Poste Italiane SpA – Sped. in a.p.
-70% – NE BOLZANO – 71. Jahrgang
Nr. 5 | OKTOBER | 2019
Zweimonatszeitschrift
KulturFenster
Blasmusik, Chorwesen und Heimatpflege in Südtirol
Blasmusik bewegt
Chorfestival in Brixen
Wende im Tourismus gefordert
• Geleitwort •
• Inhalt •
• Blasmusik
Ein tolles Konzert – und keiner
geht hin 3
Blasmusik bewegt 4
Eine musikalische Farbenpracht 9
Der Marschmusikwettbewerb aus
Sicht der Juroren 10
Oh Berge und Täler Ladiniens 12
Blasmusikstudium auf
höchstem Niveau 13
Musikkapelle Naturns:
Luxusklänge 14
Andreas Bramböck –
90. Geburtstag 15
Klang der Donaumonarchie –
CD erschienen 16
Musikpanorama 17
Anspruchsvolle Palette des VSM für
die kommenden 3 Jahre
Der Verband der Musikkapellen (VSM)
hat sich für die Dreijahresperiode (2019
bis 2021) das Motto „Blasmusik bewegt“
auf die Fahnen geschrieben. Der Vorstand
traf sich unlängst zu einer eigenen Klausurtagung
mit dem Ziel, dieses Motto mit
neuen Ideen zu füllen, „um die Blasmusik
in Südtirol ein Stück weiterzubringen“. Dabei
wurden u.a. folgende Ziele formuliert:
Förderung für ein stärkeres Miteinander
auf den drei Ebenen Verband, Bezirke,
Musikkapellen; Begeisterung wecken und
Attraktivität steigern, neue Vorstellungen
für die Funktionärsausbildung (,,Motiviert
und fi t“), neue Ideen zu den Südtiroler
Blasmusiktagen und den Blasmusikpreis
des Landes, zusätzliche Akzente bei der
Ausbildung von Kapellmeisterinnen und
Kapellmeister, Musik in Bewegung mehr
Klang verleihen. Das ist die anspruchsvolle
Palette, in deren Rahmen sich die Arbeit
des VSM in den kommenden drei Jahren
bewegen wird.
• Chorwesen
Siebtes Gesamttiroler
Wertungssingen 19
Chorleiter Hubert Brugger im
Interview: Jugendliche lassen
sich fürs Singen begeistern 20
Musicalschulung für
Jugendliche – hochkarätige
Referenten 23
Chorfestival in Brixen 24
Seminar für Chorleiter und
Chorleiterinnen 26
Trauer um Andreas
Hochenegger, Ehrenobmann des
Tiroler Sängerbundes 26
Nachruf auf Willi Tschenett –
ein Leben geprägt von Musik 27
Stimmgabel 28
Der SCV widmet dem Meraner Chorleiter
Hubert Brugger ein großes Interview. Das
Ziel von Brugger, von Beruf Mathematiklehrer
an einer Oberschule in Meran, ist
es, Jugendliche für das Singen zu begeistern.
Für seine Verdienste wurde Brugger
am 15. August in Innsbruck mit dem Tiroler
Verdienstkreuz ausgezeichnet.
Die Heimatpfleger fordern „dringend im
Tourismus eine Wende“. Landesobfrau
Claudia Plaikner analysiert den Zustand
des Tourismus in Südtirol, spricht sich vehement
für die Erhaltung von unbebauten
Naturräumen aus, lanciert engere Kontakte
mit der Politik und den Touristikern
und fordert ein „kurzes Innehalten“ – eine
Nachdenkpause, „damit wir gemeinsam
an Lösungsvorschlägen arbeiten und eine
Wende im Tourismus einleiten können“.
Agnes Andergassen, die Vorsitzende der
Arge Lebendige Tracht, beklagt in einem
Beitrag das Ende von handgestrickten Stutzen.
Mit dieser aussterbenden Handwerkskunst
ginge ein „kleines Stück unserer
Volkskultur für immer verloren.“
Alfons Gruber
• Heimatpflege
Wende im Tourismus dringend gefordert 31
Das dreiste Spiel mit der Landschaft 32
Wir sind „touristisch schwachentwickelt“ 33
Landauf, landab – ohne Rücksicht 35
Streuhotels – eine spannende Alternative 37
Bitte mehr Mut! 38
Unsere Berge brauchen
keine Geschmacksverstärker 39
Den Enkeln eine lebenswerte
Heimat übergeben 40
Ortsbegehung in Tramin 42
Andenken an Florian Schrott 45
Heimattreffen in Sexten 46
Benefiz-Heimatabend in Lana 49
Büchertisch 47
Unsere Muttersprache ist die „Mund-Art“ 50
Aussterbende Handwerkskunst 51
Titelbild: Die Musikkapelle Völser Aicha bei der Marschmusikbewertung in Latsch (Vinschgau)
2
KulturFenster
Vorweg
Blasmusik
Ein tolles Konzert …
und keiner geht hin!?
Stephan Niederegger,
VSM - Medienreferent
Wenn ein Mann
seiner Freundin
Blumen schenkt,
dann ist das zielorientierte
Werbung.
Wenn er hingegen die Blumen
der Mutter seiner Freundin überreicht,
ist das Öffentlichkeitsarbeit, mit der er
das Umfeld für sein Vorhaben gestaltet.
Und das ist unsere große Aufgabe, denn
letztendlich sind die über 10.000 Musikantinnen
und Musikanten in unserem
Land lediglich 2 Prozent der Südtiroler
Bevölkerung. Bei ihnen müssen wir das
Interesse für die Blasmusik nicht wecken,
sondern bei den restlichen 98 Prozent. In
erster Linie gelingt das durch niveauvolle
Auftritte und gute Musik. Vergessen wir
dabei auch nicht auf unser äußeres Erscheinungsbild,
denn auch das ist Öffentlichkeitsarbeit.
In Tracht werden wir nicht
als Einzelpersonen wahrgenommen, sondern
als Teil einer großen Gemeinschaft,
die durch das Fehlverhalten Einzelner
schnell in eine falsche Ecke gestellt wird.
Diese indirekte Öffentlichkeitsarbeit ist
aber zu wenig. Wenn wir uns nicht aktiv
Das Publikum muss gewonnen werden, einerseits durch niveauvolle Auftritte und
gute Musik, andererseits durch eine wirksame Öffentlichkeitsarbeit.
um unser Publikum bemühen, spielen wir
vor leeren Stühlen. Neben der Werbung ist
die Pressearbeit dabei der wohl wichtigste
Teil, der nicht vernachlässigt werden darf
und auch nicht nur nebenbei funktionieren
kann. In jeder Kapelle muss jemand
für die kontinuierliche Pressearbeit namhaft
gemacht werden und zuständig sein,
denn das ist eine zeitaufwändige Aufgabe.
Dabei ist der Unterschied zwischen einem
Journalisten und einem Pressereferenten
wesentlich. Während den Journalisten auf
planen und somit auch die finanziellen Weichen
für die kommenden 12 Monate stellen.
Als Dienstleister für unsere mehr als 200
Musikkapellen in Südtirol übernehmen wir
unter anderem auch die Aus- und Weiterbildung
unserer Musikantinnen und Musikanten,
sei es in musikalischer Hinsicht
als auch die Führungsarbeit in den Kapellen
und Bezirken betreffend.Als ehrenamtliche
Organisation sind wir folglich sehr auf
öffentliche Beiträge angewiesen. Beiträge,
die im Laufe des Jahres auch immer ausseiner
Suche nach auffallenden Themen
jede schlagzeilenträchtige Nachricht interessiert,
muss der Pressereferent seinen
Verein in das bestmögliche Licht rücken
- aber: „Nicht alles was wahr ist,
müssen wir sagen, aber alles was wir sagen,
muss wahr sein!“ (Peter Rosegger)
In diesem Sinn freue ich mich auf viele
interessante Medienberichte über unsere
Musikkapellen, damit möglichst
viele unsere tollen Konzerte und Auftritte
besuchen.
Herbstzeit ist Planungszeit
Elmar Seebacher,
VSM -Verbandskassier
Nicht nur gewinnorientierte
Betriebe
schließen im Herbst
die Planungen für
das kommende Jahr
ab. Auch unser Verband
muss voraus-
bezahlt worden sind. Allerdings kann man
nicht von „Planungssicherheit“ sprechen. Als
Verband und vor allem auch ich als Kassier
würden uns da von der öffentlichen Hand
mehr Verlässlichkeit und eine zeitnahe Zusage
wünschen. Dasselbe gilt natürlich
auch für die Musikkapellen, welche um einen
Beitrag, zum Beispiel für den Ankauf
von Musikinstrumenten oder Ausgaben das
Probelokal betreffend, ansuchen und sehr
lange im Ungewissen bleiben. Als vielleicht
aktivster Kulturträger im Lande, ob für Kultur,
Kirche, Tourismus oder Gemeinschaft
- mit über 10.000 Mitgliedern - fi nden wir
es wichtig, dass diese Bedürfnisse schneller
behandelt werden und somit mehr Planungssicherheit
gewährleistet wird.
Trotz allem bin ich voller Zuversicht, dass
wir unsere geplanten Aufgaben und Tätigkeiten
im kommenden Jahr wieder zur Zufriedenheit
aller bewältigen können. Nicht
nur für unsere Musikkapellen, sondern dadurch
auch für Land und Leute.
Planungs
Sicherheit …?
Um zielorientiert arbeiten können,
brauchen ehrenamtlich tätige Vereine
u. a. auch Planungssicherheit.
Nr. 05 | Oktober 2019 3
Das Thema
Blasmusik bewegt
Dieses Motto hat sich unser Verband für die laufende
Dreijahresperiode auf die Fahne geschrieben
nächster Zeit die Digitalisierung ausbauen,
unser Corporate Design auffrischen und
unsere Homepage den neuen Standards
anpassen.
Arbeitsbelastung senken
„Blasmusik bewegt“ - Dieses Motto hat sich unser Verband für die laufende Dreijahresperiode
auf die Fahne geschrieben. Es soll dies aber nicht ein wohlklingender
Slogan bleiben, sondern mit vielen Inhalten gefüllt werden. Nach den
Vorstandsneuwahlen im März hat der Verbandsvorstand in einer eigenen Klausurtagung
die Weichen gestellt, um die anstehenden Aufgaben anzugehen, neue
Ideen und Ziele zu formulieren und die Blasmusik in Südtirol weiterzubringen.
Pepi Fauster, Verbandsvorstand
Stärkung des Miteinanders auf den drei Ebenen Verband, Bezirke, Musikkapellen
Wir sind eine große Familie und gehören eng zusammen. Jede dieser drei
Ebenen hat ihre besonderen Aufgaben zu bewältigen und trägt zur gemeinsamen
Entwicklung der Blasmusik bei. Die Aufgaben sind definiert, sie werden
zugeordnet und verteilt. Danach folgt eine enge Vernetzung. Am meisten
helfen wir uns, wenn wir bürokratische Hürden abbauen, Verantwortung absichern
und Veranstaltungen auf ein „Weniger-ist mehr-Ausmaß“ festlegen.
Sehr wichtig ist nach wie vor die Stärkung des Ehrenamtes, auch bei unseren
Jungmusikanten, durch frühe Einbindung in verschiedene Tätigkeiten und
Weitergabe von Verantwortung.
Moderner werden
„Wir müssen uns (die Blasmusik) besser verkaufen“, heißt eine treffende
Aussage dazu. Das stimmt sicher. Die Gesellschaft hat sich geändert, die
Sichtbarkeit und die Sichtbarmachung von dem, was man tut, auch.
Die neuen Medien werden und sollen uns dabei helfen. Wir wollen in
In den letzten Jahren wurden einige Veranstaltungen
ins Leben gerufen, die für
die Entwicklung der Blasmusik sehr wichtig
waren und auch zukünftig nicht weggelassen
werden können. Dies brachte
aber notgedrungen auch viel Arbeit für
die Funktionäre mit sich. Zudem waren
immer größere bürokratische Hürden zu
bewältigen. Die Arbeitsbelastung stieg
um ein Vielfaches an, sodass sie – wenn
es so weiterginge – kaum mehr bewältigbar
ist. Um sie zu senken und auf ein erträgliches
Maß einzupendeln, sollen zunächst
die digitalen Hilfsmittel wie das
Mitglieder-Verwaltungsprogramm „VSM-
Offi ce“ und weitere internetbasierte PC-
Programme die Kommunikation und die
Arbeit erleichtern. Zudem wird es Initiativen
geben, bestimmte Aufgaben von
Funktionären mit ähnlichen aus ihrer Berufsumgebung
zu koppeln.
Begeisterung wecken und Attraktivität
steigern
Zuguterletzt richten sich viele Initiativen
und notwendige Anpassungen immer
wieder an den obersten Zielen unserer
Tätigkeit aus, nämlich Freude zur Musik
und zum gemeinsamen Musizieren
zu wecken und dafür Motivation und Attraktivität
zu schaffen.
Die Angebote der Aus- und Weiterbildung
für alle Funktionäre, die Zusammenarbeit
mit den musikalischen Partnern
Musikschule und Konservatorium,
die unterschiedlichsten Konzertauftritte
und Veranstaltungen wollen gut überlegt
und geplant sein und sollen helfen zu begeistern
und nachhaltig zu wirken.
4
KulturFenster
Blasmusik
Pepi Fauster, VSM-Verbandsobmann
Ein wichtiger Auftrag in unserer Arbeit
ist auch die Bewahrung von Traditionen.
Es wäre aber falsch, nur „die Asche weiter
zu tragen und nicht das Feuer immer
wieder neu zu entfachen“.
Zusammenarbeit zwischen Landesleitung
und Bezirken
Die Bezirke sind eine organisatorische
Untergliederung des Gesamtverbandes
und übernehmen verschiedene Aufgaben
in den jeweiligen Einzugsgebieten.
In gemeinsamer Absprache wurden
die Bezirksmusikfeste für die nächsten
Jahre festgelegt, wobei man sich auf jeweils
eine solche Großveranstaltung pro
Jahr einigte. Bei jedem Bezirksmusikfest
gibt es den Wettbewerb „Musik in
Bewegung“. Die Konzertwertungen werden
nicht damit gekoppelt, sondern in
einem anderen Rhythmus organisiert.
Ein besonderes Anliegen ist es, die
Kommunikation in beiden Richtungen –
vom Verband zu den Bezirken und umgekehrt
– noch auszubauen und zu verbessern.
Die Fortbildung der Funktionäre
und Musikanten sowie die saubere Ausführung
der Finanzgeschäfte werden in
enger Absprache koordiniert.
Neue Funktionärsausbildung
„Motiviert und fi t“
Das Projekt mit der Funktionärsausbildung
in Modulen wird im kommenden
Jahr fortgesetzt, um das Dreijahreskonzept
2018-2020 abzuschließen. Leider
konnten in diesen letzten beiden Jahren
nicht alle angebotenen Module umgesetzt
werden, da es teils an Teilnehmern mangelte.
Auf Grund dessen und wegen der
geplanten Arbeitsreduzierung soll die Anzahl
der Module im kommenden Jahr etwas
verkleinert werden.
Die Module werden wieder in den sechs
Bezirken angeboten; es wird auf eine gute
zeitliche und örtliche Verteilung geachtet.
In diesem dritten Jahr haben vermehrt
noch nicht angebotene Module Vorrang.
Die neuen Broschüren werden Ende November
veröffentlicht.
Südtiroler Blasmusiktage und
Blasmusikpreis des Landes
Die Südtiroler Blasmusiktage wurden von
allen Vorstandsmitgliedern grundsätzlich
positiv bewertet, da sie ein wichtiger Meilenstein
in der Arbeit des Verbandes zur
Zukunftsentwicklung sind. Da sie aus den
ursprünglichen „Sepp-Thaler-Musiktagen“
heraus entstanden sind, soll auch in Zukunft
besonders der Geist unseres ehemaligen
Verbandskapellmeisters – Musik,
Dirigent, Komponist, Literatur, … - in den
Mittelpunkt gerückt werden.
Folgende Ideen und Vorhaben sollen umgesetzt
werden:
➤ Dreijahresrhythmus 2021/2024/2027
➤ Idee: Symposion für Zukunftsentwicklung
für alle Fachbereiche
➤ Komponisten-Szene in Südtirol beleben
und neue Kompositionen fördern
➤ Wege der neuen Dirigentenausbildung
suchen
➤ Expertengespräche / Podiumsdiskussion
Auch der Blasmusikpreis des Landes,
der bisher in den Jahren 2011, 2014
und 2017 an insgesamt 15 Musikkapellen
vergeben wurde, wird als wichtige Einrichtung
angesehen. Dadurch werden die
großen Bemühungen der Musikkapellen
in ein ganz besonderes Licht gerückt und
erfahren auch von höchster politischer
Stelle eine Würdigung.
Bisher war der Preis mit einem Geldbetrag
von jeweils 3.000 Euro pro Kapelle
gekoppelt. Alle Leistungsstufen
wurden berücksichtigt. Die Auswahl-Kriterien
bestanden aus einem Gesamtbild
aus Jugendarbeit, Ensembles, Teilnahme
an Wettbewerben, Auftritten der Musikkapelle,
Teilnahme an Aus- und Weiterbildungen
(Musikanten, Funktionäre), Mitarbeit
im Bezirk und VSM und aus der
Austragung besonderer Projekte. Eine
fünfköpfige Jury aus Land und VSM bewertete
die Ansuchen.
Nr. 05 | Oktober 2019
5
Das Thema
Meinhard Windisch, Verbandskapellmeister
“Wer das Ziel kennt, kann entscheiden.
Wer entscheidet, findet Ruhe. Wer Ruhe
findet, ist sicher. Wer sicher ist, kann überlegen.
Wer überlegt, kann verbessern.”
In diesem Zitat von Konfuzius steckt wohl
sehr viel Wahrheit.
Im Vorfeld dieser Klausurtagung hat sich
die Fachgruppe Musik Gedanken gemacht,
welche Ansätze und Überlegungen wir in
diese Klausurtagung einbringen wollen,
und diese möchte ich nun im folgenden
Bericht darlegen.
Fachgruppe Musik, Ausrichtung und Ziele
Wir verstehen uns als Team, dabei gibt
es keine Hierarchie. Mir persönlich ist es
sehr wichtig, dass jeder sich als Teil eines
Ganzen versteht. Dies bedeutet auch, die
Bezirke besser zu vernetzen und in Folge
auch die Kapellen. Vor allem die Vernetzung
von Kapellmeisterinnen und Kapellmeistern
ist uns dabei ein großes Anliegen.
Die Stärkung des Miteinanders spielt
hier eine ganz große Rolle. Miteinander
bedeutet in erste Linie sich begegnen –
bei Fortbildungen, bei Veranstaltung und
Konzerten. Dazu zähle ich auch die Landesversammlung.
Auch ein gegenseitiger
Probenbesuch ist eine wunderbare Möglichkeit
sich auszutauschen und sich weiterzuentwickeln.
Die Fachgruppe Musik
möchte hier Impulse setzen und Hilfestellungen
anbieten. Noch eines möchte ich
hinzufügen: Zur Fachgruppe Musik gehören
im Grunde alle Kapellmeisterinnen
und Kapellmeister. Wäre schön, wenn wir
dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit
stärken könnten.
Hilfestellung für Musikkapellen
Die Kapellmeistersuche stellt Musikkapellen
sehr oft vor eine große Herausforderung.
In diesem Bereich möchten wir die
Musikkapellen in Zukunft stärker unterstützen.
Plattformen auf der Homepage und im
„KulturFenster“ sollen die erste Maßnahme
sein, Angebot und Bedarf sichtbar zu machen.
Natürlich ist das Ausbildungsangebot
eines der wichtigsten Themen. Dabei
sind wir aber alle gefordert, wir, die die Angebote
stellen und die Musikkapellen, die
Musikantinnen und Musikanten motivieren,
solche Angebote auch anzunehmen.
Meinhard Windisch, Verbandskapellmeister
Ausbildung für Kapellmeisterinnen und
Kapellmeister
In Südtirol haben wir ein sehr breit aufgestelltes
Fort- und Ausbildungsangebot.
Angefangen in der Musikschule und im
Konservatorium, das ab heuer neben dem
Bachelor-Studium ein fünfjähriges Masterstudium
anbietet. Dazu kommen die Fortbildungsangebote
vom Verband Südtiroler
Musikkapellen, welche mit dem Coaching,
der Dirigentenwerkstatt und den verschiedenen
Angeboten in der Funktionärsausbildung
doch insgesamt sehr gut aufgestellt
sind.
Uns als Fachgruppe ist es wichtig, das
breite Spektrum den Anforderungen und
Bedürfnissen anzupassen. Die Herausforderungen
bestehen darin, einerseits das
musikalische Niveau zu steigern und eine
professionelle innovative Richtung zu fördern,
anderseits dürfen wir die Alltagesprobleme
der kleinen Musikkapellen nicht
aus den Augen verlieren. Eine 30 Frau und
Mann starke Mittelstufenkapelle hat eine
völlig andere Realität wie eine D- Stufen
Kapelle mit 60 Mitgliedern. Dies müssen
wir verstärkt im Auge behalten und dementsprechend
die Kursangebote ausrichten.
Literatur und Komponisten
Man könnte sagen, es ist jedes Jahr dasselbe
Lied oder Leid. Gemeint sind hier die
Literaturauswahl und die Zusammenstellung
des Programms für die nächste Konzertsaison.
Natürlich gibt es Kataloge, Internet-Suchmaschinen
und Onlineportale,
die in der heutigen Zeit hilfreich sind. Doch
manchmal ist es genau dieses Überangebot,
das es nicht unbedingt leichter macht.
Dabei sind oft viele Kriterien zu beachten:
Passt das Programm in der Zusammenstellung,
ist die Bearbeitung gut, ist das
Stück für die Kapelle spielbar? - usw. In
dieser Hinsicht muss es nicht immer etwas
Neues sein, unsere Archive sind voll
von Schätzen, die manchmal nur wiederentdeckt
werden müssen. Auch in diesem
Bereich möchten wir Hilfe anbieten.
Ein besonderes Anliegen sind uns die jungen
Komponisten. Sie zu fördern und ihnen
die Möglichkeit geben, sich zu präsentieren,
werden wir unter anderem mit der
Komponistenwerkstatt weiterhin verfolgen.
Wettbewerbe und Wertungsspiele
Ein Wettbewerb oder ein Wertungsspiel ist
in erster Linie ein Ziel. Als langjähriger Kapellmeister
und Musikpädagoge weiß ich,
wie wichtig Ziele sind. Eine Teilnahme an
einem Wertungsspiel ist für jede Musikkapelle
ein Gewinn. Dabei müssen aber
einige Punkte erfüllt sein. Wir als Fachgruppe
sind hier besonders gefordert. Für
uns ist die Beratung und Hilfestellungen
im Vorfeld eines Wertungsspiels ein besonderes
Anliegen. Noch wichtiger ist die
Ausrichtung eines Wertungsspiels. Zentrales
Thema ist hier das Beratungsgespräch.
Am Ende sollten alle das Gefühl
haben, wir haben viel dazugelernt, es hat
Spaß gemacht, und - gemäß dem Zitat von
Konfuzius - wir wissen, was wir in Zukunft
verbessern können.
6
KulturFenster
Blasmusik
Hans Finatzer, Verbandsjugendleiter
Hans Finatzer, Verbandsjugendleiter
„Jeder, der sich die Fähigkeit erhält, Schönes
zu sehen, wird nie alt werden“ so formulierte
es einst Franz Kafka.
Auf unsere Musikwelt übertragen, birgt
dieser tiefsinnige Ausspruch einiges an
Wahrheit, betrachtet man das gelebte
Miteinander unserer Musiklandschaft in
Südtirol. Kinder und Jugendliche wird es
immer geben, solange es die Menschheit
gibt, dabei sind die heutigen Jugendlichen
die Erwachsenen und Entscheidungsträger
von morgen.
In unserer Verantwortung liegt es, die
Jugendlichen zu begeistern, sie zu beflügeln,
sie aber auch zu leiten, ihnen neue
Wege aufzuzeigen.
Die digitale Revolution ändert das Musikleben
auf allen Ebenen,- Instagram,
Facebook, WhatsApp usw. sind bei Menschen
aller Altersschichten mittlerweile
allgegenwärtig und nicht mehr wegzudenken.
Diese Entwicklung änderte viele
unserer Gewohnheiten und vieles auf dem
Gebiet der Musik, nicht nur in Bezug auf
Musikkonsum und Hörgewohnheiten. Sogar
im Unterricht bieten sich immer raffiniertere
digitale Hilfsmittel an, mit einem
Wisch am Handy ist man überall am Geschehen
– mittendrin. Dieser vielfältigen
Entwicklung als Verband Rechnung zu tragen,
wird die Herausforderung der nächsten
Jahre - nicht nur in der Jugendarbeit
- sein. Die heutige Gesellschaft will
bequem und vor allem schnell an Informationen
kommen. Es wird in Zukunft
möglich sein, alles, was der Verband Südtiroler
Musikkapellen an Kursen, Weiterbildungen
und Schulungen anbietet, online
zu buchen. Eine Arbeitsgruppe bestehend
aus Vertretern des VSM und IT-Fachleuten
arbeitet seit dem heurigen Sommer
daran, die Homepage des VSM zu modernisieren.
Diese Maßnahme verspricht
zudem eine Erleichterung in der Verwaltung
und Entlastung der zumeist ehrenamtlich
tätigen Funktionäre.
Stichwort Entlastung: Ehrenamt ist nicht unbezahlte
Arbeit, sondern unbezahlbare Arbeit.
Das hohe Gut der Ehrenamtlichkeit muss
wohl dosiert und verantwortungsbewusst
eingesetzt werden, und es darf nicht mit
Selbstverständlichkeit in Verbindung gebracht
werden. Nur so lassen sich auch
in Zukunft Menschen finden, die Verantwortung
in Kapellen, Bezirken und auf
Landesebene übernehmen. Die Digitalisierung
ist nur ein Teil der Wahrheit, sie
hilft uns über bestimmte organisatorische
Hürden, um das Ganze übersichtlicher zu
gestalten. Gefordert sind die Politik, unsere
Entscheidungsträger und die Gesellschaft
gleichermaßen, das Ehrenamt in
Zukunft so positionieren, dass das wichtigste
– die Freude an der (Blas)Musik –
nicht in den Hintergrund tritt. Um es mit
Yehudi Menuhin zu halten: „Die Musik
spricht für sich alleine. Vorausgesetzt,
wir geben ihr eine Chance“
In diesem Sinne werde ich mich im
Namen der Fachgruppe Jugend bis 2021
auf den Weg machen.
Nr. 05 | Oktober 2019 7
Das Thema
Klaus Fischnaller, Verbandsstabführer
Musik-Tanz-Marsch-Festival der Jugend
Musik in Bewegung und Marschmusik im
Allgemeinen waren nicht die Hauptthemen
bei unserer Klausur. Gerne hätte ich mehr
Zeit gehabt, über die Idee eines „Jugend-
Festivals in Bewegung“ zu diskutieren. Somit
möchte ich die Gelegenheit nutzen, dies
über diesen Beitrag zu tun und euch alle
einladen, offen mitzudiskutieren.
Wir als Fachgruppe haben uns Gedanken
gemacht, wie wir für unsere Jugend
ein interessantes Angebot im Bereich
Musik in Bewegung anbieten könnten.
Dabei entstand die Idee, ein Festival zu
organisieren, wo sich unsere Jugendkapellen
treffen, egal ob klein oder groß,
ob einzeln oder kapellenübergreifend,
und dies alles ohne Wettbewerbscharakter.
Dabei sollen vor allem Musik,
Tanz, Marsch, Show und Spaß im Vordergrund
stehen.
Vorgesehen wäre dieses Festival der Jugend
für das Jahr 2021. Wir haben also
noch genügend Zeit für die Planung und
ich lade hiermit alle Bezirke, Kapellen, Jugendleiter
und Stabführer ein, diese tolle
Idee weiterzutragen und gemeinsam daran
zu arbeiten. Es wäre schade, wenn
es wieder ein mal nur bei einer der vielen
Ideen bliebe.
Klaus Fischnaller, Verbandsstabführer mit der MK Mauls
Musik in Bewegung Klang verleihen
Die Neue Funktionärsausbildung mit den
Zusatzmodulen im Bereich Musik in Bewegung
sind in den letzten 3 Jahren sehr
gut angenommen worden. Wir als Fachgruppe
möchten hier den eingeschlagenen
Weg weiterführen. Man einigte
sich darauf, ein Schwerpunktthema pro
Jahr durchzuarbeiten, ganz nach dem
Wunsch der Klausurtagung „Weniger ist
mehr“. Für 2020 steht das Angebot bereits,
und ich möchte die Gelegenheit nutzen,
euch für das Zusatzmodul „Musik in
Bewegung Klang verleihen“, welches für
den 16. Mai geplant ist, zu begeistern.
Als Referent hat bereits Mag. Hermann
Seiwald, Kapellmeister der Bürgerkorpskapelle
Hallein, zugesagt. Er stellte sich
in einer von ihm erstellten Studie selbst
die Frage „Welche Voraussetzungen sind
im Allgemeinen nötig, damit der Straßenmarsch
besser klingt?“ Melodie,
Begleitung, Probenarbeit, Marschaufstellung
mit Praxisbeispielen und vieles
mehr, sollen uns dazu anregen, uns weiterzubilden.
Eingeladen sind nicht nur Stabführer, sondern
auch Kapellmeister sowie Interessierte.
Die Fachgruppe Musik in Bewegung freut
sich wenn dieses Angebot wieder zahlreich
angenommen wird.
In einer eigenen Klausurtagung wurden die Weichen gestellt, um die anstehenden Aufgaben anzugehen, neue Ideen und Ziele zu
formulieren und die Blasmusik in Südtirol weiterzubringen.
8
KulturFenster
Aus Verband und Bezirken
Blasmusik
Eine musikalische Farbenpracht
Marschmusikbewertung in Latsch (Vinschgau)
Die MK St. Georgen erreichte mit 92,86 Punkte die höchste Punktezahl.
Einmal im Jahr bietet der Verband Südtiroler
Musikkapellen (VSM) seinen Mitgliedskapellen
die Möglichkeit zur musikalischen
Standortbestimmung – sowohl auf der Konzertbühne
wie auch bei der Musik in Bewegung.
Nach dem Konzertwertungsspiel im Mai in
Auer stand nun die Marschmusikbewertung
auf dem Programm. Diese wurde heuer vom
VSM-Bezirk Schlanders in Zusammenarbeit
mit der Bürgerkapelle Latsch organisiert.
7 Musikkapellen stellten sich der Fachjury.
2 Kapellen traten in der Leistungsstufe
C und 5 in der Leistungsstufe D an.
Erik Brugger (Landesstabführer Vorarlberg),
Robert Werth (Landesstabführer Tirol) und
Rupert Steiner (Landesstabführer Salzburg)
begleiteten mit akribischem Auge den Auftritt
der Kapellen. Der Vorarlberger Landeskapellmeister
Helmut Geist bewertete die
musikalische Ausführung.
„Durch die besonders intensive Vorbereitung
wird das Niveau der Musikkapellen
gesteigert“, ist Verbandsstabführer Klaus
Fischnaller überzeugt: „Das gemeinsame
Ziel stärkt den Teamgeist im Verein und wirkt
sich so in mehrfacher Weise positiv aus.“
Bei strahlendem Wetter und vor einer mitreißenden
Zuschauerkulisse auf der Tribüne
des Sportplatzes in Latsch überzeugten die
Musikkapellen mit musikalischer Farbenpracht
und beeindruckenden Leistungen
und ernteten dafür anhaltenden Applaus
Die Ergebnisse in der Reihenfolge des Auftritts:
des Publikums und hervorragende Noten
der Juroren.
Stephan Niederegger
Musikkapelle der Stadt Glurns, Stabführer Fritz Wielander, Stufe C – 87,56 Punkte
Musikkapelle Tschengls, Stabführer Alexander Januth, Stufe C – 89,123 Punkte
Musikkapelle St. Georgen, Stabführer Josef Unterfrauner, Stufe D – 92,86 Punkte
Musikkapelle Kortsch, Stabführer Erwin Rechenmacher, Stufe D – 91,56 Punkte
Musikkapelle Prad, Stabführer Michael Eller, Stufe D – 89,90 Punkte
Musikkapelle Ranggen (A), Stabführer Meinrad Abfalterer, Stufe D – 88,96 Punkte
Musikkapelle Völser Aicha, Stabführer Markus Kompatscher, Stufe D – 90,05 Punkte
Am Ende waren sie alle Sieger.
Nr. 05 | Oktober 2019 9
Aus Verband und Bezirken
Der Marschmusik-Wettbewerb
aus der Sicht der Juroren
Aus der Betrachtung der Juroren, ein sehr gut organisierter und toller
Wettbewerb für die Blasmusik. Im Stadion von Latsch sind 7 Kapellen in
den Stufen C + D zu dieser Bewertung angetreten. Auch wenn die eine
oder andere Ausführung des Stabführers nicht immer den Vorschriften
entsprochen haben welche im Buch „Musik in Bewegung“ des Österreichischen
Blasmusikverbandes festgelegt sind, war dies nicht als falsch,
Sie beobachteten mit akribischem Aug‘
sondern eben als anders und somit wieder sehr fair bewertet worden.
und Ohr die Auftritte der Kapellen –
Gratulation an alle Teilnehmer!
v.l.: Erik Brugger, Robert Werth, Helmut
Geist und Rupert Steiner
Durch das Suchen des Vergleichs mit sich selbst, und nicht das Suchen des
Vergleichs mit anderen, und wenn es uns überhaupt gelingen würde, das Musizieren
als Herzensangelegenheit zu sehen, dann könnten wir mit viel Freude und Spannung in die künftigen
Wertungsspiele blicken. Letztlich geht es um eine umfassende Entwicklung, die wir durch Kennenlernen
neuer Marschliteratur und einer Vielfalt an Aufführungs- und Interpretationsmöglichkeiten erreichen können. Es geht aber auch darum,
sich dem Musizieren hinzugeben und bei einer besonderen Veranstaltung dabei zu sein.
Helmut Geist, Landeskapellmeister Blasmusikverband Vorarlberg
Musikkapelle Völser Aicha
Verbandsstabführer Klaus Fischnaller
zeigte sich erfreut über das gute Gelingen
der Marschmusikbewertung wie
auch über das hohe Niveau der teilnehmenden
Kapellen.
Sie freuten sich auf den Auftritt – die Stabführer (v. r.) der MK St. Georgen,
MK Kortsch, MK Tschengls, MK Prad, Verbandsstabführer Klaus
Fischnaller, MK Stadt Glurns, MK Ranggen und MK Völser Aicha
10
KulturFenster
Blasmusik
Hier einige
Schnappschüsse …
Musikkapelle Stadt Glurns
Die Nordtiroler Musikkapelle Ranggen
Musikkapelle Tschengls
Musikkapelle Kortsch
Gleichermaßen kritisch interessiert
und begeistert folgten
die zahlreichen Zuschauer der
„Musik in Bewegung“.
Musikkapelle Prad am Stilfserjoch
… und viele
weitere findet man hier
Nr. 05 | Oktober 2019 11
Aus Verband und Bezirken
Oh munts y vals ladines
(Oh Berge und Täler Ladiniens)
Freundschaftstreffen der Musikbezirke Pustertal/Osttirol
Seit 1981 treffen sich die Funktionäre der
Musikbezirke des Osttirols (Lienzer Talboden,
Iseltal und Pustertal/Oberland) und des
VSM-Bezirks Bruneck im Zweijahresrhythmus
zu Freundschaftstreffen und zum wertvollen
Gedanken- und Erfahrungsaustausch,
jeweils diesseits und jenseits der Grenze.
Am vergangenen 14. September war es wieder
soweit: Die Osttiroler Kollegen waren zu
Gast im schönen Gadertal.
Treffpunkt war in Corvara - auf 2.194 Metern
Meereshöhe an der Mittelstation des
Piz Boè. Gar einige der Gäste ließen es sich
nicht nehmen und genossen noch die Weiterfahrt
mit dem Sessellift zur knapp 400
Meter höher gelegenen Bergstation „Vallon“
und den herrlichen Blick auf die frisch verschneite
Marmolata. Zurück am Treffpunkt
hieß Bezirksobmann Johann Hilber alle im
Namen des VSM-Bezirks herzlich willkommen:
„Wir haben die Verpflichtung, das was
vor knapp 40 Jahren mit viel Weitblick und
teils unter schwierigen Umständen und
Rahmenbedingungen initiiert wurde, in die
Zukunft weiterzutragen und an die nächste
Generation weiterzugeben.“ Gestärkt
beim reichhaltigen Buffet in der „Piz Boè
Alpine Lounge“ und musikalisch begleitet
vom „Conturines-Echo“ ging es schließlich
weiter nach Oies, zum Geburtshaus des Hl.
Pater Josef Freinademetz. Die gemeinsame
Messe in der Freinademetzkirche wurde von
Pater Franz Senfter zelebriert und von den
Weisenbläsern der Musikkapelle Abtei/Badia
unter der Leitung von Fridl Pescoller
musikalisch gestaltet. Auf dem Weg zum legendären
Runch-Hof auf der gegenüberliegenden
Talseite besuchte die Reisegruppe
noch kurz den Auftritt der Jugendkapelle
Hochabtei „Mujiga di jong dl'Alta Val Badia“
beim Kirchtagsfest, wiederum unter
der Leitung des „musikalischen Nimmersatt“
Fridl Pescoller.
Zum Willkommenstrunk am Runch-Hof
gesellte sich auch Roland Griessmair, seines
Zeichens der Präsident der Bezirksgemeinschaft
Pustertal. In seinen Grußworten hob
Gruppenfoto in mitten der herrlichen Landschaft des Gadertals
er die Wichtigkeit solcher Initiativen hervor:
„Es ist wichtig, dass der gegenseitige Austausch
unter den Menschen stattfindet und
nicht zwischen Bürgermeistern und offiziellen
Delegationen, denn erst die persönlichen
Verbindungen machen und halten
solche Ideen lebendig.“ Beim reichhaltigen
Abendessen gab es noch genügend
Gelegenheit, um Erinnerungen wachzurufen,
Erfahrungen auszutauschen und neue
Ideen zu schmieden.
Stephan Niederegger
Messfeier in der Freinademetzkirche
von Oies
Ein historisches Foto: Sie waren von Anfang an dabei, seit dem ersten
Freundschaftstreffen 1981 in St. Martin in Thurn - v.l. Helmuth Pescolderung, Klaus
Köck, Paul Winkler, Franz Lackner und Manfred Klocker - es war dies einer der
letzten "öffentlichen" Auftritte von Manfred Klocker, denn nur 10 Tage nach diesem
Treffen ist er überraschend verstorben.
12
KulturFenster
Blasorchesterstudium
auf höchstem Niveau
15.02.2020
Blasmusik
12. VSM - Landeswettbewerb
„Musik in kleinen
Gruppen“ 2020
www.vsm.bz.it/fachbereiche/jugend
Besondere Ausbildung am Bozner Konservatorium
Verbandsobmann Pepi Fauster (links)
und Verbandskapellmeister Meinhard
Windisch
Die Mitteilung, dass die Landesregierung
nun 3 neue Master-Studiengänge am Bozner
Musikkonservatorium genehmigt hat,
sorgte auch im Büro des Verbandes Südtiroler
Musikkapellen (VSM) für große
Freude. Es sei dies ein weiterer Beweis
der Wertschätzung der Blasmusik und ihrer
Mitglieder in unserem Land und eine
neue Tür für moderne nachhaltige Entwicklungen,
hoben Verbandsobmann Pepi Fauster
und Verbandskapellmeister Meinhard
Windisch hervor.
„Der VSM freut sich außerordentlich
über die Genehmigung dieser besonderen
Ausbildung am Bozner Konservatorium“,
sagt Fauster. Es sei dies ein weiterer
wichtiger Schritt für die Blasmusik in
Südtirol. Mit der Einführung des Bachelor-Studiums
für Blasorchesterleitung am
Konservatorium in Bozen im Jahr 2010
war das Ziel erreicht, die höchste Ausbildungsstätte
des Landes in die Blasmusik
einzubinden. Ein großer Dank gehe dabei
auch an Thomas Doss, der maßgeblich
am Aufbau dieses Studiums in Bozen
mitgearbeitet und den Studiengang
begleitet hat, sowie an seinen Nachfolger
Walter Ratzek, der die Arbeit erfolgreich
fortsetzt. Ratzek setzte sich auch für
die Erweiterung des Studiengangs
ein. Zudem sucht
er den Kontakt zur Basis
und will auch aktive Kapellmeister
in ihrer Arbeit
unterstützen.
Das Masterstudium ermöglicht
nun den Studierenden
eine moderne, umfangreiche,
praxisnahe,
fundierte und weiterführende
Ausbildung auf dem
Gebiet der Blasorchesterleitung
und garantiere und steigere somit
die Qualität der Musikkapellen, ergänzt
Windisch.
Das Studium bereichert einerseits die
Studierenden selbst, andererseits erfährt
die gesamte Blasmusikszene einen
qualitativen „Rückenwind“, sind beide
überzeugt. Da erwartungsgemäß Studie-
6. Südtiroler Dirigentenwerkstatt
vom 8. bis 9. November 2019 in Bruneck
rende aus verschiedenen Ländern nach
Bozen kommen, gelangen neue Impulse,
frische Ideen und innovative Ansätze in
unser blasmusikalisches Umfeld: „Das
Image der Blasmusik wird gehoben, da
das künstlerische Element noch mehr
wie bisher verstärkt wird.“ Zudem werde
auch der Standort des Bozner Konservatoriums
noch weiter aufgewertet und reiht
sich in den Kreis jener Ausbildungsstätten
ein, die sich durch ihre Master-Lehrgänge
auf dem neuesten wissenschaftlichen
und künstlerischen Niveau bewegen.
Pepi Fauster und Meinhard Windisch bedanken
sich im Namen des Verbandes
und der 210 Südtiroler Musikkapellen bei
allen, die sich um diese neue Ausbildung
verdient gemacht haben, ganz besonders
dem Landeshauptmann, der Landesregierung
und dem Konservatorium Bozen.
Stephan Niederegger
Bereits zum 6. Mal lädt heuer der Verband Südtiroler Musikkapellen (VSM) zur Dirigentenwerkstatt
für Kapellmeisterinnen und Kapellmeister. Oberstes Ziel dieser Werkstatt
ist es, mit Hilfe eines externen Referenten Inputs für die praktische, musikalische Arbeit
mit der Musikkapelle zu erhalten. Diese Fortbildung umfasst Blasorchesterliteratur
in allen unterschiedlichen Stufen und ist daher für alle Kapellmeisterinnen und Kapellmeister
interessant. Gastreferent der heurigen Werkstatt ist Walter Ratzek.
Bei der VSM-Jahreshauptversammlung 2017 stellte sich Walter Ratzek als neuer
Professor des Blasorchesterstudiums in Bozen vor.
Nr. 05 | Oktober 2019 13
Blasmusik International
29.02.2020
CON.BRIO
Kapellmeisterwettbewerb
Stadttheater Sterzing
http://www.vsm.bz.it/
2019/09/04/con-brio-west/
Kritisch hingehört
„Secret Escapes“
Luxusklänge beim Sommernachtskonzert der MK Naturns
Secret Escape - eine musikalische „Flucht“ mit sommerlich-heißen Rhythmen und Melodien bot die Musikkapelle Naturns beim
diesjährigen Sommernachtskonzert.
Am 22. und 24. August entfloh das zahlreich
erschienene Publikum dank des verlockenden
„Secret-Escape“-Angebotes der Musikkapelle
Naturns dem Alltag, um sich auf die
Luxusreise eines bunten, geschmackvollen
Musikcocktails unter dem Dirigat von Dietmar
Rainer zu begeben, der vor allem aus
Zutaten wie Rock, Pop, Swing und Samba
gemixt und mit einer ansehnlichen Prise
Schauspiel veredelt war. Judith Leiter und
Daniel Götsch verführten die Zuhörer in ihrer
beseelten, deklamatorischen Anmoderation
der Stücke in die wohl schönsten Urlaubsregionen
dieses Planeten, wie etwa
nach Spanien oder bis zum Strand von Copacabana
nach Brasilien.
Mit Carlos Santanas „Europa“, einer der
größten Rocklegenden, nahm das Konzert
seinen Lauf. Die unverkennbaren Gitarrenmelodien
übernahmen Jakob Geier an der
E-Gitarre und Anna Weithaler am E-Bass gemeinsam
mit Julia Wellenzohn am Klavier.
Loris Gitterle überzeugte hier am Drum-Set
genauso wie in den darauffolgenden spanischen
Melodien „Palindromia Flamenca“
am Cajon. Die Konzertbesucher goutierten
dabei vor allem Andreas Lamprechts ausgedehnte
bravouröse Improvisationen am
Sopransaxophon und die Flamenco-Begleitrhythmen
der spanischen Gitarre von
Anna Weithaler. Die musikalische Reise
der Musikapelle führte mit Apollo 11 sogar
ins Universum, so etwa im Stück „Fly Me
To The Moon“. Der von Frank Sinatra oder
anderen Interpreten gesungene bekannte
Evergreen präsentierte sich in diesem originellen
Arrangement mit verzaubernden
Soli für Saxophon und Gesang, dargeboten
von Sybille Kofler. Mit „Wave“, des brasilianischen
Komponisten Antonio Carlos,
präsentierte Kofl er in einer weiteren Sologesangdarbietung
im Klangbeet der Musikkapelle
die Komplexität des Bossa-Nova-
Stils sowohl in Harmonie und Melodie. Im
Werk „The Girl From Ipanema“ setzte Daniel
Götsch im mitreißenden Sologesang ebenfalls
die typischen stilistischen Eigenheiten
des Bossa-Nova-Gesangs gekonnt um, während
die Kapelle im Samba-Rhythmus ausdrucksstark
das am Strand von Ipanema
entlanglaufende Girl darstellte. In diesem
Stil präsentierte sich auch „Clarinet Samba“
von Parker, dabei glänzte das Klarinettenregister
in schnellen Läufen, begleitet vom
raffinierten Spiel lateinamerikanischer Perkussionsinstrumente.
Brasilianisch sollte es
auch in dem von Barry Manilow ursprünglich
gesungenem „Copacabana“ zugehen,
indem Sybille Kofler im Sologesang die Geschichte
eines Showgirls und deren Liebhaber
erzählte; auch das Flötenintermezzo
bot Kofler selbst. Sonnig-heiter flanierte Veronika
Schnitzer gesanglich „On The Sunny
Side Of The Street“, ein Popsong aus der
Feder von Jimmy McHugh. Wie schön es
ist, seine Sorgen hinter sich zu lassen und
auf der sonnigen Seite der Straße spazieren
zu gehen, erlebten die Zuhörer ebenso in
der luftig-leichten Klangdarbietung von Julia
Wellenzohn im klaviersolistischen „Sweet
Piano“, das von anfänglichen süßen Walzermelodien
in abschließende swingende
Vier-Viertel-Rhythmen modulierte. Das Naturnser
Blasorchester versorgte die Walzerliebhaber
im Publikum mit einem weiteren
Drei-Viertel-Rhythmus und zwar im vielfarbigen,
facettenreich instrumentierten modernen
Konzertwalzer „Jazz Waltz Number
One“ von Otto M. Schwarz. Dabei glänzten
vor allem Anna Platzgummer und Manuel
Tumler auf solistische Art und Weise. Faszinierende
Rhythmen boten auch die Solopassagen
der Perkussionisten in „Fascinating
Drums“ von Ted Huggens. Im Stück
„Nothing Gonna Change My Love For You“
eroberte Manuel Tumler im Trompetensolo
in der durch die Moderatoren eröffneten
„Nacht der Rosen“ die Herzen des Konzertpublikums.
Mit dem Radiohit „Despacito“
von Luis Fonsi und den Worten „Ladies
and gentlemen. This is Mambo Number 5”
schloss Thomas Moriggl im Sologesang gemeinsam
mit der Musikapelle Naturns die
musikalischen Sommernachtsträume unter
tosendem Applaus.
Fabian Fleischmann
14
KulturFenster
Zur Person
Blasmusik
Zum 90. Geburtstag
von Andreas Bramböck
Vielseitiger Pädagoge – Dirigent – Funktionär
Am 12. Juli 2019 feierte der ehemalige
Landeskapellmeister des Tiroler Blasmusikverbandes,
Andreas Bramböck, in Mariastein
mit seiner Familie den 90. Geburtstag.
Der Jubilar kann auf ein beachtliches
Lebenswerk als Pädagoge, musikalischer
Leiter mehrerer Musikkapellen, als Chordirigent,
verdienstvoller Funktionär, Initiator
zahlreicher Neuerungen, insbesondere
in der Aus- und Fortbildung von Kapellmeistern,
Jungmusikern und Jungmusikerinnen
zurückblicken.
Über sein vielfältiges Wirken, seine Kompetenz
in musikalischen und organisatorischen
Fragen, seine Verlässlichkeit, seinen
Fleiß und auch über seine zahlreichen
Bergtouren und Reisen, die ihn bis nach
Südamerika führten, wäre einiges Wissenswertes
und Unterhaltsames zu berichten.
Zentrale Themen der beruflichen Laufbahn,
beginnend als Lehrer an der Volksschule
Amras und nach 42 Jahren ebendort
als Direktor endend, die in diesem
Zeitraum erfolgte pädagogische Entwicklung,
die personelle wie auch räumliche
Erweiterung der Volksschule Amras sind
nur rudimentär wiederzugeben. Die Ernennung
zum Oberschulrat war die logische
Folge seiner Bemühungen.
Wegweisend in mannigfacher Weise waren
die Gründung des Amraser Jugendund
Kirchenchores (Winter 1951), wie
überhaupt die besondere Hinwendung
zur Jugend und sein Offensein allem sinnvoll
Neuen gegenüber. So schuf er solide
Voraussetzungen für die musikalisch anspruchsvolle
Gestaltung der Gottesdienste
sowie von Festen und Feiern im Jahreslauf.
Die gezielte Hinwendung zur Jugend
hatte nicht nur eine zahlenmäßige Erweiterung,
sondern auch eine qualitätsvolle
musikalische Entwicklung und Leistungssteigerung
zur Folge.
Mit der Musikkapelle Amras, deren
Kapellmeister er von 1955 bis 1970 und
1972 bis 1989 war, absolvierte er ein ansehnliches
Pensum von außerordentlich
gelungenen Konzertprogrammen und beachtlichen
Ausrückungen. Die langjährige
freundschaftliche Verbindung mit der
Musikkapelle Feldthurns im VSM und die
Wertschätzung der Vereine in Amras beweisen
seine Umsicht und Kooperationsbereitschaft.
Als Landeskapellmeister (1986 bis
1998) initiierte er u. a. erstmals die Zusammenstellung
eines symphonischen
Landesblasorchesters in Tirol. Zum Papstbesuch
von Johannes Paul II. im Bergisel-
Stadion in Innsbruck leitete er die Uraufführung
der „Intrada“ für Blasorchester
von Florian Bramböck. Mit der Musikkapelle
Amras führte er z. B. die Symphonie
in c-Moll von Franz Kinzl (1895-
1978) und das zeitgenössische Werk für
Violoncello und Blasorchester von Friedrich
Gulda (Solist Max Engel) auf.
Zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen
kirchlicher und profaner Institutionen
(z. B. die Ernennung zum Professor)
und Vereinigungen dokumentieren
die Wertschätzung und Dankbarkeit für
zahlreiche Initiativen, Gründungen und
jahrzehntelang erbrachte Leistungen des
stets bescheiden gebliebenen Jubilars
als Vorgesetzter, Mitarbeiter und Freund.
Mögen alle guten Wünsche, die Prof.
Bramböck zu seinem Jubiläum erreicht
haben, in Erfüllung gehen und er mit seiner
Erfahrung und reichem Wissen noch
lange bei uns bleiben.
Friedrich Weyermüller
KulturFenster
Redaktion KulturFenster
Ihre Beiträge (Texte und Bilder) für die Blasmusikseiten senden Sie bitte an: kulturfenster@vsm.bz.it
Nr. 05 | Oktober 2019 15
Neues
Klang der Donaumonarchie
Bläserphilharmonie Mozarteum Salzburg – CD des Neujahrskonzertes 2019 erschienen
Die Bläserphilharmonie Mozarteum
Salzburg musiziert im
„Olymp der Bläsersymphonik“ -
so titelte bereits die internationale
Fachzeitschrift „eurowinds“
über dieses einzigartige Orchester.
Ihr Salzburger Neujahrskonzert
im Großen Festspielhaus ist
mittlerweile zu einem Markenzeichen
geworden.
Das heurige Konzert am vergangenen
6. Jänner wurde zur
Primetime im ORF als Live-Übertragung
ausgestrahlt. Auch diesmal
setzte der Gründer und
Chefdirigent Hansjörg Angerer
besondere programmatische Akzente.
Speziell in der Umsetzung
der Musik der Strauss-Dynastie
in dieser Besetzungsform setzt
die Bläserphilharmonie neue
Maßstäbe, die weltweit als Vorbild
dienen. Nun wurde die CD des Neujahrskonzertes
2019 veröffentlicht – die
30-ste seit der Orchestergründung vor 17
Jahren. Unter dem Motto „Klang der Donaumonarchie“
hat Hansjörg Angerer Meisterwerke
führender Komponisten ausgesucht,
die während der letzten 100 Jahre
der Habsburger Monarchie wirkten. Da-
mit wird die letzte Glanzzeit des
Weltreiches mit Walzern, Märschen
und Tänzen wie Czárdás,
Polka und Mazurka zum Klingen
und Leuchten gebracht.
Neben Werken von Carl Michael
Ziehrer, Joseph Lanner,
Johann Strauss, Franz von
Suppé, Bedřich Smetana, Antonin
Dvořák , Johannes Brahms,
Julius Fučík und Josef Hellmesberger
ist auch das Schlagwerkkonzert
des Wiener Philharmonikers
Bruno Hartl mit
dem internationalen Solisten
Martin Grubinger zu hören.
Somit klingt die Musik der Donaumonarchie
weder antiquiert
noch verstaubt und der musikalische
Bogen spannt sich
bis in die Neuzeit. Die Bläserphilharmonie
Mozarteum Salzburg
beweist einmal mehr, dass sie in der
musikalischen Welt einen eigenen Kontinent
darstellt.
Stephan Niederegger
6. Südtiroler Dirigentenwerkstatt
am 8. und 9. November 2019 in Bruneck
Bereits zum 6. Mal lädt heuer der Verband Südtiroler Musikkapellen
(VSM) zur Dirigentenwerkstatt für Kapellmeisterinnen und Kapellmeister.
Oberstes Ziel dieser Werkstatt ist es, mit Hilfe eines externen Referenten Inputs
für die praktische, musikalische Arbeit mit der Musikkapelle zu erhalten.
Diese Fortbildung umfasst Blasorchesterliteratur in allen unterschiedlichen Stufen und ist
daher für alle Kapellmeisterinnen und Kapellmeister interessant. Gastreferent der heurigen
Werkstatt ist Walter Ratzek.
Anmeldungen sind über das VSM-Office möglich.
Im Notizfeld ist die aktive (Kursgebühr = 150 Euro) oder die passive Teilnahme (Kursgebühr = 50 Euro) zu vermerken.
Informationen im Internet unter www.vsm.bz.it/2019/06/22/6-suedt-dirigentenwerkstatt
16
KulturFenster
Blasmusik
Die Musikkapelle Afers präsentierte sich bei ihrem Jubiläum in Feststimmung.
•Musikpanorama
Jubiläumsfest 100 Jahre Musikkapelle Afers
Abendkonzert mit Ehrungen – Festakt – Vereinschronik und Fotoausstellung
Die Musikkapelle und die Bevölkerung von
Afers feierten am 14. und 15. September
das 100-jährige Bestehen der Kapelle.
Die Jubiläumsfeier begann bereits am
Samstag, 14. September, mit einem
Abendkonzert der Jubelkapelle. Bei diesem
Anlass wurden Michael Prader für
seine 25-jährige Musikantenlaufbahn sowie
Albin Bacher für seine 25-jährige Tätigkeit
im Ausschuss, unter anderem als
Kapellmeister, Jugendleiter, Beirat und
Obmann-Stellvertreter geehrt. Der Bezirksobmann
Josef Ploner nahm die Ehrungen
vor und bedankte sich bei beiden
für ihren Einsatz und die Zeit, die sie in
all den Jahren für die Musikkapelle aufgebracht
haben. Am Sonntag, 15. September,
wurden am frühen Morgen die
Verbandsfahne und ca. 20 Fahnenabordnungen
des Bezirks Brixen empfangen.
Nach dem Gottesdienst in der Pfarrkirche
von Afers folgte der Festakt mit den Grußworten
der Ehrengäste. Chronist Martin
Prader, selbst aktiver Musikant, stellte der
Festgemeinde zudem die Chronik der Musikkapelle
Afers vor, die er mit viel Mühe
und Fleiß erarbeitet hatte. Damit konnte
er allen Interessierten einen kleinen Einblick
in das Geschehen, von der Gründung
im Jahr 1919 durch Vigil Gostner
bis heute, verschaffen. Außerdem konnten
die Dorfbewohner und Gäste anhand
einer Fotoausstellung im Mehrzwecksaal
viele schöne Eindrücke von der 100-jährigen
Vereinsgeschichte der Musikkapelle
sammeln. Am Nachmittag sorgten die Jugendkapelle
Lüsen/St.Andrä/Afers und die
Böhmische von Weitental für die musikalische
Unterhaltung. Die Vereine von
Afers unterstützten die Musikkapelle tatkräftig
bei der Durchführung des Jubiläumsfestes,
das von der Dorfbevölkerung
und von vielen Gästen aus nah und fern
mitgefeiert wurde.
MK Afers
Nr. 05 | Oktober 2019 17
Blasmusik Musikpanorama International
ab 15.02.2020
Kapellmeistercoaching
2020
http://www.vsm.bz.it/fachbereiche/
kapellmeister
Ein musikalischer Tag mit
namhaften Referenten
MK Prissian organisiert Seminar für Weisenbläser
Anfangs Juli organisierte die MK-Prissian
auf der „Unterwirtsalm“ oberhalb Platzers
ein Seminar für Weisenbläser. Dazu konnten
zwei namhafte Referenten gewonnen
werden:
Stefan Neussl aus Kaltenbach im Zillertal
ist Fachreferent für alpenländische Volksmusik,
Vorstandsmitglied im Tiroler Volksmusikverein,
Juror beim „Alpenländischen
Volksmusikwettbewerb“ Innsbruck, Gründer
und Leiter der „Zillertaler Weisenbläser“
sowie der „Tiroler Tanzmusikanten“.
Christian Egger aus Brixen im Thale (T),
Musikschullehrer und Kapellmeister der
MK-Hopfgarten, ist seit vielen Jahren als
Referent für Klarinette im Bildungshaus
Schloss Goldrain tätig, ebenso wie Stefan
Neussl für Flügelhorn. Stefan Neussl ging
vor allem auf die Grundvoraussetzung ein,
die es beim Weisenblasen braucht, damit
ein stimmiges Musizieren gelingen kann:
ein guter Ansatz, eine solide Tonbildung,
eine sichere und präzise Ansprache und,
als wesentliches Element, das „Gespür“
füreinander. Zu den etwa 15 Musikantinnen
und Musikanten der MK-Prissian
gesellten sich noch einige Musikfreunde
von auswärts hinzu, so auch die Familie
Hannes Wallnöfer/Schwärzer aus Tisens,
die im Herbst 2018 in Innsbruck den begehrten
Herma-Haselsteiner-Preis in der
Kategorie „Musizierende Familie“ gewonnen
hat. Den ganzen Tag hindurch wurde
fleißig geübt, wobei auch verschiedene Besetzungen
ausprobiert wurden.
In kleineren Pausen erfrischte ein guter Tropfen
aus dem Weingut der Familie Holzner
die Bläser; ebenso sorgten fleißige Helfer/
innen bestens für das leibliche Wohl. Insgesamt
war es ein sehr schöner, geselliger
Tag mit viel Musik unter schattigen Bäumen.
MK-Prissian
Eine Weise zum Abschluss
vom Balkon der Almhütte,
die dankenswerterweise
von der Familie Holzner
zur Verfügung gestellt
wurde - Referent Stefan
Neussl (4. v.r.)
Egerländer Musik in Naturns
Marsch- und Polka-Workshop mit Toni Scholl
Das Wochenende vom 30. August bis 1.
September stand bei der Naturnser Musikkapelle
im Zeichen der Egerländer Musik.
Mehrere Musikantinnen und Musikanten
aus verschiedenen Vinschger und Burggräfler
Musikkapellen folgten der Einladung
der Musikkapelle Naturns zum kostenlosen
Marsch- und Polka-Workshop mit dem Gastdirigenten
Toni Scholl in Naturns.
Toni Scholl arbeitete bereits zu Zeiten seines
Posaunenstudiums mit verschiedenen
Orchestern zusammen und besuchte mehrere
Meisterkurse im Dirigieren, bevor er im
Jahr 2000 sein Dirigier- und Kapellmeisterstudium
an der Hochschule für Musik Groningen
(NL) erfolgreich abschloss. 1991 bis
1999 war Scholl als 1. Tenorhornist bei den
Original Egerländer Musikanten unter der Leitung
von Ernst Mosch tätig und führte in Zusammenarbeit
mit Ernst Hutter bis 2003 die
neue Formation von „Die Egerländer Musikanten
- Das Original“. An zwei Probeabenden
brachte Toni Scholl den insgesamt ca. 80
Musikantinnen und Musikanten mit pädagogischem
Feingefühl die stilistischen und
musikalischen Eigenheiten der Egerländer
Musik näher. Erarbeitet wurden Werke wie
die „Fuchsgraben Polka“ von Karel Vacek,
„Egerländer Träumereien“ von Toni Scholl
sowie einige weitere Polkas und Märsche.
Zur Aufführung kam das Geprobte bei einem
kurzen Konzert beim Naturnser Kirchtag am
Sonntag, 1. September.
Julia Wellenzohn
Ende August wurde in Naturns unter der Leitung von Toni Scholl fleißig Egerländer
Musik geprobt.
18
KulturFenster
Vorweg
Chorwesen
7. Gesamttiroler Wertungssingen
Mit dabei auch die zwei Landesjugendchöre
Beim 7. Gesamttiroler Wertungssingen sind der Landesjugendchor Südtirol …
27 Chöre aus Nord- Ost- und Südtirol nehmen
am 7. Gesamttiroler Wertungssingen
am 9. und 10. November 2019 in der Aula
Magna in Auer (Sepp-Thaler-Straße 2) teil.
Das Wertungssingen wird auch heuer
eine gute Gelegenheit bieten, neue Literatur
kennen zu lernen, sich gegenseitig
zu intensiver Chorarbeit zu motivieren und
die Qualität nachhaltig zu verbessern. Besonders
wertvoll ist auch die Rückmeldung
der kompetenten Jury. Der Wert solcher
Perspektiven von außen ist unschätzbar
und jeder Chor ist angewiesen auf solche
Erfahrungen, wenn er nicht stehen bleiben
will. Neben den klassischen Chören
nehmen in einer offenen Klasse auch andere
Formationen teil. Die Vorträge der
Chöre beginnen am Samstag, 9. November
um 9.30 Uhr.
Der Festakt mit der Überreichung der
Urkunden fi ndet am Sonntag. 10. November
um 18.00 Uhr in der Aula Magna
in Auer, statt. Folgende Chöre nehmen
am Wertungssingen teil: der Freizeitchor
Radein, der Kirchenchor "St. Wolfgang"
Radein, der Mandochor Ehrenburg, der
Kirchenchor St. Margareth/Schabs, die
Frauensinggruppe "vox jubilans" Riffian,
das Ensemble "vox jubilans" Riffian, der
Männerchor Stegen, der Cor Sasslong,
der Kirchenchor "St. Oswald" Mauls, die
Gospel Cantorei Meran, der Kirchenchor
Auer, brummnet - der Männerchor, 4teen-
Frauen, der Frauenchor Sebald, der Landesjugendchor
Südtirol, der Männerchor
Terfens, der Oswald Milser Chor, der MGV
Liederkranz Telfs, der Kirchenchor Tulfes,
Gemischter Chor Schmirn, Steuerberaterchor
Kammerchor Tirol, "da Chor"
Niederau, Chor CHORrekt Zillertal, Chorwerkstatt
Telfs, Chor St. Marien, Lienz und
der Tiroler Landesjugendchor.
… und der Tiroler Landesjugendchor mit dabei.
Alle Informationen zu den Veranstaltungen und Schulungen des Südtiroler Chorverbands
auf www.scv.bz.it und auf Facebook!
Dominikanerplatz 7, I-39100 Bozen
Tel.: 0471 971833
E-Mail: info@scv.bz.it
www.scv.bz.it
facebook.com/SuedtirolerChorverband
Nr. 05 | Oktober 2019 19
Das Thema
Jugendliche lassen sich für das
Singen begeistern!
Chorleiter Hubert Brugger erzählt von seinen Erfahrungen
ich die Mittelschule besuchte. Es war ein
Privileg, im Knabenchor zu singen, und ich
denke gerne zurück an diese schöne Zeit.
Ich habe dann in der Oberschule mit
dem Gitarrenspiel begonnen, wir hatten
im Johanneum in Dorf Tirol eine Band, wir
haben öfters Feierlichkeiten an der Schule
mitgestaltet, und was uns natürlich am besten
gefallen hat: Wir wurden oft in andere
Dörfer im Burggrafenamt und in den Vinschgau
eingeladen, Jugendmessen musikalisch
zu gestalten und haben so nette
Leute kennengelernt. In meiner Oberschul-
und Studienzeit war ich außerdem
Mitglied der Musikkapelle Nals und habe
Trompete gespielt.
Chorleiter Hubert Brugger erhielt von den Landeshauptleuten von Tirol die
Verdienstmedaille des Landes Tirol.
Mit vielen anderen Menschen des Landes
erhielt heuer auch Hubert Brugger, Lehrer
und Chorleiter aus Meran, die Verdienstmedaille
des Landes Tirol für seine Verdienste
um die Kultur in unserem Land.
„Die Auszeichnung kam für mich völlig
überraschend und ich habe lange überlegt,
warum ich, denn es gibt so viele, die die
Auszeichnung genauso verdienen würden
wie ich“, sagt der Chorleiter und fügt hinzu:
„Trotzdem habe ich mich sehr gefreut und
sehe diese Auszeichnung als Dank und Anerkennung
für die Sänger und Sängerinnen
im Jugendchor Prisma, die über viele Jahre,
bzw. Jahrzehnte die Freizeit dafür eingesetzt
haben und immer noch einsetzen, durch
ihr Singen und Musizieren anderen Menschen
Freude zu bereiten.“ Hubert Brugger
stammt aus Sirmian bei Nals, wohnt seit
über 30 Jahren mit seiner Familie in Meran,
ist verheiratet und hat drei bereits erwachsene
Söhne. Als Schüler im Johanneum
in Dorf Tirol faszinierte ihn die Mathematik.
Deshalb studierte er nach der Matura
Mathematik in Innsbruck und unterrichtet
seither dieses Fach an der Handelsoberschule
- heute Wirtschaftsfachoberschule
- in Meran. „Es war schon immer mein
Berufswunsch, Lehrer zu werden“, erzählt
Hubert Brugger in seiner stets ruhigen und
freundlichen Art: „Ich freue mich jedes Jahr
neu auf die spannende und abwechslungsreiche
Arbeit mit den Jugendlichen.“ Ein
Lehrer mit Leib und Seele also - Vielleicht
liegt auch darin das Geheimnis für seinen
Erfolg als Jugendchorleiter.
KF: Sie sind nicht nur begeisterter Lehrer,
sondern leiten auch den Jugendchor
Prisma. Wie sind Sie selbst zur Musik gekommen?
H. Brugger: Musik hat mich schon als
Kind begeistert, das erste Instrument, das
ich gespielt habe, war eine einfache Ziehharmonika.
Leider gab es in meiner Kindheit
noch kaum Möglichkeiten, Unterricht
zu bekommen, und so habe ich versucht
mir vieles selbst beizubringen. Zum ersten
Mal gesungen habe ich im Knabenchor im
Chorherrenstift in Neustift bei Brixen, wo
KF: Welche Rolle spielt die Musik heute in
Ihrem Alltag?
H. Brugger: Für mich ist die Musik ein wunderschöner
Ausgleich zum Beruf. Zudem
habe ich das Glück, dass meine drei Buben
im Chor singen und bei Bedarf auch als Instrumentalisten
einsatzbereit sind. Auch
meine Frau unterstützt meine Arbeit mit
dem Chor sehr. Sie hilft beim Planen und
Organisieren. Sie freut sich immer, wenn
der Chor singt und schätzt das, was die Jugendlichen
leisten.
KF: Erzählen Sie uns, wie es zur Gründung
des Chores kam?
H. Brugger: Als im Jahre 1997 unser ältester
Sohn Simon auf die Firmung vorbereitet
wurde, gab es den Wunsch, den Firmungsgottesdienst
mit einer Gruppe musikalisch
zu gestalten. Ich suchte Instrumentalisten
und eine Gruppe von Sängerinnen, mit denen
ich einige Lieder einstudierte, und wir
umrahmten dann die Firmung in der Stadtpfarrkirche
von Meran. Nach der Feier kam
Herr Dekan Schönthaler zu uns und machte
unserer Gruppe ein großes Kompliment für
die gelungene musikalische Umrahmung
und sagte wörtlich: „Das war heute sehr
gut und was gut ist, müssen wir weitermachen!“
Dies war eigentlich die Geburts-
20
KulturFenster
Chorwesen
Der Jugendchor Prisma gestaltet Gottesdienste, aber auch Musicals und Konzerte stehen auf dem Programm.
stunde unseres Chores. In den ersten Jahren
haben wir alle zwei Wochen geprobt;
es kamen jedes Jahr neue Sängerinnen
und Sänger dazu, einige waren auch nur
kurze Zeit dabei, und wir probten dann,
so wie heute immer noch, wöchentlich,
immer freitags von 18.15 Uhr bis 19.30
Uhr im Jugendraum der Pfarre St. Nikolaus.
Dekan Schönthaler und Pastoralassistentin
Frau Martina Niederkofler haben
den Chor immer sehr unterstützt und die
Jugendlichen motiviert im Chor mitzusingen.
Zuerst bestand der Chor vor allem
aus Mittel- und Oberschülern, dann vorwiegend
aus Studenten, die trotz des Studiums
nach Möglichkeit versuchten, bei
der wöchentlichen Probe dabei zu sein.
Heute besteht der Chor aus jungen Erwachsenen,
die teilweise auch schon im
Berufsleben stehen. Seit der Zusammenlegung
der Pfarreien Maria Himmelfahrt und
St. Nikolaus haben wir mehrere Male gemeinsam
mit der Gruppe Mikado unter der
Leitung von Stefan Rinner von der Pfarre
Maria Himmelfahrt die Firmung gestaltet,
und seit nun drei Jahren sind wir zu einem
einzigen Chor zusammengewachsen. Derzeit
sind wir 12 Buben und 18 Mädchen.
KF: Ihr gestaltet also vor allem Gottesdienste
musikalisch mit...
H. Brugger: Begonnen haben wir mit einfachen
rhythmischen Jungschar- Liedern
und nun haben wir vor allem viele neue
geistliche Lieder in unserem Repertoire.
Wir singen bei verschiedenen kirchlichen
Anlässen, wie zu Erntedank, im Advent,
bei Jugendmessen, beim Jugend-Kreuzweg;
auch am Muttertag gestalten wir die
Messfeier mit und geben anschließend auf
dem Pfarrplatz unser bereits traditionelles
Ständchen. Ein Fixpunkt schon seit vielen
Jahren ist die musikalische Umrahmung der
Feier der Jubelpaare mit anschließendem
Ständchen im Nikolaussaal, einige Male
haben wir auch die lange Nacht der Kirchen
mitgestaltet. Wir singen auch gerne
weltliche Lieder aus Rock, Pop und Jazz,
aber auch traditionelles Liedgut, wie z. B
„in die Berg bin i gearn“ oder „Mai Maadele,
mai Tschurale“.
KF: Als Chor wächst man sicher auch zu
einer Gemeinschaft zusammen.
H. Brugger: Besonders schöne Erlebnisse
hatten wir bei unseren Chorreisen nach
Liechtenstein oder beim Festival der Jugendchöre
in Zell am See. Gerne denken
wir auch an unsere traditionellen Auftritte
beim Meraner Advent oder beim Glurnser
Stadtlsingen, auch an die gemeinsamen
Auftritte mit den Männerchören von Lana
und Algund, sowie mit der Stadtmusikkapelle
Meran beim Konzert der Bläserfreundschaft
in Passau. Auch die Auftritte in den
Gärten von Schloß Trauttmansdorff bleiben
uns in guter Erinnerung.
KF: Sie haben eine lange Erfahrung als Chorleiter
von Jugendchören. Was ist das Besondere
an der Arbeit mit Jugendlichen? Wo
sehen Sie besondere Herausforderungen?
H. Brugger: Ich bin in diese Rolle hineingewachsen
und habe mich laufend fortgebildet.
Viele Jahre habe ich die Chorleiterkurse
des Südtiroler Chorverbandes
besucht sowie Seminare zum neuen Geistlichen
Lied, wo ich viele Impulse und Ideen
und vor allem neue Literatur für den Chor
bekommen habe. Anfangs habe ich den
Chor meistens mit der Gitarre begleitet.
Dann habe ich gemerkt, wie praktisch es
ist, wenn man beim Einstudieren von neuer
Literatur Klavier spielen kann. Daraufhin
habe ich mehrere Jahre Klavierunterricht
genommen. Dies kam mir auch sehr zugute,
als ich dann vor rund 10 Jahren die
Chorleiterausbildung in der Musikschule
Naturns absolvierte. Das Besondere an der
Arbeit mit Jugendlichen ist, dass sie spontan
und begeisterungsfähig sind. Die Herausforderung
dabei ist, dafür zu sorgen,
dass ihre Begeisterung möglichst lange
anhält, sodass sie Woche für Woche zur
Probe kommen.
KF: Oft scheint es, Jugendliche seien für
das Singen im Chor nicht mehr zu motivieren,
regelmäßig zu Proben zu kommen
und über Projekte hinaus Mitglieder eines
Chores zu sein. Woher nehmen Ihre Sänger
und Sängerinnen ihre Motivation?
H. Brugger: Ich habe immer versucht herauszufinden,
was der Chor gerne singt.
Die Jugendlichen sind begeisterungsfähig,
und wenn sie spüren, dass ihr Einsatz im
Chor auch geschätzt wird, dann sind sie
auch bereit, verlässlich und immer wie-
Nr. 05 | Oktober 2019 21
Das Thema
der mitzumachen. Man soll sie auch mitgestalten
lassen und nach Möglichkeit ihre
Wünsche aufnehmen. So steigt ihre Motivation
und auch ihre Eigenverantwortung.
Sehr wichtig ist die Gemeinschaft. Wir haben
sehr viel gemeinsam unternommen.
Dies fördert das Zusammengehörigkeitsgefühl
und das Verantwortungsbewusstsein.
Zu bestimmten Jubiläen haben wir
gemeinsam ein Konzert oder ein Musical
besucht, so z. B. „Grease“ in München,
„Rebecca“ in Stuttgart oder „Die Schöne
und das Biest“ in Linz.
Sehr schöne Erinnerungen haben wir an
die Konzertreisen nach Liechtenstein in den
Jahren 2008 und 2012 sowie an das Festival
der jungen Chöre in Zell am See im
Jahre 2011, wo wir in Vertretung des Südtiroler
Chorverbandes teilgenommen haben.
Demnächst besuchen wir gemeinsam das
Konzert mit Max Raabe und dem Palastorchester
im Meraner Kursaal. Dass solche
Reisen und Konzertbesuche überhaupt möglich
sind, verdanken wir unseren verschiedenen
Gönnern, die unsere Arbeit schätzen
und uns immer wieder unterstützen.
KF: Was ist das Schöne an der Chorleitung
für Sie persönlich?
H. Brugger: Das Schöne ist es, die Begeisterung
der Jugendlichen zu spüren und zu
erleben, wie es auch ihnen gut tut, wenn sie
durch ihr Singen vielen Menschen Freude
und Glück bereiten.
KF: Sie sind ja auch Lehrer. Gibt es Gemeinsamkeiten
zwischen den beiden Aufgaben?
H.Brugger: Ja, ich denke, es gibt schon Gemeinsamkeiten:
Man muss selbst begeistert
sein von der Sache, die man macht,
nur dann überträgt sich dies auch auf die
Sängerinnen und Sänger genauso wie auf
die Schülerinnen und Schüler.
Es gibt an unserer Schule Schülerinnen
und Schüler, welche singen oder ein Instrument
spielen. Einige sind immer
gerne bereit, bei den Feierlichkeiten an
der Schule musikalisch mitzuwirken. Dadurch
leisten sie einen wertvollen Beitrag
für die Schulgemeinschaft und bereichern
sich dadurch auch selbst. Für mich ist
es interessant, die Schüler auch außerhalb
des Faches Mathematik kennenzulernen,
und wenn ich zurückdenke, fallen
mir viele schöne Erlebnisse mit meinen
Exschülern ein. Auch sie werden sich an
solche Momente eher erinnern als an die
Mathematikstunden…
Voller Energie: der Jugendchor Prisma aus Meran
KF: Welche Tipps würden Sie einem Chorleiter
geben, damit Chorproben (und Konzerte)
gelingen?
H. Brugger: Auch ich habe kein Patentrezept.
Es ist mir wichtig, dass jemand, der
dabei ist, regelmäßig zu den Proben kommt.
Es ist mir auch wichtig, dass sich man sich
entschuldigt, wenn man ein mal nicht kommen
kann. Jedem, der sich aus irgendeinem
Grund entschuldigt, schreibe ich kurz
zurück. Da kann es schon vorkommen,
dass eine Sängerin kurz vor einem Einsatz
schreibt, ..“Leider kann ich morgen nicht
zum Singen kommen, mein Freund hat mich
eingeladen, an den Gardasee zu fahren…“
Ja was soll ich da sagen? „Schade, dass du
nicht kommst, dann das nächste Mal“, und
da ist sie auch wieder dabei. Würde ich da
zu streng sein, wären die Jugendlichen in
solchen Fällen dann eben nicht mehr dabei.
Bei den Proben ist mir eine gute Atmosphäre
sehr wichtig. Ich versuche stets das
Positive zu betonen und beim Einüben von
schwierigen Passagen genügend Geduld
zu haben. Es ist immer eine Gratwanderung,
die Sängerinnen und Sänger sollten
nicht überfordert, aber auch nicht unterfordert
sein. Ab und zu lade ich verschiedene
Referenten ein, die mit dem Chor Stimmbildung
machen, damit der Chor neue Erfahrungen
macht und sich stimmlich weiterentwickeln
kann. Manchmal wird auch
ein intensives Chor-Probenwochenende organisiert,
wo musikalisch sehr viel weitergeht
und was gleichzeitig auch zur Stärkung
der Gemeinschaft beiträgt.
KF: Nach welchen Kriterien gehen Sie bei
der Werkauswahl vor?
H. Brugger: Die Kriterien der Stückauswahl
richten sich nach dem Anlass, den wir gestalten.
Da wir sehr oft bei kirchlichen Feierlichkeiten
singen, befassen wir uns vorwiegend
mit neuer geistlicher Musik. Es
sind vor allem rhythmische Lieder mit Elementen
aus Pop und Jazz und inhaltlich
mit sehr guten Texten. Sehr viel von dieser
Literatur habe ich von den verschiedenen
Chorleiterseminaren und den Workshops,
welche der Südtiroler Chorverband und der
Verband der Kirchenchöre immer wieder
organisiert. Bei solchen Seminaren merkt
man sofort, welche Lieder dem Chor gefallen
könnten und welche auch singbar sind.
KF: Welche Bedeutung sehen Sie im Chorgesang
heute, gerade auch bei Kindern
und Jugendlichen?
H.Brugger: Es ist in den letzten Jahren immer
schwieriger geworden, Jugendliche
zu motivieren, durch die vielen Angebote
und Möglichkeiten wird ihre Freizeit immer
knapper. Trotzdem mache ich immer
wieder die Erfahrung, dass sie sich begeistern
lassen, wenn sie es einmal versuchen
und dass es für jeden, eine große persönliche
Bereicherung ist, wenn er singen oder
ein Instrument spielen kann. Dies bestätigt
sich auch bei Fragen an Prominente:
Am meisten tut es diesen leid, dass sie nie
versucht haben zu singen oder ein Instrument
zu erlernen...
KF: Was bedeutet für Sie persönlich Musik
und Chorgesang?
H. Brugger: Musik ist für mich ein wunderbarer
Ausgleich zu meinem Beruf als Mathematiklehrer.
Ich glaube, dass Musik sehr
zum Wohlbefinden beiträgt, und wer selbst
musiziert oder singt, fördert dadurch viele
Kompetenzen. Musik bereichert das Leben!
Interview: Paul Bertagnolli
22
KulturFenster
Aus Verband & Bezirken
Chorwesen
Konzertbesuch der Regensburger Domspatzen
Kulturfahrt des Bezirks Bozen
Ziel der diesjährigen Kulturfahrt des Bezirks
Bozen war das S tift Stams mit dem
Konzert der Regensburger Domspatzen.
Am 13. Juli 2019 begaben sich an die 50
teilnehmende Sängerinnen und Sänger
der Mitgliedschöre auf die Fahrt über den
Brenner und machten zunächst Halt in
Innsbruck. Dort gab es Gelegenheit zur
Besichtigung der Sonderausstellung zum
Gedenkjahr „500 Jahre Kaiser Maximilian
I.“, bevor es am späteren Nachmittag
weiter ging nach Stams.
In der Stiftsbasilika kam es zur Aufführung
„Laudate Dominum“ der bekannten
Regensburger Domspatzen unter der
Leitung von Domkapellmeister Roland
Büchner. Der Konzertabend beinhal-
Genuss von Fortbildungen zu kommen, die
von der Landesregierung mitfinanziert werden.
Das Referententeam war wieder hochkarätig
besetzt: Stephen Lloyd war für die
Einstudierung der Chorwerke zuständig, die
Jugendlichen erhielten zudem Einzelunterricht
im Gesang von Sarah Yorke, Professorin
für Musical-Gesang an der Folkwang Unitete
Chormusik von der Gregorianik bis
zur Moderne. Die jugendlichen Stim-
Der Bezirk Bozen organisierte eine Kulturfahrt nach Stams
men vermochten die Zuhörer rundum
zu begeistern.
Musicalschulung des Südtiroler
Chorverbandes für Jugendliche
Hochkarätige Referenten und viele Talente
Musical Fever plus hieß es auch heuer wieder
vom 24. August bis 31. August in Brixen.
14 junge Frauen und vier junge Männer im
Alter von 15 bis 24 Jahre nahmen an der
Fortbildung des Südtiroler Chorverbandes
teil, die am 31. August mit einem Abschlusskonzert
im Vinzentinum endete. Dabei konnten
die Freunde und Musical-Liebhaber
bekannte Chorwerke hören, etwa „Good
Morning Starshine“ und Electric Blues aus
„Hair“, „Bring Me To The Light“ aus dem
Musical „Violet“ oder "And You Don't Even
Know It" aus „Jamie“. Außerdem trug jeder
Teilnehmer und jede Teilnehmerin ein selber
gewähltes Lied vor, so dass es ein abwechslungsreicher
Musical-Abend für alle
wurde. Das Konzert bewies nicht nur die
Begabung der Jugendlichen, sondern auch
die hohe Qualität der Fortbildung. „Für eine
vergleichbare Schulung müsste man in Österreich
1000 Euro zahlen“, sagt Stephen
Lloyd, der Leiter von „Musical Fever plus“,
und erinnerte so an das große Privileg der
Südtiroler Sänger und Sängerinnen, in den
versität der Künste, Essen, und von einem
echten Star der Musical-Welt, Enrico di Pieri.
Dazu gab es die choreographische Einstudierung
der Lieder mit Karin Mairhofer und
einen Schauspiel-Workshop mit Steffen Jäger,
Dozent am Reinhard Seminar in Wien.
„Die Kombination zuerst Schauspiel, dann
Gesang und dann Chor kommt sehr gut an“,
sagt Stephen Lloyd, der auch auf die große
Herausforderung hinweist, dass alle Teilnehmer
zwei Lieder auswendig zum Kurs mitbringen
müssen: „Das gibt es nirgendwo sonst!“
Nicht nur die Teilnehmer und Teilnehmerinnen
waren begeistert von dieser Schulung,
auch die Referenten zeigten sich begeistert
von den jungen Talenten aus Südtirol.
Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Schulung Musical Fever plus bewiesen ihr
großes Talent.
Nr. 05 | Oktober 2019 23
Aus Verband und Bezirken
„Wenn des Singen net war…“
Chöre-Festival des Bezirks Eisacktal-Wipptal
Auch unter den Lauben konnten die zahlreichen Interessierten den Chören zuhören.
15 Chöre mit knapp 400 Sängerinnen und
Sängern nahmen am 28. September am
Chörefestival des Bezirks Eisacktal-Wipptal
im Südtiroler Chorverband teil, das dieser
gemeinsam mit dem Verband der Kirchenchöre
Südtirols organisiert hatte.
Der Tag wurde mit einem gemeinsamen
Gottesdienst im Dom begonnen. Musikalisch
gestaltet wurde die Messfeier vom
Domchor Brixen unter der Leitung von
Heinrich Walder und vom Kirchenchor
Latzfons unter der Leitung von Renate Unterthiner
sowie vom Frauenchor Stilfes unter
der Leitung von Michaela Sparber. P. Urban
Stillhard betonte in seiner Predigt die
Bedeutung und den großen Wert des Gesangs
für jeden Menschen. Danach konnten
alle Liebhaber des Chorgesangs den
Vorträgen der 15 Chöre lauschen. Chöre,
die geistliche Lieder sangen, traf man im
Dom, in der Pfarrkirche und im Kreuzgang.
Die anderen sangen in der Hofburg und
unter den Lauben. Dabei war das Liedgut
so unterschiedlich wie die Chöre, sodass
das Chöre-Treffen einen vielfältigen Einblick
in den Chorgesang und das Leben
eines Chores bot. Dass das Chöre-Festival
ein richtiges Fest für alle Sinne wurde, dafür
sorgte auch der Männergesangsverein
Brixen, der Essen und Trinken vorbereitet
hatte. Der gemeinsame Abschluss am
Domplatz mit dem Lied „Wenn des Singen
net war“ zeigte nochmals eindrucksvoll den
Stellenwert, den das Singen im Bezirk hat.
Zahlreiche Zuhörer und Ehrengäste
waren zum Chöre-Festival gekommen.
Bezirksobmann Gottfried Gläserer und
Benedikt Baldauf vom Verband der Kirchenchöre
freuten sich über die Teilnahme
der Chöre und dankten den Sängerinnen
und Sängern für ihren Einsatz. Auch die
beiden Obleute Erich Deltedesco (SCV)
und Heinrich Walder (VKS) gingen auf
die Bedeutung des Singens ein. „Dieses
Festival ist eine gute Möglichkeit, Erfahrungen
auszutauschen, Kontakte zu pflegen,
Freundschaften
zu vertiefen und einen Tag gemeinsam
mit Gleichgesinnten zu erleben!“, betonte
Erich Deltedesco. Das gemeinsame Singen
auch bei größeren Veranstaltungen sei sehr
wichtig, um die Bedeutung und die Schönheit
des Chorgesangs der Gesellschaft immer
wieder in Erinnerung zu rufen. Singen
fördere den sozialen Zusammenhalt
und das körperliche und seelische Wohlbefinden.
Beeindruckt von den vielen singenden
Menschen zeigten sich auch Landeshauptmann
Arno Kompatscher und
Stadträtin Paula Bacher. Unter den Gästen
waren auch Landesrätin Magdalena
Amhof, Helmuth Tauber, Philipp Achammer
und Dekan Albert Pixner.
24
KulturFenster
Chorwesen
Einen besonders schönen Rahmen für den Gesang gab die Hofburg.
Bezirksobmann Gottfried Gläserer zeigte
sich erfreut über den Erfolg des Festivals
und kündigte an, dass es in drei Jahren
wieder ein Chöre-Festival geben wird.
KF: Sind Sie mit dem Verlauf des Chöre-
Festivals zufrieden?
G. Gläserer: Die Bischofsstadt ist bestens
geeignet für eine Veranstaltung dieser Art.
Sehr viele Zuhörer haben die Darbietungen
aufmerksam verfolgt.
KF: Wie war die Stimmung?
G. Gläserer: Die Stimmung war hervorragend.
Das herrliche Wetter trug das Seine
dazu bei. Es war ein herbstlicher, sonniger
Samstag. Die Gassen, Plätze und Kirchen
waren erfüllt von schönem Chorgesang. Es
war wirklich ein wunderbares Fest.
KF: Was waren die Herausforderungen bei
der Organisation?
G. Gläserer: Es galt natürlich alle Bestimmungen
und Vorschriften, die für eine Veranstaltung
in dieser Größe gelten, einzuhalten.
Viele Gesuche und Genehmigungen
waren erforderlich. Die Stadt Brixen und
die Tourismus-Genossenschaft Brixen waren
aber überaus hilfsbereit und haben
uns dankenswerterweise in allen Belangen
unterstützt. Die Veranstaltung wurde
auch von zahlreichen Sponsoren wohlwollend
unterstützt. Besonders erwäh-
nenswert ist der Einsatz des MGV 1862
Brixen, der hervorragend für das leibliche
Wohl gesorgt hat.
KF: Gab es einen besonderen Höhepunkt?
G. Gläserer: Ein Höhepunkt war sicherlich
der Eröffnungsgottesdienst im Dom, ein
weiterer Höhepunkt war die Abschlussfeier
am Domplatz mit zahlreichen Ehrengästen
aus Politik und Kirche und das Abschlusslied
"Wenn des Singen net war",
dirigiert von Verbandschorleiterin Renate
Unterthiner.
KF: Was ist das Ziel eines solchen Treffens?
G. Gläserer: Das Ziel ist vor allem die Stärkung
der Chorgemeinschaften und der Gemeinschaft
im Bezirk sowie des Chorgesangs
an sich: Das gemeinsame Singen
soll in den Mittelpunkt gerückt werden,
auch junge Menschen sollen dafür begeistert
werden. Es ist auch ein Festival
der Begegnung von Sängern und Sängerinnen
und allen Interessierten.
Landeshauptmann Arno Kompatscher gratulierte den Chören zu ihrem Einsatz und
ihrem schönen Chorgesang.
Nr. 05 | Oktober 2019 25
Aus Verband und Bezirken
Auch Bühnenpräsenz ist wichtig
Seminar für Chorleiterinnen und Chorleiter
Das Chorleiter/-innenseminar des Südtiroler
Chorverbandes fand heuer unter der
Leitung von Nataliya Lukina, der ehemaligen
künstlerischen Leiterin des Landesjugendchores,
statt.
Vom 4. bis 10. August erarbeiteten die
26 (angehenden) Chorleiter mit einem
professionellen Referententeam geistliche
und weltliche Chorwerke und lernten natürlich
wichtige Methoden in der Dirigiertechnik
und Probengestaltung kennen,
konnten aber auch an einem speziellen
Chorleitercoaching mitmachen. Neben
Lukina war auch Florian Maierl Referent.
Er ist Chorleiter, Komponist, Sänger und
Lehrender für Dirigieren und Ensembleleitung
am Salzburger Mozarteum sowie am
Diözesanmusikkonservatorium der Erzdiözese
Wien. Christian Klucker stammt
aus Graubünden und ist Experte für Dirigieren,
Coaching und Projektarbeit. Für
die Stimmbildung war Flora Königsberger
- Sängerin, Stimmbildnerin und Chorleiterin
– zuständig, sowie Martin “Smooth“
Obereder. Er ist gefragter Referent über
Stimmspezifika und Tontechnik/Stimme
an der pädagogischen Hochschule und
an höheren Schulen in Salzburg. Im Seminar
wurden drei Studios für Chorleitung,
gestaffelt nach Kenntnisstand und Erfahrung
der Teilnehmer, angeboten. In allen
drei Studios gab es Unterrichtsblöcke mit
dirigiertechnischen Übungen – angepasst
an die Anforderungen des Repertoires und
den Fortschritt der jeweiligen Teilnehmer.
Im Gruppenunterricht wurden die Chorproben
vorbereitet. Ein Gästesängerensemble
in Rotation stand jedem Studio zur
Verfügung. In den Übungschören übten
und vertieften die Teilnehmer das im Gruppenunterricht
Besprochene. Heuer wurde
auch ein Workshop zu den Themen Bühnenpräsenz,
Körpersprache und sicheres
Auftreten mit Christian Mair angeboten.
Außerdem standen drei Kammerchöre zur
Auswahl, wo die Teilnehmer/innen die Mög-
Nataliya Lukina leitete mit einem professionellen
Referententeam das Seminar
für Chorleiterinnen und Chorleiter.
lichkeit hatten in einem kleineren Chor zu
singen und somit die stimmtechnische Arbeit,
sorgfältiges Feilen am Chorklang und
musikalischen Ausdruck von den Chorleitungsreferenten
zu erleben. Das Seminar
schloss mit einem Konzert ab.
im Gedenken
Trauer um den Ehrenobmann des Tiroler Sängerbundes
Andreas Hochenegger verstorben
Der Südtiroler Chorverband gedenkt
in ehrender Erinnerung des Ehrenobmanns
des Tiroler Sängerbundes, Andreas
Hochenegger, der am 31. Juli im
86. Lebensjahr verstorben ist. Hochenegger
hat sich um das Chorwesen
in Tirol verdient gemacht und hat mit
Südtirol enge Kontakte gepflegt, so
war er auch Träger des Goldenen Ehrenzeichens
des Südtiroler Chorverbandes.
Unter seiner Obmannschaft
wurden wegweisende Akzente gesetzt:
Unter anderem gelang ihm 1996 die
Zusammenlegung der beiden Nordtiroler
Chorverbände, des Tiroler Sängerbundes
1860 und des Tiroler Sängerverbandes
zum neuen Tiroler Sängerbund.
Unter Hocheneggers Obmannschaft stieg
die Zahl der Mitgliedschöre von 200 auf
über 400 an. Der Tiroler Sängerbund wurde
damit nach dem Kärntner die zweitstärkste
Dachorganisation im Chorverband Österreich
(früher Österreichischer Sängerbund).
Ein weiterer Akzent war die Förderung der
Fortbildung und die enge Zusammenarbeit
mit dem Südtiroler Chorverband, die dem
Obmann ein Herzensanliegen war. Der Obmann
des Südtiroler Chorverbandes Erich
Deltedesco sowie der gesamte Verband
werden Andreas Hochenegger als Mensch
und seinen Einsatz für das Chorwesen in
Tirol in ehrendem Gedächtnis behalten.
26
KulturFenster
im Gedenken
Chorwesen
Ein Leben geprägt von Musik
Nachruf auf Willi Tschenett
Wie ein Lauffeuer verbreitete sich Ende
August die unfassbare Nachricht vom
plötzlichen Tod des allseits geschätzten
Chorleiters und Musikprofessors Dr.Willi
Tschenett.
„Unser Leben währet nur kurz, darum
durchmesst seine Bahnen auf das
fröhlichste“, steht auf seinem Sterbebild.
Es waren vor allem die Musik und
die Kunst, die er liebte und lebte. Sein
Leben war geprägt von Musik, sie war
innerste Überzeugung seines Lebens.
Willi Tschenett, Jahrgang 1956, geboren
in Stilfs, studierte nach dem humanistischen
Gymnasium im Johanneum
Dorf Tirol Philosophie an der Universität
Innsbruck. Gleichzeitig erwarb er
am Konservatorium in Innsbruck das
Diplom in Orgel und Dirigieren. 1983
kam Tschenett als Organist nach Kaltern,
übernahm nach ein paar Monaten
die Leitung des Pfarrchores, der
ihn nach seinem Ausscheiden im Jahre
2001 zum Ehrenmitglied ernannte. Das
Südtiroler Vokalensemble, das er 1986
mit dem damaligen Obmann und dem
Vizeobmann des Südtiroler Chorverbandes,
Siegfried Tappeiner und Raimund
Perkmann, gegründet hatte, leitete
er 26 Jahre. Fünf Jahre lang leitete
er auch die Musikschule und die Chöre
des MGV Bozen.
Die geistliche Musik bildete einen zentralen
Teil seiner musikalischen Tätigkeiten
in seinen Chören. Südtirol bietet
für die Musik ein sehr gutes und breites
Feld, das durch die vielen Möglichkeiten
der Ausbildung, sei es in den Musikschulen,
in den Musikkapellen in den
Chören und auch im Musikkonservatorium
entstanden ist. Er hat es verstanden,
ein Schöpfer aus diesem Reichtum
Südtirols zu sein. Das Südtiroler Vokalensemble
hat wohl als einer der wenigen
Chöre unter seiner Leitung fast alle
großen Werke der Chorliteratur musiziert.
Mit insgesamt rund 150 Sängerinnen und
Sängern hat er in diesen 26 Jahren bei ca.
800 Proben 170 Konzerte mit fast 100 verschiedenen
Programmen Musik aus acht
Jahrhunderten mit dem Südtiroler Vokalensemble
aufgeführt.
Tschenett pflegte dabei besonders die
Zusammenarbeit mit mehreren Orchestern,
wie z.B. mit der Streicherakademie Bozen,
dem Haydnorchester Bozen Trient, dem
Amarida-Ensemble und mit vielen jungen
Südtiroler Musikern und Musikstudenten
sowie auch mit Musikorganisationen des
ganzen Landes. Damit bereicherte Willi
Tschenett Südtirol als Ganzes und lieferte
den Beweis dafür, was ein kleines Land
hervorbringen kann.
Willi Tschenett ist dabei aber immer sehr
bescheiden geblieben und zielorientiert
seinen Weg der Konsequenz und Eigenständigkeit
der Interpretation gegangen.
Mit dem Südtiroler Vokalensemble hatte
Tschenett eine Vorreiterrolle in der Chorlandschaft
Südtirols gespielt, und der Chor
war mit ihm viele Jahre Botschafter des
Landes wie beispielsweise bei den Südtirolwochen
in den österreichischen Bundesländern.
Als Leiter des Pfarrchores
von Kaltern war er immer bestrebt, liturgisch
geeignete Werke zu wählen,
die Inspiration und Genialität in sich
haben, die geeignet sind, die Gläubigen
zu erbauen. Dabei pflegte er vor
allem als erzieherischen Aspekt für ein
Kunstverständnis, die Zusammenarbeit
zwischen den Laienmusikern und professionell
ausgebildeten Sängern und
Instrumentalisten, was auch heute noch
fortgeführt wird.
In Anerkennung und als Dank für
seine Verdienste im kirchlichen und
weltlichen Bereich hat ihm die Marktgemeinde
Kaltern 2007 den Ehrenring
verliehen.
Willi Tschenett hat es immer verstanden,
die Freude an der Musik durch
seine Musikalität und seine Ausstrahlung
auf die Chöre zu übertragen und
dadurch auch die Verbindung mit dem
Publikum herzustellen. Mit seinem musikalischen
Feingefühl und seiner wertschätzenden
Art hat er Sängerinnen
und Sänger zu musikalischer Höchstleistung
motiviert.Die Heirat mit Luise
Gallmetzer, Sängerin und Gesangspädagogin,
war wohl eine logische Entwicklung
im privaten Leben von Willi
Tschenett.
Eine überaus große Trauergemeinde
gab ihm in seiner Wahlheimat Petersberg
das letzte Geleit. Der Sterbegottesdienst
wurde vom Südtiroler Vokalensembles
und dem Pfarrchor Kaltern
unter der Leitung von Robert Mur mit
der „Kleinen Orgelsolomesse“ von J.
Haydn und Motetten von Mendelssohn,
Spohr und Chorälen von J.S.Bach musikalisch
mitgestaltet.
Willi Tschenett wird als Mensch, als
Musiker, als einer, der im Bewusstsein
seiner Pflichten gegenüber der Gemeinschaft
lebte und handelte, in Erinnerung
bleiben und weiterleben.
Nr. 05 | Oktober 2019 27
Die Olanger Pfarrspatzen beim
Jubiläumskonzert
Wenn Kinder gerne singen...
Fünf Jahre Kinder- und Jugendchor Olanger Pfarrspatzen
•Stimmgabel
Was führt 33 junge Menschen wöchentlich
zusammen, was lässt sie Zeit und
Geduld investieren und auch so manche
Mühe und Einsatz? Es ist die Freude am
gemeinsamen Singen, an den sozialen
Kontakten, an der Gemeinschaft und an
den Aufführungen, die wir im Kinder- und
Jugendchor seit dem Jahre 2014 pflegen.
Im Rahmen eines Jubiläumskonzertes unter
dem Thema „Auf dein Wort hin, fahr
ich auf’s Meer hinaus“ präsentierten die
Olanger Pfarrspatzen ein abwechslungsreiches
Programm. Kein Abend der Superlative,
keine Dia-Show mit multimedialen
Projektionen, keine Lichteinspielungen,
keine Band im Hintergrund mit Spezialisten,
die den Gesang so richtig aufpeppen,
nein – eben die Olanger Pfarrspatzen,
so wie sie das ganze Jahr über hauptsächlich
kirchliche Feiern mitgestalten.
Mit Liedern aus verschiedenen Stilepochen,
beginnend mit klassischen Gesängen,
modernen jugendlichen Rhythmen
sowie natürlich bekannten Titeln wie
„O happy Day“, „Hallelujah von Cohen“,
„Over my Head“, „Senzenina“ und als Abschluss
das „Pie Jesu“ aus dem Requiem
von A.L. Webber konnten wir dem überaus
zahlreich erschienenen Publikum einen
schönen Abend bereiten und mit den
freiwilligen Spenden die Kinderkrebshilfe
Peter Pan unterstützen.
Neben den Liedern wurde auch auf die
verschiedenen Ereignisse in diesen 5 Jahren
hingewiesen. Bereits nach den ersten
zwei Jahren durften wir beim Abschlusskonzert
des Universitätslehrganges für Kinder-
und Jugendchorleitung gemeinsam
mit verschiedenen Chören, unter anderem
mit dem Oberstufenchor der Wiener Sängerknaben,
im Solitär der Musikuniversität
Mozartheum in Salzburg auf der Bühne
stehen. Im Frühjahr 2017 nahmen wir
am Landesjungendsingen in Schwaz teil
und konnten einen ausgezeichneten Erfolg
erzielen. Bleibend in Erinnerung wird
hier sicher die Abschlussveranstaltung in
der Olympiahalle in Innsbruck sein, wo wir
ein Potpourri aus verschiedenen Volksliedern
sangen und über 2.000 Menschen
im Rhythmus der Musik mitklatschten
und ihre Smartphones leuchten ließen.
Auch die Mitwirkung beim Muttertagskonzert
des Männerchores Olang im Frühjahr
2018 war für uns ein Erlebnis; die Kombination
dieser beiden Chöre, der daraus
resultierende Klang aus tiefen, dunklen
Stimmen und hellen, glitzernden Kinderstimmen
gab diesem Abend eine besondere
Note. Jedoch sind nicht nur diese
„Highlights“ das Wesentliche im Leben
unseres Chores; vielmehr ist es das Eingebunden
sein in die kirchlichen Feste
und Feiern, die nicht weniger wichtig
sind. So gestalten wir jedes Jahr die Ministrantenaufnahme,
die Feier der Ehejubiläen,
die Kindermette, den Dankgottesdienst
zum Jahresabschluss, das Fest
Maria Lichtmess, die Jungscharaufnahme
sowie verschiedene Gottesdienste in unserer
Pfarrgemeinde mit.
Die Olanger Pfarrspatzen, aufgeteilt auf
den Jugendchor und den Kinderchor,
sind mittlerweile recht erwachsen geworden
und freuen sich auf die nächsten
fünf Jahre!
Walter Innerhofer –
für die Olanger Pfarrspatzen
28
KulturFenster
Chorwesen
Freundschaft über die Landesgrenzen hinaus
Männerchor Percha in Kärnten
Am Pfingstsonntag feierte der MGV Rangsburg
- Rangersdorf das 100-jährige Bestandsjubiläum
sowie das Mölltaler Männerquintett
sein 20–jähriges Bestehen.
Zu diesem Fest wurde auch der Männerchor
Percha als einzige Vertretung Südtirols
eingeladen. Dieser Einladung wurde
gerne Folge geleistet, man hatte diese Gegend
schon bei einem Seniorenausflug und
bei einem Althandwerker–Ausflug kennengelernt.
Außerdem stammt der Obmann
des Mölltaler Männerchores Josef Suntinger
aus Oberwielenbach/Gemeinde Percha.
Kärnten ist ja als besonders sangesfreudiges
Bundesland weitum bekannt.
Am Pfingssonntag kam der Reisebus mit
den vollzählig erschienenen 17 Männern
und 14 Begleitpersonen schon morgens
im Mölltal an. Das Jubiläum in Rangersdorf
begann um 8.30 Uhr mit dem Festgottesdienst
in der örtlichen Dorfkirche.
Danach erfolgte bei herrlichem Wetter auf
dem weitläufigen Dorfplatz der Festakt
mit Begrüßung der verschiedenen Ehrengäste
und ca. 350 Sängerinnen und Sänger,
insgesamt 22 Chorgruppen (Männerchöre,
Frauenchöre, Gemischte Chöre und
kleinere Chorgruppen aus Kärnten, Osttirol
Der Männerchor Percha feierte mit zwei Kärntner Chören deren Jubiläen.
und Nordtirol). Nach einem passenden Gemeinschaftslied
wurde ein Rückblick über
die 100 Jahre MGV Rangsburg gegeben.
Danach erfolgte die Übergabe der Gastgeschenke.
Der Festakt endete mit der Kranzniederlegung
und dem Kärntner Heimatlied.
Nach dem Festakt begaben sich die
teilnehmenden Chorgruppen abwechselnd
und jeweils zu zweit zu den einzelnen Ständen
und offenen Sälen, um dort die Anwesenden
mit passenden Liedern aus dem
jeweiligen Herkunftsland zu erfreuen. Es
war ein einmaliges Erlebnis, mit so vielen
Chorgruppen einen schönen Tag zu genießen.
Unserem Landesobmann Erich Deltedesco
danken wir für die tatkräftige Unterstützung.
Ebenso danken wir unserem
Vereinsobmann Siegfried Niederwanger für
die umfangreiche Organisation und unserem
Chorleiter Albert Pahl für die gezielte chorische
Vorbereitung. Bei dieser Gelegenheit
möchten wir schon jetzt bekanntgeben,
dass der Männerchor Percha am 23.
Mai des nächsten Jahres sein 60–jähriges
Bestandsjubiläum feiert und sich freuen
würde, wenn viele aus nah und fern dem
Jubiläumskonzert beiwohnen. Neben vier
einheimischen Gruppen wird uns auch das
Mölltaler Männerquintett mit ihren Liedern
erfreuen, sie waren übrigens auch heuer
beim Brunnensingen in Welsberg.
Franz Mair, Männerchor Percha
In den verdienten Ruhestand
Ludwig und Cäcilia Wilhalm
Das Ehepaar Ludwig und seine Frau Cäcilia
Wilhalm haben sich kürzlich vom Reschener
Kirchenchor verabschiedet. Verschiedene
Umstände, auch Alter und Altersbeschwerden,
haben dazu beigetragen. Cäcilia war
über 40 Jahre Chorleiterin in Reschen und
sie sang 70 Jahre lang bei verschiedenen
Chören. Ludwig war 14 Jahre Obmann des
Kirchenchores Reschen und er meldete
sich bereits im Alter von 12 Jahren zum Alt-
Grauner Kirchenchor als Altsänger, später
in Neu-Graun und Reschen. Nach einem
turbulenten Leben zwischen Vereinsarbeit
und Arbeit am Hof – auch mit ihrer großen
Familie – sind sie nun in ihrem Alter und
Kränklichkeit zur Einsicht gekommen, sich
von der Verantwortung der Vereinstätigkeit
zurückzuziehen. Möge ihnen Gott noch einige
Jahre Gemeinsamkeit gewähren. Der
Obmann des Südtiroler Chorverbandes Erich
Deltedesco würdigte den Einsatz und das
Ehrenamt des Paares mit folgenden Worten:
„Wir haben erfahren, dass Sie aus Altersund
Gesundheitsgründen die Chorleitung
des Reschener Kirchenchores abgegeben
haben. Bei dieser Gelegenheit möchte ich
es nicht versäumen, ja es ist mir ein großes
Anliegen, Ihnen und Ihrer Gattin Frau Cäcilia
Ambach Wilhalm im Namen des Südtiroler
Chorverbandes, aber ganz besonders auch
persönlich, ein aufrichtiges „Vergelts Gott“
auszusprechen für Ihren langjährigen Einsatz
als Obmann und Chorleiterin des Kirchenchores
von Reschen. Ich danke Ihnen
für Ihren unermüdlichen Einsatz im Dienste
des Gemeinwohls, ich danke Ihnen für
alles, was Sie für den Kirchenchor, für die
Pfarrgemeinde, für die Dorfgemeinschaft,
für das Chorwesen in unserer Heimat geleistet
haben und wünsche Ihnen alles Beste,
Gottes Segen und vor allem Gesundheit.“
Wolfgang Thöni
Ludwig und Cäcilia Wilhalm
Nr. 05 | Oktober 2019 29
Stimmgabel
Fulminante Klänge und leise Töne
Pfarrchor Kaltern und Domchor Bozen zu Gast bei der Stadtkapelle Bozen
Ein schöner Zusammenklang von Blasmusik und Chorgesang: das Jubiläumskonzert
der Stadtkapelle Bozen
Wenn an die hundert begeisterte Laienmusiker
bestens vorbereitet einem gemeinsamen
Auftritt entgegenfiebern, dann erfüllt
eine positive Energie die Luft! So war
es am 26. Mai 2019 in der Grieser Stiftskirche,
als der Pfarrchor Kaltern und der
Domchor Bozen als Gastchöre das Jubiläumskonzert
der Stadtkapelle Bozen unter
der Leitung von Alexander Veit begleiteten.
In den Abend führte ein Bläserquartett mit
Orgel (Martin Rabensteiner) und Blasorchester
stimmig ein und übergab mit der
„Intrada festiva“ von Hans-Andrè Stamm
an das Blechbläserquintett mit Piccolo und
Orgel. Nun kam der Auftritt der Chöre. Von
hinten füllte sich der Altarraum mit ca. 80
Sängerinnen und Sängern, alle in schwarz
und bestens vorbereitet von den Chorleitern
Robert Mur und Tobias Chizzali. Diese
Herren übernahmen nun abwechselnd
den Taktstock, als es an die Aufführung
der Cäcilienmesse von Hannes Kerschbaumer
ging. Schön war die Stimmung –
die Sängerinnen und Sänger sangen freier,
als bei der Uraufführung der Messe im
Herbst 2018 im Dom zu Bozen. Die Musik
war für sie schon geläufiger und entsprechend
entspannter konnten sie den Vorgaben
der Dirigenten folgen.Szenenwechsel:
Die Kirche dunkel, nur der Chorraum
war beleuchtet, als Heidi Schwarz an der
Flöte gemeinsam mit der Orgel äußerst innig
„Unter dem Sternenhimmel, Berceuse
und Fairy Flight“ von Hans-Andrè Stamm
zum Besten gab. Es war eine bewegende
meditative Stimmung, die diese zwei Musiker
zauberten und die anschließend wieder
hell erleuchtete Kirche störte die Stimmung
beinahe. Aber nur kurz, denn ein weiterer
Höhepunkt stand auf dem Programm. Karin
Selva (Sopran) sang unter der Begleitung
der gesamten (!) Kapelle das „Christe
eleison“ von Alexandr Gilev, eine nicht
zu unterschätzende Aufgabe für eine Singstimme!
Karin Selva meistert mit ihrem innigen
Timbre diese Herausforderung sowie
auch die weiteren Stücke mit Bravour,
ebenso wie die übrigen Musiker. Alexander
Veit hat seine Musikanten gut im Griff
– sie folgen dem Taktstock, übernehmen
die Tempi und geben auch die Stimmung
wieder, die Veit mit seiner Gestik vorgibt.
Die Schlussakkorde des „Concertino für
Orgel Solo und Blasorchester“ von Thomas
Trachsel ließen eine Gänsehaut zurückließ,
ein Verdienst des Komponisten
– aber nicht nur! Alle Ausführenden haben
den tosenden Applaus nicht nur genossen,
sondern auch verdient.
KulturFenster
Redaktion KulturFenster
Ihre Beiträge für das Chorwesen senden Sie bitte an: info@scv.bz.it (Südtiroler Chorverband)
30
KulturFenster
Vorweg
Heimatpflege
Wende im Tourismus
dringend gefordert
Schon wieder Tourismus! werden sich vielleicht
manche Leserinnen und Leser denken.
Die Heimatpflegeseiten des Kulturfensters
haben sich zum Teil schon im April des heurigen
Jahres mit dem Querschnittthema Tourismus
befasst, und in dieser vorliegenden
Nummer ist er der rote Faden, an dem entlang
sich die Artikel aneinanderreihen.
Diese Wiederaufnahme hängt einmal
damit zusammen, dass das Phänomen
des „Overtourism“ in der Öffentlichkeit
aktuell sehr breit diskutiert wird, und einmal
damit, dass wir Heimatpflegerinnen
und Heimatpfleger - aufgeschreckt über
die enorme Anzahl von neuen geplanten
Tourismuszonen im Grünen – im heurigen
Sommer dieses Thema von vielen Seiten
beleuchtet haben und uns aufgrund des
damit einhergehenden Grund- und Ressourcenverbrauchs
massiv gegen diese
Heimatpfleger suchen Zusammenarbeit
mit Politik und Touristikern
Entwicklungen im Tourismus ausgesprochen
haben. Selbst die Spitze der Landesregierung
hat auf unsere Mahnrufe hin
reagiert, und der Landeshauptmann hat
daraufhin ein notwendiges Moratorium
angemahnt. Wir werden in dieser Nummer
die Problematik des überbordenden
Tourismus von unterschiedlichen Ansätzen
her beleuchten und auch ein Alternativmodell
vorstellen.
Enorme Dichte an Ansuchen
Über 60 (!) Ansuchen um neue Tourismuszonen,
Chaletdörfer usw. liegen auf,
und das zumeist in bisher unbebautem
landwirtschaftlichem Grün. Schon genehmigte
und/oder realisierte Projekte gibt es
beispielsweise in Feldthurns und Palmschoß
und diese lassen erahnen, was
dem Land da an Grund- und Ressourcenverbrauch,
Zersiedelung und architektonischen
Auswüchsen noch „blüht“.
Man baut jetzt auch mit Vorliebe in die
Höhe – wie beispielsweise in Burgstall
oder Saalen – in Letzterem wird der geplante
fast 30 m hohe Hotelturm im privaten
Architekturwettbewerb sogar als
stimmiger Kontrapunkt zum altehrwürdigen
Wallfahrtskirchlein „gewürdigt“!
Den Grund für diese enorme Dichte
an Ansuchen sehen manche darin, dass
im Jahr 2020 das neue Gesetz für Raum
und Landschaft zur Anwendung kommen
soll und dieses angeblich viel restriktiver
sei. Dem ist aber nicht so, denn: In Südtirol
sind mehr als die Hälfte der Fraktionen
als „touristisch schwach entwickelt“
eingestuft und in diesen wird man auch
mit dem neuen Gesetz fast ungehemmt
im Grünen weiterbauen dürfen. Und in
touristisch entwickelten Gemeinden können
bestehende Betriebe weiterhin vergrößert
werden.
Erhaltung von unbebauten
Naturräumen
Nicht nur landwirtschaftliches Grün, sondern
auch Gebiete, in denen Schutzkategorien
wie Bannzone, Ensembleschutz,
Denkmalschutz, archäologische Zone
oder Gefahrenzone gelten, reichen leider
nicht aus, um solchen Bauvorhaben von
vornherein einen Riegel vorzuschieben.
Oder auch Fachgutachten der Kommission
für Natur, Landschaft und Raumordnung
werden geflissentlich ignoriert.
Wir Heimatpflegerinnen und Heimatpfleger
setzen uns u.a. auch für die Erhaltung
von unbebauten Naturräumen
ein, für den Schutz des landwirtschaftlichen
und alpinen Grüns und wir werden
auf verschiedenen Ebenen einfordern,
dass die Schutzklauseln, die auf
Grund und Boden liegen, berücksichtigt
werden und dass mit dem kostbaren
und nur beschränkt zur Verfügung stehenden
Gut Boden mehr gespart und mit
mehr Sorgfalt umgegangen werden muss.
Mit Tourismus und Politik
diskutieren
Wir treten gerne auch mit den Tourismustreibenden
in Diskussion, um zu signalisieren
und zu überzeugen, dass auch in
ihrem eigenen Interesse und im Sinne der
Nachhaltigkeit ein Umdenken im Tourismus
absolut nottut. Wir Heimatpflegerinnen
und Heimatpfleger versuchen in unserer
Arbeit eigentlich die Güter zu schützen, mit
denen die Touristiker dann um Gäste werben,
sprich: unberührte Landschaften und
Bergwelten, Orte der Stille und Ruhe, die
Kulturlandschaft mit ihrer baulichen Tradition,
aber auch die Bräuche usw.
Kurz innehalten
Wir bieten aber ebenso gerne der Politik
unsere Mithilfe an; eine auch von der
Politik angesprochene Nachdenkpause
unterstützen wir zweifellos und wir sind
gerne bereit, diese Zeit des Innehaltens
dafür zu nutzen, dass wir gemeinsam an
Lösungsvorschlägen arbeiten und eine
höchst notwendig gewordene Wende im
Tourismus einleiten können – den Einheimischen,
unserer Natur und Kultur,
aber auch den Gästen zuliebe.
Claudia Plaikner,
Landesobfrau HPV
Nr. 05 | Oktober 2019 31
Das Thema
Das dreiste Spiel mit der
Landschaft
Tourismuszonen und kein Ende
Südtirol erlebt zurzeit einen massiven
Ausbau der touristischen Infrastruktur,
der unsere einzigartige Kultur- und Naturlandschaft
nachhaltig verändern wird. Es
ist an der Zeit, die Strategie des touristischen
Ausbaus zu überdenken.
Der Tourismusintensitätsindex, das
heißt die Übernachtungen im Verhältnis
zur Wohnbevölkerung, liegt in Südtirol bei
13,3 und ist damit doppelt so hoch wie
der alpine Durchschnitt. Sogar absolute
Tourismusmagneten wie Tirol und Salzburg
werden übertroffen.
Auch bei der Anzahl der verfügbaren
Gästebetten ist Südtirol Branchenprimus.
Während in den touristisch hoch entwickelten
Zentralalpenregionen 12,3 Betten
pro Quadratkilometer zur Verfügung
stehen, sind es in Südtirol 20,7. Das wird
von keiner anderen Region übertroffen.
Nur bei der Auslastung der Betten muss
sich Südtirol dem Bundesland Tirol knapp
geschlagen geben, das heißt es besteht
keine vollständige Nutzung des Bettenpotenzials.
Das heißt aber auch, es gibt
keine unmittelbare Notwendigkeit für eine
Aufstockung der Gästebettenzahl.
Torschlusspanik vor Inkrafttreten
der neuen Raumordnung
Bereits in der Gesetzgebungsphase
zum neuen Raumordnungsgesetz warnten
der Heimatpfl egeverband und der Dachverband
davor, dass die lange Übergangszeit
bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes
2020 Tür und Tor für „Unmengen
an spekulativen Vorarbeiten und vollendeten
Tatsachen“ öffnet. Die Entwicklung
der letzten Monate zeigt nun, dass
genau das eintritt.
Völlig losgelöst von rationalen Überlegungen
werden Dutzende Projekte von
Zonen für touristische Einrichtungen eingereicht.
Raumplanerische Werkzeuge,
wie Ensembleschutz und Bannzonen
sowie Gutachten von Fachkommissionen
werden dabei vielfach geflissentlich
ignoriert.
Keine Besserung mit dem neuen
Raumordnungsgesetz
Doch auch die neue Raumordnung
verspricht keine Verbesserung der Situation.
Die 1997 eingeführte Bettenobergrenze
wird ersatzlos gestrichen. Bestehende
Tourismusbetriebe können auch
weiterhin erweitert werden, auch außerhalb
der Siedlungsgrenzen. Und neue
Tourismuszonen können auch weiterhin
mitten im Grün, außerhalb von Siedlungen
ausgewiesen werden.
Mit dieser Politik des maßlosen Ausbaus
wird Südtirol mit einer Vielzahl von
Problemen konfrontiert.
Landschaft: ein sensibles Gut
Die Eurac-Studie Zukunft Tourismus
Südtirol 2030 bestätigt, dass die allermeisten
Internet-Suchanfragen von Touristen
in Zusammenhang mit Südtirol attraktive
Landschaft zum Thema haben. Gleichzeitig
ist das Hauptwerbemotiv von Tourismusbetreibenden
genau diese Landschaft.
Der Architekt Peter Zumthor bringt es
auf den Punkt, wenn er sagt „Zersiedelung
ist für mich ein Ausdruck von Mangel,
nämlich Mangel an Landschaft.“
Mit dem massiven Ausbau der touristischen
Flächen, den wir zurzeit erleben,
passiert aber genau das. Die Landschaft
wird auf Kosten kurzfristiger Gewinnmaximierung
zersiedelt.
Der beliebige Bau von touristischer
Infrastruktur auf der grünen Wiese, vielfach
in exponierter Lage und außerhalb
der Siedlungsgrenzen, ist also in zweierlei
Hinsicht schädlich: Er mindert nicht nur
die Lebensqualität aller Südtiroler, sondern
nimmt auch auf lange Sicht dem
Tourismus selbst die wichtigste Grundlage.
Es ist Zeit, die Strategie des
touristischen Ausbaus zu
überdenken
Dem „Verschenken“ von Baukubatur
auf der grünen Wiese durch die Gemein-
32
KulturFenster
Heimatpflege
den und die Landesregierung muss politisch
ein Riegel vorgeschoben werden.
Auch ohne die Ausweisung neuer Tourismuszonen
im Grünen können Tourismusbetriebe,
falls notwendig, behutsam
erweitert werden. Gerade der Leerstand
in vielen Dorfzentren bietet attraktive Angebote
in historischen Gebäuden.
Weiters wäre es sinnvoll, eine umfassende
Umweltbilanz für Hotels einzuführen.
Tourismusbetriebe hätten dadurch
die Möglichkeit, mit einem nachhaltigen
Umgang mit Landschaft und Ressourcen
sowie einem zukunftsträchtigen Erreichbarkeitskonzept
zu werben. In Deutschland,
nach wie vor das Hauptherkunftsland
Südtiroler Touristen, sorgen sich laut
der aktuellen Ausgabe des Wochenmagazins
Der Spiegel drei Viertel der Bevölkerung
um die Zukunft des Planeten.
Immer mehr Menschen wünschen sich
in allen Lebensbereichen eine nachhaltigere
Art des Wirtschaftens.
Dazu gehört auch der Urlaub. Diese
wachsende Zielgruppe kann mit einer
solchen Umweltbilanz angesprochen
werden. Dann haben wir auch die Gäste,
die wir in den Sonntagsreden umwerben:
Qualitätstouristen.
In unmittelbarer Nähe des Natura 2000-Gebietes und des UNESCO-Weltnaturerbes
entsteht im alpinen Grünland auf 2.000 Metern Meereshöhe ein Chaletdorf.
Wir sind „touristisch
schwach entwickelt“!
Die Südtiroler Landesregierung bewertet mehr als
die Hälfte der Südtiroler Fraktionen als touristisch schwach entwickelte Gebiete
Florian Trojer
Florian Trojer ist seit kurzem Assistent
der Geschäftsführung im Heimatpfl egeverband
und hat sich eingehend mit dem
Thema Tourismus beschäftigt. Im Interview
zeigt er Ungereimtheiten und Unverträglichkeiten
auf.
Kulturfenster: Schon fast eine Lachnummer:
Südtirol ist als touristisch schwach
entwickelt eingestuft?
Florian Trojer: Ja, die Südtiroler Landesregierung
bewertet mehr als die Hälfte
der Südtiroler Fraktionen als touristisch
schwach entwickelte Gebiete. Nur wenige
Gemeinden, wie zum Beispiel Dorf Tirol,
Meran, Gröden und das Gadertal werden
als stark entwickelt eingeordnet. Und das,
obwohl Südtirol bei den Übernachtungen
im Verhältnis zur Wohnbevölkerung unter
den touristisch hoch entwickelten Zentralalpenregionen
eine absolute Spitzenposition
einnimmt.
Mit einer realistischen Einstufung hätte die
Landesregierung ein Instrument, den massiven
Ausbau von touristischen Einrichtungen
und die Ausweisung neuer Tourismuszonen
in den Griff zu bekommen.
KF: Boomt mit dem Tourismus auch der
Bodenverbrauch?
Florian Trojer: In den letzten fünf Jahren
ist die Gesamtfläche der Zonen für touri-
Nr. 05 | Oktober 2019 33
Das Thema
stische Einrichtungen in Südtirol um unglaubliche
46 Prozent gestiegen. Aus 261
Hektar im Jahr 2013 wurden 381 Hektar
2018, Tendenz steigend. Diese Entwicklung
widerspricht diametral dem geltenden
Landesentwicklungs- und Raumordnungsplan
(LEROP), der feststellt, „dass Knappheit
an Boden und Schonung der Umwelt
die Rahmenbedingungen wirtschaftlichen
und politischen Handelns bleiben“ sollen.
25,0
20,0
20,7
KF: Warum brauchen Urlauber so viel Platz?
Florian Trojer: In den letzten Jahren werden
verstärkt Tourismuszonen für große
Hotels mit einer hohen Bettenanzahl im
Vier- und Fünf-Sterne-Bereich ausgewiesen.
Das dafür notwendige Raumprogramm
hat einen enormen Platzbedarf.
Sogenannte Hoteldörfer, die in der Bewerbung
oft als besonders naturnah und
nachhaltig propagiert werden, verbrauchen
ausgedehnte Landschaftsflächen
und erfordern wegen ihrer abgelegenen
Position oft aufwändige Zufahrtsstraßen
und Infrastrukturen.
15,0
13,3
12,3
10,0
6,0
5,0
0,0
Bayern Belluno Graubünden Salzburg St. Gallen Sondrio Südtirol
Tessin Tirol Trentino Vorarlberg Mittelwert
Beherbergungsdichte (Bettenanzahl der gastgewerblichen Betriebe des Gebietes im Verhältnis zur Fläche)
Beherbergungsdichte Tourismusintensität (Bettenanzahl (Anzahl der gastgewerblichen Übernachtungen im Verhältnis Betriebe zu Wohnbevölkerung des Gebietes und betrachteten im Verhältnis Zeitraum) zur Fläche)
Tourismusintensität (Anzahl der Übernachtungen im Verhältnis zu Wohnbevölkerung und betrachteten Zeitraum)
bergungsdichte und Tourismusintensität des zentralen Alpenraumes für das Jahr 2018 im Vergle
KF: Zum Bodenverbrauch kommt der Verbrauch
von Ressourcen aller Art…
Florian Trojer: Das Müllaufkommen und
der Stromverbrauch von Tourismushochburgen
liegen deutlich über dem Durchschnitt.
Der Verbrauch von Wasser für
Wellnessoasen und Hotelbetrieb ist exorbitant.
Der Verkehrskollaps auf vielen
Straßen in der Hochsaison zeigt auf, dass
die Kapazitätsobergrenze vielfach bereits
erreicht ist. Alternative Verkehrskonzepte
für Touristen haben vielfach nur Orchideenstatus.
„Beim Bedarf der eigenen Leute wird gespar. Im Wohnbau soll eine
Einzelperson mit 28 Quadrateter und eine 4-köpfige Familie mit
knapp70 QuadrateterWohnflächeauskommen.Gleichzeitighöre
ich einen bekannten Hotelier im Radio von Suiten fr die Touristen
reden, die sich auf 50 - 300 Quadrateter belaufen. Das passt einfach
nicht zusammen!“
Rosa Franzelin, langährige Präsidentin Wohnbauinstitt
34
KulturFenster
Heimatpflege
Landauf, landab - ohne Rücksicht auf Landschaft
und Schutzbestimmungen
Bereits in der Gesetzgebungsphase zum
neuen Raumordnungsgesetz warnte der
Heimatpflegeverband davor, dass die
lange Übergangszeit bis zum Inkraft-
treten des neuen Gesetzes 2020 Tür
und Tor für „Unmengen an spekulativen
Vorarbeiten und vollendeten Tatsachen“
öffnet.
Dies bewahrheitet sich nun in einer Vielzahl
von Fällen, wie die vorliegende Dokumentation
zeigt. Wir zeigen im Folgenden
einige der zahlreichen Projekte.
Feldthurns
Geplantes Objekt:
Hotelanlage mit 21 Chalets
Flächenverbrauch: 7.500 m 2
Status: Durch Landesregierung
genehmigt (Zurückstufung auf 11
Chalets und 60 Gästebetten
und die Einbeziehung des Beirates
für Baukultur bei der Verteilung der
Kubatur)
St. Lorenzen,
Sonnenburg
Geplantes Objekt:
Sechs Ferienwohnungen mit insgesamt
24 Betten.
Flächenverbrauch: 5.000 m 2
Status: Beschluss der Gemeinde St.
Lorenzen zur Eröffnung des Verfahrens
der Bauleitplanänderung um eine
Zone für touristische Einrichtungen
auszuweisen (25.06.2019)
Bemerkung:
Die geplante Tourismuszone liegt
mitten im landwirtschaftlichen
Grün in der Bannzone und in der
Ensembleschutzzone.
Nr. 05 | Oktober 2019 35
Das Thema
Burgstall
Geplantes Objekt: Hotelanlage
Flächenverbrauch: 20.830 m 2
Status: Die Genehmigung durch die
Landesregierung steht noch aus
Bemerkung:
Auch die geplante Tourismuszone
in Burgstall liegt mitten im
landwirtschaftlichen Grün, zum Teil
sogar im Waldgebiet. Während hier die
Zersiedelung nicht das vordergründige
Problem ist, fällt vor allem die
überbordende Dimension und die Höhe
des Hotelkomplexes auf.
Tramin
Geplantes Objekt:
Tourismuszonen hinter dem Kirchturm und
in Söll
Status: Das Verwaltungsverfahren zur
Abänderung des Bauleitplanes wurde noch
nicht eingeleitet
a. Die geplante Tourismuszone in Söll kann
nur als problematisch bezeichnet werden.
Die Lage mitten im landwirtschaftlichen
Grün und in der Ensembleschutzzone,
angrenzend an die Bannzone, beeinflusst
das ohnehin durch die Tourismusbauten
der letzten Jahre beeinträchtigte Ortsbild
stark.
b. Tourismuszone hinter dem Kirchturm
Hinter dem Kirchturm soll eine neue
Tourismuszone ausgewiesen werden.
Die dortigen Rebflächen sind als Bannzone
wie ein Gürtel um den alten Ortskern
unbedingt zu erhalten. Dieser Teil befand
sich ursprünglich in der Bannzone.
Außerdem ist der Rathausplatz von Tramin
bereits jetzt arg verkehrsgeplagt. Eine
weitere stark befahrene Zufahrt für eine
weitere Tourismuszone würde das Problem
nochmals zuspitzen und den Dorfplatz nur
mehr zur Verkehrsfläche degradieren.
36
KulturFenster
Heimatpflege
Streuhotels - eine
spannende Alternative
Aus der Not eine Tugend machen
Das erste Streuhotel entstand in Forgaria im Friaul nach dem verheerenden Erdbeben. Alte, z.T. verlassene Bauernhäuser fanden
so wieder eine neue Bestimmung. (www.alberghidiffusi.it)
Historische Ortskerne aufwerten, traditionellen
Lebensstil vermitteln und große Hotelneubauten
vermeiden - das sind Ziele
und Vorgaben für das Konzept der „Streuhotels“.
Erfunden in Friaul, machten sie aus
der Not eine Tugend und finden nun in ganz
Europa Nachahmer.
Seit März 2019 gibt es das erste Südtiroler
Streuhotel in Neumarkt. 13 Zimmer
und Wohnungen in drei verschiedenen
Gebäuden stehen den Gästen zur Verfügung.
In einem der Gebäude gibt es eine
gemeinsame Rezeption und auch einen
Frühstücksraum für alle Gäste. „Das Projekt
soll dazu beitragen, den Tourismus
anzukurbeln und den historischen Ortskern
besser zu nutzen“, so die Betreiber.
Möglich macht diese neue Form von
Hotel ein Landesgesetz*. Für die Führung
eines Streuhotels schließen sich private
Wohnungs- und Zimmerbesitzer zusammen,
um gemeinsam ihre Unterkunft zu
vermieten. Die Unterkünfte müssen sich
im historischen Ortskern befinden und
werden zentral verwaltet. Die einzelnen
Zimmer von Streuhotels dürfen laut Landesgesetz
nicht mehr als 300 Meter vom
Hauptgebäude entfernt sein, wo die Gäste
frühstücken können.
Wie so oft wurde auch das Konzept des
Streuhotels als Reaktion auf eine Notsituation
entwickelt. Nach dem Erdbeben in
Friaul 1976 standen viele der mit Hilfsgeldern
wieder errichteten historischen Häuser
leer. Der Professor für Tourimusmarketing
an der Universität Perugia, Giancarlo
Dall’Ara, verknüpfte daraufhin die verstärkte
Nachfrage nach ökologisch sinnvollen
Tourismuskonzepten mit der Wiederbelebung
historischer Ortskerne und entwickelte
das Konzept des „Albergo diffuso“.
Sardinien war dann bereits 1998 die erste
Region, die ein entsprechendes Gesetz
verabschiedete. Von Italien aus verbreitet
sich das Konzept der Streuhotels nun
über ganz Europa.
In Neumarkt läuft das erste Streuhotel
Südtirols jedenfalls gut. Die Gäste kommen
aus Deutschland und Italien, aber
auch aus Spanien, Japan, Korea, Tschechien
und Russland. „Die Gäste sind begeistert
von unserm Konzept des "Wohnens
unter den Einheimischen“, sagt die
Geschäftsführerin Ioana Cires. Seit der Eröffnung
im März sind schon einige Wohnungen
dazugekommen. „Wir hoffen, bis
Frühjahr mindestens 20 Zimmer in fünf
Gebäuden anbieten zu können“, so Cires.
* Landesgesetz Nr. 10 vom 11.07.2018,
veröffentlicht im Amtsblatt der Region Trentino
Südtirol Nr. 28 vom 12.07.2018, in
Kraft getreten am 13.07.2018
Laubenhäuser in Neumarkt (www.emotionliving.it)
Nr. 05 | Oktober 2019 37
Das Thema
Bitte mehr Mut!
Heimatpfleger geben neue Kriterien für die Einstufung der Gemeinden
nach ihrem touristischen Entwicklungsstand vor
Am 10. September empfing Landesrätin
Maria Kuenzer die Spitze des Heimatpflegeverbandes
zu einer Aussprache zum
Thema “Ausweisung von Tourismuszonen”
vor dem Hintergrund des Übergangs
vom geltenden Raumordnungsgesetz zum
neuen Landesgesetz Raum & Landschaft.
Dabei deponierte der Verband zwei Hauptforderungen:
1. Ein Moratorium für die Beurteilung und
eventuelle Genehmigung aller vorliegenden
Projektanträge - auch jener bereits bis 31.
August 2019 eingereichten Projekte – bis
zur gesetzlichen Verankerung neuer Beurteilungskriterien.
2. Neue, ökologische Kriterien für die Einstufung
der Gemeinden nach ihrem touristischen
Entwicklungsstand.
Zwei Tage nach dieser Aussprache, am
12. September, hat der Landtag ein Moratorium
für zukünftige Tourismuszonen
beschlossen.
Doch das klingt weitreichender, als es
ist. Denn die entscheidende Weichenstellung,
nämlich die völlige Überarbeitung
der touristischen Kategorien, wurde wieder
nicht vorgenommen. Und das ist schwerwiegend,
denn längst wären Dutzende vormals
“schwach entwickelte” Gemeinden in
den Status “stark“ einzustufen. Zum heutigen
Stand (Beschluss der Landesregie-
rung vom 27.04.2018) gibt es in Südtirol
168 (!) „touristisch gering entwickelte“ Gebiete,
192 „touristisch entwickelte“ und 24
„touristisch stark entwickelte“ Gebiete (d.h.:
Gemeinden, aber auch Teilgebiete einzelner
Gemeinden). (Siehe Grafik Seite 34).
Hier ist ein Paradigmenwechsel im besten
Wortsinn notwendig, es geht um eine Umkehr
der Prioritäten, es geht um den Vorrang
für die Aufnahmefähigkeit der Natur- und
Kulturlandschaft in den einzelnen Gemeinden:
Das Kriterium muss ökologische Verträglichkeit
heißen.
Wenn man außerdem bedenkt, dass bei
den meisten der geplanten neuen Tourismuszonen
nicht nur die entsprechende Änderung
der Gemeinde-Bauleitpläne, sondern
zugleich auch Einschränkungen der
jeweiligen Landschaftspläne und oft sogar
der Gefahrenzonenpläne (im Sinne der Einschränkung
der jeweiligen Schutzzonen!)
angestrebt wird, dann wird klar, dass hier
grundlegend gesetzgeberisch gegengesteuert
werden muss.
Das geltende Landes-Raumordnungsgesetz
gibt die Richtung ohne Wenn und Aber vor:
Art.5 (Abs.4) bestimmt, dass bei allen raumordnungsrelevanten
Entscheidungen im
Zweifel „im Interesse der künftigen Generationen
vor allem den Erfordernissen der
Ökologie Rechnung zu tragen ist“.
Und das neue Landesgesetz für Raum
und Landschaft vom 10. Juli 2018 (ab
2020) stellt in Art.1 jegliche „Raumentwicklung“
in den Kontext der „Aufwertung
der Landschaft“ und der „Einschränkung
des Bodenverbrauches“.
Die Landesregierung muss also nichts
anderes tun, als sich an ihre eigenen Rahmengesetze
zu halten.
38
KulturFenster
Heimatpflege
Unsere Berge brauchen keine
Geschmacksverstärker
Der Rosengarten braucht keinen Glasturm
Foto: Jan Kusstatscher
in seinem in allen Punkten negativen Gutachten
vom 06.02.2019 und 21.05.2019
die scheinbare Legitimation, das Welterbe
zu repräsentieren, klar ab und präzisiert:
Das TTD hat keinerlei Daseinsberechtigung
an diesem sensiblen Ort. Er bewertet
das Gebäude als massive Störung und als
Fremdkörper mit negativen Auswirkungen
auf den ästhetischen und touristischen Wert
des Weltnaturerbes. Außerdem erinnert die
Stiftung UNESCO daran, dass man sich mit
der Aufnahme ins Weltnaturerbe dazu verpflichtet
hat, den Besucherzustrom und den
Ausbau der Infrastrukturen in dieser sensiblen
Zone nicht zu intensivieren.
Am Samstag, 21. September, haben sich
die Befürworter eines unberührten Dolomiten-
Weltnaturerbes am Fuße des Rosengartens
versammelt, um ihre Position zu unterstreichen:
Unsere Berge brauchen keine
Geschmacksverstärker – Der Rosengarten
braucht keinen Glasturm.
Im Rahmen einer Sitzung der Landesregierung
im Oktober werden die Mitglieder
der Landesregierung die weitere Vorgangsweise
besprechen und das Projekt „Touch
the Dolomites“ gutheißen oder ablehnen.
Davor haben der Heimatpflegeverband Südtirol,
Mountain Wilderness, der Club Alpino
Italiano, der WWF, Legambiente, Italia Nostra
und der Dachverband für Natur- und
Umweltschutz zusammen mit vielen Unterstützern
mit der Aktion „Unsere Berge
brauchen keine Geschmacksverstärker“
ein klares Zeichen gesetzt.
Weltnaturerbe Rosengarten
Der Rosengarten ist nicht nur ein weltweit
einzigartiges Naturdenkmal, er ist auch ein
identitätsstiftendes Symbol für alle Südtiroler.
Mit seiner kulturellen, spirituellen und ökologischen
Schönheit und Wildheit ist der Rosengarten
einer der symbolträchtigsten und
markantesten Berge der Dolomiten, Südtirols
und der Alpen. Um diese einzigartige
Gebirgslandschaft auch für die zukünftigen
Generationen zu erhalten, steht der Rosengarten
gleich mehrfach unter Landschaftsschutz.
Im Jahre 2009 sind die Dolomiten
– mit dem Rosengarten – zudem aufgrund
ihrer landschaftlichen Schönheit sowie ihrer
geologischen und geomorphologischen
Bedeutung in die Liste des Welterbes der
Menschheit aufgenommen worden. Das
UNESCO Welterbe ist die weltweit höchste
Anerkennung für eine Naturstätte. Dieses
Siegel ist vor allem eine Verpflichtung zum
Schutz und Erhalt und nicht ein Freischein
für die grenzenlose Vermarktung.
Vernichtendes Gutachten
Im Februar 2019 hatte die Kommission für
Natur, Landschaft und Raumentwicklung
empfohlen, die weitere Vorgehensweise
vom Gutachten der Stiftung Dolomiten UN-
ESCO abhängig zu machen. Und dieses
Gutachten fiel eindeutig aus: Der wissenschaftliche
Beirat der Stiftung Dolomiten
UNESCO spricht dem geplanten Glasturm
Degradierung zur Kulisse für
kurzsichtigen Eventtourismus
Mit dem Projekt „Touch The Dolomites“ (Berühre
die Dolomiten) wird der Rosengarten
zur Kulisse degradiert. Statt das Verständnis
für die Einzigartigkeit der Dolomiten zu
fördern, vergrößert der Kristall die Distanz
zur Natur. Wer glaubt, mit einem Stahl-
Glas-Turm auf 2300 Metern Meereshöhe
den Menschen die Berge näher bringen zu
können, hat es verlernt, den Fels, die Natur
und die Umwelt differenziert zu betrachten.
Das Projekt ist Ausdruck eines kurzsichtigen
Eventtourismus, der vergessen hat,
dass ein möglichst unberührtes Weltnaturerbe
Dolomiten der eigentliche Schatz ist,
von dem wir alle profitieren. Auch Tourismus
und Wirtschaft.
Appell an die Landesregierung
Der Heimatpflegeverband Südtirol, Mountain
Wilderness, der Club Alpino Italiano,
der WWF, Legambiente, Italia Nostra und
der Dachverband für Natur- und Umweltschutz
fordern die Landesregierung erneut
auf, das negative Gutachten des wissenschaftlichen
Beirates der Stiftung UNESCO
ernst zu nehmen und den Glasturm an diesem
sensiblen Ort abzulehnen.
Nr. 05 | Oktober 2019 39
Aus Verband und Bezirken
Den Enkeln eine lebenswerte
Heimat übergeben
Vortragsabend zu Raum und Landschaft in Algund
Foto: Martin Geier
In Algund einen Prozess der Auseinandersetzung mit der Entwicklung des Dorfes anzustoßen,
und damit die Weichen zu stellen, um den zukünftigen Generationen eine lebenswerte
Heimat zu übergeben - das ist das Anliegen des Heimatschutzvereins Algund und
seines Obmannes Peter Haller. Zu diesem Zweck lud man den Schweizer Landschaftsarchitekten
Andreas Kipar und Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer ins Thalguter Haus.
Interessierte aus Algund und aus ganz Südtirol folgten ihren Ausführungen und zeigten
sich in der Diskussion gleichermaßen engagiert wie besorgt.
Der international tätige Landschaftsarchitekt
Andreas Kipar, der in Mailand, Lugano
und Düsseldorf mit eigenen Büros vertreten
ist, stellt eingehend klar, dass Landschaft
nicht nur als etwas Schönes zu verstehen,
sondern stets der Spiegel einer Gesellschaft
ist. Spätestens seit der Europäischen
Landschaftskonvention von 2000
beginnt man der Landschaft neue Bedeutung
zuzumessen. Gerade die Alpenlandschaft
steht wegen ihrer natürlichen
Begrenztheit unter Druck. Auf geballtem
Raum müssen Wohnen und Arbeiten, Infrastrukturen
und Tourismus ihren Platz
finden. Umso sorgfältiger muss geplant
und vorgegangen werden, denn das „Verbrauchen“
von Land ist kein reversibler
Prozess, so Architekt Kipar.
Mit Blick auf das neue Landesgesetz
für Raum und Landschaft ist dabei sicherlich
die Zersiedlung jener heikle Punkt,
der klar werden lässt, dass Schäden an
der Landschaft nicht nur das historische
Gedächtnis zerstören, sondern auch die
Rechte der zukünftigen Generationen unwiderruflich
beschneiden.
Bei der Landschaft beginnen
Einem sorgfältig ausgearbeiteten Leitbild
kommt damit größte Wichtigkeit und
Bedeutung zu. Aus seinen Erfahrungen
im Bereich der Landschafts- und Freiraumplanung
forderte Kipar in diesem
Sinne aber den Mut, die traditionelle
Reihenfolge in der Planungsarbeit – Infrastrukturen,
Besiedlung, Landschaft –
umzukehren und bei der Landschaft zu
beginnen. Dabei geht es nicht um romantische
Vorstellungen, sondern durchaus
um wirtschaftlichen Nutzen. Als Beispiel
für ein Modell der Vernetzung von Landschaftsplanung
und wirtschaftlichen Bedürfnissen
stellte Arch. Kipar ein in Bardolino
am Gardasee umgesetztes Projekt
vor, das dem überlasteten Touristenstädtchen
Entlastung bringen sollte. Dies gelang
durch das Anlegen von vier neuen
Rad- und Wanderwegen in und durch
fünf umliegende Gemeinden, wodurch
die Touristenströme entsprechend drainiert
werden können. Das Konzept des
„Percorso“ ging auf und bedeutet heute
für die Gemeinden im Hinterland einen
wirtschaftlichen Aufschwung, für Bardolino
bringt es die dringend notwendige
Entlastung.
Freiräume lassen
Zwei Prinzipien von Kipars Arbeit macht
dieses Projekt deutlich: 1. Nur eine übergemeindliche
Zusammenarbeit macht
eine fruchtbringende Planung möglich.
2. Große „Bilder“ werden an kleinen
Maßnahmen umgesetzt. Ein drittes Prinzip
Kipars besteht in der Wertschätzung
des Freiraums. Laut dem Landschaftsarchitekten
sollte in der Landschaftsplanung
heute der Freiraum eine Hauptrolle
spielen, als unprätentiöser Raum, der –
manchmal auch nur periodisch – Menschen
aufnehmen kann, aber auch für
sich steht. Zur Veranschaulichung stellte
Arch. Kipar ein in der Schweiz umgesetztes
Projekt vor, bei dem ein in Jahrzehnten
gewachsener Verkehrsknotenpunkt
entwirrt und teilweise rückgebaut
wurde und Platz für neue Freiräume ließ,
40
KulturFenster
Heimatpflege
die von der Bevölkerung auf die verschiedenste
Weise genutzt werden und für die
Ortschaft eine neue Attraktivität und Lebensqualität
bedeuten.
In den Projekten von Arch. Kipar geht
es oft darum, Beschädigtes behutsam
wieder zu vernetzen und wiederzubeleben,
wobei sich zeigt, dass Identität aus
Freiräumen entsteht. Auch Landesrätin
Maria Hochgruber Kuenzer betonte,
dass Landschaft eine nicht zu unterschätzende
Basis für Identität und Heimatgefühl
ist, als sie im Anschluss kompetent
auf wichtige Punkte des neuen Landesgesetzes
für Raum und Landschaft einging
und Neuerungen erläuterte.
Die Tatsache, dass erstmals Raumordnung
und Landschaft in einem Gesetz
vereint sind, sieht Landesrätin Hochgruber
Kuenzer als Chance zur Gestaltung,
vor allem für die Gemeinden. Die Abgrenzung
des Siedlungsgebietes erfolgt
in Zukunft nämlich durch das Gemeindeentwicklungsprogramm,
obliegt also
den Gemeindeverwaltungen. Auch die
Umwidmung von Bebauungszonen wird
zukünftig Aufgabe der Gemeindeverwaltungen
sein, genauso wie das Erstellen
eines eigenen Mobilitätsplans und eines
Tourismusentwicklungskonzepts. Wie
in der abschließenden Diskussion klar
wurde, bedeuten diese Kompetenzverschiebungen
auch, dass der Druck auf
Bürgermeister und Gemeindeverwalter
in diesen Belangen sicher steigen wird.
Landesrätin Maria Kuenzer riet deshalb,
wie vor ihr auch Arch. Kipar, die Ausarbeitung
der Programme und Pläne breit
zu diskutieren und auf Gemeindeebene
einen möglichst umfangreichen Konsens
zu suchen. Ob dies alles bis Jänner 2020
zu schaffen ist, konnte selbst Maria Hochgruber
Kuenzer nicht eindeutig bejahen.
Die zahlreichen Wortmeldungen zeigten
jedenfalls, dass sich Bürger und Bevölkerung
durchaus Gedanken darüber machen,
wohin sich Algund bzw. unser Land
entwickeln soll, und dass es vielen ein
Anliegen ist, heute an morgen zu denken.
In diesem Sinne ist es dem Heimatschutzverein
Algund gelungen, mit dem
Vortragsabend Impuls und Basis für den
Weg zum neuen Gemeindeentwicklungsprogramm
zu sein. Nun gilt es, am Ball
Der Schweizer Landschaftsarchitekt
Andreas Kipar
zu bleiben und für weitere Schritte zu sorgen,
die zu angemessenen Strategien für
Algund und Umgebung führen.
Maria Kiem, Algund
Das Ortszentrum von Algund
KulturFenster
Redaktion KulturFenster
Ihre Beiträge für die Heimatpflege im Kulturfenster senden Sie bitte an: josef@hpv.bz.it
Für etwaige Vorschläge und Fragen erreichen Sie uns unter folgender Nummer: +39 0471 973 693 (Heimatpflegeverband)
Nr. 05 | Oktober 2019 41
Aus Verband und Bezirken
Kleinode, Ensembles,
Tourismuszonen und neue Straßen
Ortsbegehung in Tramin
Tramin mit seiner Pfarrkirche ist ein typisches Straßendorf, das sich mit einer engen
Bebauung entlang der historischen Hauptstraße an die Schutthügel der Weinhänge
schmiegt. (Foto: Albert Willeit)
Von einzigartigen Renaissance-Fresken des
Künstlers Bartlmä Dill Riemenschneider bis
zum lieblos neugestalteten Beginn des Gewürztraminer-Themenwegs
war bei der Ortsbegehung
in Tramin alles an Hochs und Tiefs
dabei, das man sich nur vorstellen kann. Viel
interessanter Diskussionsstoff also für die anwesenden
Heimatpfleger und Gemeindevertreter,
allen voran Obfrau Claudia Plaikner,
Obfrau des Vereins für Kultur- und Heimatpflege
Tramin Monika Oberhofer und Bürgermeister
Wolfgang Oberhofer sowie Gemeindereferentin
Sieglinde Häusl.
Tramin ist ein typisches Straßendorf, das
sich mit einer engen Bebauung entlang der
historischen Hauptstraße an die Schutthügel
der Weinhänge schmiegt. Die Straßenführungen,
die der Topographie der Landschaft
folgen, einen menschlichen Maßstab haben
und niemals als gerade Linie oder Schneise
in die Landschaft gesetzt wurden, prägen
dieses einzigartige Weindorf und verleihen
das besondere Flair und den angenehmen
Reiz. Noch schön zu sehen ist in Tramin
die Haus-an Haus-Bebauung, die die Landschaft
und die an- und absteigenden Hügel
in sich aufnehmen. Die notwendige engstrukturierte
und kostengünstige Bebauung ermöglichte
es, die Straße als öffentlichen
Raum, als Begegnungsraum zu nutzen, in
dem sich das tägliche Leben auf der Straße
abspielte. An den Hinterseiten der Gebäude
waren und sind teilweise immer noch die
privaten Gärten und Weinberge. Im Erdgeschoss
entlang der Straße fanden die Ställe
und anderen landwirtschaftlichen Räume
sowie Werkstätten und Geschäfte und die
Innenhöfe Platz. Die Wohnräume befinden
sich in den oberen Geschossen. Dieses Zusammenspiel
ergibt das wunderbare Dorfbild
mit kleinen Plätzen, Brunnen, Innenhöfen
und den verschiedenen Ansichten.
Bis in die Mitte des 20. Jh. wurde diese
Art der Ortsbebauung weitergeführt. Die Industrialisierung
und vor allem die Durchsetzung
des motorisierten Individualverkehrs
veränderten den Dorf- und Städtebau und
ersetzten den Menschen als Maßstab mit
dem Auto.
Seit Jahren ein zentrales Thema:
die Verkehrsbelastung
Wie viele andere Dörfer Südtirols leidet
auch Tramin unter einer enormen, größtenteils
hausgemachten Automobilbelastung.
Obwohl mit der Weinstraße bereits eine Umfahrung
besteht, sind die engen Gassen im
Dorfzentrum und der Hauptplatz stark frequentiert
und – vielfach wild – zugeparkt.
Fußgänger und Radfahrer sind auf Straßen
und Plätzen benachteiligt.
Entgegen den Empfehlung von Verkehrsexperten
möchte die Gemeindeverwaltung
dieses Problem mit einer neuen Straße
und einem neuen Parkplatz durch den und
im bisher unverbauten Pfarranger lösen.
Der Pfarranger steht heute unter Ensembleschutz.
Dieser freie Raum im sonst geschlossenen
Straßendorf betont die Sicht in
die Weinberge, in den Talboden und muss
unverbaut bleiben. Die Wichtigkeit des Widums,
der neben der Gemeinde und dem
Schulbau als eines der drei Gebäude die
Sicht von der engen Straße zum Talboden
hin öffnet, betont den öffentlichen Charakter
der Gebäude.
Alle an der Ortsbegehung Beteiligten kamen
zu dem Schluss, dass das geplante Projekt
nicht sinnvoll ist und alternative Standorte
für Parkplätze gefunden werden müssen.
Neue Tourismuszonen im landwirtschaftlichen
Grün
Der zurzeit noch boomende Touristenzustrom
und das neue Raumordnungsgesetz
bzw. die lange Übergangszeit bis zum
Inkrafttreten desselben öffnen auch in Tramin
Tür und Tor für wuchernde Bauspekulation,
deren Auswüchse das Dorfbild unwiederbringlich
zu entstellen drohen.
So sind etwa neue Tourismuszonen hinter
dem Kirchturm sowie in Söll jeweils im
landwirtschaftlichen Grün und zum Teil in
der Ensembleschutzzone geplant. Die Ausweisung
dieser touristischen Zonen und die
touristische Entwicklung in Tramin insgesamt
folgt derzeit leider keinem zusammenhängenden
ganzheitlichem Konzept. Allzu oft
nimmt sich die Gemeindeverwaltung hier
eher der Einzelinteressen an, als das Wohl
aller Traminer im Auge zu behalten.
42
KulturFenster
Heimatpflege
Ein einzigartiges, aber leider nicht öffentlich zugängliches Juwel in Tramin ist das Ensemble Langenmantelhaus und der
„Trinkturm mit Loggia“ im Ortsteil Betlehem. Mit seinen Renaissance-Fresken des Künstlers Bartlmä Dill Riemenschneider ist er
ein im gesamten Alpenraum einzigartiges Kulturgut. ( Foto links: Marlene Roner – Fotos mitte und rechts: Helmut Stampfer)
Ein verborgenes Kleinod
Ein einzigartiges, aber leider nicht öffentlich
zugängliches Juwel in Tramin ist das Ensemble
Langenmantelhaus und der „Trinkturm
mit Loggia“ im Ortsteil Betlehem. Mit
seinen Fresken des Künstlers Bartlmä Dill
Riemenschneider im Trinkturm und im Langenmantelhaus
ist das Gebäude ein im gesamten
Alpenraum einzigartiges Kulturgut.
Alle Teilnehmer der Ortsbegehung zeigen
sich begeistert von den wunderbaren
und trotz des allgemein schlechten Zustands
des Gebäudes noch sehr gut erhaltenen
profanen Malereien des berühmten
frühneuzeitlichen Malers. Die Möglichkeit,
dieses Kleinod zu begehen und zu besichtigen
ist von großem öffentlichem und touristischem
Interesse.
Das Langenmantelhaus gehört heute einer
Konkursmasse an und wird zurzeit verkauft.
Die Gemeinde könnte das Vorkaufsrecht in
Anspruch nehmen, um das einzigartige öffentliche
Gut der Allgemeinheit zuzuführen.
Der Rest des Gebäudes könnte zur
Wiedergewinnung von Wohnraum im historischen
Ortskern, wie es Glurns und andere
Dörfer in Südtirol vorgemacht haben,
verwendet werden.
Helmut Stampfer, der ehemaliger Direktor
des Denkmalamtes, sprach sich bei der
Dorfbegehung mit aller Deutlichkeit für diese
Lösung aus. Auch Katja Trauner, Architektin
und Ensembleschutzbeauftragte, hob hervor,
wie wichtig die öffentliche Hand für die
Erhaltung und den Schutz solcher Bauten
ist. Diese Art von Gebäuden sind als Allgemeingut
anzuerkennen und tragen nachhaltig
zum Kulturverständnis und zum Bezug
der Bürger bzw. der Gesellschaft zum
baulichen und historischen Kontext eines
Dorfes bei. Dies fördert langfristig gesehen
wiederum einen qualitätvollen Umgang mit
Raum und Landschaft und mit zeitgenössischem
Bauen. Wer Altes verfallen lässt,
baut Neues ohne Herz oder mit August Bebel
gesagt hat: „Nur wer die Vergangenheit
kennt, kann die Gegenwart verstehen und
die Zukunft gestalten.“
Laut Bürgermeister besteht in der Gemeindeverwaltung
allerdings nur wenig
Interesse daran, vom Vorkaufsrecht Gebrauch
zu machen, da teilweise auch die
Mittel dazu fehlen.
Neuer Themenweg
„Gewürztraminer“
Wäre er ein Wein, dann wäre der neue
Themenweg „Gewürztraminer“ einer dieser
beliebigen Allerweltsweine, die an den
scheinbaren Massengeschmack angepasst
keinerlei Rückschluss auf Landschaft und
Herkunft hinterlassen, keine Tiefe haben
und die man schon wieder vergessen hat,
sobald der letzte Tropfen die Kehle hinunterrinnt.
Bereits am Beginn des Themenweges
merkt man, dass ein nicht vollständig durchdachtes
Konzept vorliegt. Ein riesiges Metallschild
mit der Aufschrift „GewürzTRAminer“
an einer schönen Steinmauer und
eine ebenso überdimensionale stählerne
Perglkonstruktion hinterlassen den geneigten
Wanderer eher abgeschreckt als beeindruckt.
Weiter geht der Wanderweg mit
einem wunderbaren, bestehenden Steinpflaster.
Wo dieses aufhört, findet sich der
neugestaltete „Entspannungssitzplatz“ mit
verschiedensten Elementen: eine schlecht
ausgeführte Steinmauer, ein alter, von ir-
Bereits am Beginn des neuen Gewürztraminer-Themenweges merkt man, dass das
Konzept hinsichtlich einer konstanten Qualität nochmals überdacht werden sollte.
(Foto: Albert Willeit)
Nr. 05 | Oktober 2019 43
Aus Verband und Bezirken
Im Gegensatz zum „Trinkturm mit
Loggia“ wurde die „Trinkstube“ im
angrenzenden Gebäude von Besitzer
Armin Sinner (im Bild rechts mit
Helmut Stampfer“) 2015/16 vorbildlich
restauriert. (Foto: Albert Willeit)
Die Teilnehmenden beim Abschluss der Ortsbegehung des Vereins für Kultur und
Heimatpflege Tramin im [hoamet] Tramin Museum
gendwoher importierter Olivenbaum, der eigenartigerweise
in ein weißes Schotterbett
mit Folie gesetzt wurde. Außerdem gibt es
noch lose Steine, Lavendelpfl anzen, eine
alte Stampfbetonmauer und eine weitere
Fläche aus Porphyrschotter, in welchen ein
Traminer Apfelbaum gepflanzt ist.
Eine solch beliebige und wenig durchdachte
Gestaltung ist generell kritisch zu
sehen, ganz besonders aber an solchen
Standorten in der freien Kulturlandschaft.
Deshalb empfiehlt Albert Willeit im Sinne
der Anwesenden, das gesamte Konzept und
die Gestaltung zu überdenken und von Experten
bewerten zu lassen. Das zahlt sich
gewiss aus, denn anspruchsvolle und kulturell
interessierte Gäste, die vor allem Tramin
ansprechen will, merken sofort, ob etwas
Qualität hat oder nicht.
Abschluss mit Film und
Gewürztraminerverkostung
Zurück im Museum zeigte der Verein für
Kultur und Heimatpflege Tramin noch einen
Kurzfilm von Museumskustos Hermann Toll
über den Verfall des Trinkturmes mit Loggia
im Langmantelhaus im Dorfviertel Betlehem,
der seit nunmehr 100 Jahren darauf
wartet, renoviert und öffentlich zugänglich
gemacht zu werden.
Abgeschlossen wurde die Ortsbegehung
bei der Verkostung feiner lokaler Gewürztraminer.
Hier ließen die Teilnehmer noch
einmal die Eindrücke des wunderbaren
und einzigartigen, aber gleichzeitig fragilen
und bedrohten Ortsbildes Tramins Revue
passieren.
Marlene Roner und Florian Trojer
Fotowettbewerb
„Heimat im Fokus / Natur-Denkmal-Mensch / offen-kritisch-spielerisch“
Weg von den Klischees, hin zum kritischen Blick
Als Auftaktveranstaltung hat das „Netzwerk Kulturerbe“ (s.o.) einen Fotowettbewerb zum
Thema „Heimat im Fokus / Natur-Denkmal-Mensch / offen-kritisch-spielerisch“ ausgeschrieben,
der am 1. Juni 2019 gestartet ist und am 29. Februar 2020 endet.
Der Wettbewerb richtet sich an Jugendliche und Erwachsene. Er hat das Ziel, ein neues, kritisches
Bewusstsein für die Natur, die Umwelt und die Landschaft, die Bräuche und Traditionen,
die Baukultur und die Geschichte sowie das Zusammenwirken all dieser Bereiche
zu entwickeln. Dabei kommt es vor allem darauf an, die Trampelpfade der Klischeebilder
zu verlassen und sich auf die Suche nach der „gefühlten“ Heimat zu machen – mit ihren
schönen, aber auch mit ihren problematischen Seiten.
Das Reglement des Fotowettbewerbs fi nden Sie auf der Homepage des Heimatpflegeverbandes
unter www.hpv.bz.it/fotowettbewerb-p39.html
44
KulturFenster
Heimatpflege
Andenken an den Grödner
Naturschützer Florian Schrott
Bronzetafel auf der Raschötz
Zu einem besonderen Ereignis lud der Naturschutz-
und Kulturverein St. Ulrich „Lia
per natura y usanzes“ am 15. September auf
die Raschötzer Alm. Man gedachte des Grödner
Naturschützers Florian Schrott (1941-
2017) und ehrte ihn mit einer Gedenktafel.
Die Idee dazu hatte, der leider zu früh
verstorbene, David Mahlknecht, der selbst
Mitglied bei der „Lia“ war und diese beim
Naturpark Puez Geisler vertrat. Die zur
Umsetzung nötigen Schritte vorangebracht
haben in St. Ulrich auch die Vizebürgermeisterin
Lara Moroder, die zuständige Gemeinderätin
Sara Stufflesser und allen voran
der Präsident der „Lia“ Engelbert Mauroner,
die allesamt im Führungsausschuss
des Naturpark Puez Geisler tätig sind.
Bei der feierlichen Messe in der Pfarrkirche
von St. Ulrich segnete Dekan Alois
Pitscheider die Bronzetafel. Er hob dabei
die Wichtigkeit des Naturschutzes hervor
und dankte allen Menschen, die sich dafür
einsetzen. Worte des Dankes an alle Beteiligten
und hier namentlich Genannten
sprach auch die Tochter Petra Schrott aus.
Sie dankte zudem der Marktgemeinde St.
Ulrich, die das Projekt fi nanzierte, Marco
Forni für die tiefgehenden Texte an der
Bronzetafel und Egon Trocker vom Amt für
Naturparke, der den Platz für die Gedenktafel
gestaltete.
Durch ein gemeinsames Mittagessen gestärkt,
wanderten die Teilnehmer der Feier
am Nachmittag bei strahlendem Sonnenschein
auf die Innerraschötz. Sie fanden
sich an einem Platz am Rande des von
Florian Schrott einzigartig gestalteten und
in mühevoller Arbeit gepflasterten Weges
ein. Hier errichtete Egon Trocker mit seinen
Mitarbeitern eine sehens- und sitzenswerte
Holzbank. Sie besteht aus einer einzigen
großen Zirbelkiefer (so die erläuternden
Worte Trockers), die unweit dieses malerischen
Ortes dem Windwurf erlegen war.
In dem als Ganzes belassenen Baumstamm
samt Wurzeln wurde direkt an seinem jetzigen
Standort eine Bank gehauen. Ein aus
einem Seitenast geschnitzter Adlerkopf bewacht
die Bank und ihre vorbeiziehenden
Gäste, die darauf Rast halten. Hinter der
Bank brachte Egon Trocker die Bronzetafel
an einem vorbereiteten Stein an.
Umgeben von der immer wieder beeindruckenden
Bergkulisse befanden sich unter
den Anwesenden die Familie, Freunde
und alte Weggefährten von Florian Schrott,
Vertreter der „Lia per natura y usanzes“
und der Gemeinde St. Ulrich.
Wertschätzende und ehrlich empfundene
Worte für Florian Schrott sprachen
der Präsident Engelbert Mauroner, der Geschäftsführer
des Heimatpflegeverbandes
Josef Oberhofer und der Amtsdirektor der
Naturparke Südtirols Enrico Brutti. In ihren
kurzen, prägnanten und spontanen Ansprachen
würdigten sie seine Verdienste,
seinen Idealismus und seine Beharrlichkeit
im Naturschutz und begrüßten das Anbringen
der Bronzetafel, die die Erinnerung an
Florian wachhält.
Musikalisch umrahmt wurden die Feierlichkeiten
in der Kirche und auf der Alm
vom Frauenviergesang bzw. den „Wetterhexen“
unter der Leitung von Carmen Declara
und Petra Schrott an der Gitarre.
Auch der Alphornbläser Gustav Perathoner
bereicherte die Feier auf der Raschötz,
indem er geschickt das aus der Ferne hörbare
verspätete Echo nutzte, es musikalisch
in sein Spiel einbaute und somit dem
Ganzen eine transzendente Note verlieh.
Auch mahnende Worte der Tochter fanden
bei dieser Feier Platz:
„Die Bronzetafel erinnert an meinen Vater
Florian. Gleichzeitig soll sie uns auch
bewusst machen, wie schön, ja grandios
die Natur ist und die, von Urzeiten an, vom
Menschen gestaltete Landschaft. Auch
wenn dieser besondere Fleck auf Erden,
den wir Heimat nennen, allzu oft als eine
Selbstverständlichkeit angesehen wird,
wenn uns die Berge, Almen und Wälder,
die Quellen, Bäche und Seen als eine schon
immer dagewesene Tatsache erscheinen,
soll uns der Platz auf der Raschötz mahnen,
wie fragil und schützenswert unsere
Umwelt ist. Dieser Platz soll uns vor Augen
führen, dass erreichte Ziele im Naturschutz
und in der Umweltpolitik zwar auf
Papier festgehalten, jedoch nicht in Stein
gemeißelt sind. Immer wieder aufs Neue
müssen wir für das Erreichte einstehen,
es verteidigen, hegen und pflegen,die Natur
lieben, ihr Respekt zollen und danken,
dass wir an ihr teilhaben dürfen.“ So endete
am späten Nachmittag die gelungene
Feier, die ganz im Sinne von Florian stattfand.
Er hätte seine hellste Freude daran
gehabt, physisch anwesend zu sein. Nur
nachgefeiert hätte er noch ein wenig länger.
Petra Schrott
Nr. 05 | Oktober 2019 45
Aus Verband und Bezirken
Widdramo ham af Segschtn
Heimatfernentreffen 2019
Die Voraussetzungen für ein außerordentliches
Fest waren gegeben: Bilderbuchwetter
den ganzen Tag über, gewissenhafte
Vorbereitung durch den Heimatpflegeverein
Sexten gemeinsam mit mehreren
Vereinen des Dorfes und der Gemeindeverwaltung
und viele Anmeldungen von
Heimatfernen mit ihren Angehörigen (an
die dreihundert).
Um 15 Uhr war der Startschuss, die
Anwesenden wurden vor der alten Schule
von der Obfrau des Heimatpflegevereins
Sexten Frau Regina Senfter Stauder herzlich
willkommen geheißen, ein reichlich
gedeckter Tisch mit allerlei Spezialitäten
aus dem Dorf war von den Bäuerinnen
und vom Familienverband vorbereitet worden
und Paul Tschurtschenthaler sorgte
auf seiner Ziehharmonika für gute Stimmung.
Kurz vor 16 Uhr begleitete die
Schützenkompanie Sepp Innerkofler die
fröhliche Gesellschaft in die Kirche, wo
Dekan Andreas Seehauser und Pater
Markus Rauchegger (auch ein Heimatferner)
die Eucharistie mit den Gläubigen
feierten. Der Kirchenchor unter der Leitung
von Alexander Patzleiner umrahmte
die Messfeier in würdevoller Weise. Anschließend
marschierten die Heimatfernen
mit ihren Angehörigen, der Gemeindeausschuss,
die Schützenkompanie und
die Ehrengäste - begleitet von den Klängen
der Musikkapelle Sexten - zum Haus
Sexten, wo sie von der Jugendkapelle mit
frohen Weisen empfangen wurden.
Um 18 Uhr begann der eigentliche
Festakt im großen Saal des Haus Sexten.
Die Obfrau des Heimatpflegevereins begrüßte
nochmals die anwesenden Ehrengäste:
Frau Waltraud Deeg, Landesrätin
und gleichzeitig Vizepräsidentin der Organisation
Südtiroler in der Welt, den Vorsitzenden
der Organisation Südtiroler in der
Welt, Erich Achmüller, die Obfrau des Heimatpflegeverbandes
von Südtirol, Claudia
Plaikner, den Bürgermeister, Fritz Egarter
und die Gemeindereferenten, die Vorsitzenden
der Sextner Vereine, die hohe
Geistlichkeit, Pater Markus Rauchegger
und Dekan Andreas Seehauser und alle
Heimatfernen aus Nah und Fern mit ihren
Angehörigen und Freunden. Ein besonderer
Gruß ging an Ernst Watschinger,
welchem die Gemeindeverwaltung
anschließend an die Grußworte ob seiner
Verdienste als ehemaligem Leiter des
Amtes für Wildbach- und Lawinenverbauung
die goldene Ehrennadel der Gemeinde
Sexten überreichte. Die Ehrengäste würdigten
in den Grußansprachen die Verdienste
Watschingers für die Gemeinde
und das Land Südtirol und durchleuchteten
den Begriff Heimat aus verschiedenen
Perspektiven. Ein Höhepunkt des
Abends war die Präsentation des Dialektbuches
„Segschta Wourt-Schätze“ durch
den Autor Andy Stauder. Es handelt sich
um ein kleines Lese- und Wörterbuch zur
Sextner Mundart, in welchem der Verfasser
in mühevoller Kleinstarbeit verschiedene
typische Dialektausdrücke nach ihrer
Herkunft überprüft und in die Standardsprache
übersetzt hat. Alle Anwesenden
konnten ein solches Buch anschließend
kostenfrei mit nach Hause nehmen, zudem
gab es einen Kalender von 2020 mit
herrlichen Landschaftsbildern des Naturfotografen
Markus Tschurtschenthaler als
Geschenk. Den Festakt umrahmten Rudi
und das Sextner - Trio mit alten Heimatliedern,
welche so manchen der Mitfeiernden
zum Mitsingen verleiteten.
Nach der Buchvorstellung wurde das
Abendessen serviert, es gab ein typisch
tirolerisches Essen: Speckknödel mit Gulasch
und als Nachtisch Buchteln mit
Vanillesoße. Zwischen Hauptspeise und
Nachtisch fand die Prämierung des Ratespiels
„Kennst du deine Heimat?“ statt
und einige Heimatferne erzählten von ihren
Erlebnissen in der Fremde bzw. es wurden
einige Botschaften von Menschen,
welche nicht anwesend sein konnten,
vorgelesen. Die Feierlichkeiten wurden
von jungen Musikanten mit Tanzmusik
abgerundet. Die Heimatfernen konnten
zudem zwei Ausstellungen bewundern:
„Sexten im Wandel der Zeit“ und „Alpenflora“
des Naturfotografen Markus
Tschurtschenthaler.
Es kann mit Fug und Recht behauptet
werden, dass dieses Heimatfernen Treffen
eine sehr gelungene Feier war, welche
uns allen noch lange in Erinnerung
bleiben wird.
Für den Heimatpflegeverein Sexten
Hans Peter Stauder
46
KulturFenster
Heimatpflege
•Büchertisch•
Segschta Wourt~Schätze
Kleines Lese - und Wörterbuch zur Sextner Mundart
Inhalt: Allgemeine Abschnitte dazu, was das Sextnerische zu einem besonderen-
Dialekt macht: wie sich seine besondere Lage im Grenzland zwischen Österreich,
dem romanischsprachigen Venetien und dem Südtiroler Dialektgebiet auf seine Geschichte,
Lautung, Grammatik und seinen Wortschatz ausgewirkt haben.
Wörterbuchteil mit ca. 2.000 Stichwörtern, Angaben zu ihrer Herkunft, Grammatik
und Verwendung; lustige Geschichten aus früheren Zeiten zu einzelnen Wörtern; 20
Bildtafeln mit farbigen Illustrationen, gestaltet von einem Künstler aus dem Dorf; für
die möglichst genaue, aber trotzdem noch leicht lesbare Wiedergabe der Aussprache
und Betonung wurde eine eigene Orthographie mit Sonderzeichen entwickelt .
Format: 17cm x 22 cm Umfang: Ca. 250 S.
Klappentext: „[ ... ]man mus die mutter jhm hause , die kinder auff der gassen, den
gemeinen man auff dem marckt drumb fragen, und den selbigen auff das maul sehen,
wie sie reden [ ... ]“ - so sagte Martin Luther, als er die Bibel in die Sprache des
Volkes übersetzte . „Maul“ ist in Luthers Sprache - dem Mittelhochdeutschen - genau
wie im Sextner Dialekt das normale Wort für „Mund“. Das wissen wir, weil auch
wir für dieses Buch den Leuten „auf das Maul gesehen“ und viele Einwohnerinnen
und Einwohner des malerischen Bergdorfes Sexten zu ihrem Dialekt befragt haben.
Dieses Buch ist das Ergebnis davon und enthält ca. 2.000 eigentümliche, urige und
schillernde Wörter, die jeweilige Geschichte ihrer Herkunft, Angaben zu ihrer Bedeutung, dazu passende handgemalte Illustrationen,
Hintergrundinformationen zum Sextner Dialekt sowie auch heimelig-lustige Geschichten zu früheren Zeiten. Sie halten
in Ihren Händen Sextner Wort-Schätze .
Zur Person des Autors Andy Stauder
Geboren 1985, aufgewachsen in Sexten, vier Geschwister (drei
Brüder, eine Schwester), nach dem Abschluss des Sprachengymnasiums
in Bruneck, Studium der Philosophie, der allgemeinen und
angewandten Sprachwissenschaft und der Translationswissenschaft
(Englisch – Russisch – Italienisch) an der Uni Innsbruck, promoviert
im Jahr 2013 an der Universität Innsbruck, lehrte mehrere Jahre an
der Uni Innsbruck am geisteswissenschaftlichen Institut und leitet derzeit das
Unternehmen „Innsbruck
University Innovations“.
In seiner Freizeit erforschte
er die ca. 2000
im Sextner Dialektwörterbuch
gesammelten Begriffe und
versuchte sie wissenschaftlich aufzuarbeiten
bzw. sie herzuleiten.Was das Buch
so einzigartig macht, ist die Tatsache, dass dieses
Buch für den Laien genauso zu gebrauchen ist wie
für einen Studenten/ Wissenschaftler der Dialektologie.
Nr. 05 | Oktober 2019 47
Informiert und Reflektiert
Herbstliche „Heimatpflege“ für
tierische Mitbewohner
Finger weg vom Laubsauger
Wer seinen Garten im Herbst nicht blitzblank
aufräumt, schafft Heimat für Nützlinge
und Gartenbewohner. Laubreste, Reisighaufen
und verblühte Blumen können im
Winter verschiedenen Tieren Unterschlupf
und Futter bieten. Deshalb sollte man Mut
zur Unordnung haben und so Heimat für
Mitgeschöpfe schaffen.
An allem, was im Garten über den Winter
stehen bleibt, erfreuen sich Vögel und
Insekten. Die Samenstände von Blumen
und die Beeren an Sträuchern und Hecken
sind wertvolle Winternahrung. Alte Blüten
und Pflanzenstängel bieten lebensrettenden
Schutz vor Frost und Kälte. Wildbienen
und andere Insekten legen ihre Eier
in hohle, trockene Pflanzenstängel. Dort
überwintern dann die Larven und schlüpfen
im kommenden Jahr. Deshalb sollten
verdorrte Stängel unbedingt stehen bleiben
und nicht dem gärtnerischen Putzfimmel
zum Opfer fallen.
Ebenso hilfreich ist es, ein Stück der
Blumenwiese nicht zu mähen und über
den Winter stehen zu lassen. Auch das
bietet Insekten Überwinterungsquartiere.
Der ideale Platz für Winterschläfer ist der
Reisighaufen. Igel, aber auch Kröten oder
Eidechsen finden zwischen den Zweigen
Schutz und Nahrung.
Wer Rasenschnitt, Laub und zerkleinerte
Zweige umweltfreundlich entsorgen und
zugleich einen Profit daraus ziehen will,
verschnippelt größere Teile und mischt sie
mit Rasenschnitt und Laub. Eine circa 3
-5 cm dicke Mulchschicht verteilt auf die
Beete schützt Boden und Pflanzenwurzeln.
Dieser Mulch bewahrt den Boden
vor dem Austrocknen, was in regenarmen
Zeiten immer wichtiger wird. Das organische
Material bietet außerdem Regenwürmern
und Bodenlebewesen reichlich
Nahrung, die es so in wertvollen Humus
und letztlich wieder in Pflanzennährstoffe
umsetzen. Im Frühjahr kann der so entstandene
Humus als natürlicher Dünger
in den Boden eingearbeitet werden.
Reisighaufen und verblühte Blumen können im Winter verschiedenen Tieren
Unterschlupf und Futter bieten.
Umweltbewusste Gärtnerinnen und Gärtner
lassen die Finger vom Laubsauger. Dieses
Gartengerät schädigt Umwelt und Gesundheit
durch Lärm und Schadstoffe und
stört den Naturhaushalt. Durch den Schallpegel
von über 100 Dezibel – das ist ungefähr
so laut wie ein Presslufthammer –
werden vor allem die Nachbarn belästigt
und die Gesundheit der Benutzer geschädigt.
Laubsauger und -blaser, die von einem
Verbrennungsmotor angetrieben werden,
stoßen darüber hinaus gesundheitsschädliche
Abgase wie Kohlenwasserstoffe, Stickoxide
und Kohlenmonoxid aus.
Auch die Bodenbiologie wird durch
Laubsauger gravierend beeinträchtigt.
Die Geräte saugen mit den welken Blättern
auch Kleintiere wie Spinnen und Insekten
auf, häckseln und töten sie dabei.
Außerdem zerstören sie Pflanzensamen.
Da die abgesaugten oder mit einer Luftgeschwindigkeit
von bis zu 220 km/h weggeblasenen
Blätter und Äste nicht mehr auf
dem Boden verrotten, wird die Humusund
Nährstoffbildung behindert. Die am
Boden lebenden Kleintiere wie Würmer,
Insekten, Spinnen und Kleinsäuger verlieren
Nahrung und Lebensraum, der Boden
wird der Deck-Schicht beraubt, die
ihn vor Austrocknung und bei extremer
Kälte schützt.
Quelle: BUND Naturschutz Deutschland
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KulturFenster
Arge MundArt
Heimatpflege
Im Zeichen der
„Stillen Hilfe im Dorf“
17. Benefiz-Heimatabend in Lana
Musikanten, Sänger, Tänzer und Ehrengäste für die „Stille Hilfe im Dorf“ auf der Bühne im Raiffeisenhaus Lana (Foto Kofler).
Blasmusik, Chorgesang, Mundart und Volkstanz:
Das alles gab es kürzlich im Raiffeisenhaus
von Lana, beim 17. Benefiz-
Heimatabend; dieser stand erneut im
Zeichen der „Stillen Hilfe im Dorf“, welche
es sich zur Aufgabe gemacht hat, Menschen
in Not schnell und unbürokratisch
zu unterstützen.
Maria Sulzer- als Organisatorin dieser
gemeinnützigen Veranstaltung- konnte
auch heuer wieder Sänger, Tänzer und
Musikanten gewinnen, welche sich unentgeltlich
in den Dienst einer guten Sa-
che stellten. Alfred Sagmeister führte mit
„heiterer Note“ durch den Abend und
stellte die Mitwirkenden vor: die Bläser
der Bauernkapelle Völlan (unter der Leitung
von Sigmund Hofer), der Seniorenchor
Lana (geleitet von Engelbert Perkmann),
die Passeirer Mundartdichterin
Burgi Kaufmann, die Meraner Mundharmonikafreunde
und die Volkstanzgruppe
Lana. Dazu gab es köstlichen Apfelsaft,
eingeschenkt von Sepp Pircher-Hofmann.
Die Ehrengäste des Abends waren Bürgermeister
Harald Stauder, die Sozialre-
ferentin Helga Hillebrand Malleier sowie
die Gemeindereferenten Valentina Andreis
und Helmuth Holzner.
Rosa Pfattner als Verantwortliche der
„Stillen Hilfe im Dorf“ dankte abschließend
allen Beteiligten auf und hinter der
Bühne, insbesondere dem Träger dieser
Veranstaltung, der Schützenkompanie
„Franz Höfler“ mit Hauptmann Andreas
Pixner, der Marktgemeinde Lana,
den Sponsoren, den freiwilligen Spendern
und Maria Sulzer für die Organisation
des Abends.
Arge Volkstanz I Hereinspaziert
• Landeskathreintanz am 16.November 2019 im Kursaal von Meran mit der Musikgruppe „Tanzig“. Die Pausengestaltung
übernimmt der Bezirk Überetsch/ Unterland.
• Winterlehrgang vom 26.Dezember 2019 bis 1.Jänner 2020 im Haus der Familie Lichtenstern
Weitere Infos im Büro der Arbeitsgemeinschaft Volkstanz, Tel.: 0471/970555 oder info@arge-volkstanz.org
Nr. 05 | Oktober 2019 49
Arge MundArt
Unsere Muttersprache ist die
„Mund-Art“
Pustertaler MundArtdichterinnen und MundArtdichter -Pustertaler „MundArt“
Wenn wir überlegen und ehrlich sind, ist
unsere Muttersprache die „Mund-Art“. Die
ersten Worte sprechen wir unserer Mutter,
unserem Vater, Geschwistern nach.
Diese Ausdrucksform kann nicht nur
von Tal zu Tal, auch in einzelnen Abschnitten
eines Tales verschieden sein. Dies war
in früheren Zeiten noch viel markanter als
dies heutzutage der Fall ist. Die Täler waren
abgeschlossener, die Menschen mehr unter
sich. Veränderungen, auch in der Sprache
gingen langsamer voran, doch das Leben
in der kleinen Gemeinschaft war sicher
intensiver. Durch Fortschritt, Industrialisierung
und Fremdenverkehr änderte und vermischte
sich dies in verhältnismäßig kurzer
Zeit. Trotzdem haben sich die Mundart
und eine bestimmte Dialekte erhalten, sind
weiterhin im alltäglichen Sprachgebrauch
mehr oder weniger üblich. Dies zeugt auch
vom Bewusstsein der eigenen Herkunft und
der Treue zur Heimat.
Wir Mundartdichterinnen und -dichter
legen darauf großen Wert, schreiben unsere
Gedanken in Reimen und Versen nieder,
und zwar in einem in der Kindheit gelernten
Sprachgebrauch. Im Dialekt kann
man sich oft viel genauer und treffender
ausdrücken als in der sogenannten Schriftsprache.
Doch leider gehen zunehmend solche
Ausdrücke verloren, da es einstige Arbeitsmittel
und -geräte vielfach auch nicht
mehr gibt. Wir versuchen diese alten, fast
vergessenen Begriffe in unseren Gedichten
zu verankern und dadurch wieder in
Erinnerung zu rufen. Bei Lesungen haben
wir auch die Gelegenheit, wenn nötig,
diese zu erklären.
So zum Beispiel veranstaltet die Vertreterin
der Arge MundArt Bezirk Pustertal,
Maria Hilber Mutschlechner, in Zusammenarbeit
mit der Stadtbibliothek Bruneck
zweimal jährlich eine Lesung mit Mundartschreibenden
in verschiedenen Dialekten.
Zuletzt fand dort am 17. September 2019
eine solche mit der Mundartdichterin Klot-
hilde Oberarzbacher Egger aus Steinhaus im
Ahrntal statt. Nach der Begrüßung von Seiten
der Stadtbibliothek hieß die Bezirksvertreterin
alle Anwesenden willkommen und
stellte gleichzeitig ihre Kollegin Klothilde in
Gedichtform vor. Die darauffolgenden Ausführungen
und originellen Darbietungen
der Steinhauserin unter dem Titel „Va oll
awi'“ regten die zahlreichen Zuhörer zum
Schmunzeln, aber auch zum Nachdenken
an. Simon Hopfgartner aus Gais lockerte
mit passenden Stücken auf der Ziehharmonika
den interessanten Abend auf. Die
gelungene Lesung wurde vom Publikum
mit viel Applaus gewürdigt.
Maria Hilber Mutschlechner
KulturFenster
Blasmusik, Chorwesen und Heimatpflege in Südtirol
Redaktion KulturFenster
Redaktionsschluss für die nächste
Ausgabe des KulturFensters
ist Freitag, 15. November 2019.
Bitte Termin genau beachten!
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KulturFenster
Arge Lebendige tracht
Heimatpflege
Zwei glatt, zwei verkehrt…
Zwei bitte was?
Vom Ende handgestrickter Trachtenstutzen
Musterbrief für Grieser Trachtenstrumpf
Stricken eines Frauenstrumpfes
Über die Entstehung des Strickens ist wenig
bekannt. Die älteste Darstellung ist wohl die
des Meisters Bertram aus dem Buxtehuder
Altar um 1400, wo die Gottesmutter Maria
an einem Kittelchen strickt. Seit wann bei
uns getrickt wird, ist nicht bekannt, bestimmt
aber schon seit ein paar Jahrhunderten.
Gestrickt wurde hauptsächlich aus Schafwolle.
Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
Sommerstrümpfe auch aus Seide.
Die Baumwolle kam erst viel später dazu.
Alte Handwerkskunst
Früher war es eine Selbstverständlichkeit,
dass jedes Mädchen Strümpfe stricken
konnte. Ganze Truhen voll handgestrickter
Strümpfe, wahre Meisterwerke, sind uns erhalten
geblieben. Je feiner der Faden und
die Nadeln, desto zarter der Strumpf. So an
die 300-400 Stunden musste man für ein
paar schöne Strümpfe locker aufwenden.
Auch das Lesen der Musterbriefe war gar
nicht so einfach. Reden durfte man beim
Stricken nicht, nur zählen und sich voll
auf das Muster konzentrieren. Ein Fehler
wirkte sich fatal aus.
Muster voll Symbolkraft
Zu einem schönen Strumpf gehören schöne
Muster. Sechs verschiedene sollten es
schon sein. Die Muster wurden früher unter
den Frauen ausgetauscht wie Kochrezepte.
Meterlange Musterbänder wurden
gestrickt, um ja kein Muster zu vergessen.
Jedes Muster hatte einen eigenen Namen.
Da gab es Glöggelen, Nelken und Himmelsloaterlen,
Katzntreppen und Hennensteige,
Tiroler Adler und natürlich auch die Brennende
Liab. Mit jeder Masche, so sagte
man, stricke man viele gute Wünsche für
den Stutzenträger mit hinein.
Wahrer Blickfang
Zu einer Lederhose gehören schöne Strümpfe,
und wenn sie dann noch handgestrickt
sind, sind die Wadl der Männer ein wahrer
Blickfang für die Frauen. Und wie sieht es
bei den Frauen aus? Dort sollte der Rock
nur so lang sein, dass man den handgestrickten
Strumpf noch sehen konnte, also
ungefähr eine Spanne vom Boden entfernt.
Ob rundherum gemodelt oder nur seitlich
mit einem Lebensbaum geschmückt – immer
zeugen Trachtenstrümpfe von einer
geschickten Frauenhand.
Aussterbende Handwerkskunst
Wer kann heute überhaupt noch stricken?
Und dann noch Trachtenstutzen dazu? Wir
sind dabei, ein kleines Stück unserer Volkskultur
für immer zu verlieren. Denken wir
daran, wenn wir das nächste Mal die Konfektions-Strümpfe
anziehen!
Agnes Andergassen
Blauer Burggräfler Seidenstrumpf
Nr. 05 | Oktober 2019 51
Impressum
Mitteilungsblatt des Verbandes Südtiroler
Musikkapellen, des Südtiroler Chorverbandes
und des Heimapflegeverbandes Südtirol
Eigentümer und Herausgeber:
Verband Südtiroler Musikkapellen, Bozen
Ermächtigung Landesgericht Bozen
Nr. 27/1948
Schriftleiter und im Sinne des Pressegesetzes
verantwortlich:
Dr. Alfons Gruber
Als Pressereferenten für die Darstellung der
entsprechenden Verbandsarbeit zuständig:
VSM: Stephan Niederegger,
E-Mail: kulturfenster@vsm.bz.it
SCV: Paul Bertagnolli,
E-Mail: info@scv.bz.it
HPV: Josef Oberhofer (interimsmäßig),
E-Mail: josef@hpv.bz.it
Unverlangt eingesandte Bilder und Texte
werden nicht zurückerstattet.
Redaktion und Verwaltung:
Verband Südtiroler Musikkapellen,
I-39100 Bozen, Schlernstraße 1, Waltherhaus
Tel. 0471 976387 - Fax 0471 976347
E-Mail: info@vsm.bz.it
Einzahlungen sind zu richten an:
Verband Südtiroler Musikkapellen, Bozen,
Waltherhaus
Raiffeisen-Landesbank, BZ
IBAN: IT 60S03493 11600 0003000 11771
SWIFT-BIC: RZSBIT2B
Jahresbezugspreis: Euro 20
Gefördert von der Kulturabteilung
der Südtiroler Landesregierung.
Druck: Ferrari-Auer, Bozen
Das Blatt erscheint als Zweimonatszeitschrift,
und zwar jeweils am 15. Februar, April, Juni,
August, Oktober und Dezember.
Redaktionsschluss ist der 15. des jeweiligen
Vormonats.
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