<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 285 · 7 ./8. Dezember 2019 – S eite 36 ························································································································································································································································································· Panorama LEUTE Matthias Ginter (25) kann noch nicht fassen, dass er demnächst zum ersten MalVater wird. Dafür hat sich der Fußball-Nationalspieler aber schon gut eingearbeitet ins Babythema. Nach der Geburtwill er sich jedenfalls,sogut es das Profi-Dasein erlaubt, ins Familienleben einbringen: „Klar werdeich auch Windeln wechseln, wenn ich da bin. Wirversuchen das schon so aufzuteilen wie andere Elternauch.“ Wasdie Vaterqualitäten Ginters angeht, da hat man doch vomFeeling her ein gutes Gefühl. Matteo Salvini (46) will kein Nutella mehr essen. Dafür gäbe es viele gute Gründe (Palmöl, geänderte Rezeptur), aber der Chef der rechtspopulistischen Lega in Italien wärenicht der Chef der rechtspopulistischen Lega, wenn ihm nicht andereDinge aufstießen. Salvini ist die Nuss-Nougat- Creme nicht italienisch genug:„Ich habe nämlich entdeckt, dass Nutella türkische Nüsse verwendet, und ich will lieber Betrieben helfen, die italienische Produkte verwenden. Ich ziehe es vor, italienisch zu essen und den italienischen Bauernzuhelfen“, sagte der Politiker bei einer Wahlkampfveranstaltung in Ravenna. Wir möchten an dieser Stelle ein dänisches Sprichwortbemühen: Unter vielen Nüssen sind auch taube. Frederick Lau (30) amüsiertsich bei wilden Partys.„Ichmag es,wenn beim FeiernSachen kaputtgehen“, so der Schauspieler im Magazin GQ Gentlemen’s Quarterly.Für Stimmung sorgt er selbst: „Ich provoziereein bisschen, kann meinen Mund nicht halten. Ichversuche,die Leute an ihre Grenzen zu bringen.“ Es werde dann auch geweint. Herr Lau, zu unserer Weihnachtsfeier können Sieleider nicht kommen. (avo.) Nachtmensch und Feierbiest: Frederick Lau. IMAGO IMAGES TIERE 7. Dezember Zwölf ist er, der Dackel, ein alter Herr mit Allüren. Hält sich für Napoleon. Überhörtjeden Späterziehungsversuch. Im Treppenhaus wirderneuerdings zum Charmeur.Was an Hilde liegt. Siebezogjüngst dieWohnung gegenüber und ist ein Chihuahua. Wenn wir Hilde treffen, wirdder Dackel wieder jung, tänzelt, wanzt sich ran. Hilde gibt sich unnahbar.ImLexikon las ich nach, was den Chihuahua ausmacht: 1. Hält sich für Napoleon. 2. Hatoft eine empfindliche Stelle am Kopf. 3. Sollte nicht vom Mobiliar springen, weil sonst Knochenbrüche drohen. Ichhabe dem Dackel erklärt, dass er sich fernhalten soll. AusSicherheitsgründen. Er wird dieWarnung ignorieren. So ist das mit demVerliebtsein. Bettina Cosack Es war der erste Weihnachtsfeiertag 2016. Andrew Ridgeley hatte seinem Freund und einstigen Wham!-Kollegen George Michael gerade eine SMS geschrieben, als sein Telefon klingelte: „Andrew,estut mir leid, dir das sagen zu müssen, aber George ist tot“, teilte ihm Michaels Schwester Melanie mit. Die Nachricht zogRidgeley den Boden unter den Füßen weg. Drei Jahre danach hat der 56-jährige Brite mit „Wham! George & ich“ ein Buch über ihre Freundschaft veröffentlicht. Zur richtigen Zeit, denn „Last Christmas“ läuft bereits wieder in Dauerschleife. Mr.Ridgeley,haben Sieauch die Meldung gelesen, dass übermäßige Beschallung mit „Last Christmas“ krank machen kann? Sie meinen, Menschen müssen sich davon übergeben? Es soll Herzrasen verursachen. Das bezweifle ich. Aber ich kann verstehen, dass es heikel sein kann, wenn man das Lied jeden Tagimmer wieder hört. Haben Sie schon Nebenwirkungen bei sich festgestellt? Nein. So oft höre ich das Lied gar nicht. Ich höre nämlich kein Radio. Wenn ich unterwegs bin, einkaufen gehe oder ein Taxi vorbeifährtund es dortläuft, kriege ich es mit. Undwissen Sie was? Ich mag das Lied noch immer. Seit 35 Jahren klettert „Last Christmas“ zuWeihnachten die Charts hinauf. Ahnten Sie damals, dass es so groß werden würde? Als George mir eine erste Version auf dem Keyboard imHause seiner Eltern vorspielte, war mir sofort klar, dass es ein Hit werden würde. Es hat einfach alle Zutaten eines klassischen Weihnachtssongs, und es war sofort identifizierbar als solcher. George wollte einen Weihnachtsklassiker schreiben, und er hatte das Talent, genau das zu tun. Ihmwar ein Geniestreich gelungen. Es ist ein fantastisches Stück Pop- Handwerk. „Ich war neidisch auf sein Talent“ Wie war denn seine Einstellung zu dem Stück in späteren Jahren: War ihm der Kitschgehalt doch peinlich? Gut möglich. Er ging ja auch mit anderen Stücken hart ins Gericht. Zum Beispiel „Careless Whisper“. Das hatten wir geschrieben, als wir 17 waren. Der Song sagt nicht wirklich etwas aus über die Liebe. Esist der naive Text eines Teenagers. Das war Georges Kritik daran. Aber der Song zahlt die Miete. Und ein gutes Abendessen ist auch noch drin. (lacht) Für den Videodreh zu „Last Christmas“ sind Siedamals in eine Skihütte in die Schweiz gefahren … Es war sehr ausufernd. Als wir ankamen, waren all unsere Freunde schon da und tranken. Die Situation eskalierte, als wir nackt baden gingen. Einige übergaben sich im Pool – aber ich war’s nicht! George war am Ende etwas frustriert, weil der Dreh jede Ernsthaftigkeit vermissen ließ. Es ist geradezu Ironie des Schicksals, dass George Michael ausgerechnet zu Weihnachten verstarb.Wie fühlt sich das Fest seither für Siean? Weihnachten wird nie wieder dasselbe sein. Es hat sich verändert für seine Freunde,seine Familie und seine Fans.Das Fest ist nun behaftet mit Trauer. Dennoch versuche ich, die Aufmerksamkeit auf die gute Zeit mit George zu legen, ihn lebendig zu erinnern, als wir unseren Spaß hatten und das Leben genossen. Wenn der beste Freund aus Schulzeiten stirbt, führt einem das auch die eigene Sterblichkeit vorAugen? Wir waren damals beide 53. Das ist nicht sehr alt. Das ist überhaupt nicht alt. Es ist ein großer Schock. Wann hatten Sie die Idee, ein Buch über IhreFreundschaft zu schreiben? Nachdem ich bei den Brit Awards 2017 mit den Wham!-Backgroundsängerinnen Pepsi &Shirlie eine Rede in Gedenken an George gehalten hatte. Dawaren viele junge Leute im Publikum, die nicht viel über Wham! wussten. Dann gab es die negativen Schlagzeilen, die nach Georges Tod die Runde machten. Dem wollte ich etwas entgegensetzen. Wollten Sie mit dem Buch auch Ihre Rolle verdeutlichen? Denn ohne Sie hätte es Wham! nie gegeben. Ich hatte nicht das Gefühl, etwas klarstellen zu müssen. Die Beziehung zwischen George und mir war geprägt vonGleichwertigkeit. Trotzdem schildern SieimBuch, dass Siedas schwarzeSchaf waren. Ich selbst habe mich nie so empfunden. Daswar aber das Image,das Das waren Zeiten: George Michael (l.) und Andrew Ridgeley hatten mit Wham! viel Erfolg. IMAGO IMAGES, GETTY IMAGES Der andere von Wham!:Andrew Ridgeleyüber seinen Freund George Michael unddas ewige„Last Christmas“ ZUR PERSON Andrew Ridgeley gründete das Duo Wham! 1981 mit seinem Klassenkameraden und Jugendfreund GeorgeMichael, mit dem er bereits in anderen Bands gespielt hatte. Nach der Auflösung 1986 konnte er an die früheren Wham!-Erfolgenicht mehr anknüpfen. Ridgeleywar bis 2017 mit der Bananarama-Sängerin Keren Woodward zusammen. Seine Autobiografie „Wham! George&ich“ ist am 3. Dezember bei Harper Collins Germany erschienen. Ursprünglich war auch mal ein anderer Titel im Gespräch: „The Other One“. sich über mich in der Öffentlichkeit verbreitete, indem man mir einen ausschweifenden Lebensstil anhängte.Deshalb konnte ich gut damit leben, nach Wham! aus der Öffentlichkeit zu verschwinden. Sie beschreiben den jungen George Michael als unsicheren Menschen, mit Haar-und Gewichtsproblemen. So war er,als er damals neu in unsere Klasse kam. Anhand der Bilder im Buch sieht man seinen Wegganz deutlich. Seine Transformation von dem Moment, als wir die Band starteten, bis zum finalen Konzert vor 71 000 Menschen im Wembley-Stadion ist erstaunlich. Nach dem Ende vonWham! wurde er zumSuperstar,Sie ließen los. Erstaunlich, dass IhreFreundschaft hielt. George war mein bester Freund, das machte es mir unmöglich, eifersüchtig auf ihn zu sein, denn das impliziert für mich eine gewisse Bitterkeit. Ich war aber neidisch auf sein Talent. Ich bewunderte ihn für seine Songwriting-Qualitäten, seine wunderschöne Stimme. Beides hätte ich auch gern gehabt. Doch ich habe es nie gegen ihn verwendet. Diese Großzügigkeit kam vonbeidenSeiten. Wiemeinen Siedas? George hielt mir nie vor, dass er den Großteil der Arbeit machte,weil er die Songs schrieb.Ich bin faul, und da gab es Zeiten, wo ihn das nervte. Aber er machte mir nie Vorwürfe. Zu Beginn war ich es, der ihn mitzog durch mein Selbstbewusstsein. Sobald er dann auf die Beine kam, konnte er das Ruder übernehmen. Später hatte er zunehmend psychische Probleme. Ist erals unglücklicher Mensch gestorben? Das hoffe ich nicht. Ich hoffe, er war frohen Mutes. Zumindest weiß ich, dass er sich sehr auf Weihnachten gefreut hatte.Wie jedes Jahr. Interview: Katja Schwemmers NACHRICHTEN Grenfell-Brand: Londons Feuerwehrchefin tritt zurück Die Chefin der Londoner Feuerwehr, Dany Cotton, hat am Freitag nach heftiger Kritik an dem Einsatz beim Grenfell-Desaster ihren vorzeitigen Rücktritt angekündigt. Bei dem Brand in einem Wohnturm im Londoner Stadtteil Kensington starben vor zweieinhalb Jahren 72 Menschen. Cotton werde ihr Amt zum Jahresende niederlegen, hieß es. Im Oktober waren Ergebnisse eines Untersuchungsberichts bekannt geworden. Darin werden der Feuerwehr „schwerwiegende Mängel“ und Fehler im System vorgeworfen. (dpa) Indiens Polizei tötet mutmaßliche Mörder Nach der Vergewaltigung und dem Mord an einer jungen Frau in Indien haben Polizisten die mutmaßlichen Täter erschossen. Die Beamten werden nun vielerorts als Helden feiert. Die Polizeibehörde berichtete, dass die Ermittler in der Nacht auf Freitag mit den Verdächtigen den Tatort begehen wollten. Plötzlich hätten die Männer versucht, die Waffen der Beamten zu ergreifen und zu fliehen. Die Polizisten hätten die Männer aufgefordert, sich zu ergeben. Als sie dies nicht getan hätten, hätten die Polizisten sie erschossen. Auch der Vater des Opfers dankte den Polizisten. Es gab aber auch Kritik. Menschenrechtler sehen einen gefährlichen Präzedenzfall. (dpa) Frau nach Stunden ohne Herzschlag wiederbelebt In Spanien haben Ärzte eine Frau nach mehr als sechs Stunden ohne eigenen Herzschlag ins Leben zurückgeholt. Die34-jährige Britin hatte Anfang November beim Wanderninden spanischen Pyrenäen einen Herzstillstand erlitten, teilte das Unikrankenhaus Vall d’Hebron in Barcelona mit. DieFraukonnte gerettet werden, weil eine starke Unterkühlung zerstörerische Prozesse in ihrem Gehirnverzögerthatte. (dpa) TIERE 8. Dezember Kuschelhasen,wo’sjetzt so zeitig dunkel wird–das sind Leo und Cleo. Er,der Zwergwidder,mollig-gemütlicher Schlappohrträger,lässt sich mit „Sir“ anreden. Sie, das Löwenköpfchen, trägt ihr kokettes Naturell gernpharaoninnengemäß zur Schau, putzt sich emsig und geht abends ungernschlafen. Irgendwas muss doch noch los sein, ’ne Party, Musik, jemand, der sie bewundert und mit ihr spielt. Aber sie will gewinnen! Garnicht kapriziös stelltVegetarierin Cleo sich beim Fressen an: etwas Heu, ein paar Körner,gerne Möhrchen. Anders SirLeo an ihrer Seite: Er knabbertbevorzugt frisches Basilikum und nach dem allabendlichen Blaubeer-Drops trollt er sich ins Heu-Bettchen. Ingeborg Ruthe
MAGAZIN Werdarf mitsprechen? Werwird gehört? BERLINER ZEITUNG/PAULUS PONIZAK Die Sozialwissenschaftlerin und Integrationsforscherin Naika Foroutan über Teilhabe, Demokratie und den sozialen Zusammenhalt SEITEN 2/3 Wunsch und Wirklichkeit Schluss mit Salander Muss Gutsch bald seine Katze anleinen? Seite 10 Glüh im Lichte Waswar in diesem Jahr lesens-, hörens- und sehenswert? Die Weihachtsempfehlungen der Redaktion –auch fürs Selbstbeschenken SEITEN 4/5 Nach Stieg Larssons Todschrieb der Bestsellerautor David Lagercrantz an der Millennium-Trilogie weiter.Nun hört er auf. Und jetzt? SEITE 6 Die First Lady versucht sich zum dritten Mal an der Weihnachtsdeko des Weißen Hauses. Eine Analyse ihrer bemerkenswerten Selbstinszenierung SEITE 10