2 BERLINER KURIER, Montag, 18. November 2019 Foto: Markus Wächter
3 Liebe Leserinnen, liebe Leser Die Redaktion des <strong>Berliner</strong> KURIER ist eine Redaktion, in der die Vergangenheit manchmal drei Jahrzehnte und manchmal nur ein paar Sekunden entfernt ist. Das ist eine Aufgabe. Und seit dem vergangenen Freitag, seitdem unser Verleger Holger Friedrich erklärt hat, vor dreißig Jahren an die Staatssicherheit der DDR berichtet zu haben, ist diese Aufgabe nicht kleiner geworden. Die Redaktion debattiert seit diesem Tag intensiv über diesen Fall und die Frage, wie sie damit umgehen soll. Unsere Antwort: Wir werden damit umgehen wie mit anderen Fällen auch, wir werden diesen Fall journalistisch aufbereiten. Wir werden Fakten sammeln, wir wollen die Akten – die Opfer- und die Täterakte – einsehen. Die Redaktion wird sich ein Bild machen und auch Experten bitten, sich ein Bild zu machen. Sie wird auch versuchen, mit Menschen zu reden, die in den Akten auftauchen. Holger Friedrich hat der Redaktion ausdrücklich zugesichert, sie auf diesem Weg zu unterstützen. Der <strong>Berliner</strong> KURIER wird über den Fall berichten, wie er auch sonst berichten würde. Journalistisch klar und unabhängig. Die Redaktion hat sich selbstverständlich gefragt, wieso Holger Friedrich sie nicht schon früher, nämlich als er den Verlag gekauft hat, darüber informierte, dass da etwas ist, was sie wissen sollte. Wir werden unseren Verleger dazu befragen. Wir wollen seine Beweggründe kennenlernen, wir wollen verstehen, wie seine Entscheidung zustande kam. Roland Jahn, der Beauftragte für die Stasi-Unterlagen, hat in einem Interview der Zeit zum Fall Friedrich gesagt: „Persönliche Aufarbeitung, das Bekenntnis zur eigenen Stasi-Tätigkeit muss nicht immer öffentlich geschehen. Es kann auch im Gespräch mit den Bespitzelten geschehen, die letztlich die Opfer waren, auf die das SED-Regime und die Stasi Druck ausgeübt haben.“ Holger Friedrich hatte sich entschieden, über seine Geschichte nicht öffentlich zu reden. Er hat der Redaktion am Freitag zu verstehen gegeben, dass er dieses Thema für sich abgeschlossen hatte. Das ist für viele in der Redaktion und im Land nicht befriedigend. Auch über diese Entscheidung wird zu debattieren sein. Und über die Frage, ob Roland Jahns Satz, dass ein Bekenntnis nicht immer öffentlich sein muss, für einen Verleger richtig sein kann. Wir sind eine Redaktion mit einer langen und schmerzhaften Geschichte in der Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit. Wir haben dabei gelernt, dass diese nur mit Transparenz, Wahrhaftigkeit und Mut gelingen kann. Dies gilt auch für die jetzige Situation. Die Redaktion wird sich auch damit beschäftigen, warum in diesem Land dreißig Jahre nach dem Mauerfall so viele Fragen nicht beantwortet sind und Menschen ihre Geschichte nicht offenlegen. Wir haben in der Sonderausgabe zum Mauerfall-Jubiläum dafür plädiert, aus der Geschichte zu lernen und uns nicht ewig in gegenseitigen Schuldzuweisungen zu verlieren zwischen Ost und West. Einige Reaktionen auf das Bekanntwerden der Stasi-Vergangenheit von Holger Friedrich zeigen aber auch, dass manchmal die Chance, zu einem angemessenen Urteil zu kommen, noch schneller vergeben wird, als man nach dreißig Jahren Geschichte erwartet hätte. Der Chefredakteur der Bild-Zeitung twitterte: „Dreißig Elmar Jehn (li.) ist Chefredakteur des <strong>Berliner</strong> KURIER, Jochen Arntz ist Chefredakteur der <strong>Berliner</strong> Zeitung und Mitglied der Chefredaktion des <strong>Berliner</strong> KURIER Jahre nach dem Mauerfall ist die @berlinerzeitung wieder in Stasi- Hand“. Nein, das ist sie nicht, und das ist auch der <strong>Berliner</strong> KURIER nicht. Der <strong>Berliner</strong> KURIER und die <strong>Berliner</strong> Zeitung haben gelernt, die Dinge differenziert zu betrachten –gerade weil sie in den letzten 30 Jahren immer besonders in den Kämpfen der Zeit standen. Wenn es um ihre Leserinnen und Leser und deren Lebensgeschichte geht, wenn es um die eigenen Redakteurinnen und Redakteure und auch wenn es um Politikerinnen und Politiker geht. Das ist etwas Besonderes an diesen Zeitungen. Das macht sie widerstandsfähig gegen Ideologie und Lagerdenken. In Deutschland hat es nach dem Mauerfall keine Wahrheitskommissionen gegeben wie in Südafrika oder ähnliche institutionelle Angebote. Zeitungen haben diese Debatten oft geführt. Wir werden auch jetzt eine Debatte führen, oder besser gesagt zwei. Die eine mit unserem Verleger über seine Verantwortung. Die andere mit uns und diesem Land über die Frage, wieso wir dreißig Jahre nach dem Mauerfall nicht weiter gekommen sind in der Pflicht, uns unserer Verantwortung zu stellen und unsere besondere Geschichte eines geteilten Landes in all ihrer Härte zu erkennen. Um es mit Roland Jahn zu sagen: „Niemand soll auf ewig verdammt sein. Auch wer sich mit der Stasi eingelassen hatte, soll heute eine Chance bekommen. Aber keiner darf aus der Verantwortung für sein Handeln entlassen werden.“ Darüber möchten wir mit Ihnen, liebe Leserinnen und liebe Leser, debattieren. Sprechen Sie mit uns, schonungslos. Schreiben Sie uns. Denn, wie gesagt, beim <strong>Berliner</strong> KURIER sind die vergangenen dreißig Jahre manchmal nur Sekunden entfernt. Diesem Befund müssen und werden wir uns stellen. Herzlich, die Chefredakteure Elmar Jehn und Jochen Arntz
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