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Entdecken Sie das bayerische Hopfenland! Reportagen über Menschen, Landschaft, Feste, Freizeitangebote, Spezialitäten, Geschichte, Hopfen und Bier...

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Wer wie Anke das Terminmanagement von Großprojekten<br />

und die Analyse von Risiken zum Beruf gemacht hat, würde<br />

üblicherweise Erholung in vorhersehbaren Urlaubswelten<br />

suchen. So ein entspannender all-inklusive Badeurlaub oder<br />

eine gut strukturierte Kulturreise zum Beispiel, da kann man<br />

gut loslassen, sich zurücklehnen und anderen das Planen und<br />

die Entscheidungen überlassen. Ja schon, dachte Anke, aber ...<br />

warum in die Ferne fliegen, wenn es im Sommer in der Hallertau<br />

so schön ist? Warum im Urlaub nicht Zeit mit Pferd<br />

Benny verbringen? Die unmittelbare Heimat erkunden und<br />

das Abenteuer vor der Haustüre suchen? Einfach mal der<br />

Nase nach durch das Hopfenland reiten ...!<br />

Auf diesen Gedanken kommt sie während des Sommers.<br />

Der Hopfen grün, die Hügel sanft, der Himmel blau. So<br />

schön hier. Der Plan beginnt zu reifen. Im darauffolgenden<br />

Frühjahr erzählt Anke ihrer Familie von ihrem Vorhaben.<br />

Ehemann Frank reagiert skeptisch. „Überleg dir das gut.<br />

Das wird sehr anstrengend. Und ohne Begleitung mit dem<br />

Benny ...!“ Mit Recht hat er Bedenken. Der ursprünglich für<br />

den Trabrennsport gezüchtete Vollblüter aus Schweden ist<br />

ein temperamentvolles Pferd. Alles andere als das klassische<br />

Freizeitpferd. Als Traber wurde Benny im Alter von zwei Jahren<br />

aussortiert, weil er „so gerne galoppiert“. Das verrät einiges.<br />

Benny hatte Glück, dass er bei Anke einen Platz fand.<br />

Geduldig und einfühlsam ging sie auf sein Wesen ein. In den<br />

folgenden elf Jahren wuchsen sie als Team zusammen.<br />

15 Kilo Gepäck, Schlafsack inklusive<br />

Die Entscheidung ist gefallen. Anke ist nicht zu stoppen.<br />

Auf Wanderreiter-Seiten im Internet sammelt sie Tipps<br />

für Ausrüstung und Packlisten. Aus einer Zeltplane näht<br />

sie einen passgenauen Packsack für Benny. Auf dem empfindlichen<br />

Pferderücken darf hinter dem Sattel nicht viel<br />

liegen. Auch das Reiten mit Satteltaschen will geprobt werden,<br />

nichts darf scheuern, flattern, klappern ... Oder gar<br />

zu schwer sein: 15 Kilo Gepäck setzt sich Anke als Limit.<br />

Das ist nicht viel wenn man bedenkt, was alles mitgenommen<br />

werden muss: Schlafsack, Isomatte, Wechselkleidung,<br />

Proviant und auch die Ausrüstung für das Pferd samt Putzzeug,<br />

Halfter und Führseil. Im Reitstall fragt sie, ob jemand<br />

mitreiten will durch die Hallertau. Aber die Urlaube sind<br />

bereits anderweitig geplant. Manchem wirft die Unternehmung<br />

auch zu viele Fragen auf. Oder die Komfortbedürfnisse<br />

überwiegen. Schade. Dann halt alleine, beschließt Anke.<br />

Erfahrung im Wanderreiten hat sie nicht. Abgesehen von<br />

den Ausflügen, die sie als Jugendliche mit ihren beiden<br />

Brüdern gemacht hat: Auf einem gemütlichen Haflinger<br />

und mit einem alten Traktor streiften sie gemeinsam durch<br />

Wälder und Wiesen auf dem Vogelsberg in Mittelhessen.<br />

Ein (fast) perfekter erster Tag<br />

In der letzten Augustwoche geht es an den Start. „Sonne<br />

satt“ laut Wetterbericht, gegen Abend heftige Gewitter. Anke<br />

und Benny sind unterwegs. Um 10 Uhr haben sie Wang in<br />

Richtung Mauern verlassen. Ein seltsames Gefühl, die Pferdekoppeln<br />

der alten Pfettrach-Mühle hinter sich zulassen und<br />

zu wissen: dies ist kein gewöhnlicher Ausritt. Benny ist topfit<br />

und will Strecke machen. Anke lässt ihn nur Schritt gehen.<br />

Distanzrekord unerwünscht: Entschleunigen auf 6 km pro<br />

Stunde und die Natur um sich bewusst wahrnehmen, das ist<br />

ihre Vorstellung vom Wandern mit Pferd. Sobald die Grenze<br />

des üblichen Ausritts erreicht ist, wird der Vollblüter unruhig.<br />

Kehren wir nicht um? Nein, Benny, wir reiten weiter: über<br />

Margarethenried, Aign und Aggstall nach Großgundertshausen.<br />

Die Anspannung lässt nach, Anke wird leicht ums Herz.<br />

Ihr Pferd vertraut ihr, der Weg stimmt: alles wie erträumt.<br />

Die erste Nacht verbringt sie komfortabel auf dem Stadlerhof<br />

in Großgundertshausen. Und Benny? Der steht bei heftigem<br />

Gewitter im Freien auf einer Koppel. Und wird patschnass.<br />

Eine Regendecke mitzunehmen, das war bei 15 Kilo Gepäck<br />

einfach nicht mehr drin. Doch der Wallach nimmt das Gewitter<br />

erstaunlich gelassen hin. Sein Fell wird bei den sommerlich-lauen<br />

Temperaturen bald trocknen.<br />

Schlaflos in Maiersdorf<br />

Am nächsten Tag führen Ankes und Bennys Wege durch Hopfengärten,<br />

über Stoppelfelder und bewaldete Hügel an Seeb<br />

und Rannertshofen vorbei nach Maiersdorf auf die Morgen-<br />

Ranch. Auf diesen Aufenthalt hat sich Anke besonders<br />

gefreut. Denn auf dem Reiterhof von Bettina Schlarb und ihren<br />

Töchtern Romy und Selina werden neben Pferden, Ponys,<br />

Eseln, Hunden, Katzen, Hasen und Hühnern weitere Tierarten<br />

gehalten, Arten, denen Mensch und Pferd selten Auge<br />

in Auge direkt gegenüberstehen: Rehe, Wildschweine, Lamas<br />

und ... Kamele! Auf den weitläufigen Weiden und in den Ställen<br />

der Morgen-Ranch lebt die kunterbunt gemischte Tiergesellschaft<br />

friedlich zusammen. Für Benny ist ein Paddock mit<br />

Unterstand reserviert, theoretisch ideal, aber praktisch eine<br />

Katastrophe. Anke wird die ganze Nacht kein Auge schließen<br />

und in den frühen Morgenstunden ohne Frühstück aufbrechen.<br />

Sie erkennt ihren Benny nicht wieder. Die friedlichen<br />

Kamele versetzen den Vollblüter in Panik. Am Abend zuvor<br />

hatte ihr Pferd bei Blitz, Donner und Wolkenbruch gemütlich<br />

gegrast. Jetzt schnaubt der Wallach durch die Nüstern,<br />

rollt die Augen, wirft sich gegen den Zaun, trabt auf und ab,<br />

verweigert das Futter. Benny scheint nur einen Gedanken zu<br />

haben: Nichts wie weg hier!<br />

<strong>hallertau</strong>-Magazin 7

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