Wirtschaftszeitung_25112019
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Macher &Märkte: KH hilft<br />
bei der Ausbildung Seite 4/5<br />
Branchen &Betriebe: Tischler<br />
setzen auf Nachhaltigkeit Seite 9<br />
Leben &Wissen: Mindelheim<br />
ist eine Krippenstadt Seite 18<br />
DIE WIRTSCHAFT<br />
Münster |Münsterland<br />
Mit Beilage<br />
NETZWERK -DAS WIRTSCHAFTSLEBEN<br />
IN DEN KREISEN ST/WAF<br />
Ausgabe 9/2019<br />
www.die-wirtschaft-muensterland.de<br />
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Preis: 3,50 Euro<br />
Viele Wolken am Himmel<br />
Die Cloudanbieter aus dem Münsterland kennen die unterschiedlichen Anforderungen ihrer Kundschaft<br />
ganz genau. Wie sie künftig mit Gaia Xumgehen werden, ist noch offen.<br />
In den Augen regionaler Cloudanbieter<br />
reagieren die meisten Unternehmer<br />
viel zu spät – nämlich dann,<br />
wenn der Dachstuhl bereits inFlammen<br />
steht: „Erst wenn der Chef<br />
selbst morgens den PC nicht mehr<br />
hochfahren kann, dann merkt er,<br />
dass er ein echtes Problem hat“, berichtet<br />
Jörg Termöllen von<br />
„mit.data“.<br />
Ve VralteteHardwaremit KMUeigenen<br />
Servern und<br />
schlecht gewarteteSoftware<br />
führten häufig zu solchen<br />
Systemabstürzen, resümiert<br />
der Kundenmanager des IT-Unternehmens<br />
in Emsdetten. Dabei klingelten die<br />
Software-Alarmglocken in den Belegschaften<br />
meist viel früher: „Wenn ich als<br />
Mitarbeiter im System eigentlich nur einmal<br />
rechts abbiegen muss, um zum Ziel<br />
zu kommen,das System aber derarthakt,<br />
dass ich dreimal links abbiegen muss, um<br />
zum gleichen Ziel zu kommen, weiß ich,<br />
dass etwas im Argen liegt“, veranschaulicht<br />
Termöllen. Aber solange der Geschäftsführer<br />
morgens seine E-Mails checken<br />
kann, geht er oft über die kritischen<br />
Hinweise seiner Mitarbeiter hinweg und<br />
sieht meist noch keinen Handlungsbedarf.<br />
Ist der Totalcrash dann da, kann das IT-<br />
Systemhaus „mit.data“ entweder eine aktuelle<br />
IT-Infrastruktur im jeweiligen<br />
Unternehmen neu aufbauen oder der<br />
Kundekann mit seinen Anwendungen in<br />
das „mit.data“-Rechenzentrum in Emsdetten<br />
umziehen. Denn „mit.data“ betreibt<br />
die „Münsterland-Cloud“. „Hier<br />
können unsere Kunden ihre Daten wirklich<br />
besuchen“, betont Termöllen.<br />
Grafik: Pia Kleinherne<br />
Denn die Frage, wo die Server real stehen,<br />
ist für manche Cloudnutzer ein<br />
Kernthema: „EinigeKunden wollen zwar<br />
die Vorteile der Cloud nutzen, hochsensible<br />
Firmendaten aber zunächst noch lokal<br />
installiert bei sich im Haus behalten,<br />
deshalb bieten wir auch Hybridlösungen<br />
an“, erläutert Stefan Olschewski, Unternehmenssprecher<br />
von „d.velop“ in Gescher.Sprich:Soviel<br />
Cloud, wie der Kunde<br />
will –mit im Kunden-Unternehmen<br />
betriebenen Servern, die mit Cloudangeboten<br />
–oft MicrosoftOffice 365 –gekoppelt<br />
sind.<br />
„d.velop“ ist Global Player in Sachen<br />
Unternehmensdigitalisierung und offeriert<br />
die „d.velop-Cloud“ nicht mit physischem<br />
Rechenzentrum am firmeneigenen<br />
Campus im Westmünsterland, sondern<br />
nutzt die digitale Wolke von Amazon.<br />
Eine Cloud in der Cloud sozusagen,<br />
„d.velop-Services“ in „AWS – Amazon<br />
WebServices“. Die Vorteile, einenCloudservice<br />
zu nutzen, warenvor drei Jahren<br />
für das IT-Unternehmen in Gescher die<br />
gleichen wie für seine Kunden heute.<br />
►Fortsetzung auf Seite 2<br />
OFFEN GESAGT<br />
Paroli bieten<br />
Der Abstand ist riesig.<br />
Trotzdem lohnt sich der<br />
Versuch, die klaffende Lücke<br />
zu schließen. Mit einer eigenen<br />
europäischen Cloud soll die<br />
Dominanz US-amerikanischer<br />
und chinesischer Plattformanbieter<br />
gebrochen werden.<br />
Kein Selbstzweck, denn der<br />
Verdacht, dass heikle Informationen<br />
ausgespäht oder missbraucht<br />
werden könnten, wiegt<br />
schwer.<br />
Und um auf künftigen Geschäftsfeldern<br />
Paroli bieten zu<br />
können, müssen Unternehmen<br />
über wachsende Datenmengen<br />
souverän verfügen können. Die<br />
Architektur von Gaia Xdürfte<br />
prinzipiell dafür geeignet sein,<br />
Europa im Digitalzeitalter zu<br />
stärken, denn sie unternimmt<br />
nicht den aussichtslosen Versuch,<br />
eine riesige neue Cloud<br />
zu errichten, sondern will bestehende<br />
Anbieter vernetzen.<br />
Auf dass viele „Wölkchen“ eine<br />
geschlossene Wolkendecke bilden,<br />
die Europa vor zuviel negativer<br />
„Strahlung“ von außen<br />
abschirmt. Bleibt abzuwarten,<br />
ob die Umsetzung mit einer so<br />
großen Zahl von Gaia-X-Protagonisten<br />
sich nicht erst an<br />
einem fernen Horizont, sondern<br />
tatsächlich schon Ende<br />
2020 abzeichnet.<br />
Entscheidend dafür, obdas gelingt,<br />
ist die Frage der Praxistauglichkeit<br />
und Akzeptanz.<br />
Denn auch Amazon &Co. breiten<br />
sich nicht als bösartige Kraken<br />
aus, sondern vor allem<br />
deshalb, weil sie ihren Job beherrschen:<br />
mit unbedingter<br />
Kundenorientierung und Professionalität.<br />
Maike Harhues<br />
„Tempo aufnehmen“<br />
Arbeitgeberverbänden geht die Umsetzung des Digitalpakts Schule zulangsam.<br />
„Wenn Schüler in Kasachstan,<br />
Uruguay oder Chile bessere IT-<br />
Kenntnisse haben als Schüler in<br />
NRW,sollte uns das zu denken geben“,<br />
findet Dirk W. Erlhöfer.<br />
4 1 9 8 8 6 9 0 0 3 5 0 1<br />
2 0 0 4 8<br />
Der Hauptgeschäftsführer<br />
der Arbeitgeberverbände<br />
Ruhr/Westfalen<br />
mit Sitz in Bochum ist<br />
enttäuscht über die Ergebnisse<br />
einerjüngst veröffentlichten<br />
internationalen Vergleichsstudie zu<br />
Computer-Kompetenzen von Schülern<br />
in der achten Klasse.<br />
„Wir verschlafen in Deutschland gerade<br />
den digitalen Wandel.Unseredigitale<br />
Infrastruktur ist schon miserabel,<br />
nun wird erneut offensichtlich, dass<br />
auch unsere Schulen und unser Bildungssystem<br />
meilenweit hinterherhinken“,<br />
so Erlhöfer.<br />
„Sehr einfache“ PC-Anwendungsfertigkeiten<br />
und eine schlechte digitale<br />
Ausstattung in den Schulen bescheinigt<br />
die Studie den NRW-Schülern<br />
und –Schulen. Nicht einmal 30 Prozent<br />
der Schulen haben ein funktionierendes<br />
WLAN.<br />
Hinzu kommt: InNRW teilen sich im<br />
Schnitt 13 Schüler ein digitales Gerät<br />
wie Computer,Laptop oder Tablet, in<br />
den USA sind es zwei, in Finnland<br />
drei. „Ohne Laptop, PC oder Tablet<br />
wird es schwer,digitale Kompetenzen<br />
zu vermitteln.Wir müssen endlich begreifen,<br />
wasdieser Wandel für uns bedeutet“,<br />
sagt Erlhöfer nach Mitteilung<br />
des Verbandes.<br />
„Mich ärgert, dass in Deutschland bei<br />
Veränderungen immer erst Bedenken<br />
und Ängstegeschürt werden,statt die<br />
Chancen zu begreifen. Wenn wir die<br />
Digitalisierung weiter als notwendigesÜbelbegreifen,<br />
werden wirweiter<br />
zurückfallen“, mahnt der Hauptgeschäftsführer.<br />
Die Politik habe mit dem Digitalpakt<br />
für Schulen zwar Gelder und Mittel<br />
bereitgestellt, um Ausstattungund digitale<br />
KonzepteanSchulen zu verbessern.<br />
„Wenn ich aber sehe, mit welchen<br />
politischen Nebengeräuschen<br />
dieser Pakt überhaupt erst zustande<br />
gekommen ist, statt sachorientiert zusammenzuarbeiten,<br />
bin ich skeptisch,<br />
was die zügige Umsetzung der Maßnahmen<br />
angeht. Wir müssen endlich<br />
Tempo aufnehmen“, fordert der Sprecher<br />
der Arbeitgeberverbände Ruhr/<br />
Westfalen.<br />
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2 MACHER &MÄRKTE<br />
Gespannt auf Gaia X<br />
IT-Unternehmen im Münsterland setzen weiter auf eine Kooperation mit den Amerikanern.<br />
Stefan Olkschewski,<br />
cher bei „d.velop“<br />
IMPRESSUM<br />
Hohe Datensicherheit, keine<br />
Wartung von Hardund<br />
Software, das Arbeiten<br />
mit der immer aktuellsten<br />
Softwareversion,<br />
Kostenreduktion im monatlichen Pauschalsystem<br />
–dies alles warfür „d.velop“<br />
relevant. In AWS fand man einen ersten<br />
Anbieter vonServern mit dem physischen<br />
Standort Deutschland.<br />
Anders als<br />
Nicht-IT-Unternehmen<br />
lässt sich<br />
„d.velop“ vom<br />
„Kollegen KI“<br />
unterstützten und<br />
nutzt Machine<br />
Learning. Der Digitalisierungsspezialist<br />
mit 650 Mitarbeitern<br />
Unternehmensspre-<br />
entwi-<br />
Foto: d.velop ckelt Produkte zur<br />
Vermeidung zeitaufwendiger<br />
Fleißarbeit: „Eine eingehende<br />
Rechnung wird beispielsweise<br />
vollautomatisch im neuronalen Netz mit<br />
allen darauf befindlichen Informationen<br />
als solche erkannt. Diese kann nun nicht<br />
nur am richtigen Ort archiviert werden,<br />
sondern es können auch nachgelagerte<br />
Prozesse wie die Rechnungsprüfung<br />
automatisch angestoßen werden und sogar<br />
Dokumente digital unterzeichnet<br />
DIE WIRTSCHAFT Münster /Münsterland<br />
Verlag und Herausgeber:<br />
Aschendorff Medien GmbH &Co. KG, Ander Hansalinie 1,<br />
48163 Münster, Telefon: 0251 690-0, Telefax: 0251 690-804801<br />
Verlagsleitung: Marc-Arne Schümann, E-Mail: verlagsleitung@aschendorffmedien.de<br />
Objektkoordination: Frank Micheel, Lars Normann, Telefon: 0251 690-908419,<br />
Telefax: 0251 690-806190<br />
Verlagsleitung Lesermarkt/Marketing: Marc Zahlmann<br />
Koordination Abonnement und Einzelverkauf: Marita Lepping, Inge Voss<br />
abo@die-wirtschaft.ms oder 0251 690 999 090<br />
Redaktion: Claudia Bakker (verantw.)<br />
Druck: Aschendorff Druckzentrum GmbH &Co. KG, Ander Hansalinie 1,<br />
48163 Münster, Telefon 0251 690-0, Telefax 0251 690-215<br />
Auflage: 17.000 Exemplare<br />
www.die-wirtschaft-muensterland.de<br />
werden“, erläutert Olschewski.<br />
Um brauchbare Ergebnisse zu bekommen,<br />
füttern die IT-ler die KI in der AWS-<br />
Cloud mit enormen Datenmengen. In<br />
einem eigenen kleinen Firmenrechenzentrum<br />
wäredas unfassbar zeitaufwendig,<br />
technisch mit eigenen Servern kaum<br />
leistbar: „Bis wir ohne die Cloud eine akzeptable<br />
Lösung bekämen,wäreich praktisch<br />
tot“,bringt es René Weseler vonISR<br />
Information Products in Münster auf den<br />
Punkt. Der CTOdes IT-Unternehmens für<br />
Digitalisierungsstrategien hat eine Community<br />
der Cloudnutzer gegründet –<br />
mittlerweilesind150 regionale IT-Experten<br />
Mitglied in der AWS-Usergroup<br />
Münsterland.<br />
Auch „ISR“ hat sich wie „d.velop“ vor<br />
knapp drei Jahren für die Cloudvon AWS<br />
statt von Microsoft, Google oder gar des<br />
chinesischen Anbieters Alibaba entschieden.<br />
„Schon allein, um unseren Kunden<br />
weltweit per Mouseclick Zugriff auf unsere<br />
Produkte zu geben“, betont Weseler.<br />
Die 180verschiedenen Cloudservices von<br />
AWS waren zwar entscheidungsgebend.<br />
Aber: „Ein sehr wichtiger Punkt war, mit<br />
wieviel Manpowerund festen Ansprechpartnern<br />
AWS sich um uns kümmert“,<br />
stellt Weseler heraus. Ein eigener Solution-Manager<br />
und drei Partner-Manager<br />
vonAWS betreuen das zwölfköpfigeISR-<br />
Entwicklerteam, telefonisch oder auf<br />
Zusammenarbeit mit Kollege KI in der Cloud: Das IT-Unternehmen „d.velop“ in Gescher nutzt für die Produktentwicklung<br />
Machine Learning in der AWS-Cloud.<br />
Foto: d.velop<br />
Wunsch vor Ort in Münster. „Und wenn<br />
wir einen Compliance-Day hier im Haus<br />
machen wollen, schickt AWS einen Experten<br />
zu uns und Speaker zu den Treffen<br />
der Usergroup. Ohne zusätzliche Kosten<br />
für uns, wir zahlen unsere monatliche<br />
Pauschale nach Unternehmensgröße“,<br />
erklärt Weseler. Das Beispiel der Amerikaner<br />
habe die firmeneigene Servicementalität<br />
in der Westfalenmetropole reformiert:<br />
„Wir rechnen auch nicht mehr<br />
jede Serviceleistung einzeln ab, sondern<br />
in unseren Produkten sind unsere Serviceleistungen<br />
inkludiert.“<br />
Die Entwicklung dieser Produkte schafft<br />
ISR mit AWSals Partner im Eiltempo und<br />
ist sogar preisgekrönt: Innerhalb von elf<br />
Monaten hat die Beratungsfirma aus<br />
Münster eine cloudbasierteSaaS-Lösung<br />
(Software-as-a-Service), die Buildsimple<br />
Entity Extraction API, entwickelt und exakt<br />
eine Nacht vor der Verleihung des<br />
AWS-Awards imSeptember an ISR gelauncht.<br />
„Die Buildsimple Entity Extraction<br />
API ermittelt mithilfe von Machine-<br />
Learning-Algorithmen den Typdes Dokuments<br />
und extrahiert die entsprechenden<br />
Entitäten vondeutschen oder englischen<br />
Rechnungen und Verträgen“, erklärt Weseler<br />
die Produktinnovation.<br />
Trotz der als „exzellent“ empfundenen<br />
Zusammenarbeit mit den Amerikanern<br />
begrüßen die IT-ler in Münster und Gescher<br />
das Projekt der europäischen Cloud<br />
Gaia X, zumal ja nicht klar sei, ob seitens<br />
der Trump-Regierung nicht auch Zölle<br />
auf IT-Leistungen erhoben würden. „Wir<br />
würden AWS wahrscheinlich gar nicht<br />
verlassen, sondern unsere Produkte und<br />
Entwicklungen duplizieren und zusätzlich<br />
auchGaia Xnutzen“, beschreibt Weseler<br />
den zukünftigen Umgang mit einer<br />
europäischen Cloud. Mit Betonung auf<br />
Zukunft: „Einen Start in 2020 halte ich<br />
für sehr ambitioniert, zumal mit einem<br />
ähnlich vollumfänglichen Serviceportfolio<br />
wie AWS. Aber ich lasse mich da sehr<br />
gerne überraschen“, meint Weseler. Die<br />
Bundesregierung versucht sich aktuell<br />
als unternehmerischer Impulsgeber und<br />
stützt sich bei Gaia<br />
X auf das Innovationspotenzial<br />
der<br />
deutschen Großkonzerne<br />
–Kooperationspartner<br />
wie<br />
hochkarätige Wissenschaftler<br />
und<br />
die Telekom,<br />
Bosch, Siemens,<br />
SAP und die Deutsche<br />
Bank sollen René Weseler, CTO bei ISR Information<br />
den Cloud-Rahmen<br />
schaffen, auch<br />
Products<br />
Foto: ISR<br />
die französische Regierung sitzt mit im<br />
Boot. „Nur wenn alle Akteure und insbesondere<br />
auch die Wirtschaft das Projekt<br />
annehmen, wird der Zeitplan, noch im<br />
Jahr 2020 zu starten, auch zu halten<br />
sein“, meint Sebastian Köffer, Geschäftsleiter<br />
des Digital Hubs in Münster. Zwar<br />
wirddie digitale Wolkewegen Gaia Xgerade<br />
sehr gehypt, aber: „Für die KMU im<br />
Münsterland ist die Nutzung von Clouds<br />
seit vielen Jahren ein wichtiges Thema.<br />
Gerade für kleine Unternehmen bietet<br />
die Technologie die Chance, die operativenKosten<br />
mit dem Wachstum des Unternehmens<br />
zu skalieren. Eine europäische<br />
Gaia XCloud könntefür einigeUnternehmen<br />
aus Datenschutz- und Sicherheitsaspekten<br />
attraktiv sein“,sagt Köffer, der<br />
bei der Präsentation von Gaia Xdabei<br />
war.<br />
Maike Harhues<br />
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MACHER &MÄRKTE 3<br />
„Können uns nicht die Butter<br />
vom Brot nehmen lassen“<br />
Für Prof. Boris Otto, Projekt-Architekt der europäischen Cloud Gaia X, ist die Datensouveränität ein hohes<br />
Gut. Er plädiert für die intelligente Vernetzung vieler bereits bestehender Angebote.<br />
„Ich kann mir gut vorstellen,<br />
dass wir erste Use-Cases Ende<br />
2020 oder Anfang 2021<br />
umgesetzt haben.“<br />
Prof. Boris Otto<br />
Gleichermaßen Datenschutz wahren<br />
und Souveränität über Daten erzielen,<br />
auf denen mehr und mehr Geschäftsmodelle<br />
basieren – beides<br />
bietet die Cloud Gaia X, betont Prof.<br />
Boris Otto, Institutsleiter des Fraunhofer-Instituts<br />
für Software- und<br />
Systemtechnik ISST in Dortmund<br />
und einer der Projekt-Architekten<br />
der „europäischen Wolke“.<br />
Im Gespräch mit unserer Autorin<br />
MaikeHarhues unterstreicht Otto,<br />
dass sich das dezentrale Cloud-<br />
Konzept an Unternehmen jeder<br />
Größe wendet und keine bestehenden<br />
Plattform-Anbieter ersetzen,<br />
sondern diese vernetzen möchte.<br />
Warum braucht die deutsche Wirtschaft<br />
eine europäische Cloud –und<br />
ist es eine hoheitliche Aufgabe,diese<br />
zu initiieren?<br />
Prof. Boris Otto: Viele innovative Geschäftsmodelle<br />
erfordern, dass verschiedene<br />
Unternehmen Daten gemeinsam<br />
nutzen. Das kann<br />
nicht in den bestehenden<br />
Systemen<br />
eines einzelnen<br />
Mitglieds<br />
eines solchen<br />
Ökosystems erfolgen,<br />
sondern „in<br />
der Mitte“, also<br />
zwischen den<br />
Unternehmen.<br />
Hier bieten sich dann Cloud-Lösungen<br />
an, die eine Plattform bilden, auf der<br />
neue Geschäftsszenarien laufen können,<br />
etwainder Mobilität, im Gesundheitswesen<br />
oder in der Logistik. Damit die Daten,<br />
die auf diesen Cloud-Plattformen geteilt<br />
werden, nicht missbraucht werden, sind<br />
Standards und gegebenenfalls auch ein<br />
regulatorischer Rahmen nötig – hier<br />
kommt der Gesetzgeber ins Spiel. Zudem<br />
ist die öffentliche Hand auch Mitglied in<br />
Ökosystemen sowie Nachfrager von<br />
Cloud-Leistungen, etwa bei E-Government.<br />
Geht es in der Zielsetzung mehr um<br />
Datenschutz oder umein wichtiges<br />
Glied in der künftigen Wertschöpfungskette,<br />
über das Europa selbst<br />
verfügen möchte?<br />
Otto: Beides. Die Plattformökonomie<br />
führtuns die Marktmacht vonPlattformanbietern<br />
wie Facebook, Amazon und<br />
Microsoft vor Augen, die vor allem auf<br />
Zugang zu Daten und auf Skalierungspotenzialen<br />
beruht. Sie besetzen mit den<br />
Plattformen häufig die Schnittstelle zum<br />
Kunden, sodass alles dahinter „verschattet“,ökonomisch<br />
gesprochen kommoditisiert,<br />
wird. Dann kann man nur noch<br />
über den Preis konkurrieren, was kein<br />
deutsches Unternehmen ernsthaft möchte.Gleichzeitig<br />
bedrohen Gesetze wie der<br />
US Cloud Act die Souveränität der deutschen<br />
und europäischen Wirtschaft über<br />
ihreDaten, weil sie im Zweifel amerikanischen<br />
Behörden Zugriff auf Daten gewähren,<br />
die über die Plattformen amerikanischer<br />
Anbieter erfasst werden,selbst<br />
wenn deren Betrieb außerhalb der USA<br />
erfolgt.<br />
Ist der Vorwurf, dass der Datenschutz<br />
in US-amerikanischen<br />
Clouds nicht gewahrt wird, überhaupt<br />
berechtigt oder nur ein Vorwand<br />
für Gaia X?<br />
Otto: Ich unterstelle US-amerikanischen<br />
Cloud-Anbietern keine bösen Absichten.<br />
Vielmehr bieten Unternehmen wie Amazon<br />
und Microsoft hervorragende Cloud-<br />
Dienste an. Aber es ist nun einmal auch<br />
Fakt, dass die Gesetzeslage sie zwingen<br />
kann, Daten europäischer Unternehmen<br />
herauszugeben. Das kann nicht im Interesse<br />
der Nutzer sein, sodass es eine klare<br />
Motivation für Gaia Xgibt.<br />
Passt die europäische Cloud zum<br />
ordnungspolitischen Modell des<br />
freien Welthandels, auch mit dem<br />
Rohstoff Daten, und schimmert insofern<br />
hinter dem Gaia-X-Konzept<br />
nicht ein protektionistischer Ansatz<br />
durch?<br />
Otto: Nein, Gaia X–inVerbindung mit<br />
der International-Data-Spaces<br />
(IDS)-Architektur –schafft Cloud- und<br />
Datensouveränität. Unternehmen können<br />
dadurch ihre Daten teilen und Innovationspotenziale<br />
nutzen, stellen aber<br />
gleichzeitig sicher, dass ihre Daten nicht<br />
missbraucht werden. Ein Schlüssel dazu<br />
sind Nutzungsbedingungen, die Datengeber<br />
ihren Daten mitgeben können und<br />
die dann über die IDS-Technologie auch<br />
beim Empfänger durchgesetzt werden<br />
können. Zudem hat kaum ein Land weniger<br />
Interesse an Protektionismus als<br />
Deutschland, weil ein Großteil unserer<br />
ökonomischen Prosperität vom Export<br />
abhängt. Aber wir können uns auch nicht<br />
einfach die Butter vom Brot nehmen lassen,<br />
das heißt, unsereDaten einfach kosten-<br />
und sorglos verfügbar machen.<br />
Was war die größte Herausforderung<br />
bei der Projektkonzeption für<br />
Gaia Xund wann ist das Konzept<br />
nutzbar?<br />
Otto: Die große Herausforderung ist<br />
gleichzeitig die große Stärke. Gaia Xist<br />
ja kein Ergebnis eines einzelnen Unternehmens<br />
oder gar der Bundesregierung,<br />
sondern Resultat eines gemeinsamen<br />
Meinungsbildungsprozesses. Dabei kommen<br />
Akteure aus unterschiedlichen Bereichen<br />
mit verschiedenen Zielsetzungen<br />
zusammen. Das ist nicht immer schnell<br />
und es erfordert viele Diskussionen –dafür<br />
ist das Konzept dann aber am Ende<br />
auf mehreren Meinungenabgestützt und<br />
meiner Ansicht nach auch robuster.<br />
Wichtig ist, dass wir im nächsten Schritt<br />
im nächsten Jahr eine Organisation haben,<br />
die einerseits das Konzept fertigstellen,<br />
aber andererseits auch wirklich Gaia-<br />
X-Dienste betreiben kann. Das ist jetzt<br />
das Dringlichste und Wichtigste. Dann<br />
kann ich mir gut vorstellen, dass wir erste<br />
Use-Cases Ende 2020 oder Anfang 2021<br />
umgesetzt haben.<br />
Welche im Vorfeld geäußerten Wünsche<br />
der deutschen und europäischen<br />
Unternehmen konnten in<br />
Gaia Xmit einfließen?<br />
Otto: Souveränität über Daten in der<br />
Cloud ist der gemeinsame Nenner.Darüber<br />
hinaus flossen in das Konzept sowohl<br />
Anforderungen der Anbieter als auchder<br />
Nutzer ein. Wichtig ist aus meiner Sicht,<br />
dass man nicht versucht, eine einzelne<br />
zentrale Cloud-Plattform zu schaffen,<br />
sondern stattdessen darauf abzielt, möglichst<br />
viele bestehende Angebote intelligent<br />
miteinander zu vernetzen.<br />
Was machen Amazon, Microsoft,<br />
Google oder gar Alibaba gut –und<br />
wassollGaia Xbesser machen? WorinliegtinIhren<br />
Augen das eigentliche<br />
Innovationspotenzial von Gaia<br />
X?<br />
Otto: Gaia Xist in Verbindung mit IDS<br />
keineAntwort gegenetwas, sondern einfach<br />
ein Angebot, das es heutenoch nicht<br />
gibt. Gaia Xals verteilteDateninfrastruktur<br />
ermöglichtDatensouveränität. Punkt.<br />
Das ist bei Anbietern aus den USA oder<br />
aus China heute faktisch nicht gegeben.<br />
Prof. Boris Otto, Institutsleiter des Fraunhofer-Instituts für Software-<br />
und Systemtechnik in Dortmund Foto: Fraunhofer-Institut Dortmund<br />
Das Münsterland verfügt über einige<br />
regionale Cloudanbieter. Sollen<br />
diese sich in Zukunft in den Rahmen<br />
einer „europäischen Wolke“ einfügen,<br />
und wenn ja wie, oder wie soll<br />
Gaia Xmit digitalem Leben erfüllt<br />
werden?<br />
Otto: Gaia X will keine bestehenden<br />
Cloud-Plattformen ersetzen. Das Gegenteil<br />
ist der Fall,denn bestehende Angebote<br />
sollen vernetzt werden. Das bietet große<br />
Chancen für regionale Cloud-Anbieter,<br />
weil sie über Gaia X Skalierungspotenziale<br />
erschließen können, die ihnen<br />
bisher verwehrt bleiben.<br />
Welche Chancen bietet Gaia XKMU?<br />
Oder sehen Sie die Nutzbarkeit der<br />
von Ihnen mitentwickelten Cloud<br />
eher inden Händen der Dax-Konzerne<br />
und insbesondere der Automobilindustrie?<br />
Otto: Gaia Xbildet im Design die Strukturder<br />
deutschen Wirtschaftab, denn die<br />
Architektur fußt auf Dezentralität. Jedem<br />
ist bewusst, dass in erfolgreichen<br />
Ökosystemen große und kleine Unternehmen<br />
zusammenarbeiten müssen –<br />
sonst wird esfür niemanden ein Erfolg.<br />
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4 MACHER &<br />
Zukunftsperspektive imeigenen<br />
Die Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf engagiert sich seit Ende 2015 in Entwicklungs- und Schwellenländern. Vor<br />
die wichtigsten Komponenten der dualen Ausbildung einzuführen. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenar<br />
Warum soll das duale Ausbildungssystem<br />
nur in Deutschland von Erfolg<br />
gekrönt sein, dachte sich die<br />
Kreishandwerkerschaft Steinfurt-<br />
Warendorf (kurz KH). Und so setzt<br />
die KH seit Ende 2015 auf nachhaltige<br />
Bildungsimpulse in Entwicklungs-<br />
und Schwellenländern. Mit<br />
Erfolg. Ob in Südafrika, Jordanien<br />
oder in Mosambik: Der vielfältige<br />
Bildungs-Transfer aus dem Münsterland<br />
kommt gut an und wird immer<br />
häufiger nachgefragt.<br />
Gegenbesuch in Deutschland: Auch im Lehrbauhof der Kreishandwerkerschaft Steinfurt-<br />
Warendorf inBeckum wird der Handwerksnachwuchs aus Südafrika geschult. Das Spektrum<br />
reicht von der „Werkstattorganisation“ über „Lehrgangsplanung“ bis zum „Controlling“.<br />
Manchmal gilt der Prophet<br />
im eigenen Land<br />
nichts, woanders aber<br />
sehr wohl –diese Erfahrung<br />
machte auch<br />
Frank Tischner, Hauptgeschäftsführer<br />
der Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf,<br />
wenn es um die duale Berufsausbildung<br />
geht. Die Kombination aus praxisnaher<br />
betrieblicher Ausbildung und<br />
theoretischer Wissensvermittlung durch<br />
die Berufsschule hat gerade im Ursprungsland<br />
Deutschland bei den Jugendlichen<br />
an Attraktivitätverloren –zugunsten<br />
schulischer und akademischer<br />
Bildungsgänge, immer mehr Schulabgänger<br />
drängen an die Universitäten.<br />
Im Ausland hingegen ist das Interesse an<br />
diesem besonderen Bildungsmodell sehr<br />
groß, denn die niedrigeJugendarbeitslosigkeit<br />
in Deutschland wird zum großen<br />
Teil auf eben diese duale Berufsausbildung<br />
zurückgeführt.<br />
Die Kreishandwerkerschaft Steinfurt-<br />
Warendorf will ihre Erfahrungen in der<br />
Bildungsarbeit nutzen, um gerade in Entwicklungs-<br />
und Schwellenländern wichtige<br />
Komponenten der dualen Ausbildung<br />
einzuführen. „Nur mit Bildung<br />
kann man den jungen Leuten eine Zukunftsperspektive<br />
imeigenen Land geben“,<br />
sagt Frank Tischner und erwähnt<br />
einen weiteren wichtigen Aspekt: „Und<br />
nur mit einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung<br />
kann auf Dauer die Migrationsbewegung<br />
von Menschen aus wirtschaftlich<br />
schwachen Ländern zu uns eingedämmt<br />
werden.“<br />
Bereits seit 2015 ist die Kreishandwerkerschaft<br />
Steinfurt-Warendorf Berufsbildungspartner<br />
des „uMfolozi-Colleges“ in<br />
Südafrika. Gefördert wird das Projekt<br />
vomBundesministeriumfür wirtschaftliche<br />
Zusammenarbeit und Entwicklung<br />
(BMZ). Das College befindet sich in der<br />
rund 60 000 Einwohner großen Stadt Richards<br />
Bay. Diese liegt direkt am Indischen<br />
Ozean, in der südafrikanischen<br />
Provinz KwaZulu-Natal.<br />
„Unser Hauptziel dieser Berufsbildungspartnerschaft<br />
ist es, die Situation des<br />
unternehmerischen Mittelstandes und<br />
das System der beruflichen Bildung in<br />
der Provinz zuverbessern“, erklärt KH-<br />
Hauptgeschäftsführer<br />
Frank Tischner.<br />
Neben dem<br />
KH-Langzeitexperten<br />
Oliver Petzoldt<br />
werden im Laufe<br />
des Projektes zeitweise<br />
auch sogenannte<br />
Kurzzeitexperten<br />
in Südafrika<br />
eingesetzt, unter<br />
anderem auchAusbildungsmeister<br />
der Kreishandwerkerschaft.<br />
Auf der<br />
anderen Seitekommen<br />
auch Mitarbeiterdes<br />
Collegesfür<br />
Schulungen in die<br />
Bildungscenter der<br />
Kreishandwerkerschaft.<br />
Und auch<br />
Delegationsbesuche<br />
dienen, laut<br />
KH, dem Informationsaustausch.<br />
Erst kürzlich besuchteeine<br />
Gruppe<br />
von Vertretern des<br />
Colleges aus Richards<br />
Bay, der Behörde<br />
für die Ausbildung<br />
im Baubereich<br />
in Südafrika<br />
Sehr gut verlief in Mosambik der Austausch mit dem Ministerium für Beruf<br />
menarbeit und Entwicklung, BMZ), Jan-Niclas Gesenhues (5.v.l., KH-Servicesekretär<br />
Celso Laíce (4.v.r.) vor dem Meeting mit der GIZ (Deutsche Gesellsch<br />
CETA, und vonverschiedenenUnternehmen<br />
aus dem Bau- und SHK-Bereich<br />
(kurz für Sanitär-, Heizung- und Klimatechnik)<br />
die Kreishandwerkerschaft sowie<br />
Handwerksunternehmen in den Kreisen<br />
Steinfurt und Warendorf.<br />
In dem Projekt werden die im südafrikanischen<br />
Collegedurchgeführten Aus- und<br />
Weiterbildungslehrgänge weiterentwickelt,<br />
konkretvor allem im Bau- und Ausbausektor.Dabei<br />
soll es primär darumgehen,<br />
die Lehrgänge bedarfs- und praxisorientierter<br />
zu gestalten. Dazu gehört,<br />
dass auch die Zusammenarbeit mit privatenFirmen<br />
in Südafrikaintensiviert wird.<br />
Als Unternehmensverband mit rund<br />
2400 angeschlossenen Innungs-Unternehmen<br />
aus dem Handwerk beruft sich<br />
die Kreishandwerkerschaft auf einen reichen<br />
Erfahrungsschatz.<br />
Nach vier Jahren Bildungstransfer mit<br />
Südafrika kann bereits eine erste Bilanz<br />
gezogen werden. Somanches wurde erreicht.<br />
Als Höhepunkte gelten bisher die<br />
Einweihung der mit deutschen Mitteln<br />
geförderten Ausbildungshalle auf dem<br />
Gelände des Colleges, in dem nach den<br />
Prinzipien des deutschen dualen Ausbildungssystems<br />
geschult wird, und die Eröffnung<br />
eines Gründerzentrums am College.<br />
Aus Sicht der Kreishandwerkerschaft<br />
sind das zwei wichtige Schritte<br />
nachhaltiger Bildungs-Zusammenarbeit:<br />
Jungen Südafrikanern vor Ort eine fundierte<br />
Ausbildung zu ermöglichen und<br />
mit der Ausbildungshalle und dem Gründerzentrum<br />
den Gründergeist inihnen<br />
zu wecken und nachhaltig zu fördern.<br />
Hier soll der Traum vonder Selbstständigkeit<br />
wahr werden, von einer Realität,<br />
die auf gründlicher Abwägung der<br />
Chancen und der Risiken und fachgerechterBeratung<br />
fußt –sodie KH. Nicht<br />
die Gründung eines Unternehmens um<br />
jeden Preis ist daher das Ziel dieses<br />
Gründerzentrums. Aufgaben sind vielmehr<br />
das Erkennen neuer Märkte, das<br />
Entwickeln wettbewerbsfähiger Produkte<br />
oder Dienstleistungen mit konkreter<br />
Nachfrage und das Ausloten wirtschaftlicher<br />
Potenziale. Auch der Austausch<br />
und die Zusammenarbeit mit anderen,<br />
die ein Unternehmen gründen<br />
wollen, sind dabei wichtige Aspekte.<br />
„Mittlerweile ist in Südafrika im Bildungsbereich<br />
nicht nur ‚Made in Germany‘,<br />
sondern auch ‚Kreishandwerkerschaft‘<br />
ein Qualitätsbegriff“, berichtet<br />
Frank Tischner schmunzelnd. „Ein hochrangiger<br />
Vertreter des südafrikanischen<br />
Bildungsministeriums war sovon unserem<br />
Projekt begeistert, dass er uns nicht<br />
nur mit allen Kräften unterstützt hat, sondern<br />
als Garant für erfolgreiche Bildungsarbeit<br />
die Mitarbeit vonKreishandwerkerschaften<br />
für zukünftige Projekte<br />
unbedingt festschreiben wollte.“<br />
Dass die Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf<br />
Ende Oktober 2019 auch<br />
eine Berufsbildungspartnerschaft in Mosambik<br />
(Südostafrika) mit dem Instituto<br />
Industrial de Maputo(gilt als eine der am<br />
besten organisierten und ausgestatteten<br />
„Mittlerweile ist in Südafrika<br />
im Bildungsbereich nicht nur<br />
‚Made inGermany‘, sondern<br />
auch ‚Kreishandwerkerschaft‘<br />
ein Qualitätsbegriff.“<br />
Frank Tischner<br />
Bildungseinrichtungen des Landes) und<br />
der Associação Moçambicana de Energias<br />
Renovavais (einem Verband lokaler<br />
Unternehmen für erneuerbareEnergien)<br />
eingegangen ist, ist für Frank Tischner<br />
„eine natürliche Folge der erfolgreichen<br />
Arbeit in Südafrika“. Diese Kooperation<br />
steht aber noch ganz am Anfang und wurde<br />
Ende Oktober durch den KH-Hauptgeschäftsführer<br />
Tischner und Jan-Niclas<br />
Gesenhues, Leiter International der KH<br />
Service- und Wirtschaftsgesellschaft der<br />
Kreishandwerkerschaft, der auch die portugiesische<br />
Landessprache spricht, in<br />
Maputo in einem Kooperationsvertrag<br />
konkretisiert. „Die Berufsausbildung in<br />
Mosambik ist –anders als in Deutschland<br />
–wenig praxisorientiert“, erklärt Tischner.„Dies<br />
hat zur Folge, dass drei Viertel<br />
der Berufsschulabgänger in<br />
keine Arbeitsstelle im erlern<br />
den. Hier können wir als Kr<br />
kerschaft mit unserer Erfah<br />
dualen Ausbildung wichtige<br />
sichtlich der Einbeziehung<br />
wirtschaft in die Berufsau<br />
ben.“<br />
Das internationale Bild<br />
ment der Kreishandwerker<br />
furt-Warendorf beschränk<br />
nicht auf die langfristigen<br />
drei Jahre dauernden Ber<br />
partnerschaften, sondern u<br />
Qualifizierungs- und Traini<br />
men für Mitarbeiter vonFir<br />
land oder Lehrern bezi<br />
Ausbildern im Auftrag der<br />
für internationale Zusa<br />
(GIZ). So waren Lehrgang<br />
aus Pakistan und Panama in<br />
Bildungs-Centern der Kreis<br />
schaft zu Gast. Aufder ander<br />
auch münsterländisches A<br />
personal in Pakistan im Ein<br />
Bereichen Schweißen und C<br />
Hinsichtlich der eingangs er<br />
kämpfung von Fluchtursac<br />
Kreishandwerkerschaft Stein<br />
dorf ineinem aktuellen Pro<br />
Jordanien tätig. Das Projekt<br />
fallsvom BMZ gefördert und<br />
in Auftrag gegeben. Zielgrup<br />
rische Flüchtlingeund benac<br />
danische Bevölkerungsgrup<br />
men des Projekts sollen d<br />
gungsmöglichkeiten im Ha<br />
Dasideale<br />
Umfeld.<br />
Unternehmerimecopark wissen:<br />
Wo Mitarbeiter sich wohlfühlen, da<br />
leisten sie gute Arbeit. Investieren<br />
auch Sieinein gutes Umfeld–für Ihre<br />
Mitarbeiter und fürIhr Unternehmen.<br />
Im ecoparkander Hansalinie A1.<br />
ecopark –der Qualitätsstandort.
MÄRKTE<br />
5<br />
and<br />
Ort hilft die Initiative dabei,<br />
beit und Entwicklung unterstützt die Vorhaben.<br />
Die Teilnehmer der Bildungstransfer-Veranstaltungen in Südafrika sind hochmotiviert bei<br />
der Arbeit.<br />
liche Bildung und Martin Strähle (l., beauftragter Gutachter vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusamnd<br />
Wirtschaftsgesellschaft), Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf (Mitte), Staatsaft<br />
für Internationale Zusammenarbeit).<br />
Fotos: KH Steinfurt-Warendorf<br />
Mosambik<br />
enBeruf fineishandwerrung<br />
in der<br />
Impulse hinder<br />
Privatsbildung<br />
ge-<br />
ungsengage-<br />
schaft Steint<br />
sich aber<br />
,mindestens<br />
ufsbildungsmfasst<br />
auch<br />
ngsmaßnahmen<br />
im Ausehungsweise<br />
Gesellschaft<br />
mmenarbeit<br />
steilnehmer<br />
den hiesigen<br />
handwerkeren<br />
Seitewar<br />
usbildungssatz<br />
–inden<br />
NC-Technik.<br />
wähnten Behen<br />
ist die<br />
furt-Warenjekt<br />
auch in<br />
wurde ebenvonder<br />
GIZ<br />
pen sind syhteiligtejoren.<br />
Im Rahie<br />
Beschäftindwerk<br />
von<br />
Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
aus diesen Zielgruppen verbessert werden.<br />
Dazu werden jordanische Träger der<br />
beruflichen Bildung beraten, Ausbilder<br />
geschult und Jugendliche und junge Erwachsene<br />
direkt durch Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen<br />
qualifiziert. Gerade<br />
eine praxisnahe Ausbildung mit Blick<br />
auf nachhaltige Karrieremöglichkeiten<br />
im eigenen Land kamzuvor in Jordanien<br />
kaum vor. Die Kooperation mit deutschen<br />
Handwerksorganisationen ist ein<br />
zentrales Element des Projekts. Eine besondere<br />
Aufgabe ist hier die Konzeption<br />
einerImagekampagne für das Handwerk<br />
in Jordanien. Hier wurde bewusst nicht<br />
eine Werbeagentur beauftragt, sondern<br />
die Kreishandwerkerschaft, um eine moderne<br />
PR-Kampagne auf die Beine zu<br />
stellen.<br />
„Ein internationales Projekt ist aus dem<br />
anderen erwachsen. Die Kreishandwerkerschaft<br />
Steinfurt-Warendorf hat sich<br />
als verlässlicher und kompetenter Partner<br />
erwiesen, und daraus werden sich<br />
auch in Zukunft sicherlich neue interessante<br />
Möglichkeiten ergeben“, bilanziert<br />
Frank Tischner die bisherigen Aktivitäten,<br />
die weit außerhalb des Münsterlandes<br />
liegen. „Wir haben unseren Blick auf<br />
die Berufsbildung deutlich erweitert, ohne<br />
dabei die wichtigen Schwerpunkte<br />
unserer regionalen Identität als Wirtschafts-<br />
und Arbeitgeberverband für das<br />
heimische Handwerk aus den Augen zu<br />
verlieren.“<br />
Frank Tischner und Gesamtkoordinator<br />
Jan-Niclas Gesenhues sind sich sicher,<br />
dass Innungsbetriebe, Mitarbeiter und<br />
Netzwerkpartner von solchen Ansätzen<br />
profitieren werden. „Unser internationales<br />
Engagement kann schließlich den<br />
Stellenwert, den das Handwerk und die<br />
Kreishandwerkerschaft für die Berufsbildung<br />
haben, in ein anderes, globales<br />
Licht rücken und mehr Wertschätzung<br />
für die ‚Wirtschaftsmacht von nebenan‘<br />
im eigenen Land bewirken.“ Dabei geht<br />
es mit Blick auf globale Wirtschaft und<br />
Bildung weit über das rein Handwerkliche<br />
hinaus. „Wir halten so auch hochrangigepolitische<br />
Kontakte, die uns auch auf<br />
anderen Wegen nützlich sind, und sichern<br />
damit nicht zuletzt auch die<br />
Arbeitsplätze unserer Mitarbeiter in der<br />
Kreishandwerkerschaft“, sagt Frank<br />
Tischner, der deswegen momentan auf<br />
den internationalen Flughäfen öfters anzutreffen<br />
ist als in seinem gemütlichen<br />
Büro inBeckum. Peter Sauer<br />
Der Bau von Übungswänden im SHK-Bereich mit deutscher Unterstützung im Gründungszentrum<br />
in Richards Bay/Südafrika ist ein wichtiger Baustein des Bildungstransfers.<br />
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6 MACHER &MÄRKTE<br />
Damit Technik begeistert<br />
Das erste MINT-Forum der IHK Nord Westfalen im Bildungszentrum in Münster unterstrich<br />
die Bedeutung von Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.<br />
MINT-Berufe: Für viele Jugendliche<br />
sind Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften<br />
und Technik kein<br />
Thema – für die Wirtschaft umso<br />
mehr. Wie begeistert Schüler davon<br />
sein können, erlebten die Besucher<br />
beim ersten MINT-Forum der IHK<br />
Nord Westfalen.<br />
Felix Röwekämper ist ein ungewöhnlicher<br />
Typ. Nicht nur,<br />
dass er sich überdurchschnittlich<br />
für technische Themen<br />
begeistert –erist auch noch<br />
ganz alleine drauf gekommen: „Ich habe<br />
an meiner Schule überhaupt keine Förderung<br />
bekommen“, sagt der heute22-Jährige.<br />
Der deutschen Wirtschaft fehlen<br />
Leute wie dieser „Jugend-forscht“-Bundessieger<br />
aus Ibbenbüren.<br />
„Ende April fehlten in Deutschland<br />
311000 Arbeitskräfte in diesen Bereichen“,<br />
verdeutlichte IHK-Präsident Dr.<br />
Benedikt Hüffer die Misere, als er die<br />
Freiheit<br />
Jetzt in Familiengröße<br />
Der Multivan 6.1 Family<br />
Ikone, neuester Stand<br />
Gäste beim ersten MINT-Forum der IHK<br />
Nord Westfalen im Bildungszentrum in<br />
Münster begrüßte. „Und die Zahl wäre<br />
noch höher,wenn wir nicht viele begabte<br />
Menschen aus dem Ausland hätten.“ Also:<br />
„Um unsereWettbewerbsfähigkeit zu<br />
sichern, benötigen wir gut ausgebildete<br />
technische Fachkräfte auf allen Qualifikationsniveaus<br />
– vom ausgebildeten<br />
Facharbeiter über Techniker und IT-Spezialisten<br />
bis hin zum Akademiker oder Industriemeister.“<br />
Um das Interesse an MINT-Themen zu<br />
fördern, gibt es Initiativen wie die Gemeinschaftsoffensive<br />
„Zukunft durch Innovation.NRW“<br />
(zdi). „Hardware-Anschaffung<br />
reicht nicht, es fehlen auch<br />
MINT-Lehrer“, erklärte Magdalena Hein<br />
vonder zdi in ihrem Impulsreferat. Es gehe<br />
schließlich auch für die Menschen um<br />
viel: „Ein Verständnisfür Mathematik, Informatik,<br />
Naturwissenschaften und<br />
Technik ist Voraussetzung für individuelle<br />
Persönlichkeitsentfaltung.“<br />
Die nächste Generation ist da: Den Multivan 6.1 Family gibtesjetztmit<br />
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Schüler des Kardinal-von-Galen-Gymnasiums aus Münster zeigten unter anderem IHK-Präsident Dr. Benedikt<br />
Hüffer ihre Arbeit beim MINT-Forum im IHK-Bildungszentrum in Münster.<br />
Fotos: Gunnar A. Pier<br />
In einer ersten Gesprächsrunde trafen<br />
IHK-Vizepräsident Lars Baumgürtel,<br />
IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Fritz Jaeckel<br />
und Klaus Koch von der Bezirksregierung<br />
Münster aufeinander.„Mädchen<br />
sind deutlich zurückhaltender“, berichtete<br />
Koch, „aber wenn man sie einmal gewonnen<br />
hat, sind sie nicht schlechter.“<br />
Jaeckel betonte, wie wichtig es sei, diese<br />
Themen interessant zu verkaufen, und<br />
verwies auf das Beispiel von Astronaut<br />
Alexander Gerst. Der berichtetemultimedial<br />
live von seinem Aufenthalt auf der<br />
internationalen Raumstation ISS –und<br />
prompt sei das Interesse am Luft- und<br />
Raumfahrttechnik-Studium durch die<br />
Deckegegangen. Eine wichtigeRolle gibt<br />
Jaeckel den Schulen und machte als<br />
Hauptgeschäftsführer der Kammer ein<br />
Angebot: „Wir als Unternehmen würden<br />
das massiv unterstützen.“<br />
Wie soetwas laufen kann, zeigten Schüler<br />
des Kardinal-von-Galen-Gymnasiums<br />
in Münster-Hiltrup. Sie hatten sich in<br />
einem Kurs unterder Anleitung vonLehrer<br />
Roland Keßelmann am Wettbewerb<br />
„Formel 1inder Schule“ beteiligt. Ziel<br />
war es, druckluftbetriebene, aerodynamische<br />
und möglichst leichte Fahrzeuge<br />
zu konstruieren. Ihre Arbeit präsentierten<br />
sie beim Forum im Foyer des Bildungszentrums<br />
–und die Begeisterung<br />
für die oft so ungeliebte MINT-Thematik<br />
stand ihnen ins Gesicht geschrieben.<br />
Dabei hatten sie mehr zu tun, als „nur“<br />
Technisches zu tüfteln. IHK-Hauptgeschäftsführer<br />
Jaeckel zeigte sich besonders<br />
davonbeeindruckt,dass die Schüler<br />
weiter gedacht haben: „Ich warplatt! Die<br />
haben die Matrix eines Unternehmens<br />
geschaffen.“ An alle Abteilungen wargedacht<br />
–von Forschung und Entwicklung<br />
bis hin zum Marketing. „Wenn es uns gelingt,<br />
solche Gruppen zu erhalten, mache<br />
ich mir keine Sorgen mehr.“<br />
Felix Röwekämper jedenfalls hat die Begeisterung<br />
gepackt. Mit seinem weiterentwickelten<br />
Bohrmaschinenschraubstock<br />
gewann er „Jugend forscht“ auf<br />
Bundesebene, weitere Erfindungen gewannen<br />
ebenfallsPreise. „Ich habe meine<br />
Eltern schon früh in den Wahnsinn getrieben,<br />
weil ich alle Elektrogeräteauseinandergebaut<br />
habe“, erinnertersich. Förderung<br />
habe er vermisst: „Es kam alles aus<br />
mir.“ Dass er kein Abitur gemacht hat, habe<br />
er sich allerdings häufig vorhalten lassen<br />
müssen: „Da wurde oft gesagt: Ach,<br />
du machst nur eine Ausbildung?“<br />
Seine Zukunft? So weitermachen. Studium?<br />
„Ich denkeoft anders. Und ich habe<br />
die Befürchtung, durch ein Studium in<br />
eine Form gedrückt zu werden.“ Wichtiger<br />
sei es, sich selbst zu verwirklichen.<br />
Das gelinge ihm mit seinen Tüfteleien –<br />
mit gelebter MINT-Begeisterung. „Das ist<br />
das, wasich gerade mache –und deshalb<br />
bin ich so erfolgreich.“<br />
AufsolcheLeutehofft die Wirtschaft.Auf<br />
so ungewöhnliche Typen.<br />
Gunnar A.Pier<br />
Begeistert sich für Technik: Felix Röwekämper<br />
gewann als Schüler auf Bundesebene<br />
den Wettbewerb „Jugend forscht“.<br />
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Magdalena Hein von der Gemeinschaftsoffensive „Zukunft durch Innovation.NRW“ (zdi) sprach beim MINT-Forum<br />
auch das Problem der fehlenden Fachlehrer an.
MACHER &MÄRKTE 7<br />
Susanne Schulze Bockeloh (r., Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Kreisverbands Münster) ist voll des Lobes für das Direktmarketing<br />
von Junglandwirtin Janina Lohmann.<br />
Im Automaten oder selbst gesammelt: Frische Eier gibt es immer<br />
auf dem Hof.<br />
Fotos: Peter Sauer<br />
Vorder Schule zu den Hühnern<br />
Die Junglandwirtin Janina Lohmann führt mit 22 Jahren bereits ihren eigenen kleinen Hof und<br />
nutzt kreativ und engagiert die neuen Chancen der Direktvermarktung.<br />
„Viele wundern sich, wenn ich<br />
vom Trecker steige.“<br />
Janina Lohmann<br />
Die Landwirtschaft ist im Umbruch.<br />
Regionalität hat als Einkaufskriterium<br />
bei den Verbrauchern ein immer<br />
höheren Stellenwert. Direktmarketing<br />
heißt das Zauberwort.<br />
Hofläden oder Hofautomaten werden<br />
immer beliebter. Gleichzeitig<br />
kämpft die Landwirtschaft umNachwuchs.<br />
Eine junge Landwirtin aus<br />
Münster macht der Branche Mut, beides<br />
nachhaltig und erfolgreich verknüpfen<br />
zu können und den traditionsreichen<br />
Bauernhof zukunftsfähig<br />
zu machen.<br />
Wenn sie mit dem großen<br />
Trecker zum Tanken<br />
fährt oder inmitten<br />
ihrer über 200<br />
Hühner nach frischen<br />
Eiern Ausschau hält, steht Janina Lohmann<br />
ihren Mann und überrascht viele.<br />
Mit erst 22 Jahren führt sie einen Bauernhof<br />
in fünfter Generation. Eine weitere<br />
Überraschung ist die Lage. Nureinen Katzensprung<br />
von der vielbefahrenen Westfalenstraße<br />
und dem Ortseingangsschild<br />
vonHiltrup, Münsters größtem Stadtteil,<br />
liegt „Lohmanns Hof“ dennoch mitten im<br />
Grünen.<br />
Wenn Junglandwirtin Janina Lohmann<br />
täglich über den mobilen Zaun der saftiggrünen<br />
Wiese<br />
steigt, kommen<br />
ihr schon ihre<br />
freilaufenden209<br />
Legehennen mitsamt<br />
Hahn Fridolin<br />
freudiggackernd<br />
entgegengelaufen,<br />
die es<br />
sich zuvor im mobilen Hühnerstall gemütlichgemacht<br />
haben. Die neugierigen<br />
Ziegen Bibi und Tina weichen als „Security“<br />
nicht vonihrer Seite. Die freilebenden<br />
Hühner picken direkt auf der Wiese.<br />
„Meine Hühner bekommen Futter ohne<br />
genveränderte Komponenten und haben<br />
mehr Platz zur Verfügung, als für Freilandhühner<br />
vorgesehen ist.“ Die Eier legen<br />
sie im Hühnermobil, einem umgebauten<br />
Bauwagen, der mitten auf der<br />
Wiese steht. „Der ist genau auf ihre Bedürfnisse<br />
angepasst“, sagt Junglandwirtin<br />
Janina Lohmann. Denn die 22-Jährige<br />
setzt auf Nachhaltigkeit: „Das Wohlbefinden<br />
und die Gesundheit der Tierestehen<br />
für mich im Vordergrund. Das schmeckt<br />
man an den Eiern, die jeden Tag frisch<br />
verkauft werden.“ Lohmann strahlt bei<br />
ihrer Arbeit, die ihr sichtlich Spaß macht,<br />
auch wenn der Job, wie sie zugibt, „doch<br />
sehr anstrengend ist“.<br />
Der Wegzur Landwirtin warfür dieTochter<br />
eines Hofbesitzers kein direkter. Mit<br />
14 Jahren hat Janina Lohmann imHaus<br />
Simeon in Berg Fidel im Restaurantbereich<br />
gearbeitet, wollte dann eigentlich<br />
Tiermedizin studieren, bevorsie sich entschloss,<br />
Landwirtin zu werden. Die ersten<br />
Erfahrungen sammelte die Hiltruperin<br />
während ihrer landwirtschaftlichen Ausbildung<br />
im Umgang mit Schweinen auf<br />
dem Bauernhof Konermann in Amelsbüren<br />
sowie im Umgang mit Blumen und<br />
Kürbissen bei Stertmann inNienberge.<br />
Das Gesellenjahrmachtesie auf dem Hof<br />
Ontrup in Sprakel nebst Hofladen-Erfahrung.<br />
Die Arbeit mit Erdbeeren erlernte<br />
sie schließlich auf dem Hof Junge-Bornholt<br />
in Riesenbeck. So lernte sie zahlreiche<br />
Direktvermarkter kennen.<br />
Die 22-Jährigemacht bis 2021ihren Masterzur<br />
staatlich geprüftenAgrarbetriebswirtin.<br />
Parallel zum Pauken in der Fachschule<br />
für Agrarwirtschaft in Münster-<br />
Wolbeck bewirtschaftet Janina Lohmann<br />
ihreeigene Scholle. Die Selbstständigkeit<br />
ist ihr wichtig. „Den Bauernhof habe ich<br />
ohne meinen Vater selbst finanziert.“<br />
Und sie weiß sich gut zu helfen. „Statt<br />
Geld für teure Technik auszugeben, mache<br />
ich alles komplett mit der Hand“, sagt<br />
die Frau. „Ich bin stärker,als ich aussehe<br />
und viele wundern sich, wenn ich zum<br />
Beispiel an der Tankstelle vom Trecker<br />
steige.“ In der Tatist es bewundernswert,<br />
wie sie ihren Alltag meistert. Noch vor<br />
(Fach-)Schulbeginn, morgens um 5Uhr,<br />
schaut sie im Hühnermobil nach frischen<br />
Eiern: „Dabei bin ich eigentlich garkeine<br />
Frühaufsteherin.“<br />
Anfang 2019 hat Janina Lohmann mit<br />
dem Anbau vonErdbeeren auf einem ein<br />
Hektar großen Selbstpflückfeld begonnen.<br />
70 Kilo Erdbeeren verarbeitet sie zu<br />
Fruchtaufstrichen. Die gibt es auf ihrem<br />
Hof, neben den Eiern, Sirup und eigenem<br />
Honig –24Stunden verfügbar im Automaten.<br />
Der Clou: Jede Eierschachtel wird<br />
von der Landwirtin mit einem handschriftlichen<br />
Sinnspruch signiert, wie<br />
zum Beispiel „An egg aday keeps the doctor<br />
away.“<br />
Saisonal wird das Angebot um Spargel,<br />
Kürbisse und Tannenbäume von Höfen<br />
aus der Region ergänzt. „Ich finde es sehr<br />
besonders, dass eine junge Frau Landwirtschaft<br />
lernt, den Mut für die Investition<br />
hat und ihre berufliche Zukunft in<br />
der Landwirtschaft sieht“, freut sich Susanne<br />
Schulze Bockeloh, Vorsitzende des<br />
Landwirtschaftlichen Kreisverbands<br />
Münster.<br />
Neben ihren beiden Pferden kümmert<br />
sich Janina Lohmann auch umvier Pensionspferde.<br />
Darüber hinaus lädt die 22-<br />
Jährige regelmäßig Schulklassen auf<br />
ihren Hof und vermittelt neben der Ernte<br />
der eigenen Produkte bei deren Zubereitung<br />
auch Informationen rund um gesunde<br />
Ernährung und Nachhaltigkeit. Immer<br />
sonntags gibt es für Interessierte die<br />
Möglichkeit, gemeinsam mit der Landwirtin<br />
Eier zu sammeln. Langfristig will<br />
Janina Lohmann auch einen Hofladen errichten.<br />
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Für Susanne Schulze Bockeloh gehört die<br />
jungeLandwirtin bereits zu den vorbildlichen<br />
Direktvermarktern in der Region:<br />
„Mit Frische, Regionalität und Saisonalität<br />
erfüllen diese LandwirteVerbraucherwünsche.“<br />
Und Janina Lohmann blickt<br />
nach vorn: „Ich kann mir vorstellen, diese<br />
Arbeit auf dem Hof die nächsten 50 Jahre<br />
zu machen.“<br />
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46325 Borken (H)<br />
Königsberger Str. 1<br />
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48683 Ahaus (H)• Bleker Autoforum<br />
Ahaus •Von-Braun-Str.62-64<br />
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Tel. 028 71/25 59-0<br />
(H)=Vertragshändler,<br />
(V)= Verkaufsstelle.<br />
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Münsterstr. 135<br />
Tel. 02594/7 82 08-0<br />
48163Münster-Amelsbüren (V)<br />
Autoforum Münster•Kölner Str.1<br />
Tel. 02501/97 38-100