blu Januar/Februar 2020
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GESUNDHEIT<br />
FOTO: TEAM RH PHOTOGRAPHY / INSTAGRAM.COM/ROMAN_HOLST<br />
SEXUALITÄT<br />
STUDIE: SCHWULER SEX IN EUROPA UND<br />
EMIS 2017 heißt die größte jemals durchgeführte europaweite Datenerhebung<br />
zum Sexualleben und der sexuellen Gesundheit von Männern, die Sex mit<br />
Männern haben (MSM).<br />
EMIS steht für European Men-Who-<br />
Have-Sex-WithMen Internet Survey. Die<br />
Online-Befragung, zu der unter anderem in<br />
unseren Magazinen und über die Datingplattform<br />
ROMEO aufgerufen wurde, fand<br />
vom 18. Oktober 2017 bis zum 31. <strong>Januar</strong><br />
2018 statt. Fast 128.000 Männer (99 Prozent<br />
Cis-Männer, 1 Prozent Transmänner)<br />
aus 50 Ländern nahmen teil. Die erst im<br />
Spätsommer veröffentlichten Ergebnisse<br />
liefern ein für Prävention und Politik<br />
unglaublich umfangreiches Abbild über die<br />
Lebenswirklichkeit homo- und bisexueller<br />
Männer in Europa.<br />
Deutschland, deine MSM<br />
Rund 22.000 Teilnehmer von EMIS 2017<br />
gaben an, in Deutschland zu wohnen.<br />
Von ihnen gaben elf Prozent an, nicht<br />
hier geboren zu sein, und zehn Prozent<br />
ordneten sich einer ethnischen Minderheit<br />
zu. 78 Prozent bezeichnen sich selbst<br />
als schwul oder homosexuell und nur 24<br />
Prozent leben ihre sexuelle Orientierung<br />
komplett versteckt aus oder gaben an,<br />
sich nur wenigen Menschen gegenüber<br />
geoutet zu haben. 46 Prozent leben in<br />
einer Partnerschaft. Diese gesellschaftlich<br />
anscheinend relativ hohe Akzeptanz<br />
drückt sich auch im Vergleich psychischer<br />
Faktoren aus: Rund 23 Prozent der deutschen<br />
Teilnehmer bezeichneten sich als<br />
sexuell unzufrieden. Zufriedener mit ihrem<br />
Sex waren die Männer aus den Niederlanden<br />
(nur 11 % Unzufriedene), Island (15<br />
%) und Spanien (16 %). Am schlechtesten<br />
bewerten Männer aus Nordmazedonien<br />
(37 % Unzufriedene), dem Libanon, aus<br />
Albanien, dem Kosovo und Montenegro<br />
(34 %) sowie Ungarn und Schweden (31<br />
bzw. 30 %) ihr Sexualleben. Was bedeutet<br />
das konkret?<br />
Sex und sein Einfluss auf<br />
die psychische Gesundheit<br />
Es ist bekannt, dass Minderheiten häufiger<br />
an Depressionen leiden oder sogar suizidgefährdet<br />
sind. Auch die Zugehörigkeit<br />
zu einer sexuellen Minderheit gehört zu<br />
den Stressfaktoren, die sich diesbezüglich<br />
negativ auswirken. Die Zahlen sind<br />
alarmierend:<br />
• 18 Prozent litten in den zwei Wochen<br />
vor ihrer Teilnahme an EMIS 2017 von<br />
mindestens mittelstarken nervösen<br />
oder depressiven Zuständen<br />
• 8 Prozent davon unter schweren<br />
• Schwere Störungen des Wohlbefindens<br />
traten überdurchschnittlich bei<br />
den MSM auf, die im Jahr vor der Befragung<br />
erfuhren, dass sie HIV-positiv<br />
sind (14 Prozent)<br />
• 21 Prozent der Teilnehmer haben in<br />
den zwei Wochen vor der Befragung<br />
sogar an Suizid oder Selbstverletzung<br />
bzw. Schädigung gedacht<br />
MSM aus dem Libanon, der Ukraine, Russland,<br />
Montenegro, dem Kosovo, Albanien<br />
und Nordmazedonien, haben mit 13 bis 16<br />
Prozent besorgniserregenden hohe Werte<br />
bei schweren nervösen oder depressiven<br />
Zuständen. In Deutschland litten darunter<br />
nur fünf Prozent der Teilnehmer. Allerdings<br />
hatten hierzulande auch fast 16 Prozent<br />
in den vergangenen zwei Wochen vor Befragung<br />
Suizidgedanken oder wollten sich<br />
selbst, zum Beispiel durch übermäßigen<br />
Drogenkonsum oder riskantes Sexverhalten,<br />
selbst schädigen. Auch hier überstieg<br />
die Zahl der Menschen mit frischer HIV-<br />
Diagnose die des Durchschnitts wieder<br />
deutlich.<br />
Dr. Dirk Sander, Schwulenreferent der<br />
Deutschen AIDS-Hilfe, kommentierte dies<br />
für das Magazin HIV & More so:<br />
„Aus den Daten der EMIS-2017-Studie<br />
stellen sich die Gesundheit und die<br />
Krankheitsrisiken schwuler und bisexueller<br />
Männer als vielschichtig und komplex dar.<br />
Abwertungserfahrungen und Bewältigungsverhalten<br />
zeigen sich als physische<br />
und psychische Krankheitsmuster. Immerhin<br />
23 Prozent der befragten deutschen<br />
Männer, die Sex mit Männern haben,<br />
finden sich am unteren Ende einer Skala<br />
der sexuellen Zufriedenheit.“<br />
Tripper, Syphilis und Co.<br />
Wie gehen MSM mit sexuell übertragbaren<br />
Krankheiten um, wie verbreitet sind sie?<br />
Einige Kennzahlen.<br />
• 4 Prozent hatten im Jahr vor der<br />
Umfrage Syphilis, 5 Prozent Gonorrhö