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Ein Dorf im Nationalsozialismus. Pöcking 1930 – 1950
von Marita Krauss und Erich Kasberger
Warum eine Studie über Pöcking im Nationalsozialismus? Was
ist davon an neuen Erkenntnissen zu erwarten? Die Antwort darauf
ist vielschichtig und überraschend. Die Historiker Marita Krauss,
Professorin für Bayerische Landesgeschichte an der Universität
Augsburg, und Erich Kasberger, beide Pöckinger, haben intensiv
in den Archiven von Pöcking über München bis Berlin geforscht
und daraus ein bemerkenswertes Buch erarbeitet. So konnten sie
über 12.000 Entnazifizierungsfragebögen im Land-Stadt-Vergleich
auswerten und legen nun erstmalig gesicherte Zahlen zu den
Mitgliedern in NS-Organisationen vor. Deutlich wird auch, dass die
drei heute zusammengehörigen oberbayerischen Dörfer Pöcking,
Aschering und Maising nationalsozialistische Vorgaben höchst
unterschiedlich umsetzten: Der Pöckinger Ortsgruppenleiter und
Bürgermeister Michael Ruhdorfer etwa brachte Juden über die
NS-Zeit und holte einen Verhafteten aus dem Gestapo-Gefängnis.
Er bewies Mut und Zivilcourage.
Die Bauern wurden zwar vom Regime hofiert, unterlagen aber
hohen Ablieferungspflichten. Anders als Aschering und Maising
war Pöcking über die Bewohner der Sommervillen stärker in die
Welt des Nationalsozialismus eingebunden. So ermöglichte der
Unternehmer Willy Heidinger als Chef der deutschen Tochter von
IBM den Nationalsozialisten mit dem Hollerith-Lochkartensystem
die schnelle Erfassung auch der jüdischen Bevölkerung, der
Turbinenbauer Franz Lawaczeck gab bereits seit 1919 frühen
NSDAP-Führern Privatdarlehen, der Biologe Dr. Eduard May
betrieb nahe dem KZ Dachau Forschungen zur biologischen
Kriegführung. Im Schmalzhof hingegen lebte der Chemiker Dr.
Wilhelm Gaus, langjähriger Chef der BASF, der sich wegen seiner
Kritik am NS-Regime dorthin zurückgezogen hatte. Sichtbar wird
die Sonderrolle von Possenhofen mit Schloss und Schlosswiese,
das sich in ein Lazarettdorf und später in ein Flüchtlingslager verwandelte.
Hier kam der Krieg nochmals auf andere Weise ins Dorf:
Es lebten dort drei SS-Wachleute, die in Konzentrationslagern
Dienst getan hatten, unter ihnen der berüchtigte "Henker von
Buchenwald“. Nach dem Krieg kamen nicht nur die Amerikaner,
sondern, was fast unbekannt ist, zunächst drei Wochen die
Franzosen als Besatzer nach Pöcking; Charles de Gaulle besuchte
Marita Krauss und Erich Kasberger eröffnen mit ihrer Geschichte Pöckings neue
Perspektiven auf das Wirken des Nationalsozialismus in einer Dorfgesellschaft. Der
Blick auf Pöcking mit seinen Nachbardörfern Aschering und Maising zeigt die lokalen
Handlungsspielräume und Konfliktlinien, den Kampf um Straße und Wirtshaus, die
Wirkungen der Mobilisierung, die Skepsis der Bauern und das Überleben von Juden.
Foto: Volk Verlag
seine Leute am Ammersee. Die große Neuformierung der Dörfer
erfolgte dann durch den Zuzug von Flüchtlingen und Vertriebenen.
Eine Mikrostudie zeigt das Große im Kleinen. Sie tritt damit
auch nah an diejenigen heran, die damals lebten und handelten.
Betroffenheit, Scham und Scheu wirken bis heute, doch heute
sollte man vor allem mit Blick auf die Zukunft offen das Gespräch
der Generationen suchen. Auch dazu will dieses Buch einen Beitrag
leisten. Dies steht nicht zuletzt hinter dem einstimmigen Beschluss
des Pöckinger Gemeinderats, die Aufarbeitung dieser Zeit in
Pöcking voranzubringen. Eine Dorfgeschichte dieser Art greift weit
über den Einzelfall hinaus, es wird exemplarisch der große Wandel
in der und durch die NS-Zeit sichtbar.
Wir wünschen allen unseren Patienten ein schönes
Weihnachtsfest und einen guten Rutsch!
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