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Life Channel Magazin Februar 2020

«Die Würde des Menschen ist zu achten und zu schätzen», steht in der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Doch was heisst «Würde» genau – und was hat das mit uns zu tun? Unsere Autorin «übersetzt» den Begriff mitten ins Leben und zeigt auf, wie wir würdevoll mit uns und mit unseren Mitmenschen umgehen können.

«Die Würde des Menschen ist zu achten und zu schätzen», steht in der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Doch was heisst «Würde» genau – und was hat das mit uns zu tun? Unsere Autorin «übersetzt» den Begriff mitten ins Leben und zeigt auf, wie wir würdevoll mit uns und mit unseren Mitmenschen umgehen können.

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THEMA |<br />

Vom würdigen Umgang mit uns und anderen<br />

Die Würde des Menschen<br />

VON SABINE BRÄNDLIN<br />

«Die Würde des Menschen ist zu achten<br />

und zu schätzen», steht in der Bundesverfassung<br />

der Schweizerischen Eidgenossenschaft.<br />

Doch was heisst «Würde» genau –<br />

und was hat das mit uns zu tun? Unsere<br />

Autorin «übersetzt» den Begriff mitten ins<br />

Leben und zeigt auf, wie wir würdevoll mit<br />

uns und mit unseren Mitmenschen umgehen<br />

können.<br />

Sie wurden in Güterwagen tagelang quer<br />

durch Europa gefahren. Die Ersten starben<br />

schon während dieser Reise. Bei ihrer<br />

Ankunft wurden die Kräftigen aussortiert.<br />

Alle anderen gleich vergast. Jene, die als<br />

Arbeitskräfte eingesetzt wurden, erhielten<br />

eine Nummer auf den Arm tätowiert, sie<br />

wurden kahlgeschoren und erhielten alle<br />

dieselbe gestreifte Kleidung. Die Winkel auf<br />

der Jacke zeigten den Grund der Inhaftierung:<br />

Sinti und Roma waren am braunen<br />

Dreieck, homosexuelle Männer am rosa<br />

Dreieck und Jüdinnen und Juden an den<br />

beiden gelben Dreiecken, die zusammen<br />

einen Davidstern bildeten, erkennbar.<br />

Die Vernichtung von Menschen in den<br />

Konzentrationslagern des Nationalsozialismus<br />

ist Inbegriff einer Ideologie, die Menschen<br />

ihrer Würde beraubt. Die KZ-Häftlin-<br />

ge hatten keinen Namen mehr, sondern<br />

waren eine Nummer. Mit der Rasur der<br />

Haare wurde versucht, ihnen ihre Individualität<br />

zu nehmen. Die Dreiecke zeigten,<br />

weswegen sie im Konzentrationslager<br />

waren. Die Zugehörigkeit zu dieser Gruppe<br />

machte sie zu minderwertigen Menschen,<br />

zu Ungeziefer, das für die Rassenhygiene<br />

ausgemerzt und vernichtet werden musste.<br />

Die Konzentrationslager der Nationalsozialisten<br />

waren nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

Grund für die Formulierung der allgemeinen<br />

Erklärung der Menschenrechte vom<br />

10. Dezember 1948, die in Artikel 1 mit<br />

folgender Bestimmung beginnt: «Alle<br />

Menschen sind frei und gleich an Würde und<br />

Rechten geboren.» In Artikel 2 ist formuliert:<br />

«Jeder hat Anspruch auf die in dieser<br />

Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten<br />

ohne irgendeinen Unterschied, etwa<br />

nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache,<br />

Religion, politischer oder sonstiger<br />

Überzeugung, nationaler oder sozialer<br />

Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem<br />

Stand.» Diese Erklärung spricht allen<br />

Menschen die gleiche Würde und die gleichen<br />

Rechte zu – unabhängig von irgendwelchen<br />

Merkmalen oder Unterschieden.<br />

Damit wurde versucht, einer Ideologie den<br />

Riegel zu schieben, die Menschen wegen<br />

ihrer Merkmale zu Personen zweiter Klasse<br />

macht. Der Schrecken des Zweiten Weltkrieges<br />

war zwar Anlass für die Erklärung<br />

der Menschenrechte. Die Menschenrechte<br />

haben jedoch weit zurückreichende Wurzeln<br />

im Judentum und Christentum, in Antike<br />

und Aufklärung. Christliche Grundlage der<br />

Menschenwürde ist die Gottebenbildlichkeit<br />

des Menschen, aus der eine fundamentale<br />

Gleichheit aller Menschen und ihre besondere<br />

Würde resultiert. Wenn jeder Mensch<br />

Abbild von Gottes Herrlichkeit ist, gebührt<br />

jedem Mensch Achtung und Respekt. Eine<br />

Verletzung der Menschenwürde verletzt<br />

gleichzeitig Gott als Schöpfer dieses einmaligen<br />

Menschen.<br />

Die Vernichtungslager der Nationalsozialisten<br />

sind Vergangenheit. Heute sind es<br />

andere Orte, wo Menschen ihrer Würde<br />

beraubt werden. Vor einiger Zeit wurde<br />

bekannt, dass China Hunderttausende<br />

Uiguren, eine islamische Minderheit in<br />

China, in Umerziehungslagern inhaftiert<br />

und sie zu zwingen versucht, ihre Religion,<br />

Kultur und Sprache abzulegen. Wer sich der<br />

Umerziehung verweigert, wird geschlagen<br />

und gefoltert. Mit derselben Härte geht<br />

China auch gegen Christinnen und Christen<br />

4 | <strong>Life</strong> <strong>Channel</strong> <strong>Magazin</strong> | <strong>Februar</strong> <strong>2020</strong>

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