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Rockabilly als Jugendkultur - AMD Berlin iMag: Home - AMD ...

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Die Jugendlichen orientieren sich am „American<br />

Way of Life“, verehren Größen wie Marlon<br />

Brando und James Dean und prägen schon<br />

dam<strong>als</strong> den Stil, den die Rockabillies heute für<br />

sich entdeckt haben. Die wichtigste Tugend ist<br />

Lässigkeit: die Hände stets in der Hosentasche,<br />

die Zigarette im Mundwinkel, der Kamm steckt<br />

provokativ im Hosenbund.<br />

Die Halbstarken, später auch Rock‘n‘Roller<br />

genannt, widmen sich der aufwändigen künstlerischen<br />

Gestaltung ihres Äußeren, benutzen<br />

Pomade und achten auf „erotisch aufgeladenes<br />

Auftreten“ 6 . Rock‘n‘Roll ist ihr Lebensmotto.<br />

„Rock‘n‘Roll war wild, ungezügelt, roh und<br />

vulgär. Der gehört auf die Straße, auf den<br />

Rummelplatz und in die versifften, alkoholgeschwängerten,<br />

nach Schweiß stinkenden verräucherten<br />

Rockschuppen [...]“, schreibt Wenske<br />

in seinem Buch „Scheiß drauf“ 7 . Mit der<br />

Elvis-Welle, die aus Amerika überschwappt,<br />

wird eine brave Generation von etwas infiziert,<br />

das sie in junge Wilde verwandelt.<br />

Besonders Frauen ziehen viele Vorteile aus<br />

dem neuen Lebensstil, so Bertram/Krüger: „Es<br />

gab ihnen die Möglichkeit, Protest und ihr Unbehagen<br />

gegen die konventionellen Kleidungs-<br />

und Anstandserwartungen der Eltern zu artikulieren.“<br />

8<br />

Innerhalb des <strong>Rockabilly</strong>s gibt es nach den<br />

50ern vor allem in Deutschland mehrere Reviv<strong>als</strong>.<br />

Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre<br />

bringen die Stray Cats den Neo-<strong>Rockabilly</strong> von<br />

Großbritannien nach Deutschland.<br />

Ab Mitte der 90er bringt der <strong>Rockabilly</strong><br />

erhebliche stilistische Verschiebungen mit sich.<br />

Von nun an ist nicht mehr der Einheitslook mit<br />

Haartolle und Petticoats gefragt.<br />

6 Farin 2006, S.16<br />

7 Wenske/Hyde 2003, S.178<br />

8 Krüger 1985, S.94<br />

Die Szene spaltet sich in die härteren Lederjacken-Rockabillies<br />

und Teds, die eher auf die<br />

„authentische“ Kleidung der 40er und 50er Jahre<br />

Wert legen. Die Orientierung reicht zuweilen<br />

bis in die 30er Jahre zurück 9 .<br />

Außerdem weitet sich der Musikgeschmack<br />

der Rockabillies auch auf den Jazz aus. So entstehen<br />

stilistische Haarspaltereien, denn die<br />

„jazzigen Rockabillies“ verstehen sich nun <strong>als</strong><br />

Hepcats 10 .<br />

Ende der 90er hält auch der Swing Einzug in<br />

den <strong>Rockabilly</strong> und seitdem findet sich ein<br />

buntes Sammelsurium von Greasern 11 , Rockabillies,<br />

Hepcats, Punk‘n‘Rollern und Psychobillies,<br />

die aber alle eines gemeinsam haben:<br />

ihre Liebe zum Rock‘n‘Roll.<br />

Die Szene heute<br />

Heute ist der <strong>Rockabilly</strong> eine bunte Mischung<br />

aus 50-jährigen Alt-Rock‘n‘Rollern, die ihre<br />

Frauen auf dem Parkett herumwirbeln, wilden<br />

Jungs in Lederjacken mit Clubaufnähern,<br />

Country-Fans und Pin-Up-Mädchen. Man trifft<br />

sich zum Tanztee, tanzt den Lindy-Hop 12 oder<br />

geht auf Tiki-Parties. Die Szene ist friedlich<br />

geworden, nichts erinnert mehr an die Randalen<br />

der Halbstarken, der Altersunterschied der<br />

Anhänger ist einfach zu groß, um sich noch zu<br />

prügeln.<br />

Die Rockabillies haben ihre eigene Mode,<br />

dennoch bringt der schwedische Konzern<br />

Hennes&Mauritz (H&M) eine <strong>Rockabilly</strong>-<br />

Kollektion heraus, pünktlich <strong>als</strong> Popstar Sasha<br />

mit Dick Brave & the Backbeats einen Hit landet.<br />

Der Trend ist im Mainstream jedoch nur von<br />

kurzer Dauer und so bleiben die Rockabilliesweiterhin<br />

unter sich.<br />

9 El-Nawab 2005, S.31-40<br />

10 Hepcat= eingeweiht, trendy; aber auch Synonym für<br />

Jazzfans<br />

11 Greaser= Inspirationen für den Film „Grease“<br />

12 Lindy-Hop= Tanz der 40er Jahre<br />

Stil-Elemente<br />

Besonderes Erkennungsmerkmal der Rockabillies<br />

ist ihre Frisur. Das Tragen der Tolle: ein zur<br />

großen Locke zurückgekämmter Pony ist obligatorisch.<br />

Entweder die Stirn ist frei oder es<br />

fallen einzelne Haarsträhnen lässig ins Gesicht.<br />

Man verwendet Haarspray oder ganz klassisch<br />

Pomade. Moderne<br />

Rockabillies haben<br />

die Tolle für ihre Bedürfnisseabgewandelt<br />

und rasieren sich<br />

die Seiten- und Nackenhaare,<br />

<strong>als</strong>o G.I.-<br />

Frisuren mit Tolle.<br />

Im Gesicht findet die<br />

Frisur in Form von<br />

Koteletten statt.<br />

Frauen tragen die<br />

Haare in der Regel<br />

zum Pferdeschwanz<br />

oder zu zwei geflochtenen<br />

Zöpfen,<br />

weiblich und ordentlich<br />

gestylt. Für<br />

besondere Anlässe<br />

wird auch mit Lockenwicklerngearbeitet<br />

und die Haare<br />

zu typischen 40er-Jahre-Frisuren<br />

drapiert. Ein kurzer glatter Betty-<br />

Page13 Typische <strong>Rockabilly</strong>-Frisur<br />

-Pony ist beliebt, man trägt Blumen oder<br />

ein Nicky-Tuch im Haar.<br />

Was die Kleidung betrifft, wählen die Männer<br />

zwischen eleganten Anzügen zu Feierlichkeiten<br />

und Jeansjacken und -hosen oder Collegejacken<br />

<strong>als</strong> Freizeitkleidung.<br />

13 Betty Page= Fetisch- und Aktmodell und Vorbild der<br />

<strong>Rockabilly</strong>-Mädels<br />

Man trägt Holzfäller-, Bowling-, oder Hawaiihemden,<br />

bedruckte T-Shirts oder Matrosenkleidung.<br />

Frau bindet ihr Oberteil über dem<br />

Bauchnabel, trägt Twin-Sets oder Strickjacken.<br />

Das Leoparden- oder Tigermuster ist besonders<br />

beliebt.<br />

Als Schuhwerk bedient man sich der „Creepers“<br />

14 und schweren<br />

Biker-Boots.<br />

Die Frauen tragen<br />

zu Kleidern Plateau-<br />

oder Peeptoe-Pumps<br />

im bevorzugten Polka-Dot-Muster.<br />

15<br />

Abgesehen von ihrer<br />

Kleidung ist nahezu<br />

jeder echte <strong>Rockabilly</strong><br />

tätowiert. Bestimmte<br />

Symbole<br />

finden sich auf Körpern<br />

von Anhängern<br />

aus der ganzen Welt<br />

wieder.<br />

Man schmückt sich<br />

mit der Rebel Flag,<br />

der Südstaatenflagge<br />

<strong>als</strong> Erkennungssymbol<br />

für<br />

Rock‘n‘Roller, Motiven<br />

aus der Spielszene,<br />

vier Asse, dem 8-Ball aus dem Billardsport<br />

oder schwarz-weiß karierten Rennflaggen.<br />

Männer lassen sich Abbildungen von Pin-Ups<br />

unter die Haut stechen, Teufel oder Flammen,<br />

um auf das „böse“ Image der Szene zu verweisen.<br />

14 Schuhe aus Wildleder mit dicker Kreppsohle<br />

15 Polka-Dot, z.B. rot-weiß gepunktet

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