Von wegen Meckerziege_Text von Sebastian Cramer_aus der tiergestützten / Dezember 2019
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
TIERGESTÜTZTE INTERVENTION
Von wegen Meckerziege…
Sebastian Cramer
„Was das Meckern angeht, landet die
Ziege weit abgeschlagen hinter dem
Menschen“
(Rupert Schützbach)
Ziegen gelten seit vielen tausend Jahren
als „die K uh des armen Manne s“, da sie
gute und v erträgliche Milchlief eranten
sein können. Ebenso kann und konnte ihr
Fleisch sowie Fell und auch das verarbeitete
Leder bis heute sehr gut, auch wirt -
schaftlich, g enutzt w erden. Sog ar als
Zugtiere vor einem kleinen W agen oder
dem Pflug wurden und werden sie eingesetzt.
Außerdem kann / wird sie als Packtier
genutzt. Die Z iege gilt nicht nur als
Nutztier, sondern ha t darüber hinaus
auch seit Jahren Einzug in die TGI gehalten.
Ziegen sind aufgeschlossen und lebhaft,
dennoch si nd sie bis heut e immer
noch die Ex oten in der T GI. Nicht nur in
mobilen T ierbesuchsdiensten und auf
Stadtteilfarmen, sondern auch bereits in
Einrichtungen de s So zial- und Ge sundheitswesens
wie Klinik en und Senioreneinrichtung
sind sie anzutreffen. Oft werden
Sie hier im Rahmen eines Str eichelgeheges
oder im Rahmen eines Schulzoos
gehalten und eing esetzt. Die Ziege
ist auch im int erkulturellen Vergleich als
Tier zum Streicheln sowie als Nahrungsmittel
angesehen. Auch als traditionelles
und religiöses Opfertier wird sie genutzt.
Doch allen is t auch die Gef ahr die vom
Horn der Ziege ausgehen und sich damit
u.a. auch zur Wehr setzen kann bewusst.
Es gibt aber auch g enetisch hornlose
Ziegen.
Extrem r obust und anp assungsfähig,
sodass es mittlerweile über zweihundert
verschiedene Z iegenrassen gibt und
diese sich damit der je weils herr schenden
Klimaz one samt Gr öße, Gewich t,
Nahrung, Haarkleid u.a. gut angep asst
haben. Sie sind her vorragende Kle ttermeister
und wählerisch in der Fut terwahl.
Dementsprechend muss eine artgerechte
Haltung je nach Gr öße der
Ziegenherde genüg end Klet termöglichkeiten
z.B. in Form von Baumstämmen/-
stümpfen oder Holzbaut en sowie op timalerweise
Steinblöcken/Findlingen geben.
Denn auch bei der Futt erverwertung
von Heu, Äs ten, Blät tern, Str äuchern
u.a., währ end dem W iederkäuen
und für Ruhe- und Schlafpha sen gilt
immer eine klar e Rangor dnung und
Struktur in der Herde, sodass es auch im
Stall optimalerw eise mehr ere Möglichkeiten
zum Liegen auf verschiedenen
erhöhten Ebenen mit Fluchtmöglichkeiten
geben muss. Auch bei der
Futteraufnahme sollten immer mehr ere
geeignete Fut terstellen zur V erfügung
stehen, sodass r angniedrigere T iere die
Möglichkeit zur Nahrungsaufnahme haben,
trotz des ggf. zuvor nonverbal ausgetragenen
„Kampfes“ mit einer ranghöheren
Ziege. Durch ein artgerecht gestaltetes
Geheg e sam t Stallung si nd die
explorationsfreudigen Tiere generell ausgelasteter
und auch v om Grund her
gesünder. Ebenso is t dur ch eine vielschichtige
Gestaltung mit verschiedenen
Untergründen auch der Klauenab rieb
besser und muss zw ar s tets kontrolliert
aber nicht zwingend künstlich beschnitten/bearbeitet
werden.
Die Sprache der Ziegen nutzen…
Meckern gehört zu den Lautäußerungen
in v erschiedenen Lag en und T önen mit
unterschiedlichsten Be deutungen wie
beispielsweise Begrüßung, Klageruf, Aufruf
zur Fluch t u.a. So k önnen sich die se
4
TIERGESTÜTZTE INTERVENTION
sehr intelligenten T iere auch dur ch den
täglichen Kontakt zum Menschen an eindeutigen
K ommunikations- und Signallauten
orien tieren, d.h. z.B. lernen auf
ihren Namen oder andere Signalw orte
zu reagieren.
Des W eiteren k önnen wir anhand der
Ohren-, Schw anz und Rück enhaarstellung
erk ennen, wie sich die Z iege
gerade fühlt bzw. in welchem Zustand sie
sich g erade be findet. Al l die ses is t der
Ziege durch ihre extrem gut ausgeprägte
Sinneswahrnehmung möglich und dient
dem Überleben in der freien Natur.
Ziegen würden sich entziehen, w enn sie
genug haben oder wir ihren Be dürfnissen
nicht g erecht w erden. Das dien t
zum einen ihr er eig enen Ge sundheit,
kann aber auch sehr gut z ur Förderung
der sozialen Kompetenz von KlientInnen
genutzt w erden, da die Z iege klar
anzeigt, ob richtig auf sie eing egangen
worden ist oder nicht.
Eigene Ge fühle zuzula ssen, zu erleben
und zeigen zu können werden durch das
Verhalten der Z iegen besonders hervorgerufen.
Ebenso tr eten sie dur ch i hr
extrovertiertes V erhalten immer eine
Interaktion mit uns Me nschen und
geben somit ein Ge fühl v on Dazug e-
hörigkeit, Gruppenerleben und lösen
damit ab aus einer Isolation.
„Hochintelligent, voller Witz und
Schabernack lassen Ziegen garantiert
keine Langeweile aufkommen.“
(Alice Stern-Les Landes)
Beispiele für tierg erechte Einsatzmöglichkeiten
von Z iegen in der T GI, orientiert
an dem je weils he donischem
Budget des Individuums:
- Beobachtungs- und Ge sprächsanlässe
des Z iegenverhaltens (z.B. in der Herde
sowie in der fr eien Begegnung im Stall,
im Auslauf oder auf der Weide)
- Nahkontakt (z.B. Pflege mit Bür sten
o.ä., Str eicheln/Kraulen der Lieblingsstelle,
körpersprachliche/nonverbale Abgrenzungsprozesse)
Sebastian Cramer, Jahrgang 1987
B.A. Soziale Arbeit & Sozialpädagogik,
Erzieher, Psychotherapeut (HPG),
Sachverständiger und Gutachter,
Fachkraft, Dozent und Prüfer für TGI,
Reitpädagoge, Besuchs- und
Therapiebegleithundeteam, Hundeund
Pferdetrainer, Lern- und
Inklusionscoach, Leiter des Zentrums
für tiergestützte Therapie &
Pädagogik - „Helfende Tiere“
www.helfende-tiere.de
- Führtechniken (z.B. Ge schicklichkeitsparcours,
Einsa tz eine s T arget-Stick für
Tricks), (Natur -) Spazi ergänge, W anderungen,
Trekking)
- Stallarbeiten, Gehegegestaltung (z.B.
Versorgung und Verpflegung der Ziegen,
Umgestaltung und Bauen v on Hinder -
nissen u.ä.)
- Spiel- und W ettbewerbssequenzen
(z.B. gemeinsames Klettern, Springen)
Eine Risik obewertung in der T GI mit
Ziegen dürfen wir nicht aus dem Auge lassen…
- Das „ Ziegenhorn“ k ann V erletzungen
verursachen
- In be drohlich emp fundenen Situa tionen
können Ziegen flucht- und v erteidigungsbereit
reagieren
- Flaschenaufzuchten neigen eher z u
Distanz- und Respektlosigkeit gegenüber
Menschen
- Ohrenmarken, Fußfesseln u.ä. können
inner- und z wischenartlich z u V erletzungen
führen durch z.B. hängen bleiben
- Übertragung von Zoonosen
Dokumentationsnachweise sind
unerlässlich…
Jeder tier gestützte Einsa tz der Z iegen,
ebenso wie auch je der ander e T iereinsatz,
sollte im Nachg ang des Settings
dokumentiert und r egelmäßig e valuiert
werden. Dur ch die individuelle Dokumentation
de s Ablauf s samt Inhalt,
Besonderheiten, Ritualen sowie auch
Verhaltensweisen des Tieres kann in der
Auswertung ein aussag ekräftiges Ergebnis
erzielt werden und daraus ggf. weiterer
T rainings- oder ander weitiger V eränderungsbedarf
abg eleitet w erden.
Zusätzlich sollt en die ge sundheitlichen
Aspekte in einem T ierbestandsbuch o.ä.
festgehalten wer den. Neben den Basisdaten
je der Z iege wie Name, F arbstruktur/-kennzeichnung,
Größe , Gewicht,
Ohrmark ennummer sollten hier
die tier ärztlichen U ntersuchungen/
Kontrollen sowie Imp fung und En t-
5
TIERGESTÜTZTE INTERVENTION
wurmung, ebenso auch Erkr ankungen
und Medikation unbedingt protokolliert
werden.
Wie die Ziege wirken kann…
Die tiergestützte Intervention mit Ziegen
kann eine g anzheitliche Entwicklungsförderung
von Menschen darstellen.
In der tier gestützten Arbeit verstehe ich
uns Menschen als W egbegleiter und
„Helfer“ jeder uns anvertrauten Klientel.
Sie dort abzuholen wo sie stehen und im
individuellen Entwicklungsrh ythmus zu
stärken. Die Hauptakt eure dabei sind
jedoch die „Helfenden Tiere“.
Ziegen motivier en Menschen zur gemeinsamen
Be wegung und animier en
sie, i hre bisherigen Gr enzen zu erweitern.
Es entsteht ein Körperbewusstsein,
was si ch positiv auf den eig enen
Bewegungsapparat auswirkt.
Ziegen sind Partner, die viele Bedürfnisse
befriedigen k önnen. Sie erfüllen den
Wunsch nach Nähe und Akz eptanz.
Wenn Z iegen an Menschen g ewöhnt
sind, nehmen sie ak tiv Kontakt auf und
lassen sich s treicheln. Sie spenden W ärme,
T rost und ge ben authen tische
Rückmeldung. So findet eine Beziehungsanbahnung
statt, die für die weitere
Arbeit von gr oßer Be deutung sein
kann.
Im U mgang mit den Z iegen bie ten sich
Gesprächsanlässe, die die K ommunikation
mit einander f ördern. Es finde t
eine lebendige und bew egungsaktive
Wissensvermittlung über das eig ene
Handeln mit den Ziegen und in der Natur
statt, die Verantwortung und Respekt fördert.
Menschen finden dur ch das Zusammensein,
sich K ümmern um die Z iegen,
ihre innere Gelassenheit. Sie lernen die
Ziege zu beobach ten und zu v erstehen.
Sie schulen ihre Wahrnehmung und können
somit selbs t Ge fühle z eigen, ohne
ausgelacht zu werden.
Die Teilhabe an der Pflege vermittelt die
Erfahrung, gebr aucht zu w erden und
Verantwortung zu übernehmen.
Durch den vorbildlichen Umgang werden
die KlientInnen ang eregt, acht sam mit
Ziegen umzug ehen, so dass Ehrfur cht
und R espekt v or Mitg eschöpfen, Einfühlungsvermögen
und die Ber eitschaft,
Verantwortung für andere Lebewesen zu
übernehmen, als Ba siskompetenzen
grundgelegt werden.
Verwendete Literatur
TVT Merkblatt Nr. 131.13 Ziegen
Mensch und T ier im Dialog , S. 243 ff .,
Otterstedt, Kosmos Verlag, 2007
tierisch gut - T iere als Spiegel der Seele-
Die S ymbolsprache der T iere, S. 9 7,
Meyer, Arun- Verlag 2004
6
TIERVERMITTLUNG
Tiere im Dialog der K ulturen, S. 20,
Otterstedt, Bündnis Mensch und T ier,
2009
Tiere als ther apeutische Begleiter , S.
156/157, Ot terstedt, K osmos V erlag,
2001
Tiergestützte Interventionen, Handbuch
für die Aus- und Weiterbildung, S.228 ff.,
Beetz et al., Reinhardt- Verlag 2018
Konzeption Helf ende T iere, Cr amer et
al., 2016, www.helfende-tiere.de
Bauernhoftiere be wegen K inder, Göhring
&Schneider-Rapp, pala Verlag, 2017
Tiere halte n hint erm Haus, Stern-Le s
Landes, Kosmos Verlag, 2006
Tiergestützte Intervention mit landwirt -
schaftlichen Nutztieren, S. 25ff., Scholl et
al., ÖKL, 2016
Ab sofort haben Privatpersonen und Vereine die Möglichkeit Tiervermittlungs-Anzeigen und Tiergesuche
kostenlos in unserer Zeitschrift tiergestützte zu veröffentlichen.
Kontakt: Telefon 05073-923282 / info@lernen-mit-tieren.de
Holly+Harry: Die beiden Flaschenkinder sind inzw. 13 Jahre alt.
Geboren sind sie 2006. Die Geschwister haben ihr ganzes Leben
zusammen verbracht und so soll es auch bleiben. Holly ist etwas
schmusiger und sanfter als Harry. Harry braucht ein paar Tage
um sich an neue Menschen zu gewöhnen und kuschelt dann
gerne mal etwas grobmotorisch (aber freundlich), Holly überfällt
gleich jeden mit Liebeshunger und ist die sanftere von beiden. Bislang haben die zwei
ausschließlich in der Wohnung gelebt, die Möglichkeit auch mal die Nase in den Garten
stecken zu dürfen würden sie aber sicherlich auch nutzen.
Wir haben viele Jungkatzen in der Vermittlung und wöchentlich
rücken weitere aus der Quarantänestation ins Vermittlungszimmer
nach. Einige sind schmusig, andere noch zögerlich
zurückhaltend, es ist aber keine dabei, von der wir nicht glauben,
dass sie in einem richtigen Zuhause vollständig zahm wird.
Heidi und Matze: Die beiden Burenziegenmischlinge
sind zutraulich und freundlich. Matze zeigt dem Fotografen
aber stets die Kehrseite der Medaille, so ist er beim Fotografieren
durch die Lappen gegangen. Typisch Mann! Er sieht aber fast genauso
aus wie Heidi, nur ein kleines Stückchen größer. Auch diese beiden
Zuckerschnallen möchten gerne gemeinsam ein Zuhause finden.
Peter, Paul und Mary: Die Dreierbande besteht aus Mother Mary
und ihren beiden Söhnen Peter und Paul. Die Jungs sind 2017
geboren, Mary ist ein Jahr älter. Sie sind zutraulich und freundlich.
Sie hatten ein gutes Zuhause und haben dort mit einigen Schafen
zusammen gelebt. Weil der Hof abgegeben wurde mussten leider
auch alle Weidetiere ein neues Zuhause finden.
Alia
Max und Pierre und die anderen Ouessants:
insgesamt 6 Ouessants warten auf eine Neuanstellung als Rasenmäher
mit Familienanschluss. Es sind 4 kastrierte Böckchen und zwei
weibliche Zwergschafe, die älteste ist die schwarze Irma mit 9 Jahren,
die beiden jüngsten sind Erika und Mose mit drei Jahren. Sie sind
menschlichen Umgang gewohnt und dementsprechend wenig scheu.
Max und Mose sind sogar ausgesprochen neugierig und nehmen von
sich aus Kontakt zu allen zweibeinigen Besuchern auf.
Näheres auf dem Terra Mater Hof Warpe bei Fam. Christof Tel.: 05022/260.
Bitte auch den Anrufbeantworter nutzen.
Stan
Tes
5 Kaninchenjunge zu vermitteln:
Die Mutter (vermutl. Russenkaninchen,
3 kg) wurde in den Sommerferien
hochträchtig ausgesetzt
gefunden, der Vater ist unbekannt.
Die Kleinen sind super zutraulich,
neugierig, absolut freundlich und
mögen Menschen - vor allem Kinder -
sehr gerne. Leider kann ich nicht alle
behalten, deshalb müssen 5 gehen
(ein Weibchen und 4 Männchen).
Es ist leider sehr schwer, gute Plätze
zu finden und das schönste wäre
auch, wenn sie zusammen bleiben
könnten. Deshalb dachte ich an eine
Tiergestützte Einrichtung die
vielleicht mit einer Gruppe anfangen
möchte. Die Männchen sind alle seit
der 8./9. Woche frühkastriert und alle
sind geimpft und rundum gesund. Sie
sind draußen aufgewachsen und
somit an jedes Wetter, Rasenmähen
und Lärm durch Handwerkarbeiten
gewöhnt. Dadurch sind sie sehr
entspannt und haben vor fast nichts
Angst. Sie sind jetzt über 4 Mon. alt.
Kontaktdaten:
cindy-klawitter@web.de oder
Handynummer: 017673206890
Wohnort: Gittelde (Tiere werden ins
neue Zuhause gebracht)
T IERVERMITTLU N G
7