Hagel-aktuell-2019_final[32-44]
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Schwerpunkt Meteosol®
Das neue
Agrarwetterportal
der Vereinigten
Hagel
Die Vereinigte Hagel ist
Experte für die Landwirtschaft,
Jörg Kachelmann
Wetterexperte:
eine Win-win-Situation!
Abbildungen: Vereinigte Hagel
32 HAGEL AKTUELL 2019/2020
Ob Saatbettbereitung, Aussaat, Düngung, Pflanzenschutzmaßnahmen
oder die Planung der Ernte: In der
Landwirtschaft kommt es bekanntermaßen darauf
an, den richtigen Zeitpunkt und das für die jeweiligen
Arbeiten passende Wetter zu erwischen. Mit meteosol®
– dem neuen Agrarwetterportal der Vereinigten Hagel –
wollen wir unsere Mitglieder durch aktuelle Wetterdaten
sowie präzise Wetterprgnosen hierbei unterstützen.
Für die Vereinigte Hagel ist die Auseinandersetzung
mit dem Wetter
ein altbekanntes Thema. Als Spezialversicherer
beobachten wir seit
Jahrzehnten die klimatischen Ereignisse
und Entwicklungen.
Doch auch für den Landwirt ist es unabdingbar,
sich mit dem Wetter sowie den
klimatischen Entwicklungen auseinanderzusetzen.
Eine genaue Vorhersage wird immer
wichtiger und bildet einen zunehmend
zentralen Pfeiler des innerbetrieblichen
Risikomanagements.
Wetterprognose auf einem
neuen Niveau
Der Klimawandel mit seinen zunehmenden
Extremwetterereignissen, der Einzug der
Digitalisierung auf den Äckern und ein
allgemein stark gestiegenes Interesse an
Wetterdaten und Prognosen haben uns im
Sommer des letzten Jahres zum Handeln
bewogen. In Kooperation mit dem Meteorologen
Jörg Kachelmann hat sich die
Vereinigte Hagel dazu entschlossen, die
Wetterprognose für die deutsche Landwirtschaft
auf ein neues Niveau zu führen.
Ziel ist die Etablierung eines auf die Agrarwirtschaft
zugeschnittenen Tools, das die
lokale Witterungslage punktgenau ausgibt
und somit Arbeitsschritte exakt planbar
macht. Neben dem aktuellen Status
Quo des Wetters (Niederschlagsmenge,
Windgeschwindigkeit, Temperatur und
Bodentemperatur) sollen schlagbezogene
Prognosen angeboten werden.
HAGEL AKTUELL 2019/2020 33
Schwerpunkt Meteosol®
Kompaktes Wissen Das VH-
Agrarwetterportal sowie eine
App bieten unter anderem hoch
aufgelöste Wetterdaten, eine
persönliche Wetterprognose
auf Feldstückebene sowie die
aktuell beste Langzeitvorhersage
(46 Tage).
Deutschlandweit existiert bislang jedoch
kein flächendeckendes Netz an Wetterstationen,
wie es hierfür notwendig wäre.
Um es Landwirten aber zu ermöglichen,
in diesem Bereich noch besser und erfolgreicher
zu sein, hat die Vereinigte Hagel
unter dem Markennamen meteosol® eine
Kooperation mit dem Meteorologen Jörg
Kachelmann ins Leben gerufen. Durch den
Aufbau des dichtesten Netzes an Wetterstationen
innerhalb Deutschlands wird
es in Zukunft die Möglichkeit geben, verlässliche
und nach anerkannten Kriterien
erhobene Daten zu Niederschlag, Temperatursumme
oder Windgeschwindigkeit
standortgenau zu ermitteln.
Aufgrund der Einbeziehung der gesammelten
Wetterdaten in bestehende Prognosemodelle
soll zukünftig eine schlaggenaue
– georeferenzierte – präzise Wettervorhersage
möglich sein. Ergänzt wird diese um
spezielle, für die Landwirtschaft relevante
Detailinformationen.
Die Vision ist, in Deutschland ein flächendeckendes
Netz an Wetterstationen aufzubauen.
Um mit den gewonnenen Daten
ein Agrarwetterportal zu erstellen, arbeiten
wir eng mit Jörg Kachelmann zusammen.
Eine Win-win-Situation: Jörg Kachelmann
ist Experte auf dem Gebiet der
Wetterprognose, die Vereinigte Hagel ist
Experte für die Landwirtschaft.
Wissenschaftliche Datenerhebung
Verlässliche und verwertbare Daten können
dabei nur gewonnen werden, wenn
die Aufstellung der Stationen exakt nach
den vorgegebenen Kriterien erfolgt. Diese
wurden von Herrn Kachelmann in Anlehnung
an die Vorgaben der World Meteorological
Organization (WMO) in Genf entwickelt
und werden vor jeder Inbetriebnahme
streng kontrolliert.
Zudem erfolgt eine Qualitätsprüfung der
Standorte sowie eine Plausibilitätsprüfung
aller gesammelten Messwerte. Die Daten
der eigenen Station sind daher valide und
können als Nachweis über die aktuelle
Wetterlage beispielsweise bei der Ausbringung
von Gülle oder Pflanzenschutzmitteln
dienen.
Unser Ziel ist, in Deutschland
ein flächendeckendes
Netz an Wetterstationen
aufzubauen als Grundlage
für die beste Agrarwetterprognose.
34 HAGEL AKTUELL 2019/2020
Jeder Wetterstationsbesitzer wird Teil eines
Netzwerks. Er erhält Zugriff auf die
Wetterdaten aller Stationen und kann sich
in der Community zu Fragen rund um das
Thema Wetter austauschen.
Neben dem Stationsnetz, welches den
aktuellen Wetterstatus abdeckt, erhält
der Landwirt die Möglichkeit, das VH-
Agrarwetterportal sowie eine App zu nutzen.
Im Agrarwetterportal findet er einen
täglichen, auf die Landwirtschaft zugeschnittenen
Video-Wetterbericht. Weitere
Inhalte sind: Individuelle Wettervorhersagen
für georeferenzierte Flächen, ein
Blick auf alle Wetterstationen in der Region,
aktuelle und historische Messdaten
deutschlandweit sowie ein Meteogramm
mit kompakter Wettervorhersage für die
Gemeinde. Zudem kann ein langfristiger
Klimacheck für den eigenen Standort gemacht
werden. Auch die Verwendung des
Niederschlagstools mittels hochaufgelöster
Radardaten oder das XL-Multimodell,
in dem der Landwirt selbst unter verschiedenen
Prognosemodellen wählen kann, ist
beim VH-Agrarwetter möglich.
Für das erste Quartal in 2020 ist der offizielle
Produktlaunch von meteosol® geplant.
Geboten werden dann:
persönliche Wetterprognosen auf
Feldstückebene
hoch aufgelöste Wetterdaten
(1×1 km – Swiss Super HD-Modell)
die aktuell beste Langzeitvorhersage
(46 Tage)
ein Vergleich zahlreicher Wettermodelle
und Vorhersagen
täglich ein Agrarwetter-Video zum
Wettertrend in Deutschland
Wir sind uns sicher, dass wir mit meteosol®
einen großen Mehrwert für die Landwirte
in Deutschland liefern werden.
Philipp Berres
Projektleiter meteosol®
Technisch auf dem neuesten Stand
Der Regenmesser, die Wetterhütte
und der Windmesser (v.l.n.r.) ermitteln
die aktuellen Wetterdaten nach
wissenschaftlichen Standards.
Besonders wichtig ist uns dabei die Neutralität.
Wir liefern nach wissenschaftlichen
Kriterien erhobene Daten und daraus
resultierende präzise Prognosen. Die betrieblichen
Entscheidungen, die sich hieraus
ableiten lassen können, trifft jedoch
jeder Landwirt selbst. Produktbezogene
und bezahlte Empfehlungen im Hinblick
auf Düngemittel oder Pflanzenschutz sind
kein Bestandteil unseres Agrarwetters.
Pilotphase erfolgreich
Mit über 300 Stationen wurde die Pilotphase
dieses Projektes kürzlich erfolgreich
abgeschlossen. Langfristiges Ziel ist es, das
dichteste Netz an Wetterstationen innerhalb
Deutschlands aufzubauen: In jeder
politischen Gemeinde Deutschlands soll
mindestens eine Wetterstation installiert
werden, um eine bestmögliche Datenlage
zu erreichen.
Die Betreiber der ersten 300 Stationen, allesamt
Mitglieder der Vereinigten Hagel,
können bereits bequem via App die Daten
ihrer eigenen und weiterer Stationen aus
der sogenannten „Wettercommunity“ abrufen
und die spezielle Agrarwetterprognose
nutzen.
HAGEL AKTUELL 2019/2020 35
Schwerpunkt Meteosol®
„Die Auseinandersetzung
mit dem
Thema Wetter, die
kann Euch keiner
abnehmen!“
Landwirte sollten sich intensiver mit dem
Wetter beschäftigen, ist der Meteorologe
Jörg Kachelmann überzeugt. Wir trafen
den Wetterexperten in der Gießener
Bezirksdirektion zum Gespräch über die
Zusammenarbeit mit der Vereinigten Hagel
beim Projekt meteosol®, über die Grenzen
der Vorhersagbarkeit von Wetterereignissen
und darüber, warum manche Prognosen
einfach zu ungenau sind.
Illustrationen: Die Grüne Feder, Shutterstock/Kseniakrop
36 HAGEL AKTUELL 2019/2020
Herr Kachelmann, unter dem Markennamen
meteosol® sind Sie mit der Vereinigten Hagel
eine Kooperation eingegangen. Was ist ihr Ziel?
Das ist einfach: Wir haben uns vorgenommen, das beste
Portal für Agrarwetter zu erschaffen, das es auf dem
Markt gibt.
Wow, dass ist ja mal eine Ansage! Wie wollen Sie
das erreichen?
Zunächst einmal wollen wir ein dichtes Netz an Wetterstationen
innerhalb Deutschlands aufbauen. In einem
zweiten Schritt sollen die so gesammelten Wetterdaten
in unsere Prognosemodelle einbezogen werden. Das Ziel
ist, dass zukünftig eine georeferenzierte, schlaggenaue,
präzise Wettervorhersage möglich ist.
Das heißt, dass wir zukünftig in der Lage sein wollen,
den Landwirten ganz genau zu sagen, dass auf der
einen Seite ihres Ackers soundsoviel Niederschlag gefallen
ist und auf der anderen Seite nur soundso viel.
Eine saubere und umfangreiche Datenbasis ist auch
Voraussetzung für unser neues Vorhersagemodell mit
100-mal-100-Meter-Auflösung. Zum Vergleich: Die üblichen
Handy-Apps haben 20 mal 28 Kilometer Auflösung
und sind deshalb so schlecht.
Wie viele Wetterstationen haben Sie im Rahmen
dieses Projekts bereits aufgebaut?
In der ersten Testphase haben wir rund 300 Stationen
bei Mitgliedern der Vereinigten Hagel aufgebaut. Aber
wir verfügen bei der Prognose auch über Werkzeuge,
die zum Teil wetterstationsunabhängig sind. Mit dem
Regenradar können wir zum Beispiel für einen Bereich
von 250 mal 250 Metern sagen, welche Niederschlagsmengen
da runtergekommen sind.
Die meisten herkömmlichen Wetterprognosen haben,
wie erwähnt, eine extrem weitmaschige Auflösung,
weshalb es immer etwas lustig oder traurig ist, wenn
Leute bei den Wetterportalen ihre Postleitzahl eingeben.
Solche Modelle haben keine Ahnung, wo Berg und Tal
sind, und können einem zum Beispiel auch nicht bei
Frostvorhersagen helfen. Deswegen wollen wir weltweit
die Ersten mit einen operativen 100-mal-100-Meter-
Modell sein.
Soll das Netz dafür noch weiter ausgebaut
werden?
Ja, auf jeden Fall! Wir wollen erreichen, dass in jeder
Gemeinde in Deutschland mindestens eine Wetterstation
steht. Das wären dann etwa 11.000 Stationen. Ein
so engmaschiges Netz wäre eine fantastische Basis für
unser 100-mal-100-Meter-Modell. Ich verspüre daher
bei jeder neuen Wetterstation, die wir aufbauen, eine
enorme Vorfreude auf die Daten, die wir von dort erhalten
werden.
Wenn ich als Landwirt überlege, mir auch so
eine Wetterstation auf den Betrieb zu stellen,
mit welchem Wartungsaufwand muss ich dann
rechnen?
Wichtig sind vor allem zwei Dinge: dass der 5-cm-Fühler
frei ist und dass der Regenmesser sauber gehalten wird.
HAGEL AKTUELL 2019/2020 37
Schwerpunkt Meteosol®
Der 5-cm-Fühler ist zum Beispiel für die
Prognose von Bodenfrost wichtig. Wenn
dieser Fühler nun andauernd mit Gras
zugewachsen ist, dann misst er natürlich
zu hohe Werte. Daher muss man zusehen,
dass hier regelmäßig gemäht oder
mal eben mit der Hand das Gras um den
Fühler herum weggezupft wird.
Wichtig ist auch, dass der Regenmesser
sauber gehalten wird. Pollen, Staub oder
wenn da mal ein Vogel reinkackt, das sorgt
halt auf Dauer dafür, dass das Ding keine
exakten Daten mehr liefert. Von daher sollte
man da wöchentlich mal kurz mit dem
Lappen durchwischen. Sie sehen, das ist
beides nicht der große Aufwand, es muss
aber regelmäßig gemacht werden. Aber
zur Sicherheit unterziehen wir auch alle
Daten, die wir geliefert bekommen, noch
mal einem Plausibilitätscheck.
So eine Wetterstation ist ja sicherlich
nicht ganz billig, in welchem Bereich
liegen die Kosten etwa?
Im Vergleich zu früher sind sie deutlich im
Preis gefallen, bei gleichbleibender Qualität.
Ich habe vor einigen Jahren schon
einmal damit begonnen, ein Netz aus
Wetterstationen zu bauen. Da konnte ich
750 Stück realisieren. Zu der Zeit haben
die Dinger pro Stück aber auch noch rund
18.000 Euro gekostet. Zum Glück sind die
Preise in den letzten Jahren enorm zurückgegangen.
Je nach Modell muss man
heute etwa mit einem Preis von 600 bis
2.000 Euro rechnen.
Jetzt haben wir darüber gesprochen,
wie die Daten generiert werden. Doch
wie geht es dann weiter? Wie erfolgt
die Wetterprognose?
Also, um das genau zu erklären, müsste ich
jetzt sehr weit ausholen. An dieser Stelle
daher nur so viel: Die globale Wettervorhersage
erfolgt durch Auswertung von Millionen
von Messwerten. Dadurch wird der
aktuelle Zustand der Atmosphäre ermittelt,
aus dem dann mithilfe von verschiedenen
physikalischen Gleichungen deren Veränderung
und damit der Zustand in der Zukunft
berechnet werden kann. Um diese riesigen
Datenmengen zu verarbeiten, braucht es
sogenannte Supercomputer, die sich nur
wenige Staaten weltweit leisten können, da
Man wird es dem Landwirt
nie abnehmen können,
sich mit dem Thema Wetter
auseinanderzusetzen.
sie oft eine zweistellige Millionensumme
verschlingen. Sie stehen unter anderem
in Deutschland, Großbritannien, Norwegen,
Australien, Kanada und den USA. Daher
gibt es verschiedene Wettermodelle,
eben zum Beispiel das deutsche oder das
US-amerikanische Modell.
Für die globalen Modelle wird die gesamte
Erde mit einem dreidimensionalen Gitternetz
überzogen und für jeden einzelnen
Gitterpunkt werden alle wichtigen Wetterparameter
berechnet. Die Maschenweite
der globalen Modelle liegt zwischen zehn
und 50 Kilometern, die Auflösung ist also
recht grob. Daneben gibt es noch lokale
Wettermodelle, die eine deutlich geringere
Maschenweite aufweisen und daher
deutlich genauer sind. Die einzelnen
Wettermodelle unterscheiden sich in der
Engmaschigkeit des Gitternetzes und auch
in der Auswahl der Berechnungsverfahren.
Daher kommen die einzelnen Modelle auch
zu unterschiedlichen Ergebnissen, die mal
mehr und mal weniger stark voneinander
abweichen. Das ist wie beim Leberkäse, der
besteht auch immer aus ähnlichen Zutaten,
schmeckt aber auch in jeder Gaststätte
etwas unterschiedlich.
Wie muss ich mir das jetzt vorstellen?
Zeigen Sie auf dem VH-Agrarwetterportal
dann also eine ganze Reihe
verschiedener Grafiken …
Haben Sie sich das Portal schon mal angesehen?
Erklären Sie es mir doch am besten so,
als ob ich gar keine Ahnung hätte.
Nun gut. Ich guck jetzt mal, ob ich ein
schönes Beispiel finde. (Jörg Kachelmann
holt sein Tablet hervor und ruft die Seite
mit dem VH-Agrarwetter auf. Auf dem
Bildschirm erscheint eine Grafik, in der
auf der y-Achse die Temperatur und auf
der x-Achse der Zeitverlauf dargestellt ist.
Es sind viele verschiedenfarbige Linien zu
sehen.)
Das ist die Temperaturvorhersage der verschiedenen
Modelle für Gießen in den kommenden
zehn Tagen. Sie sehen, die Kurven
verlaufen alle recht ähnlich, bis auf den
einen Ausreißer hier: Das kanadische Modell
zeigt für einen Tag hier Frost an. Jetzt
38 HAGEL AKTUELL 2019/2020
müssen Sie das weiter beobachten. Zum
Beispiel sollten Sie am nächsten Tag noch
einmal gucken, ob mittlerweile auch andere
Modelle für den Tag Frost prognostizieren
oder nicht. Das gilt natürlich vor allem
dann, wenn Frost zu diesem Zeitpunkt für
Sie ein unangenehmes Ereignis sein sollte.
Die Landwirte bekommen von Ihnen
also die verschiedenen Modelle angezeigt
und müssen sich dann selber
anschauen, wie wahrscheinlich es ist,
dass ….
Nein, nein! Sie bekommen hier keine Wahrscheinlichkeiten
angezeigt! Auch ein aus
allen Modellen gebildeter Durchschnittswert
ist nicht wahrscheinlicher als der Wert
eines einzelnen Modells. Aber Sie können
durch die Beobachtung der Kurvenverläufe
für die einzelnen Parameter erkennen, was
zum Beispiel das Minimum und das Maximum
an Niederschlag ist, das wir in den
kommenden Tagen erwarten können. Das
klappt gut. Damit geben wir den Landwirten
die Werkzeuge in die Hand, mit denen
sie sinnvolle Entscheidungen für ihren Betrieb
treffen können.
Wo liegen bei der Genauigkeit von
Wetterprognosen die Grenzen?
Mit jedem Tag in die Zukunft wird es immer
ein Stück weit ungenauer. Bei einer
46-Tage-Prognose, wie wir sie anbieten, ist
es natürlich nicht so, dass ich sagen kann,
dass in 27 Tagen nachmittags um Punkt
halb vier ein günstiger Termin für eine
Grillparty ist, oder dass genau dann – um
bei der Landwirtschaft zu bleiben – das
ideale Zeitfenster zur Durchführung von
Pflanzenschutzmaßnahmen gekommen
ist. Aber was man machen kann, ist, frühzeitig
besonders warme, besonders kalte,
besonders feuchte oder besonders trockene
Witterungsperioden zu sehen.
Was genau soll der Anwender also
tun?
Die Daten werden alle sechs bis zwölf
Stunden aktualisiert. Daher sollte man
regelmäßig gucken, ob und wie sich die
Kurven verändern: Nähern sie sich an?
Oder zeigen auf einmal mehrere Modelle
extremere Werte an? Und dann lässt sich
abschätzen, in welche Richtung es geht.
Wir wollen in Zukunft den Landwirten
jedoch mit einem Ampelsystem für die
verschiedenen Aufgaben die Arbeit erleichtern,
indem wir in einer App alles Wichtige
auf einen Blick erkennbar darstellen. Trotzdem
sollte sich jeder mit dem Wetter in
seiner Region beschäftigen. Das ist nichts,
was man ihm abnehmen kann!
Das ist aber aufwändiger, als nur mal
eben in eine herkömmliche Wetter-app
zu schauen.
Ja, aber fast alle Wetter-Apps sind auch
Sch… äh, schlecht! Die allermeisten Anbieter
greifen auf die Daten eines einzigen
Modells zurück und zwar auf das amerikanische.
Das Modell ist zwar nicht gut, dafür
wird es aber kostenlos von den Amerikanern
zur Verfügung gestellt. Und nur aus
diesem Grund wird es so oft benutzt. Dem
Unser Ziel: das beste
Portal für Agrarwetter
zu erschaffen, das es auf
dem Markt gibt.
amerikanischen Modell liegt ein Raster von
2o mal 28 km zugrunde. Das heißt, die haben
Null Ahnung von der Topographie hier,
die wissen nicht, ob in diesem Raster ein
Berg steht oder nicht!
Und ich kann Ihnen zum Beispiel jetzt
schon sagen, dass die hier in unserem Beispiel
für die kommenden Tage viel zu kalte
Werte anzeigen. Das amerikanische Modell
ist richtig schlecht! Trotzdem verwenden
die meisten Portale immer nur diese grüne
Linie. Und das wird dann in den Apps als
Mutter aller Wahrheiten verkauft. Aber so
einfach ist die Wettervorhersage halt nicht.
Was würden Sie sich hier wünschen?
Ich möchte, dass die Leute sehen, dass Vorhersagen
viel besser sein können als sie
bisher ahnten und dass ein paar Minuten
Beschäftigung mit dem Agrarwetter-Portal
sehr helfen können.
Dazu sollte eigentlich jeder Landwirt
bereit sein, schließlich ist das Wetter
so entscheidend für seine Arbeit und
auch für den betrieblichen Erfolg.
Da haben Sie Recht. Ich hoffe sehr, dass die
Leute alles ausprobieren, was wir da gemacht
haben, und dass sie uns Anregungen
geben, was wir noch besser machen können.
Ich freue mich sehr, dass zusammen
mit der Vereinigten Hagel umzusetzen.
Vielen Dank, Herr Kachelmann, für
das interessante Gespräch!
Julia Reinhardt
Redaktionsteam Hagel Aktuell
HAGEL AKTUELL 2019/2020 39
Schwerpunkt Meteosol®
Das Wetter im Blick,
den Erfolg im Griff
Im nordhessischen Waldeck-Selbach
bewirtschaftet Familie Wagener einen
Ackerbaubetrieb. Präzise Wetterdaten stellen
für sie einen entscheidenden Faktor für
den Erfolg dar. Deshalb betreiben sie seit
Jahresbeginn eine meteosol®-Wetterstation.
Erfolgsfaktor Seit Beginn des
Jahres 2019 liefert eine meteosol®-
Wetterstation der Familie Wagener
präzise Wetterdaten.
Fotos: Daniel Rittershaus, Pixabay.com, AdobeStock/pure-life-pictures
40 HAGEL AKTUELL 2019/2020
Idyllisch Ein Gemälde, das
im Wohnzimmer der Familie
Wagener hängt, zeigt, wie
der Betrieb früher einmal
ausgesehen hat.
Vor hundert Jahren ging es am Reiherbach
beschaulich zu, wie ein Gemälde zeigt,
das bei Familie Wagener im Wohnzimmer
hängt: Ein idyllischer Weg mit dem
Hofgebäude auf der einen sowie einer Mühle auf
der anderen Straßenseite. Holzhauer, Förster und
Wandersleute kehrten noch bis in die 1950er-Jahre
in der hofeigenen Gastwirtschaft ein.
Heute sind sowohl die Gastwirtschaft als auch das
Mühlengebäude Geschichte, aus dem idyllischen
Weg ist die Bundesstraße 485 von Waldeck nach
Bad Zwesten entstanden und der Bauernhof hat
sich zu einem soliden und breit aufgestellten landwirtschaftlichen
Betrieb entwickelt, der auch der
nächsten Generation die Grundlage für erfolgreiches
Wirtschaften bietet.
Ackerbau und Nischenprodukte
Christoph und Bodo Wagener bewirtschaften 350 ha
Ackerfläche in einer fünfgliedrigen Fruchtfolge mit
Mais, Erbsen, Raps, Weizen und Gerste. Ein kleiner
Teil der Fläche dient zudem einem besonderen Geschäftszweig:
der Grassamengewinnung.
Auf rund 15 ha wird Rotschwingelsaatgut für Sportrasenflächen
gewonnen. Ein Produktionszweig, bei
dem es auch auf Kleinigkeiten ankommt. Die Samen
werden im Herbst zusammen mit dem Winterweizen
ge-drillt. Nach der Weizenernte, der Abfuhr des
Strohs und dem Mulchen der Stoppeln entwickelt
sich der Rotschwingel, der dann im darauffolgenden
Jahr gedroschen wird.
Einen schlagbezogenen
Wetterbericht
bietet mir in
dieser Form
nur die Vereinigte
Hagel.
Für die Ernte der Feinsämerei ist das Wetter von
entscheidender Bedeutung: „Wenn die perfekte
Trockenheit erreicht ist und absolute Windstille
herrscht, lassen wir alles andere stehen und liegen.
Dann hat die Ernte der Samen absoluten Vorrang”,
erklärt Bodo Wagener.
Das Wetter im Blickfeld
Die Beobachtung der aktuellen Wetterdaten ist
daher für die Wageners ein ganz entscheidender
Faktor. Seit dem Frühsommer 2019 steht daher auch
eine meteosol®-Wetterstation auf ihrem Betrieb,
anhand derer sie die aktuellen Wetterdaten präzise
ermitteln können. Und das Agrarwetter im Portal
der Vereinigten Hagel bietet ihnen einen schlagbezogenen
Wetterbericht, auf den sie sich verlassen
können, sowie viele weitere hilfreiche Prognosetools.
Ist das geeignete Wetter gekommen, fährt der
Mähdrescher mit halber Geschwindigkeit über die
Flächen. Die Messer müssen dabei so scharf sein,
wie es nur geht. Die gewonnenen Samen werden
in der eigenen Halle zwischengelagert und müssen
binnen 24 Stunden vom Saatgutunternehmen abgeholt
werden, damit sie sich nicht erhitzen.
Aber das Wetter spielt generell eine wichtige Rolle,
nicht nur bei der Ernte. „Man muss mit dem Boden
vernünftig umgehen. Die Bearbeitung nasser Böden
vermeiden wir”, so Bodo Wagener. Angesichts der
aktuellen klimatischen Situation kommt es aber auch
darauf an, die Feuchtigkeit im Boden zu erhalten.
Deshalb wird je nach aktueller Situation der Boden
HAGEL AKTUELL 2019/2020 41
Schwerpunkt Meteosol®
mit Pflug, Grubber oder Egge bearbeitet.
Eine Pauschallösung hierfür gibt es auf
dem Betrieb nicht.
Weichen für die Zukunft gestellt
Bodo Wagener, der gerade das ‛Rentenalter’
– wenn man davon in der Landwirtschaft
überhaupt sprechen kann – erreicht hat, ist
froh, dass er den Betrieb im Sommer in die
Hände seines 33-jährigen Sohnes Christoph
übergeben hat. Ein Zeitpunkt, zu dem der
Nachfolger seine Ideen verwirklichen, der
Senior aber immer noch mit Rat und Tat
zur Seite stehen kann.
Eine Idee des Juniors wurde bereits umgesetzt,
nämlich der Einsatz landwirtschaftlicher
Maschinen auch im Dienstleistungsbereich.
Der Betrieb grenzt direkt an den
Nationalpark Kellerwald-Edersee mit seinen
touristischen Attraktionen. Viele Ferienhäuser
der Region verfügen über keinen
Anschluss an den Abwasserkanal, sodass
Hausklärgruben in der Region verbreitet
sind. Das Abpumpen dieser Gruben und
der Transport in die städtische Kläranlage
wird von Vater und Sohn übernommen.
Auch der Winterdienst im Bereich der Stadt
Waldeck wird vom Betrieb durchgeführt.
Nach einem fest vorgegebenen Plan müssen
im Winterhalbjahr die Straßen von
Schnee befreit und Salz gestreut werden.
Hierzu dient ein Schiebeschild, welcher
am Schlepper angebracht wird, sowie der
Rauch-Streuer mit speziellem Rührwerk für
das Ausbringen des Streusalzes.
Neben Vater und Sohn – seit dem Sommer
eher Sohn und Vater – packt nach Feierabend
ein weiterer Sohn, der hauptberuflich
als Landmaschinenmechaniker tätig
ist, auf dem Betrieb mit an. Außerdem hilft
gelegentlich ein Agrar-Student aus, wenn
dieser nicht in Triesdorf zum Studium weilt.
Tolles Team Bodo und Christoph Wagener
bewirtschaften gemeinsam einen 350 ha
großen Ackerbaubetrieb im hessischen
Waldeck-Selbach.
Hagel? Ja, es wird mehr.
Von Hagelschäden ist der Betrieb leider
nicht verschont geblieben – und sie treten
in immer kleineren Abständen auf.
„Ich kann mich an einen Hagelschaden
erinnern, aber der ist bestimmt schon
zwanzig Jahre her“, erinnert sich Bodo
Wagener. Zudem habe sein Vater ihm von
einem Schadereignis berichtet, das noch
viel längere Zeit zurückliegt. „Doch nun
hatten wir in diesem und auch im letzten
Jahr einen Hagelschaden zu verzeichnen.“
Für ihn steht fest: „Wetterextreme nehmen
zu. Dass der Klimawandel im vollen Gange
ist, merken wir ganz deutlich.”
Glücklicherweise hatte bereits sein Vater
eine Versicherung abgeschlossen, die er
übernahm und die auch von seinem Sohn
weitergeführt wird. „Die Schäden wurden
durch die Vereinigte Hagel schnell und unbürokratisch
abgewickelt und die geschätzte
Schadenquote gerecht und transparent
ermittelt“, zeigt sich Landwirt Wagener
zufrieden. In puncto Risikomanagement
ist der Betrieb also gut aufgestellt.
Jammern gilt nicht
Gibt es denn noch etwas, was ihm Sorgen
bereitet? Beklagenswert findet er die Entfremdung
der Bevölkerung von der Landwirtschaft
und die abnehmende Wertschätzung
für sie: „Früher hat hier jeder
ein paar Morgen zur Verfügung gehabt, um
seine Früchte anzubauen. Doch mittlerweile
haben das alle aufgegeben und gehen
einer anderen Arbeit nach. Leider hat dies
jedoch dazu geführt, dass auch der Bezug
zur Landwirtschaft verloren gegangen ist.”
Auch Spekulanten, die in Zeiten geringer
Zinsen darauf aus sind, landwirtschaftliche
Flächen als Kapitalanlage zu erwerben,
sieht er kritisch, zumal damit auch
steigende Pachtzahlungen an außerlandwirtschaftliche
Investoren verbunden sind.
Jammern entspricht aber nicht seinem
Stil. Vielmehr müsse man sich entweder
mit den Gegebenheiten arrangieren oder
versuchen sie zu ändern. Daher ist Bodo
Wagener kommunalpolitisch sowie ehrenamtlich
in der Jagdgenossenschaft und
beim Bürgerverein aktiv. Auch der Zusammenhalt
innerhalb der Dorfgemeinschaft
ist ihm als Ortsvorsteher von Selbach wichtig
– unabhängig davon, ob jemand in der
Landwirtschaft oder außerhalb tätig ist.
Daniel Rittershaus
Leiter Personal und Kommunikation bei
der Vereinigten Hagel
Atemberaubend Der Betrieb der Wageners
grenzt direkt an den Nationalpark
Kellerwald-Edersee, der mit seinen vielen
Attraktionen – hier die Edertalsperre mit
ihrer 48 m hohen Staumauer – zahlreiche
Touristen in die Region lockt.
42 HAGEL AKTUELL 2019/2020
Was denken Praktiker
über das VH-agrarwetter?
Wir haben fünf Landwirte befragt.
„Das VH-Agrarwetter hilft mir vor allem dann, wenn ich es genau wissen
will. Zum Beispiel, wenn ich nach der Rübensaat abzuschätzen versuche,
ob es in den kommenden 14 Tagen regnet oder nicht.
“
Franz-Josef Nattermann, Alzey
„Es ist beeindruckend, wie häufig die Temperaturmessungen in der Wetterhütte
von den Messungen des Minimum-Maximum-Thermometers
abweichen. Die Daten der Wetterhütte sind viel exakter.
“
Michael Schneller, Niddatal-Assenheim
„Ich benutze verschiedene Wetter-Apps. Aber wenn ich es ganz genau
wissen will, dann schaue ich mir das VH-Agrarwetter an. Das hat mir
schon Regenfälle auf die Minute genau richtig vorhergesagt, während
andere Anbieter keinerlei Niederschläge prognostizierten.
“
Carl Graf zu Eltz, Fensterbach
„Ich finde es gut, dass man verschiedene Prognosemodelle miteinander
vergleichen kann. Das macht die Vorhersage natürlich viel genauer.
Am Anfang muss man sich allerdings etwas gründlicher mit dem
Portal beschäftigen. Hier würde ich mir noch eine bessere Einführung
in das Programm wünschen. Aber wenn man sich dann reingefunden
hat, dann macht die Seite sogar richtig Spaß.
“
Wilhelm Dengler, Jettingen-Sindlingen
„Die vielen positiven Erfahrungen meiner Berufskollegen haben
mich davon überzeugt, mir auch eine meteosol®-Wetterstation
aufbauen zu lassen.
“
Moritz Braband, Niedernjesa
HAGEL AKTUELL 2019/2020 43
DLG-Feldtage 2020
Besuchen
Sie uns!
Stand
VF 33
HASI IM EINSATZ Die Maschine
fügt den Versuchspflanzen
mechanische Schäden zu, die den
Anschlägen durch Hagelkörner
nachempfunden sind.
Vom 16. bis 18. Juni 2020 zieht es
Pflanzenbauprofis aus aller Welt
nach Erwitte/Lippstadt (NRW), wo
auf Gut Brockhof die DLG-Feldtage
stattfinden werden.
Die vereinigte hagel ist als Mitveranstalter der DLG-
Feldtage an Stand VF 33 vor Ort. Auf 1.200 m² Versuchsfläche
demonstrieren wir Ihnen, wie sich Hagel, Sturm und
Starkregen auf verschiedene Feldfrüchte auswirken. Auch
unsere Hagelsimulationsmaschine – kurz „Hasi“ – wird
wieder zum Einsatz kommen. Die Maschine ermöglicht
es den Versuchsleitern, auf den eigens für die DLG-
Feldtage vorbereiteten Weizen-, Zuckerrüben-, Mais- und
Rapsflächen Hagelschäden naturgetreu zu simulieren.
Mitmachen & gewinnen: Wir möchten alle Besucher der DLG-Feldtage 2020 herzlich einladen, sich vor Ort ein Bild der durch Hasi
entstandenen Schäden zu machen und sich selbst einmal als „VH-Hagelschätzer“ zu versuchen. Unter allen Teilnehmern des Gewinnspiels
verlosen wir als Hauptgewinn ein iPad!
IMPRESSUM „HAGEL AKTUELL“
Herausgeber:
Vereinigte Hagelversicherung VVaG
Wilhelmstraße 25, 35392 Gießen
Tel.: 0641 7968-0 Fax: 0641 7968-222
www.vereinigte-hagel.de
info@vereinigte-hagel.de
Druck:
Griebsch & Rochol Druck GmbH,
Hamm
Redaktion:
Daniel Rittershaus (Vereinigte Hagel)
Julia Reinhardt (Die Grüne Feder)
Konzept, Redaktion, Gestaltung:
Die Grüne Feder – Medienmanufaktur
für die Grüne Branche
Tel.: 03362 883 4302
www.gruene-feder.de
info@gruene-feder.de