Empfehlungskatalog Buchhandlung WortReich
Die Lieblingsbücher der Mitarbeiter*innen der Buchhandlung WortReich
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Liebe Kundinnen und Kunden,<br />
Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns.<br />
So hat es Franz Kafka einst gesagt und wir schließen uns vollumfänglich diesem Ausspruch an.<br />
Bücher haben die Kraft, uns aufzubrechen, uns durchzurütteln und uns aufzutauen. Wir glauben<br />
fest an diese besondere Macht und merken jeden Tag aufs Neue, wozu Literatur imstande<br />
ist. Egal, wie bequem und gemütlich der ein oder andere Abend mit dem Streamingdienst<br />
des Vertrauens ist: Am Ende bleibt nicht viel übrig außer Müdigkeit und einem dumpfen Gefühl<br />
der Leere. Bücher hingegen machen reicher, entschleunigen und eröffnen neue Horizonte.<br />
Sie regen uns an, regen uns auf und wir regen uns an ihnen ab. Eigentlich sollte es Geschichten<br />
auf Rezept geben, das man dann beim Buchapotheker einlöst. Es gibt Romane gegen<br />
Heimweh, Kurzgeschichten gegen schlechte Laune und Lyrik gegen Einsamkeit. In Büchern<br />
stecken Liebe, Glück, Kampf, Verzweiflung und die Suche nach dem richtigen Leben.<br />
Die Titel, die wir in diesem Jahr für Sie ausgesucht haben, sind sehr unterschiedlich. Sie alle<br />
haben aber eines gemeinsam: Sie öffnen Augen, Herz und Verstand. Sie erzählen vom Fremden<br />
und Bekannten, von Freiheit, vom Suchen und Finden, von Verlust und Versöhnung. Jedes<br />
einzelne dieser Bücher hat uns berührt und uns nachhaltig beschäftigt. Wir sind dankbar,<br />
dass wir sie lesen durften und hoffen, dass es Ihnen ebenso geht. Wie immer wünschen wir<br />
Ihnen viel Freude beim Auswählen und Lesen.<br />
Herzlichst, Ihr <strong>WortReich</strong>-Team<br />
3
4<br />
Hanser, 22,-€
In den Sümpfen North Carolinas<br />
Marschland ist ein Ort des Lichts, wo Gras in Wasser wächst und Wasser in den Himmel fließt. So beginnt<br />
Der Gesang der Flusskrebse von Delia Owens. Ab diesem Moment werden Sie immer tiefer eintauchen<br />
in diese unfassbar gute Geschichte, die sich irgendwo zwischen Entwicklungsgeschichte, Krimi und<br />
Landschaftsroman bewegt. Die Autorin erzählt die Geschichte von Kya, einem jungen Mädchen, das im<br />
Marschland der kleinen Küstenstadt Barkley Cove lebt. Mutter, Vater und die Geschwister haben im<br />
Laufe der Jahre das Haus und Kya verlassen, so dass diese ganz auf sich allein gestellt mit Überleben<br />
beschäftigt ist. Der Schulbehörde gelingt es nicht, Kya in das System zu integrieren, so dass das Mädchen<br />
am Rande der Gesellschaft und jenseits aller Kontrollinstanzen aufwächst. Die Natur ist Lehrmeister, Freund<br />
und Feind zugleich. Kya sammelt Muscheln, angelt und versorgt sich mit<br />
allem, was zum Leben nötig ist. Dabei nimmt sie die Leserschaft mit auf die<br />
Reise in die sumpfigen Gefilde, in denen das Leben hart aber vielfältig ist.<br />
Delia Owens erzählt von Einsamkeit, der Kraft der Natur und von Liebe, die<br />
in einem Schreckensszenario endet. Denn soviel sei verraten: Es gibt in dieser<br />
Geschichte eine Leiche und die Frage, ob es sich bei dem Marschmädchen<br />
um eine Mörderin handelt, schwebt über der ganzen Erzählung. Ein<br />
packender Roman.<br />
-Dennis Witton-<br />
5
6<br />
Berlin, 25,-€
Die Zeit nach Desfred<br />
Nach dem großen internationalen Erfolg der Serie The Handmaid’s Tale war es vielleicht nur eine Frage<br />
der Zeit bis Margret Atwood sich entschließt, selbst eine Fortsetzung ihres Romans Der Report der Magd<br />
vorzustellen. Da mich dieses Buch damals so beeindruckt hatte und noch nachwirkt, konnte ich gar nicht<br />
anders. Ich musste wissen, wie es weiter geht. Ich wurde nicht enttäuscht. In diesem Buch wird aber nicht<br />
einfach die Geschichte von Desfred weitererzählt. Wir erfahren nicht direkt, ob ihr die Flucht aus Gilead<br />
gelungen ist. Insofern ist das Buch auch für Leser interessant, die Der Report der Magd nicht gelesen haben.<br />
Vielmehr kommen hier zwei neue und auch eine bekannte Figur in Form von Zeugenaussagen zu Wort,<br />
die ihre persönliche Situation in Gilead schildern. Zum einen ein Mädchen aus der Oberschicht; sie<br />
wächst mit der menschen- und insbesondere frauenverachtenden Lehre Gileads auf. Die Zweite ist Tante<br />
Lydia, jene Tante Lydia, die eine entscheidende Rolle in der Organisation<br />
des Gottesstaates spielt. Sie erzählt wie sie zu dem geworden ist, was sie<br />
ist. Und schließlich ein Mädchen in Kanada; für sie ist Gilead weit entfernt.<br />
Die einzige Berührung mit dem totalitären Staat erfährt sie durch die<br />
Broschüren, die die Perlenmädchen genannten Missionarinnen aus Gilead<br />
im Second Hand Laden ihrer Eltern lassen. Zuviel will ich über den weiteren<br />
Inhalt gar nicht verraten. Es liest sich nämlich wirklich sehr spannend. Vor<br />
allem aber ist es ein wichtiges Buch in Zeiten, in denen der Extremismus<br />
alltäglich zu werden scheint und in denen in vielen Ländern streng<br />
konservativ-nationalistische Parteien starken Zulauf erhalten.<br />
-Simone Klibingat-<br />
7
8<br />
Rowohlt, 20,-€
Eine Gruppe von Verlierern<br />
Selten habe ich auf der ersten Seite eines Buches so laut gelacht, wie bei<br />
Giulia Beckers: Das Leben ist eins der Härtesten. Alles beginnt mit<br />
Hündin Mandarine-Schatzi, die in einer Punica-Flasche ertrinkt. Frauchen<br />
Renate ist untröstlich, ertrinkt ihrerseits in Kummer und Selbstmitleid<br />
und shoppt aus Frust alles was der Teleshoppingkanal so hergibt.<br />
Kaufrausch zur Trauerbewältigung! Silke und Willy-Martin lernen sich bei<br />
einer Selbsthilfegruppe für durch Eigenverschulden in Not Geratene<br />
kennen. Silke hat vor rund 30 Jahren, während eines Panikanfalls, die<br />
Notbremse in einem Regionalzug gezogen. Geldstrafen, eine kaputte Ehe<br />
und Sozialstunden folgten. Seitdem arbeitet sie bei der Bahnhofsmission in Borken. Ihr Leben ist einfach,<br />
aber Silke ist zufrieden. Willy-Martin hat den Hund eines Försters erschossen. Die Hundeliebe seiner<br />
Mutter bestimmte zunehmend seine Kindheit, so dass sich seine Hundephobie tief in seine Seele<br />
eingebrannt hat. Seine Tat kostet ihn viel Geld und einige Schuldgefühle. Die beiden entfliehen kurzfristig<br />
und spontan ihrem Alltag und fahren mit ihrer Freundin Renate und der Nachbarin Frau Goebel in den<br />
Freizeitpark Tropical Islands in Brandenburg. Chaos und Fettnäpfchen sind vorprogrammiert. Doch die<br />
Reise wird zu einem Abenteuer der anderen Art und am Ende sieht sich keiner mehr als Verlierer. Das<br />
alles klingt noch nicht so lustig, wird aber mit so viel Witz und tragischer Komik erzählt, dass man die<br />
Charaktere gleich ins Herz schließt. Giulia Beckers Debüt ist eine verrückte und liebevolle Geschichte bei<br />
der kein Auge trocken bleibt.<br />
-Nadine Gladbach-<br />
9
Tropen, 18,-€<br />
Kiepenheuer&Witsch, 20,-€<br />
10
Zwei Bücher, die lange nachwirken.<br />
Römische Tage von Simon Strauß hat mir außerordentlich gut gefallen. Ein junger Romantiker, der für<br />
zwei Monate nach Rom fährt und sich gegenüber von Goethes Unterkunft einquartiert, um auf andere<br />
Gedanken zu kommen, schlendert durch die Stadt und ist dem Zauber der römischen Metropole<br />
erlegen. Seine Sprache fließt wie der Tiber, tritt über die Ufer und löscht<br />
Sehnsucht. Unterhaltsam und sehr zu empfehlen!<br />
Der Zopf meiner Großmutter von Aline Bronsky ist ein berührendes Buch<br />
voller Überraschungen. Besagte Großmutter Margo war früher in Russland<br />
eine gefeierte Tänzerin. Ihr Enkel ist Mäxchen, der eigentlich Maxim heißt.<br />
Dazu gesellen sich der Großvater Tschingis und Nina, die Nachbarin, in die<br />
sich Tschingis zu Beginn des Buches verliebt hat. Margos Hauptaufgabe<br />
besteht darin, ihr Mäxchen von schädlichen Keimen fernzuhalten. Sogar<br />
die Schultoilette darf er nicht benutzen. Margo macht allen das Leben schwer, ganz besonders Mäxchen.<br />
Sie ist voller Vorurteile, peinlich, aber doch herzensgut. Wer eine Kindheit in dieser Obhut hat, hat im<br />
Leben nichts zu fürchten. Trotz allem liebt Mäxchen seine Großmutter. Eine bittersüße Geschichte, die<br />
unterhält und bewegt.<br />
-Susanne Millowitsch-<br />
11
Dumont, 20,-€<br />
12
Eine Tasse Tee hilft (fast) immer<br />
Mildred Lathbury ist eine alleinstehende Dame knapp über Dreißig. Damit gilt sie im London der 40er<br />
Jahre bereits als alte Jungfer. Die etwas farblose, aber freundliche und hilfsbereite Pfarrerstochter arbeitet<br />
halbtags für eine Wohltätigkeitsorganisation und engagiert sich in ihrer Kirchengemeinde. Eigentlich ist<br />
Mildred mit sich und ihrem Leben ganz zufrieden, insbesondere da sie nun endlich auch alleine wohnt,<br />
nachdem ihre beste Freundin aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen ist. Ihrer Meinung nach ist<br />
sie „jetzt alt genug, um altjüngferlich und umständlich zu werden“. Doch die Idylle hält nicht lange. In der<br />
Wohnung unter Mildred (man teilt sich ein Badezimmer), ziehen neue Mieter ein: ein junges modernes<br />
Ehepaar. Sie eine temperamentvolle Anthropologin, er ein äußerst charmanter Marineoffizier. Die beiden<br />
bringen Mildreds Leben ganz schön durcheinander, nicht nur weil diese Ehe so gar nicht ihrem Bild einer<br />
traditionellen Familie entspricht, als hilfreiche Nachbarin wird sie auch immer wieder in die Liebesdramen<br />
und Ehestreitigkeit der beiden hineingezogen. Als dann auch noch ihr Gemeindepfarrer mit einer jungen<br />
Witwe anbandelt und dessen Schwester bei ihr einziehen möchte, entdeckt sie plötzlich höchst<br />
egoistische Züge an sich, vor allem das Bedürfnis nach Ruhe und Frieden. Ob sie diesem Bedürfnis<br />
nachgibt oder vielleicht doch den unerwarteten Avancen von gleich zwei attraktiven Männern?<br />
Barbara Pym entführt uns mit Vortreffliche Frauen ins Nachkriegslondon, wo zwischen den Ruinen noch<br />
das Good Old England nachklingt und auf die schnelle und emanzipierte Moderne prallt. Eine humorvolle,<br />
kurzweilige und äußerst unterhaltsame Lektüre.<br />
-Michael Schnorrenberger-<br />
13
Urachhaus, 19,-€<br />
14
Ein gesellschaftlicher Skandal<br />
Die Geschichte des Romans Cafe Krane von Cora Sandel ist schnell erzählt: Die geschiedene und<br />
alleinerziehende Schneiderin Katinka Stordal sitzt in dem titelgebenden Café, trinkt Portwein und<br />
unterhält sich mit einem Mann. Nicht weiter aufregend, sollte man meinen. Brisant wird die Geschichte<br />
erst durch die Tatsache, dass die Geschichte in den 1920er Jahren in einer Kleinstadt in Norwegen spielt.<br />
Es gibt gesellschaftliche Zwänge, denen sich alle zu beugen haben. Dass Katinka wie selbstverständlich und<br />
ohne Scham dort sitzt, kommt einem Skandal gleich. Die anderen Gäste zerreißen sich hinter vorgehaltener<br />
Hand die Mäuler, die Wirtin fürchtet um ihren guten Ruf und die drei Kellnerinnen schauen und hören<br />
ganz genau hin, was sich dort am Tisch abspielt. Aus der Perspektive dieser drei Frauen wird auch die ganze<br />
Geschichte erzählt. Katinkas Verhalten ist ein stiller aber kraftvoller Protest gegen rigide Moralvorstellungen<br />
und eine Gemeinschaft, die Menschen ihre Plätze zuweisen möchte. Es ist das Portrait einer Gesellschaft,<br />
von der man annahm sie wäre längst überholt, aber auch heute noch werden vornehmlich Frauen für<br />
Ihr Verhalten, ihren Erziehungsstil und ihr Lebenskonzept verurteilt. Dieser Roman führt vor Augen, wie<br />
Engstirnigkeit und Borniertheit zu Hass führen können. Die gesamte Handlung spielt sich innerhalb<br />
weniger Stunden ab und doch hat man das Gefühl, dass man viel mehr über die Menschen und ihre<br />
Leben erfährt als wenn man sie ein ganzes Jahr beobachten würde. Der Untertitel des Buches lautet<br />
Interieur mit Figuren und er könnte treffender nicht sein. Kammerspielartig sitzt man mit all den<br />
verschiedenen Menschen im Café Krane, wird Zeuge von Gerüchten und Vorurteilen und sieht Katinka<br />
Stordal dabei zu, wie sie sich auf ihre Art zu wehren versucht. Ein packendes Buch, das jetzt erstmalig<br />
auf Deutsch erschienen ist.<br />
15
Kiepenheuer&Witsch, 20,-€<br />
16
Wenn es nicht mehr geht, sollte man laufen.<br />
Dieser Roman von Isabel Bogdan greift ein universalexistentielles Thema auf: Laufen. Eine monotone<br />
Bewegung, bei der man die Gedanken frei fließen lassen kann. Auch wenn das nicht dem Ziel der Läuferin<br />
entspricht, sie vielmehr läuft, um den eigenen Gedankenstrom zu unterbrechen und nur noch die<br />
körperlichen Phänomene während des Laufens wahrnehmen zu wollen, sind es doch ausschließlich ihre<br />
Gedanken, denen der Leser in diesem Roman folgen wird. Ein Jahr nach dem Verlust ihres<br />
Lebenspartners läuft sie, nach Jahren des Nichtlaufens, zum ersten Mal wieder los. Dieser Anfang ist von<br />
massiven Widerständen begleitet, aber es gelingt ihr, ihnen zu trotzen. Bereits zu Beginn begegnet uns<br />
diese Frau als eine Person, die an einen Punkt in ihrem Leben gekommen ist, an dem sie nicht mehr so<br />
sein will, wie sie vorher war. Jetzt läuft sie und wir folgen bei zwölf Läufen durch das Jahr ihren Gedanken,<br />
die fließen, springen und kreisen, um sie selbst, ihre Einsamkeit, ihren Mann und ihr gemeinsames Leben.<br />
Von Lauf zu Lauf lässt sie die dunkle Zone ein kleines Stückchen weiter hinter sich und es gelingt ihr, sich<br />
einen Abstand zu den Ereignissen zu erlaufen, sich vorsichtig aus dem Gemeinsamen zu lösen und wieder<br />
zu einem Eigenen zu gelangen. Jeder Leser, der die Erfahrung bereits gemacht hat und auch der, dem<br />
sie noch bevorsteht, wird sich an vielen Stellen in der Läuferin wiedererkennen können, in ihrer<br />
Schwäche und in ihrem dringenden Wunsch nach Veränderung und wird sich sehr am Ende mit ihr über<br />
das unnachgiebig erlaufene, lichte Grau am Horizont freuen. Mit der Läuferin machen wir die Erfahrung,<br />
dass und wie es nach dem Verlust eines geliebten Menschen weitergehen kann. Dabei stimmt die<br />
Lektüre von Beginn an hoffnungsfroh.<br />
-Ute Büttner-<br />
17
Suhrkamp, 18,-€<br />
Ullstein, 20,-€<br />
18
Der Weg zurück<br />
Diese beiden Bücher sind eigentlich grundverschieden und doch haben sie eine große Gemeinsamkeit:<br />
Sie erzählen von Menschen, die zurückkehren. In Schöner als Überall von Kristin Höller geht es um den Weg<br />
zurück in die alte Heimat. Es ist die Geschichte von Martin und Noah, die nach dem Schulabschluss nach<br />
München gezogen sind. Noah, um seine Schauspielkarriere voranzutreiben, Martin, weil er keine bessere Idee<br />
hatte. Nun kehren die beiden in die rheinische Provinz zurück, weil Noah nach einer alkoholschwangeren<br />
Nacht den Speer der Athene abgebrochen hat und dieser nun irgendwo entsorgt werden muss ohne Aufsehen<br />
zu erregen. Kristin Höller erzählt von Spießigkeit, Gartenpartys, Neubausiedlungen und der ersten großen<br />
Liebe. Vor allem geht es aber um Heimat, um das Bleiben, das Fortgehen und das Zurückkehren. Natürlich<br />
geht es auch um Fenchelfelder. Mal witzig, mal melancholisch schön. Ein origineller Roman.<br />
Wir von der anderen Seite von Anika Decker erzählt vom langen Weg zurück ins Leben. Während einer<br />
Notoperation kommt es bei Rahel plötzlich zu Komplikationen, in deren Folge sie ein mehrfaches<br />
Organversagen erleidet. Als sie aus dem Koma erwacht, ist sie abgemagert und kaum in der Lage, ihre<br />
Finger zu bewegen. Rahel beginnt ihre Reise zurück ins Leben und diese Geschichte könnte voller Dramatik<br />
und Schmerz sein. Ist sie auch, aber sie ist auch unsagbar witzig. Nicht nur, weil es ein Eichhörnchen gibt,<br />
das Rahel aufgrund des Medikamentenzugs immer wieder erscheint. Anika Decker ist Drehbuchautorin, die<br />
mit einigen Kinokomödien große Erfolge gefeiert hat. Sie erzählt in diesem Roman ihre eigene Geschichte,<br />
die so berührend, skurril und unfassbar ist wie das Leben selbst. Stark.<br />
19
Hoffmann&Campe, 24,-€<br />
20
Den Tod verschlafen<br />
Über die Möglichkeiten der Kryonik -also des Einfrierens von Menschen- sind bereits zahlreiche Bücher<br />
verfasst worden. Die meisten davon stammen aus der Sparte Science-Fiction, befassen sie sich doch mit<br />
einem Thema, dessen Umsetzbarkeit momentan noch in der Zukunft liegt. Hendrik Otremba geht mit<br />
Kachelbads Erbe einen anderen Weg. Ihn interessiert nicht die Technik oder das, was die eingefrorenen<br />
Menschen nach ihrem Aufwachen erwartet. Er stellt die Frage nach dem Warum? Was treibt Menschen<br />
dazu, ihren Körper in Stickstoff einzulegen, um sich Jahre oder Jahrzehnte später wiederbeleben zu<br />
lassen? Es ist also vielmehr ein Buch der Rückschau als der Blick in eine mögliche Zukunft. Das Personal<br />
ist vielseitig und so sind es auch die Motivationen, den Schritt in das Kryo-Institut zu gehen. Wir treffen<br />
auf eine ukrainische Wissenschaftlerin, einen gealterten Schriftsteller mit Doppelidentität, eine<br />
Katzenhalterin mit seltsamen Verhalten, einen vietnamesischen Auftragskiller und einen an Aids<br />
erkrankten Junkie. Die Lebensgeschichten werden von dem Wissenschaftler Kachelbad akribisch notiert.<br />
Zum weiteren Ensemble des Romans gehören Kachelbads Chef Lee Won-Hong, die Assistentin Rosary<br />
und der deutsche Arzt Gruber, dessen Vergangenheit zwielichtig und dessen Neigungen angsteinflößend<br />
sind. Die Wege der einzelnen Figuren sind verschlungen und komplex, wie es das Leben an sich ja auch<br />
ist. Otremba mach deutlich, dass Menschen am Ende immer auch Geschichten sind und er erzählt sie in<br />
diesem Buch mit großer Finesse, wechselnden Perspektiven und einigen Wendungen. Ein literarisch<br />
anspruchsvoller Roman, der viele Fragen aufwirft und nicht den Anspruch hat, jede einzelne zu<br />
beantworten.<br />
21
Kunstmann, 20,-€<br />
22
Vom gelungenen Leben<br />
Axel Hacke ist bekannt dafür, dass er sich den großen Themen des Lebens auf unterhaltsame und<br />
pointierte Weise nähert. Mit seinem neusten Buch Wozu wir da sind. Walter Wemuts Handreichungen<br />
für ein gelungenes Leben widmet er sich der wohl größten philosophischen Frage: Was macht ein gutes<br />
Leben aus? Walter Wemut ist hauptberuflicher Nachrufschreiber. Die Lokalzeitung räumt ihm dafür<br />
immer eine ganze Seite ein und es liegt an im selber, ob er sich einer bekannten oder den meisten<br />
Menschen unbekannten Persönlichkeit widmet. Nun erhält er aber einen ganz neuen Auftrag: Zum 80.<br />
Geburtstag einer Freundin soll eine Rede halten, die sich mit dem gelungenen Leben beschäftigt. Walter<br />
Wemuts Nachdenken und Suchen nach der Antwort führt uns mitten hinein in diesen klugen und weisen<br />
Roman, der voller wundersamer Begegnungen ist. Axel Hacke reiht eine Anekdote an die nächste und<br />
schafft es, die Leserschaft mit einer einzigartigen Mischungen aus Informationen und Erdachtem perfekt<br />
zu unterhalten. Wir springen mit Wemut vom Schwertschlucker zu einer Palliativmedizinerin, begegnen<br />
Yoko Ono und John Lennon und lernen einen Zeitungshändler kennen, der eine besondere<br />
Sammelleidenschaft pflegt. Dieses Buch ist eine wohltuende Lektüre für alle, die auf der Suche sind.<br />
Fernab von Kitsch und halbgaren Philosophien nimmt Axel Hacke uns mit in viele verschiedene Leben,<br />
Kulturen und Gesellschaften. Man schmunzelt, ist fasziniert und möchte sich augenblicklich mit dem ein<br />
oder anderen Thema tiefergehend beschäftigen. Wozu wir da sind ist eine Einladung, sich Gedanken zu<br />
machen. Am Ende angelangt, ist man klüger und vor allem um die Einsicht reicher, dass Frisör*innen die<br />
wahren Philosophen sind. Ein scharfsinniger und intelligenter Lesespaß.<br />
23
24<br />
Kindler, 20,-€
Ein Seelenwärmer<br />
Ein Leben und eine Nacht von Anne Griffin ist ein herzzerreißend trauriges und gleichzeitig wunderschönes<br />
Buch. Eine Geschichte, wie sie das Leben selbst nicht besser schreiben könnte. Irland, Meath County.<br />
Eine Hotelbar. Maurice Hannigan ist Investor und Großbauer, der es im Laufe seines Lebens zu einigem<br />
Reichtum gebracht hat. Nun sitzt er als einziger Gast an einem Tresen und hat einen Plan, den er an diesem<br />
Abend ausführen wird. Aber nicht gleich, noch ist Zeit. Erst blickt er auf die letzten 84 Jahre zurück und<br />
wird im Verlauf dieses Abends fünf Trinksprüche ausbringen, einen für jede Person, die ihn auf seinem Weg<br />
begleitet hat. Ein Leben und eine Nacht strahlt eine Melancholie und Traurigkeit aus, die einen trotzdem<br />
nie ganz überwältigt. Immer gibt es einen Lichtblick, einen Moment der Freude, eine herrliche Anekdote<br />
einer wichtigen Person in Maurices Leben. Und so lernt man mit jedem<br />
Drink diesen Mann am Tresen näher kennen. All das was ihn zu dem<br />
gemacht hat, der er heute ist, seien es Schicksalsschläge oder Glücksmomente.<br />
Aber nicht zuletzt auch sein Geschäftssinn und seine Sturheit.<br />
Ich habe die Geschichte von Maurice verschlungen, so sehr hat mich der<br />
sehnsüchtige Ton dieses Buches in seinen Bann gezogen. Als Leser fühlte<br />
ich mich sofort mit ihm verbunden und je länger der Abend in dieser<br />
Hotelbar wird, desto stärker wurde dieses Gefühl. Trotz eines betrübenden<br />
Endes, ein grandioses Buch, das sich perfekt bei schlechtem Wetter lesen<br />
lässt, und eine sonderbar melancholische Wohlfühlstimmung erzeugt.<br />
-Philipp Buir-<br />
25
26<br />
S.Fischer, 21,-€
Die Brüche im Leben<br />
Kintsugi ist eine japanische Technik, bei der zerbrochenes Geschirr und<br />
andere Gegenstände so repariert werden, dass die Risse und fehlende Teile<br />
mit goldenem Lack gefüllt und ersetzt werden. Damit wird ein Makel nicht<br />
verdeckt, sondern hervorgehoben und ins schönste Licht gerückt. Um die<br />
Brüche und Risse im Leben geht es im nach dieser Technik benannten<br />
Roman von Miku Sophie Kümel. Es ist die Geschichte von vier Personen<br />
und doch ist es ein Roman über Viele. Das Pärchen Max und Reik feiert<br />
seinen Jahrestag im gemeinsamen Häuschen in der Uckermark. Als Gäste haben sie ihren gemeinsamen<br />
Freund Tonio und dessen Tochter Pega, die so alt ist wie die Beziehung von Max und Reik, eingeladen.<br />
Als Leser*in taucht man tief ein in die Geschichte der vier Personen, betrachtet sie von außen, blickt dann<br />
wieder in ihre Seelen und merkt, dass jede*r seine eigene Geschichte, Träume, Sehnsüchte und Ängste<br />
in sich trägt. In jedem Kapitel wechselt die Perspektive und am Schluss blickt man auf das detaillierte<br />
Gesamtbild. Kintsugi erzählt von Müttern, Vätern, Frauen, Männern, Söhnen und Töchtern. Es ist eine<br />
moderne Geschichte über Lebensentwürfe, die Suche nach dem eigenen Glück und die Risse, die unter den<br />
Fassaden verborgen liegen. Die Kapitel wechseln zwischen innerem Monolog und an ein Theaterstück<br />
erinnernde Dialogszenen. Die stärkste Qualität dieses Romans ist seine Wahrhaftigkeit. Nebenbei lernen<br />
Sie als Leser*in wundervolle japanische Worte wie wabi, sabi, kire und iki kennen, die meiner Meinung<br />
nach, einen festen Platz in unser aller Wortschatz haben sollten. Genauso wie die Technik, die Brüche zu<br />
vergolden, bei uns Tradition werden sollte.<br />
-Dennis Witton-<br />
27
Dumont, 24,-€<br />
28
Glück und Unglück des Mutterseins<br />
Meg Wolitzer ist eine meisterhafte Erzählerin, die wie keine andere die Gefühlswelten von Menschen<br />
im Allgemeinen und Frauen im Speziellen erlebbar macht. Mit Die Interessanten hat sie sich in die Herzen<br />
vieler Leser*innen geschrieben und mit Die Ehefrau hat sie die hervorragende literarische Vorlage für<br />
einen mehr als erfolgreichen Kinofilm vorgelegt. Ihr neues Buch Die Zehnjahres-Pause steht seinen<br />
Vorgängern in Brillanz und Originalität in nichts nach. Hier widmet sie sich vier New Yorker Frauen, deren<br />
letzte zehn Jahre geprägt waren durch Mutterschaft und Ehe. Dabei haben Amy, Roberta, Jill und Karen<br />
immer fest daran geglaubt, dass sich Familie und Karriere gut miteinander vereinbaren lassen. Das Leben<br />
hat sie alle eines Besseren belehrt. Sie haben ihre Jobs als Anwältinnen, Investmentbankerinnen und<br />
Film-Scouts aufgegeben, um zu Hause bei ihren Kindern zu bleiben und aus Elternzeit und Beurlaubungen<br />
ist schließlich ein ganzes Jahrzehnt geworden. Nun stehen die vier Frauen vor einem Leben, das sie sich<br />
anders vorgestellt hatten. Heimliche Affären, Ehestreit und Geldprobleme fordern ihren Tribut und<br />
verbauen den Freundinnen den Weg zur eigenen Karriere. Als Amy auf eine dreifache Mutter trifft, die<br />
den Traum der vier Frauen lebt, geraten die Lebenskonstrukte tüchtig ins Wanken.<br />
Die Zehnjahres-Pause stellt die Fragen nach dem perfekten Leben, dem Familienglück und nach den<br />
Prioritäten, die man im Leben manchmal notgedrungen setzen muss. Wie immer tut Meg Wolitzer das<br />
auf eine sehr unterhaltsame, intelligente und tiefgründige Art und Weise. Es geht um überholte<br />
Rollenmodelle, falschen Feminismus und Entscheidungen. Ein Buch, das zum Nachdenken, Schmunzeln<br />
und Diskutieren einlädt.<br />
29
Dumont, 22,-€<br />
30
Die vielen Formen der Trauer<br />
„Trauer tritt in so vielen Formen auf. Sie ist wie ein Licht, das ein- und ausgeschaltet wird. Sie ist da, sie<br />
ist nicht auszuhalten, dann verschwindet sie, weil sie unerträglich ist, weil man sie nicht permanent<br />
ertragen kann. Man wird gefüllt und geleert. Tausend Mal am Tag vergaß ich, dass Ole-Jakob tot war.<br />
Tausend Mal am Tag fiel es mir plötzlich ein. Beides war unerträglich. Ihn zu vergessen war das<br />
Schlimmste, was ich tun konnte.“ So schreibt Stig Sæterbakken in seinem Buch Durch die Nacht.<br />
Ole-Jakob ist der Sohn des Protagonisten Karl Meyer. Mit achtzehn Jahren hat er sich das Leben<br />
genommen und die erst seit Kurzem getrennt lebenden Eltern werden verschlungen von Trauer, der<br />
Frage nach Schuld und der Suche nach Antworten. Es ist vor allem die Geschichte von Karl, der versucht,<br />
mit der Trauer zu leben und den unfassbaren Verlust zu verkraften. Verzweifelt sucht er nach<br />
Möglichkeiten, Halt zu finden. Ein eher halbherziger Versuch, das Familienleben mit Frau und Tochter<br />
wieder aufleben zu lassen, scheitert grandios und so bleibt ihm nur noch die Flucht. Von Norwegen aus<br />
fährt er mit dem Auto nach Deutschland und schließlich in die Slowakei. Dort will er Unterschlupf suchen<br />
in einem Haus, von dem es heißt, es würde Menschen entweder läutern oder vernichten. Hier wechselt<br />
der Autor die Art des Erzählens und aus der ganz realen Trauer werden albtraumhaft-fantastische<br />
Szenen, die verwirren und verstören. Dadurch gelingt es Sæterbakken, das Unerklärbare zu beschreiben.<br />
Worte können nicht mehr ausdrücken was in einem Trauernden vorgeht. Durch die Nacht ist kein Buch,<br />
das Trost spendet oder heilt. Es ist eine gnadenlose Erzählung über Depression, Verlust, Angst und der<br />
Suche nach dem letzten Funken Leben.<br />
31
Knaur, 18,99 €<br />
32
Das Wunder der Liebe<br />
In Das Lavendelzimmer erzählte Nina George die Geschichte von Jean Perdu, der mit seiner literarischen<br />
Apotheke vielen Menschen hilft. Nur sein eigenes Herz vermag er nicht zu heilen. Trost und Zuversicht<br />
bezieht er aus dem Buch Südlichter.<br />
Nun hat Nina George endlich das Buch geschrieben, das Jean Perdu in den dunkelsten Stunden hilft und es ist<br />
ein Seelenschmeichler für alle, die auf der Suche nach Entschleunigung und ein paar schönen Stunden sind.<br />
Marie-Jeanne verfügt über eine besondere Gabe: Sie kann die Liebe sehen und weiß, welche Menschen<br />
füreinander bestimmt sind. Die für andere unsichtbaren Fäden zwischen den Liebenden sind die<br />
Südlichter. Der Roman dreht sich um Marie-Jeanne und die Frage, was sie aus Ihrer speziellen Fähigkeit<br />
macht. Nach dem Tod der leiblichen Eltern und der Großmutter wächst das Mädchen bei dem<br />
Trödelhändler Francis Meurienne auf. Dieser gründet eine Überlandbibliothek und reist mit Marie-<br />
Jeanne durch die Provence, um Bücher unter die Menschen zu bringen. Dies stößt anfangs auf viel<br />
Skepsis und Gegenwehr, hält man doch nicht allzu viel von Literatur und Leuten, die sich mit Lesen die<br />
Zeit vertreiben. Aber mit Marie-Jeanne an seiner Seite gelingt es ihm nach und nach, Leidenschaft und<br />
Lesefreude zu wecken und auch das Mädchen mit dem besonderen Blick entwickelt eine große Liebe zur<br />
Literatur. Südlichter ist ein Roman über die Liebe in allen ihren Erscheinungsformen. Die Geschichte<br />
atmet, vibriert und verströmt den Zauber der Provence.<br />
33
List, 20,-€<br />
34
Ein Stück Deutsche Geschichte und ein bewegendes Schicksal<br />
Tom Saller hat uns bereits mit seinem Roman Wenn Martha tanzt begeistert. Wir haben Martha<br />
begleitet, durch ihre Augen das Bauhaus kennengelernt und mit ihr gehofft, gebangt und gezittert. Nun<br />
hat der Autor mit Ein neues Blau ein Buch vorgelegt, das uns genauso berührt und ergriffen hat. Es ist<br />
die Geschichte von Lili, der wir zunächst im Jahr 1985 in Berlin-Charlottenburg begegnen. Hier lebt sie<br />
zurückgezogen in ihrem Haus, das über einen traumhaft schönen japanischen Garten verfügt. Lili ist<br />
verschlossen und tritt nicht gerne mit anderen Menschen in Kontakt. Erst als die 18jährige Anna bei ihr<br />
als Gesellschafterin anfängt, öffnet sich Lilli nach und nach und beginnt, ihre Geschichte zu erzählen. Als<br />
junges Mädchen lebt Lili mit ihrem Vater und dem japanischen Freund der Familie Takeshi unter einem<br />
Dach. Die Mutter ist früh verstorben. In den Dreißigerjahren des vergangenen Jahrhunderts trifft sie über<br />
Umwege auf Günther Pechstein, den Direktor der Königlichen Porzellan Manufaktur. Durch ihn entdeckt<br />
sie ihre Leidenschaft für Porzellanmalerei, der sie sich von da an mit Eifer widmet. Die Machtergreifung<br />
der Nationalsozialisten stellt für Lili eine große Bedrohung dar, ist sie doch Halbjüdin. Sie flieht aus Berlin<br />
und ihren Lebensweg verfolgt man als Leser*in mit Spannung und Faszination. Tom Saller schreibt über<br />
gesellschaftliche und persönliche Veränderungen, über Kunst und Kultur und über ein ganz besonderes<br />
Leben. Doch auch die 18jährige Anna hat eine Geschichte zu erzählen. Tauchen Sie tief ein in diese<br />
Geschichte über Porzellan, werden Sie Zeug*in einer Teezeremonie und kommen Sie der Geschichte der<br />
scheinbar unterschiedlichen Frauen auf die Spur.<br />
-Michael Schnorrenberger-<br />
35
36<br />
Eisele, 18,-€
Gut und Böse, Rache und Vergeltung<br />
Tauchen Sie ein in das von zahlreichen Entbehrungen geprägte Leben im Schwarzwald im Jahr 1820. Der<br />
Roman Wolf von Marie Brunntaler erzählt atmosphärisch dicht von dieser Zeit und von rätselhaften<br />
Begebenheiten, die sich im Dorf Schrötten ereignen. In der Nähe des Klosters wird ein etwa 15-Jähriger<br />
Junge gefunden. Sprechen kann er anscheinend nicht und auch ansonsten wirkt er sehr verwildert. Sein<br />
bestechendstes Merkmal ist anfangs aber seine unfassbare Schönheit, die jeden in den ihren Bann zieht.<br />
Nachdem er das Kloster verlassen muss, kommt Gabriel, wie er nun genannt wird, bei der Bauernfamilie<br />
Steinhauer unter. Hier soll er als Holzknecht arbeiten. Dort angekommen, beweist Gabriel aber solch<br />
erstaunliches naturheilkundliches Wissen, mit denen er die Menschen im Dorf mehr und mehr<br />
beeindruckt. Als die Bäuerin sich in ihn verliebt, reihen sich viele mysteriöse Vorfälle aneinander und die<br />
Stimmung im Dorf spitzt sich immer weiter zu. Die Fragen um die Herkunft und die Hintergründe von<br />
Gabriel werden immer drängender und münden in tödliche Ereignisse. Ein hochspannender Roman, der<br />
eine enorme Sogkraft entwickelt. Immer weiter wird man in diese Geschichte um Schuld, Vergeltung und<br />
dunkle Geheimnisse gezogen. Marie Brunntaler zeigt sehr deutlich: Der Schwarzwald taugt zu mehr als<br />
beschaulichen Wohlfühlromanen oder dem ein oder anderen Regionalkrimi. Es knistert und knarzt überall<br />
und über der gesamten Geschichte liegt ein dichter Nebel. Marie Brunntaler erzählt märchenhaftmystisch<br />
und lässt dabei eine Zeit auferstehen, die von Natur, Aberglauben und harter Arbeit geprägt<br />
war. Das perfekte Buch für Herbst- und Winterabende.<br />
37
Rowohlt, 24,-€<br />
Rowohlt, 9,99€<br />
38
Eine Feier des einfachen Lebens<br />
Stuart O’Nan hat sich bereits mit Emily, allein in die Herzen vieler Leser*innen geschrieben. In diesem<br />
wundervoll unspektakulären Buch erzählt er die Geschichte der 80jährigen Witwe Emily Maxwell, die<br />
mit ihrem Spaniel Rufus in einem Vorort von Pittsburgh wohnt und die man als Leser*in mehr als ein<br />
halbes Jahr lang begleitet. Nun widmet er sich mit Henry, persönlich sozusagen der Vorgeschichte. Wir<br />
lernen in diesem Buch also den mittlerweile verstorbenen Ehemann kennen. Wir treffen auf ihn als<br />
75jährigen, der ein volles Leben gelebt hat, auf das er nun zurückblickt. Erinnerungen an die Kindheit,<br />
die erste Liebe, die Sorge um die eigenen Kinder und das gemeinsame Leben mit Emily flackern auf und<br />
lassen Henry Bilanz ziehen. Am Ende seines Lebens blickt er zurück auf die Dinge, die ihn stolz machen<br />
und solche, die er bereut. Vor allem geht es ihm um die Beantwortung der drängenden Fragen: Ist er ein<br />
guter Mensch? War er immer aufrichtig zu denen, die er liebt? Worauf kann er noch hoffen? Beim Lesen<br />
spürt man, wie sich Henry Stück für Stück in das eigene Herz vorarbeitet. Es sind die einfachen Momente,<br />
die in diesem Buch ihren besonderen Zauber entfalten. Vor allem aber ist es die besondere Beziehung,<br />
die Emily und Henry zueinander haben. Dabei geht es nicht um große Leidenschaften, sondern um die<br />
kleinen Rituale, die sich im Laufe der Jahre zwischen den beiden etabliert haben. Henrys Leben ist unser<br />
aller Leben. Manche Träume zerplatzen, manche kann man in die Realität hinüberretten. Henrys Fragen<br />
sind die, die uns alle umtreiben. Die größte von allen ist: Habe ich das Beste aus meinem Leben gemacht?<br />
Stuart O’Nan gibt keine Antworten. Wir alle dürfen nach der Lektüre unser eigenes Urteil über Henry<br />
fällen. Ein Buch für schöne Stunden und eine Geschichte, in der ein ganzes Leben liegt.<br />
39
dtv, 20,-€<br />
40
Widerstand bis in den Tod<br />
Wir leben anscheinend in einer Zeit, in der wir an die dunklen Kapitel unserer Geschichte erinnert<br />
werden müssen. Wir brauchen Geschichten, die von Mut und Widerstand erzählen und uns deutlich vor<br />
Augen führen, wie viele Menschen ihr Leben dafür gelassen haben, dass wir heute in Frieden und Freiheit<br />
leben können. Genau das schafft Sabine Friedrich mit ihrem Roman Einige Aber Doch. Dies ist der erste<br />
von drei Bänden, die sich mit der Zeit des Nationalsozialismus und vor allem mit denen, die gegen seine<br />
grausame Fratze gekämpft haben, beschäftigen. Der Roman erzählt die Geschichte der Männer und<br />
Frauen, die unter dem Namen „rote Kapelle“ bekannt wurden und die (es ist kein Geheimnis) für Ihren<br />
Kampf mit dem Leben bezahlt haben. Sabine Friedrich zeichnet die Lebenswege dieser unterschiedlichen<br />
Menschen, die durch ein gemeinsames Ziel zusammenfanden, nach und lässt den Leser tief in deren<br />
Herzen und Gedanken blicken. Dabei stilisiert sie die einzelnen Personen keinesfalls zu Heroen hoch,<br />
sondern zeigt eindrücklich, dass es sich um Menschen mit Stärken und Schwächen handelte, deren Mut<br />
aus Angst, Wut und Verzweiflung gespeist wurde. Arvid und Mildred Harnack, Harro und Libertas<br />
Schulze-Boysen, Hilde und Hans Coppi, Kurt und Elisabeth Schumacher sowie Adam und Greta Kuckhoff<br />
sind dabei mitnichten erfundene Figuren, sondern Menschen, die tatsächlich gelebt haben und für ihre<br />
Ideale gestorben sind. Es ist ihre Geschichte, die Mut macht, aufrüttelt und deutlich macht, dass Freiheit<br />
und Demokratie kostbare Güter sind, für deren Erhalt wir uns alle einsetzen sollten. Ein wichtiges Buch,<br />
dem ich viele Leser*innen wünsche.<br />
41
Hanser, 23,-€<br />
42
Packend und aufrüttelnd<br />
Die Nickel Boys von Colson Whitehead lässt garantiert niemanden unberührt. Elwood ist ein junger Afro-<br />
Amerikaner, der bei seiner Großmutter aufwächst. Schon von Kindesbeinen an, liebt er es, zu lernen und<br />
so überrascht es keinen, dass er vorhat zu studieren. Das einzige Problem ist Elwoods Hautfarbe, denn<br />
Die Nickel Boys ist in den 60er Jahren der USA angesetzt und so ist Rassismus ein täglicher Bestandteil<br />
von Elwoods Lebens. Doch allen Widrigkeiten zum Trotz wird er an einer Universität angenommen und<br />
fährt bei einem anderen schwarzen Mann per Anhalter mit, um einen neuen Abschnitt seines Lebens zu<br />
beginnen. Wenige Stunden später sitzt Elwood in Untersuchungshaft. Das Auto, in dem er mitgenommen<br />
wurde, ist als gestohlen gemeldet. Für die Polizei steht außer Frage, dass er in die Sache verwickelt ist.<br />
Immerhin ist er schwarz. Da Elwood noch minderjährig ist, kommt er nicht in einem regulären Gefängnis<br />
unter, sondern wird in das sogenannte Nickel Institut gesteckt, eine Einrichtung zur Resozialisierung<br />
krimineller Jugendlicher. Elwood schätzt sich glücklich, denn wenn er sich anstrengt, besteht die<br />
Möglichkeit früher entlassen zu werden. Elwood ist hoffnungsvoll - bis er im Nickel ankommt. Schnell<br />
wird ihm klar, dass alle Perspektive in diesem Institut eine Lüge ist. Schikane, Beleidigungen und sogar<br />
Folter sind an der Tagesordnung. Doch Elwood gibt die Hoffnung nicht auf. Colson Whitehead hat sich<br />
auch in seinem neuen Buch wieder dem Rassismus in den USA gewidmet, doch während Underground<br />
Railroad von der dunklen Zeit der Sklaverei handelt, liegt der Fokus bei Die Nickel Boys auf den 60er<br />
Jahren. Ein unglaublich wichtiges und großartiges Buch, trotz seiner Unbequemlichkeit. -Philipp Buir-<br />
43
Eichborn, 24,-€<br />
44
Eine abenteuerliche Reise<br />
Washington Black von der kanadischen Autorin Esi Adugyan ist ein fulminanter und opulenter Roman.<br />
Erzählt wird die Geschichte des Sklavenjungen George Washington Black, der mit elf Jahren auf eine<br />
Zuckerrohrplantage auf Barbados als Feldnigger schuften muss. Der Alltag ist geprägt von Brutalität und<br />
Gewalt durch den Master. Dieser scheut auch nicht davor zurück, unproduktive und unliebsame Sklaven<br />
umzubringen. Überlebenswille erhält Washington, der von allen nur Wash genannt wird, durch die<br />
Erzählungen von Big Kit, einer Sklavin, die Wash beschützt, ihm von ihren Träumen und Hoffnungen für<br />
die Schwarzen erzählt. Für Washington Black ändert sich alles, als Titch, der Bruder des Masters, auftaucht.<br />
Er ist ein exzentrischer Grübler und Forscher, dessen große Vision der Bau eines Wolkenkutters ist. Titch<br />
nimmt sich Washington zum Assistenten und baut mit ihm gemeinsam das Luftschiff, mit dem die beiden<br />
von der Insel fliehen. Ihre Reise geht von Barbados entlang der Ostküste der Vereinigten Staaten bis in die<br />
Arktis. Ab hier ist Wash auf sich alleine gestellt und muss sich ein neues Leben aufbauen. Sein Weg führt in<br />
nach Nova Scotia, wo er Dank seines Zeichentalents bald in das Umfeld des berühmten Meeresforschers<br />
G.M. Goff gerät. Obwohl ihm die Flucht gelungen ist, muss Wash um sein Leben fürchten, denn ein Kopfgeldjäger<br />
ist ihm auf den Fersen. Trotz zahlreicher innerer und äußerer Einschränkungen gelingt es Wash,<br />
gemeinsam mit Goff etwas wirklich Spektakuläres zu erschaffen: das erste Salzwasser-Aquarium der Welt.<br />
Freiheit, das Streben nach Glück, die Chance auf Versöhnung und der Mut, den eigenen Weg zu gehen:<br />
All diese Aspekte stecken in diesem mitreißend erzählten Roman. Eine starke, bild- und handlungsreiche<br />
Geschichte, die unterhält und Freude bereitet, weil sie den bekannten düsteren Kapiteln der Geschichte<br />
ein wenig Hoffnung hinzufügt.<br />
45
Hanser, 26,-€<br />
46
Dreimal um die ganze Welt<br />
Eine Geschichte des Windes (wir ersparen Ihnen an dieser Stelle den gesamten Titel) von Raoul Schrott ist<br />
ein Abenteuer- und Seefahrtsroman, der weit abseits der großen Heldengeschichten spielt. Die Namen<br />
Magellan, Columbus und Vasco da Gama tauchen immer wieder auf, wenn man von den großen<br />
Weltenumrundungen auf den diversen Schiffen spricht, aber all die Männer, die am Ruder oder im<br />
Ausguck saßen, blieben bislang unerwähnt. Das ändert sich mit diesem Buch. Der Protagonist ist Hannes<br />
aus Aachen, den es laut verschiedener Verzeichnisse wirklich gegeben hat. Dieser geht als Kanonier an<br />
Bord eines der Schiffe, mit denen Magellan zur Weltumsegelung aufbricht. Von diesen fünf Schiffen soll<br />
nur eines mit lediglich 18 Überlebenden zurückkehren. Unter ihnen befindet sich Hannes, der im Anschluss<br />
noch an zwei weiteren Weltumsegelungen teilnimmt. Raoul Schrott lässt diesen unbesungenen Helden<br />
zu Wort kommen und schickt die Leserschaft mit auf die Reise über die Ozeane. Auf seinen Reisen erlebt<br />
Hannes all das, was einen hervorragenden Seefahrtsroman ausmacht: Kannibalen und Krieger geben sich<br />
die Klinke in die Hand, Pest und Cholera suchen die Besatzung heim und das Wetter ist mal Freund und<br />
mal todbringender Feind. Diese Geschichte wird äußerst wuchtig und wortreich erzählt, so dass man das<br />
Salz zu schmecken und den rauen Wind auf der Haut zu spüren vermeint. Wer die Schatzinsel und Moby<br />
Dick gerne gelesen hat, wird Eine Geschichte des Windes lieben. Wer noch mehr Seefahrtabenteuer lesen<br />
möchte, dem sei Wir Ertrunkenen von Carsten Jensen sehr ans Herz gelegt. Auf über 800 Seiten erzählt<br />
der Autor die Geschichte des Seefahrerortes Marstal. Die Geschichte beginnt im Jahr 1848 und endet<br />
nach dem zweiten Weltkrieg. Bis es soweit ist, hat man sämtliche exotischen Länder der Welt bereist,<br />
drei Kriege miterlebt und ist mit allen Wassern gewaschen. Ein fesselnder Schmöker.<br />
47
Pendo, 20,-€<br />
48
Wein, Weib und Revolution ...<br />
... zumindest das Philosophieren über Revolution und Kommunismus prägt die frühen Jahre Friedrich<br />
Engels. Der Fabrikantensohn aus Wuppertal ist nicht nur Philosoph und Schriftsteller, sondern auch der<br />
Stratege hinter Karl Marx und zuweilen auch sein Mäzen. Engels spricht mehrere Sprachen fließend, hat<br />
eine solide humanistische, kaufmännische und militärische Ausbildung genossen und ist ein begnadeter<br />
Redner, ohne den die Ideen von Karl Marx sicherlich nicht so erfolgreich gewesen wären.<br />
Und morgen eine neue Welt ist keine Engels-Biographie, wie immer bei Tilmann Röhrig geht es neben<br />
den großen Ereignissen der Geschichte um die alltäglichen Geschichten aus dem Leben. Da ist<br />
beispielsweise das Hausmädchen Helene, das der in prekären Verhältnissen lebenden Familie Marx von<br />
Karls adeliger Schwiegermutter zur Unterstützung geschickt wird; und natürlich die irische Arbeiterin<br />
Mary Burns - Engels große Liebe – die ihn überhaupt erst mit dem Leid<br />
und dem Elend der Arbeiterklasse vertraut gemacht hat.<br />
Röhrig hat einen unterhaltsamen Freundschafts- und Familienroman<br />
geschrieben, in dem man ganz nebenbei noch eine Menge über die<br />
Anfänge der Arbeiterbewegung lernen kann. Dabei folgt man Friedrich<br />
Engels von Brüssel über Paris, London und Manchester bis nach Köln. Es<br />
geht um Wohlstand und Armut, Liebe und Wertschätzung, Loyalität und<br />
Visionen. Wer sich ein Bild machen möchte, wie Friedrich Engels gewesen<br />
sein könnte, muss dieses Buch lesen!<br />
-Michael Schnorrenberger-<br />
49
50<br />
Eisele, 24,-€
Autobiographie einer Ausgestoßenen<br />
Circe kennen viele von uns aus der Odyssee. Als Hexe, die Odysseus Männer<br />
in Schweine verwandelt. Doch Circe kommt noch in anderen griechischen<br />
Sagen vor, wenn auch nur am Rande. Besonders gut weg kommt sie in keiner<br />
von ihnen. Aus diesen Stücken hat die amerikanische Autorin Madeline<br />
Miller eine Biografie gemacht. Fast eine Autobiographie, denn Circe erzählt<br />
ihre Geschichte selbst. Sie beginnt mit ihrer Kindheit als Tochter des<br />
Sonnengottes Helios und der Nymphe Perse in Helios Sonnenpalast. Wie sie<br />
zwischen Göttern und Titanen aufwächst. Wir erleben ihre Verbannung, ihre Begegnung mit den<br />
Argonauten, mit Odysseus und die anderen Geschichten in denen sie vorkommt. Aber hier steht Circe<br />
im Mittelpunkt. Hier sind vielmehr die bekannten Helden nur eine Randnotiz in Circes Geschichte. Und<br />
das hat die Autorin ganz hervorragend gemacht. Das Buch ist sehr packend geschrieben, so dass man es<br />
gar nicht mehr aus der Hand legen mag. Mir hat es den schlimmsten Sonnenbrand meines Lebens<br />
beschert, weil ich an einem Sommertag am Strand völlig die Zeit vergaß. Man muss sich auch nicht<br />
besonders in der griechischen Mythologie auskennen. Man kann sich einfach von einer tollen Geschichte<br />
mitreißen lassen, die von einer besonderen Frau erzählt. Denn fernab von der Sagenwelt liest sich Ich<br />
bin Circe auch als Entwicklungsroman einer leidenschaftlichen Frau, die sich irgendwann zwischen<br />
Göttern und Menschen entscheiden muss. Ein grandioser Roman.<br />
-Simone Klibingat-<br />
51
Tropen, 24,-€<br />
52
Und täglich grüßt die Leiche<br />
Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle von Stuart Turton dürfte einer der originellsten Kriminalromane<br />
aller Zeiten sein. Handlungsort ist Blackheath, das Anwesen der Familie Hardcastle. Dort trifft ein verstörter<br />
Mann ein, der stundenlang durch die das Anwesen umgebenden Wälder geirrt ist und der keine<br />
Erinnerungen an seinen Namen und sein bisheriges Leben hat. Einzig der Name Anna geistert durch<br />
seinen Kopf mitsamt der vagen Erinnerung, Zeuge eines Mordes geworden zu sein. Angekommen auf<br />
Blackheath identifiziert man den verwirrten Mann als Sebastian Bell, einer der vielen Gäste, die die<br />
Familie Hardcastle zum Maskenball geladen hat. Soweit zu den ersten Seiten des Buches. Was nun folgt,<br />
ist eine turbulente, spannende und einzigartige Geschichte. Der Mann ohne Erinnerung ist nicht<br />
Sebastian Bell, sondern Aiden Bishop, dessen Geist und Seele im Körper von Bell gefangen sind. Damit<br />
nicht genug: Durch einen geheimnisvollen Mann erfährt Bishop, dass er in den nächsten acht Tagen an<br />
jedem Morgen im Körper eines anderen Gastes des Balls aufwacht und sich dieser Tag immer wieder<br />
aufs Neue wiederholt. Am Ende dieses Tages wird es nämlich einen Mord geben, den Bishop aufklären<br />
soll. Jeden Tag sieht dieser die Geschehnisse aus einer anderen Perspektive und so soll er nach und nach<br />
die Lösung finden. Dass er zwei Rivalen hat, die unter ähnlichen Voraussetzungen ermitteln und ein<br />
Gegenspieler alles dafür tut, dass Bishop erfolglos ist, macht das Ganze noch komplizierter. Dieses Buch<br />
ist eine kongeniale Mischung aus Cluedo, Und täglich grüßt das Murmeltier und Inception. Es wirkt ein<br />
bisschen so, als hätten sich Edgar Allan Poe und Agatha Christie das Schreibwerkzeug geteilt und<br />
gemeinsam ein Werk geschaffen, das mit nichts zu vergleichen ist.<br />
53
54<br />
Diogenes, 24,-<br />
€
Spannung und psycholgische Finesse<br />
Drei von Dror Mishani gliedert sich in drei große Abschnitte. In jedem dieser Abschnitte lernt je eine von<br />
drei Frauen denselben Mann kennen. Den Beginn macht Orna, alleinerziehend mit einem neunjährigen<br />
Sohn. Sie lernt Gil als Anwalt kennen, der in Scheidung lebt. Die Beziehung durchläuft mehrere Stadien und<br />
ist stark beeinflusst von der privaten Situation der Lehrerin. Außerdem schwingt in ihrem Verhältnis zu ihm<br />
immer ein leichter Zweifel mit, und deshalb überrascht es ein wenig, dass sie sich am Ende bereitfindet, ihn<br />
in Bukarest zu treffen. Vom Ausgang dieser Reise ist der Leser total überrumpelt und wendet sich geschockt<br />
der zweiten Frau zu. Emilia ist Pflegekraft, die in Gils Elternhaus bis zum Tod des Vaters gearbeitet hat.<br />
In Kontakt mit Gil kommt sie aber erst, als sie sich an ihn in seiner Funktion als Anwalt wendet. Gil bietet<br />
ihr einen Reinigungsjob für seine Wohnung an und die Entwicklung nimmt den bereits geahnten, aber<br />
immer noch nicht für möglich gehaltenen Lauf. Ella, die dritte Frau, lernt Gil in einem Café kennen. In diesem<br />
Teil ändert sich der Ton des Erzählens. Folgt der Roman in den ersten beiden Abschnitten den Frauen,<br />
offenbart sich nun ein Erzähler, der den ersten beiden Frauen die dritte Begegnung schildert. Gleichzeitig<br />
setzt ein zweiter Handlungsstrang ein, denn endlich sieht sich ein Beamter dazu verpflichtet eine winzige<br />
Berichtslücke zu füllen. Der Leser steht nun vor folgender Situation: es gibt eine dritte Begegnung, die<br />
mit dem Wissen um ihr Ende erzählt wird und es kommt eine zweite Instanz ins Spiel, die sich von außen<br />
auf diese Begegnung zu bewegt. Daraus ergeben sich mehrere Fragen: Reißt die Bewegung von außen<br />
wieder ab? Treffen sich die beiden Handlungsstränge und wenn ja, wann? Wie sieht das Ende dieser<br />
dritten Begegnung aus? Ein äußerst raffiniert gemachter, extrem spannender Roman. -Ute Büttner-<br />
55
Atlantik, 16,-<br />
€<br />
56
Manche würden für eine Zigarette töten<br />
Auch in diesem Jahr hat Antoine Laurain mich sehr glücklich gemacht, indem er Die Zigarette danach<br />
veröffentlicht hat. Doch während Liebe mit zwei Unbekannten oder Der Hut des Präsidenten sehr sanfte<br />
und einfühlsame Bücher sind, schlägt er mit seinem neuen Buch einen etwas anderen Ton an, der mich<br />
jedoch sofort begeistert hat. Fabrice Valentine ist Headhunter, jemand der Mitarbeiter anderer Firmen<br />
beurteilt und abwirbt. Aber vor allem ist er eins: Raucher. Ein Leben ohne seine geliebten Zigaretten ist für<br />
ihn schwer vorstellbar; sehr zum Leidwesen seiner Frau Sidonine. Plötzlich wird sein Leben in zweierlei<br />
Weise erschüttert: Die Firma, in der er arbeitet, führt ein Rauchverbot ein und auch Sidonine kann das<br />
ständige Rauchen nur noch schwer ertragen. Als sie Fabrice bittet, eine Hypnosetherapie zu machen um<br />
die lästige Angewohnheit fallen zu lassen, reagiert er äußerst skeptisch. Aber sehr zu seinem Erstaunen<br />
wirkt die Therapie - Fabrice ist geheilt. Doch als ihm eine langersehnte Beförderung vor der Nase<br />
weggeschnappt wird, setzt das alte Verlangen wieder ein. Die Sache hat nur einen Haken: Die Zigaretten<br />
schmecken ihm nicht mehr. Fabrice ist verzweifelt und weiß nicht was zu tun ist, bis er eines Abends aus<br />
Versehen einen Mann vor die Pariser Metro stößt. Völlig aufgelöst steckt er sich eine Zigarette an und<br />
siehe da: der lang ersehnte Geschmack ist zurück. Von da an wird Fabrice zum Gelegenheitsmörder um<br />
die Zigarette danach wieder richtig genießen zu können. Und es gibt Leute, die ihm schon länger ein Dorn<br />
im Auge sind. Mir hat der leicht sarkastische und bissige Ton dieses Buches sehr gut gefallen und ich war<br />
froh zu sehen, dass Laurain ihn genauso gut beherrscht, wie den sanft dahinfließenden Ton seiner<br />
vorherigen Werke. Sowohl für Raucher als auch Nichtraucher geeignet.<br />
-Philipp Buir-<br />
57
Heyne, 9,99 €<br />
58
Morden im Zeichen des Zen<br />
Mit Achtsam morden ist es Karsten Dusse gelungen, das Thema Achtsamkeit<br />
mit Elementen des Krimis und vor allem mit jede Menge Humor zu<br />
verknüpfen. Der aufstrebende Strafverteidiger Björn Diemel arbeitet in einer<br />
Kanzlei, die sich aller Kniffe und Tricks bedient, um ihren mehr als<br />
zwielichtigen Klienten Gefängnisaufenthalte und Strafverfahren zu ersparen.<br />
Diemels Hauptklient ist der Verbrecherboss Dragan, der sich mit<br />
Drogengeschäften und Prostitution ein kleines Imperium aufgebaut hat. Weil<br />
Björn immer mehr Zeit und Energie in seine Arbeit steckt, gerät seine Ehe in die Krise und seine Frau<br />
schickt ihn zu einem Achtsamkeits-Seminar. Dort soll er lernen, seine Ressourcen einzuteilen und<br />
Prioritäten für seine Lebensgestaltung abzustecken. Das Seminar zeigt wahre Wunder, denn schon bald<br />
führt der Strafverteidiger Rituale wie Zeitinseln und Singletasking in seinen Alltag ein, was über kurz oder<br />
lang dazu führt, dass ungesunde Verhaltensweisen und krankmachende Umstände über Bord geworfen<br />
werden. Aber nicht nur das: Björn Diemel lässt auch Menschen sterben, die seinem Weg der Achtsamkeit<br />
im Weg stehen. So lässt als erstes Dragan sein Leben, weil er das Vater-Tochter-Wochenende zu<br />
ruinieren droht. Achtsam morden ist spannend, lustig und erzählt so ganz nebenbei von einer<br />
Gesellschaft, in der Erfolg mehr zählt als Glück. Eine kurzweilige Geschichte, die unterhält, informiert<br />
und fesselt. Die perfekte Mischung aus Spannung und Entspannung.<br />
-Dennis Witton-<br />
59
Kampa, je 16,90 €<br />
60
Agatha Christie trifft auf Maigret.<br />
Das Dorf in den roten Wäldern heißt Three Pines. In diesem kleinen<br />
idyllischen Dorf in den kanadischen Wäldern wird die Leiche der allseits<br />
beliebten Jane Neal gefunden. Aus der Brust der pensionierten Lehrerin<br />
ragt ein Jagdpfeil. Da gerade Jagdsaison ist, glauben alle an einen Unfall.<br />
Inspektor Gamache reist mit seinem Team aus dem eine Stunde entfernt<br />
liegenden Montreal an, um den Fall zu untersuchen – und schnell ist klar:<br />
es war Mord. Doch wer hätte ein Motiv gehabt? Nach und nach dringt<br />
Gamache immer tiefer in die Leben der Dorfbewohner ein und blickt<br />
hinter die Fassaden dieser scheinbar heilen Welt.<br />
Das Gamache den Fall natürlich löst, versteht sich von selbst. Dabei erliegt er dem Charme des Dorfes<br />
und seiner Bewohner*innen immer mehr. Konsequenterweise legt sich Gamache einen Zweitwohnsitz<br />
in Three Pines zu, die perfekte Grundlage für weitere spannende Fälle in dieser idyllischen Umgebung.<br />
Louise Penny hat rund um das kleine Örtchen Three Pines und ihren Ermittler Gamache eine wunderbare<br />
und spannende Krimireihe geschrieben, von der bisher vier Bände auf Deutsch erschienen sind. Sowohl<br />
das Dorf als auch seine skurrilen Bewohner*innen sind so liebevoll und lebendig beschrieben, dass ich<br />
sie beim Lesen direkt ins Herz geschlossen habe. Ich warte schon gespannt auf den nächsten Teil.<br />
-Michael Schnorrenberger-<br />
61
Kiepenheuer&Witsch, 15,-€<br />
Emons, 14,95 €<br />
62
Zwei rasant gute Psychothriller<br />
Nile und Ben sind ein Traumpaar, teilen Wohnung und Alltag miteinander und waren<br />
bisher nicht einen Tag voneinander getrennt. Die beiden warten sehnsüchtig auf<br />
Bens Scheidung, denn sie möchten heiraten. Als Nile in einer kleinen Boutique<br />
ein Kleid für die geplante Hochzeit anprobiert, verschwindet Ben spurlos. Nile<br />
weiß sofort, dass etwas Schlimmes passiert sein muss. Aus lauter Verzweiflung<br />
wendet sie sich an Flo, Bens Noch-Ehefrau. Die einzige Person, die ihr helfen kann. Doch warum hilft ihr<br />
ausgerechnet die Frau, von der sie am meisten verabscheut wird? Bald entspinnt sich eine wilde Handlung.<br />
Niles verzweifelte Suche nach Ben endet in vielen Sackgassen und verursacht großes Chaos. Schleichend<br />
nähern wir uns einem Showdown, der den ein oder anderen tatsächlich mit einem großen Fragezeichen<br />
zurücklässt. Gerade das fand ich allerdings sehr spannend konstruiert. Ich mag Geschichten, die anfangs<br />
gar nicht vorhersehbar sind und einen schlussendlich rätseln lassen was gut und böse ist. Atme von<br />
Judith Merchant ist ein richtig gutes und psychologisches Verwirrspiel.<br />
Das trifft ebenso auf Mutter Seelen Allein von Sabine Trinkaus zu. Katharina führt mit ihrem Ehemann Tim<br />
und dem gemeinsamen Sohn Timo ein sorgenfreies Leben. Für dieses Leben hat sie ihre Vergangenheit<br />
hinter sich gelassen und erst nach und nach erfährt man, was sich damals abgespielt hat. Die Geschichte<br />
eskaliert, als Timo entführt wird und Katharina sich den Geistern der Vergangenheit stellen muss. Doch<br />
wem kann sie trauen und wer gibt nur vor, ein Freund zu sein? Sabine Trinkaus jagt ihre Leserschaft um<br />
einige Ecken und führt in so manche Sackgasse. Atemlos hetzt man über die Seiten, um am Schluss die<br />
ganze Wahrheit zu erfahren. Meisterhaft.<br />
-Nadine Gladbach-<br />
63
64<br />
dtv, 14,90 €
Schonungslos<br />
River of violence von Tess Sharpe ist wahrlich nichts für schwache Nerven,<br />
aber darauf deutet der Titel ja schon hin. Es geht um Drogen, Waffen,<br />
Gewalt und Rache, aber auch um Freiheit, Familie und Emanzipation.<br />
Harley McKenna ist das einzige Kind des Drogenbosses und Waffenhändlers<br />
von North County. Duke McKenna hat mehr Waffen verhökert, mehr Drogen<br />
unter die Leute gebracht und mehr Menschen getötet als jeder andere. Seit<br />
ihrem sechzehnten Lebensjahr arbeitet Harley für ihren Vater, in der düsteren Voraussicht, irgendwann<br />
das Imperium zu erben. Nun ist es soweit. Die großen Rivalen der McKennas sind die Mitglieder der<br />
Familie Springfield. Auf deren Konto geht auch der Tod von Harleys Mutter. Diese nutzen die Gunst der<br />
Stunde, und versuchen das McKenna-Imperium endgültig zu stürzen. Nun liegt es an Harley, die Zügel in<br />
die Hand zu nehmen und zu kämpfen. Doch, will sie das überhaupt? Schließlich begibt sich die 22-jährige<br />
auf ihren ganz eigenen Feldzug, der alles für immer verändern soll. River of violence ist ein harter Thriller,<br />
der für Fans von Don Winslow und Jeffrey Deaver bestens geeignet ist. Darüber hinaus gelingt der<br />
Autorin aber auch noch eine ganz besondere Leistung: Sie erzählt von einer Frau, die selbst über ihr<br />
Leben entscheiden will und sich aus den Fesseln der Familie befreit. Das ist stark, mitreißend und<br />
fesselnd. Sharpe wechselt in den Kapiteln zwischen Gegenwart und Blick in die Vergangenheit. Erstere<br />
treiben die Handlung zügig fort, Letztere veranschaulichen, wie Harley von ihrem Vater gedrillt und<br />
gefördert wurde. Ein lesenswerter Thriller für Freunde von hard-boiled-action. -Dennis Witton-<br />
65
66<br />
Insel, je 13,95 €
Little People, big dreams<br />
Jede*r hat mal klein angefangen, auch die Menschen, die später durch Ihre Taten und Worte erfolgreich<br />
wurden. Die Reihe Little people, big dreams widmet sich Frauen (und bis jetzt einem Mann) und deren<br />
Lebenslauf. Auf informative Weise zeichnen die Autor*innen und Illustrator*innen im wahrsten Sinne<br />
des Wortes die Wege nach, die solch große Persönlichkeiten wie Agatha Christie, Maria Montessori oder<br />
Stephen Hawking bis ganz nach oben geführt haben. Sie alle haben die Welt verändert und die Geschichte<br />
der Menschheit geprägt. Die Bücher sollen vor allem Mut machen, den eigenen Träumen und Wünschen<br />
zu folgen. Junge Leser*innen sehen anhand der einzelnen Geschichten, dass alles möglich ist, wenn man<br />
nur an sich glaubt. Treffen Sie auf Jane Austen, Frida Kahlo, Jane Goodall, Ella Fitzgerald und viele mehr.<br />
Lassen Sie sich inspirieren von Menschen, die sich niemals mit den Gegebenheiten abgefunden haben.<br />
Die Reihe ist für Selbstleser*innen genauso geeignet wie zum Verschenken. Kinder und Erwachsene<br />
werden gleichermaßen ihre Freude an den einzelnen Biographien haben und sich ermutigt fühlen, dem<br />
eigenen Weg zu folgen. Die Bücher erzählen von Akzeptanz, Mut und felsenfester Überzeugung. Sie<br />
eignen sich für jedes Alter, sind ideal zum Vorlesen und Selbstlesen, und eröffnen ganz neue Horizonte.<br />
Jede einzelne Persönlichkeit ist ein großes Vorbild, dem wir alle nacheifern sollten. Autorin Isabel<br />
Sanchez-Vegara und zahlreiche Illustratorinnen haben gemeinsam viele Denkmäler geschaffen, die man<br />
bestaunen und bewundern kann. Am Ende bleibt eine Gewissheit: Es ist nicht wichtig, woher du kommst,<br />
sondern, wohin du gehst.<br />
67
68<br />
Insel, 20,-€
Die Summe eines ganzen Lebens<br />
Das Stundenbuch des Jacominus Gainsborough ist eines der schönsten und beeindruckendsten Bilderbücher,<br />
die mir jemals begegnet sind. Es ist eine Hommage an das Leben mit all seinen Höhepunkten und<br />
Tragödien. Erzählt wird die Geschichte des Kaninchens Jacominus Gainsborough. Es beginnt mit dem<br />
ersten Atemzug und endet mit seinem Einschlafen. Dazwischen passiert so einiges, manches davon ist<br />
aufsehenerregend, manches unspektakulär. In zwölf Szenen sehen wir Jacominus,<br />
seine Freunde, seine Eltern, die geliebte Großmutter und später seine eigenen<br />
Kinder. Wir folgen allen Beteiligten durch Wirrnisse und ruhige Fahrwasser.<br />
Rébecca Dautremer schafft es, ein Loblied auf das kleine Leben und das Leben<br />
im Kleinen zu singen. Trotz der wundervollen Bilder ist die vielleicht schönste Seite<br />
die allerletzte, in der nochmal Bilanz gezogen wird. Dann fällt einem einmal mehr<br />
auf: Das Leben besteht aus der Aneinanderreihung kleiner, unscheinbarer Momente, wie Kartenspielen<br />
und zufälligen Begegnungen. Man kann sich nur wünschen, am Ende des eigenen Lebens die gleichen<br />
Worte wie Jacominus Gainsborough aussprechen zu können: „Ich habe dich sehr gemocht, mein kleines<br />
Leben. Und weißt Du was? Es hat sich verdammt gelohnt , dich gelebt zu haben!“ Wenn wir soviel Glück<br />
haben wie Jacominus, stehen in unserer Bilanz später auch mindestens 3 124 094 780 Erinnerungen.<br />
Eine davon wird mit Sicherheit dieser Geschichte gelten, die sich ganz leise in die Herzen all derer<br />
schleicht, die sie gelesen haben. Das Stundenbuch des Jacominus Gainsborough ist ein Buch für alle,<br />
denen ein Großteil des Lebens noch bevorsteht, für alle, die sich mitten im Abenteuer befinden und für<br />
alle, die auf viele gelebte Momente zurückblicken können.<br />
-Dennis Witton-<br />
69
Carlsen, 13,-€<br />
70
Nein sagen ist wichtig<br />
Mit seiner Trilogie um das Schnapspralinen vernichtende, kommunistische Känguru hat mich Marc-Uwe<br />
Kling längst als Fan gewonnen. Doch auch seine Kinderbücher sind Lesegenuss pur. Wer Der Tag an dem<br />
die Oma das Internet kaputt gemacht hat gelesen hat, weiß warum ich so begeistert bin. Auch sein<br />
neuestes Buch Das Neinhorn steckt voller Wortwitz und wunderbar skurrilen Charakteren. Im Herzwald,<br />
wo alles superflauschetoll ist und alle Einhörner sich liebhaben, gibt es Nachwuchs. Alle sind ganz aus dem<br />
Häuschen, doch bald wird klar: Irgendwas stimmt hier nicht. Denn obwohl das kleine Einhorn auf Hufen<br />
getragen und mit gezuckertem Glücksklee gefüttert wird, lautet seine Antwort immer nur NEIN und so<br />
heißt es bald nur noch Neinhorn. Und Neinhorn macht seinem Namen alle Ehre und sagt NEIN zur ewigen<br />
Einhornharmonie. Bald wird es ihm zu rosabunt und Neinhorn macht sich aus dem Staub. Endlich hat es<br />
seine Ruhe,bis es NaHund, WasBär und einer KönigsDOCHter begegnet, die prinzipiell allem widerspricht<br />
und die vier merken, dass es so richtig Spaß macht, zusammen bockig zu sein. Das Neinhorn ist nicht nur<br />
brüllend komisch, sondern hat auch einen tieferen Sinn. Zumindest macht es recht deutlich, dass man nicht<br />
immer unbedingt irgendwo reinpassen muss, wo man vielleicht reinpassen soll. Marc-Uwe Kling schafft<br />
es mal wieder auf seine ganz eigene Art sowohl Zwerchfell als auch Hirn in Anspruch zu nehmen und die<br />
grandiosen Zeichnungen von Astrid Henn tun ihr Übriges, um ein wunderbar außergewöhnliches Bilderbuch<br />
zu erschaffen. Ein besonderes Highlight sind die zwei Doppelseiten am Ende des Buches, wo nochmal einige<br />
Tiere vorgestellt werden, darunter der Gähnpard und das berühmte KänguRuhe. -Philipp Buir-<br />
71
Pegasus, je 14,95 €<br />
Usborne, je 12,95 €<br />
72
Beste Unterhaltung mit Bildern<br />
Tabletop Rollenspiele sind so beliebt wie nie zuvor. Immer mehr Leute formen kleine Grüppchen um sich<br />
mit Würfeln, Stift, Papier und jeder Menge Fantasie durch fiktive Abenteuer zu kämpfen. Wer allerdings<br />
nicht sofort voll und ganz in die Welt der Rollenspiele abtauchen möchte, dem möchten wir die Spiele<br />
Comics aus dem Pegasus Verlag ans Herz legen. Sie bilden den perfekten Einstieg in ein Hobby, das<br />
unglaublich packend sein kann. Ob man als Sherlock Holmes seine größten Fälle lösen oder als Werwolf<br />
ein klassisches Fantasy Abenteuer durchspielen möchte, ganz egal, denn die Spiele Comics bieten für<br />
jeden Geschmack das passende Szenario. Jeder Comic erschafft eine ganz eigene Atmosphäre und die<br />
Illustrationen sorgen dafür, dass man problemlos in die jeweilige Geschichte eintauchen kann und<br />
eigentlich gar nicht mehr auftauchen möchte.<br />
Graphic Novels sind literarische Comics, die komplex und anspruchsvoll gestaltet sind. Im Idealfall<br />
schaffen sie es, große Themen in einer kunstvollen Mischung aus Bild und Text zu transportieren. Das ist<br />
bei den Usborne Graphic Novels von Russell Punter und den Illustratoren Valentino Forli, Fabiano Fiorin<br />
und Matteo Pincelli definitiv gegeben. Egal ob Die Abenteuer des Odysseus, Graf Dracula oder Robin<br />
Hood: Klassische Stoffe erhalten durch die Bilder ein modernes Gewand, so dass junge und ältere<br />
Leser*innen ihre wahre Freude an den Geschichten haben werden. Die Erzählungen geizen nicht mit<br />
Action und Spannung und überraschen mit einer modernen Sprache, die dem jeweiligen literarischen<br />
Vorbild aber treu bleibt. So lassen sich selbst Lesemuffel für Bücher begeistern. Im Anhang jedes Buches<br />
findet man zahlreiche Informationen über die literarische Vorlage, den Ursprung der Geschichte und das<br />
Leben des Autoren.<br />
73
74<br />
Moritz, 24,-€
Ab ins Labyrinth<br />
Wer war nochmal Prometheus? Worin bestehen die zwölf Arbeiten des Herakles? Wo leben Skylla und<br />
Charybdis? Die Antworten auf diese und viele weitere Fragen rund um die griechische Antike erhält man<br />
in dem prachtvollen Buch Ariadnes Faden von Jan Bajtlik. Dabei handelt es sich keinesfalls um eine<br />
dröge Auflistung der einzelnen Personen, Orte und Geschehnisse. Jede Doppelseite ist als Labyrinth<br />
gestaltet, das es zu durchqueren gilt. Der Weg zum Ausgang ist gesäumt mit zahlreichen Informationen<br />
rund um Mythologie, Bauwerke, den trojanischen Krieg und die Kultur der alten Helenen. Die Gestaltung<br />
lädt dazu ein, in die Materie einzutauchen und macht Lust, sich weiteres Wissen über die Antike<br />
anzueignen. Unterwegs begegnet man Odysseus, den Göttern des Olymp, zahlreichen Philosophen,<br />
durchwandert den Palast von Knossos und jagt mit Jason nach dem<br />
goldenen Vlies. Zahlreiche Erklärungen im Anhang helfen, die<br />
einzelnen Bilder zu verstehen und bieten detaillierte Informationen.<br />
Ariadnes Faden ist ein einzigartiges Buch, das Spaß macht und einem<br />
ganz nebenbei die eine faszinierende Welt näherbringt. Uns würde es<br />
nicht wundern, wenn bald ganze Familien mit ihren Fingern durch<br />
dieses Buch fahren und gemeinsam ihren Weg durch die einzelnen<br />
Labyrinthe suchen. Aber aufgepasst: Lassen Sie sich nicht von<br />
Minotaurus erwischen. Wenn Sie den Ausweg gefunden haben,<br />
tanzen wir sehr gerne mit Ihnen den Labyrinth-Tanz.<br />
-Dennis Witton-<br />
75
Beltz, 14,95 €<br />
76
Vom Zauber der Natur<br />
Ein farbenprächtiges Buch zum Selber- und Vorlesen ist Nemi und der Hehmann<br />
von Wieland Freund. Nemi wartet zusammen mit ihrer Schwester auf den<br />
Schulbus, als sie es aus dem Wald hinter sich rufen hört. Sie folgt dem Geräusch<br />
und findet hinter einem umgestürzten Baum den Hehmann, einen kleinen<br />
Wicht, der einen Pilzhut und einen Blätterbart trägt und dessen Körper aus Rinde<br />
zu bestehen scheint. Es stellt sich heraus, dass nicht jeder die Rufe des Hehmanns<br />
hören kann und dass sie auch schon lange niemand mehr wahrgenommen hat,<br />
denn sie müssen sich gegen Auto- und Alltagslärm durchsetzen und gleichzeitig auf empfangsbereite Ohren<br />
treffen. Nemi hat die richtigen Ohren. Und so zeigt der Hehmann ihr die Schönheit und Vielfältigkeit der<br />
Natur, singt ihr Lieder über Tiere und Bäume, macht sie mit den unterschiedlichsten Begriffen für ein<br />
und dasselbe Naturphänomen bekannt und offenbart ihr in sieben Tagen sowohl den Wert als auch die<br />
Bedrohtheit eines noch so kleinen Stückchens Natur. Nemi ist begeistert und beunruhigt, zeichnet alles<br />
was sie sieht in den schönsten Bildern in ihr Mathematikheft und ist wild entschlossen dafür zu sorgen,<br />
dass es wieder mehr Schmetterlinge gibt. Dieses Buch versucht mit einer spannenden und unaufdringlich<br />
lehrreichen Geschichte um ein sensibles, mutiges und wissbegieriges Kind und einen sehr, sehr alten,<br />
vorsichtigen und auskunftsfreudigen Hehmann zu zeigen, dass auch kleine Ökosysteme viel zu bieten<br />
haben und in erster Linie durch die Unachtsamkeit des Menschen gefährdet sind.<br />
Ab 8 Jahre. (Zum Vorlesen auch schon etwas früher)<br />
-Ute Büttner-<br />
77
78<br />
Kosmos, 14,99 €
Für Wissensdurstige<br />
Wie bringt man jungen Leser*innen die Naturwissenschaften näher, ohne<br />
dass es trocken und langweilig wird? Die Antwort lautet: Mit Pepper Mint<br />
von Babette Pribbenow. Das verrückt fantastische Forscherbuch lädt<br />
neugierige Menschen ab 8 Jahren dazu ein, Rätsel zu lösen und mit<br />
Experimenten die Geheimnisse unserer Welt zu erforschen. Eingebettet<br />
ist das interaktive Abenteuer in eine spannende Geschichte. Pepper Mint<br />
freut sich, die Sommerferien bei ihrem Onkel Theo zu verbringen, der in<br />
seiner Forschungsstation allerlei Experimente macht. Eines Tages ist dieser jedoch verschwunden und<br />
es liegt an Pepper Mint, ihn mithilfe der zurückgelassenen Hinweise zu finden. Die Suche ist alles andere<br />
als einfach, denn Pepper Mint, muss zahlreiche Rätsel knacken, Spuren finden und Botschaften<br />
entschlüsseln. Dabei können die Leser*innen ihr helfen. Die Suche führt durch den Amazonas-Dschungel,<br />
man begegnet vielen Tieren, Pflanzen und Phänomenen und stellt am Ende des Buches fest, dass man<br />
eine ganze Menge gelernt hat, ohne dass es sich wie Lernen angefühlt hat. Dem Buch beigefügt ist ein<br />
Bausatz für eine Schutzbrille, die man für das ein oder andere Experiment benötigt. Außerdem gibt es<br />
eine Liste mit Materialien, die man sich vor dem Lesen besorgen sollte. Dazu gehören Natron, Salz,<br />
Wattestäbchen und viele andere Dinge, die man entweder Zuhause hat, oder im nächsten Supermarkt<br />
besorgen kann. Hat man alles beisammen, kann das Abenteuer losgehen. Wir versprechen: Dieses Buch<br />
ist nicht nur für junge Leser*innen ein echter Gewinn. Auch Erwachsene lernen hier noch dazu. Wir<br />
wünschen viel Spaß beim Experimentieren und Forschen.<br />
-Dennis Witton-<br />
79
80<br />
Südpol, 13,90 €
Eine Geschichte für jedes Wetter<br />
Wir leben in einer Gesellschaft, in der Lebensmittel viel zu oft verschwendet werden. Wie wohltuend ist es<br />
da zu lesen, was für gute Taten mit Müll vollbracht werden können. Suppenwetter oder eine Geschichte<br />
vom Stehlen, Schenken und Wegwerfen von Lucie Kolb ist eine herzerwärmende Erzählung, die viele<br />
Themen behandelt.<br />
Annie ist mit ihrer Mutter in eine neue Stadt gezogen und diese macht es ihr alles andere als leicht. Für<br />
Annie ist es sogar die hässlichste Stadt der Welt. Dass die Wohnung noch nicht eingerichtet ist, Annies<br />
Mutter viel arbeitet und sich das Mädchen deswegen selber versorgen muss, macht die Sache nicht<br />
einfacher. Auf ihren Wegen durch die fremde Stadt begegnet sie irgendwann Kurt, der mit seinem<br />
Fahrrad vor dem Supermarkt steht und Suppe austeilt. Wer es sich erlauben kann, gibt ihm im Gegenzug<br />
ein bisschen Geld dafür. Bei einer Schüssel Erbsensuppe lernt Annie Kurt näher kennen und erfährt, dass<br />
die Suppen zum Großteil aus Zutaten bestehen, die von Supermärkten entsorgt wurden, weil diese sich<br />
nicht mehr verkaufen lassen. Eines Tages jedoch wird das Suppenfahrrad von Kurt geklaut und der kann<br />
sich nicht einfach so ein neues Fahrrad leisten. Annie beschließt, das Fahrrad wieder aufzutreiben und<br />
spannt dafür ihren neugewonnen Freund Nikita in die Suche mit ein. Lucie Kolb erzählt von drei<br />
Außenseitern, die sich für eine gute Sache einsetzen. Gleichzeitig animiert sie junge Leser*innen dazu,<br />
herrschende Zustände zu hinterfragen. Ist Stehlen grundsätzlich schlecht? Warum verursachen wir so<br />
viel Müll? Sollten wir nicht alle viel mehr miteinander teilen? Die Antworten liegen eigentlich auf der<br />
Hand, aber nach dem Ende des Buches hat man 1. Großen Appetit auf eine leckere Suppe und 2. Noch<br />
viel größere Lust, diese Welt ein wenig besser zu machen. Ab 9 Jahren<br />
81
Hanser, 17,-€<br />
82
Email für Dich<br />
„Du kennst mich nicht, aber ich schreibe dir trotzdem“. Bett und Avery sind grundverschieden. Bett ist<br />
impulsiv und draufgängerisch, Avery eher zurückhaltend und nachdenklich. Die beiden kennen sich auch<br />
nicht, wohnen noch nicht einmal in derselben Stadt und doch verbindet sie etwas. Ihre Väter haben sich<br />
auf einer Konferenz kennen und lieben gelernt und möchten jetzt, dass ihre Töchter sich kennenlernen<br />
und gut verstehen. Aber da haben die beiden die Rechnung ohne die Mädchen gemacht. Die beiden sind<br />
nämlich mit ihrer jeweiligen Situation völlig zufrieden und haben überhaupt keine Lust daran irgendwas<br />
zu ändern. So schreibt Bett an Avery, dass sie sie überhaupt nicht<br />
ausstehen kann. Und Avery schreibt zurück…<br />
An Nachteule von Sternhai von Holly Goldberg Sloan und Meg<br />
Wolitzer ist ein Briefroman. Genauer gesagt eher ein e-mail Roman,<br />
denn Bett und Avery schreiben sich e-mails. Anfangs noch wild<br />
entschlossen sich gegenseitig total doof zu finden, entspinnt sich<br />
langsam eine zarte Freundschaft zwischen den beiden Mädchen die<br />
noch gehörig durcheinandergewirbelt wird. Dabei macht die Form<br />
der e-mails den besonderen Reiz der Geschichte aus. Eine wirklich<br />
liebenswerte Freundschaftsgeschichte ab 10.<br />
-Simone Klibingat-<br />
83
Freies Geistesleben, 20,-€<br />
84
Magisch, rätselhaft und voller Abenteuer<br />
Elisabeth lebt bei ihrer Tante und ihrem Onkel in einem ziemlich heruntergekommenen Haus. An allen<br />
Ecken und Enden muss gespart werden, so dass sie sich nur äußerst selten mal ein neues Buch kaufen<br />
kann. Als begeisterte Leserin ist sie daher Dauergast in der Bücherei, denn in Bücher kann sie eintauchen<br />
und den Rest der Welt vergessen. Als sie am letzten Schultag nach Hause kommt ist die Türe verschlossen<br />
und ihre Tante und ihr Onkel nicht da. Dafür hängt am Türknauf eine Tüte mit ein paar ihrer Sachen und<br />
ein Brief mit drei Dollar und einer Fahrkarte. Die beiden sind tatsächlich in Urlaub gefahren, ohne sie!<br />
Zwar hatten sie es vorher angekündigt, aber sie fuhren nie weg, von welchem Geld auch?! Und Elisabeth<br />
sollte jetzt für drei Wochen ins Hotel Winterhaus fahren. Alles ausgesprochen merkwürdig!<br />
Da ihr nichts anderes übrigbleibt, macht sich Elisabeth auf den Weg zum Winterhaus - wie sich<br />
herausstellt ein Luxushotel in den Bergen mit einer riesigen Bibliothek.<br />
Wer hat sie nur hierhergeschickt, und wer soll das alles bezahlen? Noch<br />
während sie versucht dieses Rätsel zu lösen erwacht die Magie und die<br />
Ereignisse überschlagen sich.<br />
Im zweiten Teil kehrt Elisabeth nach Winterhaus zurück und taucht tiefer<br />
ein in die Geschichte ihrer Familie und Die Geheimnisse von Winterhaus.<br />
Zwei zauberhafte Geschichten von Ben Gutersons über die Magie der<br />
Worte, Freundschaft und Familie. Für Leseratten ab 10 Jahren.<br />
-Michael Schnorrenberger-<br />
85
Piper, 12,-€<br />
86
Das Glück der Realität<br />
Niedlich kommt es daher, das Cover von Das Freu von Karl Olsberg. Dahinter verbirgt sich eine<br />
Geschichte, die es in sich hat und jugendliche Leser*innen mit der Frage nach dem wahren Glück<br />
konfrontiert. Karl Olsberg ist ein Fachmann in Sachen künstliche Intelligenz und lässt sein gesamtes<br />
Wissen in seine Bücher einfließen. Das Freu schlägt insofern aus der Art, als das die Geschichte für ein<br />
jüngeres Publikum gedacht ist als seine übrigen Romane (die aber ebenfalls sehr lesenswert sind).<br />
Mafalda, ein junges, einsames und unglückliches Mädchen, ist mit ihrem Vater und ihrer Stiefmutter in<br />
ein neues Haus gezogen und fühlt sich hier alles andere als wohl. Zu allem Überfluss ist ihr Vater auch<br />
noch selten zuhause und das Verhältnis zu ihrer Stiefmutter ist mehr als angespannt. Um sie zu trösten<br />
und ihren Alltag ein bisschen glücklicher zu gestalten, schenkt Mafaldas Vater ihr das neueste Produkt<br />
der Firma True Happiness Corporation. Der Fotunator VR ist eine Virtual Reailty Brille mit integriertem<br />
Glücks-Programm, das das persönliche Glücksempfinden steigern soll. Kaum setzt Mafalda die Brille auf,<br />
erscheint ihr auch schon eine Katze, die sich als Spielgefährte und Freund vorstellt. Mafalda entwickelt<br />
immer mehr Freude daran, die virtuelle Katze zu füttern und mit ihr zu spielen. Allerdings gefällt es dem<br />
neuen Gefährten gar nicht, wenn Mafalda die Brille absetzt. Die Dinge ändern sich, als das junge Mädchen<br />
im verwilderten Nachbargarten eine geheimnisvolle Eidechse, ein Freu, entdeckt. Durch dieses Wesen<br />
lernt Mafalda nach und nach, was wirkliche Freude ist und dass diese mehr wird, wenn man sie teilt.<br />
Geschickt stellt Olsberg die virtuelle Welt der realen gegenüber, ohne dass er die eine gegen die andere<br />
ausspielt. Was aber nach der Lektüre klar wird: Wirkliches und wahrhaftiges Glück findet man nur im<br />
echten Leben. Für Leser*innen ab 10.<br />
87
dtv, 16,95 €<br />
88
Wahres Leseglück<br />
Spencer Barton ist ein dreizehnjähriger Sonderling mit Tourette-Syndrom und zahlreichen Tics. Er hat<br />
gelernt damit zu leben und kommt relativ gut mit seinem Leben als Außenseiter zurecht. Als aber Hope<br />
in das Nachbarhaus zieht, entwickelt Spencer auf einmal Gefühle, die er selber nicht genau benennen kann.<br />
Ist es Freundschaft, Liebe oder etwas ganz anderes? Das faszinierende Mädchen macht sich zumindest<br />
nichts aus Spencers Aussetzern und das macht sie schon zu etwas Besonderem. Von nun an begleiten<br />
wir die beiden sieben Jahre lang. Sie werden gute Freunde, entwickeln Gefühle füreinander, schaffen es<br />
aber nie, einander näher zu kommen. Mitunter schlägt das Leben tiefe Kerben in beider Leben und lässt<br />
den Abstand ins scheinbar Unüberbrückbare wachsen und doch führen ihre Wege irgendwann wieder<br />
zueinander. Spencers Taxonomie der Liebe ist ein praller authentischer Roman mitten aus dem Leben.<br />
Es geht um Liebe, Freundschaft, Geschwisterliebe und -rivalität, Trauer und Familie. Man schmunzelt,<br />
lacht und weint und ist ganz nah bei Hope und Spencer, die abwechselnd aus ihrer Perspektive erzählen.<br />
Spencer bedient sich dabei zahlreicher Listen und Diagramme, während Hope Tagebuch, Emails und<br />
Briefe schreibt. Dieses Buch erzählt von all den Klippen, die das Erwachsenwerden mit sich bringen kann,<br />
von Schmerz und von Hoffnung. Rachael Allen gelingt dabei das Kunststück, das Leichte mit dem Schweren<br />
so geschickt zu mischen, dass die Lesefreude stets im Vordergrund bleibt und man unbedingt wissen<br />
möchte, wie die Geschichte weitergeht. Für uns eines der schönsten Bücher für Leser*innen ab 12. Allen,<br />
die das zwölfte Lebensjahr schon etwas länger überschritte haben, sei gesagt: Lesen Sie dieses Buch und<br />
Sie wissen wieder, wie sich Erwachsenwerden anfühlt.<br />
89
Loewe, 9,95 €<br />
Loewe, 19,95 €<br />
90
Das Spiel geht weiter<br />
Erebos ist zurück und gefährlicher denn je. Ursula Poznanski knüpft an die erfolgreiche und packende<br />
Geschichte rund um das bedrohliche Spiel an und stößt die Leser*innen in eine hochspannende,<br />
actionreiche Handlung.<br />
Zehn Jahre nach den Ereignissen im ersten Band hat sich die digitale Welt um ein Vielfaches vergrößert.<br />
Die Möglichkeiten sind schier unbegrenzt und ein Spiel, das darauf abzielt, Menschen erst zu begeistern<br />
und schließlich in Lebensgefahr zu bringen kann sich viel schneller verbreiten. Nick und seine Freunde<br />
haben EREBOS vor zehn Jahren nur scheinbar besiegt und müssen sich nun erneut diesem Gegner stellen.<br />
Doch es geht nicht nur um sie, denn auch andere Jugendliche und Erwachsene geraten in die Fänge des<br />
Spiels. Mithilfe von Überwachungskameras, Smartphones und Tablets ist Erebos noch viel mehr als vor<br />
zehn Jahren in der Lage, die Mitspieler zu kontrollieren und diese zu Marionetten zu machen. Poznanski<br />
lässt die Geschichte aus zwei Perspektiven erzählen: Zum einen ist da Nick, der geglaubt hat, Erebos vor<br />
zehn Jahren besiegt zu haben und nun um sein Leben fürchtet. Zum anderen geht um Dereck, der nichts<br />
von den vergangenen Ereignissen weiß und dem Spiel mit Haut und Haaren verfällt. Erebos 2 ist mindestens<br />
genauso spannend wie Teil 1. Für alle, die diesen noch nicht kennen, raten wir dringend zur Lektüre. Alle,<br />
die vom ersten Erebos begeistert waren, werden von der Fortsetzung nicht enttäuscht. Es geht rasant zu<br />
und die letzten 200 Seiten möchte man am liebsten in einem Rutsch durchlesen.<br />
Die Autorin schafft es auch in diesem Buch, die Möglichkeiten der digitalen Welt durchzuspielen, so dass der<br />
Schrecken immer real ist. Wie auch Teil 1 schon bestens geeignet für Gamer*innen und Computerfreaks.<br />
(ab 12 bzw ab 14)<br />
91
Carlsen, 18,-€<br />
92
Wer darf leben, wer muss sterben?<br />
Niemalswelt von Marisha Pessl ist ein atemberaubender Roman, der seine*n<br />
Leser*innen ab der ersten Seite packt und nicht mehr loslässt. Nach dem<br />
mysteriösen Tod ihres gemeinsamen Freundes Jim, treffen sich Bee und ihre<br />
Freunde nach langer Zeit wieder. Sie wollen das Wochenende in einem großen<br />
Ferienhaus gemeinsam verbringen. Nach einer schicksalhaften Nacht und<br />
einer alkoholreichen Party entgehen sie nur knapp einem Autounfall. Doch<br />
zurück im Haus schlägt das Schicksal in Gestalt eines Unbekannten zu, der<br />
auftaucht und ihnen erklärt, dass sie in einer Zeitschleife festhängen. "Ihr seid alle tot“ lässt er die<br />
Jugendlichen wissen. Zwischen Leben und Tod gefangen in einer Zwischenwelt müssen sie sich für einen<br />
aus der Gruppe entscheiden, der überleben darf. Von nun an durchlaufen sie immer wieder dieselben<br />
11 Stunden vor dem Unfall, bis sie sich einigen werden, wer überleben soll.<br />
"Immer wieder zu erleben, dass du zurück auf Los musst, geht gegen die menschliche Natur, und es ist<br />
schlicht und einfach unerträglich. Der Verstand ringt mit aller Macht darum an zu beweisen, dass es<br />
nicht sein kann." Auf der Suche nach einem Ausweg kommt nach und nach zum Vorschein was hinter<br />
Jims Tod steckt und das alle etwas zu verbergen haben. Marisha Pessel hat einen richtig guten Pageturner<br />
geschrieben, der mich eine schlaflose Nacht gekostet hat. Niemalswelt ist definitiv ein Lieblings-<br />
Jugendbuch 2019. Für Leser ab 14 und alle, die es mystisch und spannend mögen. -Nadine Gladbach-<br />
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<strong>WortReich</strong>s Markt der kleinen Kostbarkeiten 07.12.2019<br />
Handgemachtes und Schönes<br />
Am zweiten Adventssamstag laden wir Sie recht herzlich zu unserem eigenen kleinen, feinen<br />
Weihnachtsmarkt ein. In der Zeit von 14:00 bis 20:00 Uhr können Sie nicht nur nach dem passenden<br />
Buchgeschenk für Ihre Lieben suchen, sondern sich auch überraschen lassen, was Aussteller*innen aus<br />
der Region zu bieten haben. Ob Genähtes, Gestricktes oder Gebasteltes: Es gibt viel zu entdecken. Das<br />
passende Getränk bekommen Sie natürlich auch dazu. Sogar für Vierbeiner gibt es Geschenkideen. Ganz<br />
egal, ob es regnet, stürmt oder schneit, bei uns ist es gemütlich und so richtig weihnachtlich. Wir<br />
garantieren Ihnen, dass Sie bei uns originelle, handgefertigte Produkte von fleißigen Menschen aus der<br />
Region finden.<br />
Der Nikolaus kommt über Nacht<br />
Am 05.12. können uns Kinder bis 8 Jahre wieder ihre geputzten Schuhe vorbeibringen. Der Nikolaus füllt<br />
diese dann mit ein paar kleinen Überraschungen, die die Kinder dann am 06.12. bei uns abholen können.<br />
Der <strong>WortReich</strong>-Adventskalender<br />
Jeden Tag im Advent klingelt im <strong>WortReich</strong> der Wecker. Wer in diesem Moment an der Kasse steht, darf<br />
das Päckchen des jeweiligen Tages suchen, öffnen und den Inhalt mit nach Hause nehmen.<br />
Dieser Katalog ist mit allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung bedarf der schriftlichen Zustimmung. Alle Rechte vorbehalten. Die im<br />
Katalog genannten Preise und bibliographischen Angaben sind sorgfältig überprüft. Irrtum bleibt aber vorbehalten. Die €-Preise gelten für Deutschland.<br />
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