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POLITIK<br />
MEINE<br />
MEINUNG<br />
Von<br />
Rasmus<br />
Buchsteiner<br />
Datensicherheit –<br />
Staat in der Pflicht<br />
Das Gesundheitssystem<br />
startet in die digitale<br />
Ära. Das ist verheißungsvoll.<br />
Doch manchen verunsichert<br />
die Dimension der absehbaren<br />
Veränderungen auch.<br />
Wird es die freieArztwahl<br />
weiterhin geben? Werden Videosprechstunden<br />
zum Normalfall,<br />
reguläre Praxisöffnungszeiten<br />
zurückgefahren?<br />
Was passiert mitden Daten?<br />
Die Dynamik istriesig.<br />
Digitalisierung, da hat Spahn<br />
recht, darf kein Selbstzweck<br />
sein. Digital muss auch besser<br />
sein. Wichtigist es, die<br />
Patienten mitzunehmen, ihnen<br />
die Vorteile digitaler Lösungen<br />
zu erklären und konsequent<br />
gegen Missbrauch<br />
sensibler Daten vorzugehen.<br />
Datenlecks haben selbst<br />
Wohlwollende aufgeschreckt.<br />
Das erklärt auch<br />
die Aufregung darüber, dass<br />
nun Abrechnungsdaten ohne<br />
Einwilligung fürdie Forschung<br />
bereitgestellt werden.<br />
Der Proteststurm steht jedoch<br />
in Widerspruchzur Gedankenlosigkeit,<br />
mit der viele<br />
via Apps persönliche Daten<br />
an Tech-Riesen weiterreichen.<br />
Der Staat muss in der<br />
digitalen Revolution der Medizin<br />
für Datensicherheit<br />
sorgen –und dafür, dass der<br />
Nutzen jederzeit sichergestellt<br />
ist.<br />
FRAU DESTAGES<br />
Malgorzata Gersdorf<br />
Die Präsidentin des Obersten<br />
Gerichts in Polen, Malgorzata<br />
Gersdorf (66), wird heute<br />
mit dem siebten Internationalen<br />
Demokratiepreis<br />
Bonn<br />
ausgezeichnet.<br />
Die<br />
Arbeitsrechtlerin<br />
erhält die<br />
mit 5000<br />
Euro dotierte<br />
Ehrung<br />
für ihr unermüdliches<br />
Engagement für<br />
eine unabhängige Justiz in<br />
ihrer Heimat. Die Laudatio<br />
während der Preisverleihung<br />
hält die Vizepräsidentin des<br />
Europäischen Parlaments,<br />
Katarina Barley (SPD).<br />
Foto: Imago Images/Zuma Press<br />
Pompeo,ein schwieriger Gast<br />
TrumpsAußenministerbesucht für zwei Tage Deutschland<br />
Bundestag gibt grünes<br />
Licht für digitale Praxis<br />
Gesundheits-App und Videosprechstunden sollen Alltag erleichtern. Datenschützer skeptisch<br />
Berlin – Bundesgesundheitsminister<br />
Jens Spahn (CDU)<br />
verpasst dem Gesundheitssystem<br />
ein „Update“: Der<br />
Bundestag hat gestern den<br />
Weg für die „digitale Arztpraxis“<br />
frei gemacht. Das<br />
bringt für Patienten Vorteile<br />
–birgt aber Risiken.<br />
Berlin – US-Journalisten<br />
werden Probleme haben,<br />
das auszusprechen: Mödlareuth.<br />
Das kleine Dorf in<br />
Bayern, gelegen an der ehemaligen<br />
bayerisch-thüringischen<br />
Zonengrenze, hatte<br />
gestern hohen Besuch:<br />
US-Außenminister Mike<br />
Pompeo traf dort mit Bundesaußenminister<br />
Heiko<br />
Maas zusammen. Das als<br />
„Little Berlin“ bekannt gewordene<br />
Dorf war während<br />
des Kalten Krieges<br />
41 Jahre lang durch die innerdeutsche<br />
Grenze geteilt.<br />
Und weil ein Teil der Mauer<br />
als museales Relikt noch<br />
steht, waren dort anlässlich<br />
des 30. Jahrestags des Mauerfalls<br />
passende Bilder garantiert.<br />
Zur Erinnerung:<br />
Maas hatte jüngst in einer<br />
EU-weit gestreuten Zeitungsanzeige<br />
zum Mauerfall<br />
bei der Danksagung<br />
ausgerechnet die Vereinig-<br />
Foto: Foto: Christoph Soeder/dpa<br />
Eine Fachärztin in Jena in der Videosprechstunde.<br />
ten Staaten vergessen.<br />
Nicht das einzige Problem,<br />
das derzeit das deutschamerikanische<br />
Verhältnis<br />
trübt. Im Anschluss fuhren<br />
Maas und Pompeo nach<br />
Leipzig, in die „Wiege der<br />
Revolution“. Unterwegs<br />
soll es im Konvoi einen kleinen<br />
Unfall gegeben haben,<br />
mit Blechschaden. Es blieb<br />
der einzige Schatten, der<br />
den Besuch des schwierigen<br />
Gastes trübte.<br />
Das „Digitale-Versorgung-Gesetz“<br />
sieht eine Reihe von Änderungen<br />
vor:<br />
▶ Gesundheits-App Künftig<br />
sollen die Krankenkassen die<br />
Kosten für bestimmte Gesundheits-Apps<br />
übernehmen. „Das<br />
ist eine Weltneuheit“, so Spahn.<br />
Ärzte können dann Rezepte für<br />
Smartphone-Programme ausstellen,<br />
die die Nutzer beispielsweise<br />
an die Einnahme<br />
von Medikamenten erinnern,<br />
oder Hilfen bei Schwangerschaften<br />
oder Bluthochdruck<br />
anbieten. Das Institut für Arzneimittel<br />
und Medizinprodukte<br />
(BfArM) prüft die Apps zuvor<br />
auf Datensicherheit, Datenschutz<br />
und Funktionalität.<br />
▶ Videosprechstunden „Online-Sprechstunden<br />
ermöglichen<br />
es, auch einen Arzt zu<br />
kontaktieren, der mir helfen<br />
kann, aber in einer ganz anderen<br />
Stadt sitzt“, sagt Spahn.<br />
Zwar gibt es Onlinesprechstunden<br />
bereits. Künftig ist es Ärzten<br />
aber erlaubt, auch auf ihrer<br />
Internetseite über entsprechende<br />
Angebote zu informieren.<br />
▶ Elektronische Patientenakte<br />
Patienten sollen künftig<br />
Handyzugriff auf ihre Patientenakten<br />
erhalten. Dort können<br />
sie dann auf Röntgenbilder oder<br />
Arztbriefe zugreifen. Allerdings:<br />
Da medizinische Daten<br />
besonders sensibel sind, hat<br />
sich die GroKo darauf geeinigt,<br />
„zeitnah“ ein eigenes Datenschutzgesetz<br />
dazu vorzulegen.<br />
Geplanter Start: 1. Januar 2021.<br />
Damit die eAkte möglichst flächendeckend<br />
genutzt werden<br />
kann, werden Ärzte, Krankenhäuser<br />
und Apotheken über<br />
Anreize (bzw. Strafen) im Honorarsystem<br />
animiert, sich der<br />
entsprechenden Telematik-<br />
Infrastruktur anzuschließen.<br />
▶ Das eRezept Papier soll im<br />
Gesundheitswesen ein Auslaufmodell<br />
werden. Künftig wird es<br />
ein elektronisches Rezept für<br />
Medikamente sowie eine elektronische<br />
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung<br />
geben. Hinzu<br />
kommt die elektronische Heilund<br />
Hilfsmittelverordnung<br />
(Sehhilfen, Rollstühle). Aus<br />
Rücksicht auf weniger technikaffine,<br />
ältere Patienten gibt es<br />
übergangsweise ein Nebeneinander<br />
von Papierrezept und<br />
eRezept.<br />
▶ Gesundheitsdatenbank Für<br />
Kritik sorgt Spahns Vorhaben,<br />
die Daten aller in einer zentralen<br />
Gesundheitsdatenbank für<br />
Forschungszwecke bereitzustellen.<br />
„So können wir herausfinden,<br />
welche Behandlungen<br />
bei Krebs oder Diabetes besonders<br />
gut funktionieren. Außerdem<br />
handelt es sich um pseudonymisierte<br />
und anonymisierte<br />
Abrechnungsdaten, nicht um<br />
Behandlungsdaten“, so Spahn.<br />
Datenschützer und Patientenvertreter<br />
kritisieren, auf diesem<br />
Weg gerieten sensible<br />
Daten in die Hand des Staates<br />
und einer langen Liste weiterer<br />
Nutzungsberechtigter. Löschung<br />
oder Widerspruchsrecht<br />
sind nicht vorgesehen.<br />
Klaus Reinhardt, Präsident der<br />
Bundesärztekammer: „Statt<br />
Datenübermittlung per Gesetz<br />
zu erzwingen, wäre es klüger,<br />
die Menschen freiwillig dazu<br />
zu motivieren.“