, z.B.<br />
im laufenden Betrieb aber auch für intelligente Wartungskonzepte.<br />
P<br />
rozess- und verfahrenstechnische<br />
Anlagen sind sehr unterschiedlich aufgebaut,<br />
Bild 1. Je nach Branche bevorzugen<br />
die Anwender z.B. bestimmte<br />
Steuerungen oder spezielle Bussysteme.<br />
Von den Komponentenherstellern erwarten<br />
sie daher, dass die Produkte die „richtige<br />
Sprache sprechen“, damit diese sich<br />
nahtlos in ihren Kommunikationsverbund<br />
integrieren lassen. Somit steigen die<br />
Anforderungen an die Flexibilität der Geräte<br />
und es werden immer mehr Schnittstellen<br />
bzw. Protokolle gefordert. Um das Produktprogramm<br />
aktuell zu halten, sollten<br />
die Hersteller möglichst auch bei bereits<br />
fertig entwickelten Lösungen nachrüsten<br />
können. Dabei gilt es auch zu beachten,<br />
dass die Kostenrechnung für den Anwen-<br />
Trotz aller Komplexität und Individualität bleiben die Geräte für den Benutzer durch das Plattformkonzept einfach handhabbar (Foto:<br />
Bürkert Fluid Control Systems)<br />
Johannes Eichert, Field Segment Manager Gas, Bürkert Fluid Control Systems, Ingelfingen.<br />
Kontakt: info@buerkert.de<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
<strong>TECHNIK</strong> | 85<br />
Bürkert Fluid Control Systems<br />
Bürkert Fluid Control Systems ist ein weltweit führender Hersteller von<br />
Mess-, Steuer- und Regelungssystemen für Flüssigkeiten und Gase.<br />
Lösungen von Bürkert kommen in den unterschiedlichsten Branchen und<br />
Anwendungen zum Einsatz – das Spektrum reicht von Brauereien und<br />
Laboren bis zur Medizin-, Bio- und Raumfahrttechnik. Mit einem Portfolio<br />
von über 30.000 Produkten deckt Bürkert als einziger Anbieter alle<br />
Komponenten des Fluid-Control-Regelkreises aus Messen, Steuern und<br />
Regeln ab: von Magnetventilen über Prozess- und Analyseventile bis zu<br />
pneumatischen Aktoren und Sensoren.<br />
Das Unternehmen mit Stammsitz im süddeutschen Ingelfingen verfügt über<br />
ein weit gespanntes Vertriebsnetz in 36 Ländern und beschäftigt weltweit<br />
mehr als 2.800 Mitarbeiter. In fünf Systemhäusern in Deutschland, China<br />
und den USA sowie vier Forschungs- und Entwicklungszentren entwickelt<br />
Bürkert kontinuierlich kundenspezifische Systemlösungen und innovative<br />
Produkte. Ergänzt wird die Produktpalette mit dem umfassenden<br />
Serviceangebot „BürkertPlus“, das Kunden während des kompletten<br />
Produktlebenszyklus begleitet.<br />
der aufgeht; auch Industrie 4.0 muss<br />
bezahlbar sein.<br />
Modulare Geräteplattform als<br />
Basis<br />
Der Fluidikexperte Bürkert Fluid Control<br />
Systems setzt deshalb sowohl bei der<br />
Hardware, als auch bei der Software auf<br />
eine modulare Geräteplattform. Das Ziel<br />
ist, dass alle „intelligenten“ Fluidikkomponenten<br />
das gleiche Spektrum an Kommunikationsmöglichkeiten<br />
haben und dadurch<br />
auf vielfältige Weise miteinander und mit<br />
Fremdgeräten vernetzt werden und kommunizieren<br />
können. Für „intelligente“<br />
Komponenten wie Prozess- oder Proportionalventile,<br />
Ventilinseln, Massendurchflussregler,<br />
Online-Analyse-Systeme etc.<br />
kann der Anwender „seine“ Schnittstelle<br />
bzw. „sein“ Protokoll vorgeben und<br />
bekommt die für seine Applikation „passenden“<br />
Lösungen geliefert. Hinzu kommt<br />
die kompetente Beratung durch die erfahrenen<br />
Applikationsingenieure, die nicht nur<br />
Produkte verkaufen, sondern auch die<br />
Anwendungsanforderungen verstehen.<br />
Die Basis für diese große Flexibilität bildet<br />
die Geräteplattform Efficient Device Integration<br />
Platform (EDIP), Bild 2. Sie vereint und<br />
standardisiert Hardware, Software und Kommunikation<br />
der „intelligenten“ Bürkert-Geräte.<br />
Ihr modularer Aufbau erlaubt eine schnelle<br />
Anpassung der Geräte an individuelle<br />
Kundenwünsche und das bei kurzen Lieferzeiten.<br />
EDIP ermöglicht eine intelligente Vernetzung<br />
bis in die Sensor- und Aktor-Ebene<br />
und bietet zudem basierend auf CANopen<br />
eine einheitliche Parametrier- und Service-Schnittstelle,<br />
die auch über den Bürkert-Systembus<br />
(büS) zur Verfügung steht.<br />
Weitere Funktionen und Protokolle für neue<br />
Technologien lassen sich flexibel erweitern.<br />
Drahtlose Kommunikation und Bedienung<br />
über Mobile Devices per App könnten beispielsweise<br />
zukünftig realisiert werden. Trotz<br />
aller Komplexität und Individualität bleiben<br />
die Geräte für den Benutzer durch das Plattformkonzept<br />
dabei einfach handhabbar.<br />
Bild 1. Im Zusammenhang mit Industrie 4.0 genügt es heute nicht mehr, wenn Fluidikkomponenten ihre Kernfunktion bestens<br />
erfüllen. Flexibilität bei den Vernetzungsmöglichkeiten ist ebenso wichtig (Quelle: Bürkert Fluid Control Systems)<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
86 | <strong>TECHNIK</strong><br />
Bild 2. Fluidik in Industrie-4.0-Umgebung: Die EDIP-fähigen Geräte kommunizieren über<br />
ein Interface auf Basis des Industriestandards CANopen, der mit zusätzlichen Features<br />
erweitert wurde. So ist beispielsweise kein Master notwendig und die Teilnehmer<br />
werden automatisch adressiert (Foto: Bürkert Fluid Control Systems)<br />
Einfache Integration in Industrie-<br />
4.0-Umgebungen<br />
Für die Integration von Bürkert-Geräten,<br />
die auf der EDIP-Plattform basieren, gibt<br />
es meist mehrere Möglichkeiten: Bietet<br />
das Gerät die gewünschte Schnittstelle<br />
direkt „on board“, lässt es sich direkt in die<br />
Prozessleitebene einbinden. Das Spektrum<br />
der angebotenen Schnittstellen reicht<br />
vom „klassisch-analogen“ Ausgangssignal<br />
(z.B. 4...20 mA oder 0...10V) bis zu<br />
Geräten mit eingebautem Ethernet-Switch<br />
und den gängigen Protokollen (Profinet,<br />
EtherNet/IP, Profibus DP, Modbus TCP<br />
oder EtherCAT).<br />
Beim Einsatz mehrerer Geräte auf<br />
Basis dieser Plattform können diese auch<br />
untereinander über den Bürkert-Systembus<br />
(büS) verbunden werden und<br />
kommunizieren. Zur effizienten und kostengünstigen<br />
Einbindung in die Prozessleitebene<br />
der jeweiligen Anwendung gibt<br />
es das Gateway ME43, das wahlweise<br />
über die zuvor genannten Protokolle kommuniziert,<br />
Bild 3. Es überträgt jeweils bis<br />
zu 128 Ein- und Ausgangsvariablen, dient<br />
als zentrale Steuereinheit für beliebige<br />
EDIP-Geräte und kann als dezentrale<br />
Intelligenz die Kommunikation zwischen<br />
den Geräten übernehmen.<br />
Auch beliebige andere Sensoren und<br />
Aktoren lassen sich an ein büS-System<br />
anbinden. Dafür eignen sich die I/O-Module<br />
ME44, Bild 4, in Kombination mit<br />
dem Gateway ME43. Sie verarbeiten<br />
binäre Eingangssignale oder Standard-Normsignale<br />
und können z.B.<br />
sowohl für Zwei- und Drei-Leiter Sensoren<br />
als auch für mechanische Endschalter<br />
genutzt werden. Einzelne Kanäle<br />
sind wahlweise auch als Frequenzeingänge<br />
konfigurierbar, so lassen sie sich<br />
an individuelle Bedürfnisse anpassen.<br />
Die Module werden zur Erweiterung<br />
über eine Dreier-Backplane ohne Werkzeug<br />
zusammengesteckt. Einfach<br />
abnehmbare Anschlussklemmen für<br />
eine schnelle, unkomplizierte Montage<br />
sowie die Erkennung von Kurzschlüssen<br />
und Kabelbrüchen über eine<br />
LED-Anzeige erleichtern die Installation<br />
und Wartung.<br />
Dezentrale<br />
Automatisierungslösungen<br />
Auch in Zeiten der Digitalisierung kann es<br />
sinnvoll sein, direkt vor Ort die Automatisierung<br />
zu optimieren. Die individuelle Anpas-<br />
Bild 3. Für die Integration von EDIP in die<br />
Prozessleitebene gibt es das Gateway<br />
ME43, das über PROFINET, EtherNet/IP,<br />
PROFIBUS, Modbus TCP oder EtherCAT<br />
kommuniziert. (Foto: Bürkert Fluid Control<br />
Systems)<br />
Bild 4. Erweiterung für EDIP-Plattform: Mit den I/O-Modulen ME44 können verschiedene<br />
Sensoren und Aktoren eingebunden werden; das Feldbus-Gateway ME43 ermöglicht<br />
eine einfache Integration in die Prozessleitebene über Feldbus oder Industrial Ethernet<br />
(Foto: Bürkert Fluid Control Systems)<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
<strong>TECHNIK</strong> | 87<br />
Bild 5. Das auf Windows basierende Programm Communicator dient der Konfiguration bzw. Parametrierung aller „intelligenten“<br />
Bürkert-Produkte und steht allen Kunden kostenfrei zur Verfügung (Foto: Bürkert Fluid Control Systems)<br />
sung von Teil-Prozessen ohne zwingend ins<br />
Leitsystem einzugreifen, kann die Anlageneffizienz<br />
steigern sowie Zeit und Kosten<br />
sparen. EDIP schafft dafür ebenfalls die Voraussetzungen,<br />
denn der Anwender kann<br />
ohne zusätzliche Steuerung die Logik der<br />
EDIP-Geräte programmieren und an veränderte<br />
Prozesse und Betriebsbedingungen<br />
anpassen. Hierfür gibt es die Konfigurationssoftware<br />
„Communicator“, Bild 5. Das für<br />
alle Kunden kostenlose Programm dient<br />
nicht nur der Konfiguration und Parametrierung,<br />
der Diagnose und dem Service aller<br />
EDIP-Produkte, sondern bietet auch eine<br />
grafische Ansicht zur Anzeige der Prozesswerte.<br />
Mithilfe der grafischen Programmieroberfläche<br />
lassen sich zudem lokale, spezifische<br />
Benutzeroberflächen erzeugen. Ein<br />
optionales Softwaremodul erlaubt es, beliebige<br />
Funktionen zu realisieren und applikationsspezifische<br />
Prozessabläufe zu regeln,<br />
z.B. Mischungsregelungen von Gasen,<br />
Zustandserfassungen oder eine Fehlerüberwachung<br />
erstellen. Der Anwender hat somit<br />
alles in allem sehr viele Möglichkeiten und<br />
kann „sein“ Automatisierungsprojekt individuell<br />
umsetzen. Die flexiblen Fluidikkomponenten<br />
mit ihrer Schnittstellenvielfalt bieten<br />
dafür die beste Grundlage, da sie über alle<br />
üblichen Protokolle mit den unterschiedlichsten<br />
Steuerungen kommunizieren und<br />
„nebenbei“ erfüllen sie auch ihre Kernfunktion<br />
sehr zuverlässig.<br />
• Dunstabsauganlagen<br />
• Entstaubungsanlagen<br />
• Vakuumanlagen<br />
• Randstreifen- und<br />
Besäumabsauganlagen<br />
• Späneabsauganlagen<br />
• Regenerationskondensation<br />
• Wärmerückgewinnung<br />
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<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
88 | <strong>TECHNIK</strong><br />
Bessere Inspektion in der Praxis<br />
Oberflächenqualität: Defekte zuverlässiger<br />
klassifizieren<br />
Während AI-basierte Technologie heutzutage in etlichen Bereichen der Bildverarbeitung wie Gesichtserkennung<br />
oder sogar Krebsdiagnose menschliche Performance überbietet, lässt die in der Praxis „erlebte“ Zuverlässigkeit<br />
von Oberflächeninspektionssystemen in der Stahlindustrie oft zu wünschen übrig. Im scheinbaren Widerspruch<br />
dazu erreichen dieselben Systeme auf Testdaten eine hohe Klassifikationsgenauigkeit. Hauptursachen dieser<br />
Diskrepanz sind Testdatensätze, die die Produktionsbedingungen nicht abbilden, zu kleine Trainingsmengen,<br />
starke Klassenungleichgewichte in der Produktion und veraltete Klassifikationsalgorithmen. Eine strukturierte<br />
Optimierung der Datensätze und der Klassifikatoren unter Einsatz aktueller Deep-Learning-Technologie steigert<br />
die tatsächliche Leistung vorhandener Systeme drastisch. Für bestmögliche Performance müssen<br />
Oberflächenfehler prozessübergreifend klassifiziert werden.<br />
M<br />
oderne Anforderungen an kaltgewalzte<br />
Flachstahlerzeugnisse er -<br />
fordern eine sehr hohe Oberflächenqualität,<br />
insbesondere für Anwendungen<br />
in der Automobilbranche.<br />
Manuelle Inspektion der gesamten Produktion<br />
ist aus Kosten- und organisatorischen<br />
Gründen in der Regel nicht möglich,<br />
weshalb die großen Stahlhersteller auf den<br />
Einsatz automatischer, visueller Oberflächeninspektionssysteme<br />
angewiesen<br />
sind. Diese bestehen aus Kameras und<br />
Lichtquellen an Ober- und Unterseite des<br />
Bandes, Hard- und Software zur Defektdetektion<br />
und Klassifikation sowie einem<br />
User-Interface für den Anwender. Die korrekte<br />
Klassifikation, also die Bestimmung<br />
der Oberflächenfehler-Kategorie ist ein<br />
entscheidender Schritt, das System sollte<br />
z.B. nichtmetallische Einschlüsse zuverlässig<br />
von oberflächlichem Schmutz unterscheiden.<br />
Typischerweise installieren Hersteller<br />
die Oberflächeninspektionssysteme vor<br />
Ort, optimieren die Klassifikatoren und<br />
schulen zukünftige Anwender. Nach der<br />
Abnahme sind meist Mitarbeiter der Werke<br />
für die Optimierung der Systeme<br />
zuständig, mit gelegentlichem Support<br />
durch die Hersteller. Frustration über<br />
schlechte Klassifikator-Performance fällt<br />
oft auf diese Mitarbeiter zurück, selbst<br />
wenn sie die Klassifikatoren im Rahmen<br />
der Möglichkeiten optimal einstellen.<br />
Erschwerend kommt zum Teil hinzu, dass<br />
die Technologien der Klassifikatoren<br />
Geschäftsgeheimnisse der Anbieter sind,<br />
und dass nur rudimentäre Optimierungstools<br />
zur Verfügung stehen. Die Verbesserung<br />
identifizierter Schwachstellen der<br />
Systeme ist in vielen Fällen praktisch nicht<br />
möglich.<br />
Sowohl in den Hersteller-Spezifikationen<br />
vieler kommerzieller Oberflächeninspektionssysteme<br />
als auch in der wissenschaftlichen<br />
Literatur finden sich durchweg<br />
hohe Angaben zur Klassifikationsgenauigkeit,<br />
oft in der Größenordnung von 95 %<br />
Bild 1. Deep-Learning-Technologie ist konventionellen Methoden zur Oberflächenfehler-Klassifikation überlegen (Bild: SST)<br />
Dr. Falk-Florian Henrich, Gründer und CEO; Dr. Otmar Jannasch, VP Metallurgy; Dr. Jan Daldrop, Machine Learning<br />
Engineer; Selim Arikan, Machine Learning Engineer, Smart Steel Technologies, Berlin.<br />
Kontakt: henrich@smart-steel-technologies.com<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
<strong>TECHNIK</strong> | 89<br />
und mehr. Dem steht drastisch gegenüber,<br />
dass die für Qualitätskontrolle zuständigen<br />
Mitarbeiter die Klassifikation in der Produktion<br />
als sehr unzuverlässig bewerten.<br />
Im Folgenden werden die wichtigsten<br />
Gründe für diese Diskrepanz erläutert und<br />
mögliche Lösungsansätze vorgestellt. Die<br />
Firma Smart Steel Technologies (SST) bietet<br />
eine Reihe von Softwaretools an, mit<br />
denen die Klassifikations-Performance in<br />
der Praxis entscheidend verbessert wird,<br />
ohne aufwendigen Austausch der<br />
bestehenden, oft hochwertigen Kamerasysteme,<br />
Bild 1.<br />
Training- und Test-Sets<br />
Zur Klassifikation der Defekte sind sogenannte<br />
Training- und Test-Sets mit Beispielbildern<br />
aller relevanten Oberflächenfehler<br />
erforderlich. Der Klassifikator wird<br />
mithilfe des Training-Sets trainiert und seine<br />
Performance wird auf dem Test-Set<br />
validiert. Eine gute Zusammenstellung der<br />
Training- und Test-Sets ist für die Klassifikations-Performance<br />
von zentraler Bedeutung.<br />
Einzelne Oberflächenfehlertypen kommen<br />
auf Flachstahlerzeugnissen in sehr<br />
unterschiedlichen Ausprägungen (Unterklassen)<br />
vor. Fehlen einzelne Varianten im<br />
Training-Set, werden diese vom Klassifikator<br />
nicht zuverlässig erkannt. Auf der anderen<br />
Seite sehen einzelne Ausprägungen<br />
unterschiedlicher Fehler (z.B. Schalen und<br />
Kratzer) zum Teil sehr ähnlich aus, die entsprechenden<br />
Grenzfälle sollten unbedingt in<br />
den Training- und Test-Sets enthalten sein.<br />
Das Aussehen der Bilder kann stark von<br />
weiteren Faktoren abhängen, vorwiegend<br />
von der Stahlsorte, aber auch von anderen<br />
Produktionsbedingungen (z.B. Zustand der<br />
Kamera, Dampf). Idealerweise sollte jede<br />
Fehlerklasse in der Gegenwart möglichst<br />
vieler dieser Faktoren repräsentiert sein,<br />
die Bilder sollten aus einem langen Produktionszeitraum<br />
stammen. Ein typischer<br />
Fehler ist, dass der Großteil der Bilder einzelner<br />
Klassen von einigen wenigen Bunden<br />
stammt. Es besteht die Gefahr, dass<br />
ein Klassifikator dann „lernt”, dass der<br />
Fehler nur in diesem Kontext auftritt.<br />
Wenn Training- und Test-Sets gemeinsam<br />
erstellt werden, führt die Validierung<br />
des Klassifikators auf den Testdaten oft zu<br />
einem hohen Ergebnis, da z.B. die im Training-Set<br />
fehlenden Ausprägungen einzelner<br />
Oberflächenfehler auch nicht im Test-<br />
Set enthalten sind. Werden Trainings- und<br />
Bild 2. Mit dem SST Training Set Optimizer können qualitativ hochwertige und<br />
repräsentative Training- und Test-Sets erzeugt werden (Bild: SST)<br />
Testdaten durch einen zufälligen Split aus<br />
einem Datensatz erzeugt, besteht zusätzlich<br />
die Gefahr, dass der Klassifikator z.B.<br />
fälschlicherweise Ölflecken nur auf Bändern<br />
einer bestimmten Stahlsorte erwartet,<br />
und dann auf dem Test-Set besonders<br />
gut performt, da Ölflecken hier ebenfalls<br />
nur auf dieser Stahlsorte vorkommen. Dieses<br />
Phänomen stellt in der Praxis ein großes<br />
Problem dar. In einigen Fällen realer<br />
Train-Test-Splits war es möglich bis zu<br />
80 % der Defekte im Test-Set nur anhand<br />
von Metadaten, wie Stahlsorte und Produktionszeitpunkt,<br />
also ohne Berücksichtigung<br />
des Bildes, korrekt vorherzusagen.<br />
In allen diesen Beispielen wird der Klassifikator<br />
also in der Produktion nicht gut<br />
funktionieren, obwohl in der Validierungsphase<br />
möglicherweise eine hohe Genauigkeit<br />
erzielt wurde.<br />
Nicht zuletzt ist die Größe der Datensätze<br />
ein maßgeblicher Faktor für die Klassifikationsgenauigkeit.<br />
Trotzdem sind viele<br />
Training- und Test-Sets in der Praxis relativ<br />
klein. Eine Investition in die Erstellung<br />
eines großen Datensatzes ist in jedem Fall<br />
lohnenswert, besonders, wenn moderne<br />
Klassifikator-Technologien eingesetzt werden,<br />
die in der Lage sind, die große Variabilität<br />
innerhalb der Klassen und die subtilen<br />
Unterschiede zwischen den Klassen<br />
vollständig anhand der Trainingsdaten zu<br />
abstrahieren.<br />
Die Firma Smart Steel Technologies<br />
hat mehrere Software-Tools zur Zusammenstellung<br />
guter Training- und Test-<br />
Sets entwickelt. Der „SST Training Set<br />
Optimizer“, Bild 2, ist ein statistisches<br />
Analysewerkzeug, das die Zusammenstellung<br />
von Training- und Test-Sets<br />
überwacht und so effizientes Hinzufügen<br />
von Defektbildern erlaubt. Neben<br />
der Klassenverteilung können z.B. der<br />
abgedeckte Produktionszeitraum sowie<br />
die Stahlsorten pro Klasse überwacht<br />
werden. Eine Train-Test-Korrelation wird<br />
automatisch anhand von Metadaten<br />
berechnet. Anstelle der Bewertung der<br />
Sets durch einige wenige Zahlen, wie<br />
z.B. die Gesamtzahl der Bilder, entsteht<br />
ein guter Überblick über den tatsächlichen<br />
Zustand.<br />
Zum schnellen Hinzufügen von Bildern<br />
hat die Firma Smart Steel<br />
Technologies eine Deep-Learning-basierte<br />
Bildsuchmaschine entwickelt,<br />
Bild 3, mit der Millionen von Defektbildern<br />
in Bruchteilen einer Sekunde auf<br />
visuelle Ähnlichkeit durchsucht werden<br />
können. Mithilfe der eingebauten Filter<br />
können so innerhalb eines Nachmittags<br />
selbst für seltene Oberflächenfehler<br />
Hunderte von Bildern für vorgegebene<br />
Stahlsorten und Produktionszeiträume<br />
gefunden und zum Training- oder Test-<br />
Set hinzugefügt werden.<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
90 | <strong>TECHNIK</strong><br />
Bild 3. Mit der Deep-Learning-basierten SST Image Search<br />
können Millionen von Defektbildern in Bruchteilen einer<br />
Sekunde durchsucht werden (Beispiel-Defekte: NEU<br />
dataset [10]) (Bild: SST)<br />
Defektverteilungen<br />
In der Stahlproduktion liegt ein signifikantes<br />
Klassenungleichgewicht vor: Einige<br />
Kategorien wie Pseudodefekte oder<br />
Schmutz treten sehr häufig auf, während<br />
schwerwiegende Fehler verhältnismäßig<br />
selten sind. Die Anforderung an den Klassifikator<br />
besteht also in erster Linie darin,<br />
die wenigen schweren Fehler in einer großen<br />
Menge von Bildern zu finden.<br />
Um das Problem zu veranschaulichen<br />
betrachten wir einen Klassifikator, der die<br />
Einteilung Schalenfehler/anderer Fehler<br />
mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 % korrekt<br />
vornimmt, angewendet auf 1.000<br />
Defektbilder eines Bundes, von denen 50<br />
tatsächlich eine Schale abbilden. Dann<br />
werden 45 von 50 Bildern korrekt als Schale<br />
klassifiziert. Von den 950 Bildern, die<br />
keine Schale zeigen, werden aber 95<br />
falsch-positiv als Schale erkannt. Insgesamt<br />
ordnet dieser Klassifikator<br />
also 140 Bilder<br />
der Kategorie Schale zu,<br />
von denen nur etwa ein<br />
Drittel wirklich eine Schale<br />
zeigen. Beim Anwender<br />
entsteht berechtigterweise<br />
der Eindruck, dass<br />
der Klassifikator nicht<br />
funktioniert.<br />
Effektiv diagnostiziert<br />
so ein System fast für<br />
jeden Bund schwere Fehler,<br />
sodass in der Regel<br />
eine manuelle Nachkontrolle<br />
erforderlich ist. Das<br />
Problem kann nicht einfach<br />
durch Verändern der<br />
Klassifikations-Schwellwerte<br />
gelöst werden, da<br />
dabei die Genauigkeit<br />
(Precision) immer auf<br />
Kosten der Sensitivität<br />
(Recall) erhöht wird. Zu<br />
geringe Sensitivität führt<br />
aber dazu, dass schwere<br />
Fehler unter Umständen<br />
nicht erkannt werden,<br />
und infolgedessen fehlerhafte<br />
Bunde freigegeben<br />
werden.<br />
Die Defektverteilung<br />
im Test-Set sollte mit<br />
Bedacht gewählt werden.<br />
Einerseits sollte das<br />
Test-Set die Produktion<br />
widerspiegeln, sodass<br />
gemessene Performance-Werte sich auf<br />
die Praxis übertragen. Das führt aber<br />
dazu, dass seltene, schwerwiegende<br />
Defekte für die Validierung keine große<br />
Rolle spielen, obwohl deren Erkennung<br />
möglicherweise im Zentrum der Bemühungen<br />
steht. Im Regelfall empfiehlt sich<br />
daher ein Mittelweg zwischen den beiden<br />
Extremen, also ein Test-Set, das einerseits<br />
die in der Produktion häufigen als<br />
auch die metallurgisch relevanten Defekte<br />
besonders berücksichtigt. Das Test-Set<br />
sollte außerdem „schwierig” genug sein,<br />
um z.B. eine Verbesserung durch Hinzunahme<br />
weiterer Trainingsdaten zu evaluieren.<br />
Mit dem SST Training Set Optimizer<br />
kann ein gutes Test-Set erzeugt werden,<br />
mit dem dann eine realistische Einschätzung<br />
der Klassifikator-Performance in der<br />
Produktion ermittelt werden kann, idealerweise<br />
unter Zuhilfenahme einer Konfusionsmatrix.<br />
Klassifikationstechnologie<br />
Wegen des Klassenungleichgewichts in<br />
der Produktion und wegen der Variabilität<br />
der Klassen bei gleichzeitiger Ähnlichkeit<br />
einzelner Unterklassen verschiedener<br />
Defektarten ist eine guter Klassifikator<br />
zwingende Voraussetzung für ein zuverlässiges<br />
Oberflächeninspektionssystem.<br />
Typische Oberflächeninspektionssysteme<br />
verwenden ausschließlich konventionelle<br />
Klassifikatoren. Diese extrahieren<br />
zunächst manuell konstruierte Bild-Features,<br />
die dann zur Klassifikation verwendet<br />
werden [1]. Die Features sind teilweise<br />
für den Einsatz auf vielen verschiedenen<br />
Materialien optimiert, wie z.B. Papier,<br />
Glas, Stoff, Stahl, Folie und Kunststoff.<br />
Unterscheiden sich Oberflächenfehler<br />
durch eine Eigenschaft, die im Rahmen<br />
dieser Features nicht abgebildet wird, können<br />
die Defekte vom Klassifikator nicht<br />
unterschieden werden. Zudem sind die<br />
Features oft Geschäftsgeheimnis, manuelles<br />
Hinzufügen weiterer Features ist<br />
ohne Weiteres nicht möglich.<br />
Mit der Veröffentlichung der Alex-<br />
Net-Architektur durch Krizhevsky, Sutskever<br />
und Hinton [2], die inzwischen in mehr<br />
als 40.000 wissenschaftlichen Publikationen<br />
zitiert wurde, begann 2012 eine neue<br />
Ära der Bildverarbeitung. Tiefe neuronale<br />
Netze erreichten 85 % Top-5-Klassifikationsgenauigkeit<br />
in der „ImageNet Large<br />
Scale Visual Recognition Challenge“, über<br />
10 % mehr als klassische Bilderkennungssysteme.<br />
Die neuesten Deep Convolutional<br />
Neural Networks (CNN) erreichen in<br />
demselben Benchmark eine Top-5-Genauigkeit<br />
von bis zu 98 % und übertreffen die<br />
Genauigkeit menschlicher Experten [3]. Es<br />
überrascht wenig, dass diese Technologie<br />
auch in der Stahloberflächeninspektion<br />
deutlich höhere Klassifikationsgenauigkeiten<br />
liefert als die oben beschriebenen, konventionellen<br />
Methoden [4...9].<br />
Smart Steel Technologies verwendet<br />
Deep-Learning-Technologie zur automatisierten<br />
Oberflächeninspektion und präzisen<br />
Defektklassifikation auf GPU-Servern. Die<br />
Firma entwickelt seit Langem spezielle<br />
CNN-Architekturen für die Klassifikation von<br />
Stahldefekten. Diese Deep-Learning-Systeme<br />
sind auf den gleichen Trainings- und Testdaten<br />
oft um mehr als 10 Prozentpunkte<br />
besser als klassische Systeme. Die Software<br />
kann mit Lesezugriff auf die Datenbank<br />
eines bestehenden Oberflächeninspektionssystems<br />
direkt in die Produktion integriert<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
<strong>TECHNIK</strong> | 91<br />
Bild 4. Mit SST-Software zum Material-Tracking werden die Oberflächen-Inspektionsergebnisse verschiedener Produktionslinien<br />
positionsgenau zusammengeführt (Bild: SST)<br />
werden, ohne dass teure Hardwarenachrüstungen<br />
erforderlich sind. Dieser Ansatz<br />
ermöglicht eine kostengünstige und schnelle<br />
Verbesserung der bestehenden Systeme.<br />
Die Klassifikator-Performance wird in enger<br />
Zusammenarbeit mit dem Kunden in der<br />
Produktion evaluiert und optimiert.<br />
Anders als bei vielen klassischen Verfahren,<br />
führt die Vergrößerung der Datenmenge<br />
bei der Verwendung von Deep- Learning-<br />
Technologie außerdem praktisch immer zu<br />
einer Verbesserung des Klassifikationsergebnisses.<br />
Während Anwender klassischer<br />
Systeme es zum Teil als frustrierend empfinden,<br />
wenn nach dem Hinzufügen einer<br />
größeren Datenmenge keine Verbesserung<br />
der Klassifikation beobachtet wird, können<br />
Deep-Learning-Systeme stets punktgenau<br />
verbessert werden. Werden zwei Defekttypen<br />
oft verwechselt, genügt es z.B. in der<br />
Regel, einige Bilder dieser beiden Kategorien<br />
zum Training-Set hinzuzufügen.<br />
Verschiedene Produktionslinien<br />
In den meisten Werken, die hochpreisige<br />
Flachstahlerzeugnisse fertigen, sind<br />
mehrere Oberflächeninspektionssysteme<br />
an verschiedenen Fertigungsstraßen<br />
installiert, Bild 4, teilweise von unterschiedlichen<br />
Herstellern. Einige Stahlproduzenten<br />
verfolgen Eigenentwicklungen,<br />
aber die Ergebnisse der Oberflächeninspektionssysteme<br />
verschiedener Anlagen<br />
werden fast immer unabhängig voneinander<br />
ausgewertet. Insbesondere kommunizieren<br />
die Klassifikatoren nicht miteinander.<br />
Die Tatsache, dass bereits in<br />
einem vorherigen Prozessschritt an einer<br />
bestimmten Stelle z.B. ein Schalenfehler<br />
festgestellt wurde, ist jedoch eine wichtige<br />
Information zur besseren Klassifikation.<br />
Auch einige globale Bundinformationen,<br />
wie z.B., dass auf einem bestimmten<br />
Bund in einem vorhergehenden Schritt<br />
eine hohe Rate an nichtmetallischen Einschlüssen<br />
beobachtet wurde, verbessern<br />
die Klassifikation in späteren Fertigungsstraßen.<br />
Smart Steel Technologies bietet flexible<br />
Software zum Material-Tracking an, die<br />
es erlaubt, die Inspektionsergebnisse verschiedener<br />
Systeme zu kombinieren. Die<br />
Defektpositionen werden unter Berücksichtigung<br />
von Bandlagentransformationen,<br />
Schopf- und Besäumscheren sowie<br />
dem Teilen und Zusammenschweißen von<br />
Bunden positionsgenau übereinandergelegt,<br />
Bild 4. Dadurch können die detektierten<br />
Defekte aller relevanten Oberflächeninspektionssysteme<br />
einerseits zusammen<br />
in einer zentralen Coil Map betrachtet werden,<br />
andererseits können die SST-Klassifikatoren<br />
auf die Inspektionsergebnisse<br />
vorhergehender Prozessschritte zugreifen,<br />
wodurch ein verbessertes Klassifikationsergebnis<br />
erreicht wird.<br />
Literatur<br />
[1] Neogi, N.; Mohanta, D. K.; Dutta, P. K.: Review<br />
of vision-based steel surface inspection systems,<br />
EURASIP, J. Image Vide. 2014:50, 2014.<br />
[2] Krizhevsky, A.; Sutskever, I.; Hinton, G. E.: Imagenet<br />
classification with deep convolutional neural<br />
networks, NeurIPS, 2012, S. 1097/<strong>11</strong>05<br />
[3] He, K.; Zhang, X.; Ren, S.; Sun, J.: Delving deep<br />
into rectifiers: Surpassing human-level performance<br />
on imagenet classification, Proc. IEEE<br />
Comput. Soc. Conf. 2015, S. 1026/34.<br />
[4] Masci, J.; Meier, U.; Ciresan, D.; Schmidhuber,<br />
J.: Fricout, G.: Steel defect classification with<br />
max-pooling convolutional neural networks,<br />
IJCNN 2012, S. 1/6.<br />
[5] Masci, J.; Meier, U.; Fricout, G.; Schmidhuber,<br />
J.: Multi-scale pyramidal pooling network for<br />
generic steel defect classification, IJCNN 2013,<br />
S. 1/8<br />
[6] Yi, L.; Li, G.; Jiang, M.: Steel Res. Int. 88 (2017)<br />
Nr. 2, S. 160/68.<br />
[7] Zhou, S.; Chen, Y.; Zhang, D.; Xie, J.; Zhou, Y.:<br />
Mater. Techn. 51 (2017) Nr. 1, S. 123/31.<br />
[8] Arikan, S.; Varanasi, K.; Stricker, D: Surface Defect<br />
Classification in Real-Time Using Convolutional<br />
Neural Networks, arXiv:1904.04671, <strong>2019</strong>.<br />
[9] Kostenetskiy, P.; Alkapov, R.; Vetoshkin, N.; Chulkevich,<br />
R.; Napolskikh, I.; Poponin, O.: FME<br />
Transactions 47 (<strong>2019</strong>), S. 765/74.<br />
[10] Song, K.; Yan, Y.: Appl. Surf. Sci. 285 (2013), S.<br />
858/64.<br />
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<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
92 | <strong>TECHNIK</strong><br />
10. Euroslag-Konferenz fordert fairen Umgang mit Eisenhüttenschlacken<br />
Sekundärrohstoffe schonen natürliche<br />
Ressourcen<br />
Die Botschaft der 10. Euroslag-Konferenz „Slag based products – best practices for circular economy“ vom 8.<br />
bis <strong>11</strong>. Oktober <strong>2019</strong> in Thessaloniki war deutlich: Der verstärkte Einsatz von Baustoffen und Düngemitteln aus<br />
Eisenhüttenschlacken würde die Kreislaufwirtschaft noch stärker fördern und weitere natürliche Ressourcen<br />
schonen – Ziele, die sowohl die UNO als auch die EU einfordern. Die Umsetzung scheitert jedoch häufig an den<br />
politischen Rahmenbedingungen, die die Verwendung von schlackenbasierten Produkten unnötig einschränken.<br />
Dieser Themenkomplex stand im Fokus der Diskussionen und Vorträge der Euroslag, zu der 130 Teilnehmer aus<br />
29 Ländern kamen – unter ihnen Hersteller und Vermarkter von Eisenhüttenschlacken, Vertreter von Politik,<br />
Verwaltung und Verbänden sowie Wissenschaftler.<br />
In Euroslag mit Sitz in Duisburg sind 26<br />
Organisationen und Unternehmen aus 16<br />
Ländern zusammengeschlossen, darunter<br />
aus Deutschland das FEhS-Institut<br />
und der Fachverband Eisenhüttenschlacken.<br />
Als europäisches Netzwerk für die<br />
Produktion, Verwendung und Entwicklung<br />
von Eisenhüttenschlacken und schlackenbasierten<br />
Produkten stehen bei Euroslag<br />
Forschung und Technologie, die europäische<br />
Standardisierung sowie die interne<br />
und externe Kommunikation im Fokus der<br />
Tätigkeiten.<br />
Um die Erkenntnisse aus Theorie und<br />
Praxis möglichst effektiv umsetzen zu können,<br />
wurde bei der Euroslag das bereits im<br />
Rahmen der letzten Konferenz 2017 in Metz<br />
eingeführte Format der Podiumsdiskussion<br />
mit politischen Entscheidungsträgern fortgesetzt.<br />
Die zentralen Anliegen der Veranstalter<br />
waren dabei zum einen die Wiederherstellung<br />
des Gleichgewichts zwischen<br />
den berechtigten Ansprüchen an Bodenund<br />
Gewässerschutz auf der einen und der<br />
Förderung von Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschonung<br />
durch den Einsatz von<br />
Eisenhüttenschlacken auf der anderen Seite.<br />
Zum anderen wurde die bevorzugte<br />
Behandlung von Sekundärrohstoffen bei<br />
öffentlichen Baumaßnahmen erörtert.<br />
Grundlegende Voraussetzung hierfür wäre<br />
eine Novellierung der europäischen<br />
Abfall-Rahmenrichtlinie. In Deutschland<br />
haben die Forderungen der Hersteller von<br />
Eisenhüttenschlacke bereits Eingang in den<br />
vorliegenden Entwurf zur Novellierung des<br />
Kreislaufwirtschaftsgesetzes gefunden.<br />
In der zweiten Session der Konferenz<br />
„Utilization and best practices“ standen<br />
bei zehn Vorträgen und Diskussionen die<br />
Verarbeitung und die spezifischen Eigenschaften<br />
von Eisenhüttenschlacken sowie<br />
Erfahrungen beim Einsatz von Baustoffen<br />
und Düngemitteln in der Praxis im Mittelpunkt.<br />
Abschließend präsentierten zehn<br />
Experten aktuelle Projekte zum Thema<br />
„Research and innovation“, unter anderem<br />
zur weiteren Optimierung von schlackenbasierten<br />
Produkten.<br />
„Die 10. Euroslag hat gezeigt, dass die<br />
Verwendung von Eisenhüttenschlacke in<br />
Baustoffen und Düngemitteln in Europa<br />
ein wichtiger Baustein ist, um ökonomisch<br />
und ökologisch zu wirtschaften. Umso<br />
unverständlicher ist es daher für uns, dass<br />
viele bestehende Rahmenbedingungen<br />
eine verstärkte Nutzung dieses Sekundärrohstoffs<br />
nach wie vor ausbremsen. Wir<br />
sind aber optimistisch, dass zukünftige<br />
politische Entscheidungen auf europäischer<br />
Ebene in eine andere Richtung<br />
gehen und bessere Voraussetzungen<br />
schaffen, um das große Potenzial dieses<br />
Minerals aus der Stahlindustrie ausschöpfen<br />
zu können“, sagt Thomas Reiche, Vorstandsvorsitzender<br />
von Euroslag.<br />
Der Einsatz von Baustoffen und Düngemitteln aus Eisenhüttenschlacken würde die Kreislaufwirtschaft<br />
noch stärker fördern und weitere natürliche Ressourcen schonen (Foto: FEhS)<br />
• FEhS-Institut für Baustoff-Forschung<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
<strong>TECHNIK</strong> | 93<br />
Inkrementaler Drehgeber für sichere Heavy-Duty-Drehzahlmessung<br />
Mit dem sicherheitszertifizierten Drehgeber<br />
FG(H) 41 erweitert Johannes<br />
Hübner Fabrik elektrischer Maschinen<br />
GmbH aus Gießen sein Angebot an<br />
inkrementalen Drehgebern um eine Baureihe<br />
speziell für die sichere Drehzahlmessung<br />
(SIL 2 / PL d bzw. SIL 3 / PL e).<br />
Er ist wahlweise in Hohlwellenbauform<br />
(20 mm) oder Vollwelle (14 mm) für Flanschoder<br />
Fußanbau erhältlich und verfügt über<br />
integrierte Diagnosefunktionen zur Eigenüberwachung.<br />
FG(H)-41-Drehgeber eignen<br />
sich für geschwindigkeitsorientierte (SIL 3)<br />
und lageorientierte (SIL 2) Sicherheitsfunktionen.<br />
Sie liefern bis zu 4.096 Impulse HTL,<br />
TTL oder Sin/Cos. Der Kabelanschluss erfolgt<br />
entweder über einen M23-Stecker oder per<br />
Klemmleiste im radialen Klemmkasten.<br />
Ergänzt um die ebenfalls sicherheitszertifizierten<br />
mechanischen Anbauteile bietet<br />
das Unternehmen optimal aufeinander<br />
abgestimmte Systemlösungen. Für den<br />
Hohlwellenanbau mit Fehlerausschluss<br />
stehen passende Adapterwellen und Drehmomentstützen<br />
zur Verfügung. Der Vollwellenanbau<br />
lässt sich gut mit den sicherheitszertifizierten<br />
Kupplungen sowie bei<br />
Flanschanbau mit den passend ausgelegten<br />
Zwischenflanschen umsetzen.<br />
Mit den sicheren Ausgangssignalen des<br />
FG(H) 41 können in Verbindung mit einem<br />
zertifizierten Drehzahlwächter oder einer<br />
Sicherheitssteuerung verschiedene Sicherheitsfunktionen,<br />
wie z.B. Safely-Limited<br />
Speed (SLS) oder Safe Speed Monitoring<br />
(SSM) für die sichere Drehzahlüberwachung<br />
realisiert werden.<br />
Alternativen dazu sind der elektronische<br />
Grenzdrehzahlschalter EGS 41 und das Universal-Drehgeber-System<br />
U-One-Safety. Mit<br />
diesen SIL-zertifizierten Subsystemen lassen<br />
sich Sicherheitsfunktionen wie SLS oder<br />
SSM auch ohne zusätzliche Sicherheitssteuerungen<br />
oder Drehzahlwächter realisieren.<br />
• Johannes Hübner Fabrik elektrischer<br />
Maschinen<br />
Zertifizierter Hohlwellen-Drehgeber FGH<br />
41 für die sichere Drehzahlmessung bei<br />
extremen Umgebungsbedingungen (Foto:<br />
Johannes Hübner)<br />
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<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong><br />
24.07.2008 17:39:22 Uhr
94 | <strong>STAHL</strong>VERARBEITUNG<br />
Dango & Dienenthal: Materialeffizienz beim Ringwalzen<br />
Ringtrennmaschine wird zum<br />
Bearbeitungszentrum<br />
Dango & Dienenthal Maschinenbau GmbH aus Siegen hat gemeinsam mit dem Maschinenbauunternehmen<br />
Klaaßen Maschinenbau GmbH die Ringtrennmaschine RTM 30-8 entwickelt, die nach dem Walzen aus den so<br />
entstehenden Hülsen einzelne Ringe schneidet. Sie reduziert den Materialeinsatz und die Bearbeitungsdauer<br />
drastisch. Mit Anbaumodulen wird sie zu einem Bearbeitungszentrum, das mehrere Funktionen wie Drehen,<br />
Fräsen oder Bohren oder die Ultraschallprüfung in einer Aufspannung ausführt.<br />
Im Vergleich mit dem Walzen einzelner<br />
Ringe bringt das Walzen von Hülsen – die<br />
in der Branche auch Mehrfach-Schmiedestücke<br />
genannt werden – bereits deutliche<br />
Vorteile. Bisher wurden die Einzelringe<br />
auf Karusselldrehmaschinen mit<br />
einem Einstichmeißel von den Hülsen<br />
abgetrennt.<br />
Dieses Verfahren ist jedoch wegen der<br />
niedrigen Schnittgeschwindigkeit, des<br />
hohen Verschleißes des Werkzeuges und<br />
des wiederholten Herausfahrens des<br />
Drehmeißels für die Abfuhr der Späne zeitaufwendig.<br />
Außerdem ist die radiale Einstichtiefe<br />
– und somit die maximale Wanddicke<br />
der Hülsen – auf etwa 80 mm<br />
begrenzt.<br />
Aufbauend auf den Erfahrungen mit<br />
einem Prototyp, haben Dango &<br />
Dienenthal und Klaaßen ein neues<br />
Maschinenkonzept entwickelt. Die grundlegende<br />
Innovation ist, dass die Einzelringe<br />
nicht mehr durch Einstichdrehen<br />
getrennt, sondern gesägt werden. Die<br />
erste Maschine wurde bereits gebaut<br />
und ist bei Klaaßen im Einsatz.<br />
Sägen spart Material und bringt<br />
Präzision<br />
Der Übergang vom Drehen auf das Sägen<br />
bringt – speziell bei dünnen Ringen – eine<br />
Einsparung an Material im Bereich von 30<br />
bis 50 % mit sich. Durch die hohe Präzision<br />
der Säge, die geringe Dicke des Sägeblattes<br />
und die ausgezeichnete Planparallelität<br />
der Trennlinge können auch die<br />
bisher notwendigen Bearbeitungszugaben<br />
drastisch reduziert werden.<br />
Außerdem ergibt sich beim Trennen<br />
eine Zeitersparnis von bis zu 60 % bei Stahl<br />
und 90 % bei hochfesten Werkstoffen wie<br />
Titan oder Nickelbasiswerkstoffen. Für das<br />
Trennen von beispielsweise sechs Einzelringen<br />
aus einer Hülse errechnet sich darüber<br />
hinaus eine Reduktion der unproduktiven<br />
Nebenzeiten von mehr als 40 %.<br />
Der Übergang auf das Sägen bringt es<br />
auch mit sich, dass das Material im Schnittspalt<br />
kaum erwärmt wird, außerdem erzeugt<br />
das Sägeblatt prinzipbedingt eine deutlich<br />
höhere Oberflächengüte und gleichzeitig<br />
eine so hohe Planparallelität der Oberflächen<br />
der fertigen Ringe, dass praktisch keine<br />
mechanische Nacharbeit erforderlich ist.<br />
Im Vergleich mit Einstichmeißeln weist<br />
das Sägeblatt eine deutlich höhere Standzeit<br />
auf. Außerdem bietet das Sägen eine<br />
höhere Arbeitssicherheit als das Einstichdrehen,<br />
da anstelle eines großen viele kleine<br />
Späne entstehen, die vom sich drehenden<br />
Sägeblatt sofort aus dem Spalt<br />
gefördert werden.<br />
Bearbeitungszentrum<br />
Die neue Ringtrennmaschine RTM 30-8 nutzt das Material effizienter und reduziert den<br />
Zeitbedarf für das Trennen drastisch (Foto: Dango & Dienenthal Maschinenbau)<br />
Boris Marcukaitis, Vertriebsingenieur, Dango & Dienenthal Maschinenbau<br />
GmbH, Siegen.<br />
boris.marcukaitis@dango-dienenthal.de<br />
Alle Vorteile spielt die Ringtrennmaschine<br />
aus, wenn sie als Bearbeitungszentrum<br />
eingesetzt wird: Mit mehreren<br />
Anbaumodulen kann sie in einer Aufspannung<br />
viele Funktionen erfüllen, die bei<br />
der Herstellung von Einzelringen aus Hülsen<br />
bisher in verschiedenen Arbeitsschritten<br />
und auf verschiedenen Maschinen<br />
ausgeführt werden mussten und so<br />
erhebliche unproduktive Nebenzeiten<br />
verursachten.<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
<strong>STAHL</strong>VERARBEITUNG | 95<br />
„Allein der Übergang vom Drehen auf das Sägen bringt deutliche<br />
Vorteile in Bezug auf Materialeinsparung, Qualität, Effizienz und Kosten<br />
mit sich. Das toppen wir noch, indem wir in derselben Aufspannung<br />
weitere Prozessschritte erledigen.“<br />
Boris Marcukaitis, Vertriebsingenieur bei Dango & Dienenthal<br />
Am Ständerschlitten kann ein Drehstahlhalter<br />
sowie ein Ultraschall-Prüfkopf<br />
oder Bohr- und Fräsköpfe angebracht<br />
werden. So wird es möglich, die<br />
Hülse zunächst zu überdrehen und<br />
anschließend die Ultraschallprüfung der<br />
einzelnen Ringsegmente durchzuführen.<br />
Auf diese Weise werden Abschnitte der<br />
Hülse, die die geforderten Spezifikationen<br />
nicht erfüllen, frühzeitig erkannt und<br />
eine Weiterverarbeitung, die unwirtschaftlich<br />
wäre, in diesem Falle nicht<br />
durchgeführt.<br />
Allein der Übergang vom Drehen auf<br />
das Sägen bringt bereits deutliche Vorteile<br />
in Bezug auf Materialeinsparung, Qualität,<br />
Effizienz und Kosten mit sich. Hinzu<br />
kommt, dass die Maschine in derselben<br />
Aufspannung weitere Prozessschritte ausführt.<br />
So stellt eine einzige Anlage Ringe<br />
her, die vorher in aller Regel auf drei unterschiedlichen<br />
Maschinen bearbeitet werden<br />
mussten.<br />
Zu Beginn des Prozesses wird die Hülse<br />
auf die Planscheibe aufgelegt und mit<br />
Spannkästen fixiert. Das obere Ende der<br />
Hülse – aus dem der spätere Einzelring<br />
entsteht – wird mit einem Spannstern, der<br />
auf die entsprechende Höhe eingestellt<br />
wird, ebenfalls eingespannt. So bleibt die<br />
Höhe des Sägespaltes während des Trennvorgangs<br />
erhalten.<br />
Zu diesem Zeitpunkt kann die Außenwand<br />
der Hülse über ihre gesamte Höhe<br />
abgedreht und geprüft werden. Anschließend<br />
wird der Teilring gesägt. Da er durch<br />
den Spannstern fixiert ist, fällt er am Ende<br />
des Sägevorganges nicht auf die Hülse,<br />
sondern kann angehoben werden. So<br />
wird der Abtransport mit einem Kran<br />
deutlich vereinfacht. Der Spannstern wird<br />
auf die Position des nächsten Teilringes<br />
heruntergefahren und der Prozess beginnt<br />
erneut.<br />
Ein wesentlicher Vorteil der Planscheibe<br />
ist, dass die Ringe im Liegen bearbeitet<br />
werden. So ist die Arbeitssicherheit<br />
sowohl beim Beladen der Maschine als<br />
auch beim Abheben der Teilringe hoch.<br />
Auch beim letzten Schnitt bleibt der Teilring<br />
fest eingespannt.<br />
Die Maschine trennt Ringe mit einer Höhe bis hinab zu 4,5 mm (Foto: Dango & Dienenthal<br />
Maschinenbau)<br />
Die Ringtrennmaschine als Bearbeitungszentrum: In derselben Aufspannung wird auch<br />
gefräst, gebohrt und geprüft (Foto: Dango & Dienenthal Maschinenbau)<br />
Die technischen Daten<br />
Das Spannsystem nimmt Hülsen mit<br />
einem Durchmesser von 800 bis<br />
3.000 mm und mehr und einer Höhe von<br />
bis zu 1.000 mm auf. Sie können bis zu<br />
20 t wiegen, die einzelnen abzutrennenden<br />
Ringe bis zu 3 t. Das Sägen mit einem<br />
Sägeblatt ermöglicht eine radiale Trenntiefe<br />
von bis zu 550 mm.<br />
Das Sägen ermöglicht es, Ringe mit<br />
einer Höhe von nur 15 bis 20 mm herzustellen,<br />
was vorher mit dem Einstichdrehen<br />
nicht möglich war. Werden Sonderspannmittel<br />
– beispielsweise verlorene Backen<br />
– verwendet, können Ringe mit einer Höhe<br />
von weniger als 4,5 mm getrennt werden.<br />
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<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
96 | <strong>STAHL</strong>VERARBEITUNG<br />
Neu entwickelte Schmiedepresse bei Automobilzulieferer in Betrieb<br />
Servopresse in kompakter Bauweise mit<br />
Quer- statt Längswellenantrieb<br />
Ein neues Antriebskonzept, das aufgrund geringerer Schwingungen für einen ruhigeren Betrieb sorgt: Diese<br />
Bilanz zieht der Automobilzulieferer Hirschvogel rd. ein Jahr nach dem Produktionsstart auf einer Servopresse in<br />
kompakter Bauweise, die in Zusammenarbeit mit Schuler neu entwickelt wurde. Bei der im Vergleich zu den<br />
Vorgängermodellen schnelleren Anlage, die bei der Hirschvogel-Gruppe installiert wurde, handelt es sich um die<br />
erste ihrer Art mit Quer- statt Längswellenantrieb. Zwei gegenläufig drehende Exzenterräder im Kopfstück<br />
gleichen die Massenkräfte aus, wodurch eine verbesserte Laufruhe und höhere Präzision erreicht wird.<br />
D<br />
urch die weit auseinanderliegenden<br />
Druckpunkte vergrößert sich außerdem<br />
der Werkzeugeinbauraum in<br />
Durchlaufrichtung. Dadurch entsteht Platz<br />
für eine weitere Umformstufe, die auch die<br />
Produktion von komplexeren Schmiedeteilen<br />
erlaubt. Der Querwellenantrieb führt<br />
darüber hinaus zu einer höheren Kippsteifigkeit<br />
der Presse und geringeren Durchbiegung<br />
der beiden Kurbelwellen und<br />
damit zu einer geringeren Auffederung der<br />
gesamten Maschine.<br />
Mit den vier leistungsfähigen Servomotoren<br />
der neuen Presse ist die<br />
Geschwindigkeit, mit der sich das Oberwerkzeug<br />
dem Werkstück nähert und<br />
sich wieder von ihm entfernt, exakt regelbar.<br />
So lässt sich in der Umformung Vollgas<br />
geben und beim Sprühen sowie<br />
Transportieren der Teile abbremsen. Um<br />
die thermische Belastung für das Aktivwerkzeug<br />
niedrig zu halten, kann die<br />
Druckberührzeit so kurz wie möglich ausfallen,<br />
ohne auf Kosten der Kühl- und<br />
Transportzeit zu gehen.<br />
Die Servo-Direkt-Technologie des neuen<br />
Pressentyps erlaubt die individuelle<br />
Anpassung an den jeweiligen Umformprozess<br />
und kann so eine hohe Ausbringung<br />
garantieren. Gleichzeitig wird mit dem<br />
Energiemanagementsystem bei jedem<br />
Hub Energie gespart, da diese nur dann<br />
eingebracht wird, wenn sie benötigt wird.<br />
Auch die Tischauswerfer der Anlage verfügen<br />
über einen eigenständigen Servomotor<br />
und sind nicht mehr, wie bei bisherigen<br />
Pressen, mechanisch mit dem<br />
Hauptantrieb gekoppelt. Das erhöht die<br />
Flexibilität für den Teiletransport mit dem<br />
hochdynamischen Zwei-Balken-Transfer<br />
und beschleunigt den Produktionsprozess<br />
zusätzlich.<br />
Nach Angaben von Hirschvogel läuft<br />
die Anlage sehr zufriedenstellend. Das<br />
6.000-Mitarbeiter-Unternehmen, das im<br />
Bereich Massivumformung zu den größten<br />
Automobilzulieferern weltweit gehört und<br />
im vergangenen Jahr 376.000 t an Bauteilen<br />
produzierte, zählt mittlerweile zwölf<br />
Maschinen des Pressenherstellers aus<br />
Göppingen.<br />
• Schuler<br />
Zwei gegenläufig drehende Exzenterräder im Kopfstück gleichen die Massenkräfte aus<br />
und verbessern Laufruhe sowie Präzision (Foto: Schuler)<br />
Nach Angaben des Automobilzulieferers<br />
Hirschvogel läuft die Anlage sehr zufriedenstellend<br />
(Foto: Schuler)<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
Günther + Schramm erweitert<br />
Servicekapazitäten mit<br />
Hochleistungsglühofen<br />
Die Günther + Schramm GmbH aus Oberkochen setzt<br />
die Modernisierung ihres Maschinenparks fort. Der<br />
Systemdienstleister für Stahl, Edelstahl und Aluminium<br />
investiert rd. 65.000 € in einen weiteren Hochleistungsglühofen.<br />
Kurznachricht<br />
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26.08.2008 8:52:14 U<br />
Günther + Schramm investiert rd. 65.000 € in einen<br />
weiteren Hochleistungsglühofen am Standort<br />
Königsbronn (Foto: Günther + Schramm)<br />
Die neue Anlage unterstützt mit ihrem hohen Beladevolumen<br />
und der exakten Prozesssteuerung für den optimalen<br />
Glühvorgang verschiedener Materialien die effiziente<br />
Prozessabwicklung bei Günther + Schramm.<br />
Um die permanent steigende Nachfrage nach Serviceleistungen<br />
abzudecken, erweitert das Unternehmen kontinuierlich<br />
seinen Maschinenpark. Der neue Glühofen ist<br />
Teil des Bearbeitungszentrums in Königsbronn. Ein Fassungsvermögen<br />
von bis zu 1.000 kg und ein Nutzraum von<br />
800 mm · 1.400 mm · 800 mm (B · T · H) machen kundenspezifische<br />
Glühvorgänge bei bis zu 850 °C möglich. Die<br />
Anlage wird insbesondere für die Bearbeitung von Gusseisen,<br />
Aluminium, Kupfer/Kupferlegierungen, Vergütungsstählen<br />
und handelsüblichem Stahl eingesetzt. Dabei<br />
unterstützt der Glühofen u.a. die Prozesssteuerung für<br />
den optimalen Glühvorgang der verschiedenen Materialien<br />
und optimiert die Prozessdokumentation.<br />
Weiteren Mehrwert bringt die neue Anlage am Standort<br />
Königsbronn mit Blick auf den ökologischen Fußabdruck<br />
des Dienstleisters. Das große Beladevolumen des Ofens<br />
macht eine effektivere Auftragsabwicklung möglich,<br />
wodurch erheblich Energie eingespart wird. Transportwege<br />
zwischen verschiedenen Standorten entfallen zusätzlich,<br />
sodass außerdem CO 2 -Emissionen reduziert werden.<br />
Mit insgesamt drei Glühöfen an verschiedenen Standorten<br />
ist der Systemdienstleister für zunehmende Kundenanfragen<br />
gerüstet. „Wir garantieren unseren Kunden<br />
die Auftragsbearbeitung just in time. Ein leistungsfähiger<br />
Maschinenpark ist dafür eine wichtige Voraussetzung“,<br />
so Geschäftsführer Bernd Seibold.<br />
• Günther + Schramm<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
98 | <strong>STAHL</strong>VERARBEITUNG<br />
Schwing: Partielle Wärmebehandlung von Walzen, Extruderschnecken und Räumwerkzeugen<br />
Schnelle Wirbelbetttechnik sichert hohe<br />
Werkzeugqualität<br />
Walzen, Extruderschnecken oder Räumwerkzeuge: Sie alle zeichnen sich durch unterschiedlichste<br />
Beanspruchungsbereiche mit spezifischen mechanischen Eigenschaften aus. Um die gewünschten Merkmale<br />
individuell einstellen zu können, müssen die entsprechenden Bereiche separat angelassen werden. So etwa<br />
jene Werkzeugflächen, die zur Kraftübertragung dienen. Sie sind z.B. größeren Torsionskräften und hoch<br />
dynamischen Beanspruchungen ausgesetzt und benötigen eine besondere Zähigkeit. Durch intensivere<br />
Verschleißbelastungen fordern andere Arbeitsflächen eine höhere Festigkeit ein.<br />
U<br />
m die exakt richtigen Eigenschaften<br />
gezielt, sicher und umweltfreundlich<br />
einstellen zu können, ist eine ausgefeilte<br />
Technologie gefragt. „Genau das bieten<br />
unsere Wirbelbettanlagen“, erklärt<br />
Wärmebehandlungsexperte Andreas<br />
Guderjahn von Schwing Technologies<br />
GmbH aus Neukirchen-Vluyn. „Hohe Temperaturgleichförmigkeit<br />
sind ihre besonderen<br />
Vorteile. Zudem bieten sie beste<br />
Wärmeübertragungseigenschaften und<br />
zeichnen sich durch besonders homogene<br />
Wärmeverteilung aus.“<br />
Walzen, Extruderschnecken oder auch<br />
Räumwerkzeuge können problemlos mit<br />
dem anzulassenden Zapfen oder Schaft des<br />
Werkzeugs ins Wirbelbett eingetaucht werden.<br />
Die Anlagen von Schwing sichern<br />
dabei gleichbleibende Qualität. Weitere Vorteile<br />
für Kunden sind die kurzen Prozesszeiten<br />
und die flexiblen Chargiermöglichkeiten.<br />
Anders als etwa beim Induktionsverfahren,<br />
bei dem individuelle Spulen verwendet werden<br />
müssen, können in ein und demselben<br />
Wirbelbett Teile unterschiedlicher Form und<br />
Abmessung wärmebehandelt werden. Hier<br />
garantieren die Systeme des Unternehmens<br />
höchste Temperaturgenauigkeit für alle relevanten<br />
Arbeitsbereiche und die Reproduzierbarkeit<br />
jedes einzelnen Prozesses.<br />
Partielle Wärmebehandlung von<br />
Walzen<br />
Walze unmittelbar nach dem partiellen<br />
Anlassen im Schwing-Wirbelbett bei der SSC<br />
Werkstofftechnik (Foto: SSC Werkstofftechnik)<br />
Davon profitiert auch die in Lüdenscheid<br />
ansässige SSC Werkstofftechnik GmbH. Seit<br />
mehreren Jahren arbeitet das Unternehmen<br />
mit Wirbelbettanlagen von Schwing. Dirk<br />
Pritschke ist Geschäftsführer der SSC und<br />
schätzt an der Wärmebehandlung im Wirbelbett<br />
vor allem, dass er die Walzen seiner Kunden<br />
innerhalb kürzester Zeit bei der<br />
gewünschten Temperatur partiell anlassen<br />
kann. „Für uns ist wichtig, dass die Qualität<br />
stimmt und dass wir als Dienstleister schnell<br />
und präzise arbeiten und flexibel reagieren<br />
können“, betont Pritschke.<br />
Die Anlagen werden indirekt über Elektroheizungen<br />
beheizt und sind über einen großen<br />
Temperaturbereich von Raumtemperatur<br />
bis 1.050 °C einsetzbar. Feinkörniges Aluminiumoxid<br />
wird mit Druckluft oder einem anderen<br />
Gas in einer Prozesskammer fluidisiert,<br />
sodass die so entstehende Wirbelschicht<br />
nicht nur hoch wärmeleitfähig ist, sondern<br />
aufgrund ihrer Masse auch über eine besondere<br />
Wärmekapazität verfügt. „Die Walzen<br />
lassen sich ganz unkompliziert in das Wirbelbett<br />
eintauchen. Wir können sie dann sehr<br />
präzise mit der gewünschten Temperatur<br />
behandeln. Der Prozess ist schnell durchführbar<br />
und die Ergebnisse sind jederzeit reproduzierbar“,<br />
weiß Pritschke.<br />
• Schwing Technologies<br />
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<strong>STAHL</strong>VERARBEITUNG | 99<br />
Lauble presst mit Anlagen von Ruf Maschinenbau Späne zu handlichen Briketts<br />
Brikettieren optimiert die Spänelogistik<br />
Mit inzwischen zwei Brikettierpressen der Ruf Maschinenbau GmbH & Co. KG aus Zaisertshofen vereinfacht<br />
der Drehteilespezialist Lauble GmbH das Handling der anfallenden Späne enorm. Durch den Umstieg vom<br />
Zentrifugieren zum Verpressen der Späne spart das Unternehmen viel Platz ein und reduziert gleichzeitig den<br />
logistischen Aufwand.<br />
D<br />
ie Lauble GmbH in Dunningen hat<br />
sich durch komplexe, mit höchster<br />
Präzision gefertigte Drehteile etabliert.<br />
Zuverlässig beliefert das Familienunternehmen<br />
mit 50 Mitarbeitern Kunden<br />
aus dem Maschinenbau und anderen Branchen.<br />
Bei der Drehbearbeitung fallen jährlich<br />
rd. 220 t Späne, hauptsächlich Stahl,<br />
an. Hier schaffte Lauble schon im Jahr<br />
2006 mit Inbetriebnahme der ersten Brikettierpresse<br />
von Ruf einen Quantensprung.<br />
Seit 2018 trägt die Firma dem<br />
Wachstum und den steigenden Anforderungen<br />
mit einer zweiten, deutlich leistungsstärkeren<br />
Ruf-Anlage Rechnung.<br />
Volumenreduzierung war der<br />
entscheidende Faktor<br />
„Für uns war die enorme Volumenreduzierung<br />
der entscheidende Grund, mit<br />
dem Brikettieren zu beginnen“, berichtet<br />
Timo Auber, einer der Geschäftsführer<br />
von Lauble. Dadurch wurden Abläufe<br />
optimiert und durch verschiedenste<br />
Effekte Kosten reduziert. „Wir mussten<br />
keinen Platz mehr vorhalten für die großen<br />
Spänecontainer oder Rangierraum<br />
für Lkw, die unsere Container abholten.“<br />
Darüber hinaus verringerte sich der<br />
Staplerverkehr deutlich und das Unternehmen<br />
kann seither auch auf ein wasserdichtes<br />
Becken verzichten, das zur<br />
Lagerung der mit Schneidöl behafteten<br />
Späne diente.<br />
Die erste, kleinere Presse – eine Ruf<br />
5,5/3700/60x40 – ist ausgestattet mit<br />
einem 5,5-kW-Elektromotor, der die<br />
Späne mittels Hydraulik mit einem Druck<br />
von bis zu 3.700 kg/cm2 zu Briketts mit<br />
einem Format von 60 mm · 40 mm verpresst.<br />
Die Länge der Briketts schwankt<br />
Die Lauble GmbH hat zwei Brikettierpressen von Ruf im Einsatz, im Bild die neue und<br />
leistungsstärkere. Die Presse selbst nimmt nur den vorderen Bereich ein. Der Rest der<br />
Anlage entfällt auf den vorgeschalteten Spänezerkleinerer (Foto: Ruf Maschinenbau)<br />
in Abhängigkeit von der Beschaffenheit<br />
der jeweiligen Späne. Diese Anlage<br />
betreibt Lauble weiterhin zum Pressen<br />
von Aluminiumresten. Die Späne der<br />
Edel- und Einsatzstähle brikettiert seit<br />
2018 die stärkere und für höhere<br />
Durchsätze ausgelegte Ruf-Maschine<br />
15/4000/70. Ihr Elektromotor leistet<br />
15 kW, der Pressdruck erreicht bis zu<br />
4.000 kg/cm2 und die Briketts sind zylindrisch<br />
mit 70 mm Durchmesser, etwa<br />
90 mm Länge und einer Masse von rd.<br />
1,2 kg. Vor dem Pressen werden die<br />
Späne durch einen vorgeschalteten<br />
Schredder zerkleinert, da sich insbesondere<br />
lange und harte Stahlspäne erst<br />
danach optimal brikettieren lassen.<br />
Andere Werkstoffe wie Schleifschlamm,<br />
Guss oder Holz verpressen die Ruf-Anlagen<br />
problemlos ohne Vorbehandlung.<br />
So komprimiert, kann Lauble seine<br />
Reststoffe in handlichen und leicht stapelbaren<br />
Stahlboxen sammeln. Jede der<br />
Boxen nimmt rd. 2 t Stahlbriketts auf. Zur<br />
Lagerung der zugrunde liegenden Spänemenge<br />
wäre demgegenüber ein Container<br />
mit 3 m3 erforderlich. Durch die<br />
Volumenreduzierung etwa um den Faktor<br />
1:3 müssen Recyclingunternehmer<br />
seltener zur Abholung bestellt werden.<br />
Ein weiterer Vorteil: Die zu Briketts<br />
verdichteten Späne sind weitgehend trocken.<br />
Denn das Pressen reduziert den<br />
Anteil des anhaftenden Schneidöls von<br />
ursprünglich 10 bis 15 % auf 3 %. Das<br />
herausgepresste Schneidöl wird direkt<br />
an der Anlage aufgefangen und gesammelt.<br />
Ausgelegt sind die Pressen von Ruf<br />
für einen mannlosen 24/7-Betrieb. Um<br />
den zu erreichen, muss lediglich die Spänezuführung<br />
automatisiert sein. Darauf<br />
verzichtet Lauble jedoch, weil die Materialchargen<br />
häufig wechseln.<br />
• Ruf Maschinenbau<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
100 | <strong>STAHL</strong>VERARBEITUNG<br />
Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT und RWTH Aachen University<br />
Bremsscheiben effektiv schützen durch<br />
neues Beschichtungsverfahren<br />
Zu den am stärksten beanspruchten Teilen eines Autos gehören Bremsscheiben – diese erzeugen durch den<br />
hohen Verschleiß eine immense Umweltbelastung durch Feinstaub. Ein neues Beschichtungsverfahren des<br />
Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT und der RWTH Aachen University reduziert diese Nachteile signifikant.<br />
Mit dem „Extremen Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißen“ (EHLA) können erstmals schnell und<br />
wirtschaftlich Verschleiß- und Korrosionsschutzschichten auf Bremsscheiben aufgebracht werden.<br />
H<br />
erkömmliche Bremsscheiben bestehen<br />
aus Gusseisen mit eingelagertem<br />
Grafit, das sich durch eine gute<br />
Temperaturleitfähigkeit und ein gutes Wärmespeichervermögen<br />
bei gleichzeitig<br />
geringem Preis auszeichnet. In Kauf<br />
genommen wird dabei aber eine starke<br />
Korrosionsneigung und hoher Materialverschleiß<br />
im Betrieb, der zu beträchtlichen<br />
Feinstaubemissionen führt. Übliche<br />
Beschichtung einer Bremsscheibe mit<br />
EHLA (Foto: Fraunhofer ILT, Aachen / Volker<br />
Lannert)<br />
Beschichtungsprozesse – etwa galvanotechnische<br />
Verfahren oder thermisches<br />
Spritzen – können die Bremsscheiben bislang<br />
nicht effektiv schützen. Denn sie<br />
ermöglichen keine stoffschlüssige Verbindung<br />
der Schutzschichten mit dem Gusseisen<br />
und sind material- und kostenintensiv.<br />
Wirtschaftliche und technische<br />
Vorteile<br />
Ein neues Verfahren kann nun aber diese<br />
Nachteile vermeiden: das Extreme Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißen<br />
(EHLA) – entwickelt vom Fraunhofer-Institut<br />
für Lasertechnik ILT in Aachen gemeinsam<br />
mit dem Lehrstuhl Digital Additive<br />
Production DAP der RWTH Aachen University.<br />
„Das EHLA-Verfahren eignet sich<br />
besonders für die Automobilindustrie –<br />
z.B. für die Beschichtung von Bremsscheiben,<br />
die bisher wegen der großen Belastungen<br />
und hohen Anforderungen an<br />
Wirtschaftlichkeit sowie Umweltfreundlichkeit<br />
nur schwierig beschichtet werden<br />
konnten. Durch EHLA lassen sich erstmalig<br />
gut haftende Schichten auf Bremsscheiben<br />
auftragen, die, fest mit dem<br />
Grundstoff verbunden, im Gegensatz zu<br />
den mit herkömmlichen Verfahren erzeugten<br />
Schichten nicht abplatzen können“, so<br />
Thomas Schopphoven, wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter und Teamleiter „Produktivität<br />
und Systemtechnik“ in der Gruppe Laserauftragschweißen<br />
am Fraunhofer ILT.<br />
Klassische Verfahren am Limit<br />
Während die Schichten herkömmlicher<br />
Verfahren Poren und Risse aufweisen,<br />
sind die mit dem EHLA-Verfahren erzeugten<br />
Schichten dicht und schützen das Bauteil<br />
wesentlich effizienter und langfristiger.<br />
Dies erhöht die Lebensdauer und verhindert<br />
frühzeitige Ausfälle durch Oberflächenschäden<br />
der Reibflächen. Da mit dem<br />
Verfahren eine große Materialpalette verarbeitet<br />
werden kann, wird eine anwendungsangepasste<br />
Beschichtung mit<br />
umweltfreundlichen Materialien möglich.<br />
Die Innovation basiert auf einem<br />
bekannten Verfahren, dem Laserauftragschweißen,<br />
das sich als Reparaturverfahren<br />
z.B. für Turbinenschaufeln bewährt<br />
hat. Gegenüber diesem bietet EHLA allerdings<br />
entscheidende Vorteile.<br />
Neue Prozessführung für extreme<br />
Geschwindigkeiten senkt<br />
Wärmeeintrag<br />
Beim EHLA-Verfahren werden die Pulverpartikel<br />
des Beschichtungswerkstoffes<br />
direkt im Laserstrahl aufgeschmolzen und<br />
nicht erst im Schmelzbad auf der Oberfläche<br />
des Bauteils. Da so flüssige Materialtropfen<br />
statt feste Pulverpartikel in das<br />
Schmelzbad gelangen, kann die Prozessgeschwindigkeit<br />
von bisher 0,5 bis 2 m/min<br />
beim herkömmlichen Laserauftragschweißen<br />
um mehrere Größenordnungen auf bis<br />
zu 500 m/min gesteigert werden.<br />
Die große Prozessgeschwindigkeit<br />
führt dazu, dass die Wärmeeinwirkung auf<br />
das zu beschichtende Material deutlich<br />
sinkt. Statt wie beim herkömmlichen<br />
Laserauftragschweißen bis in den Millimeterbereich<br />
wird durch EHLA das Material<br />
nur im Mikrometerbereich thermisch<br />
beeinflusst. So werden vollkommen neue<br />
Materialkombinationen möglich: z.B. die<br />
Beschichtungen von Aluminium- oder<br />
Gusseisenlegierungen – wie nun bei den<br />
Bremsscheiben.<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
<strong>STAHL</strong>VERARBEITUNG | 101<br />
Jurybegründung beim Stahl-Innovationspreis 2018<br />
Um reibbeanspruchte zylindrische Maschinenkomponenten aus Stahl, wie<br />
z.B. Walzen, Zylinderrohre oder Kolbenstangen, vor Verschleiß und Korrosion<br />
zu schützen, werden häufig metallische Schutzschichten durch<br />
Hartverchromen, thermisches Spritzen oder Laserauftragschweißen<br />
aufgebracht. Diese Verfahren weisen jedoch spezifische Restriktionen auf,<br />
die den Einsatzbereich deutlich einschränken. Mit dem EHLA-Verfahren hat<br />
das Fraunhofer ILT zusammen mit dem Lehrstuhl für Digitale Additive<br />
Produktion eine zukunftsweisende Alternative entwickelt, die neue<br />
Maßstäbe hinsichtlich Produktivität, Oberflächenqualität,<br />
Umweltfreundlichkeit und Ressourceneffizienz bei der metallischen<br />
Beschichtung von Stahlbauteilen setzt.<br />
• Wirtschaftsvereinigung Stahl<br />
Fertig bearbeitete, EHLA-beschichtete<br />
Bremsscheibe (Foto: Buderus Schleiftechnik,<br />
Aßlar; HPL Technologies, Aachen)<br />
Anders als bei herkömmlichen Auftragschweißverfahren<br />
wird mit EHLA vermieden,<br />
dass sich der Kohlenstoff aus der<br />
Bremsscheibe in der Schmelze löst,<br />
wodurch sonst spröde Phasen, Poren, Bindefehler<br />
und Risse in der Beschichtung bzw.<br />
der Anbindungszone entstehen. Damit können<br />
Bremsscheiben aus Grauguss erstmalig<br />
effektiv mit stoffschlüssig angebundenen<br />
Schichten geschützt werden.<br />
Ressourceneffizient und<br />
prozesssicher mit hoher Qualität<br />
Normalerweise können mit Auftragschweißverfahren<br />
nur dicke Schichten ab<br />
einem halben Millimeter hergestellt werden,<br />
wodurch viel Material eingesetzt werden<br />
muss und die Nachbearbeitung sehr<br />
aufwendig ist. Das EHLA-Verfahren ermöglicht<br />
es nun, sehr dünne Schichten mit<br />
Dicken von 25 bis 250 μm aufzutragen. Die<br />
Schicht wird reiner und glatter – die Rauheit<br />
konnte auf etwa ein Zehntel bisheriger Werte<br />
reduziert werden. Außerdem werden<br />
beim neuen EHLA-Verfahren rd. 90 % des<br />
Materials genutzt. Dadurch ist das Verfahren<br />
extrem ressourcenschonend und wirtschaftlich.<br />
Die Voraussetzungen für den<br />
serienmäßigen, industriellen Einsatz sind<br />
damit gegeben.<br />
Und dieser steht kurz bevor. Erste erfolgreiche<br />
Untersuchungen beweisen, dass das<br />
EHLA-Verfahren mittlerweile die reproduzierbare<br />
Herstellung beschichteter Bremsscheiben<br />
auf der Basis konventioneller Graugussscheiben<br />
mit unterschiedlichen<br />
Materialkombinationen ermöglicht. Eine<br />
serientaugliche Anlagentechnik mit angepasster<br />
Endbearbeitung durch Schleifen<br />
wird gerade in Aachen durch die Firma HPL<br />
Technologies aufgebaut.<br />
Mehrfach ausgezeichnete<br />
Innovation<br />
Die Vorteile des Verfahrens überzeugten<br />
gleich drei Jurys renommierter Innovationspreise:<br />
Bereits mit dem Joseph-von-<br />
Fraunhofer-Preis 2017 ausgezeichnet,<br />
erhielt EHLA den Berthold Leibinger Innovationspreis<br />
2018 und wurde im gleichen<br />
Jahr als umweltfreundliche Laseralternative<br />
zur Chrom(VI)-Beschichtung mit dem<br />
2. Preis des Stahl-Innovationspreises in<br />
der Kategorie „Stahl in Forschung und Entwicklung“<br />
ausgezeichnet.<br />
• Fraunhofer ILT<br />
100<br />
THE ENTIRE WORLD OF IRON AND STEEL MAKING<br />
95<br />
75<br />
Material Handling | Coking & Sintering Technologies | Iron Making Plants |<br />
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<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong><br />
Montag, 21. Oktober <strong>2019</strong> 10:18:01
LESEN, WAS JETZT UND<br />
UNSERE NEUEN ALTERNATIVEN<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. 4<br />
Ausgabe April <strong>2019</strong><br />
04<br />
19<br />
Stahlindustrie | Stahlverarbeitung | Stahlhandel | METEC-Vorschau<br />
<strong>STAHL</strong>INDUSTRIE<br />
<strong>STAHL</strong>VERARBEITUNG<br />
<strong>STAHL</strong>HANDEL<br />
METEC-VORSCHAU<br />
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104 | <strong>STAHL</strong>VERARBEITUNG<br />
Fraunhofer IPA liefert Beitrag zur Energiewende mit Windkraftanlagen<br />
Neuartige Beschichtung für robustere<br />
Wälzlagerringe<br />
Mit neuartigen galvanischen Schichten wollen Forscher vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und<br />
Automatisierung IPA in Stuttgart Wälzlager so robust machen, dass Gehäuse und Schmiermittel überflüssig<br />
werden. Die Energieeffizienz von Windkraftanlagen könnte dadurch um bis zu 30 % gesteigert werden.<br />
D<br />
as Wälzlager in den Rotoren von<br />
Windkraftanlagen ist enormen Reibungskräften<br />
ausgesetzt. In Offshorewindparks<br />
und nahe der Küste macht<br />
dem Stahl außerdem starke Korrosion zu<br />
schaffen, denn der Feuchtigkeits- und<br />
Salzgehalt der Luft ist hoch. Bisher hält<br />
man den Verschleiß mit Öl und anderen<br />
Schmierstoffen gering. Gegen die Korrosion<br />
helfen abgedichtete Gehäuse beim<br />
Einsatz in aggressiven Medien wie Meerwasser,<br />
Säuren oder auch Laugen. Doch<br />
Einhausungen mindern durch Reibungsverluste<br />
die Energieeffizienz der gesamten<br />
Anlage um bis zu 30 %.<br />
Im Forschungsprojekt Poseidon II sind<br />
Wissenschaft und Industrie deshalb<br />
gemeinsam auf der Suche nach Wälzlagerwerkstoffen,<br />
Beschichtungen und Oberflächenbehandlungsverfahren,<br />
die auch<br />
ohne Schmierstoffe und Einhausungen<br />
eine lange Lebensdauer der Wälzlager<br />
ermöglichen. Denn nur so können aufwendige<br />
und teure Wartungsarbeiten vermieden<br />
werden. Partner im Projekt sind:<br />
Schaeffler Technologies AG & Co. KG,<br />
Leibniz-Institut für Werkstofforientierte<br />
Technologien, Ruhr-Universität Bochum,<br />
Deutsche Edelstahlwerke Specialty Steel<br />
GmbH & Co. KG, voestalpine High<br />
Performance Metals Deutschland GmbH,<br />
voest alpine Eifeler Coating GmbH,<br />
Fraun hofer-Institute IPA, IST und IWM.<br />
Einen Lösungsweg beschreiten die Forscher<br />
der Abteilung Galvanotechnik des<br />
Fraunhofer IPA mit der Entwicklung hauchdünner<br />
galvanischer Schichten aus Nickel<br />
und anderen chemischen Elementen.<br />
Nickel-Wolfram schneidet am<br />
besten ab<br />
Eine Legierung aus Nickel und Wolfram, mit<br />
der herkömmlicher Wälzlagerstahl beschichtet<br />
wird, hat sich bei ihren bisherigen Untersuchungen<br />
in Stift-Scheibe-Versuchen als<br />
am wenigsten anfällig für Verschleiß und<br />
Korrosion erwiesen. Für den Einsatz in<br />
Offshorewindparks und Gezeitenkraftwerken<br />
könnte sie also geeignet sein. „Wir prüfen<br />
aber auch Verbindungen wie Nickel-Kobalt,<br />
Nickel-Zinn, Nickel-Molybdän oder<br />
Nickel-Phosphor. Denn extreme Betriebsbedingungen<br />
und hohe Energieverluste<br />
durch Reibung gibt es auch fernab der Küste<br />
und sie betreffen Gaspipelines, Pumpen,<br />
Kompressoren oder sogar den Antrieb von<br />
Elektrofahrzeugen“, sagt Katja Feige, die die<br />
Vorrichtung, mit der die galvanische Metallschicht auf das Wälzlager abgeschieden wird: Ein spezielles System aus Antriebs- und<br />
Kontaktrollen ermöglicht eine kontaktstellenfreie Beschichtung (Foto: Fraunhofer IPA)<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
<strong>STAHL</strong>VERARBEITUNG | 105<br />
Gruppe Galvanische Prozesse und Werkstoffe<br />
am Fraunhofer IPA leitet.<br />
Galvanisieren ohne festen<br />
Auflagepunkt<br />
Doch nicht nur die Suche nach den jeweils<br />
besten galvanischen Schichten treibt die<br />
Forscher am Fraunhofer IPA um, sondern<br />
auch ein neues Verfahren, mit dem die galvanische<br />
Metallschicht auf das Wälzlager<br />
abgeschieden wird. Herkömmliche Galvanikgestelle<br />
haben nämlich einen entscheidenden<br />
Nachteil: „An den Stellen zur elektrischen<br />
Kontaktierung des Lagerrings wird<br />
die aufgebrachte Metallschicht gestört“,<br />
warnt K. Feige. „Genau da kann dann die<br />
Korrosion ansetzen.“ Die Wissenschaftler<br />
haben deshalb eine Anlage für die vollflächige<br />
Lagerringbeschichtung entwickelt.<br />
Ein spezielles System aus Antriebs- und<br />
Kontaktrollen ermöglicht eine kontaktstellenfreie<br />
Beschichtung. Wenn Wälzlager in<br />
Zukunft weder Gehäuse noch Schmiermittel<br />
brauchen, um unter extremen Betriebsbedingungen<br />
zu laufen, spart das nicht nur<br />
Ressourcen und erhöht die Energieeffizienz<br />
der Anlage. Es kann auch kein Schmieröl<br />
mehr austreten, zu Verunreinigungen führen<br />
und die Umwelt schädigen. Langlebige<br />
Lagerringe, die unter aggressiven Bedingungen<br />
wie im oder in der Nähe von Meerwasser<br />
eingesetzt werden, können somit<br />
einen Beitrag zur Energiewende leisten.<br />
• Fraunhofer IPA<br />
Hochleistungssägezentrum für die Rohrherstellung und -bearbeitung<br />
Die Schoeller Werk GmbH & Co. KG,<br />
Hellenthal, Spezialist für längsnahtgeschweißte<br />
Edelstahlrohre, hat in<br />
ein weiteres Hochleistungssägezentrum<br />
investiert. In der neuen Sägezelle<br />
ist u.a. ein System zur Rohrendenbearbeitung<br />
integriert. Kunden des<br />
Schoeller Werks erhalten dadurch alle<br />
Bearbeitungsschritte aus einer Hand<br />
geliefert.<br />
Um den permanent steigenden Bedarf an<br />
längsnahtgeschweißten oder nachgezogenen<br />
Edelstahlrohren auch in Zukunft zu<br />
decken, erweitert das Schoeller Werk kontinuierlich<br />
seinen Maschinenpark. Das<br />
das Schoeller Werk seine Wertschöpfungskette<br />
um die Endenbearbeitung. Dadurch<br />
liefert das Unternehmen neben längsnahtgeschweißten<br />
Edelstahlrohren ab sofort<br />
auch alle notwendigen Bearbeitungsschritte<br />
aus einer Hand.<br />
• Schoeller Werk<br />
Kurznachricht<br />
In der neuen Sägezelle des Schoeller Werks ist u.a. ein System zur<br />
Rohrendenbearbeitung integriert (Foto: Schoeller Werk)<br />
neue Hochleistungssägezentrum der<br />
Rattunde AG, Ludwigslust, ist speziell auf<br />
die hohen Anforderungen der Automobilindustrie<br />
abgestimmt. Die Anlage wird insbesondere<br />
für die Fertigung von Leitungsund<br />
Kraftstoffrohren aus Edelstahl<br />
eingesetzt. Das Schoeller Werk bearbeitet<br />
darin Rohre mit einem Durchmesser zwischen<br />
8 und 10 mm.<br />
Das Highlight des neuen Hochleistungssägezentrums<br />
ist das integrierte System zur<br />
Bearbeitung und Prüfung von Rohrenden.<br />
Eine Hochleistungssäge trennt die Rohre ab<br />
und führt sie dann dem Rohrendenbearbeitungszentrum<br />
mit Prüf- und Überwachungsstrecke<br />
zu. Anschließend erfolgen eine<br />
Zweifachwäsche mit<br />
Trocknung und die<br />
vollautomatische<br />
Verpackung. Alle<br />
Prozessschritte sind<br />
in engem Takt in<br />
einer Zelle konsolidiert,<br />
sodass sich<br />
hohe Stückzahlen in<br />
möglichst kurzer Produktionszeit<br />
erzielen<br />
lassen. Mit dem neuen<br />
Hochleistungssägezentrum<br />
erweitert<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
106 | WIRTSCHAFT<br />
WGP übergibt Handlungsleitfaden an Enquête-Kommission KI des Bundestags<br />
Künstliche Intelligenz systematisch in die<br />
Produktion einführen<br />
Vertreter der Enquête-Kommission Künstliche Intelligenz des Bundestages haben Mitte September den neuen<br />
Handlungsleitfaden „KI in der Produktion – Künstliche Intelligenz erschließen für Unternehmen“ der<br />
Wissenschaftlichen Gesellschaft für Produktionstechnik (WGP) in Empfang genommen. Der Zusammenschluss<br />
führender deutscher Professoren der Produktionstechnik hatte das Standpunktpapier offiziell dem<br />
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) übergeben. Die WGP unterstützt Unternehmen über<br />
den Handlungsleitfaden hinaus auch praktisch mit deutschlandweiten Einführungs- und Potenzialanalyse-<br />
Workshops über die WGP-Produktionsakademie und über konkrete Firmenprojekte.<br />
K<br />
ünstliche Intelligenz soll die deutsche<br />
Produktion zukunftsfest machen“,<br />
erläuterte Prof. Jörg Krüger, Initiator<br />
und Hauptautor des WGP-Standpunktpapiers,<br />
seine Motivation. „Doch bislang<br />
gab es keinen systematischen Ansatz, mit<br />
dem das produzierende Gewerbe dieses<br />
Potenzial heben könnte.“ Gerade kleine<br />
und mittelständische Unternehmen verfügen<br />
in der Regel nicht über die notwendigen<br />
finanziellen und personellen Kapazitäten,<br />
KI-Technologien in ihre Produktion zu<br />
integrieren. „Als Zusammenschluss führender<br />
produktionstechnischer Professoren<br />
in Deutschland verfügt die WGP über<br />
ein einmaliges Wissen in der Produktion“,<br />
so Krüger, der auch Leiter des Geschäftsfeldes<br />
Automatisierungstechnik am Berliner<br />
IPK Fraunhofer ist. „Dieses Domänenwissen<br />
gab uns die Möglichkeit,<br />
gemeinsam mit Unternehmen ein Modell<br />
zum methodischen Vorgehen zu entwickeln<br />
und der Industrie mit konkreten<br />
Handlungsempfehlungen den Einstieg in<br />
KI zu erleichtern. Wir wollen damit unseren<br />
Teil dazu beitragen, die Industrie auch<br />
in diesem Bereich international wettbewerbsfähig<br />
zu halten.“<br />
Unterstützung der Politik<br />
notwendig<br />
Im Rahmen der EMO Hannover <strong>2019</strong>, der<br />
Weltleitmesse der Metallbearbeitung vom<br />
16. – 21. September, präsentierte die WGP<br />
aktuelle Forschungsergebnisse aus dem<br />
Bereich Industrie 4.0 und Künstliche Intelligenz.<br />
Am Gemeinschaftsstand in Halle 9<br />
nahm eine Delegation der KI- Enquête-<br />
Kommission das Papier in Empfang. „Wir<br />
freuen uns sehr, unser umfangreiches<br />
Wissen aus Forschung und praktischen<br />
Umsetzungsprojekten den Abgeordneten<br />
und Sachverständigen der Kommission zur<br />
Kenntnis geben zu können“, betonte Prof.<br />
Berend Denkena, Präsident der WGP. „Wir<br />
hoffen, damit neben Unternehmen auch<br />
Politik und Gesellschaft auf die großen<br />
Potenziale der KI in der Produktion aufmerksam<br />
zu machen und aufzuzeigen, wie<br />
in Zukunft auch Produkte in sehr kleinen<br />
Stückzahlen wirtschaftlich hergestellt werden<br />
können.“<br />
Aus politischer Sicht betrachtet müssen<br />
nun die notwendigen finanziellen Randbedingungen<br />
geschaffen werden, damit dieses<br />
KI-Wissen insbesondere in den vielen<br />
kleinen und mittelständischen Produktionsbetrieben<br />
ankommt und dort wertschöpfend<br />
eingesetzt wird. „Hierzu müssen<br />
Weiterbildungsformate der beteiligten<br />
Universitäten und Fachhochschulen kraftvoll<br />
kreiert und schnell in die Breite<br />
gebracht werden“, fordert Denkena. „Dies<br />
gilt auch über die Künstliche Intelligenz<br />
oder die Digitalisierung hinaus. Zur Unterstützung<br />
der schnellen Umsetzung von<br />
Wissen aus der Forschung in die Unternehmen<br />
müssen Hochschulen auch in<br />
ihrem Selbstverständnis wegkommen von<br />
einer Erstbefüllung junger Menschen hin<br />
zu Weiterbildungsanbietern, die das<br />
lebenslange Lernen intensiv und regelmäßig<br />
befördern. Die hierfür notwendigen<br />
Finanzierungsfragen sollten schnell geklärt<br />
werden, sonst läuft uns die Zeit davon. Die<br />
vom BMWi deutschlandweit geförderten<br />
Kompetenzzentren Digitalisierung sind<br />
hierfür sehr gute Beispiele, jedoch müssen<br />
Übergabe des Standpunktpapiers zur KI:<br />
(v.l.): Prof. Jürgen Fleischer (wbk KIT); Dr.<br />
Martin Krzywdzinski (WZB Berlin); Dr.<br />
Florian Butollo (WZB Berlin, Mitglied der<br />
Enquête-Kommission KI); Falko Mohrs<br />
(Bundestagsabgeordneter SPD-Fraktion,<br />
Wolfsburg, Mitglied der Enquête<br />
Kommission KI); Prof. Berend Denkena,<br />
Präsident der WGP (Foto: Deutsche Messe)<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
WIRTSCHAFT | 107<br />
Zur Wissenschaftlichen Gesellschaft für Produktionstechnik e.V.<br />
Die Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktionstechnik e.V. ist ein Zusammenschluss führender deutscher<br />
Professorinnen und Professoren der Produktionswissenschaft. Sie vertritt die Belange von Forschung und Lehre<br />
gegenüber Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Die WGP vereinigt 66 Professorinnen und Professoren aus 40<br />
Universitäts- und Fraunhofer-Instituten und steht für rd. 2.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der<br />
Produktionstechnik. Die Mitglieder genießen sowohl in der deutschen Wissenschaftslandschaft als auch international<br />
eine hohe Reputation und sind weltweit vernetzt.<br />
Die Labore der Mitglieder sind auf einem hohen technischen Stand und erlauben den WGP-Professoren, in ihren<br />
jeweiligen Themenfeldern sowohl Spitzenforschung als auch praxisorientierte Lehre zu betreiben.<br />
Die WGP hat sich zum Ziel gesetzt, die Bedeutung der Produktion und der Produktionswissenschaft für die Gesellschaft<br />
und für den Standort Deutschland aufzuzeigen. Sie bezieht Stellung zu gesellschaftlich relevanten Themen von Industrie<br />
4.0 über Energieeffizienz bis hin zum 3-D-Druck.<br />
wir wegkommen von projektgebundenen<br />
Förderformaten, da es sich bei der wissenschaftlichen<br />
Weiterbildung um Daueraufgaben<br />
der Hochschulen handeln muss.“<br />
Den Prozess, nicht die Daten im<br />
Fokus<br />
Publikationen zur KI gibt es bereits viele. Von<br />
diesen hebt sich das WGP-Standpunktpapier<br />
jedoch in einem wesentlichen Punkt ab: „Wir<br />
verfolgen erstmals einen nicht datengetriebenen,<br />
sondern einen prozessgetriebenen<br />
Ansatz“, bringt es Prof. Krüger auf den Punkt.<br />
„Und das macht einen großen Unterschied.<br />
In aller Regel schauen Unternehmen nämlich<br />
nach den Daten, die sie gesammelt haben,<br />
und versuchen daraus, neue Erkenntnisse<br />
und damit neue Wertschöpfung zu erzielen.<br />
Wir schauen uns dagegen die Prozesse an,<br />
die wir sehr genau kennen. Und daraus leiten<br />
wir ab, wo wir gezielt Daten erfassen müssen<br />
und wo KI gezielt eingesetzt werden<br />
kann, um Prozesse zu optimieren. Damit wird<br />
die Integration von KI in die Produktion deutlich<br />
effizienter. Nicht zuletzt birgt der neue<br />
Ansatz einen spezifisch deutschen Wettbewerbsvorteil,<br />
denn genau mit diesem Prozesswissen<br />
heben wir uns von der internationalen<br />
Konkurrenz ab.“<br />
So werden schon heute frappierende<br />
Leistungssteigerungen etwa in der Bilderkennung<br />
mittels neuronaler Netze<br />
erzielt. Mithilfe von KI-Technologien können<br />
Maschinen mitunter Bilder schneller<br />
erkennen als das menschliche Auge. „In<br />
der Bilderkennung können die neuen<br />
Methoden schon heute die Wertschöpfung<br />
deutlich erhöhen.“ Durch Prozesswissen<br />
gelingt es uns beispielsweise, gezielt<br />
Potenziale zur Assistenz des Menschen zu<br />
identifizieren, bei denen die rein datengetriebene<br />
Perspektive aufgrund geringer<br />
Datenmengen keine Lösungsoptionen aufzeigt.<br />
Ein Beispiel ist die automatisierte<br />
Bauteilerkennung in der Intralogistik, bei<br />
der große Bilddatenmengen häufig erst<br />
über Jahre entstehen und dennoch bei<br />
sorgfältiger Analyse der Prozesse und darauf<br />
aufbauender gezielter Datengewinnung<br />
schon nach kurzer Zeit leistungsfähige<br />
Assistenzfunktionen bereitgestellt<br />
werden können.<br />
KI-Potenziale in beherrschbaren<br />
Schritten heben<br />
Ein häufig genanntes Anwendungsbeispiel<br />
von Künstlicher Intelligenz bzw. von<br />
Maschinellem Lernen – einem Teilbereich<br />
der KI – ist dabei die vorausschauende<br />
Wartung und Instandhaltung von Maschinen<br />
und Anlagen.<br />
„Diese sogenannte<br />
Predictive Maintenance<br />
allein birgt<br />
schon enormes Einsparungspotenzial.<br />
Doch sie macht nur<br />
einen kleinen Teil<br />
des gesamten<br />
Spektrums möglicher<br />
Anwendungen<br />
aus“, weiß Krüger.<br />
Das zeigen nicht<br />
zuletzt 20 Projekte<br />
aus der WGP-Forschung.<br />
„Die im<br />
Standpunktpapier<br />
präsentierten Beispiele<br />
helfen Unternehmen dabei, eine<br />
ganze Bandbreite von KI-Technologien<br />
zielgerichtet einzuführen, um ihre Prozesse,<br />
Maschinen und Anlagen effizienter zu<br />
machen.“<br />
Dass Künstliche Intelligenz ein riesiges<br />
Wertschöpfungspotenzial für das produzierende<br />
Gewerbe birgt, zeigen übrigens<br />
auch mehrere Untersuchungen. Eine 2018<br />
veröffentlichte Studie im Auftrag des<br />
BMWi etwa sagt für diesen Sektor bis zum<br />
Jahr 2023 ein zusätzliches KI-induziertes<br />
Wachstum von 31,4 Mrd. € voraus.<br />
Mit dem WGP-Standpunktpapier „KI in<br />
der Produktion“ können selbst kleine und<br />
mittelständische Unternehmen konsequent<br />
und gleichzeitig in beherrschbaren<br />
Schritten diese Potenziale für sich heben.<br />
Helmut_Klumpf 25.01.2005 7:44 Uhr Seite 1<br />
Industriestr. 15 • 45699 HERTEN<br />
• Wissenschaftliche Gesellschaft für<br />
Produktionstechnik WGP<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
108 | WIRTSCHAFT<br />
Die wirtschaftliche Lage in Deutschland im Oktober <strong>2019</strong><br />
Die konjunkturelle Flaute der deutschen Wirtschaft hält an. Ihre<br />
wirtschaftliche Aktivität verharrt gegenwärtig in etwa auf dem<br />
erreichten Niveau. Die Verluste an Wertschöpfung in der Industrie,<br />
die sich weiter im Abschwung befindet, werden weitgehend durch<br />
das Wachstum in den Bereichen Dienstleistungen und Bauwirtschaft<br />
kompensiert. Die einschlägigen Konjunkturindikatoren deuten<br />
noch nicht auf eine grundlegende Veränderung der konjunkturellen<br />
Situation hin. Ein stärkerer Abschwung oder gar eine<br />
ausgeprägte Rezession sind gegenwärtig aber nicht zu erwarten.<br />
Die exportorientierte deutsche Industrie sieht sich weiterhin einem<br />
schwachen Welthandel, einer stagnierenden globalen Industriekonjunktur<br />
und einer weltweiten Abschwächung der Nachfrage nach<br />
Kraftwagen gegenüber. Dies dämpft die Investitionsneigung im<br />
Inland und strahlt auf die binnenwirtschaftliche Nachfrage nach<br />
Vorleistungs- und Investitionsgütern aus. Die weniger exportabhängigen<br />
Bereiche der Binnenwirtschaft bleiben davon bislang relativ<br />
unberührt. Die private und staatliche Konsumnachfrage sowie die<br />
nach Bauleistungen liefern indessen verlässliche Impulse.<br />
Die Weltkonjunktur bleibt gedämpft. Der Welthandel nahm im<br />
Juli im Vergleich zum Vorjahresmonat erneut ab. Während die<br />
Industrieproduktion in den entwickelten Volkswirtschaften weiter<br />
gedrosselt wurde, nahm sie in den aufstrebenden Volkswirtschaften<br />
insbesondere in Asien etwas Fahrt auf. Die internationalen<br />
Organisationen gehen von einer zwar weniger dynamischen,<br />
aber weiterhin aufwärtsgerichteten Entwicklung der<br />
Weltwirtschaft aus.<br />
• Bundesministerium für Wirtschaft und Energie<br />
Welt: Rohstahlerzeugung August <strong>2019</strong><br />
Land Erzeugung im Gesamterzeugung<br />
August<br />
<strong>2019</strong><br />
in 1.000 t<br />
Veränd.<br />
19/18<br />
in %<br />
Jan.–Aug.<br />
<strong>2019</strong><br />
in 1.000 t<br />
Veränd.<br />
19/18<br />
in %<br />
Österreich 577 79,4 5.144 14,4<br />
Belgien 630 S -1,9 5.295 -1,5<br />
Bulgarien 55 S 4,8 417 -7,4<br />
Kroatien 4 S -51,2 58 -17,4<br />
Tschechische Rebublik 364 -17,9 3.203 -5,6<br />
Finnland 258 -26,1 2.415 -14,0<br />
Frankreich 1.050 <strong>11</strong>,2 10.038 -2,2<br />
Deutschland 3.266 0,8 27.200 -4,4<br />
Griechenland 40 S -24,5 894 -7,4<br />
Ungarn 121 -22,0 1.193 -10,4<br />
Italien 857 -26,7 15.410 -4,5<br />
Luxemburg <strong>11</strong>2 -<strong>11</strong>,9 1.483 -1,4<br />
Niederlande 578 12,1 4.621 -0,4<br />
Polen 635 S -15,6 6.106 -10,0<br />
Slowenien 45 S -5,5 426 -5,6<br />
Spanien 1.133 -4,6 9.651 1,0<br />
Schweden 362 4,9 3.308 2,0<br />
Großbritannien 563 3,0 4.979 -3,2<br />
Andere EU-Länder (28) 805 S. -1,3 7.250 0,1<br />
Europäische Union (28) <strong>11</strong>.454 -2,2 109.091 -2,9<br />
Bosnien- Herzegowina 65 S -13,9 550 43,5<br />
Mazedonien 20 -5,7 172 -2,5<br />
Norwegen 60 8,6 408 10,9<br />
Serbien <strong>11</strong>2 -29,4 1.281 -4,0<br />
Türkei 2.634 -12,4 22.553 -10,5<br />
Anderes Europa 2.890 -12,8 24.963 -9,1<br />
Weißrussland 210 S -4,5 1.741 9,7<br />
Kasachstan 400 S 6,7 2.761 -10,0<br />
Moldawien 35 S -31,4 250 -32,1<br />
Russland 5.900 S -4,0 48.261 -0,4<br />
Ukraine 1.938 8,5 14.655 4,7<br />
Usbekistan 60 S. -3,2 423 -4,1<br />
G.U.S 8.543 -1,1 68.091 0,3<br />
Kanada 1.060 S -8,0 8.650 -4,9<br />
Kuba 20 S -2,0 144 1,4<br />
El Salvador 10 S 21,4 68 5,4<br />
Guatemala 25 S -2,0 199 1,5<br />
Mexiko 1.410 S -15,1 12.639 -8,7<br />
Vereinigte Staaten 7.497 0,3 59.229 4,1<br />
Nordamerika 10.022 -3,1 80.928 0,8<br />
Argentinien 436 -4,3 3.173 -8,5<br />
Brasilien 2.524 -13,4 22.215 -5,4<br />
Chile 95 S -9,6 641 -12,8<br />
Kolumbien <strong>11</strong>5 S 0,1 749 -6,7<br />
Ekuador 55 S 7,9 410 4,5<br />
Paraguay 2 S -35,9 12 -5,6<br />
Peru 105 S 4,0 821 1,4<br />
Uruguay 5 S -3,7 39 2,8<br />
Land Erzeugung im Gesamterzeugung<br />
August<br />
<strong>2019</strong><br />
in 1.000 t<br />
Veränd.<br />
19/18<br />
in %<br />
Jan.–Aug.<br />
<strong>2019</strong><br />
in 1.000 t<br />
Veränd.<br />
19/18<br />
in %<br />
Venezuela 10 S. <strong>11</strong>,1 54 -51,2<br />
Südamerika 3.346 -<strong>11</strong>,0 28.<strong>11</strong>3 -5,8<br />
Ägypten 525 S -13,3 5.148 1,7<br />
Libyen 31 19,3 364 43,8<br />
Südafrika 434 -17,8 4.032 -5,4<br />
Afrika 990 -14,6 9.544 -0,4<br />
Iran 2.200 S 6,7 17.188 6,4<br />
Katar 229 1,1 1.747 -1,1<br />
Saudi-Arabien 440 S -8,8 3.463 -1,9<br />
Ver. Arab. Emirate 286 7,9 2.163 1,8<br />
Mittlerer Osten 3.155 3,9 24.561 4,2<br />
China 87.251 9,3 664.869 9,1<br />
Indien 9.350 S 1,5 75.697 4,4<br />
Japan 8.<strong>11</strong>6 -7,8 67.589 -3,7<br />
Südkorea 5.941 -2,6 48.428 0,2<br />
Pakistan 300 S -30,2 2.269 -32,9<br />
Taiwan 1.890 S -3,1 15.197 -1,0<br />
Thailand 415 S -30,6 2.965 -33,8<br />
Vietnam 1.816 29,6 13.882 56,9<br />
Asien <strong>11</strong>5.078 6,2 890.896 7,0<br />
Australien 501 -1,1 3.648 -7,5<br />
Neuseeland 60 12,1 450 1,8<br />
Ozeanien 561 0,2 4.098 -6,6<br />
Alle 64 Länder 156.038 3,4 1.240.286 4,4<br />
S: Schätzung; Nach: worldsteel, Brüssel<br />
Die Rohstahlproduktion in Deutschland ist im August zum ersten Mal<br />
seit acht Monaten im Vorjahresvergleich nicht mehr gefallen. Damit<br />
zeigen sich erste Anzeichen für eine Stabilisierung, dies allerdings auf<br />
einem sehr niedrigen Niveau. Im Verlauf der ersten acht Monate ist<br />
die Erzeugung um 4 % zum Vorjahreszeitraum gesunken.<br />
Deutschland: Stahlproduktion August <strong>2019</strong><br />
Erzeugung im<br />
August Veränd.<br />
<strong>2019</strong> 19/18<br />
in 1.000 t in %<br />
Gesamterzeugung<br />
Jan.–Aug. Veränd.<br />
<strong>2019</strong> 19/18<br />
in 1.000 t in %<br />
Rohstahl gesamt 3.266 0,8 27.200 -4,4<br />
Oxygenstahl 2.365 2,7 19.150 -3,9<br />
Elektrostahl 901 -3,7 8.050 -5,7<br />
Roheisen 2.137 2,6 17.638 -3,6<br />
Warmgewalzte Stahlerzeugn. 2.743 -2,0 23.557 -5,0<br />
Nach: Wirtschaftsvereinigung Stahl<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
DEUTSCH | ENGLISH<br />
WIRTSCHAFT | 109<br />
Asku-Scholten:<br />
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Earlytec:<br />
Spitzenleistung macht den Unterschied<br />
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ihre Tätigkeiten im Bereich der<br />
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Dienstleistungen und die Lieferung<br />
von Maschinenbaukomponenten<br />
nach Scholten-Norm. Das Angebot<br />
umfasst konstruktive Arbeiten als<br />
auch die Bereitstellung hochwertiger<br />
Unterflaschen, Kupplungen sowie<br />
Trommel- und Scheibenbremsen.<br />
Excellence makes the difference.<br />
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Bereich der Antriebstechnik, Hydraulik,<br />
Förder- und Hebetechnik, im Anlagenbau<br />
oder der Fertigungstechnik.<br />
Asku-Scholten GmbH, Am Buchenberg 2, 47198 Duisburg<br />
Tel.: +49 2066 9964-0, info@asku-scholten.de<br />
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und Förderanlagen an Hochöfen,<br />
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und anderen Industrieanlagen an. Die<br />
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zur gleichmäßig verteilten Injektion<br />
von Additiven und zur Adsorption von<br />
Dioxinen und Quecksilber.<br />
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bis zu 3.000 °C. Die Instrumente<br />
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eingesetzt und können auf<br />
die Anforderungen der Kunden angepasst<br />
werden.<br />
E.S.C.H. GmbH, Maxhüttenstr. 19, 07333 Unterwellenborn<br />
Tel.: +49 3671 674010, info@esch-online.de<br />
Heitronics GmbH, Kreuzberger Ring 40, 65205 Wiesbaden<br />
Tel.: +49 6<strong>11</strong> 973930, info@heitronics.com<br />
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Nutzfahrzeuge und maritime Antriebe<br />
Ihr Partner für Drehgeber-System-<br />
Lösungen in der Schwerindustrie<br />
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Die Johannes Hübner Fabrik elektrischer<br />
Maschinen GmbH unterstützt<br />
ihre Kunden mit robusten Drehgebersystemen,<br />
leistungsstarker Antriebstechnik<br />
und weltweitem Service. Die<br />
Anwendungsbereiche liegen u.a. in<br />
der Hütten- und Walzwerktechnik.<br />
Inkrementale und Absolutdrehgeber,<br />
elektronische Drehzahlschalter<br />
u.v.m. werden beschrieben.<br />
Gelenkwellen<br />
für Industrie, Nutzfahrzeuge und<br />
maritime Antriebe<br />
Cardan shafts<br />
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Anwendungen, maritime<br />
Antriebe und Nutzfahrzeuge. Das<br />
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<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
<strong>11</strong>0 | <strong>STAHL</strong>HANDEL<br />
Grad der Digitalisierung zwischen Händler und Verarbeiter ist sehr unterschiedlich<br />
Verschiedene Produktivitätssteigerungen im<br />
Stahlhandel<br />
Ob es einen Sinn ergibt, die Produktivität im Bestellwesen beim Stahleinkauf digital immer weiter zu steigern,<br />
hängt stark von den einkaufenden Branchen ab. Wenn z.B. Schlossereien, Stahlbauer oder Industriebetriebe<br />
Stahlprodukte beim Stahlhandel oder Produktionsverbindungshandel bestellen, wird dies je nach Ausgangsbasis<br />
unterschiedlich zu beantworten sein. Wie das Bestellwesen des Handels aus Sicht der Kundenseite in der<br />
Praxis aussieht, wird kurz vorgestellt.<br />
Übersicht der Digitalisierung von Bestellungen nach Branchen<br />
Stahlhandel Eisenwaren Baustoffe Fliesen Elektro Sanitär/Heizung/Klima<br />
0 – 5 % 32 % 10 % 15 – 20 % 25 – 30 % bis 38 %<br />
E<br />
s gibt heute Stahlhändler, die über ihre<br />
verschiedenen Vertriebskanäle von<br />
ihren Industriekunden 20–30 % der<br />
Auftragseingangspositionen per EDV d. h.<br />
digitalisiert erhalten. Dazu gehören z.B.<br />
Klöckner in Deutschland und Frankstahl in<br />
Österreich.<br />
Der größte Teil der Händler bekommt<br />
jedoch nur 0 bis 5 % der Bestellungen auf<br />
diese Weise. Wie vor allem aus dem Produktionsverbindungshandel<br />
(PVH) zu<br />
erfahren war, sind die mittleren und kleineren<br />
Kunden (z.B. Schlosser) konservativ<br />
gesinnt. Auch sind die Bestellungen und<br />
Produkte im letzten Detail nicht direkt einzeln<br />
quantifizierbar, wie in verwandten<br />
Branchen, z.B. bei Installateuren bzw.<br />
Sanitärinstallateurprodukten, wo dies<br />
objektweise der Fall ist.<br />
Der Schlosser z.B. bestellt für mehrere<br />
Arbeiten gleichzeitig die Ware und auch<br />
je Einzelprodukt, z.B. Flacheisen für mehrere<br />
Abmessungen bzw. Stangen, als er<br />
sofort braucht. Auch spielen die Preisschwankungen<br />
bei Stahl eine gewisse<br />
Rolle. Der gewollte persönliche Kontakt<br />
zum Handelssachbearbeiter ist auch von<br />
Bedeutung. Außerdem will man ganz einfach<br />
nicht „alles elektronisch“ machen,<br />
so hört man auf Anfrage, weil ja auch<br />
noch Menschen hinter den Produkten<br />
stehen.<br />
Dies mag sich in den nächsten 20 Jahren<br />
noch ändern. Es geht auf diesem<br />
Gebiet jedoch nur sehr langsam voran mit<br />
diesen Kundenkreisen. Natürlich spielt der<br />
Generationswechsel dabei auch eine Rolle.<br />
„Wir arbeiten am elektronischen Stahlshop“,<br />
so ein Mitarbeiter eines regionalen<br />
PVH, „jedoch erwarten wir keine großen<br />
Sprünge in dieser Sache.“<br />
Digitale Vernetzung<br />
Nur der Vollständigkeit halber sollen hier<br />
auch einzelne Fälle genannt werden, in<br />
denen Händler mit ihrem EDV-System an<br />
das Warenwirtschaftssystem der Kunden<br />
angebunden sind mit dem Zweck<br />
der Bestandsüberwachung des Kundenlagers.<br />
Der Händler ergänzt dann das<br />
Kundenlager bei Bedarf und mit Rücksprache,<br />
wenn Bestandsmengen eine<br />
Mindestmenge dort unterschreiten.<br />
Alternativ meldet der Kunde automatisch<br />
seinen Stücklistenbedarf und der Händler<br />
reagiert mit einem Angebot aus seinem<br />
Lager.<br />
Dazu gibt es Ausnahmen: Diese werden<br />
im Stahlhandel genutzt, wo ein Händler<br />
20 % seiner Bestellungen von einem<br />
großen Industriekunden bekommt oder in<br />
der Sparte Baustoffshops, wo 100 % der<br />
Bestellungen digitalisiert abgewickelt werden.<br />
Innerhalb des Stahlhandels erfolgen Bestellvorgänge sehr unterschiedlich (Foto:<br />
worldsteel/Roger Ball)<br />
• Ludwig Koschier, Ainring-Mitterfelden.<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
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<strong>11</strong>2 | KARRIERE<br />
Führungskräfte müssen nötige Veränderungen vorantreiben<br />
Die Krise, den Umbruch als Chance nutzen<br />
Krisenzeiten bzw. Marktumbruchzeiten bieten Unternehmensführern die idealen Voraussetzungen, um in ihren<br />
Unternehmen die nötigen Veränderungen zu realisieren. Denn in ihnen ist für alle Betroffenen einsichtig: „Es<br />
muss etwas geschehen, sonst ...“ Trotzdem regt sich gegen die geplanten Veränderungen oft Widerstand.<br />
A<br />
lltag in vielen Unternehmen: Kaum<br />
verkündet dessen Management<br />
„Wir müssen unsere Struktur ...“<br />
bzw. „... Strategie ändern“, regt sich in<br />
ihnen Widerstand. Nicht nur, weil Mitarbeiter<br />
befürchten, sie könnten ihren Arbeitsplatz<br />
verlieren, sondern auch, weil viele<br />
bangen: Mit der Veränderung<br />
• werden Privilegien abgebaut und<br />
• ändern sich die gewohnten Arbeitsinhalte,<br />
-abläufe und -strukturen.<br />
Schnell wird dann der Vorwurf laut:<br />
• „Unsere ‚Chefs‘ haben nur noch den<br />
eigenen Profit und den der Aktionäre<br />
vor Augen.“ Und:<br />
• „Unser Management pflegt einen autoritären<br />
Führungsstil.“<br />
Dass solche Vorwürfe laut werden, ist<br />
verständlich. Denn jede Veränderung<br />
stellt Gewohntes infrage. Folglich löst sie<br />
Unsicherheit aus. Trotzdem ist es erschreckend,<br />
welche massiven Ängste geplante<br />
Änderungen bei Mitarbeitern oft erzeugen.<br />
Dies ist auch in Versäumnissen der<br />
Vergangenheit begründet.<br />
Harmonie- statt<br />
Entscheidungskultur<br />
In „guten Zeiten“ neigen Unternehmen<br />
dazu, konfliktträchtige Entscheidungen auf<br />
die lange Bank zu schieben, denn alle<br />
Unternehmen haben, bildhaft gesprochen,<br />
genug zu fressen. Also besteht für ihre<br />
Spitzenmanager kein Anlass<br />
• als Lenker ihrer Unternehmen deren Strategien<br />
und Strukturen zu hinterfragen,<br />
• als oberste Führungskräfte über die<br />
Effektivität der Führungskultur ihrer<br />
Unternehmen nachzudenken und<br />
• als oberste Entscheider sich offensiv<br />
den Konflikten zu stellen, die jede Kultur-,<br />
Struktur- oder Strategieänderung<br />
mit sich bringt.<br />
Die Folge: In den Unternehmen entwickelt<br />
sich keine „Entscheidungskultur“, in der<br />
Zukunftsfragen aktiv angegangen werden.<br />
Stattdessen macht sich eine „Harmoniekultur“<br />
breit, in der jeder versucht, (Interessens-)Konflikte<br />
zu vermeiden.<br />
Übersehen wird dabei:<br />
• Jede Entscheidung enthält ein Konfliktpotenzial,<br />
weil sie stets andere Lösungswege<br />
verwirft.<br />
• Jede unternehmerische Entscheidung<br />
ist eine Zukunftsentscheidung und<br />
somit mit Risiken verbunden.<br />
• Zukunftsentscheidungen können, weil<br />
sie die Zukunft gedanklich vorwegnehmen,<br />
meist nicht im Konsens, sondern<br />
nur mit Macht entschieden und umgesetzt<br />
werden.<br />
• Ein Nichtentscheiden ist oft folgenschwerer<br />
als ein partielles Fehlentscheiden,<br />
denn mit dem Nichtentscheiden<br />
geht ein Verzicht auf ein aktives<br />
Gestalten der Zukunft einher.<br />
Unternehmen sind<br />
Zweckgemeinschaften<br />
Weil in manchen Unternehmen in den<br />
zurückliegenden Jahren notwendige<br />
Zukunftsentscheidungen – z.B. in Zusammenhang<br />
mit der digitalen Transformation<br />
der Wirtschaft und Gesellschaft – nicht, zu<br />
spät oder nicht konsequent genug getroffen<br />
wurden, gerieten sie in folgende fatale<br />
Situation: Ihre Mitarbeiter vergaßen, dass<br />
jeder „Organismus“ auf Dauer nur überleben<br />
kann, wenn er sich weiterentwickelt.<br />
In ihnen machte sich zudem eine Denkund<br />
Verhaltensstruktur breit, die außer<br />
Acht lässt, dass Unternehmen Zweckgemeinschaften<br />
sind, deren oberstes Ziel es<br />
ist, Gewinn zu erwirtschaften. Diesem Ziel<br />
ordnen sich alle anderen Funktionen unter.<br />
Dies verdrängten auch manche Führungskräfte.<br />
Deshalb mutierten sie von<br />
Orientierung und Halt bietenden Vorgesetzten<br />
zu „Coaches“, die sich einseitig<br />
um die Entwicklung ihrer Mitarbeiter kümmerten.<br />
Sie vergaßen, dass ihre Hauptbzw.<br />
Kernaufgabe darin besteht, sicherzustellen,<br />
dass ihre Mitarbeiter so<br />
(zusammen)arbeiten (können), dass die<br />
Aufgaben erfüllt und die gesteckten Ziele<br />
erreicht werden – was übrigens auch in<br />
einem Umfeld gilt, in dem den Mitarbeitern<br />
zwecks Zielerreichung die größtmöglichen<br />
Handlungs- und Entscheidungsbefugnisse<br />
eingeräumt werden. Auch dies ist<br />
kein Selbstzweck. Das vergessen leider<br />
zuweilen Führungskräfte und Mitarbeiter.<br />
Krisen machen klar, was wirklich<br />
wichtig ist<br />
Führungskräfte müssen gerade in Krisenzeiten ihre ganze Autorität in die Waagschale<br />
werfen, um nötige Veränderungen voranzutreiben (Foto: Gerd Altmann/Pixabay)<br />
In einem von solchen Denk- und Verhaltensmustern<br />
geprägten Umfeld wirkt es<br />
„autoritär“, wenn Führungskräfte Leistung<br />
und sofern nötig ein verändertes Verhalten<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
KARRIERE | <strong>11</strong>3<br />
fordern. Dies ist aber nicht autoritär. Es<br />
stellt vielmehr häufig ein Rückbesinnen auf<br />
die Haupt- bzw. Kernaufgabe der Führungskräfte<br />
im Zweckverband Unternehmen dar.<br />
Bewusst werden solche Fehlentwicklungen<br />
vielen Unternehmensführern oft<br />
erst, wenn Marktanteile wegbrechen und/<br />
oder die Erträge sinken – z.B., weil<br />
• neue Mitbewerber auf den Markt drängen<br />
oder<br />
• der technische Fortschritt neue Problemlösungen<br />
möglich macht oder<br />
• die Kundenbedürfnisse sich gewandelt<br />
haben oder<br />
• das Unternehmen schlicht zu träge und<br />
behäbig wurde.<br />
Entsprechend panikartig ist dann oft ihre<br />
Reaktion. Initiierten sie zuvor kaum Veränderungen,<br />
wollen sie plötzlich über Nacht<br />
alles umkrempeln – ein Phänomen, das<br />
man aktuell z.B. in der Finanz-, Automobil-,<br />
Energie- und Chemiebranche (nebst Zulieferern)<br />
oft konstatiert. Wurden zuvor Entscheidungen<br />
(wenn überhaupt) weitgehend<br />
nach dem Konsensprinzip getroffen,<br />
wird plötzlich nur noch mit Macht entschieden.<br />
Viele Spitzenmanager verfallen<br />
also von einem Extrem ins andere. Entsprechend<br />
verunsichert sind ihre „Untergebenen“<br />
und entsprechend massiv sind<br />
nicht selten ihre Widerstände.<br />
Dabei bieten gerade Krisenzeiten ideale<br />
Voraussetzungen, um Veränderungsprozesse<br />
effektiv zu gestalten, denn in ihnen<br />
treten die Versäumnisse der Vergangenheit<br />
offen zutage. Folglich kann den Mitarbeitern<br />
recht einfach vermittelt werden,<br />
warum eine Veränderung nötig ist. Ähnlich<br />
ist es, wenn Märkte zusammenbrechen<br />
bzw. sich neu formieren. Dann vollzieht<br />
sich in ihnen ein Paradigmenwechsel und<br />
das Heer der Anbieter gruppiert sich neu.<br />
Folglich ergeben sich hieraus auch neue<br />
Chancen für die Unternehmen. Auch dies<br />
kann den Mitarbeitern vermittelt werden.<br />
Veränderung mit Macht<br />
vorantreiben<br />
Zumindest wenn folgende Voraussetzung<br />
erfüllt ist: Die Unternehmensleitung<br />
erkennt die Chancen, die sich aus der Krise<br />
oder Marktveränderung ergeben, und<br />
packt sie gegen alle Widerstände beim<br />
Krisen und Marktumbrüche als Chance nutzen<br />
1. In „Krisenzeiten“ strukturiert sich der Markt neu. Hieraus ergeben sich<br />
auch neue Chancen für Ihr Unternehmen.<br />
2. Auch wenn Ihr Unternehmen in der Krise steckt, ist dies eine Chance<br />
– zum Beispiel, um endlich nötige Veränderungen einzuleiten. Denn nun<br />
ist für jeden einsichtig: Es muss etwas geschehen.<br />
3. Hegen Sie nicht die Illusion: Unternehmerische (Zukunfts-)Entscheidungen<br />
könnten im Konsens getroffen werden. Sie beruhen stets auf Annahmen,<br />
wie sich der Markt/Ihr Unternehmen künftig entwickelt. Deshalb können<br />
sie meist nur mit Macht getroffen werden.<br />
4. Werfen Sie beim Umsetzen der getroffenen Entscheidungen, Ihre<br />
gesamte Autorität in die Waagschale, damit allen Beteiligten deutlich wird:<br />
Wir müssen und wollen diesen Prozess durchlaufen.<br />
5. Erliegen Sie nicht dem Irrglauben: Wenn ich entschlossen handle und<br />
meine Führungs-Macht aktiv nutze, zeige ich ein autoritäres Verhalten.<br />
Nein, indem Sie so handeln, nehmen Sie nur Ihre Aufgabe als Führungs-<br />
Kraft wahr.<br />
6. Bedenken Sie: Bei jedem Veränderungsprozess gibt es Gewinner und<br />
(zumindest gefühlte) Verlierer. Deshalb sind Widerstände normal.<br />
7. Minimieren Sie die Widerstände, indem Sie im Gespräch mit Ihren<br />
Mitarbeitern für die Veränderung werben, werben und nochmals werben<br />
– unter anderem, indem Sie ihnen die Chancen aufzeigen, die sich aus der<br />
Veränderung ergeben, und welche Konsequenzen es hätte, wenn diese<br />
nicht erfolgen würde<br />
• Dr. Georg Kraus, Bruchsal<br />
Schopf. Denn eines zeigen alle Veränderungs-<br />
bzw. Turn-around-Projekte in Unternehmen.<br />
Sie sind nur erfolgreich, wenn die<br />
oberste Führungsebene die ihr verliehene<br />
Macht konsequent nutzt, um<br />
• die nötigen Entscheidungen zu treffen<br />
und<br />
• die damit verbundenen Prozesse zu initiieren.<br />
Die oberen Führungskräfte müssen zudem<br />
ihre gesamte Autorität in die Waagschale<br />
werfen, um bei den Mitarbeitern für die<br />
Veränderung zu werben, sodass jedem<br />
deutlich wird: Wir wollen und müssen diesen<br />
Prozess durchlaufen.<br />
Ein weiterer Erfolgsfaktor ist: Die Spitzenmanager<br />
müssen viel Zeit und Energie<br />
darauf verwenden, ihre Mitarbeiter über<br />
den Inhalt ihrer Entscheidungen sowie<br />
über deren Motive und Auswirkungen zu<br />
informieren. Dass sich trotzdem oft Widerstand<br />
regt, ist verständlich, denn: Bei allen<br />
Veränderungsprozessen gibt es Gewinner<br />
und Verlierer – zumindest gibt es Personen<br />
und Bereiche, die sich als solche empfinden.<br />
Deshalb spielt in den mit ihnen verbundenen<br />
Entscheidungsprozessen stets<br />
auch die Machtfrage eine zentrale Rolle.<br />
Verständlich ist vor diesem Hintergrund,<br />
dass den oberen Führungskräften,<br />
wenn sie die ihnen verliehene Macht aktiv<br />
nutzen, zuweilen ein „autoritäres“<br />
Verhalten vorgeworfen wird. Schließlich<br />
bedeutet „sich verändern“ meist, sich von<br />
lieb gewonnenen Denk- und Verhaltensmustern<br />
zu verabschieden. Es ist aber<br />
nicht „autoritär“, wenn Führungskräfte<br />
ihre gesamte Autorität, Macht und Entscheidungskompetenz<br />
in die Waagschale<br />
werfen, um nötige Veränderungen voranzutreiben.<br />
Indem sie dies tun, nehmen sie<br />
nur ihre Aufgabe wahr.<br />
Dr. Georg Kraus, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal.<br />
Kontakt: info@kraus-und-partner.de<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
<strong>11</strong>4 | KARRIERE<br />
thyssenkrupp Hohenlimburg gründet Kompetenzwerkstatt<br />
thyssenkrupp Hohenlimburg stellt seine<br />
Aus- und Weiterbildungsaktivitäten auf<br />
eigene Beine und bildet diese seit dem<br />
1. Oktober <strong>2019</strong> unter neuem Namen in<br />
einem eigenständigen Unternehmen für<br />
die Region ab: thyssenkrupp<br />
Hohenlimburg kompetenzwerkstatt<br />
GmbH.<br />
In dem Tochterunternehmen der thyssenkrupp<br />
Hohenlimburg GmbH werden Beratung,<br />
Betreuung, Koordination, Marketing,<br />
Planung, Organisation und Verwaltung für<br />
den gesamten Bereich der Aus- und Weiterbildung,<br />
im Einklang mit den Strategien<br />
in der Business Area Steel Europe, unter<br />
einem Dach gebündelt. Ein Ziel des neuen<br />
Unternehmens ist es, die qualifizierte Ausbildung<br />
in technischen und kaufmännischen<br />
Berufen sowie die systematische<br />
und individuelle Personal- und Führungskräfteentwicklung<br />
für die Business Unit<br />
Precision Steel noch effizienter als bisher<br />
lokal zu begleiten.<br />
Der Name „Kompetenzwerkstatt“<br />
steht dabei sowohl für die langjährige<br />
Expertise auf dem Gebiet als auch für die<br />
große Nähe zu modernster und hochkomplexer<br />
Technik. Treibende Kraft der<br />
Kompetenzwerkstatt ist ein junges und<br />
dynamisches Team, das sich nicht nur für<br />
die Belange des eigenen Mutterunternehmens<br />
engagiert, sondern darüber<br />
hinaus auch ausgesuchte Services für<br />
klein- und mittelständische Unternehmen<br />
auf dem lokalen Markt anbietet.<br />
thyssenkrupp Hohenlimburg kompetenzwerkstatt GmbH<br />
Dienstleistungsspektrum: Beratung, Betreuung, Koordination, Marketing,<br />
Planung, Organisation und Verwaltung für den gesamten Bereich Aus- und<br />
Weiterbildung. Dazu gehören u.a.:<br />
• Personalentwicklung<br />
• Führungskräfteentwicklung<br />
• Wissenstransfer<br />
• Changemanagement HR<br />
• Schulungsmanagement<br />
• Fortbildungsförderung<br />
• Führen von Auszubildenden, Praktikanten und Trainees<br />
• Organisation der Berufsausbildung<br />
• Ausbildungsmarketing (z.B. Messeauftritte)<br />
• Auswahlverfahren für neue Auszubildende<br />
• Beratung von Auszubildenden.<br />
thyssenkrupp Hohenlimburg kompetenzwerkstatt GmbH,<br />
Oeger Straße 47, 58642 Iserlohn. Tel.: +49 2374 924723-0,<br />
kompetenzwerkstatt-hohenlimburg@thyssenkrupp.com.<br />
Dies hilft auch dem Mutterkonzern Steel<br />
Europe im Ruhrgebiet. So können Unternehmen<br />
aus der Region u.a. ihre Suche<br />
nach guten Auszubildenden, deren<br />
Betreuung sowie auch das Führen von<br />
Praktikanten von der neuen Kompetenzwerkstatt<br />
durchführen lassen. Das<br />
erspart ihnen nicht nur viel Aufwand und<br />
Zeit, sondern auch eine eigene Ausbildungsabteilung.<br />
Der Standort der neuen Kompetenzwerkstatt<br />
befindet sich nicht zuletzt aus<br />
diesem Grund außerhalb des Werksgeländes<br />
von thyssenkrupp Hohenlimburg an<br />
neutraler und für jedermann zugänglicher<br />
Stelle im Gewerbepark auf der Insel,<br />
Oeger Str. 47, 58642 Iserlohn.<br />
• thyssenkrupp Steel Europe<br />
Betriebe und Jugendliche finden in der Ausbildung häufig nicht zusammen<br />
Potenzielle Auszubildende und Betriebe<br />
finden immer schwieriger zusammen.<br />
Seit einigen Jahren gibt es einen Anstieg<br />
offener Stellen bei nahezu gleichbleibend<br />
hoher Zahl unversorgter Bewerber.<br />
Der „Ländermonitor berufliche Bildung“<br />
nennt Ursachen und beleuchtet die Situation<br />
der beruflichen Bildung in den 16<br />
Bundesländern.<br />
In den letzten Jahren ist die Zahl der Ausbildungsanfänger<br />
im dualen System der<br />
Berufsausbildung wieder gestiegen. Trotz<br />
dieser positiven Entwicklung finden Betriebe<br />
und Jugendliche immer häufiger nicht<br />
zueinander: Im Jahr 2009 konnten 17.000<br />
Ausbildungsplätze nicht besetzt werden<br />
und 93.000 Bewerber gingen leer aus.<br />
Auch 2018 suchten noch 79.000 Jugendliche<br />
erfolglos eine Lehrstelle, obwohl sich<br />
die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze<br />
auf 58.000 mehr als verdreifacht hat. Zu<br />
diesen Ergebnissen kommt der diesjährige<br />
„Ländermonitor berufliche Bildung“ der<br />
Abteilung Wirtschaftspädagogik der Universität<br />
Göttingen und des Soziologischen<br />
Forschungsinstituts in Göttingen, der<br />
durch die Bertelsmann Stiftung gefördert<br />
wurde.<br />
Die Gründe für diese Passungsprobleme<br />
sind vielfältig: Für knapp die Hälfte<br />
(44 %) der unbesetzten Stellen gibt es<br />
zwar interessierte Jugendliche, es kommt<br />
aber trotzdem nicht zum Abschluss von<br />
Ausbildungsverträgen, weil der Betrieb die<br />
Bewerber nicht für geeignet hält oder die<br />
Jugendlichen den Betrieb nicht für attraktiv<br />
genug halten. So kann in Berlin jeder<br />
achte Ausbildungsplatz in den Verkaufsberufen<br />
trotz ausreichender Bewerberzahlen<br />
nicht besetzt werden. Bei einem Drittel<br />
der unbesetzten Stellen liegt das Problem<br />
darin, dass es keine Bewerber für den<br />
angebotenen Ausbildungsberuf gibt. Bei<br />
knapp einem Viertel (23 %) der unbesetzten<br />
Stellen liegt das Problem in fehlender<br />
Mobilität, weil sich Ausbildungsbetriebe<br />
und Bewerber in unterschiedlichen Regionen<br />
des jeweiligen Bundeslandes befinden.<br />
Dies betrifft in besonderem Maße<br />
Bayern und Sachsen.<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
KARRIERE | <strong>11</strong>5<br />
Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann<br />
Stiftung, sieht mit Blick auf das deutsche<br />
Ausbildungssystem Licht und Schatten:<br />
„Das deutsche Ausbildungssystem ist ein<br />
Zugpferd für die wirtschaftliche Entwicklung.<br />
Erfreulicherweise werden wieder<br />
mehr Ausbildungsplätze angeboten, doch<br />
zu viele davon bleiben unbesetzt.“ Es sei<br />
deshalb wichtig, dafür zu sorgen, dass<br />
Betriebe und Jugendliche besser zusammenfinden.<br />
Dafür fordert er Lösungen, die<br />
den unterschiedlichen regionalen Problemlagen<br />
gerecht würden: „Gerade kleine<br />
Betriebe brauchen Unterstützung dabei,<br />
ihre Stellen zu besetzen.“ Zudem gelte es,<br />
in aus Sicht der Jugendlichen unbeliebteren<br />
Branchen die Rahmenbedingungen zu verbessern.<br />
Hilfreich wäre auch, die Kontakte<br />
zwischen Schulen und Betrieben zu intensivieren<br />
und so den Übergang zu erleichtern.<br />
Insgesamt hat sich die Situation auf<br />
dem Ausbildungsmarkt für junge Menschen<br />
verbessert. Kamen 2009 im bundesweiten<br />
Durchschnitt auf 100 Ausbildungssuchende<br />
knapp 89 Stellen, so sind<br />
es heute annähernd 97. Die bundesweite<br />
Betrachtung verdeckt allerdings große<br />
regionale Unterschiede: Regionen mit<br />
einem Überhang an Ausbildungsstellen<br />
finden sich überwiegend im Süden und –<br />
vor allem aufgrund des Geburtenrückgangs<br />
in den 90er-Jahren – im Osten<br />
Deutschlands. So kommen z.B. im bayrischen<br />
Passau auf 100 Bewerber rein rechnerisch<br />
129 offene Stellen, im thüringischen<br />
Altenburg-Gera <strong>11</strong>2. Dort besteht<br />
zwischen den Unternehmen eine hohe<br />
Konkurrenz um potenzielle Auszubildende.<br />
Mehr Ausbildungsnachfrager als offene<br />
Stellen gibt es hingegen im Westen und<br />
Nordwesten der Republik. So stehen in<br />
Hagen in Nordrhein-Westfalen 100 Bewerbern<br />
gerade einmal 80 Ausbildungsplätze<br />
zur Verfügung.<br />
In Regionen mit einem Mangel an Ausbildungsplätzen<br />
sinken vor allem die<br />
Chancen der Jugendlichen mit Hauptschulabschluss,<br />
einen Ausbildungsplatz<br />
zu finden. Insgesamt begannen 2017<br />
lediglich 37 % von ihnen direkt nach Verlassen<br />
der Schule eine duale und weitere<br />
10 % eine schulische Ausbildung. Mehr<br />
als die Hälfte (53 %) begannen stattdessen<br />
lediglich eine Maßnahme des Übergangssektors.<br />
Schlechte Chancen bei der<br />
Ausbildungsplatzsuche haben auch<br />
Bewerber mit ausländischer Staatsbürgerschaft.<br />
Dräger schlägt vor, Maßnahmen des<br />
Übergangssystems in Richtung öffentlich<br />
finanzierter, an den Fachkräftebedarfen in<br />
der Region orientierten Ausbildungsalternativen<br />
weiterzuentwickeln. Im Sinne<br />
einer Ausbildungsgarantie sollen diese<br />
Ausbildungsplätze dann vorgehalten werden,<br />
wenn Bewerber leer ausgehen. Dabei<br />
helfe ein Übergang in reguläre betriebliche<br />
Ausbildung nach dem ersten Jahr sowohl<br />
den Jugendlichen als auch den Betrieben.<br />
• Bertelsmann Stiftung<br />
Tariflöhne steigen <strong>2019</strong> in Deutschland durchschnittlich um 3,2 Prozent<br />
Unter Berücksichtigung der im 1. Halbjahr<br />
<strong>2019</strong> abgeschlossenen Tarifverträge und<br />
der in den Vorjahren für <strong>2019</strong> bereits vereinbarten<br />
Tariferhöhungen steigen die<br />
Tariflöhne in diesem Jahr um durchschnittlich<br />
3,2 %. Dies ergibt sich aus der<br />
aktuellen Halbjahresbilanz, die das Tarifarchiv<br />
des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen<br />
Instituts (WSI) der Hans<br />
Böckler-Stiftung im August vorgelegt hat.<br />
Die Tariferhöhungen liegen damit noch einmal<br />
leicht oberhalb des Vorjahres, in dem sie um<br />
3,0 % zugenommen hatten. Bei einem durchschnittlichen<br />
Anstieg der Verbraucherpreise<br />
von 1,6 % im 1. Halbjahr <strong>2019</strong> ergibt sich demnach<br />
ein Reallohnzuwachs von 1,6 %.<br />
„Insgesamt bestätigen die Tarifabschlüsse<br />
im 1. Halbjahr <strong>2019</strong> den Trend des Vorjahres<br />
zu deutlich höheren Lohnzuwächsen“,<br />
sagt der Leiter des WSI-Tarifarchivs,<br />
Prof. Dr. Thorsten Schulten. „Damit leisten<br />
die Tariflöhne einen wichtigen Beitrag dafür,<br />
dass durch eine starke Binnennachfrage<br />
einer sich abkühlenden Konjunktur entgegengewirkt<br />
wird.“ Besonders hoch fallen<br />
die Tarifzuwächse in diesem Jahr in den großen<br />
Tarifbranchen aus. In der Metallindustrie<br />
beträgt die jahresbezogene Tariferhöhung<br />
4,1 %, gefolgt von der Eisen- und<br />
Stahlindustrie mit 3,9 % und dem öffentlichen<br />
Dienst (Länder) mit 3,6 %. Weitere<br />
Beispiele: Im Bauhauptgewerbe steigen die<br />
Tariflöhne um 3,3 %, in der Textilindustrie<br />
und dem privaten Verkehrsgewerbe um<br />
jeweils 3,2%, im Hotel und Gaststättengewerbe<br />
um 2,8% und bei der Deutschen<br />
Bahn um 2,5%. Im Gebäudereinigerhandwerk<br />
liegen die Tarifzuwächse bei 2,3 %<br />
und bei der Deutschen Post AG sind es<br />
2,1 %. Noch nicht berücksichtigt sind hier<br />
die im Juli <strong>2019</strong> erzielten Tarifabschlüsse im<br />
Einzelhandel und im Bankgewerbe.<br />
Im ersten Halbjahr <strong>2019</strong> wurden von den<br />
DGB-Gewerkschaften für etwa 3,3 Mio.<br />
Beschäftigte neue Tarifabschlüsse vereinbart.<br />
Die durchschnittliche Laufdauer beträgt<br />
26,5 Monate, sodass die große Mehrzahl<br />
der Vereinbarungen zweistufige Lohnerhöhungen<br />
für <strong>2019</strong> und 2020 vorsieht. Im zweiten<br />
Halbjahr <strong>2019</strong> finden weniger Tarifverhandlungen<br />
statt als in den ersten sechs<br />
Monaten. Von den großen Tarifbereichen<br />
stehen vor allem die Verhandlungen in der<br />
chemischen Industrie, dem Versicherungsgewerbe<br />
und der Holz- und Kunststoff verarbeitenden<br />
Industrie auf der Tagesordnung.<br />
• Hans-Böckler-Stiftung<br />
Für die Stahl- und Hüttenwerke<br />
Injektionsanlagen für<br />
Feinkohle und Kalk<br />
Spritzmaschinen für<br />
die Feuerfestreparatur<br />
Spritzmanipulatoren<br />
für die Heißreparatur<br />
VELCO Gesellschaft für Förder-, Spritz- und Silo-Anlagen mbH<br />
<strong>STAHL</strong><br />
Haberstraße<br />
+ <strong>TECHNIK</strong><br />
40<br />
1 (<strong>2019</strong>)<br />
· D-42551<br />
Nr. <strong>11</strong><br />
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<strong>11</strong>6 | KARRIERE<br />
Unterrichtung über Einstellung muss rechtzeitig, also vorher erfolgen<br />
Der Arbeitgeber hatte einen Mitarbeiter<br />
eingestellt und den Betriebsrat zuvor<br />
lediglich gemäß § 105 BetrVG unterrichtet,<br />
da er davon ausging, dass es sich<br />
dabei um einen leitenden Angestellten<br />
handelte.<br />
Der Betriebsrat sah dies anders (zu Recht<br />
– später wurde gerichtlich geklärt, dass<br />
der Betreffende kein leitender Angestellter<br />
war) und leitete ein Verfahren gemäß<br />
§ 101 BetrVG auf Aufhebung der personellen<br />
Maßnahme ein. Nach dem Gütetermin<br />
in diesem Verfahren hörte der Arbeitgeber<br />
den Betriebsrat gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG<br />
vorsorglich und rückwirkend zu der fraglichen<br />
Einstellung an. Der Betriebsrat hat<br />
daraufhin die Zustimmung nicht frist- und<br />
formgerecht gemäß § 99 Abs. 3 Satz 1<br />
BetrVG (innerhalb einer Woche schriftlich<br />
unter Angabe von Gründen) verweigert, da<br />
er die nachträgliche Anhörung zu einer<br />
bereits durchgeführten personellen Maßnahme<br />
für unzulässig hielt.<br />
Erfolgt die Zustimmungsverweigerung<br />
nicht frist- und formgerecht, so tritt grundsätzlich<br />
gemäß § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG<br />
die sogenannte Zustimmungsfiktion ein,<br />
die Zustimmung gilt als erteilt. Das BAG<br />
stellt hier klar, dass diese Fiktionswirkung<br />
nur dann eintreten kann, wenn der Arbeitgeber<br />
den Betriebsrat vor der Einstellung<br />
gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG unterrichtet<br />
hat. War die Anhörung unvollständig, so<br />
kann dies auch im Laufe des Verfahrens<br />
gemäß § 101 BetrVG durch Ergänzung<br />
geheilt werden, bei einer vollständig unterbliebenen<br />
Anhörung ist eine Heilung durch<br />
Nachholung aber nicht möglich. Der<br />
Arbeitgeber muss also zunächst die Einstellung<br />
aufheben und kann dann gegebenenfalls<br />
ein neues Besetzungsverfahren<br />
einleiten.<br />
Zur Begründung verweist das BAG<br />
zunächst auf den Wortlaut von § 99 Abs.<br />
1 Satz 1 BetrVG, wonach der Arbeitgeber<br />
den Betriebsrat „vor“ der Einstellung zu<br />
unterrichten und die Zustimmung zu der<br />
„geplanten“ Maßnahme einzuholen hat.<br />
Auch nach dem Zweck des Mitbestimmungsrechtes<br />
müsse die Beteiligung des<br />
Betriebsrates erfolgen, wenn noch keine<br />
abschließende Entscheidung gefallen ist<br />
oder diese zumindest noch unproblematisch<br />
revidiert werden kann.<br />
Das Aufhebungsverfahren nach § 101<br />
BetrVG dient laut BAG dazu, zu gewährleisten,<br />
dass der Arbeitgeber die Mitbestimmungsrechte<br />
des Betriebsrates in personellen<br />
Angelegenheiten zukünftig<br />
achtet. „Anderenfalls könnte der Arbeitgeber<br />
die Beteiligung des Betriebsrats unterlassen,<br />
die personelle Maßnahme durchführen,<br />
abwarten, ob der Betriebsrat von<br />
sich aus durch Einleitung eines Verfahrens<br />
nach § 101 BetrVG initiativ wird und die<br />
Beteiligung dann nachholen, ohne die<br />
Maßnahme aufheben zu müssen. Damit<br />
würde das Mitbestimmungsrecht nach<br />
§ 99 Abs. 1 BetrVG faktisch auf ein Einspruchsrecht<br />
reduziert“ (Rn. 23 der Entscheidung).<br />
Fazit. Das BAG wird in dem zuletzt angeführten<br />
Zitat deutlich. Genau so sind aber<br />
einige Arbeitgeber bereits vorgegangen.<br />
Dieser Praxis schiebt das BAG nun einen<br />
Riegel vor und stärkt die Position des<br />
Betriebsrates bei Verfahren nach § 101<br />
BetrVG erheblich.<br />
Der vorliegenden Entscheidung lag der<br />
Streit um eine Einstellung zugrunde. In<br />
den Gründen spricht das Gericht jedoch<br />
häufig allgemein von personellen Maßnahmen.<br />
Angesichts der Begründung der<br />
Entscheidung ist nicht ersichtlich, warum<br />
diese nicht auch auf andere personelle<br />
Maßnahmen wie etwa die Versetzung zu<br />
übertragen sein sollte. Während bei der<br />
Frage, ob die Aufhebung einer Einstellung<br />
nicht nur beantragt, sondern auch durchgesetzt<br />
werden soll, häufig auch die<br />
gegenteiligen Interessen des betroffenen<br />
Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind,<br />
der seinen Arbeitsplatz behalten möchte,<br />
sieht dies z.B. bei einer gegen den Willen<br />
des Betroffenen erfolgten Versetzung<br />
anders aus.<br />
• Stefani Dach, Rechtsanwältin<br />
Bell & Windirsch, Britschgi & Koll<br />
Anwaltsbüro, Düsseldorf<br />
www.fachanwaeltinnen.de<br />
Ein Antrag des Betriebsrats nach § 101 BetrVG, eine ohne seine Zustimmung<br />
durchgeführte Einstellung eines Arbeitnehmers aufzuheben, wird nicht<br />
dadurch unbegründet, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat während des<br />
Verfahrens nach § 101 BetrVG nachträglich über die bereits erfolgte<br />
Einstellung unterrichtet, ohne diese zuvor aufzuheben und der Betriebsrat<br />
nicht innerhalb der Wochenfrist nach § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG seine<br />
Zustimmung unter Angabe beachtlicher Gründe schriftlich verweigert. Die<br />
Fiktionswirkung nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG kann nur eintreten, wenn<br />
der Arbeitgeber den Betriebsrat vor der Einstellung nach § 99 Abs. 1 BetrVG<br />
unterrichtet hat. Eine erst nach der Aufnahme der Tätigkeit durch den<br />
Arbeitnehmer vorgenommene nachträgliche Unterrichtung des Betriebsrats<br />
kann die Zustimmungsfiktion nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG zu der bereits<br />
erfolgten Einstellung nicht bewirken.<br />
BAG, Beschluss vom 21. November 2018 – 7 ABR 16/17 – Amtlicher Leitsatz<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
PANORAMA | <strong>11</strong>7<br />
Das „Ruhrgebiet des Mittelalters“<br />
Bergbau und Metallverarbeitung in<br />
Sulzbach-Rosenberg<br />
Die große Branche der Eisen- und Stahlverarbeitung assoziiert man mit dem Ruhrgebiet, seinen gewaltigen<br />
Bergwerken, Hüttenanlagen und Walzwerken sowie mit Unternehmen wie der Friedrich Krupp AG oder der<br />
Rheinische Metallwaaren- und Maschinenfabrik AG (heute: Rheinmetall AG). Aber auch in anderen Regionen,<br />
etwa in Oberschlesien, Bayern, Sachsen oder Böhmen, hat es bedeutende Industriezentren und<br />
Unternehmerpersönlichkeiten gegeben.<br />
H<br />
ierzu gehört auch die Stadt Sulzbach-Rosenberg<br />
am Rand der Fränkischen<br />
Alb. Das heute beschauliche<br />
Städtchen lässt nicht erahnen, dass<br />
hier seit etwa 1.000 Jahren Erzbergbau<br />
und Verhüttung das wirtschaftliche<br />
Leben prägten. Die geologische Voraussetzung<br />
dafür ist die hier langsam beginnende<br />
Auffaltung der Alpen, deren Störungszonen<br />
sich während der Oberkreide<br />
und des Tertiärs (95 Mio. Jahre und jünger)<br />
in bruchtektonischen Elementen<br />
(Aufschiebungen und Verbiegungen) verfestigten<br />
– man spricht vom „Oberpfälzischen<br />
Bruchschollenland“. Abgesehen<br />
von Sand- und Kaolinablagerungen sind<br />
die des Eisenerzes die bedeutendsten.<br />
Sande, Tone und Gerölle wurden in die<br />
durch die tektonischen Aktivitäten entstandenen<br />
Senken gespült und verwitterten,<br />
wodurch Eisen freigesetzt wurde. Es<br />
handelt sich hierbei vor allem um „Braunerz“<br />
(Eisengehalt 45–50%) und „Weißerz“<br />
(25–35%).<br />
Erste schriftliche Erwähnungen<br />
wurden, sowie eines gesenkgeschmiedeten<br />
Stahlbarrens aus demselben Zeitraum<br />
sind aussagekräftige Belege für die Metallverarbeitung<br />
im Raum Sulzbach.<br />
Im späten Mittelalter ist es die erste<br />
„Kleine Hammereinung“ von 1341, ein Vertrag<br />
zwischen Landesherrn, Bergwerksund<br />
Hüttenbesitzern über Erzabbau, dessen<br />
Verarbeitung, Löhnung und Vertrieb, die auf<br />
eine bereits in vollem Gange befindliche vorindustrielle<br />
Tätigkeit hinweist. Damit und mit<br />
den späteren „Einungen“ schuf man ein<br />
Kartell für die Eisenverhüttung.<br />
Sulzbacher Bergbau<br />
Wechselnde Herrschaften und der Vorstoß<br />
von kapitalkräftigen Nürnberger Patriziern<br />
gefährdeten die Selbstständigkeit<br />
Sulzbachs, die mit erneuten Verträgen<br />
jedoch noch gesichert wurde. Ab der Mitte<br />
des 14. Jahrhunderts wurden weitere<br />
Erzlagerstätten erschlossen, sodass in<br />
dessen letztem Drittel ca. 24.000 t Erz an<br />
etwa 35 Hammerwerke verkauft werden<br />
konnten. In den letzten Jahrzehnten des<br />
15. Jahrhunderts nahm der Sulzbacher<br />
Die ersten schriftlichen Erwähnungen des<br />
mittelalterlichen Bergbaus und der Metallverarbeitung<br />
in der Region datieren von<br />
1285 (Amberg) und 1305 (Sulzbach),<br />
bedeuten aber sicher nicht den Beginn dieser<br />
Tätigkeiten. Im Bereich der nicht mehr<br />
existierenden Vorburg des Sulzbacher<br />
Schlosses förderte eine Ausgrabung Reste<br />
eines „Probierofens“ oder eines Schmelzofens<br />
für die Verarbeitung von Buntmetall<br />
zutage; das Fundmaterial lässt eine Datierung<br />
auf das 9. oder 10. Jahrhundert als<br />
sicher erscheinen. Funde einer Klappwaage,<br />
die ab dem 10. Jahrhundert im ottonischen<br />
Reich von Gießern für die Bestimmung<br />
von Metalllegierungen benutzt<br />
Postkarte aus Maxhütte(-Haidhof). Im Sauforst bei Burglengenfeld erfolgte 1853 die<br />
Gründung der Maxhütte, bevor 1864 der erste Hochofen in Rosenberg angeblasen<br />
wurde. Bild um Ende des 19. Jahrhunderts (Foto: Stadtmuseum Sulzbach-Rosenberg, Slg.<br />
Frühling)<br />
Prof. Dr. Detlef Haberland, Bonn, Kultur-, Reise- und Technikhistoriker.<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
<strong>11</strong>8 | PANORAMA<br />
Standorte der Maxhüttenwerke in<br />
Nordbayern, Thüringen und Sachsen.<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg war die<br />
Maxhütte in eine Randlage der Bundesrepublik<br />
Deutschland und Westeuropas<br />
geraten. Die ostdeutschen Werke,<br />
darunter Unterwellenborn als das<br />
bedeutendste, gingen verloren (Foto:<br />
Stadtmuseum Sulzbach-Rosenberg, Slg.<br />
Müller)<br />
Bergbau einen weiteren Aufschwung:<br />
was durch den umfangreichen<br />
Ankauf von Grubenholz,<br />
Pferden, Ochsenhäuten (für Wasserschöpfsäcke)<br />
und Unschlitt<br />
(Beleuchtung) sichtbar wird. Hier<br />
wurde ein Sechstel des Eisens in<br />
Europa produziert.<br />
Im 16. Jahrhundert kam Sulzbach<br />
an das Fürstentum Pfalz-Neuburg;<br />
der Bergbau geriet durch<br />
Nachlässigkeit und Korruption in<br />
eine Krise, die, nicht zuletzt durch<br />
die starke Konkurrenz von Amberg,<br />
zu dessen Niedergang führte. Auch<br />
der 30-jährige Krieg beeinträchtigte<br />
die Entwicklung nachhaltig,<br />
sodass Sulzbach erst wieder im 19.<br />
Jahrhundert an die mittelalterliche<br />
Blütezeit anknüpfen konnte.<br />
1853 wurde nach einer zweijährigen<br />
erfolglosen Geschäftstätigkeit<br />
einer Vorgängergesellschaft<br />
die „Eisenwerk-<br />
Gesellschaft Maximilianshütte<br />
AG“ gegründet. Entscheidende<br />
Investitionen senkten den Preis<br />
des Roheisens und machten die<br />
Hütte konkurrenzfähig. Gleichwohl<br />
stand sie vor großen Herausforderungen:<br />
Zwar waren die seinerzeit<br />
modernen Puddel öfen in Betrieb, die<br />
aber durch das 1856 erfundene<br />
Bessemer-Verfahren (Vorgänger des<br />
Thomas- Gilchrist-Verfahrens) überholt<br />
waren. 1870 erlosch jedoch Bessemers<br />
Lizenz. Dies im Blick, hatte die Maxhütte<br />
1859 Erzlager im Sulzbacher Revier und<br />
1863 im Hersbrucker Raum gekauft und<br />
bis 1870 drei neue Kokshochöfen errichtet;<br />
in Haidhof wurden bis 1859 vier<br />
Schweißöfen, ein Universalwalzwerk, ein<br />
Feineisen- und ein Blechwalzwerk in<br />
Betrieb genommen. Neben anderen<br />
Investitionen und Zukäufen erkannte die<br />
Leitung der Maxhütte die qualitative und<br />
wirtschaftliche Bedeutung des<br />
Thomas-Verfahrens und eröffnete mit<br />
dieser Technik 1889 das Werk in<br />
Rosenberg. Es entstand ein Industriekomplex,<br />
der bis zum Beginn des Ersten<br />
Weltkriegs ca. 4.600 Beschäftigte hatte.<br />
Erster Siemens-Martin-Ofen<br />
Die Entwicklung stand jedoch nicht still:<br />
1893 wurde in Haidhof der erste Siemens-Martin-Ofen<br />
in Betrieb genommen.<br />
Dessen Vorteil war die Erzeugung von größeren<br />
Mengen flüssigen Stahls bei höheren<br />
Temperaturen und der hohe Zusatz von<br />
Schrott. Zur Maxhütte gehörten auch die<br />
Hütten in Unterwellenborn (thüringischer<br />
Landkreis Saalfeld-Rudolstadt), in dem ab<br />
1895/96 vorwiegend Thomasroheisen produziert<br />
wurde, in Nittenau, Luckahammer,<br />
Lichtenwald und Zwickau.<br />
Der Rückgang der Produktion durch die<br />
Folgen des Ersten Weltkriegs konnten erst<br />
ab 1925 wieder aufgeholt werden: Neue<br />
Siemens-Martin-Öfen wurden in Haidhof<br />
errichtet, wo man z.B. besonders verschleißfeste<br />
Schienen produzierte. Die<br />
Weltwirtschaftskrise wirkte auch auf die<br />
Maxhütte: Sie wurde 1929 vom Flick-Konzern<br />
gekauft und damit Teil eines der größ-<br />
Rundblick vom Rosenberger Kriegerdenkmal auf die Anlagen der Maxhütte, kurz vor<br />
Einstellung der Produktion im Jahr 2002 (Foto: Markus Altendorff, Sulzbach-Rosenberg)<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
PANORAMA | <strong>11</strong>9<br />
ten deutschen Industriekonzerne. Zwar<br />
mussten die Werke in Zwickau und Haidhof<br />
1930, das in Unterwellenborn 1931 stillgelegt<br />
werden, aber erst 1932 kam es in der<br />
Maxhütte zu einem größeren Personalabbau.<br />
Sie profitierte jedoch ab 1933 von den<br />
Arbeitsbeschaffungs- und ab 1935 von den<br />
steigenden Rüstungsmaßnahmen.<br />
Demontage nach 1945<br />
abgewendet<br />
Nach 1945 konnte zwar die Demontage<br />
der Hütte in Sulzbach abgewendet werden,<br />
aber die Produktionsbegrenzung<br />
durch die US-Besatzung verminderte die<br />
Produktivität auf ca. 25 % des Wertes von<br />
1938. Im Verlauf des „Wirtschaftswunders“<br />
der 1950er- und 1960er-Jahre konnte<br />
die Maxhütte mit einer Rohstahlkapazität<br />
von 900.000 t/a (zum Vergleich: 17<br />
Mio. t/a 1938) wieder konkurrenzfähig und<br />
innovativ werden. Gleichwohl: Durch die<br />
Teilung Deutschlands und Europas war die<br />
Hütte an den Rand gerückt.<br />
Niedergang ab Mitte der<br />
1970er-Jahre<br />
Etwa mit dem Einsetzen der weltweiten<br />
Stahlkrise 1975 begann der Niedergang der<br />
Maxhütte, der auch durch Strukturhilfen des<br />
Freistaates Bayern nicht aufgehalten werden<br />
konnte. 1987 musste Konkurs angemeldet<br />
werden. 1990 wurden im Rahmen des<br />
Konkursverfahrens die „Neue Maxhütte<br />
Stahlwerk GmbH“ und ein Rohrwerk<br />
gegründet. Gleichwohl führte dies nicht zu<br />
Ansicht der Maxhütte in Rosenberg vom Schlossberg aus gesehen aus dem Jahr 1956.<br />
Ganz rechts sind die damals neu erbauten vergrößerten Hochöfen mit ihren markanten<br />
Gichtgasrohren. Sie ersetzten allmählich die kleineren, links davon liegenden Hochöfen.<br />
Am linken Bildrand das alte Thomas-Stahlwerk (Foto: Stadtmuseum Sulzbach-Rosenberg)<br />
einer Stabilisierung des Werkes, sodass die<br />
Produktion 2002 endgültig eingestellt wurde:<br />
Hohe Roheisenkosten aufgrund der<br />
regionalen Lage (keine auf Flüssen basierende<br />
Logistik), Absatzschwierigkeiten und die<br />
Internationalisierung der Märkte gaben dem<br />
Maxhütten-Komplex letztlich keine Überlebenschance.<br />
Mit ihrer langen technologischen Vorgeschichte,<br />
ihrer ausstrahlenden Wirtschaftsmacht<br />
im Mittelalter, dem erfolgreichen<br />
Neubeginn im 19. Jahrhundert und<br />
ihrem Ende zu Beginn des 21. Jahrhunderts<br />
ist die Maxhütte ein anschauliches<br />
Beispiel für ein regionales Zentrum der<br />
Eisen- und Stahlverarbeitung, das sich<br />
durch steten Wandel und schnelle Innovation<br />
einen Platz im nationalen und internationalen<br />
Markt erobert hat. Die Oberpfalz<br />
ist in einem erheblichen Maße von<br />
diesen jahrhundertelangen Aktivitäten in<br />
technischer, wirtschaftlicher und kultureller<br />
Hinsicht geprägt worden.<br />
Dem Archivar des Stadtarchivs Sulzbach,<br />
Johannes Hartmann, sei herzlich gedankt<br />
für seine freundliche Unterstützung bei<br />
der Beschaffung des Bildmaterials.<br />
Literatur<br />
[1] Stadtmuseum Sulzbach-Rosenberg (Hg.): Von<br />
Erzgräbern und Hüttenleuten. Sonderausstellung<br />
30. April–31. Oktober 2000. Sulzbach-Rosenberg<br />
2000 (Schriftenreihe des Stadtmuseums und<br />
Stadtarchivs Sulzbach-Rosenberg, Bd. 14).<br />
[2] Stadt Sulzbach-Rosenberg (Hg.): 150 Jahre Maxhütte.<br />
„… eine wahrhafte Schmiede des Vulkan“.<br />
Sonderausstellung 14. September 2003–29. Februar<br />
2004 (Schriftenreihe des Stadtmuseums und<br />
Stadtarchivs Sulzbach-Rosenberg, Bd. 18).<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
120 | PANORAMA<br />
5-Euro-Sammlermünze „Gemäßigte Zone“<br />
Neue Münze mit grünem Polymerring<br />
angeprägt<br />
Finanzstaatssekretärin Gisela Splett hat im April die erste 5-€-Sammlermünze mit dem Motiv „Gemäßigte<br />
Zone“ angeprägt. „Die neue Sammlermünze ist mit einem lichtdurchlässigen grünen Polymerring versehen“,<br />
sagte Splett bei der Anprägung in der Münzstätte der Staatlichen Münzen Baden-Württemberg in Karlsruhe.<br />
„Eine Besonderheit ist, dass dieser Ring in fünf Farbabstufungen verwendet wird, sodass jede Münzprägestätte<br />
in Deutschland ihren individuellen Grünton bei der Herstellung verwenden wird.“<br />
D<br />
ie Münze ist Teil der fünfteiligen Serie<br />
„Klimazonen der Erde“, die im Jahr<br />
2017 ihren Auftakt hatte. Das Motiv<br />
der dritten Ausgabe widmet sich der gemäßigten<br />
Klimazone, zu der auch Deutschland<br />
zählt. Typisch für diese Klimazone sind der<br />
Wechsel der Jahreszeiten und Laubmischwälder.<br />
Daher sind eine Waldsilhouette und<br />
ein herbstlicher Eichenast als Bildelemente<br />
auf der Motivseite integriert. Mittelpunkt<br />
des Motives ist ein Feldhase als ein typischer<br />
Vertreter offener Landschaften in der<br />
gemäßigten Zone. Die optische Wirkung<br />
von großer Räumlichkeit wird durch das<br />
Wechselspiel der einzelnen Elemente, die<br />
sowohl positiv wie auch negativ auf der<br />
Bildseite ausgearbeitet sind, erzeugt. „Ein<br />
sehr gelungenes Motiv, das unsere Klimazone<br />
optisch ansprechend charakterisiert“,<br />
so Splett zu der vom Berliner Künstler Peter<br />
Lasch gestalteten Bildseite. Die Wertseite,<br />
die bei allen Münzen der Serie identisch ist,<br />
wurde von der Künstlerin Stefanie Radtke<br />
aus Leipzig entworfen.<br />
Die Auflage der Sammlermünze liegt<br />
bei 3,4 Mio. Stück. Davon werden 3 Mio.<br />
in Stempelglanzqualität und 400.000 in<br />
Spiegelglanzoptik geprägt. Der Erstausgabetag<br />
lag im September <strong>2019</strong>. Die Münze<br />
wird zusätzlich auch in den Münzstätten in<br />
Stuttgart, München, Hamburg und Berlin<br />
geprägt. Die Herstellung der Münzrohlinge<br />
findet ausschließlich in den Münzstätten<br />
Karlsruhe und München statt. Geprägt<br />
werden die Münzen auf einer Presse der<br />
Schuler AG aus Göppingen.<br />
Das Motiv „Tropische Zone“ mit rotem<br />
Polymerring war die erste Ausgabe der<br />
Serie „Klimazonen der Erde“, es folgte 2018<br />
eine Münze mit orangefarbenem Ring, die<br />
die „Subtropische Zone“ symbolisiert. Im<br />
nächsten Jahr wird die „Subpolare Zone“<br />
folgen. 2021 wird die Münze mit der „Polaren<br />
Zone“ den Abschluss der Serie bilden.<br />
• Ministerium für Finanzen,<br />
Baden-Württemberg<br />
Die Sammlermünzen mit Polymerring gelten als besonders fälschungssicher (Foto: Hans-Jürgen Fuchs, Stuttgart)<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
TERMINKALENDER | 121<br />
Tagungen und Konferenzen<br />
Stainless Steel World Conference & Expo<br />
<strong>2019</strong><br />
26. – 28. November <strong>2019</strong><br />
Maastricht, Niederlande<br />
Stainless Steel World<br />
www.stainless-steel-world.net/ssw<strong>2019</strong><br />
Hagener Symposium <strong>2019</strong> –<br />
Pulvermetallurgie<br />
28. – 29. November <strong>2019</strong><br />
Hagen<br />
Fachverband Pulvermetallurgie e.V.<br />
www.pulvermetallurgie.com/symposiumtermine/symposium-aktuell<br />
Aachener Stahlkolloquium – ASK 2020<br />
„Steel and More“<br />
26. – 27. März 2020<br />
Aachen<br />
RWTH Aachen<br />
www.rwth-aachen.de<br />
4. Freiberger Feuerfest-Symposium 2020<br />
20. – 22. April 2020<br />
Freiberg<br />
Deutsche Keramische Gesellschaft e.V.<br />
www.ffs2020.dkg.de<br />
Messen und Veranstaltungen<br />
HÜTTENTAG <strong>2019</strong><br />
„Tradition bewahren, Zukunft gestalten“<br />
07. November <strong>2019</strong><br />
Essen<br />
DVS Media GmbH<br />
www.homeofsteel.de/huettentag<br />
formnext <strong>2019</strong><br />
19. – 22. November <strong>2019</strong><br />
Frankfurt am Main<br />
Mesago Messe Frankfurt GmbH<br />
www.formnext.mesago.com<br />
Maintenance Dortmund 2020<br />
12. – 13. Februar 2020<br />
Dortmund<br />
Easyfairs Deutschland GmbH<br />
www.maintenance-dortmund.de<br />
Metav 2020<br />
wire – Tube 2020<br />
10. – 13. März 2020<br />
Düsseldorf<br />
30. März – 03. April 2020<br />
Düsseldorf<br />
Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken e.V.<br />
www.vdw.de/messen-und-symposien/messendes-vdw<br />
Messe Düsseldorf GmbH<br />
www.wire.de<br />
www.tube.de<br />
Seminare<br />
Freiformschmieden<br />
Korrosion von nichtrostenden Stählen<br />
Stahlrecycling<br />
27. – 28. November <strong>2019</strong><br />
Aachen und Wetter<br />
03. – 04. Dezember <strong>2019</strong><br />
Düsseldorf<br />
08. – 12. Dezember <strong>2019</strong><br />
Mönchengladbach<br />
Stahl-Akademie<br />
www.stahl-online.de/index.php/seminar/<br />
freiformschmieden<br />
Stahl-Akademie<br />
www.stahl-online.de/index.php/seminar/<br />
korrosion-von-nichtrostenden-staehlen-2<br />
Stahl-Akademie<br />
www.stahl-online.de/index.php/seminar/<br />
stahlrecycling<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>11</strong>
122 | VORSCHAU/IMPRESSUM/INSERENTENVERZEICHNIS<br />
Inserentenverzeichnis<br />
In der Dezember-Ausgabe lesen Sie u.a.:<br />
Technik<br />
CO 2 - und energieoptimierte Kreislaufprozesse<br />
Hüttentag <strong>2019</strong><br />
Anzeigenschluss für die nächste Ausgabe: 15. November <strong>2019</strong><br />
Kontakt: Markus Winterhalter, Tel. +49 2<strong>11</strong> 1591-142,<br />
E-Mail: markus.winterhalter@dvs-media.info<br />
AGK Hochleistungswerkstoffe GmbH 43<br />
ASKU-Scholten GmbH 81<br />
automatic Klein GmbH 27<br />
BEDA Oxygentechnik Armaturen GmbH<strong>11</strong><br />
BOBE Industrie-Elektronik 95<br />
CS Additive GmbH 58<br />
Danieli & C. Officine Meccaniche SpA 4, 5<br />
DSD Steel Group GmbH 35<br />
DVS Media GmbH 25, 47, 80, 102,<br />
103, <strong>11</strong>1, 123<br />
Friedrich Ley GmbH 91<br />
GLAMA Maschinenbau GmbH 39<br />
Helmut Klumpf Technische Chemie KG107<br />
hpl-Neugnadenfelder<br />
Maschinenfabrik GmbH 53<br />
Hydrowatt AG 17<br />
IROPA Elektrotechnik GmbH 98<br />
Jasper Gesellschaft für<br />
Energiewirtschaft und Kybernetik mbH 19<br />
Karl Diederichs KG 124<br />
KELLER HCW GmbH 49<br />
H. Kleinknecht & Co. GmbH 73<br />
Kiro-Nathaus GmbH 83<br />
KSK Kuhlmann<br />
System-Kühltechnik GmbH 23<br />
Die weltweite Stahlproduktion steht vor<br />
einem dramatischen Wandel. Die öffentliche<br />
Wahrnehmung und damit der politische<br />
Druck, Veränderungsprozesse in<br />
Richtung Nachhaltigkeit und Minimierung<br />
des „Carbon Footprints“ einzuleiten,<br />
nehmen zu. Die Abhandlung stellt<br />
Technologien und Konzepte vor, mit<br />
deren Hilfe die Stahlindustrie ihren<br />
Transformationsprozess umsetzen kann.<br />
Der Hüttentag feiert am 7. November<br />
<strong>2019</strong> in Essen seine Premiere. Wir berichten<br />
über die Veranstaltung und geben<br />
Eindrücke und Stimmungen wieder.<br />
Küttner GmbH & Co. KG 101<br />
LOI Thermprocess GmbH 15<br />
Mangachoc Slide<br />
Bearing Systems GmbH 105<br />
Morgardshammar AB 9<br />
NoKra Optische Prüftechnik<br />
und Automation GmbH 59<br />
Polytec GmbH 63<br />
Prowelt Consulting 29<br />
Rump Strahlanlagen GmbH & Co. KG 97<br />
Schuh Anlagentechnik GmbH 87<br />
SMS Group GmbH 2<br />
Spraying Systems Deutschland GmbH 79<br />
SSB Schienensysteme Brandt GmbH 58<br />
STEULER-KCH GmbH 1<br />
Sudamin Rohstoff GmbH 93<br />
SUS Ulrich Nell 97<br />
Unitechnik Automatisierungs GmbH 77<br />
VELCO Ges. für Förder-,<br />
Spritz- und Silo Anlagen <strong>11</strong>5<br />
WEERULIN GmbH 13<br />
WOKO Magnetund<br />
Anlagenbau GmbH 21<br />
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