KÄNGURU April 2019
Natur: Raus ins Grüne! Ausflugstipps für Familien Wichtig: Schwimmen lernen Neues aus der Region Veranstaltungskalender
Natur: Raus ins Grüne! Ausflugstipps für Familien
Wichtig: Schwimmen lernen
Neues aus der Region
Veranstaltungskalender
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
20<br />
FAMILIENLEBEN Natur<br />
RAUS INS GRÜNE!<br />
Warum wir mit unseren Kindern mehr Zeit in der Natur verbringen sollten<br />
© iStockphoto.com/Lisa5201<br />
Die Kinder aus Bullerbü lebten in einem kleinen Paradies:<br />
lange Sommernächte zwischen Heuballen, Versteckspielen<br />
im Kuhstall und Schlittschuhlaufen auf<br />
dem See. Und obwohl Lasse dabei ins eiskalte Wasser<br />
stürzte, ist es das Zischen der trocknenden Kleidung<br />
über dem Ofen und der Geruch heißer Honigmilch, was<br />
als heimelige Erinnerung bleibt …<br />
Von Annika Eliane Krause<br />
Unsere Realität sieht anders aus als in der schwedischen Landidylle<br />
Anfang des 20. Jahrhunderts: Städte werden immer größer,<br />
Brachflächen werden bebaut und die Natur schwindet. Diese Entwicklung<br />
führt dazu, dass sich der Aktionsradius der Kinder immer<br />
mehr in die eigenen vier Wände verlagert. Weltweit wachsen mehr<br />
als die Hälfte aller Kinder und Jugendlichen in Städten auf und<br />
verbringen immer seltener ihre Freizeit im Freien. Dabei ist es ein<br />
elementares Grundbedürfnis, in der Natur zu sein und reale Naturerfahrungen<br />
zu machen.<br />
Während der Freiraum in der Natur immer kleiner wird, werden die<br />
Möglichkeiten der Beschäftigung im Kinderzimmer und vor Bildschirmen<br />
immer größer. Früher war es normal, das Kind mehrere<br />
Kilometer zu Fuß zur Schule laufen zu lassen. Eine unbequeme,<br />
aber ganz natürliche Situation. Heute werden sie oft mit dem Auto<br />
bis zur Schule gefahren, ihr Bewegungsradius zum Spielen wird<br />
bis zur nächsten Straßenecke begrenzt. Dabei ist es wichtig für<br />
die persönliche Entwicklung, Abenteuer zu erleben, die eigenen<br />
Grenzen auszutesten und Angst zu überwinden. Kälte und Hitze<br />
empfinden, Bäume erklimmen, Wälder erkunden und spüren, dass<br />
ein Insekt „Angst“ hat, wenn man ihm zu nahe kommt – all das<br />
führt dazu, dass das Kind sich selbst als Teil der Natur fühlt. Glaubt<br />
man den Zahlen der Deutschen Wildtierstiftung, ist die Hälfte aller<br />
vier- bis zwölfjährigen Kinder allerdings noch nie allein auf einen<br />
Baum geklettert und fast ein Viertel hat niemals ein freilebendes<br />
Tier gesehen. Laut einer von OMO durchgeführten Studie aus dem<br />
Jahr 2016 spielen 56 Prozent aller Kinder nicht mal eine Stunde<br />
am Tag draußen an der frischen Luft. Das ist weniger Zeit, als Gefängnisinsassen<br />
gewährt wird: Sie verbringen täglich im Schnitt<br />
zwei Stunden an der frischen Luft beim Hofgang.<br />
Vielleicht wird die Zeit unter freiem Himmel auch erst wertvoll,<br />
wenn sie begrenzt ist – denn steht die Tür offen, wird die Freizeit<br />
lieber anders genutzt: 85 Prozent der 12- bis 17-Jährigen verbringen<br />
laut einer Krankenkassenumfrage nahezu drei Stunden täglich<br />
mit WhatsApp, Instagram, Snapchat und Ähnlichem. Schon<br />
2002 hatte eine Studie aus England festgestellt, dass Achtjährige<br />
78 Prozent aller Pokémon-Charaktere unterscheiden können, aber<br />
nur 53 Prozent der gewöhnlichen britischen Tierarten.<br />
Wir wollen unsere Kinder schützen und sie perfekt auf das Leben<br />
vorbereiten. Aber vielleicht verlieren wir vor lauter gutem Willen<br />
den Blick auf das Wesentliche, auf das Natürliche. Wir kutschieren<br />
sie im Auto voller Airbags von der Schule zur Nachhilfe und gehen<br />
mit ihnen auf eingezäunte Spielplätze. Erfahren sie dabei noch,<br />
was das wirklich ist: Leben?