Das Netzwerkmagazin des APOLLON Alumni Network e.V.
Die aktuelle Auflage beschäftigt sich mit dem Thema "Nachhaltigkeit" - ein Thema im Gesundheitssektor, das zum Nachdenken anregt und Potential zum Handeln hat.
Wer Lust auf die verschiedensten Denkansätze und Betrachtungen hat, ist in diesem Heft mal wieder goldrichtig :-).
Anforderungsmanagement bei Medizinprodukten – Herausforderungen und Lösungsansätze
Anforderungsmanagement bei
Medizinprodukten – Herausforderungen
und Lösungsansätze
Maurice Bromund
Vor dem Hintergrund einer nachhaltigen Entwicklung von Medizinprodukten
ist es erforderlich, kunden- und marktspezifische
sowie regulatorische und technische Anforderungen zu erfassen,
zu handhaben und deren Rückverfolgbarkeit über den gesamten
Produktlebenszyklus zu gewährleisten. Hersteller stehen hierbei
aufgrund vielfältiger Vorgaben und einer zunehmenden Digitalisierung
vor komplexen Herausforderungen.
Rechtliche und regulatorische
Herausforderungen
Die erfolgreiche Entwicklung und Zulassung
von Medizinprodukten kann
nur über eine korrekte Formulierung
der sogenannten Zweckbestimmung
(beabsichtigte Verwendung) erfolgen.
Anhand der Zweckbestimmung wird
entschieden, ob das Produkt ein Medizinprodukt
gemäß der rechtlichen
und regulatorischen Rahmenbedingungen
ist und wie dieses zu klassifizieren
ist. Aktuell gelten hierfür auf
europäischer Ebene (noch) folgende
Richtlinien:
• Richtlinie 90/385/EWG – Active Implantable
Medical Devices (AIMD)
• Richtlinie 93/42/EWG – Medical
Device Directive (MDD)
• Richtlinie 98/78/EWG – In-vitro
Diagnostic1 Directive (IVDD)
Diese drei relativ ähnlichen Richtlinien,
welche die Herstellung, Inverkehrbringung
und den Vertrieb von
Medizinprodukten regeln, werden
in Deutschland durch das Medizinproduktegesetz
(MPG) und weitere
medizinprodukteassoziierte Gesetze
und Verordnungen (bspw. die Medizinproduktebetreiberverordnung
–
1 In-vitro Diagnostika sind Medizinprodukte
zur Untersuchung von Proben aus dem
menschlichen Körper
MPBetreibV), in nationales Recht umgesetzt
[1].
Am 25.05.2017 trat in Europa zudem
die neue Verordnung „(EU) 2017/745“
über Medizinprodukte, die sogenannte
Medical Device Regulation
(kurz MDR) in Kraft. Diese ersetzt vollständig
die bisher für das Herstellen,
Inverkehrbringen oder Vertreiben
von (aktiven) Medizinprodukten gültigen
EU-Richtlinien MDD und AIMD.
Die IVDD wird allerdings nicht in der
MDR aufgehen, sondern wird durch
eine eigene EU-Verordnung, der IVDR
(In-vitro-Diagnostic Device Regulation)
abgelöst werden, die ebenfalls
am 25.05.2017 in Kraft getreten ist. Für
die Umsetzung der MDR gibt es eine
Übergangsfrist, die bisher offiziell am
26.05.2020 endet. Ab diesem Tag verlieren
die MDD und die AIMD ihre Gültigkeit
und die MDR erlangt volle Geltung.
Die Übergangsfrist für die IVDD
endet dagegen zwei Jahre später am
26.05.2022.
Das Besondere an der MDR und der
IVDR ist, dass sie ohne direkte Zustimmung
der EU-Länderparlamente erlassen
wurden und als europäisches,
übernationales Recht direkt anzuwenden
sind und es keiner Umsetzung
durch nationale Gesetze bedarf, wie
es bei den bisherigen Richtlinien der
Fall gewesen ist [2]. Um den Forderungen
der Richtlinien und Gesetze
Rechnung zu tragen, existieren neben
den EU-Verordnungen zusätzlich
noch eigene europäische Normen, die
bezüglich der Richtlinien harmonisiert
sind [3]. Hierzu gehören zum Beispiel:
• EN ISO 13485 – Medizinprodukte –
Qualitätsmanagementsysteme
• EN ISO 14971 – Anwendung des
Risikomanagements auf Medizinprodukte
• EN 62304 – Medizingeräte- Software
– Software-Lebenszyklus- Prozesse
• EN 62366 – Anwendung der
Gebrauchs tauglichkeit auf
Medizinprodukte
Aus den Richtlinien und Normen resultieren
vielfältige Arten von Anforderungen
an Medizinprodukte, die der
Hersteller erfassen und lenken muss,
um eine effiziente und effektive Entwicklung,
Bewertung, Inverkehrbringung,
Vermarktung und Wartung der
Medizinprodukte zu gewährleisten.
Der eigentliche medizinische Zweck
des Produktes (was soll mit dem Produkt
erreicht werden?) unterscheidet
sich dabei nochmals von dessen bestimmungsgemäßen
Gebrauch (wie
soll der medizinische Zweck mit dem
Produkt erreicht werden?) [4]
Diese weitreichenden gesetzlichen
Vorgaben für Medizinprodukte haben
somit eine direkte Auswirkung auf das
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