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BERLIN
SELBSTBEWUSST UND WANDLUNGSFÄHIG
MIT VOLLER KRAFT
IN DIE ZUKUNFT
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Digitale Zukunft –
taxi.eu steckt mittendrin
VERKEHRSKONGRESS
Taxi Driving Innovation
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RÜCKKEHRPFLICHT IST VOM TISCH,
EIN WEITER-SO TROTZDEM TABU
Es scheint, als könnte man etwas zuversichtlicher in die Taxi-Zukunft
blicken. Minister Scheuer hat sich von seinen Plänen verabschiedet, die Rückkehrpflicht
für Mietwagen aufzuheben. Kaum war das publik, ploppten auch
schon die ersten Meldungen auf, dass Mercedes und BMW ihre Mobilitätssparte
abstoßen wollen, zu der ja auch Free Now gehört. Auch CleverShuttle
hat Hals über Kopf seinen Dienst in drei Städten eingestellt: in Frankfurt am
Main, Hamburg und Stuttgart – leider nicht in Berlin.
Ist das nun ein Grund, laut „juhu“ zu rufen? Sicherlich noch nicht. „Juhu
kann man erst rufen, wenn die Behörden auch die Verletzung der Rückkehrpflicht
ahnden und mit Bußgeldern bestrafen“, schreibt ein Taxi-Times-Leser
in unserer Whats-App-Gruppe. Falls es die Berliner tröstet: Dieser Leser
kommt aus Frankfurt am Main. Dort machen Uber-Partner ebenfalls, was
sie wollen. Und in Berlin verzweifeln mittlerweile sogar schon die Verbände
(siehe Seite 24).
Trotzdem sollte man die aktuelle Entwicklung positiv sehen, denn es konnte
verhindert werden, dass illegales Agieren nicht einfach von der Politik legalisiert
wird. Somit war die „Scheuerwehr“ erfolgreich. Die Bemühungen bleiben
allerdings ein Muster ohne Wert, wenn jetzt nicht weitergemacht wird. Zum
einen, weil man zwingend verhindern muss, dass es künftig den Kommunen
überlassen bleibt, eine Rückkehrpflicht aufzuheben oder nicht. Man stelle
sich nur vor, was beispielsweise passiert, wenn Berlin daran festhält, aber
der LDS sie aufhebt.
Zum anderen, weil es mit den gesetzlichen Änderungen auch neue Verkehrsarten
und Anforderungen geben wird. Unsere Titelstory macht deutlich,
dass es ein weiter so nicht geben kann, zeigt aber auch ausführlich die
Chancen für die Branche – nutzbar für jeden einzelnen, wenn er nur wandlungsfähig
und -willig ist. Zu dieser Wandlungsfähigkeit gehört auch der
Mut zur Elektromobilität, wie eine Diskussionsrunde während des Zukunftskongresses
„Taxi Driving Innovation“ klargemacht hat (Seite 13).
Auf jenem Kongress am Potsdamer Platz ging es auch um die digitale
Zukunft – mit der Erkenntnis, dass eine Partnerschaft mit dem Taxigewerbe
auch für die Anbieter von Mobilitätsplattformen sinnvoller ist, als eigene
Flotten aufzubauen (Seite 16).
Übrigens gibt es mittlerweile schon ein Eckpunktepapier Nr. 2, und dort
wiederum tauchen auch Lösungsvorschläge auf, wie die überforderten Behörden
mit entsprechender Nutzung digitaler Lösungen effektiver kontrollieren
könnten. Wenn so etwas tatsächlich in eine PBefG-Novelle aufgenommen
werden sollte, bringen wir von Taxi Times den neuen Gesetzestext Frau
Günther höchstpersönlich in ihr Büro.
Und bis es soweit ist, haben hoffentlich schon viele Berliner Taxiunternehmer
den Weg in eine erfolgreiche Zukunft eingeschlagen.
INHALT
MELDUNGEN
4 News
GEWERBE
6 Selbstbewusst und wandlungsfähig
10 Interview: Wir wollen über den
Tellerrand schauen
12 Gefion-Versicherung: mangelhaft
13 Taxi Driving Innovation:
Zukunft mit Taxi
TAXI BERLIN
16 Taxi Driving Innovation:
digitale Zukunft
17 Sixt-Kooperation erfolgreich
18 Taxi Berlin und die WBT
19 60 Jahre Taxi Berlin
20 Sommerfest im Taxizentrum
22 Verkehrsrechts-Colloquium 1
VERBÄNDE
23 TVB: Verkehrsrechts-Colloquium 2
24 „Innung“: Versprechen und Realität
25 TD: Mietwagenverstöße
RECHT
26 Verkehrsregeln, Folge 8
28 Rechtskolumne: Freie Fahrt für alle?
ANTRIEB
29 Diesel-Fahrverbote
30 Zukunft mit Wasserstoff
31 Elektromobilität
BERLIN
32 Zukunft in Tegel und Siemensstadt
33 Legendäre Hochgarage
SATIRE
34 Start-up des Jahres
– die Redaktion –
Hico_04-2016.qxp_Layout 1 06.04.16 10:04 Seite 1
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TAXI SEPTEMBER/OKTOBER 2019
3
MELDUNGEN
NEWSTICKER
ONLINE-EICHTERMINE KNAPP
Nur 30 Termine vergibt das Berliner
Eichamt in der Lentzeallee täglich online.
Mehr ist mit drei Prüfständen nicht möglich,
die pro Eichvorgang mindestens 15
Minuten belegt sind. Folge: Der nächste
freie Termin ist frühestens ab Juli 2020 verbindlich
online buchbar. Wenn man Glück
hat, sagt jemand anders ab.
Die Ursache liegt in der bloßen Zahl an
Taxi- und Mietwagenkonzessionen, die
in Berlin mittlerweile über 11.000 liegt.
Würde der Senat endlich die Forderung
des Taxigewerbes erfüllen, auch für Mietwagen
Wegstreckenzähler vorzuschreiben,
dann müssten plötzlich 11.000 Taxis und
Mietwagen jährlich geeicht werden.
Von 365 Tagen im Jahr bleiben ohne
Wochenend- und Feiertage 253 Arbeitstage
übrig. Das ergäbe 44 Eichtermine
pro Tag. Das Berliner Eichamt wäre also
gezwungen, sowohl personell wie auch
infrastrukturell aufzustocken. Alternativ
können Taxi- und Mietwagenunternehmer
die Eichämter in Cottbus, Fürstenwalde
und Eberswalde anfahren, bei denen Termine
auch telefonisch zu vereinbaren sind.
Umweltpolitisch kann dem Senat dieser
Eichtourismus nicht gefallen. hs
NUR NOCH BIS
SIEBEN EURO ZUSCHLAG
Mit dem neuen Taxitarif beträgt die
Höchstsumme aller Zuschläge je Fahrt
sieben Euro. Nachdem vor einem Jahr
die Zuschläge für Kredit- und ec-Kartensowie
App-Zahlung entfallen waren und
nur noch für Gutschein, Rechnungsfahrt
mit und ohne Beleg, Taxi Berlin Card und
CabCall-Card ein Zuschlag von 1,50 Euro
genommen wird, ist nun der Gepäckzuschlag
abgeschafft worden – der ohnehin
teils abenteuerlich interpretiert wurde.
Stattdessen ist jetzt nur noch im Großraumtaxi
ein Zuschlag von fünf Euro zu erheben,
wenn die beförderten Gegenstände zwingend
ein Großraumtaxi erfordern und/oder
mindestens fünf „ganze“ Personen mitfahren
– Kinder unter zehn zählen nur halb.
Unverändert geblieben ist nur der umstrittene
Zuschlag von 50 Cent für Fahrten ab
dem Flughafen Tegel nach Benutzung des
Nachrückbereichs A, der „Palette“, der nach
Meinung vieler Unternehmer durch einen
Mini-Zuschlag auf Flugtickets ersetzt werden
sollte.
ar
TAXI-TIMES-REDAKTEUR
ERNEUT IM RADIO
Ein kleiner Berliner Radiosender (Pi-Radio, Frequenz 88,4 MHz)
stellt seinen Sendeplatz alle vier Wochen für eine Stunde Taxiprogramm
zur Verfügung. Moderator Rumen Milkow, den Taxi Times
in der April-Ausgabe vorgestellt hatte, ließ sich am 19. September
zum zweiten Mal von Axel Rühle bei der einstündigen Sendung
„Hier spricht Taxi Berlin“ vertreten. Durch seine Redaktionstätigkeit
konnte dieser inhaltlich auf zahlreiches Recherchematerial
zurückgreifen und wurde bei der umfangreichen Vorbereitung der
Sendung auch von der Taxi-Times-Redaktion unterstützt.
Um Uber ging es diesmal nur am Rande, denn inzwischen drängen
weitere Milliardenkonzerne auf den Markt, die zum Teil mit
dem Taxigewerbe kooperieren (Sixt), zum Teil aber auch einen
Vernichtungsfeldzug gegen das Taxi führen (Free Now). Über die
Aktivitäten beider Player wurde ausführlich informiert, womit
gleichzeitig auch die entscheidenden Unterschiede herausgearbeitet
wurden.
Auch die vielfältigen politischen Aktivitäten der Gewerbeverbände,
von denen manch einer nur wenig mitbekommt, wurden
einmal von einer sehr unbürokratischen Seite aus beleuchtet. Wie
kann man die drohende PBefG-Novelle noch entschärfen? Wenn
die Bundespolitik sich stur stellt, muss man es auch im Bundesrat
versuchen, wo die Landespolitiker das Sagen haben. Also machten
sich ein paar unermüdliche Gewerbevertreter auf den Weg durch
die Länder, und einer von ihnen erzählte davon im Interview.
Außerdem geht Rühle auf das Thema Inklusion ein und beleuchtet
in deren Zusammenhang mit dem Taxigewerbe stringent aus
der Sicht des potenziellen Fahrgastes. Sind Menschen mit körperlichen
Einschränkungen heute deutlich mobiler als vor ein paar
Jahren? Wie kann das Taxigewerbe dazu beitragen und welche
Risiken und welchen Nutzen haben mutige Taxiunternehmer
dadurch? Wie mutig müssen sie überhaupt sein, um mitzumachen?
Nach einigen Originaltönen der (Ex-)Bremer und Niedersächsischen
Ministerpräsidenten Sieling und Weil geht es gegen Ende
der Sendung noch einmal in Richtung Uber bzw. um die Frage,
was man deren finanzieller Übermacht entgegensetzen kann. Die
Antwort ist die Gründung einer Taxi AG, deren Ziele Hermann
Waldner von taxi.eu im Kurzinterview beschreibt.
Damit alle Interessierten diese Sendung bzw. Teile daraus anhören
können, hat Taxi Times die fünf Themen einzeln aufgegliedert
in den eigenen YouTube-Kanal aufgespielt – aus Urheberrechtsgründen
allerdings ohne die eingestreuten Musikbeiträge. Auch
ein Link zum Nachhören der kompletten Sendung ist auf dem
Online-Portal www.taxi-times.com zu finden.
jh
FOTO: Oz (Pi-Radio)
4 SEPTEMBER/OKTOBER 2019 TAXI
TAXI SEPTEMBER/OKTOBER 2019
5
SELBSTBEWUSST UND
WANDLUNGSFÄHIG
Taxi in Not? Nicht, wenn wir uns den Veränderungen stellen.
Das Taxigewerbe muss sich nur auf die eigenen Stärken besinnen
und neue Herausforderungen selbst als Chance nutzen.
Das ganze Leben ist Wandel. Zu
Überleben heißt, sich weiterzuentwickeln,
seinen Platz zu
behaupten oder auch neue Lebensräume
zu erschließen. Doch die Angst geht um
im deutschen Taxigewerbe. Steht das Ende
bevor? Übernehmen künftig Großkonzerne
die Aufgabe der elfenbeinfarbenen
Taxiflotten?
Der Ärger über neue Anbieter, die sich
nicht an geltendes Recht halten, ist groß.
Der Frust über Behörden, die dieses geltende
Recht nicht durchsetzen und zusätzlich
unnötige Fahrdienste im Rahmen der
Experimentierklausel des Personenbeförderungsgesetzes
(PBefG) zulassen, noch
größer. Befürchtungen, die anstehende
PBefG-Novelle würde diese Zustände letztlich
legalisieren und damit zementieren,
verstärkt diese negative Grundstimmung
zusätzlich.
BESORGNISERREGENDE
ENTWICKLUNGEN
Im Juli 2017 hatten Bundestat und Bundesrat
beschlossen, die Ortskundeprüfung
für den sogenannten „kleinen P-Schein“
komplett abzuschaffen. Das bedeutet,
Mietwagenchauffeure benötigen – im
Unterschied zu Taxifahrern, die in einer
sehr anspruchsvollen Prüfung ihre Ortskenntnisse
unter Beweis stellen müssen
– überhaupt keinen Ortskenntnis-Nachweis
mehr. Dies ließ alle Dämme zu Gunsten
von Mietwagenbetreibern brechen. Taxibetriebe
bekommen keine Fahrer mehr. Wer
will schon noch monatelang für die schwierige
Prüfung für den Taxischein lernen,
wenn er ohne Ausbildung sofort mit einem
Mietwagen wie ein Taxifahrer in der Stadt
unterwegs sein kann? Die Entwicklung, die
nach der Abschaffung der Ortskundeprüfung
für Mietwagenfahrer einsetzte, führte
dazu, dass mittlerweile mindestens 3.000
Mietwagen auf Berlins Straßen unterwegs
sind, Tendenz rapide zunehmend. Diese
Entwicklung gibt berechtigten Grund zur
Sorge, dass es dem Taxigewerbe, ungeschützt,
wie es diesem Wandel ausgesetzt
ist, massiv an den Kragen gehen könnte. In
Berlin werden schon jetzt bis zu 30 Prozent
Umsatzeinbußen beklagt.
Nach der Gier folgt jetzt Angst. Gier
frisst Hirn und Angst ist ein schlechter
Berater. Die Gier vieler Taxiunternehmer
hat das ehemals stolze Gewerbe erst in
diese Situation gebracht. Viele Unternehmer
gingen einfach mit allem ins Bett, was
den schnellen Profit brachte: Taxigenehmigungen
mittels Briefkastenfirmen im Landkreis
Dahme-Spreewald, die Vermittlung
durch Uber-Taxi und mytaxi, jetzt endgültig
enttarnt als Free Now. Immer fixiert
auf den Moment und nie ein Gedanke an
die Auswirkungen ihres Handelns. Mit
„Schlichtheit im Geiste“ ist das Ganze noch
sehr schmeichelhaft umschrieben.
Das jetzige Geschrei wegen Uber und
anderen neuen Anbietern sollte diesen
„Unternehmern“ im Halse stecken bleiben,
denn ihr eigener Mangel an Weitblick hat
das Gewerbe erst in diese Lage gebracht. Es
sind genau dieselben Betriebe, die das Versagen
von Aufsichts- und Finanzbehörde
schamlos und in immer absurderem Maße
ausgenutzt haben und auch weiter ausnutzen.
Korrekt arbeitende, Steuern und Abgaben
zahlende Taxibetriebe mit ehrlich entlohntem
Fahrpersonal, nahezu ungeschützt
von den eigentlich zuständigen Behörden,
werden durch diese Kriminellen immer
mehr vom Markt oder an dessen Rand
gedrängt. Deren Personal, das deutlich
mehr „Lohn“ tatsächlich in der Tasche als
FOTO: Taxi Times
6 SEPTEMBER/OKTOBER 2019 TAXI
GEWERBE
FOTO: Rainer Fuhrmann / stock.adobe.com
offiziell auf dem Papier hat, erschleicht sich
unter Vorlage der getürkten Abrechnungen
zusätzlich staatliche Transferleistungen –
ein großer Schaden für die Gemeinschaft
und ein entscheidender Wettbewerbsvorteil
des kriminellen Teils des Taxigewerbes
(siehe dazu auch Simis Satire auf Seite 34).
Wenn auch der Groll mehr den Behörden
gilt, als denen, die deren Unfähigkeit ausnutzen,
haben diese Betriebe den Ruf des
Taxigewerbes in den letzten Jahren geprägt
und dafür gesorgt, dass sich Betreiber des
öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV)
lieber mit großen Konzernen oder smarten
Start-ups an den Tisch setzen, wenn
es darum geht, Konzepte und Kooperationen
für die Zukunft der Mobilität zu entwickeln.
Wenn ein von der Verkehrsverwaltung
in Auftrag gegebenes Gutachten
plausibel beweist, dass fast drei Viertel
eines Gewerbes Betrüger sind, suchen sich
potentielle Partner andere zum Gespräch
über gemeinsame Projekte.
DEN WANDEL ALS
HERAUSFORDERUNG ANNEHMEN
Sicher sind die neuen Anbieter eine
Gefahr. Das Gewerbe sollte sie aber als
eine Herausforderung sehen und wieder
den Blick darauf lenken, was selbst unternommen
werden kann, um die Situation
im Sinne der Kunden, lebenswerter Innenstädte
und des Taxigewerbes zu verändern.
Also weniger die Versäumnisse der Behörden
beklagen und das teilweise illegale
Agieren neuer Anbieter beschreien, als
vielmehr seine Hausaufgaben zu machen
und sich auf die eigenen Stärken zu besinnen,
die sich beim gefragten Wandel der
Mobilitätsanforderungen bestens einbringen
lassen.
Neben dem Selbstbewusstsein, sich
als ideale Ergänzung eines optimierten
ÖPNV-Netzes mit eng getakteten Bussen
und Bahnen anzubieten, sollte das Gewerbe
auch sehen, dass sich die öffentliche Meinung
hinsichtlich neuer Mobilitätsanbieter
bereits massiv verändert hat. Wurden
diese anfänglich regelrecht als Heilsbringer
wahrgenommen, hat sich mittlerweile
allerorten Zweifel an deren Sinnhaftigkeit
ausgebreitet. Und das, liebe Pessimisten,
geht bis tief in Verwaltung und Politik. In
Arbeitskreisen, Seminaren und bei Kongressen
der letzten Monate konnte man
eindeutig den Eindruck gewinnen, dass
Verkehrswissenschaftler, Führungskräfte
in Verkehrsverwaltungen und Verkehrsbetrieben
und nicht zuletzt auch Verkehrspolitiker
deutlich kritischer auf die Anbieter
neuer Mobilitätslösungen schauen als noch
bei deren Markteintritt. Die vollmundigen
Versprechungen und die tatsächlichen, für
alle sichtbaren Auswirkungen im Stadtbild
haben oftmals nichts gemeinsam.
Die Innenstadt Berlins, eines der in
Deutschland größten Experimentierfelder
in Sachen Mobilität, ist vermüllt von Leihfahrrädern,
E-Scootern und Elektro-Rollern.
Zugeparkt von konkurrierenden
Car-Sharing-Anbietern, die Straßen verstopft
durch Mietwagen, die sich illegal
in den Straßen wie Taxis bereithalten und
zusätzliche Fahrzeugkilometer erzeugen.
Das will niemand. Und genau an dem
Punkt muss sich das Taxigewerbe zeigen.
DER WIND HAT SICH GEDREHT
Einige Anbieter von Mobilitätsdienstleistungen,
die mit Teilen ihres Angebotes
eindeutig als Konkurrenten zum Taxigewerbe
gestartet waren, arbeiten mittlerweile
mit ihm zusammen. Ein Beispiel
dafür ist „Door2door“, Software-Entwickler
für Ride-Pooling-Dienste. Bei der Veranstaltung
„Taxi Driving Innovation“, die
der Bundesverband Taxi und Mietwagen
e. V., ehemals BZP, kürzlich in Berlin veranstaltete
(siehe auch S. 13), wertschätzte
Gründer und Geschäftsführer Dr. Tom
Kirschbaum die „Marktkenntnisse“ der
Branche, der er gerne „die Werkzeuge liefern“
möchte.
Der Chef und Großaktionär von Sixt,
Alltag in Berlin: Stau, Baustellen und E-Müll
Erich Sixt, hat das schöne Bild geprägt,
Auto-Hersteller dürften keine „Auto-Hinsteller“
sein. Damit hat er möglicherweise
auch BMW in seiner jüngsten Entscheidung
beeinflusst, sich von seiner Mobilitätsdienstsparte
trennen zu wollen. Mit diesem
Beschluss der neuen BMW-Führung will
der Konzern wieder ganz Autobauer sein
und macht eine erstaunliche Kehrtwende.
Begründet wird die Entscheidung damit,
dass auf absehbare Zeit keine „vollautonom
agierenden Fahrzeuge“ auf den Straßen
europäischer Städte erwartet würden. Rentabilität
im Fahrdienstleistungsgeschäft
könne aber nur bei voller Automatisierung
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TAXI SEPTEMBER/OKTOBER 2019
7
GEWERBE
Die Behindertenbeförderung ist ein lukratives,
noch wenig erschlossenes Geschäftsfeld.
erreicht werden. Sind das nicht schon Zeichen
eines Trends, anstelle des anfänglich
disruptiven Ansatzes besser auf etablierte,
verlässliche Partner zu setzen?
QUALITÄT, SERVICE, PROFESSIO-
NALITÄT, VERLÄSSLICHKEIT
Was genau sind denn die Stärken des
Partners Taxigewerbe, auf die sich jetzt
manche rückbesinnen und die von der
Branche im Prinzip nur genutzt und kommuniziert
werden müssen? Die Kampagne
„Verlässlich ist modern“ des Bundesverbandes
Taxi und Mietwagen hat diese formuliert
und damit gezeigt, wie es geht. Nicht
im stillen Kämmerchen jammern, sondern
auf der Bühne zeigen, was man kann. Im
Hintergrund bei den Entscheidern in Politik,
Verwaltung und den Verkehrsbetrieben
Überzeugungsarbeit leisten und an Kooperationen
arbeiten. Gestalten anstatt andere
über die eigene Zukunft entscheiden zu
lassen. Zeigen, dass es außer Betrügern
auch sehr viel Fortschrittlichkeit, Kompetenz
und Erfahrung im Taxigewerbe gibt,
und das aktiv in Diskussionen einbringen.
Dieser Einsatz trägt offenbar bereits die
ersten Früchte.
Wer allerdings glaubt, alles müsse einfach
so bleiben, wie es ist und immer war,
ist auf dem Holzweg. Der gesamte Mobilitätsmarkt
ist im Zuge der Digitalisierung,
man mag den Ausdruck kaum noch gebrauchen,
natürlich im Wandel, und darin muss
das Taxigewerbe bestehen. Es muss aber
auch bereit sein, neue Wege zu gehen.
Wege, die einmal Auswege, Rettungswege
für das Gewerbe werden könnten,
sollte alles doch schlimmer kommen, als
zu erwarten ist. Aber wo genau liegt das
Potential der Marke Taxi?
Zunächst einmal ist es der gesetzliche
Rahmen, der die Beförderung mit einem
Taxi für die Kunden so verlässlich macht.
Betriebs- und Beförderungspfl icht des
Taxis stellen ein Stück Daseinsvorsorge
in der öffentlichen Personenbeförderung
dar und garantieren die 24/7-Verfügbarkeit
von Taxis für alle. Die Festlegung der
Fahrpreise durch die öffentliche Hand, die
Tarifpflicht und verbindliche Fahrpreise,
die Qualifizierung des Fahrpersonals und
die für eine Taxigenehmigung nachzuweisende
fachliche Eignung der Betreiber stehen
für Sicherheit und eine hohe Qualität
der Dienstleistung.
Diese Qualitätsmerkmale des Taxis
und die öffentliche, behördliche wie politische
Kontrolle von Betrieb und Preisen
machen das Taxi zum idealen Partner des
Linienverkehrs und für dessen Betreiber.
Daher dürfen wir davon ausgehen, dass
sich der Wind bald wieder drehen wird:
in dem Maße, in dem sich neue Anbieter
als „Rosinenpicker“ in lukrativen Stadtteilen
und zu attraktiven Zeiten entpuppen,
den ÖPNV kannibalisieren und ansonsten
einfach nur noch mehr Verkehr verursachen,
werden laufende Versuche beendet
und wieder verstärkt mit dem Taxigewerbe
kooperiert werden. Erste Beispiele des
Umdenkens haben wir weiter oben bereits
dargestellt. Selbstverständlich wird sich
das nur dann fortsetzen, wenn sich auch
das Taxigewerbe weiter entwickelt und zu
Veränderungen bereit ist.
INNOVATIONEN WERDEN DEN
STAND DES TAXIGEWERBES F.
Hier sei als Erstes das Projekt Inklusionstaxi
zu nennen. Es ist verwunderlich
und befremdend, dass erst so wenige Unternehmen
Taxis zu barrierefreien Fahrzeugen
umrüsten. Und das, obwohl in Berlin
der Umbau zu 100 Prozent im Rahmen
eines Förderprogramms des Senats bezahlt
wird. Vier Millionen sind im Fördertopf,
eingestellt in den beiden Berliner Doppelhaushalten
2018/2019 und 2020/2021.
Etwa 250 Taxis ließen sich damit barrierefrei
umbauen. Doch davon wurde bisher
kaum etwas abgerufen. Ein komplett neu
zu erschließendes Kundensegment für null
Zusatzkosten für das Unternehmen – wer
über Kundenrückgang klagt, sollte, ja muss
diese Chance nutzen.
Martin Randelhoff, Verkehrsexperte
und Herausgeber von „Zukunft Mobilität“,
hat untersucht, wer am häufigsten Taxis
nutzt, und definiert dabei drei große Bevölkerungsgruppen:
Erstens Menschen, die in
einer Stadt fremd sind und möglicherweise
mit Bahn oder Flugzeug anreisen. Zweitens
Schüler, Studenten und „Nachteulen“, die
noch nach Hause gelangen wollen, und als
dritte große Nachfragegruppe nach Taxidienstleistungen
ältere Menschen, die zum
Einkaufen, zum Arzt oder einfach nur zu
Freunden oder Familie gelangen wollen,
und für die „bereits der Weg zur nächsten
Haltestelle zu weit sein kann“. Zusammen
mit den vielen Menschen, die auf einen
Rollstuhl angewiesen sind, ist diese dritte
Gruppe ein lohnender und wachsender
Markt für barrierefreie Taxis.
Überall, wo andere, ausschließlich profitorientierte
Unternehmen Ride-Pooling
machen (oder besser gesagt, „vorgeben,
Ride-Pooling zu machen“?) und dabei mit
Verkehrsbetrieben kooperieren, muss das
Taxigewerbe seine ohnehin auf der Straße
befindlichen Fahrzeuge ins Spiel bringen.
Die technischen Voraussetzungen sind
gegeben. Das muss nur offensiver verkauft
werden.
TAXI KANN MEHR,
ALS KUNDEN WISSEN
So werden beispielsweise digitale Bestellmöglichkeiten
per taxi.eu-App, bargeldloses
Zahlen mittels Kartenlesern oder mit
taxi.eu-Payment per Smartphone oder auch
die Möglichkeit, sich ein Taxi mit anderen
zu teilen, nicht im notwendigen Maß
beworben. Kundenbefragungen im Taxi
durch Fahrer haben gezeigt, dass die breite
Öffentlichkeit oftmals gar nicht alle Möglichkeiten
kennt, die ihnen das moderne
Taxi bietet. Wird Ride-Pooling mit den Ressourcen
des Taxigewerbes umgesetzt, wäre
das die sehr viel nachhaltigere Variante
gegenüber immer mehr Konkurrenten, die
letztlich mit dem gesamten ÖPNV-Netz
konkurrieren. Diese Möglichkeiten müssen
verbessert werden und gleichzeitig die
Öffentlichkeitsarbeit, um diese Angebote
publik zu machen. Das fängt bei den FahrerInnen
an. Sie alle haben zuallererst die
Aufgabe, ja die Pflicht, ihre Kunden über
die Möglichkeiten, die ihnen ein Taxi bietet,
zu informieren.
Das Taxigewerbe fühlt sich zu oft den
Dr. Tom Kirschbaum von Door2door: „Ich
schätze die Marktkenntnisse der Taxibranche."
Umständen ausgeliefert, anstatt selbst die
Initiative zu ergreifen. Beispiel: das Thema
Versorgung des künftigen Flughafens BER
mit Taxis. Dem politischen Starrsinn der
FOTOS: Taxi Times, privat
8 SEPTEMBER/OKTOBER 2019 TAXI
GEWERBE
FOTOS: Axel Rühle / Taxi Times, Sixt SE
Erich Sixt, Vorstandschef Sixt SE: Auto-Hersteller
dürfen keine „Auto-Hinsteller“ sein.
Verantwortlichen im Landkreis muss Kreativität
entgegengesetzt werden. Schauen
wir nach Wien.
Hauptaktionäre des Wiener Flughafens
(VIE) sind die Bundesländer Wien und Niederösterreich.
VIE liegt im Gemeindegebiet
von Schwechat und gehört zu Niederösterreich.
Folglich anderes Tarifgebiet, andere
Preise und keine Erlaubnis der Bereitstellung
für Wiener Taxen. Die Wiener Funkzentrale
hat daher seit Sommer 2012 im
Ankunftsterminal des Flughafens einen
Stand gemietet und dazu einen kleinen privaten
Parkplatz auf dem Flughafengelände.
Wer ein Wiener Taxi haben will, geht zum
Stand, lässt von dort einen Funkruf nach
Wien absenden, wird in eines der bereitstehenden
Taxis vermittelt und kann damit
zum Festpreis nach Wien fahren. Außerhalb
des Wiener Tarifgebietes ist das möglich,
billiger als der Schwechater Tarif. Vor
allem aber ist das „Taxi-Voucher“ schon im
Reisebüro oder auch online zusammen mit
dem Flug buchbar, hin und zurück.
Dieser Wettbewerbsvorteil am Flughafen,
dessen Grundlage ein Festpreisangebot
ist, ist nur ein Beispiel dafür, wie mit
intelligent festgelegten Fahrpreisen Kunden
gewonnen werden können. Festpreise
machen Taxis von jedem Ort der Welt aus
im Vorfeld buchbar. Mit vor Beginn der
Fahrt feststehenden Preisen haben Konkurrenten
wie Uber dem Taxi gegenüber einen
klaren Vorteil. Als Nächstes – und ich bin
sicher, dass alle dann gerne noch einmal
zum Eichamt fahren würden – müsste das
Taxigewerbe, mit der Verkehrsverwaltung
gemeinsam, eine in ihrer Struktur veränderte
Fahrpreisverordnung entwickeln.
Der Fahrpreis für die Fahrstrecke, in der
Regel der Preis für die kürzeste Strecke
oder für die schnellste, möglicherweise
längere auf ausdrücklichen Wunsch des
Fahrgasts, müsste bereits vor Fahrtbeginn
im Taxameter angezeigt werden und das ist
dann der Preis. Der Fahrgast müsste keine
Angst mehr haben, am Ende der Fahrt eine
böse Überraschung zu erleben. Damit
wäre den Konkurrenten ein wesentlicher
Wettbewerbsvorteil genommen.
Auch das Ride-Pooling könnte die Fahrpreise
positiv beeinflussen. Erreicht es das
Gewerbe, Sammeltaxis zu etablieren und
deren durchschnittlichen Besetzungsgrad
sowie den Zeitanteil, in dem sie besetzt
sind, zu erhöhen, könnten die Fahrpreise
sogar gesenkt und die Einnahmen trotzdem
gleichzeitig gesteigert werden.
DIE VERNUNFT SCHREIT „TAXI“
In Berlin ist das für Großstädte möglicherweise
wegweisende Mobilitätsgesetz
ein zusätzlicher Sensibilisierer für
den Blick auf Verkehrslösungen. Wo der
Mensch und lebenswerte Stadträume im
Fokus stehen, kann das Verschandeln und
Zustellen der Innenstadt nicht auf Dauer
geduldet werden. Wo neben sicherem
Fuß- und Fahrradverkehr in erster Linie
das Bus- und Bahn-Netz optimiert werden
soll, ist das Taxigewerbe der geborene Partner.
Weit entfernt davon, die öffentlichen
Angebote zu kannibalisieren, sondern sie
– im Gegenteil – ganz im Sinne des öffentlichen
Verkehrsinteresses in idealer Weise
zu ergänzen.
Das Taxigewerbe muss sich also nicht
fürchten, es muss sich nur weiter bewegen
und noch besser kommunizieren. Mit einer
deutlich besseren Artikulation der Interessen
des Taxigewerbes hat der Bundesverband
in den vergangenen
Monaten
fruchtbare Arbeit
geleistet – und hat
damit sicher an der
hier beschriebenen,
zu beobachteten
Trendwende einen
großen Anteil. Das
wirkt sich mittlerweile
auch schon
deutlich auf die
geplante Reform
des PBefG aus.
Aus immer mehr
Parteien kommt
Kritik an den von
Bundesverkehrsminister
Scheuer
gewünschten Änderungen.
Eine ersatzlose
Streichung der
Rückkehrpflicht
für Mietwagen ist
bei der Novelle
wohl nicht mehrheitsfähig
und
zumindest im Bundesrat
kaum noch
durchzusetzen.
Es gibt also weder
einen Grund zum
Mehr als günstig tanken!
Vorbild Wien? Während die aufstellberechtigten
Schwechater Taxis zum (unregelmäßigen)
Taxitarif fahren, bietet die Taxizentrale
einen kundengewollten Festpreis an.
Jammern, noch darf sich das Taxigewerbe
entspannt zurücklehnen. Ein selbstbewusstes,
wandlungsfähiges Taxigewerbe
steht bei den Erfordernissen einer allumfassenden
Mobilitätswende vor einer
rosigen Zukunft, die ihm niemand, wenn
nicht das eigene Gewerbe selbst, vermasseln
kann.
sb
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TAXI SEPTEMBER/OKTOBER 2019
9
GEWERBE
YVONNE SCHLEICHER UND MARTIN LAUBE
„WIR WOLLEN ÜBER DEN
TELLERRAND SCHAUEN“
Die Internetseite „taxi-innung.de“ –
Zukunft der Personenbeförderung
wurde kürzlich um „www.taxi-agentur.de“
erweitert. Schöpfer und
Hintergrund-Arbeiter sind Yvonne
Schleicher und Martin Laube.
Das Projekt „Änderung des Personenbeförderungsgesetzes
aufhalten
und neu überdenken!“ gibt es
seit ziemlich genau einem Jahr. Taxi Times
nimmt den Jahrestag zum Anlass für ein
Interview.
Taxi Times: Eure „Innungs“-Seite habt
ihr nach einem Jahr erweitert um „www.
taxi-agentur.de“. Worum geht es da?
Martin Laube: Wie von Anfang an um
Informationen, Informationen und abermals
Informationen. Der Gründungsgedanke
des Projektes war ja, dass wir die
Informationen, die wir hatten, unter die
Leute bringen wollten. Außer ein paar
Dokumenten zu den Vorhaben bezüglich
der Zerschlagung des PBefG, die wir beispielsweise
auf den Internetseiten des
Bundesverkehrsministeriums gefunden
hatten, gab es noch vier Studien in englischer
Sprache. Zusammen mit zwei Kollegen
hatten wir sie übersetzt und dann alles
zusammen mit einem Anschreiben, in dem
wir um Zusammenarbeit baten, an die Berliner
Taxiverbände, den Bundesverband,
die Taxizentralen geschickt.
Und dann ist es zur Zusammenarbeit
mit der „Innung“ gekommen?
Yvonne Schleicher: Ja. Leszek Nadolski,
der „Innungs“-Vorsitzende, bot uns die
Plattform an, nach der wir gesucht hatten.
Er stellte uns die Domain „taxi-innung.de“
zur Verfügung, und seitdem entwickeln wir
das Projekt weiter, ehrenamtlich übrigens.
Die Kosten für Server und Domain trägt
allerdings die „Innung“. Wir wollten es so
gestalten, dass es nicht nur für Taxifahrer
oder -unternehmer interessant ist, sondern
auch für alle anderen, die ein Interesse am
Thema haben. Und wir wollten das Thema
tiefgründiger bearbeiten, als es bis dahin
geschah – und vor allen Dingen eben dafür
sorgen, dass die Inhalte eine breite Öffentlichkeit
erreichen. Das ist beispielsweise
mit dem Inhalt von drei der übersetzten
Studien auch gelungen. Die Forschungsergebnisse
von Bruce Schaller liest man
ansatzweise inzwischen ja sogar in der
Berliner Zeitung.
Drei der vier Studien?
Martin Laube: Tja, die Vierte („Uber
State Interference“), in der es weniger um
Verkehrsplanung als vielmehr um den
massiven Lobbyismus von Uber, deren
Einflussnahme auf die Politik und die
Auswirkungen auf die Gesellschaft geht,
ist wohl nicht so
das, worüber gerne
gesprochen bzw.
geschrieben wird –
ähnlich wie andere
Aspekte der Entwicklungen
rund
um den Versuch,
das Taxigewerbe
zugunsten der Konzerne auszuhebeln. Zum
Beispiel, wer sich alles in der sogenannten
„MaaS-Alliance“ zusammengefunden
hat – oder, dass BMW und Daimler ein
Rechenzentrum aufbauen, das 2,5-mal so
leistungsstark ist wie das von Uber. Hierzulande
wird das Thema Big Data und
Überwachung fast völlig totgeschwiegen.
Beschäftigt man sich damit, was weltweit
so vor sich geht, ergibt sich ein viel
umfassenderes Bild, und plötzlich werden
Zusammenhänge klar. Deshalb gab
es auf „taxi-innung.de“ die Rubrik „Aus
der Presse“, die sich aus einem schlichten
„Das Gebaren
von Uber & Co.
ist das eigentlich
Reaktionäre.”
Martin Laube
Nachrichtenticker, in
dem nur Links zu finden
waren, entwickelt
hat zu einer Art weltweiten,
größtenteils kommentierten
Presseschau zu allem, was zu
unseren Themen von Belang ist.
Und die „taxi-agentur“ ist also die
Weiterentwicklung?
Yvonne Schleicher: Genau. Wir wollten
schon länger die Presseseite so gestalten,
dass sie als „Feed“ auf anderen Seiten eingebunden
werden kann. Das ist uns nun
gelungen. Als Nebeneffekt ist es optisch
auch ansprechender geworden. Und was
viel wichtiger ist: Es entsteht ein Archiv
der Meldungen des letzten Jahres mit einer
umfassenden Suchfunktion. Ganz fertig
übertragen sind die Meldungen noch nicht,
aktuell fehlen noch drei Monate, die aber
bis dahin im Pressearchiv auf der alten
Seite zu finden sind.
Außerdem lassen
sich einzelne Meldungen
jetzt direkt
verlinken, was vorher
nicht möglich
war. Die „alte Seite“
ist damit nicht
abgeschaltet worden.
Unter der bekannten Rubrik „Aus der
Presse“ ist jetzt der „Feed“, also ein Abbild
der neuen Nachrichtenagentur zu sehen –
die Infos rund um das PBefG, Übersetzungen
von interessanten Artikeln aus dem
Englischen und auch Französischen und
einiges mehr werden wir weiterführen.
Was ist für Euch das Wichtige an
Eurem Projekt?
Martin Laube: Über den Tellerrand zu
schauen. Das schafft ein Bewusstsein für
das, was ist. Und das wiederum kann
FOTO: Thomas Müller
10 SEPTEMBER/OKTOBER 2019 TAXI
GEWERBE
helfen, ein Zusammenrücken
im Taxigewerbe
zu befördern, was sehr
nötig ist, um sich der
Situation zu stellen,
in der wir uns befinden.
Die Konzerne
wollen allen weismachen,
dass mit
der Mobilität der
Leute was nicht
stimmt, man sich
umorientieren
müsse auf das,
was sie verkaufen
wollen. Das Taxigewerbe
wird in der
dazugehörigen Werbekampagne
als altbacken
oder verstaubt
diffamiert. Wir sehen das
anders: Das Gebaren derjenigen,
die den Personenbeförderungs-„Markt“
aufmischen
wollen, ist das eigentlich Reaktionäre:
Es würde zu gesellschaftlichen
Rückschritten führen. Man sieht es dort,
wo Liberalisierung jetzt schon an allen
gesetzlichen Grundlagen vorbei praktiziert
wird. Zum Beispiel in den Städten, wo
Uber aktiv ist und auch am Konflikt zwischen
Fahrern, die nicht (mehr) mit Free
Now zusammenarbeiten und denen, die es
nicht lassen wollen. Da entsteht das Gegenteil
von Gemeinschaft – und im Übrigen
auch das Gegenteil von Umweltschutz und
sinnvoller Verkehrsplanung. Die Konzerne
wollen am liebsten jegliche Infrastruktur
privatisiert sehen.
Wo würde so etwas hinführen? Zu einer
lebenswerten Gesellschaft? Ganz sicher
nicht. Wirklich modern ist doch eher, die
Möglichkeiten der Informationsgesellschaft
zu nutzen, die Intentionen hinter
dem ganzen „Werbesprech“ zu entlarven
und für die Beibehaltung einer Daseinsvorsorge
in staatlicher Verantwortung
einzustehen. Zumindest so lange, bis den
Menschen klar wird, dass sie auch selbst
Verantwortung übernehmen müssen, wenn
sie eine gänzlich andere Gesellschaftsform
wirklich leben wollen.
Vielen Dank für das Interview.
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GEWERBE
GEFION – BILLIG,
NICHT PREISWERT
Werbebotschaft...
Ein dänischer Anbieter nimmt Dumpingbeiträge
für Kfz-Haftpflichtversicherungen. Seine
Schadenregulierungspraxis führt in mehreren
Ländern zu negativen Schlagzeilen.
... und Alltag
Ein paar Agenturen haben sich mit
dem Versicherer, der in Deutschland
bis vor Kurzem durch seinen
Geschäftsträger AIS Wild GmbH vertreten
wurde, eingelassen. Derzeit dürften noch
ein paar hundert – vorwiegend Berliner –
Taxiunternehmen bei der Gefion Insurance
versichert sein.
Uns sind zahlreiche Fälle bekannt, in
denen die Gesellschaft Schäden, wenn überhaupt,
nur sehr träge auszahlt. Monatelange
Wartezeiten sind keine Seltenheit. Oft hat der
Versicherer bzw. der Geschäftsträger nur
bezahlt, weil eine Klage angedroht wurde.
In Folge der Negativ-Schlagzeilen über die
Schadenregulierung in mehreren Ländern
nahm sich die dänische Finanzaufsicht DFSA
die Firma zur Brust und stellte fest, dass das
Managementsystem von Gefion stark von den
gesetzlichen Anforderungen abweicht. Deshalb
wurde ein Aufschlag von 5,3 Millionen
Euro auf die Solvenzkapitalanforderung
erhoben, was die Solvenzquote auf 86 Prozent
abrutschen ließ. Das Geschäftsvolumen darf
nicht weiter ausgebaut werden, weil Gefion
nicht mehr über genug Eigenmittel zur
Deckung des Solvenzkapitalbedarfs verfügt.
KLAGEN NICHT NUR
IN DEUTSCHLAND
Auch auf dem polnischen Markt werden
über einen lokalen Vermittler ohne eigene
Niederlassung Kfz-Haftpfl ichtversicherungen
zu Dumping-Preisen angeboten,
offenbar ebenfalls zu Lasten der Kundenzufriedenheit
im Schadenfall. Der polnische
Versicherungsombudsmann berichtet
von einer regelrechten Klagewelle über die
Schadenregulierung, die dort der US-Schadendienstleister
Crawford erledigt. Nun
will die Regierung in Warschau ein Sondergesetz
einführen, das Sanktionen gegen
ausländische Anbieter ermöglicht.
Mittlerweile bearbeite die AIS Wild
GmbH gar keine Schäden mehr im Namen
und Auftrag von Gefion Insurance A/S,
so die Information von Gefion an die „Versicherungsmakler
GmbH & Co.KG FVO“.
Deren Geschäftsführer, Maximilian Junker,
hatte sich bei Gefion beklagt, dass
Kunden von ihnen seit 10 Monaten auf
Schadenregulierungen in Kaskofällen warten.
In Haftpflichtfällen seien Kunden von
ihnen sogar schon von den Unfallgegnern
verklagt worden, weil Versicherer Gefion
nicht zahlt.
Mittlerweile sei die Crawford & Company
Deutschland GmbH, eine große internationale
Schadenregulierungsfirma in Düsseldorf,
beauftragt worden, die Bearbeitung
sämtlicher Schäden mit sofortiger Wirkung
von AIS Wild zu übernehmen. „Wegen der
bedauerlicherweise großen Anzahl von
Schäden […] wird Crawford etwas Zeit benötigen,
alle Schäden durchzugehen und alle
Geschädigten zu kontaktieren. sb
Bewertungen des Gefion-Geschäftsträgers in Deutschland bei Google:
Michael A.
Ihr seid eine Schande für die Branche. Als Branchenkollege
komme ich auch gerade in den Genuss Eurer Regulierung.
Keine Reaktion, keine Erreichbarkeit. Jetzt ist Feierabend. Bafin
Beschwerde wird vorbereitet.
Klaus B.
Ich habe als Kfz-Sachverständiger mit diesem Makler zu tun
( …). Ich bin nun schon über 20 Jahre als Sachverständiger
tätig, habe einige Jahre bei der Allianz gearbeitet. Sowas ist
mir noch nicht gegenüber getreten, eine bodenlose Frechheit,
was dem Geschädigten hier zugemutet wird. Eine kriminelle
Hinhaltetaktik, verlogene Versprechungen, keine Reaktionen auf
Anfragen per E-Mail, telefonische Nachfragen kaum möglich,
auf diese Art und Weise werden alle gestellten Ansprüche
abgeschmettert. Um in dieser Sache sein Recht zu bekommen
bleibt nur der Weg der Klage, vorausgesetzt, es besteht eine
Rechtsschutzversicherung.
Ali R.
Hoffentlich unternimmt das Bundesaufsichtsamt bald etwas
gegen diese Firma! Unbedingt meiden!!!!! Billig ist nicht immer
alles!!!!
Ernst W.
Absolute Katastrophe. Wartezeit teilweise über 8 Monate
für Vertragsausfertigung. Natürlich klappt auch die
Schadenregulierung überhaupt nicht!!
Zerosiv
Absolut unprofessionell. Bis heute wurden meine
Schadenfreiheitsrabatte nicht dem neuen Versicherer
übertragen.
Sina S.
Schlimmste Versicherung die es gibt. Man wird immer nur
vertröstet und nix passiert. Da hilft nur ein Anwalt, sonst
bekommt man sein Geld nie.
SCREENSHOTS: gefioninsurance.com
12 SEPTEMBER/OKTOBER 2019 TAXI
GEWERBE
Dr. Sigrid Nikutta, Gerald Meyer
Alexander Sixt
Hermann Waldner
DIE ZUKUNFT KANN
BEGINNEN – MIT DEM TAXI
Beim Zukunftskongress „Taxi Driving Innovation“ sprachen Experten
darüber, wie man Zukunft auf die Straße bringt und so den Balanceakt
einer urbanen Mobilität zwischen Gemeinwohl und Börse vollzieht.
FOTOS: Matthias Tüxen, Axel Rühle / Taxi Times
Der Bundesverband Taxi und Mietwagen
e. V. hatte für den 26.9.
hochkarätige Experten aus Politik
und Wirtschaft eingeladen (siehe auch
Seite 16), um Vorträge zu halten und auf
dem Podium zu diskutieren. Themenschwerpunkte
waren neue Geschäftsmodelle
durch Digitalisierung, städtische
Mobilität zwischen Gemeinwohl und Börse,
Personenverkehr im ländlichen Raum und
die PBefG-Novelle als Aufbruch.
Beim Themenschwerpunkt zur urbanen
Mobilität drehten sich die Lösungsansätze
unter dem Motto „Zukunft auf die Straße
bringen“ um klimafreundliche Antriebe
und um Mobilitätsplattformen, in die der
ÖPNV – und damit auch das Taxi – integriert
ist.
Da bevorzugt Metropolen wie Berlin
zur Spielwiese immer neuer Mobilitätsangebote
werden, ist es wichtig, dass die
Taxibranche gerade dort neue Ansätze präsentiert.
Gregor Beiner, Geschäftsführer
des mtz Münchner Taxi Zentrum, betreibt
seit 2011 eine eco-zertifizierte Flotte mit
über 80 Hybrid- und Erdgasfahrzeugen,
seit Juli 2018 erweitert um zehn rein elektrisch
betriebene Fahrzeuge. Er erläuterte,
die (umwelt-)politisch geforderte Verkehrswende
gehe nur mit dem Taxi, schon wegen
der hohen Kilometerleistung:
Deutsche
Taxis haben
im Jahr 2018 knapp
2,89 Milliarden
Personenkilometer
zurückgelegt. Diese
Zahl bedeute eine
hohe ökologische
Verantwortung der
Taxibranche.
Beiner wollte
nicht auf die passenden
Rahmenbedingungen
warten,
sondern habe
mit einem Autohersteller gemeinsam die
Anforderungen an ein alltagstaugliches
E-Taxi definiert. Diesem Hersteller, Jaguar,
habe man dann zehn Fahrzeuge abgekauft.
Seitdem lebt Beiners Unternehmen
die Verkehrswende mit seinen umweltfreundlichen
Taxis, und die Bestellung von
TAXI SEPTEMBER/OKTOBER 2019
13
GEWERBE
Anregende Diskussionsrunde: Gregor Beiner (mtz münchner taxi zentrum), Dr. Sigrid Nikutta (Berliner Verkehrsbetriebe BVG), Gerald Meyer
(Moderator), Michael Müller-Görnert (Verkehrsclub Deutschland VCD), Herwig Kollar (Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V.)
E-Taxis ist auch längst in die Bestell-Apps
integriert.
Die Bilanz ist positiv. Seit Einführung
am 25. Juli 2018 haben 60.000 Kunden mit
ihnen 700.000 Kilometer zurückgelegt.
„Das ist ein klarer Beleg dafür, dass E-Mobilität
machbar ist“, sagte Beiner. Gemeinsam
mit den Hybrid-Fahrzeugen habe seine
Firma ihren CO 2 -Ausstoß während der letzten
zehn Jahre um 60 Prozent reduziert.
Die Mobilitätswende brauche aber auch
die richtigen Rahmenbedingungen.
Die Stadt München unterstützt
die E-Mobilität durch eine Förderung,
bei der bis zu 40 Prozent des
Anschaffungspreises dann zurückgezahlt
werden, wenn das E-Taxi
seinen Einsatzzweck erfüllt. Soll
heißen: Pro gefahrenem Besetztkilometer
bekommt der Taxiunternehmer
20 Cent erstattet.
Auch beim Problem der Ladeinfrastruktur
habe Beiners Unternehmen proaktiv
gehandelt, da viele der Ladesäulen, wie
man sie auch in Berlin sieht, für das Taxigewerbe
leider unattraktiv seien. „Wir wollten
nicht warten, bis die Straßen endlich mit
genügend öffentlichen Ladesäulen bestückt
sind. Deshalb haben wir uns entschieden,
ein innerstädtisch vorhandenes Parkhaus
neu zu denken.“ So entstand ein E-Mobilitätshub
mit vier Schnellladesäulen, um
„für jeden und zu jeder Zeit ein E-Fahrzeug
innerhalb kürzester Zeit wieder auf
die Straße zu bringen“, sagt Beiner. „Was
deren Performance näher an Verbrenner
bringt.“
Beiner hält dieses E-Hub-Konzept
auch für eine bundesweite Ausdehnung
geeignet, mahnt aber auch ein intelligentes
Netzwerk an, denn tausend Verbrenner
durch tausend E-Autos zu ersetzen, bringe
nichts, wenn diese genauso wie bisher
stundenlang im Stau stehen.
Die Zukunft auf die Straße zu bringen
bedeutet auch, sich mit den Plänen
und Aufgaben des ÖPNV auseinanderzusetzen.
Als zweite Referentin war daher
die BVG-Vorstandsvorsitzende Dr. Sigrid
Nikutta eingeladen. Auf die Einstiegsfrage,
„Es ist schon unglaublich,
wie viel Platz wir heute
dem Auto einräumen.”
BVG-Chefin Dr. Sigrid Nikutta
ob eine kostenlose Nutzung den Linienverkehr
attraktiver machen würde, nannte
sie Attraktionen, die ihrer Ansicht nach
mehr bewirken würden: enge Taktung,
die Fahrpläne überflüssig macht; gute
Fahrzeuge, sauber und sicher und mit
viel freundlichem Personal; das ganze auf
digitalen Plattformen einfach gemanaged.
„Das Blöde ist nur: Das kostet alles.“ Nutzer
seien aber bereit, ein gutes Angebot
auch angemessen zu bezahlen. Teurere
Fahrscheine führten nicht unbedingt zu
weniger Nutzern. Schließlich seien Alternativen
wie das eigene Auto nicht billiger –
und auch nicht immer schneller. Überträgt
man diese Thesen auf das Taxigewerbe,
so erscheinen Tariferhöhungen durchaus
gerechtfertigt, wenn dafür auch die
Dienstleistung schnell, sicher und modern
ist – und das Personal freundlich.
Mit dem „Pilot“-Projekt „Berlkönig“ will
die BVG am aufblühenden Markt neuer
Mobilitätsangebote teilhaben und Erfahrungen
sammeln. Sein Einsatz in der
Innenstadt diene der ersten Erprobung. „Es
ist gut, wenn der öffentliche Nahverkehr
um so ein Sharing-Angebot ergänzt wird –
dann aber flächendeckend und nicht nur in
der Innenstadt“, sagte Nikutta. Der ÖPNV
benötige den Dreiklang: Die großen
Gefäße (Busse, U- und S-Bahn), ein
Sharing-Angebot und das Taxi für
die individuellen Fahrten. Den Berlkönig
sieht Nikutta als Ergänzung
im gesamten Berliner Stadtgebiet.
Am Stadtrand wird jetzt der „Berlkönig
BC“ eingesetzt. Dabei wird
auch die Taxibranche integriert
(Taxi Times berichtete online).
Ein zweiter Ansatz der BVG ist die im
Sommer gestartete Mobilitäts-App Jelbi. Sie
ist nicht nur eine Computer-Plattform, sondern
beinhaltet auch physische Standorte,
sogenannte Hubs. Mit Jelbi kann man nach
einmaliger Anmeldung verschiedene Angebote
buchen und bezahlen – ein wichtiger
Schritt zur integrierten Mobilität. Taxi Berlin
wird sich bald anschließen.
Im Anschluss an ihre Vorträge und Statements
nahmen Beiner und Nikutta an einer
Diskussionsrunde teil, die von Herwig
Kollar vom Bundesverband Taxi und von
Michael Müller-Görnert, dem Verkehrspolitischen
Sprecher des ökologischen
Verkehrsclubs VCD, komplettiert wurde.
Letzterer zitierte aus einer Studie seines
Vereins, wonach E-Autos nach TCO (Total
FOTO: Axel Rühle / Taxi Times
14 SEPTEMBER/OKTOBER 2019 TAXI
GEWERBE
FOTO: mtz
Cost of Ownership, Gesamtkosten über
die Lebensdauer) günstiger und umweltfreundlicher
sind als Benziner und Diesel.
WIE VIEL MARKTWIRTSCHAFT
IST IM ÖPNV ERTRÄGLICH?
Nach Kollars Ansicht werden Verkehr
und seine Auswirkungen zu technisch
diskutiert. Daher laute eine wesentliche,
bisher vernachlässigte Frage an die Politik:
Was kostet ein neues Verkehrsangebot die
Allgemeinheit, welche gesellschaftlichen
Auswirkungen hat es, was zerstört man
mit der Umsetzung bestimmter Pläne?
Allgemeinkosten wären noch mehr Verkehr
mit mehr nicht umweltfreundlichen
Autos, ungerechte Preisgestaltung, prekäre
Arbeitsverhältnisse. Sollte man nur
gewinnorientierte Beförderung überhaupt
noch zulassen? Taxiverkehr sei Kommunalverkehr,
der vom Gewerbe in Eigenanstrengung
inklusive Infrastruktur für
alle, nicht nur für Smartphone-Besitzer, zur
Verfügung gestellt wird, so Kollar. Diese
oft genossenschaftlich organisierte Infrastruktur
koste die Gemeinde keinen Cent.
„Die Politik muss überlegen, ob sie solche
Strukturen tatsächlich zerstört“.
Auch Nikutta forderte eine intensivere
Diskussion über die volkswirtschaftlichen
Kosten von Verkehrssystemen: „Was wollen
wir eigentlich in der Stadt? Wofür ist der
Platz da? Es ist schon unglaublich, wie viel
Platz wir heute dem Auto einräumen.“
Auf die Frage, wie man die Pkw-Dichte
in den Städten verringern könne, stellte
Müller-Görnert klar: „Wir wollen nicht,
dass man das Auto verbietet, sondern die
Freiheit, ohne eigenes Auto mobil sein zu
können.“ Gerade beim Radverkehr müsse
man noch nachlegen. Viele würden gerne
Rad fahren, fühlen sich aber nicht sicher
genug. „Es ist ein Strauß an Angeboten,
den man da schaffen muss.“
Beiner forderte eine Stärkung des ÖPNV,
zu dem auch das Taxi gehöre. Dazu müssen
nicht immer neue Pilotprojekte an den
Markt gebracht werden. Stattdessen sei das
bestehende System zu optimieren. Die Rationalität
von E-Autos als Taxi wird besser.
In diesem Zusammenhang erinnerte
Nikutta an die politische Bindung der BVG
(sie gehört dem Land Berlin). Schwarze Zahlen
für die BVG seien das falsche politische
Ziel. Die BVG müsse sich verschulden, um
die politischen Versprechen der Politiker zu
bezahlen. Sie fordert eine Vollkostenrechnung.
Nicht was der Fahrschein kostet, ist
Vorbild: E-Taxis in München
wichtig, sondern, was die Infrastruktur für
alle kostet. Zudem sei das Fahrrad zwar ein
gutes Verkehrsmittel bei schönem Wetter,
doch bei Regen sei der ÖPNV gefordert, und
dessen Infrastruktur will vorgehalten und
bezahlt sein.
Man war sich einig, dass in der Stadt
weniger Autos fahren sollen, aber eine
Verkehrsrevolution ohne Autos geht auch
nicht. Mobilität ohne eigenes Auto muss
immer bezahlbar angeboten werden, nicht
nur, wenn es lukrativ für den Anbieter ist.
Jetzt ist das historische Zeitfenster,
Mobilität neu zu gestalten, weil eine breite
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TAXI SEPTEMBER/OKTOBER 2019
15
DIGITALE ZUKUNFT –
UND TAXI.EU MITTENDRIN
Die „Taxi Driving Innovation“ drehte sich um den digitalen Wandel und
die Chancen des Taxigewerbes. Hermann Waldner konnte dazu auch
die taxi.eu-App als positives Beispiel positionieren.
Beim Zukunftskongress des Bundesverbandes
Taxi und Mietwagen am
26. September (siehe auch Seite 13)
stellte Waldner, Vizepräsident des Bundesverbands
Taxi, Chef von Taxi Berlin und
Gründer der App taxi.eu, die digitalen
Chancen aus Sicht des Taxigewerbes dar.
Die drei echten Taxi-Apps taxi.eu, Taxi
Deutschland und cab4me sind durch eine
Schnittstelle verknüpft, so dass der Kunde
jederzeit und überall über eine der Apps ein
Taxi in Deutschland und auch in wichtigen
europäischen Metropolen bestellen könne.
Sämtliche Payment-Lösungen seien dort
ebenso integriert wie die Bestellmöglichkeiten
über Künstliche Intelligenz (Beispiel
Amazon Echo, „Alexa“).
„Damit haben wir gezeigt, dass wir
ein Netzwerk aufbauen können, das sich
gewaschen hat und anerkannt ist“ – und
dessen Qualitäten mittlerweile auch von
Google geschätzt werden. Nach Testphasen
in Berlin und München will der Suchmaschinengigant
taxi.eu vollständig in Google
Maps integrieren, da Uber oder Free Now
nur punktuelle Abdeckungen aufweisen
können. Dazu laufen erste Kooperationen
mit Mobilitäts-Apps der ÖPNV-Verkehrsbetriebe.
Waldner nannte als Beispiel die
Jelbi-App der BVG.
Trotz oder auch gerade wegen solcher
Hermann Waldner
positiven Entwicklungen stelle man sich
auch intern kapitalstärker auf, indem man
FMS-Systems, die Betreibergesellschaft der
taxi.eu-App, aktuell in eine Aktiengesellschaft
umwandle (Taxi Times berichtete).
Nach Waldners Vortrag kamen Dr. Tom
Kirschbaum und Alexander Sixt zu einer
Diskussionsrunde hinzu. Sixt betonte,
angesprochen auf die vielen zu erhebenden
Daten, dass man als Familienunternehmen
hinsichtlich der Datenschutzbestimmungen
äußerste Sorgfalt an den Tag lege.
Gegenüber den Skeptikern der Taxi-Kooperation
versicherte er, dass in seinem
Unternehmen noch das Prinzip des ehrbaren
Kaufmanns gelte. „Mein Wort ist so
gut wie der Handschlag.“
Alexander Sixt hatte zuvor in seinem
Vortrag die Zusammenarbeit mit dem
deutschen Taxigewerbe ausführlich erläutert.
„Die Mobilitätswende der Zukunft hat
unfassbare Herausforderungen, die man
nur mit einem partnerschaftlichen Ansatz
lösen kann.“ Man könne als Familienunternehmen
bei der Mobilitätswende keine
Berge versetzen, aber man könne kleine
Kieselsteine werfen. Und einen solchen
Stein habe man am 28. Februar geworfen,
als man während eines großen Events die
Sixt-App vorstellte. Seitdem seien spannende
und auch erfolgreiche Monate vergangen,
in denen
man immer mehr
Taxizentralen zur
Zusammenarbeit
gewinnen konnte,
wofür er sich vor den
rund 160 anwesenden
Taxivertretern
und ganz speziell bei
der Familie Waldner
bedankte.
Man wollte kein
Parallelnetzwerk
mit eigenem Fuhrpark
schaffen, sondern
überall mit
den besten Partnern
arbeiten, betonte Sixt. Das sei in Deutschland
(ebenso wie in den Niederlanden und
in der Schweiz) das Taxigewerbe, während
man in den USA mit Lyft kooperiere, weil
dort das Taxigewerbe weder die qualitativen
noch die technischen Voraussetzungen
für eine solche Partnerschaft mitgebracht
habe.
„Das Produkt Taxi ist so viel besser, als
es sich die eigene Branche vorstellt“, appellierte
Alexander Sixt an das Selbstbewusstsein
der Taxibranche. Vor allem international
genieße man einen außerordentlichen
Ruf. „Die kennen nicht die Nummer der örtlichen
Taxizentrale. Somit führen wir dem
Taxigewerbe also Kunden zu, ohne ihnen
mittel- und langfristig Konkurrenz machen
zu wollen“, verspricht der Sixt-Vorstand.
Hermann Waldner stelle in diesem
Zusammenhang noch einmal den großen
Unterschied zu Free Now heraus. „Sämtliche
Fahrtbestellungen über die Sixt-App
landen bei den Taxizentralen und werden
von dort an die angeschlossenen Taxiunternehmer
und deren Fahrer weitervermittelt.
Taxizentralen sind wirtschaftlich
selbständig. Die Verhandlungen mit Sixt
und Vertragsgestaltungen erfolgten daher
auf Augenhöhe.“
jh
FOTOS: Axel Rühle / Taxi Times
16 SEPTEMBER/OKTOBER 2019 TAXI
Bestellungen über
die Sixt-App werden
von Taxi Berlin
vermittelt.
SIXT-KOOPERATION:
EIN ERFOLGSMODELL
Seit gut drei Monaten werden App-Bestellungen von Sixt-Kunden
über Taxi Berlin an das Berliner Taxigewerbe vermittelt.
Die Rechnung scheint aufzugehen: Alle Beteiligten profitieren.
FOTO: Kir Smyslov / stock.adobe.com
Als bei Taxi Berlin vor Jahren
die Rechnungsfahrt eingeführt
wurde, galt dies als Meilenstein
der Kundenfreundlichkeit: Der Fahrgast
muss bei einem solchen im Voraus bestellten
Fahrauftrag dem Fahrer weder Bargeld
noch Karte noch irgendein Papier geben.
Stattdessen füllt der Fahrer seinerseits
einen Beleg aus und lässt den Fahrgast
lediglich unterschreiben. Der bezahlt also
„mit seinem guten Namen“, wie es in einem
berühmten Werbespruch für eine Kreditkarte
einmal hieß. Abgerechnet wird später
mit dem Auftraggeber.
Manchmal kommt der Anstoß für Weiterentwicklungen
und Verbesserungen von
außen. Anfang Juli weitete der im Landkreis
München ansässige Sixt-Konzern
seine Zusammenarbeit mit dem Taxigewerbe
auf Berlin aus. Auch das Familienunternehmen
aus Bayern schreibt Kundenfreundlichkeit
groß. Um es Fahrgästen,
die über die Sixt-App ein Taxi bestellen,
maximal bequem zu machen, hat Taxi
Berlin mit Beginn der Kooperation das
Merkmal „Rechnungsfahrt ohne Beleg“,
abgekürzt ROB, eingeführt. Sixt-Kunden
steigen am Fahrtziel aus dem Taxi, ohne
etwas zu bezahlen oder zu unterschreiben.
Der Fahrer muss lediglich, wie bei jeder
Rechnungsfahrt, den Fahrpreis einschließlich
1,50 Euro Zuschlag in sein Endgerät
eintippen. Sinnvoll, wenn auch aus Sicht
der Zentrale nicht zwingend notwendig,
ist es außerdem, auch hier einen Beleg
auszufüllen, um den Fahrpreis vom Taxibetrieb
einfordern zu können. Die genaue
Handhabung ist aber Sache zwischen Fahrer
und Chef. Dem Unternehmen wird der
Betrag automatisch vom Kundencenter
gutgeschrieben.
Bei Neuerungen solcher Größenordnung,
die auch technische Anpassungen mit sich
bringen, läuft selten alles glatt. So räumt
Thomas Lorenz von der Fahrer- und Unternehmerbetreuung
bei Taxi Berlin ein, dass
es eine gewisse Anlaufzeit brauchte, bis
mit der regelmäßigen Abrechnung alles
reibungslos funktionierte. „Das ist ein
besonderer Vorgang, der auf allen Seiten
etwas Geduld erfordert. Ich danke unseren
angeschlossenen Unternehmern, dass sie
die nötige Geduld aufgebracht haben. Ich
denke, das zahlt sich jetzt für alle aus.“
Inzwischen werden die Rechnungsfahrten
ohne Beleg problemlos zweimal im Monat
gemeinsam mit den Kreditkartenabrechnungen
zwischen Taxi Berlin und den
Taxiunternehmern abgewickelt. Dennoch
betrachtet man in der Persiusstraße die
Testphase vorsichtshalber als noch nicht
abgeschlossen, da hier und da immer noch
Fragen auftreten, die zu klären sind, bis
alles Routine ist.
Wie sind die ersten drei Monate ansonsten
gelaufen? Lorenz, der für die Kooperation
logistisch verantwortlich ist, muss
zunächst etwas schmunzeln: „Wir haben
unseren Fahrern früher immer wieder
gesagt: Denkt daran, den Kunden bei einer
Rechnungsfahrt unterschreiben zu lassen.
Jetzt müssen wir ihnen sagen, dass sie
das bei Sixt-Aufträgen nicht mehr sollen.
Das hat in einzelnen Fällen Verwirrung
gegeben. Da wurde schon mal eine Unterschrift
vom Fahrgast verlangt oder sogar
bar kassiert, das geht natürlich nicht. Auch
WBT UND TAXI
BERLIN FUSIONIEREN
Die Wirtschaftsgenossenschaft
Berliner Taxibesitzer eG (WBT) hat
sich auf einer Generalversammlung
am 10. September mit einer Mehrheit
von knapp 80 Prozent der Stimmen
für ein Zusammengehen mit
Taxi Berlin entschieden. Wenn der
Vertrag wie beschlossen zustande
kommt, soll die Fusion im kommenden
Jahr erfolgen. Die Chefs beider
Funkzentralen, TZB-Geschäftsführer
Hermann Waldner und WBT-Vorstandsvorsitzender
Bernd Ploke,
begrüßten die Entscheidung. Wenn
das gesamte Berliner Taxigewerbe
an einem Strang ziehe, statt sich
selbst Konkurrenz zu machen, sei
man im Kampf gegen Uber, Free
Now und die anderen Pseudo-Taxi-Anbieter
besser aufgestellt. ar
TAXI SEPTEMBER/OKTOBER 2019
17
„Rechnungsfahrt ohne Beleg“: Maximum an
Einfachheit
eine falsche Preiseingabe muss unbedingt
vermieden werden, denn der Preis, den
der Fahrer eingibt, wird automatisch und
ungeprüft an Sixt gesendet, und weil die
Kollegen dort alles ziemlich perfekt organisiert
programmiert haben, wird praktisch
sofort die Kreditkarte des Kunden
mit dem Betrag belastet, den der Fahrer
eingetippt hat. Wenn dem Fahrer auch nur
ein paar Sekunden nach dem Bestätigen
auffällt, dass er versehentlich 1.900 Euro
statt 19,00 Euro eingegeben hat, ist es zu
spät. Dann ist der Kunde erst mal mit einer
absurden Abbuchung konfrontiert. Das ist
natürlich im wahrsten Sinn des Wortes
abschreckend.“
Wie kann es sein, dass bei einer Rechnungsfahrt
ohne Beleg, die per Newsletter
allen Unternehmern und Fahrern erklärt
wird, ein Fahrer fälschlich Bargeld vom
Fahrgast verlangt? „Wir hatten tatsächlich
Unternehmer, die den großen Vorteil
dieser Aufträge sahen und spontan ihre
komplette Fahrerschaft für die Aufträge bei
uns freischalten ließen – nur leider, ohne
ihren Mitarbeitern was davon zu sagen.
Da wusste der eine oder andere Fahrer, der
den Newsletter nicht gelesen hatte, also gar
nicht, was er zu tun hatte.“ Dennoch musste
bislang nur wenigen Fahrern das Merkmal
aufgrund erheblicher Verstöße entzogen
werden. Das Problem löste Lorenz recht
einfach: Jeder Fahrer, der das Merkmal
haben möchte, muss sich nun von sich aus
melden, um zu zeigen, dass er Interesse hat
und verstanden hat, worum es geht.
Abgesehen von solchen Widrigkeiten
funktioniert die Zusammenarbeit gut. In
den ersten zwei Monaten wurden von Taxi
Berlin an die 4.000 Sixt-Aufträge vermittelt
– mehr als 60 pro Tag. Der durchschnittliche
Fahrpreis bei Rechnungsfahrten ohne
Beleg liegt laut Taxi Berlin bei 20,60 Euro
und damit etwas höher als bei anderen
Fahrten. Unter dem Strich sind die Aufträge
von Sixt also lukrativ und in der
Abwicklung bequem. Sie können wie alle
Fahrten Vor- und Nachteile haben. Auch
von Sixt gibt es Kneipenbesucher, die für
neun Euro nach Hause wollen, Geschäftsreisende,
die ihre bequeme 30-Euro-Fahrt
zum Flughafen zum Arbeiten nutzen möchten,
und ab und zu auch mal eine Fehlfahrt.
Die Fortsetzung kann entweder ein Teil
des Artikels sein oder ein eigenständiger
Artikel:
Wie sieht die Abwicklung von
Sixt-Fahrten aus Sicht eines Mehrwagenbetriebs
aus?
Taxi Times sprach mit den Geschäftsführern
eines Taxiunternehmens aus Prenzlauer
Berg, deren Fahrer bisher die höchste
Zahl an Sixt-Aufträgen erwischt haben.
Zu Beginn der Kooperation habe es
kleine Schwierigkeiten gegeben, so Christian
Hesse und Karlo Reckert gegenüber
Taxi Times. So sei die Ortung der Abholadresse
in zwei Fällen unscharf gewesen, was
nach Rücksprache aber umgehend durch
Sixt behoben worden sei. Nahezu alle Fahrer
der Firma haben gute Erfahrungen mit
der „Rechnungsfahrt ohne Beleg“ gemacht.
Sixt sei technisch vorbildlich. Weshalb die
beiden Unternehmer die Zusammenarbeit
mit Sixt insgesamt als klaren Zugewinn
werteten, wenn auch der aus der Tarifordnung
hervorgehende Zuschlag von 1,50
Euro für jede Fahrt ein kleiner „Pferdefuß“
sei.
Dass die Fahrten im Schnitt länger seien
als andere und damit höhere Umsätze
brächten, bestätigen sie. Auch die Möglichkeit
der Bewertung der Fahrer durch die
Kunden sei ein Vorteil für seriöse Betriebe,
die darauf achten, dass ihre Fahrer eine
hochwertige Dienstleistung bieten. Dies
sei eine überfällige Trennung der Spreu
vom Weizen, die die Mühe der zukunftsorientierten
Dienstleister endlich belohne.
In diesem Sinne zieht das Taxigewerbe mit
Sixt am selben Strang – auch gegen Uber
und Free Now.
ar
DEUTLICH MEHR APP-AUFTRÄGE
TAXI BERLIN TZB GMBH
Persiusstraße 7, 10245 Berlin
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Geschäftsführer
Hermann Waldner
Presserechtlich verantwortlich für
diese Seite: Hermann Waldner
Redaktion: Axel Rühle (ar)
Pressekontakt: presse@taxi-berlin.de
Seit dem Spätsommer hat sich bei Taxi
Berlin die Zahl der Bestellungen per App
mehr als verdoppelt. Geschäftsführer Hermann
Waldner sieht dafür gleich mehrere
Gründe. Zum einen hat der Suchmaschinengigant
Google die taxi.eu-App in seinen
Google-Maps-Service integriert. Zweitens
hat die Kooperation mit der Autovermietung
Sixt wohl einige Kunden „auf den
Geschmack“ gebracht, nicht mehr nur über
die Sixt-App, sondern ebenso gerne mit den
gewerbeeigenen Apps ihr Taxi per Klick zu
bestellen. Eine dritte Ursache dürfte in der
Wut der Fahrer auf Free Now alias mytaxi
liegen. Der frühere vermeintliche Partner
des Taxigewerbes, der seine Kunden jetzt
aktiv in die Mietwagen zu lenken versucht,
büßt App-affine Kunden ein, die das Taxi
bewusst dem Mietwagen vorziehen, da sie
über die Nachteile von Free Now, Uber &
Co. Bescheid wissen. Damit verbunden ist
der vierte Grund: Die ausdauernde Aufklärungsarbeit
der Taxiverbände, allen
voran der Bundesverband, sowohl gegenüber
der Öffentlichkeit als auch gegenüber
der Politik, hat zumindest bei einem Teil
der Konsumenten zu einem Umdenken
beigetragen.
Man sieht die Pseudo-Taxi-Anbieter
einerseits nicht mehr nur als Schnäppchen
ohne Nebenwirkungen, zum anderen hat
das Taxigewerbe inzwischen doch gezeigt,
dass es nicht altbacken und rückständig ist,
wie beispielsweise der an Uber beteiligte
Axel-Springer-Verlag es gerne darstellt,
sondern durchaus modern, digital und
wandlungsfähig. Hermann Waldner: „Ich
danke allen, die daran bis jetzt tatkräftig
mitgewirkt haben. Wie wir sehen, sind wir
auf dem richtigen Weg. Den müssen wir jetzt
konsequent weitergehen. Das Schlimmste
haben wir schon abgewendet.“ ar
FOTO: MatinosPhoto / stock.adobe.com
18 SEPTEMBER/OKTOBER 2019 TAXI
Hermann Waldner im Herbst 1991 als neuer
Geschäftsführer der Taxiruf Spreefunk GmbH
Taxibetrieb und Funkvermittlung in einem:
Ost-Berliner Taxen in den 60er-Jahren
Das heutige Taxizentrum in der Persiusstraße
Anfang der 1990er-Jahre
JUBILÄUM BEIM TAXIFUNK
Deutschlands größte Taxifunkgesellschaft ist im September 60 Jahre
alt geworden. Groß gefeiert wie beim 50-jährigen wurde das nicht.
Man beschäftigt sich lieber mit der Zukunft. Wir blicken kurz zurück.
FOTOS: Taxi Berlin
Natürlich ist es nicht die heutige
Funkgesellschaft Taxi Berlin, die
im September 1959 ihren ersten
Taxiauftrag über ein mobiles Funkgerät
vermittelte, sondern eine ihrer Vorgänger-Genossenschaften.
Sie hieß offiziell
Taxifunk Berlin, war bei den Fahrern und
Unternehmern aber besser bekannt als
„Ackermann“. Noch bekannter war allerdings
ihre Telefonnummer: Die 6902 war
lange Zeit die bekannteste West-Berliner
Telefonnummer der Nachkriegszeit.
Es war ein riesiger bürokratischer Aufwand,
im geteilten Berlin mit Vier-Mächte-Status
eine Sendegenehmigung zu
bekommen. Einer der Gründerväter, der
2017 verstorbene Bruno Draheim, sagte
einmal: „Ganz im Kleinen mit gerade einmal
20 Fahrzeugen wurde der Sprachfunk
in Berlin in einem ehemaligen Frisörladen
begonnen“. Der befand sich in der Charlottenburger
Sybelstraße. Taxifunkgeräte
waren damals noch groß und klobig. Laut
Draheim füllten sie „den halben Kofferraum“,
und Limousinen-Kofferräume
waren damals im Vergleich zu heute riesig.
Später saß der „Ackermann-Funk“ im
eigenen Haus in der Kreuzberger Fidicinstraße
und konkurrierte jahrzehntelang
mit der WBT um Platz eins in der Berliner
Taxifunk-Landschaft. Beide wollten die
Marke von 2.700 angeschlossenen Wagen
überbieten, die erst ab 1971 bundesweit in
Hellelfenbein lackiert waren.
1968 kam mit dem Würfelfunk eine
dritte Genossenschaft auf den Markt, 1975
mit dem Cityfunk der nächste Anbieter.
Übersichtlicher war die Situation in
Ost-Berlin. Im Jahr der Staatsgründung,
1949, war der VEB Taxi mit Hauptsitz in
der Weißenseer Gehringstraße und weiteren
Höfen in der Prenzl’berger Milastraße
und der Friedrichshainer Persiusstraße
entstanden, der später auch für die
Funkvermittlung zuständig war. Als mit
der Wiedervereinigung 1990 viele VEBs
„abgewickelt“ wurden, stand die Firma
vor einer ungewissen Zukunft, da sie nicht
auf marktwirtschaftlichen Wettbewerb
ausgelegt war. Ein junger Ex-Taxiunternehmer
namens Hermann Waldner, der
bereits Geschäftsführer des – noch immer
genossenschaftlich geführten – „Ackermann“-Funks
war, übernahm den früheren
VEB, rettete sämtliche Arbeitsplätze und
machte die Firma zur konkurrenzfähigen
Marke Taxiruf Spreefunk.
MIT DER TELEFONNUMMER
6902 ENDETE EINE ÄRA
Die 90er-Jahre waren turbulent. In
Deutschland und besonders in Berlin
herrschten Wiedervereinigungseuphorie
und -ernüchterung, mit dem Umzug der
Bundesregierung von Bonn nach Berlin
holte Hermann Waldner die Bundestagsfahraufträge
zu Taxi Berlin. Die Genossen
aus der Gründungszeit kamen ins Rentenalter.
Da es ihnen wichtig war, dass ihr
Lebenswerk gut und erfolgreich fortgeführt
würde, beschlossen sie nach langjährigen
Verhandlungen Anfang 2000 den Verkauf
der Genossenschaft an den Geschäftsführer,
der beim Spreefunk ein gutes
Händchen bewiesen hatte.
So fusionierten Ackermann eG, bis dahin
hauptsächlich im früheren Westteil präsent,
und Taxiruf Spreefunk GmbH, fast
nur im Osten bekannt, im Jahr 2000 zur
TaxiFunk Berlin GmbH, im Volksmund
„Bärchenfunk“, womit ein in stadtweit präsenter
und starker Taxifunk etabliert war.
Großer Wermutstropfen: Mit der Auflösung
der eG erlosch auch der „Bestandsschutz“
der altbekannten Telefonnummer.
Da die Telekom in einer Millionenstadt
nicht mehr bereit war, einem Gewerbebetrieb
eine vierstellige Nummer zuzugestehen,
mussten die Kunden sich an die 69022
gewöhnen. Doch auch die anderen Nummern,
etwa die 443322 vom Spreefunk, die
210101 vom Würfelfunk und die 210202
vom Cityfunk blieben bestehen, ebenso wie
die 263000 vom 2004 gegründeten Quality
Taxi und weiterer, kleinerer Konkurrenten
wie Taxi 24, SpeedCab, Cityfunk Potsdam
und Airport Taxi BB für den Landkreis
Dahme-Spreewald, die nach und nach zu
Taxi Berlin hinzu kamen.
Die so entstandene Dachmarke Taxi
Berlin verbindet all diese Fahrzeugflotten
unter einem Dach. Heute ist die telefonische
Vermittlung längst nicht mehr der einzige
Weg für Kunden, ein Taxi zu bestellen.
Auch die Sprachvermittlung ist längst dem
Digitalfunk gewichen.
Mit dem geplanten Zusammengehen mit
der WBT bekommt Taxi Berlin wiederum
eine noch ältere Wurzel hinzu. Dann kann
im kommenden Jahr gleich das 80-jährige
Jubiläum gefeiert werden.
ar
TAXI SEPTEMBER/OKTOBER 2019
19
SOMMERFEST
AM TAXI-ZENTRUM BERLIN
Mitte September lud das TZB zum
Sommerfest in die Persiusstraße.
Bei schönem Wetter traf man sich
trotz angespannter Lage in einer besonderen
Situation bei entspannter Stimmung.
„Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht
ernst“, sagte Otto Piffel alias Horst Buchholz
in Billy Wilders Ost-West-Filmkomödie
„Eins, zwei, drei“ von 1961. So könnte
man das aktuelle Taxigewerbe auch auf die
Schippe nehmen. Die unlautere Konkurrenz
von Uber u. a. kapert uns die Fahrgäste
weg. Die öffentliche Verwaltung
guckt untätig zu. Die Politik droht auf das
Fortschrittsgeschwätz der Taxifeinde reinzufallen.
Gibt es da was zu feiern?
Ja, und zwar auf besondere Art. Auf dem
Fest gab es alles, was der Taxi-Mensch
braucht, um sich wohlzufühlen: eine Grillstation
mit Fleisch, Wurst und Salaten, eine
Getränke-Bar, Kaffee und Kuchen sowie
Bierbänke und Tische für alle. Musik gab es
auch, aber die störte nicht weiter. Sponsorenstände,
an denen Autos, Versicherungen
und sonstige Produkte angepriesen wurden,
und die sonst immer viel Platz eingenommen
haben, gab es diesmal nicht.
Einige Vertreter der Sponsoren von früher
waren auch gekommen. Sie feierten diesmal
einfach nur mit.
Wie sich zeigte, genügt sich das Berliner
Taxigewerbe selbst – und rückt
näher zusammen. Die kürzlich beschlossene
Fusion des WBT-Funks mit der
Taxi-Berlin-Zentrale (siehe Seite 18) ist ein
Zeichen dafür. Sie wurde unter den Festbesuchern
breit diskutiert. Die Gewerbevertretungen
bekommen neue Räume für
ihre Geschäftsstellen im Taxizentrum. Taxi
Deutschland und die „Innung“ werden sich
eine teilen.
Dank der vielfältigen Initiativen des Bundesverbandes
Taxi und Mietwagen und vieler
örtlicher Taxiorganisationen wächst der
Einfluss des Taxigewerbes auf politische
Entscheidungen. Auch das wurde teils mit
den anwesenden Vertretern des Bundesverbands
thematisiert. Das Taxigewerbe
allein kann etwas ausrichten – nicht nur
so ein Fest.
wh
FOTOS: Axel Rühle, Wilfried Hochfeld / Taxi Times
DASHCAM, PDA, HANDY UND
DIE PUNKTE IN FLENSBURG
Im Schulungs- und Seminarraum des Taxi-Zentrums Berlin finden nicht
nur Einführungs- und VIP-B-Qualifikationsschulungen statt, sondern
auch Informationsveranstaltungen für jedermann im Taxigewerbe.
Bei der ersten Veranstaltung der
Informationsreihe im Taxi-Zentrum
Berlin, die Taxi Berlin und
der Taxiverband Berlin, Brandenburg e. V.
gemeinsam anbieten, stellten sich am 6.
September Verkehrsrichter Parpart und
Rechtsanwalt Herbst den Fragen interessierter
Fahrer und Unternehmer zum
Thema Verkehrsrecht. Moderator der
Veranstaltungen, die schwerpunktmäßig
Alltagssituationen im Taxigeschäft behandeln,
die immer wieder zu Konflikten im
Straßenverkehr führen, ist Detlev Freutel,
Vorsitzender des TVB.
Ein Thema waren die sogenannten
Dashcams, also im Fahrzeug installierte
Kameras, die das Verkehrsgeschehen
vor, hinter, neben und im Fahrzeug aufzeichnen
können und im Fall eines juristischen
Konflikts, etwa nach einem Unfall,
als Beweismittel dienen sollen. Hier gab
es in den letzten Jahren viele Meinungsverschiedenheiten
zwischen Datenschützern,
die die Privatsphäre der Fahrgäste
in Gefahr sehen, und Gewerbevertretern,
die ein Kameraverbot im Taxi als zu große
Erleichterung für Straftäter betrachten. Die
beiden Juristen stellten klar, dass Videoaufnahmen
im Fahrzeug verboten sind, außen
jedoch laut Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes
erlaubt und als Beweismittel
vor Gericht heutzutage in der Regel
anerkannt sind, allerdings nur ohne Tonaufzeichnung.
Macht ein Unfallbetroffener
seine Dashcam-Aufzeichnung gegenüber
den aufnehmenden Polizeibeamten geltend,
so müsse er allerdings damit rechnen, dass
das Gerät vorläufig zur Beweissicherung
beschlagnahmt wird.
WICHTIGE GRENZEN: 60 EURO,
VIER PUNKTE, EINE SEKUNDE
Zur Frage der Punkte in Flensburg und
ab welchem „Kontostand“ einem Taxifahrer
ernste Konsequenzen drohen, hieß es, dass
mit dem vierten Punkt in der oft als „Verkehrssünderkartei“
bezeichneten Datenbank
nicht nur der Entzug des P-Scheins,
sondern auch Schwierigkeiten bei dessen
Wiedererteilung bzw. Verlängerung durch
das LABO drohen. Allerdings werde die
vermeintliche Kartei immer etwas vereinfacht
dargestellt. Es gebe beim Kraftfahrtbundesamt
zwei große Datenbanken mit
ähnlich klingenden Bezeichnungen. Jeder
Verstoß, der mit mindestens 60 Euro Bußgeld
geahndet wird, werde dort gespeichert.
Drittes großes Thema war das
Telefonieren am Steuer. Dass dies nur mit
Freisprecheinrichtung erlaubt ist, obwohl
die Ablenkung vom Verkehrsgeschehen
damit eine ähnliche ist wie durch ein in
der Hand gehaltenes Gerät, ist schon lange
bekannt und wird ebenso lange von vielen
ignoriert. Das Verbot, Geräte in der Hand
zu halten, umfasst aber alle elektronischen
Geräte und Kommunikationsmittel, also
auch iPads, Tablets und Walkie-Talkies,
also Handfunkgeräte, die mit einem einzigen
Tastendruck bedient werden. Die
Benutzung all dieser Geräte ist nur bei
ausgeschaltetem Motor erlaubt, wobei es
egal ist, ob man in einer Parklücke, vor
einer geschlossenen Bahnschranke, an
einer roten Ampel oder an einem Taxihalteplatz
steht. Ein Motor, der aufgrund
der Start-Stop-Automatik aus ist, weil man
auf der Bremse steht, gilt nicht als abgeschaltet.
Bei der Benutzung von Geräten
in einer Halterung (z. B. Navi, PDA) ist im
fließenden Verkehr nur ein „Sekundenblick“
erlaubt.
Weitere Themen waren Nötigung im
Straßenverkehr bis hin zu sogenannten
Aggressionsstraftaten, Radwege und
Gefahren durch offene Autotüren und
E-Scooter.
ar
FOTO: Frank Senftleben
22 SEPTEMBER/OKTOBER 2019 TAXI
Thomas Mach (Mitte), 64, ist seit 1984 bei
LABO IIIC tätig, unter anderem von 1987 bis
1999 als Leiter der Genehmigungsbehörde
für das Personenbeförderungsgewerbe und
seit 1999 als Leiter des Fahrerlaubniswesens.
WENN FACHLEUTE AUS DEM
NÄHKÄSTCHEN PLAUDERN
Referent Thomas Mach vom LABO gab bei der zweiten Veranstaltung
der Informationsreihe Einblicke in Behördenentscheidungen über
P- und Führerscheine. Und er fesselte mit Anekdoten aus dem Beruf.
FOTO: Axel Rühle / Taxi Times
Als langjähriger Leiter des Bereichs
Fahrerlaubniswesen beim LABO
verfügt Mach über Fachkenntnisse
und einen Erfahrungsschatz wie
kaum ein anderer. Der Moderator, TVB-
Chef Detlev Freutel, hatte den Experten,
der bundesweites Renommee genießt, als
Fachmann für alle Fragen rund um Fahrerlaubnisentzug
und Fahrverbot am 23.
September in die Persiusstraße eingeladen.
Genau diesen Unterschied erläuterte er
gleich zu Beginn aus dem Effeff, angereichert
durch Zahlen und in nahezu druckreifem
Sprachstil vorgetragen: Die Fahrerlaubnis
ist das Recht einer Person, ein
Kfz zu führen, und der Führerschein das
Dokument, das dieses Recht dokumentiert.
In Deutschland gibt es etwa 45 Millionen
Führerscheininhaber, davon 2,6 Millionen
in Berlin, wobei nur ein sehr geringer
Anteil zusätzlich eine gewerbliche Fahrerlaubnis,
etwa für Taxi oder Bus, besitzt.
Ein Fahrverbot, das meist einen bis drei
Monate dauert, wird von den Bußgeldstellen
und von Gerichten verhängt, wobei die
Fahrerlaubnis bestehen bleibt und nur ihre
Ausübung zeitweise versagt wird. Auch bei
abhanden gekommenem Führerschein ist
die Fahrerlaubnis nicht beeinträchtigt.
Erst bei Straftaten wie Autofahren in
ungeeignetem Zustand, etwa nach dem Konsum
von Drogen, allen voran Alkohol, wird
die Fahrerlaubnis entzogen, der Führerschein
wird eingezogen und der Täter kann
per Antragsverfahren auf Neuerteilung ggf.
eine neue Fahrerlaubnis erwerben. Das geht
nur, wenn aus LABO-Sicht alle Zweifel an
der Eignung ausgeräumt sind.
Der Entzug der Fahrerlaubnis ist keine
Strafe, sondern eine Maßnahme, die die
Allgemeinheit der Verkehrsteilnehmer
vor ungeeigneten Kraftfahrern schützen
soll – eine zentrale Aufgabe des LABO. So
könne eine geschickte Argumentation eines
Anwalts, die nach einer Trunkenheitsfahrt
zu einem milden Gerichtsurteil führe, bei
der Führerscheinbehörde nach hinten losgehen:
Ein Fahrer, der mit weit über 1,6 Promille,
also mit abgeschaltetem Verstand,
nach Darstellung seines Anwalts gut und
sicher gefahren ist, muss wohl ein geübter
Trinker sein, also ein erhebliches Alkoholproblem
haben – und folglich erst dann wieder
zum Führen eines Fahrzeugs geeignet
sein, wenn er sein Problem, gegebenenfalls
mit professioneller, therapeutischer Unterstützung,
nachhaltig bewältigt hat.
Viele Fragen von Zuhörern betrafen das
Register in Flensburg. Bei Personenbeförderern
schaut die Fahrerlaubnisbehörde
genauer hin als bei anderen Autofahrern,
da es insbesondere auch um die Sicherheit
der Fahrgäste geht. So kann bereits
bei deutlich weniger Verkehrsverstößen
die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung
(FzF) entzogen werden als bei einem privaten
Kraftfahrer die allgemeine Fahrerlaubnis
(in der Regel erst bei acht Punkten im
Register). Es kommt allerdings auch auf die
einzelnen Delikte an, die dem FzF-Inhaber
im Register angelastet werden. So fallen insbesondere
verkehrssicherheitsgefährdende
Verstöße wie Missachtung der Vorfahrt
bzw. roter Ampelsignale oder Überschreitungen
der zulässigen Höchstgeschwindigkeit
bei der Beurteilung des besonderen
Verantwortungsbewusstseins eines Fahrgastbeförderers
ins Gewicht.
Mach fesselte die Zuhörer – besonders in
der Pause – mit beispielhaften Anekdoten
in kurzweiligem Erzählstil mit dem speziellen
Humor eines Behördenvertreters,
der alle Arten von „Pappenheimern“ erlebt
hat. So erzählte er aus eigenem Erleben von
einem Taxifahrer, der den Taxameter nicht
einschaltete und am Fahrziel einen erfundenen
„Fahrpreis“ forderte. Mach sagte
zu, die Fahrt zu bezahlen – und zwar dem
Chef des Fahrers am darauffolgenden Tag
in seinem Behördenbüro.
Erst nach weit über zwei Stunden verließen
die Zuhörer den Seminarraum – um
einige Erkenntnisse reicher. ar
TAXIVERBAND BERLIN
BRANDENBURG E. V.
Persiustraße 7
10245 Berlin
Tel. Sekr.: +49 (0)30 / 20 20 21 319
E-Mail: taxiverband@t-online.de
www.taxiverband-berlin.de
Presserechtlich verantwortlich
für diese Seite: Detlev Freutel (df)
TAXI SEPTEMBER/OKTOBER 2019
23
INNUNG DES BERLINER TAXIGEWERBES E. V.
Demo gegen Uber-Wildwest am 6. Juni 2019 Am Köllnischen Park.
DAS VERSPRECHEN
UND DIE REALITÄT
Wir haben uns in diesem Jahr mit vielen politischen Vertretern getroffen
und immer wieder auf die Dringlichkeit unserer Problematik hingewiesen.
Bis heute hat sich kaum etwas bewegt. Es ist zum Verzweifeln.
Als wir unsere Kundgebung vor
der Senatsverwaltung für Verkehr,
Umwelt und Klimaschutz
am 6. Juni angemeldet hatten, äußerten
wir auch den Wunsch, uns mit der zuständigen
Senatorin Regine Günther (Bündnis
90/Die Grünen) über die Problematik
des Taxigewerbes auszutauschen. Leider
konnten wir sie an diesem Tag nicht persönlich
sprechen, aber Staatssekretär Ingmar
Streese fand für uns ein offenes Ohr.
Wir nutzten die Möglichkeit des Treffens
und wiesen auf die Problematik des Berliner
Taxigewerbes mit Nachdruck hin.
Dazu zählten unter anderem die fehlende
INNUNG DES BERLINER
TAXIGEWERBES E. V.
Persiustraße 7, 10245 Berlin
Tel. Sekr.: +49 (0)30 / 23 62 72 01
E-Mail: info@taxiinnung.org
www.taxiinnung.org
www.facebook.com/taxiinnung
Presserechtlich verantwortlich für
diese Seite: Leszek Nadolski (lena)
Redaktion: Rolf Feja (rf)
Mitarbeit: Lutz Schneider (cato)
digitale Einzelaufzeichnungspflicht aller
Geschäftsvorgänge der Mietwagenunternehmen
– was in Berlin mit einer Ausnahmegenehmigung
entfällt.
Wir sind verwundert, mit welcher Leichtigkeit
seitens der Senatsverwaltung mit
geltenden Gesetzen umgegangen wird.
Unstrittig ist, dass die Einzelaufzeichnungspflicht
in der Abgabeordnung (AO)§
146 Abs. 1 und 4 festgelegt ist. Wir haben
auf die Hamburger Zulassungsvorschriften
für Mietwagen hingewiesen. Am 20.8.2019,
also 75 Tage später, schrieben wir erneut
Staatssekretär Streese mit der Frage an,
ob in der Angelegenheit der Zulassung von
Mietwagen oder der Rückkehrpflicht zeitnahe
Änderungen zu erwarten sind.
Anfang Juli 2019 schrieben wir in der
Angelegenheit außerdem den Petitionsausschuss
des Berliner Abgeordnetenhaus an,
worüber wir in der letzten Taxi-Times-Ausgabe
berichteten. Wir fragen uns langsam,
was wir noch tun sollen, um das Sterben
des Berliner Taxigewerbes zu verhindern.
Eines ist klar: Das Verhalten der zuständigen
Behörde weist alles in allem darauf
hin, dass das Berliner Taxigewerbe auf die
eine oder andere Weise entsorgt werden
soll. Sind die neuen Mobilitätsanbieter für
die Senatsverwaltung etwa die zukünftige
Lösung für Berlins Mobilität?
Die Verkehrspolitik sowohl des Bundes
Verkehrsstaatssekretär Ingmar Streese
als auch des Senats von Berlin lassen den
Schluss zu, dass wir als Taxi zum Abschuss
freigegeben sind. Das nennt man dann „neu
ordnen“, bringt damit aber eine bewährte
Ordnung durcheinander. Man könnte meinen,
in der Politik der grünen Senatorin
Günther keinen Platz für ein Taxi mehr zu
finden. Dabei handelt es sich hier sowohl
um einen lokalen wie bundesweit flexibel
agierenden öffentlichen Verkehrsträger
ohne „Betriebspause“. Wir werden windigen
Investoren zum Fraß vorgeworfen.
Behörden geben sich bespielloser Lethargie
hin.
Aufwachen! Das Taxi mit dem Frühstück
steht vor der Tür. Oder glaubt man dort,
Uber-Automaten machen glücklich? lena
FOTOS: Die Hoffotografen GmbH, Taxi TIme
24 SEPTEMBER/OKTOBER 2019 TAXI
TAXI DEUTSCHLAND BERLIN E. V.
Seltener Schnappschuss: Dieser Betriebssitz ist sonst Tag und Nacht von zurückgekehrten Mietwagen umgeben.
MASSNAHMEN ÜBERFÄLLIG
Die ständigen Verstöße gegen die Rückkehrpflicht von Mietwagen
könnten durch das LABO geprüft werden – aufgrund der Pflicht, die
buchmäßig erfassten Beförderungsaufträge ein Jahr aufzubewahren.
FOTO: Lucía, emiliano / stock.adobe.com
Um die Einhaltung der Rückkehrpflicht
zu ermöglichen, sollten am
Betriebssitz des Mietwagenbetreibers
genügend Stellplätze zur Verfügung
stehen. Eine Frage nach ihrem Betriebssitz
könnten die meisten Uber-Mietwagenfahrer
nicht beantworten, schon gar nicht,
wenn der irgendwo in Brandenburg ist.
Viele Mietwagen halten sich offensichtlich
im eingeschränkten Halteverbot am
Flughafen Tegel bereit. Dort würde die
Umwandlung in ein absolutes Halteverbot
– mit der Einschränkung zum Be- und Entladen
von Fahrgästen – diese Missstände
BEKLAGTE ERSCHIEN NICHT
Am 20.9. fand im Landgericht Potsdam
die Verhandlung gegen die
Black Pearl Chauffeur Service GmbH
statt. Die Leipold & Jaxtheimer Taxi
GmbH klagte gegen den Mietwagenbetreiber
wegen wiederholter Verstöße
gegen die Rückkehrpflicht.
Dessen neue Geschäftsführerin
Ema Vucovic erschien nicht zu
dem Termin und wurde auch nicht
anwaltlich vertreten. Deshalb erging
ein Versäumnisurteil. Die Beklagte
soll die anwaltlichen Kosten der
Kläger sowie die Verhandlungskosten
tragen. Für künftige Verstöße
gegen die Rückkehrpflicht ist ein
Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €
angedroht.
durch höhere Owi-Kosten in kürzester Zeit
beheben.
Die Kennzeichnungspflicht für Mietwagen
sollte endlich in das PbefG aufgenommen
werden, damit das LABO die – schon
jetzt offensichtlich erkennbaren – Mietwagen
zu kontrollieren.
Im PBefG, § 49, Abs. 4, heißt es: Den
Taxen vorbehaltene Zeichen und Merkmale
dürfen für Mietwagen nicht verwendet werden.
Wurde es bei der bisherigen Zulassung
durch das LABO versäumt, die einzelnen
Mietwagen in Augenschein zu nehmen und
die ausgemusterten Taxen in Hellelfenbein,
die jetzt für Uber unterwegs sind, zu beanstanden?
Juristisch wohl nicht, denn der
Farbton ist kein „den Taxen vorbehaltenes“
Zeichen. Jeder darf sein Auto in Hellelfenbein
lackieren, wenn es ihm gefällt – oder
wenn er meint, damit erfolgreich Kunden
täuschen zu können.
Zur besseren Kontrolle der Umsätze und
Arbeitszeiten sowie der damit verbundenen
Mindestlohnstandards sollten endlich fiskalfähige
Wegstreckenzähler, wie sie in
Hamburg Standard sind, für Mietwagen
vorgeschrieben werden. Dies wäre die Aufgabe
der Senatsverwaltung für Umwelt,
Verkehr und Klimaschutz.
Schon jetzt gibt es für die Finanzbehörden
die Möglichkeit, wie bei jedem
Geschäftsbetrieb, über eine steuerliche
Außenprüfung – anhand der digitalisierten
Einnahme-Ursprungs-Aufzeichnung – die
Plausibilität der Umsätze von Mietwagenunternehmen
zu prüfen.
Rein rechnerisch ist es kaum vorstellbar, wie
sich Mietwagenbetriebe – bezogen auf den
Umsatz bei 25 Prozent Vermittlungsgebühr,
19 Prozent MwSt und wie im Taxigewerbe
ca. 60 bis 65 Prozent Personalkosten – die
Preise für Anschaffung und Treibstoff für
den Mietwagen überhaupt leisten können,
geschweige denn Gewinne erzielen.
Wenn Uber- und andere Mietwagenfahrer
schon keine Ortskenntnis mehr nachweisen
müssen, was katastrophal genug
ist, wünscht man sich für sie zumindest
eine Prüfung, die grundlegende rechtliche
Regelungen und Verhaltensweisen im
Personenbeförderungswesen beinhaltet –
und dazu natürlich eine Verwaltung, die
ihren Job macht und für die Einhaltung der
Regeln sorgt.
jx
TAXI DEUTSCHLAND BERLIN E. V.
Persiusstraße 7
10245 Berlin
Tel. Sekr.: +49 (0)30 / 202 02 13 10
Fax: +49 (0)30 / 202 02 13 11
E-Mail: berlin@taxideutschland.eu
www.taxideutschland.eu
www.facebook.com/taxi.deutschland.eu
Presserechtlich verantwortlich für diese
Seite: Ertan Ucar (eu)
Redaktion: Irene Jaxtheimer (jx)
TAXI SEPTEMBER/OKTOBER 2019
25
RECHT
VERGESSENE
VERKEHRSREGELN – FOLGE 8
Zum Riskieren von Knöllchen, Gefährdung oder Unfällen haben
Taxifahrer mehr Zeit als andere. Wir geben Ihnen Tipps, wie Sie auch
kuriose Ordnungs- und Bußgelder vermeiden können.
Sie benötigen Ihren klobigen alten
Fernseher nicht mehr? Kein Problem.
Man stellt ihn nachts um drei
in eine Hausdurchfahrt in der Innenstadt,
und um viertel vier hat er einen neuen
Besitzer. Mit dem klobigen alten Auto
geht das nicht so einfach. Wer ein Kfz auf
öffentlichem Straßenland, also in einer
normalen Parklücke, parkt, hat eine Sicherungspflicht.
Er muss verhindern, dass
das Fahrzeug unbefugt genutzt – sprich
geklaut – wird. Dazu gehört nicht nur das
Verschließen aller Türen. Man darf auch
Autofenster nicht mehr als einen Spaltbreit
geöffnet lassen, wenn man sich vom Auto
entfernt. Das gilt auch im Hochsommer,
wenn im Auto schnell Temperaturen von
über 60 Grad entstehen. Kind, Hund oder
Schwiegermutter im Auto lassen ist dann
so oder so keine gute Idee. Doch auch, wenn
kein Lebewesen im Fahrzeuginnern nach
Luft röchelt: Ein Kfz, das unzureichend
So sollte man ein Auto nicht länger stehen
lassen, ansonsten droht teurer Ärger.
Nicht in allen Situationen ratsam, aber
erlaubt: Im Auto gibt es keinen Dresscode.
gegen Diebstahl gesichert ist, kann die
Polizei zur Sicherung abschleppen lassen.
Wer das bezahlt, dürfte wohl klar sein.
Wohl dem, der ein Cabrio hat, könnte
man nun denken. Das stimmt aber nur
insoweit, als der Innenraum nicht zur
Sauna wird. Was die juristische Sicherungspflicht
betrifft, dürfen Sie Paragraphen
nicht unterschätzen: Auch bei offenem
Verdeck gelten heruntergelassene
Fenster als mangelnde Sicherung gegen
unbefugte Nutzung, auch wenn es den
Anforderungsgrad für normal intelligente
Diebe nicht signifikant senkt.
ERREGUNG IST NICHT
GLEICH ERREGUNG
À propos Sauna. Gesangslegende Udo
Lindenberg erfand nicht nur die bodenlose
Lodenhose, die Gasmaske gegen Dröhnoxid
und den bonbonrosa-schraubgehupten
Amphibien-Rolls-Royce, sondern auch den
Tatbestand der „Erregung öffentlicher Erregung“.
Ein Straftatbestand ist sie nicht. Sie
dürfen privat nackt Auto fahren. Also auch
barfuß, obwohl gerade Taxifahrern aus
gutem Grund von beidem abgeraten wird.
Stellt sich aber bei einem barfuß erlittenen
Unfall heraus, dass vernünftiges Schuhwerk
den Versicherungsschaden hätte verhindern
können, so droht Verdruss. Und
beim FKK-Fahren sollten Sie sich vor dem
Aussteigen anziehen, ansonsten könnte
die erregte Erregung eher juristischer als
romantischer Natur sein.
Für wen soll ich denn noch alles bremsen?
Diese Frage klingt nach einem tendenziell
selbstgefälligen Verkehrsteilnehmer
auf zwei, vier oder mehr Rädern. Schon
der Kabarettist Volker Pispers machte sich
über Aufkleber mit der Aufschrift „Baby
an Bord“ lustig und sagte, wenn er das an
einem Autoheck lese, dann überlege er
sich das mit dem Auffahrunfall im letzten
Moment nochmal. Die scheinbar selbstgefällige
Frage ist aber für Kraftfahrer an
einem Zebrastreifen durchaus sinnvoll.
Jeder Autofahrer kennt die Situation: Ein
Radfahrer, der der Meinung ist, für ihn
Muss man am Zebrastreifen vorlassen: Wer
auf der Pedale steht, gilt als Fußgänger.
Muss man ebenfalls vorlassen: Auch mit
Rollschuhen ist man offiziell Fußgänger.
Hat keinen Vorrang: Radfahrer, der widerrechtlich
den Zebrastreifen benutzt.
gelten keine Regeln, auf ihn selbst müssen
aber alle Rücksicht nehmen, benutzt den
Zebrastreifen, um die Fahrbahn zu queren
und die vermeintliche Wartepflicht der
anderen auszunutzen. Natürlich ist er im
Irrtum: Was im Volksmund Zebrastreifen
heißt, ist auf Amtsdeutsch ein Fußgängerüberweg
– und kein Radweg. Wenn Sie mit
dem Auto also schneller sind und nicht
der Radfahrer Sie zum Bremsen zwingen
FOTOS: pixabay.com, ajr_images / stock.adobe.com , Axel Rühle / Taxi TImes
26 SEPTEMBER/OKTOBER 2019 TAXI
RECHT
FOTOS: Axel Rühle / Taxi TImes
kann, sondern umgekehrt, ist alles gut –
allerdings nur, wenn der Radler auf dem
Drahtesel sitzt und nicht auf der Pedale
steht. Der Teufel steckt nämlich auch hier
wieder einmal im Detail, genauer gesagt
in der Definition. Ein Tier ist eine Sache,
ein drei Minuten verspäteter Zug ist pünktlich,
ein Radfahrer, der nicht auf dem Sattel
sitzt, sondern auf der Pedale steht, ist ein
Tretrollerfahrer, und Tretrollerfahrer ohne
Motor sind – genau wie Rollschuh- und
Rollstuhlfahrer – per Definition Fußgänger.
Und wie Sie noch aus Folge 7 von letztem
Oktober wissen: Unfälle mit Radfahrern
bringen immer besonders viel Verdruss,
auch wenn der Radfahrer rücksichtslos und
im Unrecht ist. Sie kennen das Gerücht „der
Klügere gibt nach“. Das ist normalerweise
Quatsch, denn dann wird die Welt auf
kurz oder lang von Dummen beherrscht.
Bei Konflikten mit Kamikaze-Radfahrern
trifft die vermeintliche Weisheit aber leider
doch zu – sogar mehr als sonst im
Straßenverkehr.
DER REISSVERSCHLUSS IST
NICHT IMMER OPTIMAL
Das Reißverschlussverfahren ist seit
Jahrzehnten eine bewährte soziale Regel,
auch wenn es immer wieder Egoisten
gibt, die sich einen Nutzen davon versprechen,
bei einer Drängelaktion zwei,
drei Autolängen zu gewinnen. Das spart
sicherlich wertvolle Zehntelsekunden.
Wenn bei zähfließendem Verkehr an der
Autobahneinfahrt die Fahrer mit normalem
Testosteronspiegel sich gechillt frühzeitig
einordnen, schießen immer wieder
ein paar PS-Junkies rechts vorbei, die den
Beschleunigungsstreifen bis zum letzten
halben Meter ausnutzen, um sich dann
in letzter Sekunde links reinzudrängeln.
Nun sagt die Straßenverkehrsordnung,
dass man bei einer Fahrbahnverengung
im Zuge des Reißverschlussverfahrens den
„Stauraum nutzen“ und sich erst ganz spät
einordnen soll. Vorausschauendes Fahren
ist also nicht immer gefragt. Anders ist es
aber an der Autobahnauffahrt: Ein endender
Beschleunigungsstreifen ist gar keine
Fahrbahnverengung, deshalb gilt hier
nicht das Reißverschlussverfahren, folglich
sind die Fahrer auf der Autobahn keineswegs
verpflichtet, die Fahrzeuge vom
Beschleunigungsstreifen aktiv „reinzulassen“.
Vernünftige tun es natürlich dennoch
bzw. wechseln mal eben eine Fahrspur
nach links, sofern das in dem Moment
gefahrlos möglich ist, doch man sollte die
Bezeichnung Beschleunigungsstreifen
schon würdigen und beim Einfädeln die
anderen nicht ausbremsen. Gerade an
den Auffahrten Auguste-Viktoria-Straße,
Saatwinkler Damm und Siemensdamm
ist Zurückhaltung ausnahmsweise fehl
am Platz.
Ist die Autobahn nicht so voll, hat man
es gleich mit der nächsten Gattung von
Nervensägen zu tun: Sie wechseln nach
wenigen Sekunden Autobahnfahrt grundlos
und nervös auf die mittlere Spur, ohne
jemanden zu überholen. Der Begriff des
Rechtsfahrgebots ist ihnen so fremd wie
Uber-Fahrern die Rückkehrpflicht. Ob sie
Angst haben, von der Autobahn zu fallen,
so wie man von der Erde fällt, wenn man
zu nah an den Rand kommt? Oft merken
sie auch dann noch nichts, wenn rechts
an ihnen eine lange Fahrzeugkolonne
vorbeizieht.
Nun verhält sich nicht jeder falsch, der
länger die mittlere Spur nicht verlässt.
Fährt man schneller als die Fahrzeuge auf
der rechten Spur, so verlangt natürlich
kein Gesetz, dass man alle paar Sekunden
die Spur wechselt. Das „Schlangenlinienfahren“
sollte unbedingt den Betrunkenen
als exklusives Erkennungszeichen vorbehalten
bleiben. Erst, wenn die Lücken
zwischen den Fahrzeugen auf der rechten
Spur so groß sind, dass man jeweils mehr
als 20 Sekunden rechts bleiben kann,
bevor man wieder überholt, greift das
Rechtsfahrgebot.
Auf der A 100 wird so etwas vermutlich
selten passieren. Da sieht man eher
Trottel, die auf der Mittelspur mit dem
exakt gleichen Tempo schleichen wie ihr
30 Meter entfernter Vordermann auf der
rechten Spur. Und wer sich auf einer (nicht
vollen) Autobahn rechts überholen lässt,
hat nicht mehr den Status Trottel, sondern
zählt zur Kategorie Plage. Bestraft wird
aber im Zweifelsfall wie so oft nicht der,
der das Unrecht begeht, sondern der, der
sich gegen das Unrecht wehrt, und sei es
nur durch harmloses Rechtsüberholen.
HUPE UND LICHTHUPE WAREN
URSPRÜNGLICH KEINE WAFFEN
Übrigens gibt es auf Autobahnen nicht
nur keine generelle Höchstgeschwindigkeit,
sondern ebenso keine Mindestgeschwindigkeit.
Es ist zwar verboten, eine
Autobahn mit einem Fahrzeug zu befahren,
das keine 60 km/h schafft, doch ist es
durchaus erlaubt, die schöne Aussicht und
die Stille im Tunnel unter dem Rathenauplatz
bei 30 km/h zu genießen, wenn man
sich das traut. Nur empfiehlt sich dafür
eben die rechte Spur.
Eine sehr viel schlimmere Kategorie als
die der Plage ist auf Autobahnen meist auf
der linken Spur anzutreffen: die aggressiven
Drängler. Leider werden sie in der oberflächlichen
Diskussion meist mit denen in
einen Topf geworfen, die einfach legitim
zügig vorwärts kommen wollen und ihren
Reindrängeln in letzter Sekunde – Testosteron-Junkies
wissen, wie man wertvolle
Zehntelsekunden spart.
Nicht nur für andere nervig, sondern auch
verboten: minutenlanges Fahren auf der Mittelspur,
ohne jemanden zu überholen.
träumenden Vordermann auch mal per
Lichthupe darauf aufmerksam machen,
dass ein Überholvorgang erst mit dem
Wechsel zurück auf die vorherige Fahrspur
vollendet ist – was ebenso erlaubt ist wie
das Ankündigen eines Überholvorgangs
außerorts durch Hupen. Dieser erlaubte
Vorgang wird aber dann schnell zur Nötigung
und zu einer echten Gefahr, wenn
dabei der vorgeschriebene Sicherheitsabstand
unterschritten wird.
Unser Tipp für den Stadtverkehr und die
A 100: Jede Viertelminute, die Sie durch
entspanntes Mitschwimmen, Rechtsfahren
und Nichtdrängeln verlieren, bis Sie am
Fahrziel sind, erhöht Ihre Lebenserwartung
aufgrund geringeren Blutdrucks um
schätzungsweise ein Jahr.
ar
Wer im Rückspiegel Fernlicht sieht, darf den
Fehler gerne auch bei sich selbst suchen.
TAXI SEPTEMBER/OKTOBER 2019
27
RECHT
FREIE FAHRT FÜR ALLE?
Man könnte meinen, das heutige Verkehrskonzept räume allen
Teilnehmern am Straßenverkehr die gleichen Rechte ein, ohne darüber
nachzudenken, dass alle nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten haben.
Es ist nun vom Verkehrsministerium unter anderem angedacht,
die Busspuren für die Benutzung durch sogenannte
E-Scooter bzw. Elektroroller freizugeben. Es ist dem Autor
nicht ganz klar, wie man auf derartige Ideen kommt. Jeder, der
täglich im urbanen Straßenverkehr der Großstadt unterwegs ist,
kann beobachten, wie immer mehr Menschen auf diesen Rollern
auf kleinen Rädchen durch die Gegend eiern. Der Berufskraftfahrer
fragt sich da sicherlich zu Recht, was die Freigabe der Busspur
für diese Gefährte tatsächlich bewirken soll.
Nun, zum einen sind die Roller dann von den Gehsteigen weg
und stellen dort keine potentielle oder sogar konkrete Gefahr für
Fußgänger jedweden Alters dar. Aber: Auf der Busspur fahren ja
bekanntlich nicht nur Busse, sondern auch viele Taxen. Gut, natürlich
sind Taxen nicht per se berechtigt, die Busspur zu benutzen.
Dies muss durch entsprechende Zusatzzeichen angeordnet sein.
Dennoch gibt es in Berlin eine Vielzahl von Busspuren, die von
Taxen befahren werden dürfen. Sollten die Pläne aus dem Verkehrsministerium
verwirklicht werden, steht dann die Busspur
nicht nur den Bussen und den Taxen, sondern gleichzeitig auch den
E-Scootern zur Verfügung. Es ist dem Autor dieser Zeilen unklar,
wie damit ein flüssiger Straßenverkehr gewährleistet werden soll.
Hinzu kommt folgendes: Die neue Straßenverkehrsordnung
sieht nach den Plänen von Verkehrsminister Scheuer vor, dass
Busspuren künftig für Pkw oder Krafträder mit Beiwagen freigegeben
werden, wenn sie mit mindestens drei Personen besetzt
sind. Zu Recht, so die Meinung des Autors, stoßen die Ideen des
Verkehrsministeriums auf massive Kritik. Die Vorschläge des
Ministeriums zielen natürlich darauf ab, den Straßenverkehr zu
entzerren, aber dies kann meines Erachtens nicht auf Kosten
der Spuren gehen, die mit einer Entlastung des Verkehrs bereits
zum jetzigen Zeitpunkt ausgelastet oder teilweise überlastet sind.
Die hohe Verkehrsdichte, befeuert durch immer neue Autos
auf den Straßen, gepaart mit dem nicht unerheblichen Anteil von
Fahrerinnen und Fahrern, die sich rücksichtslos im Straßenverkehr
bewegen, führt letztlich dazu, dass ein vernünftiges Durchkommen,
egal wo, unmöglich wird. Dabei lernt ein jeder in der
Fahrschule zuallererst folgendes:
§ 1 Grundregeln:
(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht
und gegenseitige Rücksicht.
(2) Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich so zu verhalten, dass
kein Anderer geschädigt, gefährdet oder – mehr als nach den
Umständen unvermeidbar – behindert oder belästigt wird.
Diejenigen, die keine Fahrerlaubnis besitzen und daher nicht
oder noch nie selbst im fahrerlaubnispflichtigen Gefährt unterwegs
waren, sollten diese Grundregeln zumindest mit Hilfe des
gesunden Menschenverstandes anwenden können. Diese Grundregeln
werden leider von allen Verkehrsteilnehmern viel zu selten
beachtet. Eine sondere Häufung von Rücksichtslosigkeit – so die
Erfahrung auch des Autors – ist dabei von Radfahrerinnen und
Radfahren zu beobachten. Die fehlende Rücksichtnahme auf den
motorisierten Straßenverkehr – insbesondere den berufskraftfahrenden
Verkehrsteilnehmern – führt nicht selten zu Konflikten
aller Art. Solche Konflikte ließen sich oftmals relativ leicht vermeiden,
wenn sich auch und gerade die Radfahrer an ein vernünftiges
Miteinander im Straßenverkehr hielten.
In der Hoffnung, dass Sie sich immer und überall mit allen
Verkehrsteilnehmern gut vertragen,
herzlichst, Ihr Rechtsanwalt Herbst
FOTO: Axel Rühle / Taxi Times
28 SEPTEMBER/OKTOBER 2019 TAXI
RECHT
DOCH KEINE
AUSNAHME
FÜR TAXEN
Von den jetzt in Kraft tretenden Diesel-Fahrverboten auf mehreren
Abschnitten von Hauptverkehrsstraßen in Berlin werden Taxen
entgegen bisheriger Ankündigungen doch nicht ausgenommen.
Die Schilder sollten schon im September stehen, aber es gab
wohl Lieferschwierigkeiten. Wenn Sie diese Taxi-Times-
Ausgabe in der Hand halten, dürfte es bereits so weit sein.
Auf eine entsprechende Anfrage der „Innung“ antwortete
die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz
(SenUVK), „dass die neuen Fahrverbote mit Anlieger-frei-Regelung
angeordnet werden.“
Für Taxen bedeutet dies das gleiche wie bei Fahrradstraßen:
Nur in genau dem beschränkten Straßenabschnitt, in dem der
Fahrgast abgeholt oder abgesetzt werden muss, besteht die Einfahrterlaubnis,
wobei SenUVK anmerkt: „Die Zieladresse muss
bei Kontrollen nachgewiesen werden. Eine Durchfahrt mit einem
Diesel-Fahrzeug mit der Schadstoffklasse Euro 5 oder schlechter,
um ein Anliegen jenseits des betroffenen Straßenabschnitts zu
erledigen, ist hingegen nicht erlaubt [...] auch dann, wenn die
Fahrt [...] schneller bzw. kürzer wäre.“
Mitte, Brückenstr. (Holzmarktstr. Köpenicker Str.)
Mitte, Friedrichstr. (Dorotheenstr. Unter den Linden)
Mitte, Leipziger Str. (Leipziger Platz Markgrafenstr.)
Mitte, Reinhardtstr. (Charitéstr. Kapelleufer)
Moabit, Alt-Moabit (Beusselstr. Gotzkowskystr.)
über Hardware-Nachrüstungen vom BMVI funktionierte am
16.10. nicht, der andere zum IBB-Business-Team mit Informationen
zu besagtem Förderprogramm, wo auch gleich online ein
entsprechender Antrag gestellt werden kann. Die Nachrüstung
geht nicht von heute auf Morgen, doch das Schreiben zeigt: Der
Senat meint es ernst mit dem Streben nach sauberen Motoren.
Gleichzeitig mit Einführung der Diesel-Fahrverbote wird die
Geschwindigkeit laut Verkehrssenatorin Regine Günther (Bündnis
90/Die Grünen) auf etlichen weiteren Abschnitten großer
Straßen für alle Fahrzeuge mit der Begründung „Luftreinhaltung“
auf 30 km/h begrenzt.
Die Diesel-Fahrverbote und ihre Wirksamkeit sind hoch
umstritten, da das Risiko betroffener Autofahrer, im Falle einer
Missachtung Nachteile zu erfahren, sehr gering sein dürfte. In
einer Stadt, in der Kontrollbehörden ihren Aufgaben bekanntermaßen
nicht nachkommen, erscheint das Risiko, für Ordnungswidrigkeiten
belangt zu werden, verschwindend gering.
Und Diesel-Fahrer, die das Verbot ernstnehmen, werden einfach
Umwege fahren und entsprechend mehr Abgase emittieren –
was den Sinn der ganzen Maßnahme wiederum in Frage stellt.
Sollten die Kontrollbehörden ihre Untätigkeit aber eines Tages
beenden, wird das Taxigewerbe diese Umwege sicherlich gerne
in Kauf nehmen – wenn im Gegenzug die Rückkehrpflicht von
Mietwagenfahrern effektiv kontrolliert wird.
ar
Moabit, Stromstr. (Bugenhagenstr. Turmstr.)
FOTO: marog-pixcells / stock.adobe.com
Neukölln, Hermannstr. (Emser Str. Silbersteinstr.)
Neukölln, Silbersteinstr. (Hermannstr. Karl-Marx-Str.)
Die Straßenabschnitte, auf denen künftig weder Privatautos noch
Taxen mit der Schadstoffklasse Euro 5 oder schlechter fahren dürfen
(bis auf direkte Anlieger)
Da dies also mit der gesetzlichen Vorschrift kollidiert, die
kürzeste Strecke zu fahren, und man bei SenUVK vermutlich
den Grad der Begeisterung im Taxigewerbe ahnt, folgt in dem
Schreiben noch der Hinweis: „Um mögliche Beeinträchtigungen
[...] zu vermeiden, sollten gerade Taxen [...] nachgerüstet oder
durch saubere Fahrzeuge wie Elektro-Hybridfahrzeuge ersetzt
werden. Für die Förderung der Elektromobilität im Wirtschaftsverkehr
gibt es z. B. seit mehr als einem Jahr das Berliner Förderprogramm
WELMO“ – und zwei Links. Einer zu einem Dossier
22,90€
LERNBUCH UND APP
Spezialatlas zum
Taxischein für Berlin
Das Standardwerk für P-Schein-Anwärter,
Ausbilder und Prüfer zur Klärung von Fragen
zur Ortskunde in Berlin
Mehr Infos: www.spezialatlas.de
Die Trainings-App (Android; iOS) zur Vorbereitung auf
die P-Schein-Prüfung für Taxifahrer in Berlin.
Neu: mit Prüfungssimulation
TAXI SEPTEMBER/OKTOBER 2019
29
ANTRIEB
MIT H 2 IN DIE ZUKUNFT
Löst die Wasserstoffbrennstoffzelle die Probleme mit der
Elektromobilität? Die NOW GmbH Nationale Organisation
Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie bietet Antworten.
Sie „koordiniert und steuert das
Nationale Innovationsprogramm
Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie
(NIP) der Bundesregierung
und die Förderrichtlinien Elektromobilität
sowie Ladeinfrastruktur (LIS) des Bundesministeriums
für Verkehr und digitale Infrastruktur
(BMVI). Im Auftrag des BMVI
unterstützt die NOW außerdem bei der
Weiterentwicklung der Mobilitäts- und
Kraftstoffstrategie (MKS).“ Was für ein
Wortgeklingel!
Was bedeutet das? Die Bundesregierung
bemüht sich offenbar stark, die Wasserstofftechnologie
voranzubringen. Dafür
gibt sie seit einigen Jahren viele hundert
Millionen Euro für Forschung, Entwicklung
und Verbreitung dieser Technologie
an alle möglichen Firmen und Institutionen
aus.
Nachdem die Elektrifizierung des Straßenverkehrs
jetzt offenbar „alternativlos“
ist und die batterieelektrische Variante,
wohlwollend formuliert, in Deutschland
ein bisschen spät dran ist, scheint die Bundespolitik
hier einmal vorausschauend zu
handeln.
Zweifellos werden die Fahrbatterien
billiger und leistungsfähiger, so dass die
batterieelektrischen Autos in absehbarer
Zeit für die meisten Zwecke alltagstauglich
werden. Für das massenhafte Laden
von E-Autos muss das Verteil-Netz aus- und
umgebaut werden. Das wird dauern. Für
den Gütertransport auf der Straße wird die
batterieelektrische Variante nie taugen,
sagen Experten. Und die Fernlogistik ist
ein dicker Batzen im Straßenverkehr.
GÜTERFERNVERKEHR
GEHÖRT AUF DIE SCHIENE
Batterien sind für lange Strecken zu
schwer. Sie reduzieren die Nutzlast und
machen den Gütertransport unwirtschaftlich.
Besser wäre, die Laster während der
Fahrt mit Strom zu versorgen. Autobahnen
mit Oberleitungen für LKW zu versehen,
ist eine Schnapsidee, die andernorts schon
verworfen wurde. Da sollte man besser die
Bahn wieder auf Vordermann bringen. Die
fährt schon auf 60 Prozent ihrer Strecken
elektrisch.
Machbar ist das mit der Wasserstoffbrennstoffzelle.
Sie erzeugt aus Wasserstoff
und Luftsauerstoff genügend Strom,
um damit auch ein großes Fahrzeug anzutreiben.
E-Motoren, die Brennstoffzelle mit
Nebenaggregaten und Wasserstofftanks
passen in den Bauraum herkömmlicher
LKW anstelle des herkömmlichen Antriebs.
Prototypen laufen bereits.
Einige PKW mit Brennstoffzelle sind
ebenfalls bereits verfügbar. Selbst deutsche
Hersteller können das, bringen ihre
Produkte aber nicht auf den Markt. Ich bin
schon vor zehn Jahren mit einem Mercedes
mit Brennstoffzelle gefahren. Ein Dutzend
dieser A-Klasse F-Cell ist an Prominente
und andere ausgesuchte Nutzer vergeben
worden. Die deutsche Autoindustrie ist
diesmal rechtzeitig gerüstet für den nächsten
Schritt in der Elektromobilität, der das
Reichweitenproblem batterieelektrischer
Autos löst.
Der Pferdefuß an der Sache: Über 90
Prozent des derzeit verfügbaren Wasserstoffs
kommen aus fossilen Energieträgern
(Erdöl, Kohle, Erdgas). Das wird sich im
Zuge der Energiewende ändern. An sonnenund
windreichen Tagen soll der dann überschüssige
„grüne“ Strom zur Elektrolyse
von „grünem“ Wasserstoff genutzt werden.
Dieser ganze Komplex wird im Rahmen
der staatlichen NOW-Förderung vorangetrieben
und ist dabei, aus dem Experimentierund
Pilotanlagenstadium herauszuwachsen.
Seltsam, dass die Öffentlichkeit trotz zahlreicher
bunter Broschüren und aufwändiger
Kongresse kaum Notiz davon nimmt, wo das
viele Steuergeld hingeht.
wh
FOTO: Wilfried Hochfeld / Taxi Times
30 SEPTEMBER/OKTOBER 2019 TAXI
ANTRIEB
„ELEKTRO?
INTERESSIERT
MICH NICHT.”
Taxiunternehmer haben Elektroautos
getestet, die von den Herstellern zur
Verfügung gestellt worden waren.
Ergebnis: Die bisherigen Modelle taugen
noch nicht für den Taxibetrieb.
FOTO: Axel Rühle / Taxi Times
Die Teilnehmer des Tests waren
anfänglich durchaus neugierig.
Nach Informationen von Taxi
Times wurde keins der Testtaxis in den
Dauerbetrieb übernommen. Warum nicht?
Zu teuer, Zugang zu den Ladesäulen nicht
sicher möglich (Karten- und Abrechnungswirrwarr,
zugeparkt). Die geringe Reichweite
war gar nicht mal so das Problem.
Aber ein Auto, das nur jede zweite Schicht
zur Verfügung steht, lässt sich nicht
in einen wirtschaftlichen Taxibetrieb
integrieren.
War’s das nun mit der Elektrik im Taxigewerbe?
Sicher nicht. Die Elektromobilität
kommt mit ziemlicher Sicherheit.
Politik und Industrie haben sich darauf
festgelegt, und wir als Mobilitätsgewerbe
werden mitmachen müssen.
Die Bundesregierung hat sich verpflichtet,
den deutschen CO 2 -Ausstoß
stufenweise um festgesetzte Werte zu
verringern, bis 2050 auf Null. Der für
2020 festgesetzte Wert ist nicht mehr zu
erreichen, der für 2030 nur mit sofortigen
einschneidenden Maßnahmen. Die Autoindustrie
hat sich verpflichtet, den durchschnittlichen
CO 2 -Ausstoß ihrer Autos
unter bestimmte Werte zu drücken. Bei
dem anhaltenden SUV-Boom kann das
nicht gelingen, ohne gleichzeitig eine
Vielzahl von Autos ganz ohne Emissionen
unters Volk zu bringen.
Bei Nichterreichen der vereinbarten
Zielwerte drohen Staat und Industrie
hohe Strafzahlungen. Die jahrzehntelange
Kumpanei zwischen beiden mit der
Hoffnung, sich durch Berechnungen mit
fiktiven Zahlen und handfestem Betrug
durchmogeln zu können, ist gescheitert.
Der Staat fördert im Verkehrssektor
massiv den Ausbau der Ladeinfrastruktur
und die Anschaffung von Elektroautos
und plant Restriktionen für den Individualverkehr.
Berlins Verkehrssenatorin
Regine Günther denkt öffentlich über
eine City-Maut nach. Die deutschen Autobauer
bringen langsam Autos auf den
Markt, bei denen der Verbrennungsmotor
durch einen Elektromotor ausgetauscht
wurde – und verkünden große Elektroprogramme
für die nahe Zukunft.
Wo steht das Taxigewerbe? In den Startlöchern.
Ein Mehrwagenbetrieb kann
weiterhin auf bessere Bedingungen warten
und so lange Hybrid bzw. die letzten
Gas-Taxen kaufen. Oder er wagt den
Schritt und kombiniert eine Zehner-Flotte
mit der notwendigen Lade-Infrastruktur.
Dass das funktioniert, beweist aktuell ein
Münchener Taxiunternehmer (siehe Seite
13). Für solch ein Geschäftsmodell kann
sich ein E-Taxi unter Umständen schon
jetzt rechnen – unter Mitnahme aller Förderungen.
Das gilt auch für einen Alleinfahrer,
der sowieso nur jede zweite mögliche
Schicht fährt.
Die Entwicklung der Elektromobilität
geht in großen Schritten voran. Die Reichweiten
wachsen. Die Lademöglichkeiten
werden besser. Die Batteriepreise befinden
sich im freien Fall, sagen Experten. Es
lohnt sich, da ein Auge drauf zu behalten,
um den richtigen Zeitpunkt nicht zu verpassen.
wh
SHK-Rechtsanwälte
Martina Schweickhardt
Rechtsanwältin & Notarin
Notariat
Verkehrsrecht
Strafrecht
Zivilrecht
Daniel Herbst
Rechtsanwalt
Nachodstraße 19
10779 Berlin
(im Erdgeschoss)
Telefon: 030 / 210 023 40
André Klemm
Rechtsanwalt
TAXI SEPTEMBER/OKTOBER 2019
31
BERLIN
WAS KOMMT AM TXL UND IN
SIEMENSSTADT AUF UNS ZU?
An der TXL-Nachnutzung wird seit zehn Jahren geplant. Der Plan für
die Siemensstadt nimmt gerade Gestalt an. Uns stehen die Urban Tech
Republik und die Siemensstadt 2.0 ins Haus.
Das sind die Namen zweier Berliner
Großprojekte. An beiden Orten
soll nichts weniger als die Stadt
der Zukunft entstehen. Smart Cities mit
paradiesischen Arbeits- und Lebensverhältnissen,
emissionsfrei, naturnah und
ohne lästigen Verkehr.
Das dereinst ehemalige Flughafengelände
kommt dem Traum eines jeden
Architekten und Stadtplaners nahe – eine
riesige freie Fläche. In das unter Denkmalschutz
stehende TXL-Sechseck kommt die
Beuth-Hochschule, drum herum ein Forschungscampus
à la Adlershof. Entlang
der Landebahnen sollen forschungsnahe
Produktionsstätten und Gewerbe, ans Ostende
des Geländes ein neues Wohngebiet.
Eine massentaugliche Verkehrsanbindung
ist in den Planungen nicht erkennbar.
Auf dem Gelände sollen nach Möglichkeit
nur emissionsfreie Fahrzeuge verkehren,
verteilt über Mobilitäts-Hubs mit Fahrrädern,
E-Mobilen und autonomem ÖPNV.
Die Fahrzeuge von außerhalb sollen in
zentralen Parkhäusern verschwinden. Eine
Anbindung durch U-Bahn oder S-Bahn ist
denkbar, wird aber nicht konkret vorangetrieben.
Daraus ist schon damals für den
Flughafen nichts geworden. Das Märkische
Viertel wartet seit 25 Jahren auf seinen
U-Bahn-Anschluss. Die Planungen für
die Urban Tech Republic sind weit fortgeschritten
und die rechtlichen Grundlagen
geschaffen.
Für die neue Siemensstadt 2.0 existiert
erst mal nur der intellektuelle Überbau und
das Wohlwollen der Berliner Politik. „Der
Kiez für Macher“ mit Wohnen, Gewerbe,
Arbeiten und Forschen soll der Unternehmenstransformation
des Weltkonzerns
Siemens dienen. Das schwer steuerbare
Dickschiff will sich mehr die Schwarmintelligenz
vieler unabhängiger Macher
zunutze machen, für die die neue Siemensstadt
einen angenehmen Rahmen bieten
will. Zur vernünftigen Anbindung soll die
Siemensbahn wieder aufgebaut werden.
Eigentlich sind das ja schöne Aussichten
für die Entwicklung Berlins. Allerdings
verlaufen Großprojekte hier gerne mal
im Sande. Es gibt Beispiele aus mehreren
Jahrhunderten. Zur Feier der siegreichen
Befreiungskriege sollte Schinkel nach 1815
einen großen, repräsentativen Dom in der
Stadt bauen. Herausgekommen ist dabei
das Kreuzberg-Denkmal, das einer Turmspitze
dieses Doms entspricht.
Hitlers Welthauptstadt Germania ist uns
erspart geblieben. Einen kleinen Eindruck
von den geplanten Straßenausmaßen bietet
der Platz des 4. Juli in Lichterfelde. So breit
sollte der „4. Ring“ von Germania werden.
Die autogerechte Stadt Berlin ist ein
Torso geblieben. Der Stadtring wurde nie
geschlossen, die Westtangente nicht fertig
gebaut, ein Autobahnkreuz über dem Heinrichplatz
gar nicht mehr ins Auge gefasst.
Stadtbaurat Hans Scharouns Planung ist
in der Schublade verschwunden. Vom BER
wollen wir gar nicht reden – wobei seine
Fertigstellung die Voraussetzung für die
Urban Tech Republic ist.
wh
ZEICHNUNG: Tegel Projekt GmbH
32 SEPTEMBER/OKTOBER 2019 TAXI
Die Kant-Garagen (2012): ein Baudenkmal, an dem für viele Taxifahrer viele Erinnerungen hängen
NEUER GLANZ
FÜR DIE KANT-GARAGEN
Es gab in den 70er- bis 90er-Jahren wohl kaum einen studentischen
Taxifahrer, der nicht mal eine Schicht bei Theuners Kant-Taxi gefahren
ist oder nicht einmal bei „Hansi“ Lutters Tankstelle getankt hat.
FOTOS: René Hartmann, Bundesarchiv 102-10459
In der Kantstraße 127 war ein großer
Taxibetrieb, bei dem immer eine Taxischicht
frei war, und die Tankstelle
hatte immer offen. Aber die immer etwas
heruntergekommen wirkenden Kant-Garagen
haben eine viel längere Geschichte.
Erbaut wurden sie 1930 als Kant-Garagen-Palast,
und zwar in damals hochmoderner
Stahlbetonskelettbauweise mit
vorgehängter Glasfassade. Drinnen gab es
350 Einzelboxen und 150 Sammelplätze für
Kraftfahrzeuge, unten eine Tankstelle und
im Hof einen Werkstattplatz.
Ein echter Palast des Automobilismus,
der sich bis in unsere Jahre fast im Originalzustand
erhalten hat. Die Kant-Garagen
mit ihren doppelt gewendelten Auffahrrampen
dienten als Vorbild für viele Hochgaragen
der Nachkriegszeit.
Den Krieg hat das Gebäude fast unbeschädigt
überstanden. Nur die Glasfassade
war zu Bruch gegangen. Der ursprüngliche
Besitzer bekam sein zwangs-„arisiertes“
Haus zurück. An die Stelle seiner kriegszerstörten
Villa rechts daneben wurde der
unscheinbare Flachbau gesetzt, in dem
später der bekannte Taxibetrieb unterkam.
1962 erwarb der in Berlin weltberühmte
Baulöwe Karl-Heinz Pepper (Hochhäuser
am Ernst-Reuter-Platz, Einkaufszentrum
Siemensstadt, Europa-Center) die Kant-Garagen
und machte nichts mehr daran. Bis in
die 2000er Jahre rotteten sie bei ständiger
Die Kant-Garagen von innen im
Eröffnungsjahr 1930
Nutzung dahin. Karl-Heinz Pepper und
seine Verwaltung am Ernst-Reuter-Platz
waren langjähriger Stammgast beim City
Funk. Vielen Taxifahrern wird er persönlich
begegnet sein.
Nach seinem Tod
wollten die Erben
das einzigartige
Baudenkmal der
Zwischenkriegsmoderne
abreißen
und durch einen
Neubau ersetzen.
Es entbrannte ein
Gutachterkrieg vor
Gericht mit dem
Ergebnis, dass das
denkmalgeschützte
Gebäude erhalten
werden muss.
Der neue Besitzer wird die Fassade und
viele bauliche Details im Inneren originalgetreu
wiederherstellen. Ins Parterre
kommt ein öffentlich zugänglicher Markt
nach Art der Markthalle 9 in Kreuzberg.
In die Obergeschosse kommen Büros und
Galerien, auf das Dach kommt ein luxuriöses
Penthouse mit Swimmingpool. Die
alten Garagenboxen werden zum größten
Teil herausgerissen.
Der Automobilismus hat ausgedient. Er
braucht keine Paläste mehr. Der Kant-Garagen-Palast
soll mit anderer Funktion in
neuem Glanz erstrahlen. Die Bauarbeiten
sind im Gange.
wh
TAXI SEPTEMBER/OKTOBER 2019
33
SATIRE
„U20 FLEX”
WIRD START-UP
DES JAHRES
Es wurde immer schwieriger, für die beliebten
20-Monats-GmbHs noch freie Namen zu finden.
Dank eines Start-Ups wird nun alles besser. Der
gesamtgesellschaftliche Nutzen ist gigantisch.
Der Gesundheitszustand der Gründer
solcher GmbHs im Berliner
Personenbeförderungsgewerbe
hatte sich in den letzten Jahren massiv verschlechtert.
Alpträume, schlaflose Nächte,
Panikausbrüche und Angstzustände waren
die Hauptsymptome als Folge daraus, dass
es kaum noch verfügbare Namen für potenzielle
20-Monats-GmbHs gab, mit denen
früher Taxi- und heute vermehrt Mietwagenbetriebe
gegründet wurden. Die
Behandlungen dieser Symptome hatten
dem Berliner Gesundheitswesen Kosten
von mehreren Millionen Euro verursacht.
Dann aber erschien wie Phönix aus
der Asche das Start-Up „U20Flex“, dessen
gleichnamige App alle Probleme auf
einen Schlag löste. Das Geschäftsprinzip
von U20Flex ist ganz einfach: Mit Hilfe
eines automatisierten Scans sämtlicher
in deutscher und auch türkischer Sprache
verfügbaren Handelsregisterauszüge und
eines eigens programmierten Algorithmus
schlägt die Software Firmennamen vor, die
garantiert noch in keinem Handelsregistereintrag
aufgetaucht sind. Mit der Zusatzfunktion
„Schwaxi“, einer Wortkombination
aus „Schwarz“ und „Taxi“, erstellt das
Programm sogar Namen, die einen Bezug
zum Taxigewerbe vermuten lassen. Analog
dazu gibt es für den Mietwagenbereich das
Feature „Schwamie“.
Der hohe Nutzen sprach sich schnell
herum und Berlins Gesundheitssenatorin
kürte das Unternehmen prompt zum
„Unternehmen des Jahres“. „Meine Behörde
konnte allein im letzten Jahr 1,3954 Millionen
an Behandlungskosten einsparen.
Dieses Geld kann prima zur Linderung
der Atemwegserkrankungen aufgrund
gestiegener Schadstoffgrenzwerte aufgewendet
werden, die seit der Zunahme der
Berliner Mietwagenkonzessionen zu verzeichnen
sind.“
Auch Führungskräfte des LABO und
der Finanzverwaltung hatten bei der Wahl
geschlossen für U20Flex gestimmt. Man
könne sich als LABO darauf verlassen, dass
Unternehmen, welche die U20Flex-App
nutzen, garantiert keine Namen verwenden,
die in irgendeiner Form schon einmal
aufgetaucht sind. „In einer Woche hatten
wir mal drei Anmeldungen namens Save
Drive GmbH. Dank U20Flex konnte sich
ein Unternehmen auf ‚Drive Save GmbH’
umbenennen und eine weitere 20-Monats-
GmbH auf ‚drave20 GmbH’, verkündete ein
sichtlich erleichterter ranghoher Mitarbeiter
des LABO.
„Hier sind wir auf unseren Algorithmus
besonders stolz“, berichtet Ömer P.,
Geschäftsführer von U20Flex: „In ‚drave
20’ steckt sowohl das Wort drive als auch
das Wort save. Und die 20 symbolisiert
gleichzeitig deren Unternehmenszweck.
Zufrieden zeigte sich auch die Finanzverwaltung:
„Wie oft haben wir mit der
Überprüfung von GmbHs begonnen, die
dann plötzlich abgemeldet worden waren.
Damit war der ganze bisherige Aufwand
umsonst“, beklagt sich ein Finanzprüfer
am Rande der Preisverleihung. „Jetzt
erkennen wir gleich, wenn es sich um eine
20-Monats-GmbH handelt und lassen von
vornherein die Finger davon. Das schafft
die nötigen Personal-Ressourcen, so dass
wir nun verstärkt diejenigen Taxiunternehmen
genauer unter die Lupe nehmen
können, die hohe und ehrliche Umsätze
angeben.“
hs
IMPRESSUM
Verlag
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Redaktion (tt)
Stephan Berndt (sb), Jürgen Hartmann (jh), Wilfried
Hochfeld (wh), Axel Rühle (ar), Hayrettin Şimşek (hs)
E-Mail: tt-berlin@taxi-times.taxi
Mitarbeiter dieser Ausgabe
Daniel Herbst (dh)
Grafik & Layout
Stanislav Statsenko, info@inversi-design.de
Anzeigenleitung und Vertrieb
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Erscheinungsweise: 6 x pro Jahr
Heftpreis: 3,50 € (inkl. MwSt.)
ISSN-Nr.: 2367-3842
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Taxi Times DACH, Taxi Times München
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Taxigewerbes e. V., Taxi Deutschland Berlin
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bekommen in Taxi Times Berlin eigens gekennzeichnete
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34 SEPTEMBER/OKTOBER 2019 TAXI
FEHLT IHNEN WAS (AUF)?
Uns schon! Wie auch schon in den letzten Ausgaben,
fehlen auch in dieser Taxi Times wichtige Werbekunden.
Verkaufs- und Imageanzeigen von Fahrzeugherstellern
und der Industrie waren bisher immer ein wesentlicher standteil der Finanzierung unserer redaktionellen
Be-
Arbeit.
Trotzdem werden wir als Sprachrohr der Taxibranche
unsere Berichterstattung auf keinen Fall reduzieren. Das
sind wir gerade in der jetzigen Phase allen Taxiunter-
nehmern schuldig, aber auch den Politikern und Aufsichtsbehörden,
die ebenfalls zu unseren Lesern gehören.
Taxi Times wird also weiterhin berichten. Online wie per
Print. Für uns ist das selbstverständlich. Für Sie auch?
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*Kraftstoffverbrauch innerorts/außerorts/kombiniert (l/100 km): 4,9/4/4,3;
CO₂-Emissionen kombiniert (g/km): 115-107
1Die angegebenen Werte wurden nach dem vorgeschriebenen Messverfahren ermittelt. Es handelt sich um die „NEFZ-CO₂-Werte“ i. S. v. Art. 2 Nr. 1 Durchführungsverordnung (EU)
2017/1153. Die Kraftstoffverbrauchswerte wurden auf Basis dieser Werte errechnet. Die Angaben beziehen sich nicht auf ein einzelnes Fahrzeug und sind nicht Bestandteil des Angebots,
sondern dienen allein Vergleichszwecken zwischen verschiedenen Fahrzeugtypen. Die Werte variieren in Abhängigkeit der gewählten Sonderausstattungen. Weitere Informationen
zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und den offiziellen spezifischen CO₂-Emissionen neuer Personenkraftwagen können dem „Leitfaden über den Kraftstoffverbrauch und die CO₂-
Emissionen neuer Personenkraftwagen“ entnommen werden, der an allen Verkaufsstellen und bei der Deutschen Automobil Treuhand GmbH unter www.dat.de unentgeltlich erhältlich
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