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Rundbrief der Emmausgemeinschaft - Ausgabe 04|19

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Emmaus | 5

Nur ein Zimmerchen irgendwo

Zum „Tag des eigenen Zimmers“ am 25. Jänner

Am 25. Jänner wird jährlich der „Tag des eigenen Zimmers“

gefeiert. Nicht alle Menschen dieser Erde können da mitfeiern.

von Ernst Punz

Wie die Notschlafstellengäste

der Emmausgemeinschaft. Jugendliche

wie Erwachsene sind

größtenteils in Zweibettzimmern untergebracht.

Dennoch ist das ein haushoher

Unterschied zu den Lebensbedingungen,

aus denen viele von ihnen kommen. Beziehungsstreitigkeiten

oder Gewalt führen

zu menschenunwürdigen „Wohnverhältnissen“

wie Mitwohnen auf der

Couch, Leben im Abbruchhaus, im Wald

oder unter der Brücke.

Ein Doppelliter

zwischen Papier und Karton

Gustav* erzählte eines der drastischsten

Beispiele. Schwer betrunken verbrachte

er die Nacht bei Minusgraden auf der

Straße. Am frühen Morgen, als er es vor

Kälte nicht mehr aushielt, stieg er in einen

Papiercontainer, schloss den Deckel und

versuchte, es sich zwischen Papier und

Kartons halbwegs gemütlich zu machen

und ein wenig Wärme zu finden. Ein Doppelliter

Wein diente ihm als Heizquelle.

Gerade als er am Einschlafen war, wurde

der Container erschüttert und begann zu

rollen. Gustav stieß den Deckel auf und

sah in die Augen zweier Männer von der

Müllabfuhr, die mindestens so erschrocken

waren, wie er selbst. Hätte Gustav

*Name geändert

bereits tief und fest geschlafen, wäre er

zusammen mit all dem Papier in den LKW

gekippt und vielleicht von der Presse

erdrückt worden.

Später kam Gustav in einer Notschlafstelle

und in einem Wohnheim unter. Und er

machte sogar eine Therapie. Nun wohnt

er schon seit Jahren privat im eigenen

Zimmer – ein Grund zum Feiern! Zum

Glück berichten über solche Erlebnisse

auch die Presse und andere Medien. Sogar

Kunst und Kultur befassen sich mit

dem Schicksal von Menschen in einer

prekären Wohnsituation.

Im Musical „My Fair Lady“ singt das verarmte

Blumenmädchen Eliza Doolittle:

„Nur ein Zimmerchen irgendwo mit ‘nem

Sofa sowieso ... wäre das nicht wunderschön?

... und warme Füße, oh, oh, wäre

das nicht wunderschön?“

Ernst Punz ist Mitarbeiter

im Emmaus-Wohnheim am

Kalvarienberg.

Grafik: Andrew Rybalko/shutterstock.com

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