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SachSen-Spezial City & Country<br />
MAgische Orte<br />
Die schönsten<br />
Seiten des<br />
Freistaats<br />
Prinz<br />
zUr liPPe<br />
Auch die<br />
Kanzlerin<br />
liebt seinen<br />
Wein<br />
Schauspielerin<br />
Stephanie Stumph<br />
<strong>Sachsen</strong>,<br />
<strong>meine</strong><br />
<strong>Sehnsucht</strong><br />
Aktiv-<br />
UrlAUb<br />
Ein Paradies<br />
zum Klettern,<br />
Wandern &<br />
Radfahren
Editorial<br />
<strong>Sachsen</strong> hat alles,<br />
was das hErz begehrt<br />
PaTricia riEkEl Chefredakteurin<br />
Chefredakteurin<br />
Patricia riekel mit<br />
hund Bruno auf ihrer<br />
Lieblingsbank am See<br />
Der wunderbare Dichter Herbert<br />
Asmodi schrieb in seiner „Reiseempfehlung“:<br />
„Warum in die<br />
Ferne schweifen? Wieso zu den<br />
Kopfjägern? Ferien auf den Stromschnellen des<br />
Colorado River? Klettern im Himalaja? Krokodile<br />
reiten auf Palau und Fallschirmspringen in<br />
Ashford? Oder garantierte Einsamkeit in den<br />
McKenzie-Bergen? Wozu der Aufwand? Bleiben<br />
Sie zu Hause ...“<br />
Dieses wunderbare Gedicht kommt mir in<br />
den Sinn, wenn ich an <strong>Sachsen</strong> denke. Wie die<br />
meisten Menschen, die in den Ländern der<br />
alten Bundesrepublik groß geworden sind,<br />
war ich mit den Landschaften des deutschen<br />
Ostens nicht wirklich vertraut. Ich kannte nicht<br />
die Tiefen des Erzgebirges, in denen man sich<br />
verlieren kann, nicht die unglaubliche Weite<br />
der Hügellandschaft um Dresden und die magischen<br />
Burgen und Schlösser, die überall in<br />
<strong>Sachsen</strong> von der deutschen Geschichte erzählen.<br />
Das Ausmaß der Elbe hatte ich mir nicht<br />
vorstellen können und die Sächsische Schweiz<br />
mit ihren gigantischen Felsbrocken wirkte noch<br />
beim ersten realen Anblick fast unwirklich.<br />
In der Vorbereitung zu diesem Heft über<br />
<strong>Sachsen</strong> habe ich mich intensiver mit dem Thema<br />
befasst. Also wälzte ich Bildbände, um <strong>meine</strong><br />
Lücken von noch nicht besuchten Winkeln und<br />
Städtchen optisch zu füllen. Es entstand eine<br />
Komposition aus Traumlandschaften, die wie<br />
für einen großartigen Abenteuerfilm geschaffen<br />
sind. Um mit Herbert Asmodi zu sprechen: „Warum<br />
in die Ferne schweifen? Bleiben Sie zu Hause<br />
...“ Ich habe gelernt, dass unsere Heimat so<br />
betörend schön sein kann wie die Rocky Mountains<br />
oder so bezaubernd wie Schlösser an der<br />
Loire. <strong>Sachsen</strong> hat alles, was das Herz begehrt.<br />
Was seinen besonderen Charme auch ausmacht,<br />
ist das Zusammenspiel von Historie und<br />
Moderne. Beherzt, wie die <strong>Sachsen</strong> nun mal<br />
sind, knüpfen sie zusammen, was zunächst unvereinbar<br />
scheint, und führen es geschickt in<br />
die Zukunft. Das gilt gleichermaßen für Baustile<br />
wie für Kunst und Kultur. <strong>Sachsen</strong> ist ein spannendes<br />
Bundesland für diejenigen, die dort leben,<br />
und ein abwechslungsreiches Ziel für die<br />
mehr als sieben Millionen Menschen, die jährlich<br />
aus aller Welt anreisen.<br />
Nicht zuletzt ist <strong>Sachsen</strong> berühmt für seine<br />
schönen Frauen. Schon in der Sage vom Ursprung<br />
der <strong>Sachsen</strong> steht der Reim „<strong>Sachsen</strong>, das ist da, wo<br />
die schönen Mädchen auf den Bäumen wachsen.“<br />
fasT MysTisch wirkt<br />
schloss Moritzburg<br />
Traumlandschaften<br />
wie aus einem<br />
Abenteuerfilm<br />
Fotos: dpa-BildFunk, dpa/thomas lehmann<br />
Cover:<br />
Stephanie Stumph<br />
für BUntE<br />
IMPRESSUM HERAUSGEBER BUntE Entertainment Verlag GmbH, Arabellastr. 23, 81925 München REDAKTIONSDIREKTORIN UND CHEFREDAKTEURIN<br />
Patricia Riekel (V. i. S. d. P.) STV. DER CHEFREDAKTEURIN Sebastian Graf von Bassewitz STELLV. CHEFREDAKTEUR Christian Guth (Optik), CREATIVE DIREC-<br />
TOR Jenny Levié ART DIRECTION Christian Guth CHEF VOM DIENST thomas Spitznagel (Ltg.); Gabriele Wider (Stv.) TEXTCHEFS Peter telle, Georg thanscheidt<br />
REDAKTION Désirée Rohrer (Ltg.), Sarah Bonin, Claus Dreckmann, Christian Krabichler, Manfred Otzelberger, Sandra Schmidt, Georg Seitz, Chtistiane Soyke<br />
AUTOR Walter Drechsel FOTOREDAKTION Eva Maria Hildebrand (Ltg.); Ulrike Kamleitner-v. Keussler, Mirja Schütz LAYOUT Karin Bösl, Martina Feichtner-Mäurer,<br />
Maria Katzmair-Faouzi, Kerstin Lindlbauer, Ulrich Pitule, Sonja Wohner BILDBEARBEITUNG Kurt Kretschmer (Ltg.); Baptist Dallmeyr SCHLUSSREDAKTION<br />
Alexandra Ahrens, Sona Hähnel, Dr. Edith Konradt, thomas Kopp, Alzbeta Lettowsky, Ingrid tzschaschel DIRECTOR MARKETING Elfi Langefeld<br />
DEPUTY DIRECTOR MARKETING Meike nevermann DIRECTOR FINANCE & OPERATIONS Andrea Laub GESCHÄFTSFÜHRERIN Manuela Kampp-Wirtz<br />
BUNTE 37 | 2014 3
Landsitz Fakten & Zahlen<br />
1 2 3<br />
IM RAFFER<br />
ZEIT-<br />
<strong>Sachsen</strong>s Entwicklung<br />
von vor rund 300 000<br />
SIXTINISCHE<br />
MADONNA<br />
Auch wenn Sie es<br />
kaum glauben: Die<br />
weltberühmten süßen<br />
Engelchen hängen nicht<br />
in einer italienischen<br />
Kirche, sondern in den<br />
Staatlichen Kunstsammlungen<br />
Dresden. Das<br />
Raffael-Gemälde wurde<br />
1754 gekauft<br />
Jahren bis zur<br />
modernen Kulturlandschaft<br />
erlebt<br />
man spannend<br />
im SMAC, dem<br />
Staatlichen<br />
Museum für<br />
Archäologie in<br />
Chemnitz. Die<br />
Zeitreise geht über<br />
drei Etagen (smac.<br />
sachsen.de)<br />
11-PUNKTE-ENGEL<br />
Exportschlager weltweit – aus<br />
dem Erzgebirge. In Handarbeit<br />
werden die kleinen, bezaubernden<br />
Holzengel seit 85 Jahren gefertigt.<br />
Wer begonnen hat zu sammeln, will<br />
immer mehr Engelchen haben<br />
ALLES SITZT<br />
Einst revolutionär – heute<br />
sexy Accessoire: der BH.<br />
Die Dresdnerin Christine Hardt<br />
meldete 1899 den Vorläufer<br />
des heutigen BHs zum Patent an<br />
4<br />
5<br />
LANDESGARTEN-<br />
SCHAU OELSNITZ<br />
100 000 Blumenzwiebeln und<br />
266 000 Pflanzen verzaubern den<br />
Erholungsort Oelsnitz im Erzgebirge<br />
in ein Paradies. Vom<br />
25. April bis 11. Oktober wird das<br />
Gartenfestival geöffnet sein<br />
12<br />
BEUTELTEE<br />
Ein Mann erfand 1929 den Zwei-<br />
Kammer-Teebeutel: Adolf Rambold,<br />
ein Mitarbeiter des Dresdner Unternehmens<br />
Teekanne, ebnete so den<br />
Weg zu individualisiertem Teegenuss<br />
– sozusagen Tasse für Tasse<br />
Das SÄCHSIS CHE Dutzend<br />
KAUM ZU GLAUBEN Kunstwerke, die man<br />
eigentlich in Rom vermutet, Erfindungen, die unser<br />
Leben bequemer gemacht haben, Lebensmittel,<br />
die weltweit ein wahrer Genuss sind: Alles, was Sie<br />
hier sehen, stammt aus <strong>Sachsen</strong> und ist fest<br />
in diesem schönen Bundesland verwurzelt. Das gilt<br />
natürlich ganz besonders für die Landesgartenschau<br />
in Oelsnitz, die ihre Pforten im<br />
kommenden Frühling für Besucher<br />
öffnen wird<br />
DRESDNER STOLLEN<br />
11<br />
6<br />
WEISSES GOLD AUS MEISSEN<br />
Vergessen Sie das berühmte Zwiebelmuster und den Roten Ming-Drachen – auch wenn<br />
sie schön sind und von jahrhundertealter Tradition des „Weißen Goldes“ aus Meißen<br />
erzählen. Heute glänzt auch Haute Porzellan-Couture in Gold und modernem Design<br />
Nicht nur zur Weihnachtszeit ist Dresden<br />
in aller Munde wegen des herrlichen Stollens,<br />
der Weltruhm genießt. Den größten<br />
10<br />
8<br />
Dresdner Stollenanbieter, die Dr. Quendt<br />
GmbH, unterstützt neuerdings Lambertz-<br />
Eigentümer Hermann Bühlbecker (u. l.)<br />
KARL MAY<br />
Bis heute hat der aus<br />
FLüSSIGES GOLD<br />
<strong>Sachsen</strong> stammende<br />
Vater der Indianergeschichten<br />
Millionen Fans:<br />
Die <strong>Sachsen</strong> lieben Bier: Im Südwesten<br />
Alle lieben Winnetou. Jährlich<br />
des Landes trinkt man das lokale Sternquell<br />
kommen rund 30 000 Gäste zu<br />
oder ein kühles Wernesgrüner,<br />
den Festlichkeiten nach Radebeul.<br />
im Osten köstliches Landskron. Aus der<br />
„Little Tombstone“, wenige Kilo-<br />
Mitte des Landes stammt das Rade-<br />
meter vom May-Wohnhaus und<br />
berger Pilsner – diese Marke hat Weltruhm<br />
Museum entfernt, ist auch<br />
erlangt und ist das angesagteste<br />
bei den echten Indianern<br />
Bier New Yorks. Dort wird es in<br />
aus Nordamerika bekannt.<br />
450 Bars ausgeschenkt. Fans waren<br />
In diesem Jahr reiste eine<br />
auch Otto von Bismarck, Bertolt Brecht<br />
Delegation von ihnen an<br />
und <strong>Sachsen</strong>könig Friedrich August III.<br />
7<br />
SILBERMANNORGEL<br />
9<br />
Die wohl berühmteste Barockorgel der Welt feiert<br />
THERMOSKANNE<br />
ihren 300. Geburtstag. 2674 Pfeifen auf 44 Registern<br />
hüllen das neugotische Kirchenschiff im Dom<br />
Das Prinzip der heutigen Thermoskanne war eigentlich<br />
4 BUNTE 37 | 2014 St. Marien zu Freiberg in einen unbeschreiblichen<br />
eine beiläufige Erfindung aus dem Labor des Chemnitzer<br />
BUNTE 37 | 2014 5<br />
Klangmantel. Konzerttermine unter silbermann2014.de<br />
Professors Adolf Ferdinand Weinhold im Jahr 1881<br />
Fotos: Holm RöHneR, sHutteRstock (4), dpa, ddp, imago (2),<br />
inteRFoto, inteRtopics, staatlicHe kunstsammlungen dResden
Homestory<br />
haUs als hoBBy<br />
Felicitas und johannes<br />
von carlowitz haben sich<br />
und ihren fünf Kindern,<br />
auf dem Foto sind Eva,<br />
Florian und lily zu sehen,<br />
eine oase auf dem<br />
land geschaffen. Dazu<br />
gehören auch die beiden<br />
kleinen ziegen heidi und<br />
clara. Der berühmteste<br />
vorfahr der Familie, hans<br />
carl von carlowitz, hat<br />
vor über 300 jahren den<br />
Begriff der Nachhaltigkeit<br />
geprägt<br />
Fotos: david brandt<br />
produktion: sandra<br />
schmidt & sarah bonin<br />
haare & make-up: uta stabler<br />
Land?<br />
gUT!<br />
johaNNEs voN carlowiTz kehrte in<br />
die Heimat seiner Eltern zurück und verwandelte<br />
mit Ehefrau FEliciTas das barocke Gut<br />
Heyda wieder in ein Schmuckstück <strong>Sachsen</strong>s<br />
6 BUNTE 37 | 2014
Homestory<br />
1<br />
1 Jagdtrophäen zieren<br />
die Eingangshalle<br />
2 Bunt: das Wohnzimmer<br />
der Familie<br />
3 Vierhändig (Eva<br />
und Lily, r.) und mit<br />
zwei Pfoten (Terrier<br />
Georgie) 4 Treffpunkt<br />
aller Generationen:<br />
der Speisesaal<br />
2<br />
AHNENGALERIE<br />
Im Speisesaal hängen<br />
die Portraits der<br />
Vorfahren. Unter<br />
ihnen sind Minister,<br />
Räte und Feldherren<br />
3<br />
4<br />
Je näher man Gut Heyda kommt, desto<br />
enger werden die Straßen: Autobahn,<br />
Landstraße, ein schmaler Pfad, auf<br />
dem man sich keinen Gegenverkehr<br />
wünscht. Aber so muss der Weg zu<br />
einem verborgenen Wohnjuwel wohl<br />
aussehen. Der barocke Gutshof (Ersterwähnung<br />
1554) der Familie von Carlowitz wirkt wie die<br />
Kulisse aus einem Rosamunde Pilcher-Film.<br />
Nur eben nicht in Cornwall, sondern in <strong>Sachsen</strong>:<br />
Neben dem Haupthaus, das mit Wein und<br />
Rosen bewachsen ist, steht ein alter Traktor im<br />
Schuppen, gegenüber von Gemüse- und Kräuterbeet<br />
wohnen Kaninchen und Ziegen.<br />
Zum Landidyll gehört, dass man nicht klingeln<br />
muss, sondern die Hunde, Labrador Tessa<br />
und Parson Russell Terrier Georgie, den Besuch<br />
ankündigen. Hinter der schweren Holztür liegt<br />
die Eingangshalle mit historischem Holz- 6<br />
wappEN zieren die Stühle,<br />
Monogramme die Decke<br />
8 BUNTE 37 | 2014
Homestory<br />
Auf der<br />
Rückseite des<br />
Gutshauses<br />
liegt ein See,<br />
daneben<br />
der Park mit<br />
Rosen und<br />
Hortensien<br />
KAFFEE UND KUCHEN Felicitas<br />
und Johannes von Carlowitz genießen<br />
den Spätsommer mit ihren Kindern<br />
Lily, Florian und Eva (v. l.)<br />
Aus LIEBE zog die Ehefrau<br />
mit auf das alte Rittergut<br />
Es können eine<br />
Wohnung mit Seeblick<br />
im Gutshaus<br />
(Foto) und zwei Ferienhäuser<br />
gemietet<br />
werden. Heyda ist<br />
ein perfekter Rückzugsort<br />
zwischen<br />
Dresden und Leipzig<br />
6 mobiliar und Klavier, Jagdtrophäen hängen<br />
an der Wand. Daneben das Biedermeier-Zimmer<br />
(hier würde im Film die Teatime stattfinden)<br />
und der Gartensaal.<br />
1995 hat Familie von Carlowitz (sächsischer<br />
Uradel) das Anwesen von der Kommune zurückerworben.<br />
Hausherr Johannes von Carlowitz, 49,<br />
ist Landwirt aus Leidenschaft und seine Frau Felicitas,<br />
44, geb. von Livonius, zieht hier fünf Kinder<br />
groß: Antonia, 16, in diesem Sommer Schülerin in<br />
Chile, Lily, 14, Maya, 13, zurzeit in den Ferien, Eva,<br />
9, und Florian, 7. Mit Johannes’ Mutter Margarete,<br />
76, leben drei Generationen unter einem Dach.<br />
Ein Speisesaal verbindet die beiden Wohnflügel,<br />
hier treffen sich Jung und Alt an der langen Tafel.<br />
Die 1700 Quadratmeter Wohnfläche sahen<br />
nicht immer so ansprechend aus. Nach Enteignung<br />
und Vertreibung der bis 1945 auf dem<br />
Schlafen wie im Schloss<br />
einstigen Rittergut lebenden Verwandten diente<br />
dieses als Kinderheim. Dann stand es leer. Johannes<br />
von Carlowitz entschied sich nach dem<br />
Mauerfall, mit Vater Georg Christoph († 2010),<br />
der auf dem benachbarten Gut Falkenhain aufgewachsen<br />
war, in dessen Heimat zurückzukehren.<br />
Während des BWL-Studiums in Berlin, wo<br />
er seine Frau kennenlernte, pachteten Vater und<br />
Sohn 1991 Land in der Nähe und kauften 1995<br />
die renovierungsbedürftige Immobilie.<br />
Felicitas von Carlowitz erinnert sich an den<br />
ersten Besuch: „Abenteuer pur. Erkundungstour<br />
mit abendlichem Picknick im völlig leer geräumten<br />
und dunklen Gutshaus. Bei Kerzenlicht saßen<br />
wir auf dem Boden, <strong>meine</strong> Schwester entdeckte<br />
das einzige Möbelstück, einen Flügel, und spielte<br />
Chopin. Es war romantisch, bis wir hinausgingen<br />
und von der Polizei mit erhobenen Händen an die<br />
Wand gestellt wurden. Nachbarn hatten Licht gesehen<br />
und einen Einbruch gemeldet.“<br />
Das hat sie nicht abgeschreckt. Wie im<br />
Pilcher-Film siegte die Liebe. Johannes von<br />
Carlowitz: „Zum Glück war <strong>meine</strong> Frau so verliebt,<br />
dass sie mit mir überall hingegangen wäre.“<br />
Sie bereut es nicht, obwohl es schwere Phasen<br />
gab: „In den ersten zwei Jahren haben wir unter<br />
einfachen Bedingungen gehaust. Die ersten<br />
vier Monate ohne eigene Toilette und fließend<br />
Wasser. Lange war nur ein Zimmer beheizbar:<br />
das Bad. Da saßen wir im Winter und tranken<br />
Tee.“ Zunächst wurde der Wohnbereich der<br />
Schwiegereltern ausgebaut, dann der eigene.<br />
„So ein Riesenprojekt gelingt nur, wenn alle<br />
mit anpacken.“ Die Juristin holte enteigneten<br />
Familienbesitz zurück. „Diese wenigen erhaltenen<br />
Stücke sind das i-Tüpfelchen unserer<br />
Einrichtung.“<br />
Das Gutshaus ist heute Hobby, die Landwirtschaft<br />
geht vor: Mais, Getreide, Zuckerrüben,<br />
dazu Vieh und Forst. Die Vermietung von Nebengebäuden<br />
und drei Ferienwohnungen trägt zum<br />
Unterhalt bei. Und während früher die Familie<br />
im einzig beheizbaren Raum, dem Bad, zusammenkam,<br />
tut sie es heute im Wohnzimmer. Dort<br />
ist der WLAN-Empfang am besten. Auch Pilcher-Romantik<br />
geht mit der Zeit. Sandra Schmidt<br />
10 BUNTE 37 | 2014
Aktiv<br />
Foto: Bildagentur HuBer/r. ScHmid<br />
Eine atemberaubende<br />
Naturkulisse:<br />
die Basteibrücke<br />
bei<br />
Rathen in der<br />
Sächsischen<br />
Schweiz<br />
Tiefe<br />
SchlUchTEN,<br />
spektakuläre<br />
FElSEN<br />
Die SÄchSISchE SchWEIZ und das ERZGEBIRGE<br />
sind attraktive Reisegebiete für Sporturlauber<br />
12 BUNTE 37 | 2014
Aktiv<br />
Wandern ...<br />
Nicht überlaufen, aber hochattraktiv:<br />
Im Elbsandsteingebirge,<br />
auch Sächsische Schweiz genannt<br />
(hier die Stelle an den Schrammsteinen),<br />
gibt es 1200 Kilometer<br />
Wanderwege, der Nationalpark<br />
Sächsische Schweiz ist eine<br />
traumhafte Landschaft aus Felsen,<br />
Schluchten und Wald.<br />
„Das Elbsandsteingebirge<br />
ist das schönste<br />
Klettergebiet Europas“<br />
HocH üBEr<br />
dEr ElBE<br />
hängen die<br />
Kletterer<br />
im Fels:<br />
Hier gibt<br />
es 1106 frei<br />
stehende<br />
Sandsteinfelsen<br />
– ein<br />
Eldorado für<br />
Freeclimber<br />
Klettern ...<br />
Wenn es um Sporturlaub<br />
geht,<br />
kommt man im<br />
Erzgebirge an<br />
Andreas decker<br />
nicht vorbei. Der<br />
62Jährige, 1976 Olympiasieger im Rudern und später<br />
Vizepräsident des Deutschen Sportbunds, ist Geschäftsführer<br />
des Sportparks Rabenberg, einer Anlage, die auch<br />
Spitzensportler anzieht. In Rabenberg kann man sich<br />
z. B. in Deutschlands erstem SingletrailPark als<br />
Mountainbikefahrer austoben. Tradition und Moderne<br />
sind hier versöhnt. „Rattlesnake Alley“ und „Crossed<br />
Viper“ heißen die kurvigen Herausforde rungen am<br />
FOTOS: IMAGO/RAINER WEISFLOG, PAUL MASUKOWITZ, PAUL MASUKOWITZ, PR, DPA, SHUTTERSTOCK (2), SyLVIO DITTRICH/TOURISMUS MARKETING GESELLSCHAFT SACHSEN MBH;INFOGRAFIK: ULRICH PITULE/BUNTE<br />
Raben und am Sauberg, der seinen Namen nicht zu<br />
Unrecht trägt. „Wir bieten Dynamik und danach die<br />
typische Gemütlichkeit des Erzgebirges mit grünen<br />
Klößen und Rouladen“, sagt Decker, der auf eine<br />
75prozentige Auslastung verweist: „Außer Rudern<br />
haben wir hier von Badminton bis Beachvolleyball fast<br />
alle modernen Sportarten im Angebot. In unserem<br />
Hochseilgarten lernen Kinder und Erwachsene spielerisch,<br />
Grenzen zu überwinden. Wir sind eine gute Basis<br />
für alle Natursportarten. Und wir sorgen natürlich<br />
auch dafür, dass die Menschen ohne Gepäck durch<br />
unser wunderbares Mittelgebirge wandern können.“<br />
Auch für diejenigen, die es gemächlicher mögen, sind<br />
das Erzgebirge und die Sächsische Schweiz ein Paradies.<br />
Die Landschaft, in der schon mal wilde Orchideen<br />
felder blühen, bietet tiefe Schluchten und spektakuläre<br />
Felsen aus Sandstein, die wie ein Freilichtmuseum wirken.<br />
<strong>Sachsen</strong> ist das Geburtsland des Freeclimbings.<br />
Hier wird beim Klettern an den 1100 Sandsteinfelsen<br />
darauf geachtet, dass die Natur geschützt wird. Metallene<br />
Sicherungsmittel sind verboten, das Seil dient<br />
nur der Sicherung und zum Abseilen. Chemische Hilfsmittel<br />
wie Magnesium dürfen nicht verwendet werden.<br />
Bernd Arnold, der berühmte Bergsteiger aus Hohnstein,<br />
der 900 Erstbegehungen hinter sich gebracht hat,<br />
hält das Elbsandsteingebirge für „das schönste Klettergebiet<br />
Europas“. Er bietet ZweiTagesKletterkurse für<br />
Anfänger und Touren für Familien an. Außerdem ist er<br />
ein weiser Mann: „Das Klettern ist für jeden, der es einmal<br />
getan hat, unbändig schön – und für andere ist es<br />
das Allerunsinnigste.“ M. O.<br />
Biken ...<br />
Europa erfahren können Biker im Erzgebirge:<br />
Auf dem „Stoneman Miriquidi“,<br />
einem 162 Kilometer langen Rundweg<br />
mit 4400 Höhenmetern von und<br />
nach Oberwiesenthal, kann man neun<br />
der höchsten Gipfel des sächsischböhmischen<br />
Erzgebirges erleben, drei<br />
davon auf tschechischer Seite.<br />
Eine kleine Mutprobe ist das Absteigen<br />
im Schaubergwerk Frisch Glück<br />
„Glöckl“ in Johanngeorgenstadt an<br />
der tschechischen Grenze. Hier<br />
begreift man anschaulich, wie hart<br />
die Kumpels in der Tiefe arbeiten<br />
mussten. Im unterirdischen Maschinenraum<br />
wird dann im Schein vieler<br />
Kerzen getafelt: abgründig!<br />
Bergwerk aktiv ...<br />
Reiten ...<br />
Erkundung wunderbarer Landschaften<br />
mit einer Pferdestärke:<br />
In <strong>Sachsen</strong> wiehert es und<br />
riecht nach Heu. Reiturlaub<br />
im Erzgebirge oder im vogtländischen<br />
Elstergebirge<br />
ist für Anfänger und Könner<br />
Entspannung pur.<br />
Rafting ...Reiten<br />
Abenteuer im Schlauchboot auf<br />
der Zwickauer Mulde.<br />
Die Tour führt über acht<br />
Kilometer und dauert<br />
etwa eineinhalb Stunden.<br />
Wandern<br />
Kanutouren<br />
Biken<br />
drESdEN<br />
Rafting<br />
Klettern<br />
Aktivland <strong>Sachsen</strong> Wer sich hier<br />
langweilt, ist selbst schuld. Sport<br />
wird hier großgeschrieben<br />
BUNTE 37 | 2014 15
Kultur<br />
liEBliNgsorT<br />
Jan Vogler<br />
schwärmt von<br />
der akustik im<br />
teilrestaurierten<br />
Palais im großen<br />
garten. Um diese<br />
zu genießen,<br />
lässt er sich<br />
dort manchmal<br />
einschließen<br />
„Meine musikalische<br />
HEimaT ist <strong>Sachsen</strong>“<br />
JaN VoglEr hat als Intendant die<br />
Dresdner Musikfestspiele wieder zu einer<br />
internationalen Topadresse gemacht<br />
„Probleme sind nur<br />
Aufgaben, die<br />
es zu lösen gilt“<br />
Fotos: DaviD BranDt Für Bunte<br />
Große Geiger gibt es<br />
viele. Große Di rigenten<br />
auch. Und Klaviervir<br />
tu o sen wie Lang<br />
Lang werden wie Popstars<br />
gefeiert. Cellisten<br />
haben es schwerer. Aber nichts ist unmöglich<br />
– wie Jan Vogler, 50, zeigt. Er zählt zu den<br />
Weltstars der Klassik. Seine Karriere beginnt<br />
er als Erster Konzertmeis ter Violoncello in der<br />
Staatskapelle Dresden. Da ist er 20 Jahre alt. Seine<br />
Auftritte als Solist mit den New Yorker Philharmonikern<br />
unter Leitung von Lorin Maazel<br />
machten ihn international bekannt – wie bei<br />
der Wiedereröffnung der Frauenkirche 2005.<br />
Mit dem Moritzburg Festival und den Dresdner<br />
Musikfestspielen schaffte er es, die <strong>Sachsen</strong>metropole<br />
wieder zu einer Spitzen adresse<br />
für Musikfreunde aus aller Welt zu machen.<br />
Was ist sein Erfolgsgeheimnis?<br />
6<br />
16 BUNTE 37 | 2014
Kultur<br />
Kultur<br />
Gäste aus Übersee fasziniert<br />
der WiEdEraUfBaU Dresdens<br />
KulturstarK<br />
Dresden hat viele hochattraktive<br />
Veranstaltungsorte wie die<br />
Frauenkirche oder die Gläserne<br />
Manufaktur von VW (Foto).<br />
Das macht die Stadt zur idealen<br />
Festivalmetropole, ist sich<br />
Intendant Jan Vogler sicher<br />
Einmalig Der Wiederaufbau der<br />
im Krieg zerstörten Dresdner<br />
Frauenkirche war ein historisch<br />
einmaliger Vorgang. Jan Vogler<br />
spielte bei der Eröffnung<br />
aNGEKOMMEN dahEiM<br />
der Wahl-New-Yorker<br />
ist musikalisch in<br />
<strong>Sachsen</strong> verwurzelt<br />
„Die Sach-<br />
Sen warten<br />
nicht erSt<br />
ab, Sie<br />
packen ein<br />
problem an“<br />
6 Herr Vogler, Sie pendeln zwischen New York<br />
und Dresden, leiten zwei Festivals. Wie schaffen<br />
Sie das alles?<br />
Ich arbeite gern und habe irgendwann festgestellt,<br />
dass ich glücklich bin, wenn mehrere Projekte<br />
gleichzeitig wachsen und gedeihen.<br />
Das ist alles?<br />
Wenn man eine positive Einstellung hat,<br />
kann man Probleme gut bewältigen.<br />
Probleme sind Aufgaben, die es zu lösen<br />
gilt. Dann motiviere ich mein Team,<br />
mit anzupacken. Das ist wie mit einem<br />
Orchester: Wenn ich als Solist zur ersten<br />
Probe komme, muss ich auch zunächst<br />
viel Energie ausstrahlen. Musik ist eine Welt, die<br />
viel Enthusiasmus braucht.<br />
Ist das der Grund, warum man Ihnen mit<br />
20 Jahren eine Soloposition in der Staatskapelle<br />
anvertraut hat?<br />
Vielleicht. Ich war damals ein dünner, langer Kerl<br />
und sah aus wie 16. Heute frage ich mich manchmal:<br />
Warum haben die mich akzeptiert? Aber zu<br />
der Zeit habe ich mich das nicht gefragt. Ich habe<br />
mich in die Aufgabe gestürzt.<br />
Erstaunlich auch, dass Sie mit dem Cello eine<br />
solche Karriere gemacht haben. Es gilt nicht als<br />
Rolls-Royce unter den Soloinstrumenten.<br />
Das sind eher Klavier und Bratsche ...<br />
Was macht das Cello für Sie so besonders?<br />
Man muss seine Qualitäten kennen. Das Cello hat<br />
vom Klang her eine besondere Nähe zur menschlichen<br />
Stimme. Es singt. Diese Mischung aus<br />
Melancholie und Glückseligkeit ist einmalig. Tonlage<br />
und Farbe schlagen die Geige um Längen.<br />
Ist das Cello also ein verkannter Bentley?<br />
Mindestens. Eine Geige ist wie ein Ferrari: laut,<br />
schrill und stürmisch. Das ist eine andere Disziplin.<br />
Aber mit dem Cello kann man beten, berühren,<br />
singen.<br />
Sie wollten, dass wir uns unbedingt im Palais<br />
im Großen Garten in Dresden treffen. Warum?<br />
Die Akustik ist umwerfend. Ich habe sogar <strong>meine</strong><br />
neueste CD mit venezianischen Cellokonzerten<br />
im Großen Garten aufgenommen. Während der<br />
Musikfestspiele lasse ich mich hier gern einschließen,<br />
um zu üben.<br />
Dazu haben Sie als Intendant Zeit?<br />
Ich kann zwar 24 Stunden den Intendanten<br />
spielen, aber ob das etwas bringt, ist eine andere<br />
Frage. Als wir 2008 das Festival neu aufgestellt<br />
haben, hatte ich noch viel mehr Details zu kontrollieren.<br />
Jetzt ist ein tolles Team herangewachsen<br />
und ich bin vor allem künstlerischer Leiter.<br />
Was reizt Sie als Wahl-New-Yorker an Dresden?<br />
Die Liebe zur Kultur ist in Dresden nicht oberflächlich,<br />
sondern tief verwurzelt.<br />
Warum wohnen Sie dann in New York?<br />
Ich habe auch eine Wohnung in Dresden, aber<br />
ich brauche beides: New York mit seiner Weltoffenheit<br />
und Internationalität ist <strong>meine</strong> mentale<br />
Heimat. Meine musikalische Heimat ist Dresden.<br />
Schumann, Weber, Wagner, August der Starke –<br />
machen diese Namen Dresden aus?<br />
Alles große Namen und wichtige Dinge. Aber Ame <br />
rikaner oder Australier interessiert vor allem<br />
die Geschichte von Zerstörung und Wiederaufbau.<br />
Überlegen Sie nur: Als ich 1985 nach<br />
Dresden kam, hatte ich eine düstere Wohnung<br />
und kein Telefon. Viele vergessen, wie<br />
lange die Stadt vom Krieg gezeichnet<br />
war. Dinge wie die Rekonstruktion<br />
der Frauenkirche, das berührt Besucher<br />
aus aller Welt. Das erreicht<br />
zu haben, macht Dresden aus und<br />
hat das Selbstbewusstsein geprägt.<br />
Ist das eine Mentalitätsfrage?<br />
Als Berliner Zugereister kann ich sagen: Die<br />
<strong>Sachsen</strong> warten nicht lange, bis etwas passiert,<br />
sie packen es an.<br />
Was wünschen Sie sich für Dresden?<br />
München hat Wirtschaftskraft und Berge und Seen<br />
im Umland. Frankfurt ist ein Finanzstandort. Ich<br />
wünsche mir, dass Dresden mit seiner reichen<br />
Kultur internationale Festivalstadt wird: Besucher<br />
können im Zentrum wohnen und über 30 Spielstätten<br />
von der Gläsernen Manufaktur von VW<br />
bis zur Semperoper erlaufen, dazu die Vielzahl<br />
der Museen – da haben wir mehr zu bieten als<br />
Salzburg.<br />
Interview: Claus Dreckmann<br />
FotoS: DaVID BranDt Für Bunte, chrIS lee, olIVer kIllIG<br />
Frauen sind ihr Markenzeichen.<br />
Zumindest sind sie auf<br />
den Bildern der Malerin Rosa<br />
Loy, 56, allgegenwärtig. Sie ist<br />
eine Vertreterin der international<br />
gefeierten Neuen Leipziger Schule. Ihre<br />
figurativen Bilder zeigen Frauen in Alltagsszenen,<br />
betonen das Weibliche. Ist Rosa Loy<br />
auf einem feministischen Feldzug? Ganz so einfach<br />
ist das nicht. Rosa Loy, die ihr Atelier in der<br />
Alten Baumwollspinnerei in Leipzig hat, hat ein<br />
anderes Anliegen.<br />
◆<br />
Warum malen Sie so gern Frauen?<br />
Frauen stellen die Hälfte der Bevölkerung. Und<br />
nach über 2000 Jahren Patriarchat ändern sich<br />
die Dinge erst jetzt langsam. Das finde ich aufregend.<br />
Ich denke, gerade verschieben sich die<br />
Relationen: Gruppen und Paarbeziehungen werden<br />
immer wichtiger. Denken Sie nur an unsere<br />
WMElf. Die hat als Gruppe gesiegt.<br />
aTELiErBESUch<br />
Malerin rosa<br />
Loy ist eine<br />
Vertreterin der<br />
berühmten<br />
Neuen Leipziger<br />
Schule<br />
Was fraUEN<br />
besser können<br />
rOSa LOY<br />
Die Malerin will die<br />
Stärken des<br />
Weiblichen<br />
zeigen, damit<br />
sich beide<br />
Geschlechter<br />
auf Augenhöhe<br />
begegnen.<br />
Aber sie versteht<br />
sich nicht<br />
als Feministin<br />
ParTNEr seit<br />
über 30 Jahren:<br />
rosa Loy<br />
und Ehemann<br />
Neo rauch.<br />
die beiden<br />
sind seit 1985<br />
verheiratet<br />
und haben<br />
einen erwachsenen<br />
Sohn<br />
Das klingt gar nicht so kämpferisch. Eine<br />
Alice Schwarzer sind Sie nicht, oder?<br />
Ich bin in der DDR aufgewachsen. Diese Feminismusdiskussion<br />
ist an uns vorbeigegangen.<br />
Obwohl die Frauen in der DDR nicht völlig<br />
gleichberechtigt waren, wurden sie in allen<br />
Lebensbereichen unterstützt. Es wurde ihnen<br />
ermöglicht, eigenes Geld zu verdienen, unabhängig<br />
zu sein.<br />
Dafür kämpfen Sie?<br />
Ich kämpfe nicht für die Frauen, sondern trete<br />
ein für eine Partnerschaft auf Augenhöhe. Ich<br />
richte <strong>meine</strong>n künstlerischen Fokus auf Frauen,<br />
um die positiven Eigenschaften der Frau aufzuzeigen.<br />
Indem ich Frauen male, lenke ich das<br />
Augenmerk auf sie und unterstütze sie so.<br />
Welche Eigenschaften <strong>meine</strong>n Sie?<br />
Frauen lösen Probleme anders als Männer. Sie<br />
vermeiden Konflikte. Sie müssen nicht immer<br />
gewinnen, schließen Kompromisse. Diese Eigenschaften<br />
müssen wir aktivieren.<br />
Glauben Sie, ein Matriarchat wäre friedlicher?<br />
Ich will gar kein Matriarchat. Ich glaube an weibliche<br />
und männliche Tugenden, die sich ergänzen.<br />
Wir sollten uns nicht so viel kritisieren, sondern<br />
unterstützen. Ich finde männliche Ritterlichkeit<br />
beispielsweise eine tolle Tugend. Aber<br />
die hat der Feminismus den Männern leider<br />
fast abtrainiert.<br />
Haben Ihre Bilder konkrete Botschaften?<br />
Ich bin nicht der Meinung, dass Kunst politisch<br />
sein muss. Politik ist Tagesgeschäft. Kunst hat<br />
die Aufgabe, Leuten Energie zu spenden, sie zu<br />
inspirieren. Aber es fließen immer unterschwellig<br />
Dinge in die Bilder ein, die mich beschäftigt<br />
haben. Besonders interessant finde ich es mitzubekommen,<br />
was andere Menschen in <strong>meine</strong>n<br />
Arbeiten alles sehen.<br />
Wie kam es, dass die Leipziger Maler plötzlich<br />
weltberühmt wurden?<br />
Das ist ganz einfach: In der alten Bundesrepublik<br />
wurde viel abstrakt gemalt. Dann fiel die<br />
Mauer und man guckte rüber: Was gibt es da,<br />
was wir nicht haben? Wenn ein Mensch eine Figur<br />
sieht, entsteht automatisch eine Geschichte.<br />
Ärgert es Sie, dass seit dem Erfolg das Label<br />
Leipziger Schule so inflationär benutzt wird?<br />
Anfangs hat uns das gestört, weil auch Leute<br />
dazu gezählt wurden, mit denen wir wenig<br />
anfangen konnten. Aber Leipziger Schule<br />
ist ein gutes Label. Und wie sagt man so<br />
schön: Es gibt keine schlechte Werbung.<br />
Interview: Claus Dreckmann<br />
FotoS: anDreaS PeIn/laIF, IMaGo<br />
18 BUNTE 37 | 2014<br />
BUNTE 37 | 2014 19
Kultur<br />
diva auf<br />
Heimaturlaub<br />
nadja Michael ist in den<br />
größten Opernhäusern der Welt<br />
zu Hause, doch ihre Heimat ist<br />
<strong>Sachsen</strong>. Ein Gespräch mit der<br />
Rebellin unter den Opernstars<br />
Opernsängerin<br />
nadja Michael in<br />
schwarzem leder vor<br />
der dresdner semperoper.<br />
sie sieht<br />
privat aus wie ein<br />
rockstar. auch das<br />
macht sie zu einer<br />
außergewöhnlichen<br />
erscheinung in den<br />
größten Opernhäusern<br />
der Welt – neben ihrer<br />
einzigartigen stimme<br />
Sie traut sich was. In einer<br />
bauchfreien Couture-Robe<br />
aus Neopren tanzt Opernsängerin<br />
Nadja Michael, 44,<br />
durch die Gänge der Semperoper,<br />
dann turnt sie auf atemberaubend<br />
hohen High Heels in schwarzen Lederleggings<br />
und ziemlich rückenfrei auf dem Platz auf einem<br />
Denkmal herum. Touristen bleiben stehen und fragen,<br />
wer sie ist. Tja, darauf gibt es verschiedene Antworten:<br />
Die Frau ist ein Rockstar, was ihren Look angeht.<br />
Eine Glucke in ihrem Familienleben. Und eine<br />
Operndiva, was die Kunst betrifft. Auf jeden Fall ist<br />
die gebürtige Sächsin nicht zu übersehen und eine<br />
der berühmtesten Sängerinnen Deutschlands mit<br />
Engagements von der Berliner Staatsoper über die<br />
Scala in Mailand bis zur Met in New York.<br />
u<br />
Sie sind in Leipzig aufgewachsen. Wie früh war<br />
Ihnen selbst klar, dass die Bühne Ihr Leben ist?<br />
Ich bilde mir ein, dass ich mit fünf Jahren durch unser<br />
Haus gelaufen bin, laut gesungen habe, seltsame<br />
klassische Töne, die ich im Radio hörte, und das Gefühl<br />
hatte: Das ist das Größte. In <strong>meine</strong>r Erinnerung 6<br />
Foto: Dan Zoubek Für bunte<br />
haare/make-up: Shirin kürSchner, FotoaSSiStentin: Janine SametZky<br />
wir beDanken unS bei „theater-kahn – DreSDner brettl“ unD Der<br />
Semperoper Für Die FreunDliche unterStütZung<br />
BUnTe 37 | 2014 21
Kultur<br />
Rückblick<br />
„Meine opulente<br />
Stimme und<br />
glühende<br />
Unbedingtheit<br />
passen nicht ganz<br />
ins feingliedrige<br />
Klangbild“<br />
iN „TaNNhäUSEr“<br />
Nadja michael 2008<br />
an der oper Berlin<br />
coUTUrE<br />
mEETS opEr<br />
Für BUNTE<br />
tanzt die<br />
weltberühmte<br />
Sängerin<br />
durch die<br />
gänge der<br />
Semperoper<br />
6 wollte ich also schon immer Sängerin werden.<br />
Meine Mutter sagt mir zudem oft, dass ich ein<br />
sehr sonniges Kind war – das sich aber manchmal<br />
in andere Welten zurückzog und in die<br />
eigene Fantasie abtauchte. Meist mit einem Buch<br />
in der Hand. Worte bedeuten für mich nach wie<br />
vor immer auch eigene Klangwelten.<br />
Hatten Sie eine Art künstlerisches Erweckungserlebnis<br />
für die klassische Musik?<br />
Nicht in <strong>meine</strong>m Elternhaus. Meine Mama liebt<br />
Schlager, sie mag zum Beispiel Semino Rossi.<br />
In der Grundschule habe ich mit Klavier angefangen<br />
und zunächst Chor, dann Jazz und Folk<br />
gesungen. Ich bin später in ein Musik-Internat<br />
gekommen und habe mit etwa 15 die „Sinfonie<br />
der Tausend“ von Gustav Mahler im Leipziger<br />
Gewandhaus unter Kurt Masur erlebt – das war<br />
wie ein Flash in Verstand und tiefster Emotion.<br />
Fast ein heiliges Erlebnis. Ich wusste: Das ist es<br />
und nichts anderes wird die größte Leidenschaft<br />
<strong>meine</strong>s Lebens. Noch heute bekomme ich Gänsehaut,<br />
wenn ich an diesen Abend denke.<br />
Ihre Karriere war damit vorprogrammiert.<br />
Leider eben nicht. Ich lebte damals ja in der DDR<br />
und sollte Musiklehrerin werden, das war der große<br />
Plan für mich. Ich habe dann heimlich die Aufnahmeprüfung<br />
an den besten Musikhochschulen<br />
des Landes, etwa auch in Dresden, gemacht,<br />
das gab einen Riesenstress mit allen Gremien wie<br />
dem Schuldirektorium, auch mit <strong>meine</strong>n Eltern,<br />
weil <strong>meine</strong> Eigenmächtigkeit eine Art „Parteiakt“<br />
wurde. Nun ja, ich habe mich am Ende<br />
durchgesetzt. Leider fühlte ich mich mit <strong>meine</strong>r<br />
Stimme und Musikalität an der Hochschule nie<br />
beheimatet – immer irgendwie unpassend. Meine<br />
opulente Stimme und glühende Unbedingtheit<br />
zur lebendigen Darstellung wollten nicht ganz<br />
in das heimatliche, feingliedrige, auch von Knabenchören<br />
geprägte Bach- oder Mozart-Klangbild<br />
hineinpassen.<br />
Sind Sie auch deswegen drei Monate vor dem<br />
Mauerfall über Ungarn geflüchtet?<br />
Ja, und doch habe ich lange gezögert, weil ich<br />
keine Vorstellung von diesem anderen Deutschland<br />
hatte. Ich war noch sehr jung. Einmal war<br />
ich schon draußen und bin wegen der Liebe und<br />
den damit verbundenen Schmerzen wieder umgekehrt.<br />
Am Ende bin ich jedoch mit <strong>meine</strong>m damaligen<br />
Freund im Kofferraum eines befreundeten<br />
ungarischen Studenten über Ungarn quasi<br />
herausgeschmuggelt worden.<br />
Heute singen Sie auf der ganzen Welt ...<br />
Ja, ich lebe in der Welt. Darüber kann ich immer<br />
noch staunen wie ein Kind. Meine größten<br />
Erfolge habe ich an der Met in New York, der<br />
Scala, in Spanien, Holland oder Belgien, aber<br />
auch an der Bayerischen Staatsoper gefeiert.<br />
Sie leben mit Ihren Töchtern Luna und Paloma<br />
in Berlin. Welche Musik hören die beiden?<br />
Leider muss ich zur Kenntnis nehmen, dass <strong>meine</strong><br />
Töchter mit Eintritt in die Pubertät jegliche<br />
klassischen musikalischen Anklänge blöd und<br />
langweilig finden. Bis November letzten Jahres<br />
sind beide mit großer Begeisterung immer mit<br />
mir gereist und haben so die Welt, aber eben auch<br />
die Oper von innen und außen kennengelernt.<br />
Heute ist das natürlich öder Schnee von gestern –<br />
mit einer erstaunlichen Ausnahme. Vergangenen<br />
Oktober sang ich die Titelpartie in der<br />
zeitgenössischen Oper „Die Eroberung von<br />
Mexiko“ des deutschen Komponisten Wolfgang<br />
Rihm. Die Girls kamen tatsächlich freiwillig ein<br />
zweites Mal und haben Schulfreunde aktiviert –<br />
alle saßen mit offenem Mund und riesigen Augen<br />
da und waren ganz benommen nach Ende<br />
der Oper. Das ist eigentlich ein unglaublicher<br />
Vorgang. Ich habe innerlich gelächelt und war<br />
sehr glücklich. Interview:ChristianeSoyke<br />
EiNE SächSiN iN dEr WElT<br />
FamiliE Mit einem österreichischen Dirigenten<br />
hat Nadja Michael die Töchter Paloma, 10, und<br />
Luna, 12. Sie lebt mit ihnen allein in Berlin.<br />
daS SagT SiE üBEr SachSEN „Ohne <strong>meine</strong><br />
Heimat wäre ich nicht das, was ich bin. Ich liebe<br />
die Menschen hier. Früher hat mich der Dialekt<br />
manchmal rein ästhetisch gestört, heute hört<br />
sich das nach ‚Zuhause‘ an. Mit dem Land <strong>Sachsen</strong><br />
und <strong>meine</strong>m Verein ‚Stimme für die Menschlichkeit‘<br />
werde ich in Zukunft auch als eine Art<br />
Kulturbotschafterin für <strong>Sachsen</strong> neue Kontakte<br />
in der Welt knüpfen. Darauf freue ich mich.“<br />
FOTOS: DAN ZOuBeK FüR BuNTe, FOTOFINDeR/ARIS/IMAGeS.De<br />
FOTOS: ROMAN BABIRAD, DPA PIcTuRe-ALLIANce/ADN<br />
Wir sind das<br />
Volk! Dieser<br />
Ruf erschallte<br />
im Herbst 1989<br />
in <strong>Sachsen</strong><br />
besonders laut<br />
gUNThEr EmmErlich Der TV-Moderator<br />
erinnert sich an die Revolution von 1989 und die<br />
Rolle, die er und andere Künstler damals spielten<br />
Ein deutsches<br />
WUNdEr<br />
Er ist Opernsänger und Unterhaltungskünstler<br />
– und ein politisch<br />
denkender Mensch, einer,<br />
der sich einmischt: Gunther<br />
Emmerlich, 69. Schon zu DDR-<br />
Zeiten war er ein Fernsehstar,<br />
1989 wurde der Moderator („Ein Kessel Buntes“)<br />
zum aktiven Zeitzeugen der Friedlichen Revolution.<br />
BUNTE sprach mit dem Dresdner, der<br />
diese dramatischen Tage nicht vergessen hat.<br />
◆<br />
Vor 25 Jahren fiel die Mauer – überwiegt im<br />
Rückblick die Freude darüber oder sind Sie auch<br />
enttäuscht über das, was nach der Friedlichen<br />
Revolution kam?<br />
Ich kann nur erfreut sein, wenn man eine Diktatur<br />
hinter sich gelassen hat und in der Demokratie<br />
angekommen ist – bei all den Schwächen,<br />
die diese freie Gesellschaftsordnung hat.<br />
Wie hat sich Ihr Leben verändert?<br />
Es gab keine Zensur mehr – und ich bin dann<br />
in den USA und in Westeuropa aufgetreten. Ich<br />
habe mir die Welt beruflich und privat mit <strong>meine</strong>r<br />
Familie angesehen. Das war vorher nicht<br />
möglich. Die Welt stand plötzlich für uns Ossis<br />
Bei der großen<br />
Demo in Dresden<br />
wollte ich mit<br />
40 000 <strong>Sachsen</strong><br />
Farbe bekennen<br />
offen. Das kann man nicht<br />
kleinreden.<br />
Was sagen Sie dazu, dass<br />
heute manche im Osten Demokratie<br />
und Marktwirtschaft<br />
kritisch sehen?<br />
Kritik ist erst mal nichts Negatives.<br />
Aber die Mehrheit denkt<br />
und handelt nicht immer richtig.<br />
Im Übrigen: Der Pinsel der<br />
Erinnerung malt immer gülden.<br />
Ich freue mich bis heute<br />
darüber, frei wählen zu dürfen.<br />
Bei der großen Demonstration<br />
in Dresden mit 40 000<br />
Menschen waren Sie mit dabei.<br />
Hatten Sie keine Angst?<br />
Meine Frau wollte mich abhalten,<br />
weil sie es für zu gefährlich<br />
hielt. Aber ich wusste: Ich<br />
muss da hin und Farbe bekennen.<br />
Es war eine Mischung aus<br />
Angst, Mut und Verzweiflung.<br />
Wir waren ja komplett von der<br />
Polizei eingekesselt.<br />
Dieser Tag ging als „Das<br />
Wunder von Dresden“ in die<br />
Geschichte ein – was war das Wunder?<br />
Das eine war, dass wir Deutschen eine Revolution<br />
machen können. Dass kein Blut dabei floss,<br />
ist das zweite. Keine Gewalt – diese Losung hatten<br />
wir immer auf die Plakate geschrieben. Die<br />
Menschen verloren ihre Angst. Im Opernhaus<br />
traten wir aus unseren Rollen in die Realität<br />
und verlasen nach der Aufführung unsere Resolution,<br />
in der wir einen Kurswechsel forderten.<br />
Das Publikum spendete begeistert Beifall.<br />
Wenn es schiefgegangen wäre, wären Sie<br />
Ihre Jobs als Opernsänger und als TV-Star los<br />
gewesen.<br />
Wenn alle nur an sich und ihre komfortable<br />
Stellung denken, ändert sich nie etwas. Tatsache<br />
ist: Wenn es in der DDR eine chinesische<br />
Lösung gegeben hätte, wäre ich in ein Lager<br />
gekommen, ich stand auf einer solchen Liste. Ich<br />
galt als unsicherer Kandidat, wurde abgehört,<br />
natürlich wurden <strong>meine</strong> Briefe gelesen. Aber<br />
ich war kein Widerstandskämpfer, ich wollte<br />
einfach nur ein anständiger Kerl sein.<br />
<br />
Interview:ManfredOtzelberger<br />
SAchSEn fEiErt<br />
Rund um das Thema „25 Jahre Friedliche<br />
Revolution“ finden viele Veranstaltungen statt.<br />
Am 9. Oktober wird in Leipzig das Lichtfest<br />
(lichtfest.leipziger-freiheit.de) gefeiert. In<br />
Dresden gibt es unter 89-90.sachsen.de viele<br />
Feste, Ausstellungen und Gottesdienste.<br />
In Hof und Plauen findet ein gemeinsames<br />
Programm (hof-plauen-89.de) statt.<br />
22 BUNTE 37 | 2014<br />
Mittendrin: Auch Gunther<br />
Emmerlich ging auf die Straße<br />
BUNTE 37 | 2014 23
Lebensart<br />
hErzogiN KaTE<br />
beim 60. Thronjubiläum<br />
der Queen.<br />
ihr hut mit dem<br />
kreativen strubbelkrönchen<br />
ist von<br />
sylvia Fletcher. rund<br />
40 designer in<br />
großbritannien<br />
arbeiten mit<br />
Kunst blumen aus<br />
Wallroda<br />
Wo der lUxUs<br />
zu Hause ist<br />
sag’s miT (KUNsT-)BlUmEN<br />
heide und gerald steyer aus<br />
Wallroda schmücken die<br />
gekrönten häupter Europas<br />
KöNiglichE hüTE. EdlE UhrEN. ExKlUsivE TaschEN Ohne das<br />
sächsische Handwerk wäre die Welt der Society um viele schöne Dinge ärmer<br />
dEsigNEr<br />
langechef<br />
Wilhelm<br />
schmid<br />
zeichnet<br />
ralph<br />
lauren (r.)<br />
mit einer<br />
Uhr aus<br />
PlissEE<br />
(mit Federn) trug Letizia von<br />
Spanien zur Krönung von<br />
Willem-Alexander und Máxima<br />
der Niederlande<br />
Am Puls der Zeit<br />
Es begann mit 7000 Talern: die Anschubfinanzierung<br />
der königlich-sächsischen Regierung<br />
für den Uhrmacher Ferdinand Adolph<br />
Lange. Das war 1845. Nach heutigem Wert<br />
reicht das manchmal nicht für eine einzige<br />
Uhr aus Glashütte. Schließlich hat der kleine<br />
Ort (ca. 7000 Einwohner) im Osterzgebirge<br />
mit Lange, Glashütte<br />
Original und anderen<br />
„zEiTWErK<br />
sTriKiNg<br />
TimE“<br />
zu jeder<br />
vollen stunde<br />
erklingt ein<br />
kräftiger Ton,<br />
ca. 95 000 €<br />
Uhrmachern die Welt erobert. Lange<br />
& Söhne gilt als deutsche Luxusmarke<br />
schlechthin. Übrigens: Es gibt<br />
auch viele preiswertere Modelle ...<br />
UhrmachErschUlE bei<br />
glashütte original: azubi<br />
Yvonne prüft das gangwerk<br />
Royals, Samt und Seide<br />
In Europa wird (fast) kein Thron ohne Steyer bestiegen. Steyer? So heißt die<br />
Kunstblumen-Manufaktur im Dorf Wallroda östlich von Dresden. Aus deren<br />
4000 Blumeneisen stammen die handgemachten Kunstwerke aus Samt<br />
und Seide, die viele Hüte auf royalen Häuptern schmücken. Referenz: das<br />
britische Königshaus, deren Hutmacher seit 20 Jahren Kunden sind.<br />
Fotos: action press, andreas Krone, ddp (2), dpa, ben gierig<br />
miT rosEN<br />
aus Crêpe de Chine kam Schwedens<br />
Kronprinzessin Victoria zum<br />
Thronwechsel nach Amsterdam<br />
BUNTE 37 | 2014 25
Lebensart<br />
Franziska Knuppe auf dem<br />
caTwalk. Auf der Haut trägt<br />
sie Spitze aus Plauen<br />
DEr<br />
MEIssEN-<br />
MoPs<br />
mit Diamantcollier,<br />
ca.<br />
790 €<br />
Fotos: action press (2), ddp, dpa (2), roger Hagmann / VisUm, Holger Urbanek<br />
Spitze, die Luft!<br />
Ihre Mode: romantisch, elegant,<br />
im Stil reduziert auf das Wesentliche.<br />
Ihr Erfolg: gigantisch. Ihr<br />
Material: Spitze aus Plauen im<br />
Vogtland, seit 125 Jahren Zentrum<br />
der deutschen Stickerei. Die<br />
Münchner Designerin Irene Luft<br />
hat ihr Couture-Label erst 2008<br />
gegründet. Dann entwarf sie Kleider<br />
für die TV-Serie „Germany’s<br />
Next Topmodel“. Und wurde danach<br />
zur Attraktion der Berliner<br />
Fashion-Week. Angesagt im Frühjahr<br />
und Sommer des nächsten<br />
Jahres ist die Kollektion „Arctic<br />
Nights“ von Irene Luft – komplett<br />
kreiert aus Plauener Spitze.<br />
BacksTagE Irene luft korrigiert ein Detail<br />
bei der Fashion week in Berlin<br />
ToPMoDEl<br />
Franziska knuppe<br />
in einem sommer-<br />
Ensemble von<br />
Irene luft. Nach<br />
der show freut<br />
sich die Designerin<br />
mit zwei<br />
Models (l.)<br />
Nur für Männer<br />
Die Männerwelt ist zweigeteilt:<br />
in Nass- und in Trockenrasierer.<br />
Für die erste Hälfte<br />
gibt es MÜHLE in Stützengrün<br />
im Erzgebirgskreis. Pinsel aus<br />
edlen Hölzern und bestem Dachshaar<br />
(oder einer veganen Faser); verchromte<br />
Rasierhobel. Die Firma hat<br />
ein neues Produkt schon mal als<br />
„Jet“ unter den Rasierern herausgebracht.<br />
Wem das nicht exklusiv genug<br />
ist: Auf Bestellung gibt es Unikate<br />
mit Carbon oder Chinalack.<br />
PINsEl-<br />
MacHErEI<br />
Der „Dachszupf“<br />
wird<br />
von Hand<br />
in Form<br />
gebracht<br />
ZwEI gENEraTIoNEN<br />
MÜHlE<br />
geschäftsführer<br />
christian (r.)<br />
und andreas<br />
Müller, Vater<br />
Hans-Jürgen<br />
EcHT<br />
scHarF<br />
rasierhobel<br />
und Pinsel<br />
in rotgold,<br />
ca. 40 € und<br />
ca. 90 €<br />
Nostalgie mit 70 PS<br />
So sah die Zukunft 1938 aus: Der Wanderer<br />
Stromlinie Spezial (Aluminium, 70 PS) kam aus<br />
Chemnitz und wirkt noch heute futuristisch. Audi<br />
hat die einst berühmte Firma schon vor Langem<br />
übernommen, ließ den 65 Jahre lang verschollenen<br />
Oldie restaurieren. Vom 3. – 5. 10. bringt <strong>Sachsen</strong><br />
wieder Nostalgie-PS auf die Straße – bei<br />
der Oldtimer-Rallye Saxonia 100<br />
fährt alles, was über<br />
100 Jahre alt ist.<br />
Für Meißen couture<br />
wird jeder Mops<br />
von Hand bemalt<br />
Schon Mitglied<br />
im Mops-Club?<br />
Wer in der Society des 18. Jahrhunderts<br />
dazugehören wollte,<br />
musste Mitglied im Mopsorden<br />
sein. Einem exklusiven<br />
Zirkel, um 1740 gegründet, der<br />
– eine Seltenheit damals – auch<br />
Frauen aufnahm. Sie trugen<br />
unter der Kleidung einen Porzellanmops<br />
als Anhänger. Der Orden verschwand,<br />
der Mops blieb. Und wird von der Porzellanmanufaktur<br />
Meißen jetzt hergestellt, um ihn ganz offen<br />
zu zeigen. Hollywood-Star Sarah Jessica Parker gehört<br />
schon zum „Club du Mops“. Wer auch dabei<br />
sein will, geht heutzutage einfach zum Juwelier.<br />
sTarTklar restaurator werner<br />
Zinke aus Zwönitz (r.) mit Thomas<br />
Frank von audi Tradition<br />
26 BUNTE 37 | 2014<br />
BUNTE 37 | 2014 27
Lebensart<br />
Nils<br />
BErgaUEr<br />
in seiner<br />
werkstatt in<br />
schneeberg<br />
im Erzgebirge<br />
Cabrio oder Opernball ?<br />
Manche seiner Maschinen versehen schon<br />
über 100 Jahre ihren Dienst: Deutschlands<br />
jüngster Handschuhmacher Nils Bergauer,<br />
31, hat sie aus dem Nachlass von Verwandten<br />
erworben. Im aktuellen Fashion-Trend<br />
liegen seine individuell genähten Kollektionen<br />
aus molligen Nappas vom Hirsch,<br />
Lamm oder vom südamerikanischen Wasserschwein<br />
– und seine Cabrio-Glacés. Zwischen<br />
40 und 400 Euro kosten die Eigenkreationen.<br />
Doch Bergauer erfüllt auch<br />
Sonderwünsche wie den nach ellenlanger<br />
Stulpe, passend zum Opernball.<br />
Taschen für den roten Teppich<br />
Katrin Langer, Informatikerin, war 40, verheiratet,<br />
vier Kinder und ohne Kontakt zur Modebranche.<br />
Aber sie hatte diese innige weibliche Beziehung<br />
zu Handtaschen. Doch keine gefiel ihr so richtig.<br />
Da zog sie durchs Vogtland, um jemanden zu finden,<br />
der ihr eine Clutch mit Holzrahmen fertigen<br />
könnte – und fand den Zitherbauer Stefan Meinel in<br />
Markneukirchen. Das war vor zwei Jahren. Der Beginn<br />
einer fast unglaublichen<br />
Geschichte. Die Taschen mit<br />
dem Rahmen aus Macoré-Holz<br />
wurden praktisch über Nacht<br />
zum Must-have der Filmszene,<br />
zu sehen auf jedem roten<br />
Teppich. Katrin Langer ist der<br />
Komet am Designer-Himmel.<br />
kaTriN laNgEr<br />
designerin<br />
Ohne Erzgebirge gäb’s<br />
keinen TaNgo. Und ohne<br />
Taschen aus dem<br />
Vogtland keinen Glamour<br />
aNNa Maria<br />
MüHE die<br />
schauspielerin<br />
ging mit<br />
der Clutch<br />
„Marzipan<br />
rosé“ auf<br />
eine Berlinale-Premiere<br />
karoliNE<br />
HErFUrTH<br />
Top gestylt<br />
mit dem<br />
Modell „Ice<br />
Blue“ im Berliner<br />
„ritz-<br />
Carlton“<br />
Must-haveclutches<br />
g E w i N N s p i E l<br />
Besondere<br />
MoMENTE<br />
Die edlen Rösser aus den Stallungen des<br />
Sächsischen Landgestüts in Moritzburg<br />
(saechsische-gestuetsverwaltung.<br />
de) gehören sozusagen zum Pferde-<br />
Adel. Der oder die BUNTE-GewinnerIn mit Begleitung<br />
ist dabei, wenn am Wochenende des<br />
21. September bei der seit 1924 stattfindenden<br />
Hengstparade die edlen Tiere in Gespannen, frei<br />
laufend und in Dressurquadrille gezeigt werden.<br />
Sie reisen mit der Deutschen Bahn 2. Klasse, übernachten<br />
und frühstücken im Fünf-Sterne-Hotel<br />
„Taschenbergpalais“ im Herzen von Dresden.<br />
Die Gewinnspielfrage lautet: In welchem Jahr<br />
fand die erste Hengstparade statt?<br />
So machen Sie mit: Rufen Sie bis spätestens<br />
10. 9. 2014 (24 Uhr) folgende Telefonnummer an:<br />
0900/301 200024, und nennen Sie die Lösungszahl.<br />
*50 Cent je Anruf aus dem dt. Festnetz; abweichende Preise<br />
für Anrufe aus den Mobilfunknetzen. Teilnahmeberechtigt sind<br />
Personen über 18 Jahren. Weitere Leistungen und Ausgaben,<br />
die über den genannten Gewinn hinausgehen, muss der Gewinner<br />
selbst tragen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
akTUEllE<br />
FarB-<br />
TrENds<br />
klassisches<br />
rot, cognac,<br />
petrolblau<br />
Carlsfeld macht den Tango<br />
Lambada. Der Welthit, der Tanz von 1989. Das tragende Instrument:<br />
ein Bandoneon. Robert Wallschläger, 30, aus Carlsfeld würde sagen:<br />
„Ein Ton wie ein Laserstrahl.“ Er muss es wissen. Er baut die Instrumente,<br />
jedes aus ca. 800 Einzelteilen, sieben Stück im Jahr. Im Erzgebirge<br />
schlug auch immer das Herz des Tango – von hier brachten die<br />
Erfinder das Bandoneon nach Argentinien. Was man spielt, wenn<br />
man kein „Tanguero“ ist: Fugen von Bach, Volksmusik, Klezmer.<br />
... steht für robert wallschläger,<br />
den instrumentenbauer<br />
in carlsfeld<br />
EiN BaNdoNEoN<br />
wird mit<br />
vier Fingern<br />
gespielt. das<br />
instrument ist<br />
ab ca. 4500 €<br />
zu haben<br />
dr. cHrisTiaNE<br />
paUl kam zur Lola-<br />
Filmpreis-<br />
Gala mit einer<br />
„savanna Yellow“<br />
ocEaN BlUE<br />
Bezug aus wertvollen<br />
perlmuttinlays,<br />
ca. 2400 €<br />
piaNo Black<br />
lamm-Nappaleder<br />
mit Fadenmuster,<br />
ca. 2250 €<br />
MarzipaN rosé<br />
seide, bestickt<br />
mit pfauenfedermotiv,<br />
ca. 2250 €<br />
Fotos: getty images (2), ddp, imago, action press, sächsische gestütsverwaltung, lars rosenkranz (2), robert wallschläger (2), brauer photos/m.nass<br />
scHaUplaTz MoriTz-<br />
BUrg auch die Vorfahren<br />
der Queen-pferde<br />
stammen aus sachsens<br />
Edelgestüt<br />
FüNF-sTEr-<br />
NE-lUxUs<br />
die gewinner<br />
übernachten<br />
im Fünf-sterne-Hotel<br />
„Taschenbergpalais“<br />
im Herzen von<br />
dresden<br />
BUNTE 37 | 2014 29
Genuss<br />
ErlEBNiswEiNgUT<br />
schloss wackerbarth in<br />
radebeul ist die ideale<br />
Partylocation im sommer<br />
und winter – speziell für<br />
Hochzeiten. Außerdem<br />
finden hier seminare zur<br />
sensorik statt und es gibt<br />
eine winzerschule<br />
goUrmETs<br />
willkommen<br />
30 BUNTE 37 | 2014<br />
ZwEi HisTorisCHE wEiNgüTEr und ein Sternekoch<br />
sind Beispiele für höchste sächsische Tafelkultur<br />
Fotos: Arvid Müller, robert MichAel<br />
Kleine Anbaufläche – großer Geschmack<br />
Wer noch nicht wusste, dass aus<br />
<strong>Sachsen</strong> außer schönen Frauen<br />
auch köstliche Weine kommen, der sollte<br />
das sächsische Staatsweingut Schloss Wackerbarth<br />
besuchen. Dort werden auf den<br />
Hängen rund um das Schloss seit mehr als<br />
800 Jahren auf 104 Hektar prämierte Weine<br />
und Sekte angebaut. Kellermeisterin<br />
Christiane Spieler, 30, erklärte BUNTE das<br />
Geheimnis der regionalen Weine.<br />
u<br />
Kaum zu glauben, dass sich das Klima<br />
in <strong>Sachsen</strong> zum Weinanbau eignet ...<br />
Der Standort im Elbtal beschert uns sogar<br />
besonders viele Sonnenstunden. Wir<br />
haben das mildeste Klima <strong>Sachsen</strong>s –<br />
Radebeul wird auch „sächsisches Nizza“<br />
genannt. Deshalb haben unsere Trauben<br />
eine lange Reifezeit.<br />
Was ist ein typischer sächsischer Wein?<br />
Ganz klar der Weißwein! Der Goldriesling<br />
wird deutschlandweit nur noch hier angebaut.<br />
Aber auch unsere Rotweine können<br />
gut mit den Pfälzern mithalten: Mein Lieblingswein,<br />
unser vollmundiger Frühburgunder,<br />
ist einer der besten Deutschlands.<br />
Nach welcher Philosophie wird auf<br />
Ihrem Weingut gearbeitet?<br />
Wir setzen auf Qualität und<br />
Liebe zum Detail. Insgesamt<br />
kEllErmEisTEriN Christiane spieler<br />
23 Mal im Jahr pflegen unsere Winzer jeden<br />
einzelnen Rebstock und entblättern<br />
ihn auch mal per Hand, damit die Sonne<br />
besser an die Trauben gelangt. Unser Credo:<br />
Tradition verpflichtet. Manche Sorten<br />
bauen wir seit Hunderten von Jahren an.<br />
Sie nennen Schloss Wackerbarth ein<br />
„Erlebnisweingut“. Was bedeutet das?<br />
Laien und Gastronomen können die Sektund<br />
Weinproduktion auf dem Gut hautnah<br />
miterleben. Weinliebhaber bekommen<br />
Füh rungen durch die Weinberge und in unseren<br />
vielen Seminaren lernt man<br />
zum Beispiel, dass wahrer Genuss<br />
schon bei der Wahl des Weinglases<br />
beginnt ... S. B.
Genuss<br />
Genuss<br />
2 sTErNE<br />
über Leipzig<br />
pETEr Maria schNUrr schaffte es mit seinem<br />
Restaurant „Falco“ in die Spitzengastronomie.<br />
Schon die Aussicht aus dem 27. Stock ist ein Erlebnis<br />
GEschMacKs<br />
ExplosioN<br />
im „Falco“ wird<br />
Essen zum<br />
Erlebnis mit mehreren<br />
Gängen<br />
GEorG priNZ ZUr lippE<br />
in seinem weinberg.<br />
Nach der wende wurde<br />
der Berater zum winzer<br />
„Auf dem<br />
Weinberg ist<br />
man in<br />
Gottes Hand.<br />
Das lehrt<br />
Demut“<br />
lippE’schEr<br />
wEiN in grüner<br />
schlegelflasche<br />
mit<br />
Zinnkapsel<br />
priNZENpaar<br />
Georg<br />
und alexandra<br />
zur lippe<br />
vor schloss<br />
proschwitz bei<br />
Meißen<br />
wEiN mit Geschichte<br />
Das priNZENpaar ZUr lippE hat ein Genuss-Imperium wieder<br />
aufgebaut. Ihren Frühburgunder serviert auch Kanzlerin Merkel<br />
Auf dem Weingut Schloss Proschwitz<br />
kann man Wein tatsächlich erleben.<br />
„Wir sind ja kein Industrieunternehmen,<br />
sondern wollen auch Lebenskultur<br />
vermitteln“, erklärt Alexandra Prinzessin zur<br />
Lippe, 50, die Philosophie des größten privaten<br />
Weinguts im Osten. Es ist mit über 800 Jahren eines<br />
der ältesten in <strong>Sachsen</strong>. Wer also nur auf dem<br />
Weingut in Zadel bei Meißen (inkl. Gasthof und<br />
Ferienapartments) eine Flasche Wein (ab 10,50<br />
Euro) kauft, hat etwas verpasst. Es lohnt sich,<br />
eine Kellerführung oder eine Weinwanderung<br />
mit Picknick zu buchen. Oder man fährt<br />
einfach die paar Kilometer zum Schloss<br />
Proschwitz und wandert durch die nahe<br />
liegenden Weinberge oberhalb der Elbe.<br />
Den herrlichen Blick auf den Meißner<br />
Dom genießen Georg Prinz zur Lippe,<br />
57, und seine Frau Alexandra auch nach<br />
24 Jahren noch. Der Unternehmensberater<br />
und die Journalistin lebten in München,<br />
als der Prinz von seinem Vater nach<br />
dem Mauerfall beauftragt wurde nachzuforschen,<br />
ob enteignete Familienbesitztümer<br />
zurückgekauft werden können.<br />
Bis 1945 befand sich das Weingut über viele<br />
Generationen in Familienbesitz. Doch alles, was<br />
Georg zur Lippe 1990 noch bekommen konnte,<br />
waren 18 Hektar Weinland. Bis heute hat er über<br />
800 Verhandlungsgespräche geführt, um auf die<br />
Rebfläche von 87 Hektar (80 Mitarbeiter, 500000<br />
Flaschen pro Jahr) zu kommen.<br />
„Mein Mann ist studierter Landwirt mit Weinbau<br />
im Nebenfach und hat sich immer etwas Eigenes<br />
gewünscht“, erinnert sich die Mutter des<br />
zehnjährigen Moritz. 1997 erwarb das Paar auch<br />
Schloss Proschwitz zurück, das heute für seinen<br />
Weihnachtsmarkt, Konzerte und als Hochzeitslocation<br />
bekannt ist. In das Leben als Winzer<br />
wuchsen sie schnell rein: „Wein ist sehr emotional,<br />
weil er jedes Jahr anders ist. Man ist abhängig<br />
vom Wetter und fiebert mit. Das lehrt einen<br />
Demut vor der Natur. Es gibt den Spruch: Vor Gericht<br />
und auf See ist man in Gottes Hand. Ich würde<br />
ihn erweitern: auf dem Weinberg auch.“<br />
13 Rebsorten werden im Betrieb angebaut:<br />
80 Prozent Weißwein. Die Spitzensorten<br />
sind unter anderem der weiße und<br />
der rote Burgunder. „Nach der Wende war<br />
der einst gute Ruf der Region in Vergessenheit<br />
geraten. Die ersten Weine, die wir hier<br />
probiert haben, waren kaum genießbar. Als<br />
mein Mann zum ersten Mal auf die Messe<br />
ProWein in Düsseldorf ging, wurde er belächelt<br />
– bis probiert wurde.“<br />
Die Familie konnte die Qualität kontinuierlich<br />
steigern. Seit 1996 sind sie im<br />
Verband Deutscher Prädikatsweingüter. Sogar<br />
Kanzlerin Angela Merkel hat die Proschwitzer<br />
Weine für sich entdeckt und schätzt besonders<br />
den Frühburgunder. In Berlin wird der Wein gelegentlich<br />
bei Staatsbanketten ausgeschenkt.<br />
Und auch die niederländische Königsfamilie<br />
hat schon probiert. <br />
SandraSchmidt<br />
FoTos: schneider-Press/Frank rolliTz (3), JahreszeiTen VerlaG/GourMeTPicTureGuide, ralF Müller (2), iMaGo/ThoMas Müller<br />
DEr MEisTEr<br />
in seinem<br />
reich. in der<br />
Küche des<br />
hotels „westin<br />
Grand“ zaubert<br />
schnurr<br />
Exklusives<br />
DEr EiNZiGE<br />
Zwei-Sterne-Koch<br />
im Osten<br />
Deutschlands<br />
kocht<br />
in <strong>Sachsen</strong><br />
Für verrückt haben manche Peter Maria<br />
Schnurr, 45, gehalten, als er 2005 als<br />
Küchenchef im „Falco“ anfing. Ausgerechnet<br />
in Leipzig! Ausgerechnet<br />
im 27. Stock eines Hotelhochhauses! Starkoch<br />
Schnurr ließ sich nicht beirren. 2006 erklärte<br />
der „Gault Millau“ das „Falco“ zur „Entdeckung<br />
des Jahres“. 2008 folgte der zweite Stern. Was<br />
macht das „Falco“ so besonders? Peter Schnurr:<br />
„Wir sind ein untypisches Gourmetrestaurant:<br />
Wir bauen Hemmschwellen ab und nicht auf.<br />
Bei uns gibt es nicht diese gekünstelte Stewardessenfreundlichkeit.<br />
Da wird nicht mit den<br />
Augenlidern geklimpert und beim Umdrehen das<br />
Gesicht verzogen.“<br />
Auch von Anzugzwang hält Schnurr nichts.<br />
Er will, dass sich die Gäste wohlfühlen. Sogar<br />
den klassischen Käsewagen hat er entsorgt. „Viel<br />
zu schwer für <strong>meine</strong> Küche“, sagt er. Stattdessen<br />
oN Top<br />
Kochgenie peter<br />
Maria schnurr<br />
vor der skyline<br />
von leipzig<br />
gibt es Eichelschwein, Kalbsbries oder Stopfleber –<br />
jawohl, Schnurr steht zu der von Tierschützern<br />
verpönten Delikatesse. „Es bleibt jedem überlassen,<br />
ob er das isst oder nicht. Am schlimmsten finde<br />
ich jene militanten Mitmenschen, die früher alles<br />
gegessen haben und plötzlich anderen vorschreiben<br />
wollen, was sie essen dürfen.“<br />
Was ist mit Vegetariern? „Vegetarier oder<br />
Veganer, das ist kein Problem. Wenn wir es rechtzeitig<br />
wissen, bekommen die das gleiche Aromenspektakel<br />
präsentiert wie andere auch – nur eben<br />
vegan. Wir legen uns für sie genauso ins Zeug. Es<br />
kostet allerdings auch das Gleiche.“<br />
Und noch etwas ist bei Schnurr anders: Es<br />
gibt keine schweren Beilagen, weder Reis noch<br />
Kartoffeln. Schnurr: „Das machen wir seit sechs<br />
Jahren, während andere Kollegen in Berlin jetzt<br />
darauf kommen und gleich eine Pressekonferenz<br />
einberufen.“<br />
C.D.<br />
32 BUNTE 37 | 2014<br />
Mehr zum Thema unter:<br />
www.schloss-proschwitz.de
Wellness<br />
RomantiscH<br />
Der gemütliche speisesaal im<br />
Hotelrestaurant „strandGut“<br />
Das motto am Gartentor. auf<br />
hohe Qualität der Bio-Produkte<br />
wird großer Wert gelegt. sie<br />
kommen aus der Region oder<br />
werden im Garten selbst gezogen<br />
DiREkt am<br />
ElBstRanD liegt<br />
das kleine Hotel<br />
„Helvetia“<br />
Hier genießt man BIO<br />
on the rocks am Elbstrand<br />
sachsEN<br />
tut gut ...<br />
• schon die sachsenkönige<br />
und der adel aus Belgien<br />
waren stammgäste in den<br />
sächsischen staatsbädern.<br />
1/1 rechts<br />
B: 219 h: 297<br />
ohne Beschnitt:<br />
Um dIE GEsUNdhEIT dreht sich alles im ersten zertifizierten<br />
Bio-Hotel <strong>Sachsen</strong>s. Die Besitzer bieten ein ganzheitliches Konzept<br />
Rote-Bete-Bananen-Burger mit<br />
Chili auf geschwenkten Zucchini<br />
mit Korianderschaum – so exotisch<br />
klingt vegane Küche im ersten<br />
zertifizierten Bio-Hotel <strong>Sachsen</strong>s.<br />
Schon das Schild am Gartentor „Der kürzeste<br />
Weg zur Gesundheit ist der Weg in den Garten“<br />
verkündet das Motto des 22-Zimmer-Hauses<br />
„Helvetia“ im sächsischen Schmilka. Hier, im<br />
kleinen Ortsteil von Bad Schandau, nur wenige<br />
Meter vom berühmten Malerweg und<br />
der Elbe entfernt, dreht sich alles ums<br />
Wohlbefinden. Die Hotelbesitzer<br />
Sven-Erik Hitzer und seine Frau<br />
Annett haben sich in der Sächsischen<br />
Schweiz kennen- und HotEliERs<br />
lieben gelernt. Kurzerhand verlegten<br />
sie ihren Lebensmittel-<br />
sven-Erik<br />
Hitzer und<br />
Frau annett<br />
punkt an den Ort ihres Glücks.<br />
Mit großem Engagement bauten<br />
sie das über 100 Jahre alte Wirtschaftsund<br />
Schankhaus der benachbarten Villa Waldfrieden<br />
nach ihren Vorstellungen um. „Meine Frau<br />
und ich sind selbst überzeugte Bio-Konsumenten<br />
und wollen unsere Lebensweise im Hotel umsetzen“,<br />
so Sven-Erik Hitzer. „Wir machen keine<br />
halben Sachen, sondern setzen auf 100 Prozent<br />
Bio-Garantie. Der Bio-Gedanke endet nicht bei<br />
Lebensmitteln. Unser Konzept ist ganzheitlich.“<br />
Auch die Zimmer des Hotels sind daher auf<br />
gesundes Wohnen ausgerichtet. Nur natürliche<br />
Stoffe wurden verwendet. Einige Zimmer sind<br />
sogar elektrosmogreduziert. Und noch mehr<br />
wird fürs Öko-Konzept getan: Durchs Haus fließt<br />
in den Leitungen vitalisiertes Granderwasser<br />
und die Verbrauchsenergie<br />
wird aus Ökostrom gewonnen. In<br />
der angeschlossenen Naturheilpraxis<br />
kann der Gast Massagen<br />
und Therapien durch den Heilpraktiker<br />
Norbert Schützner<br />
in Anspruch nehmen. Er führt<br />
die Wellnessgäste auch während<br />
einer Tageswanderung durch den<br />
Naturpark und zu den Kraftorten der<br />
Sächsischen Schweiz. Frisch gestärkt können sie<br />
dann am Elbestrand einen Cocktail aus der Karte<br />
„Bio on the rocks“ genießen. Désirée Rohrer<br />
Reich an<br />
Geschichte:<br />
Bad Elster<br />
3 FraGEN aN ...<br />
Silvia Sommer<br />
modern:<br />
Bad<br />
Brambach<br />
Gesundheitsexpertin<br />
Was ist das<br />
Besondere an<br />
den Staatsbädern?<br />
Die Kombination aus<br />
Tradition, medizinischer<br />
Kompetenz und Kultur.<br />
Bringt eine Drei-Tages-<br />
Schnupperkur schon was?<br />
Unbedingt. Es ist eine gute<br />
Gelegenheit, vorbeugend<br />
etwas für sich zu tun.<br />
Außerdem kann man so<br />
testen, welches natürliche<br />
Heilmittel einem liegt.<br />
Was sollte man probieren?<br />
In Bad Elster Naturmoor,<br />
in Bad Brambach<br />
Radonheilwasser.<br />
Fotos: pr, sächsische staatsBäder gmBh/Beer (2), privat<br />
B: 215 h: 289<br />
satzspiegel:<br />
B: 192 h:251<br />
34 BUNTE 37 | 2014
Ansichten<br />
Unsere liEBE,<br />
unsere Heimat<br />
HocH üBEr<br />
drEsdEN<br />
die TV-stars<br />
stephanie<br />
und Wolfgang<br />
stumph posieren<br />
für unseren<br />
Fotografen auf<br />
dem dach des<br />
Pressehauses<br />
sTEPHaNiE & WolFgaNg sTUmPH<br />
sind sehr stolz auf Dresden. Hier erklären die beliebten<br />
Schauspieler, was sie mit dieser Stadt verbindet<br />
Fotos: Dan zoubek Für bunte; Haare/make-up: sHirin kürscHner, Fotoassistentin: Janine sametzky;<br />
Wir beDanken uns bei „tHeaterkaHn – DresDner brettl“ unD Der semperoper Für Die FreunDlicHe unterstützung<br />
Ach, mein Dresden“, seufzt<br />
Wolfgang Stumph, 68,<br />
und blickt verliebt auf<br />
seine Stadt. Man kann es<br />
nicht anders sagen – der<br />
Mann ist tatsächlich dauerverliebt<br />
in seine Heimat, könnte problemlos als Fremdenführer<br />
anheuern oder als Professor für säch sische<br />
Geschichte. Hier eine Anekdote, dort harte Fakten oder<br />
eine Story über die hippen Kneipen in der Dresdner<br />
Neustadt. Gerade hat er hier als Bombenentschärfer<br />
Conny Stein den TV-Film „Blindgänger“ gedreht – seine<br />
erste TV-Rolle nach dem Aus der Erfolgsserie „Stubbe“.<br />
Ein Bummel durch die Altstadt mit dem beliebten<br />
TV-Star ist wie ein Hindernislauf. „Schauen Sie mal<br />
hier ...“ und „Wussten Sie eigentlich, dass ... August der<br />
Starke ein Wendehals war?“ Ach so? „Ja, der wurde nur<br />
katholisch, um die Polen zu erobern, der Kerl.“<br />
Mittlerweile folgen uns Fans. Im Zwinger wird der<br />
Schauspieler von Touristen umlagert, die alle ein 6<br />
36 BUNTE 37 | 2014
Ansichten<br />
Wolfgang liebt seine barocke<br />
stadt, stephanie wünscht<br />
sich manchmal mehr Mut<br />
SächSiSch<br />
für ANfäNgEr<br />
NU Hat nichts mit „nein“<br />
zu tun, sondern bedeutet „ja“<br />
BEmmE damit bezeichnet der<br />
sachse eine scheibe Brot<br />
plörrE ein furchtbar<br />
dünner Kaffee oder Tee<br />
BEEfSTEAk das ist eine Bulette<br />
hiTSchE eine kleine fußbank<br />
BoSTBoTE das „P“ wird<br />
als „B“ ausgesprochen<br />
TickSchT DU? „Bist du<br />
eingeschnappt?“<br />
wAS kAm DAS? gern im<br />
restaurant: „Was kostet das?“<br />
äSchAh! „Ach wo!“<br />
oder auch „Ach was!“<br />
EiN BilD wiE<br />
EiN gEmälDE<br />
Schauspielerin<br />
Stephanie<br />
Stumph bei<br />
einem Zwingerrundgang<br />
6 Foto mit „Stumpi“ (so sein Spitzname seit der<br />
Schulzeit) haben wollen. „Ach, und da ist ja auch<br />
seine schöne Tochter“, sagt eine Dame vor der Porzellanausstellung<br />
und zieht Stephanie Stumph,<br />
30, in ihre Arme – für ein Foto, versteht sich.<br />
In einer Umfrage über die bekanntesten<br />
<strong>Sachsen</strong> landete Wolfgang Stumph vor Kurt Biedenkopf<br />
und August dem Starken – und das,<br />
obwohl er mit seiner Tochter für die Krimiserie<br />
„Stubbe“ 20 Jahre lang in Hamburg vor<br />
der Kamera stand.<br />
„Meine Tochter ist vor der Kamera erwachsen<br />
geworden“, sagt Wolfgang Stumph. „Heute sehe<br />
ich sie als tolle Kollegin, die ihren eigenen Weg<br />
geht.“ Bald steht sie für einen Henning Mankell-<br />
Krimi in Schweden vor der Kamera. „International<br />
zu drehen macht mir Spaß“, kommentiert<br />
sie das. Auch ihre eigenen TV-Gewohnheiten<br />
sind international geprägt: „Ich schaue meist<br />
on demand – also wenn ich Lust habe, vor allem<br />
Sky und Netflix wegen US-Serien wie ‚Dexter‘.“<br />
Stephanie Stumph ist eine junge Frau wie<br />
Millionen andere. Sie shoppt im Internet, liest<br />
ihre Mails auf dem Smartphone, spricht vier<br />
Fremdsprachen (neben Englisch noch Französisch,<br />
Spanisch und Russisch) – und hat trotzdem<br />
eine enge Beziehung zu ihrer Heimat. „So<br />
ganz ohne Dresden kann und will ich nicht leben.<br />
Die <strong>Sehnsucht</strong> nach der Heimat ist sonst zu<br />
groß“, gesteht sie irgendwann. In Hamburg lebt<br />
sie mit ihrem Freund, dem Musiker Alexander<br />
Rethwisch, 36, zusammen, aber in <strong>Sachsen</strong> hat<br />
sie Familie und die meisten Freunde. „Viele kenne<br />
ich von klein auf. Das sind tiefe Bindungen, die<br />
man später im Leben kaum noch so intensiv aufbauen<br />
kann. Richtige Freundschaften habe ich<br />
außerhalb von Dresden sehr selten geschlossen.“<br />
u<br />
Sie kennen Hanseaten und <strong>Sachsen</strong> sehr gut.<br />
Gibt es große Unterschiede in der Mentalität?<br />
Stephanie: Wir zeigen unsere Gefühle vielleicht<br />
etwas offener als andere. Wir sprechen aus, was<br />
wir denken, sind manchmal nicht so diplomatisch.<br />
Wenn wir jemanden gut kennen, sagen wir<br />
hier schon sehr direkt unsere Meinung. Manche<br />
Norddeutschen kommen mir dagegen oft etwas<br />
emotionsreduziert vor, was Euphorie und Mitgefühl<br />
angeht.<br />
Wolfgang: Aber der Sachse an sich kann auch<br />
ein neugieriges Schlitzohr sein, so von hinten<br />
durch die Brust, wie wir sagen. Und wir möchten<br />
am liebsten, dass alles so bleibt, wie es ist.<br />
Eine neue Brücke über die Elbe? Nee, brauchen<br />
wir nicht – auch wenn das dem Verkehrsatem<br />
Luft verschafft. Wir sind oft zu vorsichtig und<br />
konservativ. Und wenn wir entscheiden, dann<br />
plötzlich zu schnell für das Falsche.<br />
Stephanie: Städtebaulich habe ich mir das auch<br />
neulich gedacht, als ich gesehen habe, wie viele<br />
coole und sehr moderne Gebäude es in Kopenhagen<br />
gibt. Da wünsche ich mir mehr Mut.<br />
Was bedeutet Heimat für Sie beide?<br />
Wolfgang: Das hier ist <strong>meine</strong> Heimat, dieses<br />
Gefühl empfinde ich sehr stark. Da geht es mir<br />
Fotos: Dan zoubek Für bunte<br />
wie <strong>meine</strong>m Sohn, der hier extrem verwurzelt<br />
ist und nie woanders leben wollte, obwohl er als<br />
Lufthansa-Angestellter von China bis Amerika<br />
alles kennt. Gerade in den heutigen Zeiten der<br />
Globalisierung ist es wichtig, sich ein Bewusstsein<br />
für die eigenen Wurzeln zu bewahren. Ich<br />
habe vor 50 Jahren <strong>meine</strong> Frau bei einem Campingurlaub<br />
kennengelernt, wir sind hier einen<br />
langen gemeinsamen Weg gegangen. Das alles<br />
ist Heimat. Wir Dresdner sind fast schon übertrieben<br />
verliebt in unsere barocke Stadt, aber<br />
dazu stehe ich.<br />
Stephanie: Ich bin auch wahnsinnig stolz auf<br />
Dresden, führe Gäste gern herum und zeige ihnen<br />
unsere Stadt. Aber fühle ich mich hier noch<br />
heimisch? Emotional bestimmt, aber ich möchte<br />
mich nicht wirklich auf eine Stadt als Lebensmittelpunkt<br />
festlegen. Meine Generation fühlt<br />
sich europäisch, denkt nicht mehr in den Kategorien<br />
Ost und West. Ich bin viel gereist, gehöre<br />
zu der Generation junger, mobiler Schauspieler,<br />
die eigentlich fast überall leben können.<br />
Wollten Sie als junger Mann in der DDR nie<br />
aus der Enge raus, Herr Stumph?<br />
Ich habe sehr früh politisch-satirisches Kabarett<br />
für die Menschen gemacht und für mich,<br />
um auf der Bühne <strong>meine</strong> Seele und <strong>meine</strong> Moral<br />
auszukotzen. Wenn du hier aufwächst, verwurzelt<br />
bist, dich verliebst und heiratest, dann<br />
ist das deine Kraft zur Kritik und zur Veränderung<br />
der Gesellschaft. So habe ich das immer<br />
empfunden. Ich hätte mir zu DDR-Zeiten<br />
nie vorstellen können, in Hamburg oder Köln<br />
Kabarett zu spielen und vielleicht <strong>meine</strong> Frau,<br />
mit der ich 43 Jahre verheiratet bin, und <strong>meine</strong><br />
Kinder zurückzulassen. Nie im Leben hätte ich<br />
das getan. Warum auch? Politisches Kabarett bedeutet<br />
ja, dass man einen bestimmten Zustand<br />
verändern will. Wegzugehen hätte bedeutet, diese<br />
Kraft, die mich antrieb, aufzugeben. Vielleicht<br />
wäre das der bequemere Weg gewesen, aber für<br />
mich kam das nicht infrage. Heute bin ich froh,<br />
dass ich mich mit <strong>meine</strong>n Filmen im vereinten<br />
Deutschland einbringen kann.<br />
Stephanie: Mir passiert es manchmal sogar, dass<br />
die Leute <strong>meine</strong>n, ich sei Hamburgerin, weil unsere<br />
Serie dort ja gespielt hat und die Bilder bei<br />
den Leuten einfach im Kopf geblieben sind.<br />
Welche Erinnerungen haben Sie an die Zeit<br />
vor der Wende?<br />
Wolfgang: Das Heimtückische an unserem Gedächtnis<br />
ist, dass selbst tiefe alte Verletzungen<br />
irgendwann nicht mehr so weh tun. Da geht<br />
es mir wahrscheinlich so wie vielen anderen.<br />
Manche Schmerzen erscheinen einem heute<br />
in der Rückschau harmloser, als sie es damals<br />
tatsächlich waren – auch durch die vielen positiven<br />
Eindrücke in der Gegenwart. Aber eines<br />
hat sich nicht geändert: Die Menschen in<br />
diesem Landstrich sind etwas Besonderes. Wir<br />
halten zusammen. Freundschaften werden hier<br />
intensiv gepflegt und wachsen über viele Jahre<br />
– auch das ist für mich essenziell, was <strong>meine</strong><br />
Beziehung zu <strong>Sachsen</strong> betrifft.<br />
Stephanie: Wolfgang und Dresden – das ist<br />
schon eine ganz spezielle Beziehung. Mein Vater<br />
kennt hier wirklich alle und jeden, der könnte<br />
locker auch Bürgermeister sein, aber ich hoffe,<br />
das macht er nie. Wobei ich nix gegen Politiker<br />
habe. Irgendeiner muss den Job ja machen und<br />
Gott sei Dank gibt es noch genug Menschen, die<br />
Lust darauf haben.<br />
Wolfgang: Nee, keine Angst. Mit <strong>meine</strong>n Filmen<br />
erreiche ich mehr, die Zwänge der Macht,<br />
Wirtschaft und Bürokratie lehne ich ab. Privat<br />
bleibe ich schön in der zweiten Reihe.<br />
Interview: Christiane Soyke<br />
„WolfgAng und dresden – das ist<br />
eine ganz spezielle Beziehung“<br />
hippiE-STylE<br />
im hiNTErhof<br />
Auch das<br />
ist Dresden:<br />
Bio-cafés, alternative<br />
Shops,<br />
Boutiquen in<br />
der Dresdner<br />
Neustadt<br />
38 BUNTE 37 | 2014<br />
BUNTE 37 | 2014 39
Ziele<br />
„graND<br />
BUDapEsT hoTEl“<br />
Regisseur Wes Anderson eröffnete<br />
sein „Hotel“ im ehemaligen<br />
Görlitzer Warenhaus, einem Jugendstilbau<br />
von 1912/13. Ein Investor<br />
plant eine Neueröffnung<br />
im nächsten Jahr (im Kino: 2014).<br />
„DEr VorlEsEr“<br />
Kate Winslet als Straßenbahnschaffnerin<br />
in der Bestsellerverfilmung,<br />
angesiedelt im Berlin der<br />
50er-Jahre. Regisseur Stephen<br />
Daldry drehte Außenmotive in<br />
Görlitz. Winslet<br />
wurde für<br />
diese Rolle mit<br />
dem Oscar,<br />
dem Golden<br />
Globe und<br />
dem Europäischen<br />
Filmpreis<br />
ausgezeichnet<br />
(im<br />
Kino: 2009).<br />
„goEThE!“<br />
Alexander Fehling als Johann<br />
Wolfgang von Goethe in seiner<br />
Sturm- und Drangphase in Wetzlar<br />
und Weimar zum Ende des<br />
18. Jahrhunderts. Regisseur<br />
Philipp Stölzl fand geeignete<br />
Drehorte unter<br />
anderem<br />
in Görlitz und<br />
konnte etwa<br />
740 000 Kinozuschauer<br />
für<br />
seinen historischen<br />
Stoff<br />
begeistern<br />
(im Kino: 2010).<br />
Auf nach görliWooD<br />
görliTz zieht Stars und Macher aus Hollywood magisch an:<br />
Die sächsische Stadt ist die ideale Kulisse für historische Filme<br />
„Ich war<br />
sehr<br />
begeistert<br />
von Görlitz,<br />
auch von den<br />
Leuten“<br />
Florian David Fitz:<br />
Erinnerungen an Görlitz<br />
Paris am Ende des 19. Jahrhunderts?<br />
New York zu Beginn des 20.? Berlin<br />
in den 30ern? Alles längst Geschichte,<br />
nur in <strong>Sachsen</strong> nicht.<br />
Denn dort gibt es eine Stadt, in der<br />
ganze Straßenzüge heute noch so<br />
aussehen wie einst Paris, New York oder Berlin<br />
– und das hat sich bis nach Hollywood herumgesprochen.<br />
Görlitz, die rund 55000-Einwoh-<br />
ner-Gemeinde am östlichsten Zipfel Deutschlands,<br />
wurde von den Bomben des Krieges<br />
weitestgehend verschont und bietet deshalb<br />
prachtvoll erhaltene Architektur aus verschiedensten<br />
Epochen. Stars und Macher zieht das<br />
geradezu magisch an. Denn was sie sonst als<br />
Kulisse teuer im Studio nachbauen müssen, finden<br />
sie hier im Original. Und die Zeitreise, auf<br />
die sie sich in ihren Filmen begeben, können<br />
sie hier live erleben. „Als ich für die Dreharbeiten<br />
zu ‚Der Vorleser‘ das erste Mal nach Görlitz gereist<br />
bin, war ich sofort beeindruckt von der Stimmung<br />
der Stadt“, erinnert sich David Kross. „Sie<br />
erzählt von sich aus alte Geschichten und macht<br />
es leicht, in ihrer Kulisse Geschichten zu erzählen.“<br />
Auch Florian David Fitz, der hier „Die Vermessung<br />
der Welt“ drehte, war hingerissen: „Man<br />
kann vom Zentrum aus in alle Richtungen gehen<br />
und wird eine halbe Stunde lang nur historische<br />
Gebäude sehen. Ein Gründerzeithaus gilt hier schon<br />
als Neubau. Ich war sehr begeistert von Görlitz,<br />
auch von den Leuten. Nur, dass Nu hier Ja heißt, hat<br />
bei mir bis zuletzt für Missverständnisse gesorgt.“<br />
In den 50er-Jahren bereits drehte die DEFA in<br />
Görlitz. Vor zehn Jahren entdeckte dann das neu<br />
erfundene Studio Babelsberg den Ort als grandiose<br />
Außenkulisse für den Abenteuerfilm „In 80 Tagen<br />
um die Welt“ mit Jackie Chan. Das war der Start,<br />
Hollywood wurde hellhörig und aus Görlitz wurde<br />
„Görliwood“. Brad Pitt, George Clooney, Kate<br />
Winslet – viele spielten schon in Görlitz, wohnten<br />
im „Hotel Börse“, frühstückten im „Kaffee am Flüsterbogen“<br />
und schlenderten über die kopfsteingepflasterten<br />
Gassen an der barocken Stiftskirche<br />
und der historischen Ratsapotheke vorbei.<br />
Die Filmemacher haben Görlitz weltweit bekannt<br />
gemacht, inzwischen kommen auch die Fotografen<br />
für Shootings internationaler Modelabels. Denn<br />
vor den historischen Gemäuern sieht die heißeste<br />
Mode einfach noch moderner aus. D. F./G. S.<br />
„DiE VErmEssUNg<br />
DEr WElT“<br />
Florian David Fitz als Mathematikgenie<br />
Carl Friedrich<br />
Gauß in Braunschweig zum<br />
Ende des 18. und zu Beginn<br />
des 19. Jahrhunderts.<br />
Regisseur<br />
Detlev Buck<br />
setzte<br />
Görlitz für<br />
seine Bestsellerverfilmung<br />
in 3-D in Szene<br />
(im Kino:<br />
2012).<br />
„iN 80 TagEN<br />
Um DiE WElT“<br />
Dieser Film löste den Görlitz-<br />
Boom aus, er war die Visitenkarte<br />
für Hollywood, lockte weitere<br />
Produktionen an: Chinas Actionstar<br />
Jackie Chan verschlägt es<br />
in der Bestsellerverfilmung als<br />
Weltreisenden<br />
im 19.<br />
Jahrhundert<br />
unter anderem<br />
nach<br />
Paris – gedreht<br />
wurde<br />
in Görlitz (im<br />
Kino: 2004).<br />
„moNUmENTs<br />
mEN – UNgE-<br />
WöhNlichE<br />
hElDEN“<br />
George Clooney verwandelte<br />
als Star, Regisseur und<br />
Produzent Görlitz in diverse<br />
europäische Orte, zu denen<br />
sich die Monuments<br />
Men<br />
während des<br />
Zweiten Weltkriegs<br />
durchschlugen,<br />
um<br />
Kunst vor den<br />
Nazis zu retten<br />
(im Kino: 2014).<br />
„DiE BüchEr-<br />
DiEBiN“<br />
1938, in der fiktiven Kleinstadt<br />
Molching in der Nähe von<br />
München. Die Bestsellerverfilmung<br />
um ein junges Mädchen<br />
(Sophie Nélisse), die sich von<br />
einer Analphabetin zum Bücherwurm<br />
entwickelt,<br />
brachte<br />
Stars wie<br />
Geoffrey<br />
Rush und<br />
Emily Watson<br />
nach Gör -<br />
litz (im Kino:<br />
2014).<br />
FOtOS: ACtION PRESS (4), DDP (10), DPA, IMAGO, WARNER BROS.<br />
40 BUNTE 40 BUNTE 47 | 37 2013 | 2014
Ziele<br />
DAs NEUE<br />
schloss<br />
im Fürst-<br />
Pückler-Park<br />
Muskau (Weltkulturerbe),<br />
erbaut im<br />
stil der Neorenaissance<br />
DiE TürME von schloss<br />
rochlitz, genannt „Finstere<br />
Jupe“ (l.) und „lichte Jupe“.<br />
„Jupe“ kommt von „Joppe“<br />
und bezog sich auf die<br />
Verliese in den Bauten<br />
schloss MUsKAU<br />
im garten des genies<br />
Hier wurde er 1785 geboren, hier hat er das bukolische<br />
Spiel mit der Natur begonnen: der geniale<br />
Gartenkünstler Fürst Hermann Ludwig Heinrich<br />
von Pückler-Muskau. Dichter und Dandy, Soldat und<br />
Lebemann, Weltreisender, Ballonfahrer und<br />
rastloser Erbauer immer neuer Gärten nach dem<br />
Vorbild englischer Parks. Die „Blickachse“ ist eine<br />
seiner Erfindungen – und wer ein bisschen Fantasie<br />
hat, bleibt zwar im Garten von Schloss Muskau,<br />
wähnt sich aber alle paar Minuten an einem anderen<br />
Ort. www.muskauer-park.de<br />
KlosTEr AlTzEllA<br />
stimmen im Wald<br />
Es ist ein Kurztrip ins Mittelalter: Ruinen in einem<br />
verwunschenen Wald, in dem dann die<br />
Gebäude der ehemaligen Zisterzienserabtei<br />
auftauchen, im nördlichen Teil murmelt der<br />
Mühlgraben. Wenn gregorianische Choräle<br />
zu hören sind, ist das keine Einbildung: Sie<br />
kommen aus dem Bibliothekssaal. Manchmal<br />
jedenfalls. www.kloster-altzella.de<br />
MAgischE<br />
Orte im<br />
schlösserland<br />
EiN KöNigrEich für einen Ausflug: prunkvolle<br />
Burgen, verwunschene Gärten, Träume aus<br />
Stein – sieben zauberhafte Stationen auf einer<br />
Zeitreise durch <strong>Sachsen</strong><br />
schloss rochliTz<br />
Beim nackten könig<br />
Atemberaubend, mehr als 1000 Jahre live zu erleben.<br />
Wer durch die Räume von Schloss Rochlitz wandert,<br />
den beschleicht das Gefühl, dass Kaiser und Könige<br />
erst gestern ausgezogen sind und der Lärm in der<br />
Küche sich eben erst gelegt hat. In den Putz geritzt<br />
findet man noch den nackten König und andere<br />
Comics, das Werk fürstlicher Lausejungs. Noch bis<br />
31. Oktober ist auch die Präsentation „STARKE<br />
FRAUENgeschichte“ zu sehen – eine Sonderausstellung<br />
zu 500 Jahren Reformation. Geschichte zum<br />
Anfassen. Infos: www.schloss-rochlitz.de<br />
nOch mehr<br />
zAUBErschlössEr ...<br />
Barockschloss rammenau Klassiknächte,<br />
1 festliche Bälle und Lesungen: Hier passt<br />
das Ambiente perfekt zum Kulturgenuss. Übrigens:<br />
Der Philosoph Johann Gottlieb Fichte<br />
wurde dort in der Oberlausitz geboren.<br />
Infos: www.barockschloss-rammenau.com<br />
2schloss schlettau Unser Tipp als Rastplatz<br />
während der Schlösserland-Radtour. Für Kids<br />
gibt es Schatzsuchen & Mitternachts-Action,<br />
Erwachsene inspizieren den Kräuterlikör-Keller.<br />
Infos: www.schloss-schlettau.de<br />
schloss Krobnitz Ein schneeweißes Stück<br />
3 Preußen in <strong>Sachsen</strong>: Das Herrenhaus gehört zu<br />
einer Museumsgruppe, die besondere „Zeitreisen“<br />
anbietet. Lernen Sie doch mal zu spinnen. Infos:<br />
www.oberlausitz-museum.de/schloss-krobnitz<br />
4schloss Voigtsberg Als Burgfräulein durch<br />
den Fürstensaal flanieren: Der historische<br />
Kostümfundus (ca. 900 Roben) macht’s möglich.<br />
Infos: www.schloss-voigtsberg.de<br />
VErWUNschEN<br />
42 BUNTE 37 | 2014 ruinen im laubwald<br />
BUNTE 37 | 2014 43<br />
von<br />
Altzella<br />
FOTOS: IMAGO/TORSTEN BECKER, SyLVIO DITTRICH/WWW.SCHLOESSERLAND-SACHSEN.DE, PR
City-Tipps<br />
SExy iN<br />
SaChSEN<br />
die gebürtige<br />
amerikanerin<br />
fühlt sich<br />
in Leipzig<br />
sehr wohl<br />
1Clara-zetkin-park<br />
Für mich ist der Clara-Zetkin-Park <strong>meine</strong> ganz<br />
persönliche Sportarena. Egal ob ich jogge<br />
oder radle – ich genieße die absolute Ruhe und<br />
finde zu mir. Und das ganz nah an <strong>meine</strong>r Wohnung.<br />
5<br />
„Falco“<br />
Dem Himmel ganz nah<br />
ist man im Gourmetrestaurant<br />
„Falco“,<br />
im Hotel „The Westin“. Vom<br />
27. Stock aus hat man den<br />
schönsten Blick über die Stadt.<br />
In der Bar-Lounge trifft sich die<br />
Society auf einen Absacker.<br />
Mein Tipp: Lassen Sie sich von<br />
einer Eigenkreation des Barkeepers<br />
überraschen. Santé!<br />
6<strong>Sachsen</strong>brücke<br />
Hotspot für Lebenslustige: Auf der Steinbrücke<br />
über die Elster trifft man sich abends<br />
zum chillen, trinken und flirten.<br />
LEipzig<br />
Das sind <strong>meine</strong> Lieblingsplätze<br />
ChEryL ShEpard Der TV-Star zog<br />
vom Bodensee an die Elbe. Hier führt uns<br />
die Neu-Sächsin zu ihren Hotspots<br />
Zu Anfang war es nur eine Arbeitsbeziehung. Die Rolle als Ärztin in<br />
Deutschlands erfolgreichster TV-Serie „In aller Freundschaft“ hatte<br />
Cheryl Shepard, 48, nach Leipzig gelockt.<br />
Sieben Jahre pendelte sie Woche<br />
für Woche zwischen Überlingen<br />
und Leipzig. Dann zog sie mit Kind<br />
und Kegel um – die Lebensqualität in der sächsischen<br />
Metropole hatte sie überzeugt. „Die Leipziger<br />
haben uns mit offenen Armen willkommen<br />
geheißen“, erzählt sie. „Wir hatten hier sofort das<br />
Gefühl, zu ihnen zu gehören.“<br />
2<br />
„Café Maître“<br />
Was würde der verstorbene Politiker Karl<br />
Liebknecht wohl sagen, wenn er wüsste,<br />
dass die nach ihm benannte Straße in<br />
Leipzig lapidar nur „Karli“ genannt wird? Für mich<br />
ist dort das „Café Maître“ seit Jahren perfekt,<br />
um den Abend nach den Dreharbeiten von „In<br />
aller Freundschaft“ ausklingen zu lassen. Tipp<br />
für Touristen: Das Café ist auch ein idealer Ausgangspunkt<br />
für Entdeckungstouren.<br />
3+4<br />
gottschedstraße/„Canito“<br />
In der trendigen Lokalmeile in<br />
der Gottschedstraße liegt das<br />
kleine Juwel „Canito“. In diesem<br />
Restaurant mit mediterranem Flair trinke ich gern einen<br />
Espresso zwischendurch und träume von Italien.<br />
Für den passenden Sound sorgen im Hintergrund<br />
Lieder von Paolo Conte. Die Kunstsammlung an den<br />
Wänden ersetzt fast einen Museumsbesuch.<br />
MEiN iTaLiENEr<br />
das „Canito“ ist <strong>meine</strong> Nummer 1<br />
8<br />
Baumwollspinnerei<br />
Geheimtipp: In der<br />
Spinnereistraße 7 trifft man<br />
die kreative Szene Leipzigs.<br />
Besonders zu empfehlen sind die<br />
mehrmals im Jahr stattfindenden<br />
Galerierundgänge.<br />
7Cospudener See<br />
Warum in die Ferne schweifen ... Die Badestrände<br />
am Cospudener See sind für mich<br />
ein perfektes Urlaubsparadies. Hier wird<br />
gepaddelt, geschwommen und getaucht. Auf der<br />
Terrasse des „Pier 1“ kann man sich vom Frühstück<br />
bis zum Sundowner verwöhnen lassen.<br />
9+10<br />
grassi Museum & Johannisfriedhof<br />
Für mich<br />
kann es nicht genug Museen<br />
auf der Welt geben.<br />
Einer <strong>meine</strong>r Lieblingskunsttempel ist das Grassi<br />
Museum. Dort hat es mir besonders die Völkerkunde-<br />
Ausstellung angetan. Direkt dahinter liegt der verträumte<br />
Johannisfriedhof aus dem Jahr 1278, der mit seinem<br />
uralten Baumbestand zum Meditieren einlädt.<br />
FoToS: FoRSTER & MARTIn, LooK, LEIPZIG ToURISMUS UnD MARKETInG GMBH/AnDREAS SCHMIDT (4), AnnE FLEISCHER, ACTIon PRESS; ILLUSTRATIon: LISA RoCK/JUTTA FRICKE ILLUSTRAToRS<br />
TV-koLLEgEN Cheryl Shepard, Bernhard<br />
Bettermann (l.) und Thomas rühmann<br />
BUNTE 37 | 2014 45
Mit der<br />
fundierten<br />
Recherche für<br />
ihre Romane<br />
erfand die<br />
Autorin den<br />
historischen<br />
Roman neu<br />
46 BUNTE 37 | 2014<br />
Liebeserklärung<br />
EiN QUEll spannender Informationen<br />
ist für Bestsellerautorin Sabine Ebert<br />
ihre Wahlheimat <strong>Sachsen</strong>. Liebeserklärung<br />
an ein faszinierendes Bundesland<br />
Das ausgefallenste Kompliment,<br />
das ich je erhielt, seit ich in<br />
<strong>Sachsen</strong> lebe, klingt mir noch<br />
nach Jahren im Ohr: „Du kannst<br />
stolz sein, dass die Leute wissen,<br />
wo du herkommst, und trotzdem<br />
mit dir reden!“<br />
Woher ich kam: Berlin. Da bin ich aufgewachsen.<br />
Für die <strong>Sachsen</strong> heißt das: Preußen.<br />
Mit leicht abfälligem Unterton. Sie haben<br />
nicht vergessen, wie Friedrich der Große<br />
ihr Land ausplünderte. Und dass einer seiner<br />
Nachfolger im Ergebnis des Wiener Kongresses<br />
halb <strong>Sachsen</strong> annektierte. Doch das Land<br />
hat sich von Kriegen und anderen Katastrophen<br />
immer wieder erholt und ist neu erblüht.<br />
Seine Bewohner krempelten die Ärmel hoch<br />
und bewiesen Tatkraft, Erfindungsreichtum<br />
und Improvisationsvermögen. Es lässt sich gut<br />
leben in <strong>Sachsen</strong>. Das stellte ich sehr schnell<br />
fest, als mich die DDR-Absolventenvermittlung<br />
nach dem Studium ins sächsische Freiberg<br />
verpflichtete.<br />
Hilfsbereite Menschen, ein Städtchen mit<br />
anheimelndem Marktplatz und viel historischem<br />
Flair. Und dann noch die köstlichen<br />
Kuchen und Wurstsorten der sächsischen<br />
Bäcker und Fleischer! Doch was mich am<br />
meisten an <strong>meine</strong>r neuen Heimat faszinierte:<br />
wie stark die Menschen hier mit ihrer Geschichte<br />
verwurzelt sind. Selbst die Kinder<br />
erzählen in Freiberg stolz, dass hier das erste<br />
Silber im Erzgebirge gefunden wurde. Und<br />
die Erwachsenen werden nicht müde zu betonen,<br />
dass daraus der sprichwörtliche Reichtum<br />
der sächsischen Herrscher erwuchs, zu<br />
deren Inbegriff August der Starke mit seiner<br />
Wahlsächsin Sabine<br />
Ebert lebte in Freiberg (l.)<br />
und arbeitet bereits<br />
am Nachfolger ihres<br />
aktuellen Historienromans<br />
„1813 –<br />
Kriegsfeuer“. Er soll<br />
2015 erscheinen<br />
Mehr als AUgUST der Starke<br />
Nach der fünfteiligen<br />
Hebammen-Saga<br />
nun im<br />
Verkauf: „1813 –<br />
Kriegsfeuer“<br />
Prunksucht und Sammelleidenschaft wurde.<br />
<strong>Sachsen</strong> ist ein schönes Land. Voll faszinierender<br />
Landschaften und Städte, die Geschichte<br />
atmen – wie das barocke Dresden,<br />
das zauberhafte Meißen mit der Albrechtsburg<br />
oder das quirlige, weltoffene Leipzig,<br />
das nun <strong>meine</strong> Heimat ist. Viele Schlösser,<br />
Marktplätze und anderes sind restauriert<br />
worden und zeugen davon, wie reich<br />
dieses Land einst durch den Silberbergbau<br />
wurde und wie begabt, nicht selten visionär,<br />
seine Baumeister, Handwerker, Künstler<br />
und Ingenieure waren. Ein rühriger Menschenschlag,<br />
der mit stoischer Gelassenheit<br />
erträgt, vom Rest der Nation für seinen<br />
Dialekt gehänselt zu werden, der noch zu<br />
Goethes Zeit als „zierlich“ galt. Dabei gibt es<br />
nicht die sächsische Sprache, das sind diverse<br />
Dialekte und Mundarten. Sagen Sie mal<br />
einem Dresdner, er würde klingen wie ein<br />
Chemnitzer und umgedreht – sie wären beide<br />
beleidigt!<br />
Auf gewisse Weise sind wir Deutschen sogar<br />
alle ein wenig sächsisch. Luther übersetzte<br />
die Bibel ins Meißner Kanzleideutsch, das<br />
damit zur Norm der deutschen Schriftsprache<br />
wurde. Die <strong>Sachsen</strong> weisen gern darauf<br />
hin. Das macht sie mir so sympathisch und<br />
inspirierte mich auch, Romane über sächsische<br />
und deutsche Geschichte zu schreiben:<br />
die enge Verbundenheit mit ihrer Historie, die<br />
viel mehr Spannendes zu bieten hat als nur August<br />
den Starken. Große Namen, bedeutende<br />
Erfindungen, Ereignisse von nationalem Rang.<br />
Die <strong>Sachsen</strong> leben mit ihrer Geschichte, erforschen<br />
sie, sind stolz darauf. Das schafft Identität<br />
und Wurzeln. Es schafft Heimat.<br />
Fotos: Helmut HenkensieFken/Finepic, GeorG knoll/laiF<br />
WILLKOMMEN IN DER ERLEBNISHEIMAT<br />
ERZGEBIRGE<br />
Dachs statt Dax –<br />
kein Handyempfang,<br />
keine Mails checken<br />
Wunderbar die Zeit vergessen lässt sich auf einer<br />
Wanderung durch das Erzgebirge. Abwechslungsreiche<br />
Touren mit atemberaubenden Ausblicken<br />
und reicher Natur bieten die Möglichkeit, die bezaubernde<br />
Bergwelt per pedes zu erkunden. Wandern<br />
Sie von Mai bis Oktober auf einem der schönsten<br />
Pfade Deutschlands: dem offiziell ausgezeichneten<br />
Kammweg Erzgebirge-Vogtland. „Dachs statt Dax – einsteigen<br />
und abschalten“ – den Alltagsstress vergessen und dabei Ruhe und Entspannung entlang<br />
naturbelassener Landschaft genießen. Trubel und Hektik gibt es nur in der anderen Welt.<br />
Drei Haselnüsse für Aschenbrödel<br />
Wer kennt ihn nicht, den zauberhaften Märchenfilm mit der wunderbaren Filmmusik von Karel<br />
Svoboda. Seit vierzig Jahren lassen sich kleine und große Leute in den Bann ziehen. Nun wurde<br />
diese Titelmelodie einzigartig für ein mechanisches Schweizer Spielwerk arrangiert.<br />
Die Spieldose, mit der Eule Rosalie, dem Schatzkästchen, in dem die drei Haselnüsse liegen<br />
und dem verlorenen Schuh auf der Treppe<br />
des Schlosses wird in den Werkstätten<br />
Flade in Olbernhau produziert.<br />
Das Erzgebirge ist weltweit für seine<br />
Holzkunst und das Kunsthandwerk<br />
bekannt.<br />
www.erzgebirge-tourismus.de<br />
TIPP<br />
Zum Tag des traditionellen Handwerks am<br />
19.10.2014 kann man den Meistern bei ihrer<br />
Arbeit über die Schulter schauen und erleben,<br />
wie die echt erzgebirgische Holzkunst<br />
entsteht.<br />
Wo Weihnachten<br />
zu Hause ist:<br />
„Vom Neinerlaa“<br />
Das „Neinerlaa“ oder auch Neunerlei,<br />
wie es hochdeutsch heißt,<br />
ist das Weihnachtsessen der<br />
Erzgebirger, welches aus 9 verschiedenen<br />
Speisen besteht. Es<br />
steht traditionell am Heiligabend<br />
auf den Tischen in den erzgebirgischen<br />
Stuben. Dazu gehören<br />
Gans, Schweinebraten oder auch<br />
Kaninchen, Klöße, Sauerkraut, Linsen,<br />
Semmelmilch, Sellerie sowie<br />
Brot und Salz. Alle Speisen haben<br />
eine besondere Bedeutung und<br />
wie sicherlich jeder ahnt, geht es<br />
dabei um Liebe, Gesundheit und<br />
irdische Besitztümer.<br />
Ein ganz anderes „Neunerlei“,<br />
welches sich auch gut als Weihnachtsgeschenk<br />
eignet, denn dies<br />
sollte man wegen der „Nebenwirkungen“<br />
nicht an einem Tag verzehren,<br />
wurde im „Schokogusch`l“<br />
kreiert. Die traditionellen Bestandteile<br />
wurden ersetzt durch Brandy,<br />
Balsamico, Amaretto, Marzipan<br />
oder Calvados, verpackt in weißer<br />
oder brauner Schokolade und<br />
verziert mit Mandelsplittern und<br />
Linsendekor aus Marzipan. Dies<br />
ist jederzeit eine Sünde wert und<br />
vielleicht schon ein Vorgeschmack<br />
auf Weihnachten …<br />
INFORMATIONEN<br />
Tourismusverband Erzgebirge e. V.<br />
Adam-Ries-Straße 16 · 09456 Annaberg-Buchholz<br />
Tel. 03733 18800-0 · Fax 03733 18800-20 · info@erzgebirge-tourismus.de
WIR MACHEN AUS JEDEM<br />
HANDWERK EINE KUNST.<br />
IN SACHSEN LEBT DIE HANDWERKSKUNST: In Manufakturen und Werkstätten<br />
entstehen in liebevoller und traditioneller Handarbeit Unikate, Luxusartikel<br />
und Alltagsgegenstände. Ob Uhren aus Glashütte, Holzkunst aus dem Erzgebirge,<br />
Spitze aus Plauen oder Meissner Porzellan: Wir <strong>Sachsen</strong> haben jede Menge<br />
klangvolle Traditionsmarken und meistern zugleich den Spagat in die Gegenwart.<br />
Oder wussten Sie, dass Weltstars wie die Musiker von U2 ihre Musikinstrumente<br />
im Vogtland fertigen lassen?<br />
www.so-geht-sächsisch.de