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Berliner Zeitung 03.12.2019

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4 <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 281 · D ienstag, 3. Dezember 2019<br />

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Politik<br />

NACHRICHTEN<br />

Rat gegen sexuelle Gewalt<br />

an Kindernnimmt Arbeit auf<br />

EinNationaler Ratgegen sexuelle<br />

Gewalt an Kindernund Jugendlichen<br />

soll in den kommenden eineinhalb<br />

Jahren Konzepte für einen besseren<br />

Schutz vorMissbrauch erarbeiten.<br />

DasExpertengremium kam<br />

am Montag in Berlin zu seiner konstituierenden<br />

Sitzung zusammen.<br />

Ihmgehören mehr als 40 Mitglieder<br />

aus Politik, Wissenschaft, Zivilgesellschaft<br />

und Fachpraxis an, außerdem<br />

auch Betroffene. (dpa)<br />

Orientierung für Lehrer im<br />

Kampf gegen Antisemitismus<br />

DieBundesländer wollen künftig<br />

verstärkt gegen Antisemitismus an<br />

Schulen vorgehen. DieKultusminister<br />

der Länder beriefen dafür gemeinsam<br />

mit dem Zentralrat der Juden<br />

und der Bund-Länder-Kommission<br />

der Antisemitismusbeauftragten<br />

eine 15-köpfige Arbeitsgruppe<br />

ein. Dieneue Arbeitsgruppe soll eine<br />

Empfehlung erarbeiten, um Lehrern<br />

eine Orientierung für den Umgang<br />

mit den verschiedenen Formen von<br />

Antisemitismus zu geben. (dpa)<br />

Trump folgt Einladung zu<br />

Impeachmentanhörung nicht<br />

Trotzt Wind und Wetter:US-Präsident Donald<br />

Trump.<br />

AP/ANDREW HARNIK<br />

US-Präsident Donald Trump setzt<br />

weiter auf einen Boykott der Impeachment-Untersuchung<br />

des Kongresses<br />

zur Ukraine-Affäre. Wieder<br />

Rechtsberater des Weißen Hauses<br />

am Sonntag mitteilte,werden weder<br />

Trump noch seine Anwälte am Mittwoch<br />

an einer Anhörung des Justizausschusses<br />

des Repräsentantenhauses<br />

teilnehmen. (AFP)<br />

Bericht: Extreme Gefahren<br />

bei Rückkehr nach Syrien<br />

In Syrien gibt es nach Einschätzung<br />

der Bundesregierung keine Region,<br />

in der sich zurückgekehrte Flüchtlinge<br />

sicher fühlen können. „Immer<br />

wieder sind Rückkehrer,insbesondere–aber<br />

nicht nur –solche,die als<br />

oppositionell oder regimekritisch<br />

bekannt sind oder auch nur als solche<br />

erachtet werden, erneuter Vertreibung,<br />

Sanktionen beziehungsweise<br />

Repressionen, bis hin zu unmittelbarer<br />

Gefährdung für Leib und<br />

Leben ausgesetzt“, heißt es in einem<br />

internen Bericht des Auswärtigen<br />

Amtes. (dpa)<br />

China verurteilt uigurischen<br />

Ex-Politiker zu Haftstrafe<br />

China hat einen der einst ranghöchsten<br />

uigurischen Politiker des<br />

Landes zu einer lebenslangen Haftstrafe<br />

verurteilt. WieStaatsmedien<br />

berichteten, wurde NurBekriam<br />

Montag wegen des Vorwurfs der Korruption<br />

vomMittleren Volksgericht<br />

der Stadt Shenyang verurteilt. Bekri<br />

war Direktor der Energieagentur und<br />

stellvertretender Leiter der Nationalen<br />

Entwicklungs- und Reformkommission,<br />

Chinas wichtigster Aufsichtsbehörde<br />

für Wirtschaftsplanung.<br />

Zwischen 2008 und 2014 war<br />

BekriGouverneur der Unruheregion<br />

Xinjiang. Während seiner Zeit im<br />

Amt war die Region Schauplatz von<br />

Gewaltausbrüchen zwischen Uigurenund<br />

den herrschenden Han-Chinesen.<br />

(dpa)<br />

Jetzt aber wirklich<br />

Das Motto der Klimakonferenz in Madrid lautet: „Zeit zum Handeln“. Selbst die Atomenergiebehörde will helfen<br />

Unter dem Eindruck weltweiter<br />

Klimaproteste<br />

und zerstörerischer Wetterextreme<br />

hat UN-Generalsekretär<br />

António Guterres die<br />

Weltklimakonferenz in Madrid mit<br />

einem Appell zum raschen Umsteuern<br />

eröffnet. Die Menschheit müsse<br />

wählen zwischen dem Weg der<br />

„Hoffnung“ und dem der „Kapitulation“<br />

beim Klimaschutz, sagte Guterres<br />

am Montag vorVertretern aus<br />

fast 200 Ländern. Er mahnte,dieWelt<br />

stehe an einem „Wendepunkt“ und<br />

sollte nun den „Weg der Entschlossenheit<br />

und der dauerhaften Lösungen“<br />

einschlagen,„bei dem die fossilen<br />

Energien bleiben, wo sie sind –<br />

im Boden und bei dem wir bis 2050<br />

CO 2 -Neutralität erreichen“. Dazu<br />

müsse die „Abhängigkeit von der<br />

Kohle“ aufgegeben werden. Das<br />

Konferenzmotto lautet „Tiempo de<br />

actuar“ –„Zeit zu handeln“.<br />

Das will die EU und strebt an, bis<br />

2050 klimaneutral zu werden. Jetzt<br />

müsse gehandelt werden, sagte auch<br />

die neue EU-Kommissionschefin<br />

Ursula von der Leyen bei einer Gesprächsrunde<br />

mit mehreren Staatsund<br />

Regierungschefs. „Wir sind bereit,<br />

unseren Beitrag zu leisten.“ Von<br />

der Leyen kündigte an, im Märzerstmals<br />

ein EU-Umweltgesetz vorzulegen.<br />

Damit solle der Handel mit Verschmutzungsrechten<br />

auf alle Sektorenausgeweitet<br />

werden.<br />

Zudem wird die EU einen „Green<br />

Deal“ präsentieren, eine neue<br />

Wachstumsstrategie,die Emissionen<br />

senken, Jobs schaffen und die Lebensqualität<br />

erhöhen werde, sagte<br />

von der Leyen. Nötig seien massive<br />

Investitionen, etwa eine Billion Euro<br />

über die nächsten zehn Jahre.<br />

Kritik an Deutschland<br />

Spaniens Regierungschef Pedro<br />

Sánchezsagte in Madrid, weil Europa<br />

eine historische Verantwortung für<br />

die Erderwärmung trage und seine<br />

Bürger es forderten, müsse es den<br />

Ausstieg aus den fossilen Energien<br />

„anführen“. Einige Hilfsorganisationen<br />

sehen allerdings bei der EU eine<br />

Mitschuld für die schleppende Umsetzung<br />

des Pariser Klimaabkommens.<br />

Greenpeace-Chefin Jennifer<br />

Morgan etwa sagte, Deutschland sei<br />

beim Klimaschutz derzeit auf dem<br />

„Weg zurück in dieVergangenheit“.<br />

Deutschland will zwar seinen<br />

Treibhausgasausstoß bis 2030 um 55<br />

Prozent verringern. Außerdem hat es<br />

zugesagt, bis 2050 CO 2 -Neutralität zu<br />

erreichen. IhrKlimaziel für 2020 wird<br />

die Bundesregierung aber verfehlen:<br />

Statt einer Emissionsminderung um<br />

Bei der Konferenz treffen sich Staatschefs, Politiker und Aktivisten aus aller Welt. GETTY<br />

196<br />

Delegationen reisen zur<br />

UN-Klimakonferenz nach<br />

Madrid. Es sind 29 000 Teilnehmer,1500<br />

Journalisten<br />

haben sich akkreditiert.<br />

KONFERENZ IN ZAHLEN<br />

113 000<br />

Quadratmeter umfasst das<br />

Messegelände Ifema. Sieben<br />

Pavillons wurden für die<br />

Konferenzteilnehmer<br />

eingerichtet.<br />

2000<br />

Freiwilligesind an den zwölf<br />

Konferenztagen im Einsatz.<br />

4000 Techniker und 450<br />

private Sicherheitsleute sind<br />

ständig in Bereitschaft.<br />

Warten auf die Wende<br />

40 Prozent werden voraussichtlich<br />

nur 32 Prozent erreicht. Umweltorganisationen<br />

dringen darauf, dass in<br />

Madrid ein paar große Emittenten<br />

eine Anhebung ihrer Klimaschutzziele<br />

fest zusagen.<br />

Weitere Knackpunkte sind Hilfen<br />

für die Entwicklungsländer bei der<br />

Bewältigung klimabedingter Schäden<br />

sowie konkrete Regeln zur Einbeziehung<br />

des Emissionszertifikatehandels<br />

in die internationalen Klimaschutzbemühungen.<br />

Mit Blick auf die Klimaschutzbewegung<br />

Fridays for Futuresagte Guterres<br />

in Madrid, die Regierungen<br />

sollten „den Menschenmassen, die<br />

den Wandel fordern“, zuhören und<br />

wissenschaftliche Erkenntnisse über<br />

die Gefahren des Klimawandels<br />

nicht ignorieren. Bislang steigen<br />

aber die weltweiten Treibhausgas-<br />

Emissionen immer weiter.<br />

Die Hilfsorganisation Save the<br />

Children hob hervor, dass in diesem<br />

Jahr in Teilen Afrikas bereits mindestens<br />

1200 Menschen durch die vom<br />

Klimawandel verstärkten Wetterextreme<br />

ums Leben gekommen seien.<br />

Die Organisation Oxfam verwies auf<br />

jährlich 20 Millionen Klima-Flüchtlinge.Die<br />

Präsidentin der Marschall-<br />

Inseln, Hilda Heine,sagte in einerVideobotschaft,<br />

kleine Inselstaaten<br />

wie ihrer befänden sich wegen des<br />

klimabedingten Anstiegs der Meeresspiegel<br />

schon „im Todestrakt“.<br />

Rund 450 Reaktoren in Betrieb<br />

Ausgerechnet die Atomkraft kann<br />

nach Überzeugung des neuen Chefs<br />

der Internationalen Atomenergiebehörde<br />

(IAEA), Rafael Grossi, im<br />

Kampf gegen den Klimawandel helfen.<br />

„Atomkraft ist nicht Teil des Problems.<br />

Sie kann für die, die das wollen,<br />

Teil der Lösung sein“, sagte<br />

Grossi am Montag in Wien. Er werde<br />

den Klimagipfel in Madrid besuchen,<br />

um diese Botschaft zu verbreiten,<br />

so der argentinische Diplomat.<br />

Im Gegensatz zu manchen Prognosen<br />

nehme der Einsatz der Kernkraft<br />

weltweit zu. Grossi verwies auf<br />

rund drei Dutzend Atomkraftwerke,<br />

die in den vergangenen Jahren in Betrieb<br />

gegangen seien. Die Sicherheitssorgen<br />

müssten ernst genommen<br />

werden. Daher werde die IAEA<br />

weiter an den hohen Standards arbeiten,<br />

die die Betreiber einhalten<br />

müssten, so Grossi.<br />

Aktuell sind weltweit rund 450<br />

Reaktoren in Betrieb. Mehr als 50<br />

sind laut IAEA in Bau, die meisten in<br />

Asien. Der deutsche Wegeines Ausstiegs<br />

aus der Kernenergie findet zur<br />

Zeit wenig Nachahmer. (AFP,dpa)<br />

Polens Fixierung auf die Kohle verursacht Smog und lässt ganze Städte verschwinden. Nur langsam beginnt ein Umdenken<br />

VonUlrich Krökel, Bytom<br />

Wer kann, geht weg aus Bytom.<br />

Mehr als 20 000 Einwohner hat<br />

die Stadt im oberschlesischen Kohlerevier<br />

seit der Jahrtausendwende<br />

verloren. Die übrigen 165 000 Menschen<br />

droht die Erde zu verschlingen.<br />

Denn seit Beginn der Kohleausbeutung<br />

vor 70 Jahren haben sich<br />

große Teile von Bytom um rund sieben<br />

Meter abgesenkt. Immer wieder<br />

kommt es zu kleineren Erdbeben,<br />

die vonden Arbeiten unter Tage ausgelöst<br />

werden oder von schlecht gesicherten<br />

alten Stollen.<br />

Hunderte Häuser abgerissen<br />

2011 war das bislang größte Katastrophenjahr<br />

für Bytom. „Man kann<br />

nachts hören, wie die Wände aufbrechen“,<br />

berichteten damals Bewohner<br />

des Stadtteils Karb,der schlagartig<br />

abgesackt war. Kurz darauf wurden<br />

die Menschen in Sicherheit gebracht<br />

und Hunderte Häuser<br />

abgerissen.<br />

Wer heute nach Karb kommt,<br />

sieht nur noch die Freiflächen. Er<br />

sieht aber auch, wie sich in der nahen<br />

Zeche Bobrek die Förderräder<br />

drehen. Denn die Kohleausbeutung<br />

geht weiter. Ander Zecheneinfahrt<br />

prangt in Großbuchstaben die trotzige<br />

Parole: „Es lebe der Bergarbeiterstand.“<br />

Wer nach dem Sinn der fortgesetztenVerfeuerung<br />

vonKohle in Polen<br />

fragt, wird den Stolz der Kumpel<br />

als wichtigen Posten in Rechnung<br />

stellen müssen, auch wenn die Gegenargumente<br />

weit schwerer zu wiegen<br />

scheinen.<br />

Von den 50 Städten mit der<br />

schmutzigsten Luft in Europa liegen<br />

33 in Polen. An der energiepolitischen<br />

Ausrichtung des wirtschaftlich<br />

boomenden Landes ändert das<br />

wenig. Noch immer bezieht Polen<br />

fast 80 Prozent seiner Primärenergie<br />

aus Kohle.<br />

Die rechtsnationale PiS, die seit<br />

vier Jahren in Warschau regiert, will<br />

daran festhalten. Staatspräsident<br />

Andrzej Duda erklärte ausgerechnet<br />

zur Eröffnung der Weltklimakonferenz<br />

2018 im oberschlesischen Katowice:<br />

„Ich werdenicht zulassen, dass<br />

irgendjemand unseren heimischen<br />

Bergbau ermordet. Kohle ist unser<br />

größter Schatz.“ Er gehe davon aus,<br />

dass Polen das schwarze Gold noch<br />

200 Jahreverfeuernwerde.<br />

Kurz vor der Klimakonferenz<br />

2019 in Madrid hat die PiS-Regierung<br />

immerhin einen Beauftragten<br />

für Erneuerbare Energien ernannt.<br />

Aber die Partei verspricht den Bergarbeitern<br />

auch sichere Jobs. Patryk<br />

Bialas, der als einziger Grüner im<br />

Stadtrat vonKatowice sitzt, hält beides<br />

für vereinbar. Man müsse die<br />

Jobs nur jenseits der Zechen schaffen.<br />

„Unsere Kumpel haben fantastische<br />

Fähigkeiten in vielen technischen<br />

Bereichen“, sagt der Klimaschützer.<br />

„Wir können sie umschulen.“<br />

Tatsächlich werden im boomenden<br />

Polen händeringend Facharbeiter<br />

gesucht. Allerdings sind in der<br />

Kohleindustrie aktuell noch rund<br />

80 000 Menschen beschäftigt. „Das<br />

ist viel“, gibt Bialas zu. Gerade deshalb<br />

sei es so wichtig, schnellstmöglich<br />

die entsprechenden Förderprogramme<br />

aufzulegen und Weiterbil-<br />

dung zu ermöglichen. „Das Wichtigste<br />

für die Menschen ist<br />

Planungssicherheit.“<br />

Die Regierung dagegen setzt auf<br />

Langsamkeit. Den Anteil der Kohle<br />

am polnischen Energiemix will sie<br />

bis 2030 maximal auf 60 Prozent zu<br />

reduzieren. „Das wird nicht reichen“,<br />

sagt Bialas und verweist auf<br />

neueste Umfragen. Demnach sprechen<br />

sich 72 Prozent der Polen für<br />

eine Energiewende aus,weg vonder<br />

Kohle.<br />

Sehnsucht nach sauberer Luft<br />

Dasist ein überraschend hoher Wert<br />

für ein Land mit einer so großen<br />

Kohletradition. Allerdings ist in vielen<br />

Regionen Polens derWintersmog<br />

zu einem derart existenziellen Problem<br />

geworden, dass die Sehnsucht<br />

nach sauberer Luft enorm gewachsen<br />

ist. Derzeit sterben Jahr für Jahr<br />

mehr als 40 000 Menschen vorzeitig<br />

wegen der hohen Schadstoffbelastung.<br />

Patryk Bialas ist deshalb auch<br />

davon überzeugt, dass Polen eine<br />

Zukunft ohne Kohle hat: „Die grüne<br />

Wende kommt.“<br />

Abwesenheit<br />

von<br />

Vertrauen<br />

Ischinger mahnt Staaten<br />

zur Zusammenarbeit<br />

Vor dem Beginn des Nato-Gipfels,<br />

der an diesem Dienstag und<br />

Mittwoch in London stattfindet, hat<br />

der deutsche Sicherheitsexperte<br />

Wolfgang Ischinger für internationale<br />

Zusammenarbeit geworben –<br />

und vor den Risiken bewaffneter<br />

Konflikte gewarnt. Nicht zuletzt sei<br />

ein „großer Krieg“ ein weit unterschätztes<br />

Klimarisiko. „Ein großer<br />

Krieg, und die gesamten Klimaziele,<br />

die wir haben, können Sie alle einstampfen“,<br />

sagte der Leiter der<br />

Münchner Sicherheitskonferenz in<br />

der ARD. „Wer Klimaschutz will,<br />

muss auch mit dafür sorgen, dass wir<br />

keine Kriege bekommen.“<br />

Das gelte auch für große Kriege,<br />

an denen der Westen nicht beteiligt<br />

sei.„Die Lage ist gefährlich“, sagte Ischinger.<br />

Sie sei gekennzeichnet von<br />

völliger Abwesenheit von Vertrauensbildung<br />

und demVerlust der Rüstungskontrolle.Der<br />

UN-Sicherheitsrat<br />

sei oft blockiert. Auch andere Institutionen<br />

funktionierten nicht ausreichend<br />

gut, weil viele Staaten<br />

meinten, sie könnten ihre eigenen<br />

Ziele besser alleine fördern.<br />

Aufdem Gipfel in London soll das<br />

70. Jubiläum des westlichen Militärbündnisses<br />

gefeiert werden. Das<br />

Treffen ist jedoch überlagert von<br />

Konflikten innerhalb der Allianz.<br />

Weiter schwelt der Streit mit US-Präsident<br />

Donald Trump über die Verteidigungsausgaben,<br />

die Türkei<br />

überrumpelte die Verbündeten mit<br />

dem Einmarsch in Syrien, und<br />

Frankreichs Präsident Emmanuel<br />

Macron attestierte dem Bündnis in<br />

einem Interview gar den „Hirntod“.<br />

Ohne Frieden hilft auch kein Klimavertrag,mahnt<br />

Wolfgang Ischinger. DPA/NIETFELD<br />

Nach Ischingers Einschätzung<br />

bedrohen die Auseinandersetzungen<br />

die geopolitische Grundordnung.„Eigentlich<br />

steht auf dem Spiel<br />

die Zukunft des Westens. Gibt’s den<br />

Westen noch?“, fragte Ischinger. Der<br />

Nato-Gipfel werde ein symbolischer<br />

Akt zur 70-Jahr-Feier.Eswerde keine<br />

„großartigen Sachverhandlungen“<br />

geben, aber viele Experten würden<br />

sich Gedanken machen über den<br />

Zustand des Bündnisses. „Wird die<br />

Nato ihren Zielen gerecht?“<br />

Tatsächlich soll in London nach<br />

Angaben aus deutschen Regierungskreisen<br />

ein „Reflexionsprozess“ zur<br />

Zukunft des Bündnisses eingeleitet<br />

werden. In einem Entwurffür die Abschlusserklärung<br />

werde Nato-Generalsekretär<br />

Jens Stoltenberg damit<br />

beauftragt, den Außenministern der<br />

29 Mitgliedstaaten einen Vorschlag<br />

zur Gestaltung dieses Prozesses zu<br />

machen, der dann auch unter Führung<br />

Stoltenbergs stattfinden soll.<br />

Ziel sei es,„die politische Dimension<br />

der Nato weiter zu stärken“.<br />

Zunächst will sich das Bündnis<br />

aber auf seine Grundsätzebesinnen:<br />

Schon im ersten Absatz der Abschlusserklärung<br />

wollen die Staatsund<br />

Regierungschefs ein ausdrückliches<br />

Bekenntnis zur Beistandspflicht<br />

laut Artikel 5ablegen, wie es<br />

am Montag aus Nato-Kreisen hieß.<br />

Diese Regelung sei das „Herzstück<br />

der Nato“, mahnte Generalsekretär<br />

Jens Stoltenberg. Eigentlich sollte<br />

das eine Selbstverständlichkeit sein.<br />

Doch solche scheint es derzeit in der<br />

Weltpolitik nicht zu geben – auch<br />

nicht unter vermeintlichen Partnern.<br />

(BLZ/AFP/dpa)

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