Mitteilungsblatt Wendelstein + Schwanstetten - Januar 2020
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EGON PLAUDERT<br />
DER ANFANG WÄR GMACHT<br />
Eine Geschichte, unter dem brennenden Christbaum zu lesen.<br />
von Egon Helmhagen<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
därfert ich Sie schnell numol an den Silvester zrückführn? Bloß ganz kurz.<br />
Ich mächert Ihnen nämlich nu a recht a gsunds neis Joahr wünschn, und<br />
ein erfolgreiches, bis Silvester. Dann wünsch ich Ihnen wieder an gsunds<br />
neis Joahr, und ein erfolgreiches. Und des wird schnell dou sei! Denn die<br />
Zeit rennt. Das neue Jahr ist ja auch schon wieder drei Wochen alt und<br />
die kommenden Tage vergehen auch wieder wie im Flug. Übrigens Tage,<br />
ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass wir zu einer Woche „acht Toch“<br />
sagen, aber zu zwei Wochen „vierzehn Toch“. Dou wenn ma eigentlich<br />
falsch rechnet is richtig. Dabei haben wir Franken einen der größten<br />
Rechenmeister aller Zeiten: den Adam Riese aus Staffelstein!<br />
Jetzt rutschen wir so schön langsam in das neue Jahr hinein und verfallen<br />
wieder in unseren lieb gewohnten Alltagstrott. Die weihnachtlichen Feiertage<br />
haben wir unter mehr oder weniger Gewichtszunahme glücklich überstanden<br />
und bemühen uns jetzt die guten Vorsätze umzusetzen. Meine Angetraudl hat<br />
ihren Zeigefinger erhoben und gedroht „Des schwör´ ich dir, ab sofort mach´ ich<br />
Ernst mit dem, wo ich mir vorgnumma hab! Nix mehr wird ´gessn, nix mehr wird<br />
´trunkn, nix mehr mit schnell an Schnäpsla, oder zwaa, von wegen af aan Baa<br />
stäiht mer net! Etz wird wieder mehr spaziernganga! Du brauchst Bewegung!<br />
Net bloß Händy, an‘s Ohr hieghaltn! Net bloß Bauch- und Bucklkratzn! Naus<br />
vor´s Haus, laufen! Ich koch´ ab sofort aa weniger. Schäiferla sin total gstrichn,<br />
und zum Trinkn gibt´s Mineralwasser!“ Ich hab sie unterbrochen. „Zu spät! Ich<br />
hob gestern zwaa Kästn Kellerbier mit hambracht!“ Da hat sie gleich bestimmt<br />
„Däi teilst dir ei bis Ostern!“<br />
Dann hat meine Angetraudl geseufzt „Von dem Abreißkalender sin scho wieder<br />
a ganze Händ vull Blätter runter, blouß von meine Hüftn net!“ Ich hab eine<br />
Achsel gezuckt. „Kumm, kumm! Des is doch alle Joahr die gleiche Woar! Tou<br />
di doch net o! Des kräigst doch wieder locker in Griff!“ Da hat sie mich ein<br />
bißchen wüterlich angefunkelt. „Veräppln brauchst mi fei net, gell! Ich trau mi<br />
dou scho goar net hielanga!“<br />
Wie vor gut einer Woche die heiligen drei Könige vor unserer Haustüre gesungen<br />
und gesammelt haben und dann wieder weitergezogen sind, haben wir die Weihnachtssaison<br />
19/20 endgültig beendet. Wir haben die himmlischen Abziehbilder<br />
von den Fensterscheiben gekratzt, die Leuchtbögen von den Fensterbrettern<br />
genommen und den Christbaum wieder in seine Schachtel verfrachtet. Jetzt<br />
brauchen wir bloß noch zwölf Lebkuchen, acht Stollen und vierzehn Toch lang<br />
Plätzla essen, dann ist auch der letzte Rest vom Fest weg. Aber dann fanga ma<br />
werkli mit´ n Fastn o!<br />
Leider laufen aber die guten Vorsätze<br />
halt meistens total konträr. Einmal<br />
das Versprechen und zum anderen<br />
das Halten. Weil man einfach selber<br />
zu störanfällig ist, braucht man einen<br />
Vorsätzeüberwacher. Da bin ich fein<br />
raus, ich bin mit einem verheiratet,<br />
und der mosert an mir rum „Du<br />
hockst ja aa scho wieder andauernd<br />
vor der Glotze. Neili hast fünf<br />
Stund´ lang die Vierschanzn-Turnee<br />
ogschaut!“ „Ja, aber doch blouß, damit ich heuer überhaupt nu an Schnee zum<br />
Sehng kräich! Denn wenn draußn a Schnee liechert, dann wär´ ich andauernd<br />
an der frischn Luft und laufert viel spaziern! Ehrlich! Aber doch net bei der<br />
ungsundn Witterung!“ Sie hat ihre Hüften in den Griff genommen und den Kopf<br />
geschüttelt. „Du hast ja scho wieder Ausredn!“ „Net woahr!“<br />
Mir stinkt er! Jetzt sind wir schon in der dritten <strong>Januar</strong>woche im neuen Jahr<br />
und es hat kaum ein Bräisala Schnee geschneit. Wo ich doch sooo gerne einen<br />
Schneemann bauen möchte! Woanders, da schneit es, aber bei uns kein Flöckla!<br />
Im babylonischen Talmud steht: Jeder Mann muss in seinem Leben ein Haus<br />
gebaut, einen Baum gepflanzt, einen Sohn gezeugt, einen Rausch gehabt, ein<br />
Auto zu Schrott gefahren und einen Schneemann gebaut haben. Baum und<br />
Sohn schafft er locker, Haus mit Anstrengung vielleicht einmal, Auto öfters, aber<br />
Schneemann scho lang nimmer<br />
Dabei hab ich alles schon seit Wochen zsammtrogn. Den Blecheimer für den<br />
Hut, a Gelberübe für die Nosn, und drei leere Schnapsfläschla als Knöpfe. Es<br />
fehlt bloß der weiße Traum vom Himmel. Aber wenn´s schneit, dann bin ich<br />
sofort draußen. Dann saus´ ich durch die weiße Pracht, dann schnauf ich tief<br />
die gesunde Luft ein, dann verschaff´ ich mir Bewegung! Darauf freu´ ich mich<br />
ganz arg, weil man danach nämlich einen gescheiten Hunger und Durst kriegt<br />
auf ein trümmer Schäuferla mit einer gutn röschn Krustn und vier Kniedla,<br />
einem süffigen Kellerbier und pfeift auf´s Fastn, und... hoffentlich schneit´s bald!<br />
Jetzt muss ich doch nochmal auf den Silvester zurückkommen. Da macht man<br />
nicht nur Pläne und nimmt sich gute Vorsätze vor, da hat man auch Wünsche.<br />
Ist man da noch hemmungslos zukunftsorientiert, dann wünscht man sich<br />
„Ich mächert amol…“. Hat man schon länger das gereifte Alter erreicht, dann<br />
wünscht man sich „Ich mächert nu aamol...“<br />
Nachträglich numol a gsunds neis Joahr.<br />
JANUAR <strong>2020</strong><br />
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