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Jahresbericht 2019

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<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2019</strong><br />

der Sektion für Schöne Wissenschaften<br />

am Goetheanum


Kunst, Kultur, Dichtung und das Werk Rudolf Steiners<br />

Die Schönen Wissenschaften verbinden Wissenschaft und Schönheit, Erkenntnis und<br />

schöpferische Phantasie. Da Wissenschaft mehr auf das Allgemeine, Gesetzmässige zielt, die<br />

Kunst hingegen auf den individuellen Ausdruck, wird in der methodischen Verbindung beider<br />

Bereiche die Erkenntnis an den Menschen rückgebunden, wie umgekehrt die Kunst über den<br />

Einzelnen herausgehoben.<br />

Kernaufgabe der Schönen Wissenschaften ist ein Verständnis der Gesamterscheinung<br />

kultureller Vergangenheit, der Mysterien, ihrer Kulte und der Hochkulturen,<br />

Ursprungsmythen und heiligen Texte der Religionen, der Philosophie, Ästhetik und der<br />

Literatur und Sprache bis in die Gegenwart. Die Sektion ist ein Forum für Menschen, die sich<br />

für die Vermittlungsarbeit von Anthroposophie, Kunst und Wissenschaft engagieren.<br />

Zeitgeschehen<br />

Das Ende des Menschen? Die Herausforderung transhumanistischer Zukunftsvisionen –<br />

Tagungsimpuls und Forschungsthema<br />

Im Jahr 2018 stand mit der Tagung «Das Ende des Menschen? Die Herausforderungen<br />

transhumanistischer Zukunftsvisionen?» (mit Roland Benedikter, Yaroslawa Black-Terletzka,<br />

Ariane Eichenberg, Christiane Haid, Michael Hauskeller, Christian Kreiß, Sibylle<br />

Lewitscharoff, René Madeleyn, Patrick Roth und Galsan Tschinag) eine Diagnose der<br />

kulturellen Zeitsituation im Mittelpunkt. Die zweite Tagung zum Transhumanismus <strong>2019</strong><br />

«Das Ende des Menschen? II – Wege durch und aus dem Transhumanismus» (mit Marica<br />

Bodrožić, Ariane Eichenberg, Matthias Girke, Michaela Glöckler, Christiane Haid, Stefan<br />

Hasler, Michael Hauskeller, Edwin Hübner, Johannes Kühl, Sebastian Lorenz, René Madeleyn,<br />

und Claus-Peter Röh) hat die Fragen nach dem Menschsein und Zukunftsgestaltung im<br />

Zeichen des Transhumanismus in den einzelnen Lebensbereichen – Pädagogik, Medizin,<br />

Naturwissenschaften/Technik und Kunst – vertieft. Ein künstlerischer Höhepunkt der<br />

Tagung waren Vortrag und Lesung der Autorin Marica Bodrožić «Sprache als Brücke zum<br />

Kosmos – Das Wasser unserer Träume». Für ihre Bücher erhielt sie zahlreiche<br />

Auszeichnungen, zuletzt den Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung und den Ricarda-<br />

Huch-Preis. Einige ihrer Gedichte kamen während der Tagung in der Eurythmie-Darbietung<br />

»Sterne sprachen einst zu Menschen« des Goetheanum-Eurythmie-Ensembles zur<br />

Aufführung. Weitere Details und diverse Berichte zur Tagung finden Sie auf der Website der<br />

Sektion (https://ssw.goetheanum.org/).<br />

Eine Publikation, die die Beiträge beider Tagungen zusammenfasst, ist in Vorbereitung und<br />

wird noch 2020 erscheinen.<br />

Sehr eindrücklich wurde auf allen Ebenen deutlich, dass die rasanten Entwicklungen der<br />

Technik von jedem einzelnem Menschen fordern, sich konkret mit den veränderten<br />

Lebensverhältnissen im Alltag auseinanderzusetzen. Rückzug oder Ignoranz führen nicht<br />

weiter: «Es wäre das Allerfalscheste, wenn man sagen würde, da müsse man sich sträuben<br />

gegen das, was nun einmal die Technik uns in dem modernen Leben gebracht hat, man müsse<br />

sich hüten vor dem Ahriman, man müsse sich zurückziehen von diesem modernen Leben. Das<br />

würde in gewissem Sinne eine spirituelle Feigheit bedeuten. Das wahre Heilmittel besteht<br />

darinnen, nicht die Kräfte der modernen Seele schwächen zu lassen und sich zurückzuziehen<br />

von dem modernen Leben, sondern Kräfte der Seele stark zu machen, damit das moderne<br />

Leben ertragen werden kann… deshalb hat die Geisteswissenschaft diesen eigentümlichen<br />

2


Charakter, dass sie … intensive Anstrengungen von der menschlichen Seele fordert.» (Rudolf<br />

Steiner, GA 275, 28. Dezember 1914, S. 24f.)<br />

Als Arbeitsrichtung hat sich ein Forschungskolloquium gebildet, an dem Professoren<br />

unterschiedlicher Universitäten mitwirken, um aus anthroposophischer Perspektive weiter an<br />

den Fragen und Lösungsmöglichkeiten zu arbeiten. Es geht darum, das, was Rudolf Steiner vor<br />

100 Jahren zur Technik gesagt hat, mit den aktuellen Fragestellungen zum Transhumanismus<br />

zu verbinden.<br />

Zudem fand vom 5.-6. Februar 2020 eine Jugendtagung in Zusammenarbeit mit dem Zweig in<br />

Bayreuth und der Universität Bayreuth an der Universität in Bayreuth zu Transhumanismus<br />

und Rudolf Steiners Philosophie der Freiheit statt.<br />

Grundlagenarbeit und Forschung<br />

Die Fragen zum Transhumanismus haben sich aus unserem seit vier Jahren laufenden<br />

Forschungsprojekt zur «Humanisierung des Menschen durch Literatur» ergeben. Denn sollen<br />

die Qualitäten und die Bedeutung, die Literatur für den Menschen hat, herausgearbeitet<br />

werden, so kann man nicht ignorieren, dass der Mensch durch milliardenschwere Forschung<br />

in vielen Fachbereichen ersetzt und teilweise überflüssig gemacht werden soll. Auf der Folie<br />

des Transhumanismus hat sich gezeigt, dass Literatur und Sprache nicht etwas für Freizeit<br />

und Sofa sind, sondern in besonderer Weise die Existenzgrundlage unserer Menschlichkeit<br />

und Verantwortung für die Welt aufzeigen.<br />

Dass die Sprache in enger Beziehung zum Kosmos steht, wurde in alten Kulturen noch als<br />

selbstverständlich angesehen. Worte bezeichneten nicht Dinge, sondern Sternenkonstellationen.<br />

Im Sprechen versetzten sich die Menschen in eine Seelengemeinschaft mit<br />

dem Kosmischen. Sie wussten, dass der Mensch, der geboren wird, durch Fixsterngruppierungen<br />

und den Planetenhimmel hindurchgeht, dass diese sich ihm als eine Art<br />

Weltenalphabet einprägen und im Sprechen des Alphabets der gesamte Mensch erscheint.<br />

Sprechen wir, so sprechen wir den Menschen als kosmischen Menschen aus. Im Sprechen<br />

erscheint das Universum. Sprache stellt in diesem Sinne Geistes-Gegenwart her. Wir haben<br />

diese Art des Bewusstseins nicht mehr, da Sprache und Wort heute meist auf ihren<br />

Informationsgehalt reduziert sind. Und doch gibt es immer noch Räume, in denen die<br />

Sternenperspektive bis in die Gegenwart erhalten bleibt – die Literatur ist einer davon. In ihr<br />

kann sichtbar werden, wie sie über Atem und Blutzirkulation bis in unsere Physiologie<br />

hineinwirkt. Wir werden durch sie leiblich, seelisch und geistig gebildet.<br />

Diesen Bewegungen gehen wir in unseren Untersuchungen zu Texten vom 12. Jahrhundert<br />

bis heute nach. Grundlage ist hierfür zudem auch Rudolf Steiners Sprachverständnis.<br />

Literatur<br />

Christian Morgenstern, Johann Wolfgang von Goethe und Albert Steffen<br />

<strong>2019</strong> bildeten zwei Tagungen – zum literarischen Werk von Christian Morgenstern und der<br />

Vergleich der beiden grossen Lebenswerke von Goethe, Faust und Wilhelm Meister, – einen<br />

Schwerpunkt.<br />

«Meine Liebe ist groß wie die weite Welt, und nichts ist außer ihr» – Zum Werk Christian<br />

Morgensterns (Mit Ariane Eichenberg, Waldemar Fromm, Christiane Haid, Agnes Harder,<br />

Ernst Kretschmer, Sebastiaan de Vries, Anthony T. Wilson und Bernd Richert).<br />

3


Bei Christian Morgenstern war der Blick auf seinen Lebensweg und sein doppelsinniges<br />

Verhältnis zur Sprache gerichtet. Die Begegnung mit der Anthroposophie und die<br />

Auseinandersetzung mit der Sprachkritik des 20. Jahrhunderts bildeten ein reibungsvolles<br />

und widersprüchliches Verhältnis. Hier spricht sich das grundlegende Problem und Ringen<br />

aus, ob es «anthroposophische» Kunst gibt oder nicht. Während der Tagung wurde der<br />

neunte und letzte Band der Stuttgarter Ausgabe mit den Briefen Christian Morgensterns von<br />

1909 bis 1914 durch die Herausgeberin Agnes Harder präsentiert und vorgestellt. Eine sehr<br />

schöne Eurythmieaufführung mit Texten Christian Morgensterns und Musikstücken von<br />

Robert Schumann bildeten den Auftakt.<br />

«Faust und Wilhelm Meister als zwei Seiten eines Ich»<br />

(Mit Andre Bartoniczek, Ariane Eichenberg, Bernhard Glose, Christiane Haid,<br />

Steffen Hartmann, Frank Hörtreiter, Jens Bodo Meier, Markus Schönen,<br />

Catherine Ann Schmid, Barbara Stuten, Sebastiaan de Vries und Marret Winger)<br />

Die Pfingsttagung <strong>2019</strong> stellte Faust und Wilhelm Meister als zwei Seiten eines Ich ins<br />

Zentrum. Goethe hat sein ganzes Leben lang an Faust und Wilhelm Meister im Wechsel<br />

gearbeitet. Faust und Wilhelm Meister sind zwei polare Figuren, deren geheimer Sinn sich<br />

erst durch ihr Miteinander und Gegenüber offenbart. Weiten wir dieses Gestaltungsprinzip<br />

aus, so wird unmittelbar anschaulich, dass Goethes gesamter Schaffensprozess als<br />

Gegenüberstellung und Spiegelprozess zu begreifen ist – Naturwissenschaft und Dichtung<br />

gehören zusammen und repräsentieren letztlich zwei Strömungen der<br />

Menschheitsgeschichte. Dieses Miteinander und Wechselspiel wurde in den zwei szenischen<br />

Lesungen zu Faust und Wilhelm Meister eindrucksvoll erfahrbar.<br />

«Paulus, Damaskus und die lange Bank»<br />

Tagung zum Werk Albert Steffens in Zusammenarbeit mit der Albert Steffen Stiftung –<br />

mit Gerardo Cohrs, Christine Engels, Peter Engels, Christiane Haid, Klaus Hartmann, Michael<br />

Kurtz, Martin van Ledden und Felix von Verschuer.<br />

Anhand von Steffens Friedenstragödie, die den historischen Vorgängen um den Vertrag von<br />

Versailles gewidmet ist, wurden Bezüge zur Zeitgeschichte hergestellt. Dazu kamen Beiträge<br />

zum dichterischen Werk Albert Steffens und zu seiner Biographie.<br />

Das Werk Rudolf Steiners<br />

Anthroposophie ein Fragment, Die Geheimwissenschaft im Umriss und der Vortragszyklus<br />

Das Matthäus-Evangelium<br />

«Von der Metamorphose der Sinne» – Zu Rudolf Steiners Werk «Anthroposophie ein<br />

Fragment» und seiner Anschauung der Sinne<br />

(Mit Torsten Arncken, Martin Basfeld, Christiane Haid, Detlef Hardorp, Constanza Kaliks,<br />

Salvatore Lavecchia, Jaap Sijmons und Seija Zimmermann)<br />

Die Möglichkeit, eine vertiefende Begegnung mit dem Werk Rudolf Steiners zu geben, ist<br />

eine der Aufgaben der Sektion für Schöne Wissenschaften. Die zweite Tagung «Vom Sinn der<br />

Sinne. Rudolf Steiners Anthroposophie ein Fragment» hatte das Ziel, aufgrund des grossen<br />

Interesses der Teilnehmer der Tagung 2018, dieses zu den schwersten und am wenigsten<br />

bearbeiteten Werken zählende Buch weiter zu erschliessen. Rudolf Steiner bezeichnete die<br />

Betrachtung der Sinne als das ‘erste Kapitel der Anthroposophie’. Sie sind Grundlage und<br />

unumgehbare Voraussetzung geistiger Tätigkeit. Nur durch die Sinne kann sich der Mensch<br />

4


in der Welt beheimaten und ein freies Ich entwickeln. Gerade in unserer Zeit, in der wir zwar<br />

mit allen Sinnen nach aussen gerichtet sind, aber paradoxerweise immer mehr den Bezug zu<br />

den Wahrnehmungen und ihrer Qualität verlieren, ist der Blick auf die Gesamtheit der Sinne<br />

von grosser Bedeutung. 2021 wird diese Arbeit weiter fortgesetzt.<br />

«Der Mensch und die Entwicklung der Welt – Rudolf Steiners Geheimwissenschaft im Umriss»<br />

(Mit Elena Borer, Michael Debus, Esther Gerster, Michaele Ghodes, Christiane Haid, Christian<br />

Hitsch, Ewgenija Naumenko, Jaap Sijmons, Margrethe Solstad, Trond Solstad, Barbara Stuten<br />

und Ursula Zimmermann)<br />

In Die Geheimwissenschaft im Umriss, 1909 erschienen, findet sich das grösste Panorama<br />

der Entwicklung des Menschen und der Welt, das Rudolf Steiner je skizziert hat. Noch im<br />

Januar 1925 betont er, dass das Buch ‚die Umrisse der Anthroposophie als ein Ganzes<br />

enthält‘. Das umfassende Kapitel ‚Die Weltentwicklung und der Mensch‘ ist beinahe ein Buch<br />

für sich. Die Intensivwoche war diesem Kapitel gewidmet. Ausgangspunkt war die Frage, wie<br />

die Welt- und Menschentwicklung vom alten Saturn bis zum Vulkan als objektiver<br />

Gegenstand für die geistige Forschung fassbar werden, wie im Menschen gleichsam die<br />

Weltalter zusammengedrängt sind. Methodisch wurden die wichtigsten<br />

Entwicklungsthemen des Kapitels erschlossen: Der Ursprung der Elemente, ihre Rhythmen<br />

im Zusammenhang mit dem Kosmos, das Wesen der Zeit, die schaffenden Hierarchien und<br />

ihre Mitschöpfung des Menschen, die Entwicklung des Bewusstseins in den Hierarchien und<br />

im werdenden Menschen. In Vorträgen, Gesprächen, plastischem Arbeiten,<br />

Bildbetrachtungen, künstlerischen Übungen, Eurythmie und Textarbeit wurden diese<br />

zentralen Themen erarbeitet. Aufgrund des grossen Interesses der Teilnehmer findet im<br />

Sommer 2020 eine weitere Intensivwoche zur Geheimwissenschaft statt.<br />

«Das Matthäus-Evangelium»<br />

(Mit Michaela Glöckler, Christiane Haid, Wolf-Ulrich Klünker, Stefan Hasler, Sebastian<br />

Lorenz, Mechtild Oltmann und Sebastiaan de Vries)<br />

Rudolf Steiners Vortragsreihe zum Matthäus-Evangelium hat im September 1910 in Bern<br />

stattgefunden. Der Mensch erscheint hier durch die Perspektive des Christus-Lichtes in einer<br />

besonderen Entwicklungssituation: Von oben her berührt das Geistselbst das menschliche<br />

Ich – die geistige Bewegung, in der der göttliche Geist und der Geist der Engelwesen<br />

persönlich und menschlich wird. Umgekehrt kann das menschliche Ich, gleichsam von unten<br />

her, eine Lebensgrundlage ausbilden, die sich seelisch, leiblich und zwischenmenschlich aus<br />

dem Geist erneuert. Die Geistselbst-Berührung des Ich setzt eine bestimmte Leibesgrundlage<br />

voraus. Der physische und der ätherische Organismus müssen in der Lage sein, ein seelisches<br />

Empfinden aufzunehmen, dass sich geistverbunden selbst erfassen kann: eine<br />

Astralorganisation, die geistselbstfähig ist. Eine solche physisch-ätherische Leibesgrundlage<br />

des Ich wird im Matthäus-Evangelium für die Jesus-Gestalt beschrieben, während das Lukas-<br />

Evangelium die empfindende Seele hervorhebt, die sich später als Geistselbst begreifen<br />

kann. In der Perspektive des Matthäus-Evangeliums liegen Ansatzpunkte für ein neues<br />

Verständnis des physischen und des ätherischen Leibes in Gesundheit und Krankheit. Das<br />

Matthäus-Evangelium bietet eine Hilfe zu verstehen, wie Christus für das Ich durch<br />

Inspiration und Selbstentwicklung einen seelischen Empfindungsraum eröffnet, der die<br />

Lebenskräfte und den Organismus neu belebt. – Die Beiträge zu unserer Studientagung<br />

verdeutlichten, wie sich das Ich in seiner Entwicklung in diesem Sinne als Christus-getragen<br />

erfahren kann.<br />

5


Eine eindrucksvolle Eurythmieaufführung des Eurythmeum CH unter der Mitwirkung der<br />

Studierenden des Eurythmeum brachte zentrale Stellen des Evangeliums zur Aufführung. Die<br />

Arbeit wird 2020 mit den beiden Zyklen zum Markus-Evangelium weiter fortgesetzt.<br />

Kolloquien und Hochschularbeit<br />

Der fachspezifischen Arbeit der Sektion sind die verschiedenen Kolloquien gewidmet, die<br />

eine anthroposophische Durchdringung des jeweiligen Gebietes zum Ziel haben.<br />

Sprachwissenschaftliches Kolloquium<br />

Die sprachwissenschaftlichen Kolloquien wenden sich an alle, denen sprachliche Phänomene<br />

zu denken geben und die sich über Fragen und Ergebnisse aus ihrem jeweiligen<br />

Arbeitsgebiet austauschen wollen. Themen des 18. Kolloquiums zur Sprachwissenschaft<br />

<strong>2019</strong> waren das Sprachverständnis von Wilhelm von Humboldt, Ernst Cassierer und Hans<br />

Georg Gadamer.<br />

Kolloquium zur Sprache Rudolf Steiners<br />

In den zweimal jährlich stattfindenden Treffen wird der spezifische Stil und die besondere<br />

Sprachauffassung Rudolf Steiners bearbeitet. Kontinuierliches Thema der letzten Treffen war<br />

die Frage nach dem Studium der Anthroposophie anhand von Texten Rudolf Steiners. Dazu<br />

werden verschiedene Zugangsweisen untersucht. Im Vordergrund steht der<br />

Schulungscharakter, den ein solches Textstudium haben kann. Dem dient auch die<br />

Beschäftigung mit dem Grundstein-Spruch, der die Treffen jeweils eröffnet.<br />

Kolloquium zur Sprache in der Poesie<br />

Seit 1991 widmet sich diese Gesprächsarbeit lyrischen Werken moderner oder klassischer<br />

Autoren, oft auch grösseren Kompositionen oder Zyklen wie in den letzten Jahren den<br />

‹Duineser Elegien› und den ‹Sonetten an Orpheus› von Rainer Maria Rilke oder den späten<br />

Hymnen von Friedrich Hölderlin. Der Teilnehmerkreis ist fliessend, die Teilnehmenden<br />

erarbeiten sich die literarischen Texte vor allem im Austausch. Das Kolloquium findet aktuell<br />

einmal jährlich in Salem am Bodensee statt.<br />

Märchenkolloquium<br />

Die Arbeit mit Volksmärchen aus anthroposophischen Gesichtspunkten steht für die seit<br />

Jahren aktive Gruppe von Märchenforschern im Zentrum. Textarbeit an Werken Rudolf<br />

Steiners, Arbeitsberichte und Gespräche zu bestimmten Themen wie Erzählen, Sprachstil,<br />

Symbolik, Bildbewusstsein u.a. sind Gegenstand der zweimal im Jahr stattfindenden Treffen.<br />

Kunstwissenschaftliches Kolloquium<br />

Rudolf Steiners Ästhetik, der anthroposophische Kunstimpuls, Werke der Gegenwartskunst<br />

in allen Kunstgattungen sind Thema der jährlichen Zusammenkünfte. Museumsbesuche, und<br />

Werkbetrachtungen vertiefen die Arbeit an konkreten Objekten. Der Kreis versteht sich als<br />

Forschungszusammenhang, in dem die Teilnehmer Beiträge geben. Das Kolloquium findet<br />

abwechselnd in Berlin und Dornach statt.<br />

«Sympoetisieren» – Dichter im Gespräch / Die Poesie des Anderen erleben<br />

Zusammenkunft von Dichtern und Schriftstellern in der sich seit einigen Jahren<br />

Literaturschaffende zum gemeinsamen Austausch am Goetheanum treffen. Im Mittelpunkt<br />

stehen Beiträge aus der eigenen Arbeit, Erfahrungen und Einschätzungen zum kulturellen<br />

6


und literarischen Leben der Gegenwart, Entdeckungen in der Poesie. In der Vertiefung eines<br />

Gedichts Albert Steffens beschäftigte den Kreis <strong>2019</strong> der Zusammenhang von Wort, Stille<br />

und Ruhe. Reinhart Moritzen besuchte den mehrtägigen Frankfurter Kongress «Fokus Lyrik»<br />

und brachte davon ein Positionspapier mit zur Lage und Zukunft der Lyrik. Die nächste<br />

Zusammenkunft ist im Frühjahr 2021 vorgesehen.<br />

Hochschularbeit<br />

Seit 15 Jahren widmen wir jeweils fortlaufend ein Wochenende einer Klassenstunde. Freie<br />

und gelesene Klassenstunden, Textarbeit, Sprach-, Bild- und Naturbetrachtungen,<br />

entsprechend der Themen, die durch die Mantrengruppe gegeben sind, sind Elemente, die<br />

die Arbeit vertiefen. Im gemeinsamen Austausch suchen wir aus der Perspektive des Wortes,<br />

der Sprache, der Bildgestaltungen und der Tafelzeichnungen uns in künstlerischer und<br />

methodisch transparenter Weise auszutauschen und die Sektionsthemen zu vertiefen. Das<br />

Wochenende dient auch dem Austausch über die Arbeit in den Fach- und Ländergruppen.<br />

Zu Gast im Kunstmuseum Basel<br />

Zwei Abende im Kunstmuseum Basel zum Thema ‹Raunächte› als ‹Dialoge zur<br />

Weihnachtszeit› beschlossen das Jahr der Sektion. Am 4. und 18. Dezember führte Christiane<br />

Haid anhand ausgewählter Bildbetrachtungen im Dialog mit den Besucherinnen und<br />

Besuchern Bildende Kunst und Literatur zusammen. Unterstützt wurde sie dabei von Barbara<br />

Stuten und Jens Bodo Meier, die einigen ausgewählten Texten ihre Stimme gaben. Die erste<br />

Kooperation zwischen dem Goetheanum und dem Kunstmuseum fand im Sommer statt. Am<br />

15. Juni öffnete das Goetheanum für die Workshopreihe ‹Living Archive› seine Türen für das<br />

Kunstmuseum. Im Dezember war es umgekehrt.<br />

Leben der Sektion weltweit<br />

Seit rund 20 Jahren gibt es in verschiedenen Ländern Initiativen für die Sektionsarbeit, die<br />

sich aus den Fähigkeiten und Bedürfnissen der örtlichen Gruppen gestalten. In den USA und<br />

England bestehen seit Ende der 90er Jahren Gruppen, dazu kamen in den letzten Jahren<br />

Gruppen in den Niederlanden, Australien, Canada, Finnland und Belgien mit<br />

unterschiedlicher thematischer Ausrichtung. Vorbereitungen zu weiteren Gruppen gibt es in<br />

Italien und Israel. Im Dezember <strong>2019</strong> wurde in Antwerpen das erste Jahrbuch der belgischen<br />

Sektion für Schöne Wissenschaften publiziert. Die Buchpräsentation war umrahmt von<br />

Lesungen und verschiedenen Beiträgen zur Dichtung.<br />

Die Sektion<br />

Mitarbeiter der Sektion sind Christiane Haid (Leitung), Ariane Eichenberg mit einem<br />

Forschungsdeputat von 20 %, Isabelle Böhmler als Assistentin mit 40% und Monika Clément<br />

für Website und Soziale Medien mit 20%. Der Verlag am Goetheanum und die<br />

Wochenschrift Das Goetheanum sind zwei weitere Arbeitsfelder, in denen Christiane Haid<br />

für die Programmgestaltung und in der Redaktion tätig ist.<br />

Website, Social Media und Newsletter<br />

Aktuelles aus der Sektion erfahren Sie auf unserer Website https://ssw.goetheanum.org/und<br />

auf Facebook http://www.facebook.com/schoenewissenschaften/ Ausserdem versenden wir<br />

in regelmässigen Abständen unseren Newsletter, der über kommende Tagungen und<br />

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Aktivitäten informiert. Sollten Sie an der Zusendung interessiert sein, schreiben Sie uns bitte<br />

an: ssw@goetheanum.ch<br />

Sektion für Schöne Wissenschaften<br />

Goetheanum<br />

Postfach,<br />

CH-4143 Dornach<br />

Tel. +41 61 706 43 82<br />

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