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GELD<br />
Der Ratgeber für<br />
Markt und Wirtschaft<br />
SEITE17<br />
BERLINER KURIER, Freitag, 1. November 2019<br />
Bis zu 200 Euro<br />
Taschengeld<br />
Jugendliche in Deutschland<br />
haben monatlich im<br />
Schnitt fast 200 Euro zur<br />
Verfügung. Haupteinnahmequelle<br />
für 80 Prozent der<br />
16- bis 18-Jährigen ist dabei<br />
das Taschengeld laut einer<br />
aktuellen Jugend-Digitalstudie<br />
der Postbank. Teenager<br />
können im Schnitt 195<br />
Euro pro Monat ausgeben,<br />
jedem Dritten stehen mehr<br />
als 100 Euro zur Verfügung.<br />
16-Jährigen haben laut Studie<br />
im Schnitt 105 Euro zur<br />
Verfügung, bei den 17-Jährigen<br />
sind es schon 178 Euro,<br />
bei 18-Jährigen dann<br />
297 Euro. Das Taschengeld<br />
ist aber nicht die einzige<br />
Einnahmequelle. 36 Prozent<br />
der Befragten verdienen<br />
sich in Nebenjobs etwas<br />
dazu, 13 Prozent durch<br />
eine Ausbildung oder Anstellung.<br />
Auch Geldgeschenke<br />
zu Weihnachten<br />
oder zum Geburtstag kommen<br />
dazu. Deutliche Unterschiede<br />
gibt es beim Geschlecht:<br />
Mädchen haben<br />
im Schnitt 172 Euro zur<br />
Verfügung, bei den Jungs<br />
sind es 218 Euro.<br />
Viele Jugendliche verdienen sich<br />
etwas zum Taschengeld dazu.<br />
Krankenkasse:<br />
Beiträge steigen<br />
Die Mitglieder der gesetzlichen<br />
Krankenkassen<br />
müssen sich aufsteigende<br />
Krankenkassenbeiträge<br />
einstellen. Der durchschnittliche<br />
Zusatzbeitragssatz<br />
steigt im kommenden<br />
Jahr um 0,2 Prozentpunkte<br />
auf 1,1 Prozent an,<br />
wie das Bundesgesundheitsministerium<br />
in Berlin<br />
mitteilte. Grund dafür: Die<br />
Ausgaben steigen stärker<br />
als die Einnahmen. Allerdings<br />
legt jede Krankenkasse<br />
selbst fest, wie hoch<br />
ihr tatsächlicher Zusatzbeitragausfällt.<br />
Auch Beitragssenkungen<br />
seien bei<br />
Kassen mit hohen Finanzreserven<br />
möglich, betonte<br />
das Ministerium. Die Höhe<br />
des durchschnittlichen Zusatzbeitragswird<br />
jährlich<br />
neu festgelegt und spiegelt<br />
als Orientierungsgröße<br />
den Finanzbedarfder Kassen<br />
insgesamt wieder.<br />
Foto: imago images /Seeliger<br />
Foto: dpa<br />
Nicht fair!<br />
Der Streit um den Lohn<br />
Wenn der Gehaltscheck mal<br />
wieder für Frust statt Freude<br />
sorgt, die Kollegen aber<br />
Champagnerkorken knallen<br />
lassen, kann das ein Indiz für<br />
ungerechte Bezahlung sein.<br />
Zugegeben, das Szenario ist<br />
zugespitzt, doch wer weniger<br />
verdient als andere in gleichwertigen<br />
Positionen oder<br />
weniger, als für die geleistete<br />
Arbeit gerechtfertigt wäre,<br />
fühlt sich schnell ins Abseits<br />
gestellt.<br />
Abhilfe schaffen soll das Entgelttransparenzgesetz,<br />
das seit<br />
Juli 2017 in Kraft ist. „Der Beschäftigte<br />
kann von seinem Arbeitgeber<br />
Auskunft zu den Kriterien<br />
und dem Verfahren der<br />
Entgeltfindung für seine oder<br />
eine vergleichbare Tätigkeit<br />
verlangen. Außerdem können<br />
Angaben zur Höhe der durchschnittlichen<br />
Bruttovergütung<br />
sowie zu bis zu zwei einzelnen<br />
Entgeltbestandteilen verlangt<br />
werden“, erklärt Stefan Müller,<br />
Fachanwalt für Arbeitsrecht in<br />
Leipzig.<br />
Doch das Gesetz greift längst<br />
nicht für jeden und ist lediglich<br />
für Arbeitnehmer und Beamte<br />
in Betrieben oder Dienststellen<br />
mit regelmäßig mehr als 200<br />
Mitarbeitern anwendbar.<br />
Wer in kleineren Unternehmen<br />
tätig ist, kann gegebenenfalls<br />
den Kontakt zur Gewerkschaft,<br />
dem Betriebs- oder Personalrat<br />
suchen und dort bewerten<br />
und prüfen lassen, ob<br />
tarifgerecht vergütet wird.<br />
Wem all diese Anlaufstellen<br />
nicht zur Verfügung stehen, der<br />
muss auf eigene Faust für eine<br />
gerechtereBezahlung kämpfen.<br />
Doch was kann der Einzelne<br />
tun? Eine Frage, die Henrike<br />
von Platen, Gründerin des Fair<br />
Pay Innovation Lab, nervt: Es<br />
sei immer die einzelne Person,<br />
die klagen und beweisen muss,<br />
dass ungerecht bezahlt wird.<br />
Umgekehrt werde ein Schuh<br />
daraus: Wie schaffen wir es, die<br />
Strukturen so zu verändern,<br />
dass die Unternehmen gerecht<br />
bezahlen und alle sich darauf<br />
verlassen können?<br />
Das Grunddilemma sei der<br />
Makel, der einem anhafte,<br />
wenn man die eigene Bezahlung<br />
in Frage stellt. „In dem<br />
Moment, in dem ich den Verdacht<br />
äußere, schlecht bezahlt<br />
zu werden, mache ich mich sofort<br />
selbst verdächtig, ob als<br />
ewig Unzufriedener oder misstrauische<br />
Nörgeltante“, so von<br />
Platen.<br />
Statt sich in diese Passivität zu<br />
begeben, sollten Arbeitnehmer<br />
darauf achten, ihre Haltung zu<br />
verändern und zu sagen: „Lieber<br />
Arbeitgeber, liebe Arbeitgeberin,<br />
dein Job ist, mich für<br />
meinen Job fair zu bezahlen.<br />
Wenn mein Unternehmen dieser<br />
Aufgabe nicht nachkommt,<br />
arbeite ich nicht bei dir“, rät<br />
von Platen.<br />
Dass das nicht immer geht,<br />
weiß die Expertin. Ist man bereits<br />
in einem Arbeitsverhältnis,<br />
bei dem die Bezahlung<br />
nicht stimmig zu sein scheint,<br />
empfiehlt sie deshalb: „Sich<br />
nicht zu beschweren, dass man<br />
weniger bekommt als andere,<br />
sondern sich erklären zu lassen,<br />
warum man so viel hat, wie man<br />
hat.“<br />
Was gibt es für ein Entgeltsystem?<br />
Mit welcher Systematik<br />
werden Stellen berechnet? Das<br />
können dann zielführende Fragen<br />
sein. „Man sollte das Gegenüber<br />
nicht mit dem Vorwurf<br />
konfrontieren, unfair zu<br />
bezahlen, sondern sich erklären<br />
lassen, wie das eigene Gehalt<br />
zustande kommt.“<br />
Ein offenes Gespräch mit dem<br />
Werdas Gefühl hat,dassdie Kollegen mehr<br />
verdienen, sollte das Gespräch suchen.<br />
Wichtig ist aber,den Vorgesetzten nicht<br />
unvorbereitet mit Vorwürfen zu konfrontieren.<br />
Wersich ungerecht bezahlt fühlt,sollte das Gespräch suchen –und zwar gut vorbereitet<br />
Arbeitgeber empfiehlt auch<br />
Yvonne Skowronek vom Verein<br />
„BerufsWege für Frauen“. Unerlässlich<br />
dabei: eine Vorab-Recherche.<br />
„Man sollte sich vorab<br />
selbstkritisch fragen, warum<br />
man wohl weniger Geld bekommt<br />
als die Kollegen. Ich<br />
würde vorschlagen zu recherchieren,<br />
um sicher zu gehen,<br />
dass es sich nicht nur um ein<br />
Gefühl handelt. Man kann auf<br />
Gehaltsvergleichsportalen<br />
nachschauen, mit Externen reden,<br />
die in einem ähnlichen Tätigkeitsfeld<br />
arbeiten oder das<br />
Gespräch mit den Kollegen suchen.“<br />
Denn die alte Weisheit „Über<br />
Geld spricht man nicht“ hat<br />
längst ausgedient, findet auch<br />
Henrike von Platen. „Wir dürfen<br />
über Geld reden, das ist erlaubt“,<br />
sagt sie und erklärt, dass<br />
die uralte Vertragsklausel über<br />
eine Gehaltsverschwiegenheit<br />
meist gar nicht rechtsgültig ist.<br />
„Erst wenn ich mich mit meinen<br />
Kolleginnen und Kollegen<br />
über Gehälter austausche und<br />
das Thema Geld offen und<br />
transparent anspreche, erfahre<br />
ich auch mehr und kann mich<br />
besser vergleichen“, sagt die<br />
Expertin. Anke Dankers