VSAO JOURNAL Nr. 1 - Februar 2020

Editorial
Heilen
und feiern
Catherine Aeschbacher
Chefredaktorin VSAO-Journal
«Die Zeit heilt alle Wunden», sagt ein Sprichwort. Aber wir
alle wissen, dass dies so nicht stimmt: Sowohl psychische
wie physische Schäden können lebenslänglich bestehen
bleiben. Trotzdem ist die Regenerationskraft der Natur
immer wieder erstaunlich. Warum jedoch ausgerechnet Plattwürmer,
Quallen oder Zebrafische über aussergewöhnliche Selbstheilungskräfte
verfügen, bleibt wohl ein Rätsel der Schöpfung. Im vergangenen
Jahr hat eine internationale Forschungsgruppe rund um Prof. Nadia
Mercader an der Universität Bern aber zumindest entdeckt, welche
Herzmuskelzellen es den kleinen, gestreiften Fischen ermöglichen, ihr
Herz nach Verletzungen flexibel zu regenerieren.
In unserem Schwerpunkt «Regeneration» verzichten wir auf Würmer
und Fische und wenden uns dem Menschen zu. Zum Beispiel einer
jungen Forscherin an der ETH, die künstliche Korallenriffe im 3D-
Drucker herstellt und damit natürliche Riffe verstärkt oder neue
schafft. Während dieses Verfahren recht kostengünstig ist, bewegt
sich die Sanierung der Sondermülldeponie Kölliken in ganz andern
Dimensionen. Im Interview berichtet der Geschäftsführer, wie aus
einem ursprünglich umweltfreundlichen Projekt der grösste Umweltskandal
der Schweiz werden konnte. Und wie man seit Jahrzehnten
daran arbeitet, ein verseuchtes Gelände zu regenerieren. Wer sich
selbst «entgiften» will, kann das in einem sogenannten Detox Retreat
tun. Die Teilnehmer gehen nicht nur in die Natur, sie gehen vor allem
offline. Ein Verzicht, der oftmals gar nicht so einfach ist. Ein Aufenthalt
in der Natur soll beruhigen und beim Stressabbau helfen, so denkt
man. Eine Studie zeigt allerdings, dass ein Spaziergang kein Allheilmittel
ist, sondern sogar kontraproduktiv sein kann.
2020 ist für den vsao ein besonderes Jahr. Vor 75 Jahren wurde der
Verband gegründet. Er entstand quasi aus der Not und mit dem Ziel,
den Assistenzärzten ein gesichertes Einkommen zu verschaffen. Die
Entlöhnung sollte nicht nur die Existenz der jungen Ärzte (und
vereinzelten Ärztinnen) sichern, sondern auch ein Zeichen von Anerkennung
sein. Von den Arbeitszeiten war damals noch nicht wirklich
die Rede. Obwohl sie an sich Bestandteil der Verträge waren, dauerte
es nochmals rund sechzig Jahre, bis auch hier eine wirkliche Verbesserung
errungen werden konnte. Im Politikteil wird die Vergangenheit
nachgezeichnet und mit der Aktualität verbunden. Und es zeigt
sich: Selbst wenn die Lohnfrage grundsätzlich geklärt ist, bleiben
genügend Problemfelder, die den vsao wohl noch die nächsten 75 Jahre
auf Trab halten werden – und unverzichtbar machen.
VSAO /ASMAC Journal 1/20 7